energie und klimaforschung
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Energie undKlimaforschungIn 28 Tagen rund um den Globus
POPULR
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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ber abrufbar.
Die Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche hnlichkeit mit lebendenoder realen Personen wre rein zufllig.
1. Auflage 2011
Alle Rechte vorbehalten Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Lektorat: Ulrich Sandten | Kerstin Hoffmann
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Umschlaggestaltung: KnkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg
Druck und buchbinderische Verarbeitung: MercedesDruck, Berlin
Gedruckt auf surefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier.Printed in Germany
ISBN 978-3-8348-1210-0
Innenlayout: Ivonne DomnickFreies Lektorat: Nina Hoyer
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Inhalt
Hellseher mitSammelleidenschaft
Bei der Internationalen Energieagentur in Paris lernen die
beiden Preistrger die globalen Herausforderungen der Energie-
versorgung und des Klimawandels kennen.
Die Effizienzpioniere
In Mnchen erfahren Lia und Nils bei der Fraunhofer-Gesellschaft
etwas ber die Energie-Efzienzrevolution.
Das Morgen und das Gestern
Im renommierten Forschungszentrum Jlich werden sie in die
naturwissenschaftlich-technischen Grundlagen der Energie-
technik und des Klimawandels eingefhrt und erhalten einen
Einblick in innovative Energiesysteme. Ein Ausug in das
fossile Energiezeitalter rundet ihren Besuch ab.
Die Preisverleihung
Lia und Nils haben den Kopernikus-Preis fr junge Nachwuchs-
forscher gewonnen. Eine vierwchige Reise fhrt sie an die
Sttten des Weltenwandels.
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Die Preismacher
Bei der OPEC in Wien lernen sie die Funktionsweise
der Weltenergiemrkte kennen.
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Fortschrittliche Nuklearentwick-lungen und Innovationsforschung
Am Massachusetts Institute of Technology und an der
Harvard University in den USA studieren Lia und Nils die
neuesten Entwicklungen in der Nuklearforschung und erfahren
welche Faktoren fr erfolgreiche Innovationen notwendig sind.
Think big!
In der Wste von Nevada lernen sie etwas ber die Entwicklung
solarthermischer Kraftwerke fr die industrielle Nutzung.
Megacitys
In Shanghai erfahren die beiden, wie die Gestaltung von
Ballungsrumen die Energie- und Klimazukunft entscheidend
beeinussen kann.
Erkenntnisse
Lia und Nils haben whrend ihrer Reise viel ber die
Zusammenhnge von Physik, Technik und konomie gelernt
und welche Rolle sie fr die Energie- und Klimazukunft spielen.
Aber auch viel ber sich selbst erfahren
Anhang
Dank | Formeln | Chemische Verbindungen | Umrechnungen
von Maeinheiten | Umrechnungsfaktoren | Abkrzungen
Glossar | Bildnachweis | Literatur
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Die PreisverleihungLia und Nils haben den Kopernikus-Preis
fr junge Nachwuchsforscher gewonnen.
Eine vierwchige Reise fhrt sie an die
Sttten des Weltenwandels.
Mnchen Wien
Nevada Shanghai Paris
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in der ltesten naturwissenschaftlich-medizinischen Gelehrtengesell-schaft der Welt der Deutschen Akademie der Naturforscher Leo-poldina in Halle an der Saale steigt die Spannung. Im Festsaal war-
ten ber dreihundert Gste auf Namen. Namen von jungen Menschen,
die den europischen Kopernikus-Preis fr junge Nachwuchsforschererhalten haben. Das weiche Licht der barocken Deckenleuchten und die
farbenprchtigen Blumengre, die von unzhligen Schulen aus den
Nachbarlndern berbracht wurden, geben dem Ereignis einen festlichen
Anstrich. Als der Prsident des Europaparlaments erneut ans Mikrofon
tritt, halten alle sprbar den Atem an.
Und nun wrdigen wir die herausragendsten Leistungen. Aus der Stadt
Coimbra in Portugal, von der Escola Secundaria Quinta das Flores erhlt
fr ihre Studie Natur und Migrationden ersten Preis auf dem Gebiet der
Geograe Es folgt eine lange Pause. Lia Da Silva.Lia springt freudestrahlend von ihrem Stuhl auf und wirft ihren Eltern
einen triumphierenden Blick zu.
Und in Physik, fhrt der Prsident betont langsam fort, in Physik ver-
leihen wir einem jungen Mann aus dem hohen Norden, vom Sdra Latins
Gymnasium aus Stockholm, den ersten Preis fr seine Arbeit Nanotech-
nologie und Energieefzienz. Wieder eine lange Pause.
Er heit Nils Svensson. Bitte kommen Sie beide zu mir aufs Podium.
Whrend sich Lia und Nils den Weg zum Podium bahnen, werden sie von
heftigem Applaus begleitet. Mit einem Nicken nehmen sie ihre Urkundenentgegen.
Nach der feierlichen Urkundenbergabe ist es Zeit fr das obligatorische
Foto, natrlich mit der Europaagge im Hintergrund. So wie Lia zwischen
dem stattlichen, korpulenten Wrdentrger und dem hochgewachsenen
Blondschopf steht, bietet sich dem Publikum das Bild eines wehenden
Bambusbumchens zwischen einem sanften Riesen und einer Nord-
manntanne. Lia lsst sich davon jedoch nicht beeindrucken und trotzt der
scheinbaren krperlichen bermacht mit ihrer kecken Bubikopffrisur undihren lebhaften Blicken in den Festsaal.
Erneut nhert sich der Prsident dem Mikrofon.
Bitte schenken Sie mir noch einen Augenblick Ihre Aufmerksamkeit. Die
fachkundige Jury hat es sich nicht leicht gemacht, aus den vielen quali-
zierten Schlern die richtige Wahl zu treffen. Dafr wollen wir ihr danken.
Und den jungen Leuten, die heute keinen Preis erhalten haben, mchte
ich sagen: Seien Sie nicht traurig. Ich habe in meinem ganzen Leben
noch keinen Preis gewonnen und bin trotzdem Prsident des Europapar-
laments geworden.
D. Oesterwind,Energie und Klimaforschung, DOI 10.1007/978-3-8348-9787-9_1,
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DiePreisverleihung
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Lautes, entspanntes Gelchter ertnt im Saal. Einige Besucher erheben
sich bereits von den Sthlen, um im Foyer noch einen Imbiss einzuneh-
men, als der Prsident ins Mikrofon ruft:
Noch eine Minute, bitte. Eine wichtige Nachricht habe ich noch. Lia Da
Silva und Nils Svensson haben sich auf den Weg gemacht, Neues zuentdecken. Und so wie Kopernikus der Namenspatron dieses Preises
das geozentrische Weltbild der Menschheit revolutionierte und seine
Lehrjahre an fremden Orten verbrachte, so ist auch dieser Nachwuch-
spreis mit einer vierwchigen Reise an die Sttten des Weltenwandels
verbunden. Also an die Forschungssttten unserer heutigen Energie-
und Klimaforscher.
Ein erstauntes Raunen geht durch den Saal, dann brandet Applaus auf.
Auer sich vor Freude und bermut dreht Lia sich ruckartig um, um sich
persnlich bei dem Prsidenten zu bedanken, und rennt dabei fast Nilsber den Haufen, der den gleichen Gedanken hatte. Er wirft ihr einen
leicht genervten Blick zu. Na, das kann ja heiter werden, denkt Lia.
Spter im Foyer werden die beiden frisch gekrten Preistrger von einem
Fernsehteam abgefangen.
Drfen wir Ihnen beiden ein paar Fragen stellen?
Ja, natrlich, antwortet Lia prompt.
Wie kamen Sie zu dem Thema Ihrer Arbeit?, fragt sie der Journalist.
In meiner Heimat Portugal leben viele Neubrger aus Afrika. Ihren Wegzu uns haben sie meist unter groer Lebensgefahr zurckgelegt, und
schauen wir in ihre Gesichter, sind sie von unermesslicher Traurigkeit
gezeichnet. Ich habe mich gefragt, was diese Menschen dazu bewo-
gen hat, ihre Heimat aufzugeben und ihre Familien zu verlassen. Also
habe ich in den Schulferien viele von ihnen dazu befragt. Ich wollte den
Ursachen dafr auf den Grund gehen und etwas ber ihre persnlichen
Beweggrnde erfahren. Als ich darber Bescheid wusste, zumindest
ber einige, habe ich mit ihnen gemeinsam Vorschlge erarbeitet, die
ihnen ermglichen knnten, in ihrer Heimat zu bleiben. So kam mir dieIdee zu diesem Projekt.
Der Journalist wendet sich an Nils: Und wie war es bei Ihnen?
Bei einem Unternehmenspraktikum habe ich mich mit Nanomaterialien
befasst. Dabei habe ich Ideen skizziert, wie die Nanotechnologie zur
Energieefzienzverbesserung eingesetzt werden knnte. Und dann hat
das eine das andere ergeben.
Sie sind gerade erst siebzehn und achtzehn Jahre alt. Waren Sie nicht
neidisch auf Ihre Freunde, wenn die abends in die Disco gingen und Sie
ber Ihrer Arbeit brten mussten?, stellt der Journalist ihnen die nchste
Frage.
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Ganz und gar nicht, antwortet Lisa zuerst. Teilweise habe ich die
Interviews sogar in der Disco durchgefhrt.
Ich mach mir nichts aus Disco, ich bin Jazz-Fan und spiele in einer
Baltik-Jazz-Band Saxofon. Wir sind hug in Skandinavien unterwegs,
antwortet Nils.Apropos unterwegs. Sie beide werden bald vier Wochen gemeinsam
auf Reisen sein und zwangslug viel Zeit miteinander verbringen. Was
schiet einem da so durch den Kopf?
Ich habe zwei jngere Schwestern zu Hause, ergreift Nils das Wort.
Mal sind sie s und mal nervig und ungestm. Er grinst Lia zugleich
bezeichnend und entwaffnend an und nimmt seinem etwas gnnerhaften
Kommentar damit die Spitze. Vielleicht ist er ja doch ganz in Ordnung,
denkt Lia. Es wird auf alle Flle ein Abenteuer, schliet Nils.
Wir wissen noch nicht mal, wohin es geht, noch ist es ein Geheimnis,meldet sich Lia zu Wort. Aber wir Portugiesen sind ein neugieriges Volk,
von Portugal aus wurde einst die Welt neu vermessen. Was mich anbe-
langt, so kann ich es kaum erwarten. Von mir aus knnte es sofort losge-
hen. Und mit feiner Ironie und einem kurzen Seitenblick auf Nils ergnzt
sie: Und mit einem so groen, starken Bruderan meiner Seite kann ja
wohl kaum etwas schieaufen.
Kurz darauf suchen Lia und Nils fr wenige Minuten das Weite, um der
lauten Geruschkulisse und dem nicht enden wollenden Glckwunschrei-
gen zu entkommen und ein paar erste Worte miteinander zu wechseln.Sie stehen auf der Eingangstreppe der ehrwrdigen Leopoldina, als wie
aus dem Nichts eine alte Frau vor sie hintritt.
Fr Ihr Alter haben Sie schon viel erreicht, sagt sie, Sie knnen sich
zu einem wirklichen Vorbild mausern. Aber passen Sie gut auf sich auf
und vergessen Sie bei allem, was Sie tun, nicht, aus Ihrem Leben ein
Kunstwerk zu schmieden.
Lia und Nils sehen sich verwundert an. Noch bevor sie reagieren knnen,
taucht die alte Frau im dichten, abendlichen Februarnebel unter.
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Mnchen Wien
Nevada Shanghai Paris
Hellseher mit
Sammelleidenschaft
Bei der Internationalen Energieagentur in Paris
lernen die beiden Preistrger die globalen
Herausforderungen der Energieversorgung und
des Klimawandels kennen.
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Wie man dem steigenden Energiebedarf
gerecht wird, ohne die Interessen der
Menschheit und die Natur zu verletzen
Pass doch auf!, schreit Nils und reit Lia zurck. Oder mchtestdu als Khlergur enden? Du willst doch sicher noch was von Paris und
der Reise haben, oder?
Die Autos fahren hier aber auch wie sie wollen, ereifert sich Lia.
Hr lieber mal auf zu simsen und schau mit auf den Stadtplan. Du bist
hier doch die Geogran, sagt Nils ungeduldig.
Wir sind jetzt hier, verkndet sie und tippt selbstbewusst mit einemFinger auf die Karte. Dort hinten muss die Rue de la Fdration und
somit die Internationale Energieagentur liegen.
Ein paar Minuten spter biegen sie in die richtige Strae ein.
Du hattest recht, Glckwunsch!
Das bernchste Gebude msste die Hausnummer neun sein. Was
fr ein schmuckloser Kasten, dabei ist Paris so schn! Aber in diesem
Viertel stehen anscheinend nur Brokltze. Hinter diesen Mauern wrde
ich nicht arbeiten wollen.
Nils berprft den Sitz seines Sakkos und seiner Jeans. Du sollst jaerst einmal auch nur reingehen, da drben ist der Empfang. Sie gehen
zum Tresen. Guten Tag, wir sind die Kopernikus-Preistrger , setzt
er an.
Der Pfrtner fllt ihm mit einer unwirschen Geste ins Wort: Und ich bin
der Kaiser von China. Nils schweigt perplex, whrend Lia einen weiteren
Versuch startet: Wir sind Nils Svensson und Lia Da Silva. Wir haben
wirklich eine Einladung.
Der Pfrtner gibt seine abwehrende Haltung auf und meint lchelnd: Na,
wenn das so ist warum haben Sie das denn nicht gleich gesagt? Liaund Nils wechseln einen amsierten Blick.
Sie werden schon erwartet. Bitte setzen Sie sich in den Empfangsraum,
dort werden Sie dann abgeholt.
Whrend sie warten, blttert Nils gelangweilt durch die auf dem Tisch
ausliegenden Informationsbroschren und wirft dabei hin und wieder
einen verstohlenen Blick zu Lia hinber.
Fast alle Lnder, die der Organisation fr wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung, kurz OECD, angehren, sind Mitglied in dieser
internationalen Agentur, sagt er nach ein paar Minuten. Hier dreht sich
alles um Energie. Die Agentur hat eine stndige beratende Funktion bei
D. Oesterwind,Energie und Klimaforschung, DOI 10.1007/978-3-8348-9787-9_2,
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den grten Industrienationen, den G-20-Staaten. Sie erstellt weltweit
nationale Analysen und Szenarien, verffentlicht Berichte zu potenziellen
Versorgungsengpssen, notwendigen Forschungs- und Entwicklungs-
strategien und beobachtet die weltweiten Energiemrkte. Sie wurde 1974
als Reaktion auf die erste Energiekrise gegrndet.Ja, davon haben mir meine Eltern erzhlt, schaltet sich Lia ein. Die
arabischen Lnder haben damals den lhahn zugedreht. Die Folge war,
dass der lpreis explosionsartig anstieg. Viele Lnder haben sogar fr
einige Tage den privaten Verkehr untersagt.
Was du nicht sagst, grinst Nils, ich wusste gar nicht, dass der Staat
auch im Schlafzimmer ein Wrtchen mitzureden hat.
Ha, ha, erwidert Lia, verzieht das Gesicht und muss selbst lachen.
Salut, mein Name ist Christel, ertnt pltzlich eine Stimme hinter ihnen.
Herzlich willkommen bei der Internationalen Energieagentur, auch IEAgenannt.
Salut, erwidern Nils und Lia den Gru.
Heute scheint zum ersten Mal die Maisonne, sagt Christel. Bevor ihr
sie genieen knnt, msst ihr jetzt aber erst mal meine Powerpoint-Pr-
sentation ertragen. Wir gehen in den ersten Stock; wir knnen gleich die
Treppe hier nehmen. Ach ja ist es euch brigens recht, wenn wir uns
duzen? Wir sind hier alle nicht so formell.
Klar doch, gerne, antworten Nils und Lia im Chor. Nachdem sie im
Sitzungssaal angekommen sind, wirft Christel geschwind den Laptopund den Beamer an und kurz darauf erscheinen die ersten Bilder auf der
Leinwand.
Christel schaut Nils und Lia eindringlich an. Ich werde euch heute in
die Welt der Energie entfhren. Aber eigentlich geht es nicht nur um
Energie, denn der Klimawandel ist mittlerweile zur Leitgre der Ener-
gieversorgung geworden. Aber eins nach dem anderen. Und bitte, setzt
euch und bedient euch bei den
Erfrischungen, sagt sie und deu-
tet auf den Tisch an der Wand. Liaund Nils bedanken sich.
Schaut euch das Bild an,
beginnt Christel, ihr seht hier
die Entwicklung des weltweiten
Energiebedarfs der letzten Jahr-
zehnte. Mit dem Beginn der Indus-
trialisierung vor ber einhundert
Jahren wuchs der Energiebedarf
sprunghaft an. Kohle, spter aber
auch l und Gas, kamen bei der
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Primrenergieverbrauch[EJ]
Kernenergie
Wasser
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Historische Entwicklung
des weltweiten Primr-
energieverbrauchs
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Stromerzeugung und bei der Beheizung von Wohnungen zum Einsatz
und auch durch die vermehrte Mobilitt der Menschen war immer mehr
Energie vonnten. Auch in Zukunft wird der Energiebedarf weiter wach-
sen, in den nchsten zwanzig Jahren allein um 30 %. Das knnt ihr hier
sehr schn sehen.
Diesen Energiebedarf stndig und berall zu decken, Energie gleichzeitig
bezahlbar zu halten und dabei keinen Raubbau an der Natur zu betrei-ben, ist eine der grten Herausforderungen, vor der unsere Weltgesell-
schaft steht.
Aber weshalb muss der Energiebedarf denn steigen, ich brauch doch zu
Hause nicht noch mehr Energie?, wirft Lia ein.
Du vielleicht nicht. In den hoch industrialisierten Lndern wird der Ener-
gieverbrauch in Zukunft tatschlich nur noch mig anwachsen. Und
wenn wir uns anstrengen, mit allergrter Wahrscheinlichkeit sogar
schrumpfen.
Das schaffen wir mit ef
zienteren, also wirtschaftlicheren Techniken,schaltet sich Nils ein. Frher lag der Benzinverbrauch eines Mittelklas-
sewagens, bei zwlf Litern und mehr auf 100 Kilometern. Heute sind es
nur noch sechs Liter und bald werdens noch weniger sein. Und das ist
nur ein Beispiel von vielen.
Diese hhere Efzienz wird aber von den weniger entwickelten Natio-
nen wieder aufgefressen. In Europa kommen auf 1 000 Einwohner ber
400 Pkws, in China sind es bisher unter 30. Der Zuwachs an Autos dort
aber ist rasant. Und dieser enorme Nachholbedarf Chinas und anderer
Lnder fhrt zu diesem Energiezuwachs, gibt Christel zu Bedenken.
Nimmt man allein China und Indien, so gilt das schon fr 2,4 Milliarden
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nergieverbrauch[EJ]
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Menschen. Das sind immerhin 36 % der Weltbevlkerung, meint Lia.
Hrt, hrt, die Geogran hat gesprochen. Da kennt sich aber jemand gut
aus, sagt Nils und wirft Lia einen anerkennenden Blick zu. Lia lchelt in
sich hinein.
China ist die verlngerte Werkbank der Welt und produziert Gter frden heimischen wie fr den Weltmarkt. Diese verlngerte Werkbank
wchst jhrlich um 10 %, erlutert Christel.
Mir wird ganz schwindelig, kommentiert Lia.
Und neben den Lndern des asiatischen Raumes gibt es noch viele
weitere Nationen, die wir nicht vergessen sollten.
Hier seht ihr die Verteilung des Pro-Kopf-Verbrauchs an Energie und die
derzeitige daraus resultierende Verteilung in den Weltregionen, fhrt
Christel fort.
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Ver. Arab. Emirate
Singapur
Kuwait
Kanada
Norwegen
USA
Australien
Belgien
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Frankreich
Japan
Deutschland
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Europa
Italien
Welt
China
Zentral- und Sdamerika
Asien/Ozeanien
Nordkorea
Indien
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Primrenergieverbrauch pro Kopf [GJ]
Primrenergieverbrauch
pro Kopf ausgewhlter
Lnder und Regionen
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Die Kluft zwischen Arm und Reich ist gewaltig. Nehmen wir als Modell-
rechnung doch mal an, der Energieverbrauch der Entwicklungs- und
Schwellenlnder verdoppelt sich von derzeit 40 GJ pro Kopf und Jahr auf
80 GJ, so ergibt sich Lia, wie viele Menschen leben noch gleich in die-
sen Lndern?, fragt Nils und dreht sich zu ihr um.
Fnf Milliarden.
Danke, Superhirn. Also, so ergbe sich ein zustzlicher Energiebedarf
von 200 EJ knapp 40 % mehr als heute. Und das, ohne zu bercksich-tigen, dass in Zukunft noch viel mehr Menschen auf der Welt leben wer-
den.
Sehr gut erkannt, sagt Christel erfreut. Und eben solche Hochrech-
nungen, eben nur noch detaillierter und komplexer, sind unser tglich
Brot. Wir sammeln Daten von allen Lndern dieser Erde. Daten ber
die Bevlkerungs- und Wirtschaftsentwicklung, Daten ber die volkswirt-
schaftliche Energieefzienz, Daten ber den Mobilittsgrad der Nationen,
Daten ber den Gertebestand der Haushalte, Daten, Daten, Daten, die
wir dann in mathematische Modelle stopfen. Heraus kommen Szenarienber den zuknftigen weltweiten Energiebedarf. Wir sind sozusagen Hell-
seher mit Sammelleidenschaft.
Hey, ruft Lia und wendet sich mit einem Augenzwinkern an Christel,
dann sagt dir deine Glaskugel doch bestimmt, wie die Welt in dreiig
oder fnfzig Jahren aussehen wird, oder? Christel lacht.
Das wr zu schn, um wahr zu sein, leider hat unsere Glaskugel so
ihre Tcken. Manche Vergangenheitswerte sind ungenau. Und wer kann
schon mit Gewissheit sagen, wie sich die Wirtschaftsleistung weltweit
entwickelt oder welche Kapriolen der lpreis schlagen wird. Oder denkt
an das unerwartete Zusammenbrechen der kommunistischen Idee vor
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CO2-Emissionen[Gt/a]
OECD+* Other Major Economies Other Countries
*OECD-Lnder inkl. die europischen Lnder, die eigentlich kein Mitglied der OECD sind
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20 Jahren, in deren Folge die Europische Gemeinschaft von 15 auf
27 Mitgliedsstaaten anwuchs. Auch die rasante Wirtschaftsentwicklung
in China haben wir unterschtzt. Die Zukunft ist immer voller berra-
schungen, deshalb halten wir uns lieber an die Weisheit der Bergarbei-
ter Vor der Hacke ist es duster. Wir helfen nur mit, die Zukunft etwasaufzuhellen, sie neu zu denken. Oder erarbeiten Vorschlge, wie man
bestimmte Ziele erreichen kann.
Gibt es Beispiele dafr?, will Nils wissen.
Ja, ganz aktuelle, sagt Christel frhlich. Ihr seht hier den weltwei-
ten Energiebedarf bis zum Jahr 2030 und die Energietrger, die diesen
Bedarf vermutlich decken werden.
Was heit vermutlich?, hakt Nils nach.
Wir haben die Entwicklungstrends der Vergangenheit fortgeschrieben,
das ist unser Referenzszenario, das heit darauf haben wir unsere Pro-
gnosen aufgebaut. Sprunghafte Entwicklungen werden dabei auer Acht
gelassen, wesentliche Vernderungen nden nicht statt. Eine solche Ent-
wicklung nennen wir Business as usualoder
auch Referenzszenario.Das knnt ihr in die Tonne klopfen, sagt
Nils leicht erregt. Das ist die Welt der Fos-
silen wie Kohle und Erdl. Im Jahr 2030 ist
die Energiebasis dann immer noch zu 80 %
fossil. Ans Klima hat wohl keiner gedacht?
Christel dreht sich mit ernstem Gesichtsaus-
druck zu Nils um. Du hast ganz recht. In die-
sem Szenario steigen die Treibhausgase bis
zum Jahr 2030 von 30 auf 40 Gigatonnen pro
Jahr bzw. Gt/a an.
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Primrenergieverbrauch[EJ]
Sonstige Erneuerbare
Biomasse
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Kernenergie
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Zuknftige Entwicklung
des Primrenergiever-
brauchs nach Energie-
trgern
Zuknftige Entwicklung
der energiebedingten
CO2-Emissionen nach
Lndergruppen
(business as usual)
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Lia posaunt hinaus: Das darf doch nicht wahr sein!
Wir haben auch ein Fortschrittsszenario errechnet. Hier seht ihr, mit
welchen Manahmen wir den Aussto von Treibhausgase begrenzen
knnen: Die Energieefzienz vorantreiben, die regenerativen Energien
ausbauen und auch die Atomenergie verstrkt nutzen.
Nils lehnt sich erleichtert zurck. Das sieht doch schon viel fortschritt-
licher aus.Christel hebt mahnend den Zeigenger. Aber das bekommt ihr nicht
umsonst. Fr euer Lieblingsszenario msst ihr bis zum Jahr 2030 insge-
samt 12 000 Billionen US-Dollar auf den Tisch blttern.
Mit dieser Zahl kann ich nichts anfangen, sie ist unvorstellbar, ndet
Lia.
Wahrscheinlich sind das mehr Dollarnoten als Sandkrner in der
Wste, meint Nils.
Christel setzt ihre Brille auf der Nase zurecht und fhrt fort: Ich gebe euch
einen Anhaltswert. Verteilt man diese Summe gleichmig auf 20 Jahre,sind das etwa 0,8 % des jhrlichen weltweiten Sozialproduktes. Wenn
man das zum Beispiel proportional auf Deutschland verteilen wrde, ent-
sprche das den Ausgaben fr alkoholische Getrnke pro Jahr.
Das klingt ja schon wieder berschaubar. Lias Augen beginnen zu fun-
keln.
Diese Summe muss doch aufzubringen sein! Wir mssen eigentlich
blo mit dem Trinken aufhren und der Klimawandel ist gestoppt, meint
Nils.
Christel reibt sich die Stirn. Gnzlich aufhalten knnen wir ihn leider
nicht mehr. Wohl aber knnen wir mit dieser Summe die Treibhausgase
Abatement
Jahr
(Mt CO2)
2020
26
28
3032
34
36
38
40
42
2007 20152010 2020 2025 2030
Gt/a
450 Scenario
Reference Scenario
Efficiency 2 517 7 880
End-use 2 284 7 145
Power plants 233 735
Renewables 680 2 741Biofuels 57 429
Nuclear 493 1 380
CCS 102 1 410
2030
1 999 5 586
1 933 5 551
66 35
527 2 26027 378
125 491
56 646
Investment($2008 billion)
2010-2020
2021-2030
Zuknftige Entwicklung
der weltweiten energiebe-
dingten CO2-Emissionen
(450 Fortschrittszenario)
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reduzieren und den Temperaturanstieg auf 2 C begrenzen. Diese 2 C
bzw. eine maximale CO2-Konzentration von 450 ppm geben die Klimato-
logen als Obergrenze an, wenn die Folgen des Wandels vertrglich blei-
ben sollen. Zur Zeit liegt die Konzentration noch bei knapp unter 400 ppm.
Aber die Tendenz ist steigend. Umkehren knnen wir die Entwicklung nurdann, wenn wir den CO2-Aussto bis 2030 auf 26,4 Gt begrenzen.
Nils richtet sich in seinem Stuhl auf. Also, mein Fazit lautet: Wenn wir
knapp 1 % des Welteinkommens in Zukunftstechnologien statt in Konsum
investieren, haben wir das Klimaproblem halbwegs gelst.
Lia springt freudig erregt vom Stuhl auf. Na prima, dann sollten wir das
doch tun und schleunigst damit anfangen. Christel dmpft Lias Eifer.
Langsam, langsam. Als ich bei der IEA anng, war ich genauso ein
Heisporn wie du. Und ich habe im Laufe der Jahre an vielen Studien
mitgearbeitet und warnende Kommentare noch und ncher geschrieben.Doch, was glaubst du, ist bisher passiert? Herzlich wenig. Vernderungen
durchzusetzen ist ein langer, beschwerlicher Weg, man braucht einen
langen Atem. Wir mssen noch viele Hrden nehmen. Fr alle Manah-
men brauchen wir nach Mglichkeit eine weltweite Einigkeit.
Der Klimawandel wartet nicht, meint Lia energisch. Wir mssen jetzt
ber diese Hrden springen.
Christel schaut nachdenklich, als ob sie berlegt, wie sie Lia am besten
fr die Problematik sensibilisieren kann.
Zunchst einmal ist zu bedenken, dass die vom Menschen verursachteMenge an Treibhausgasen in der Atmosphre von den Industrienationen
stammt. Warum sollen die rmsten der Armen fr unseren atmosph-
rischen Wohlstandsmll bluten?
Dann mssen wir eben die Betrge fr die Entwicklungshilfe erhhen,
kommt es von Lia wie aus der Pistole geschossen.
In diese Richtung wird auch gedacht, geht Christel darauf ein. Wenn
die afrikanischen Lnder sich verpichten, in emissionsarme Technologien
zu investieren, wollen die Industrielnder diese mitzunanzieren
Nils fllt ihr ins Wort: Und was ist mit den Chinesen? Die werden dochganz bestimmt noch gewaltige Mengen an Treibhausgasen in die Luft
blasen, um ihren Energiehunger zu stillen.
Christel rattert hinunter: China ist schon jetzt der grte Schadstoffe-
mittent weltweit. Obwohl China nur einen Anteil von 11 % am Weltsozial-
produkt hlt, liegt der Anteil, was die Weltemissionen anbelangt, bei 21 %
Tendenz steigend. Zum Vergleich: Europas Anteil am Weltsozialprodukt
liegt bei 22 % und der Beitrag zu den Weltemissionen bei 13 % Tendenz
sinkend.
Lia uert sich emprt: Aber dann muss China mehr in Umweltschutz-
techniken investieren!
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Christel wirkt nachdenklich und antwortet mit ruhiger Stimme: Sie fangen
zaghaft damit an. Aber um etwas dagegen zu tun, das wirklich Wirkung
zeigt, sind in den nchsten zwanzig Jahren Investitionen in einer Gren-
ordnung von 2 100 Billionen US-Dollar notwendig. Die erste Prioritt der
chinesischen Regierung ist zunchst, dafr zu sorgen, dass in diesemriesigen Reich jeder Chinese ausreichend Energie fr seinen tglichen
Bedarf zur Verfgung hat. Stellt euch vor, in Europa wrden 40 Millionen
Menschen ohne Strom leben. und dazu wrde noch hug in ganzen
Regionen die Stromversorgung wegen technischer Pannen zusammen-
brechen. Dieses Beispiel zeigt, dass nicht jedes Land dem Klimaschutz
die erste Prioritt einrumt. In Indien und Russland ist es hnlich. Zu
unterschiedlich sind die Interessen der einzelnen Nationen.
Nils schaut mit ernchtertem Blick in die Runde: Und dann gibt es
bestimmt noch welche, die gar nichts tun wollen, oder?Das kann ich mir nicht vorstellen, fhrt Lia mit entsetzter Miene auf.
So verantwortungslos wird doch wohl niemand sein?!
Leider doch, antwortet Christel mit starrer Krperhaltung, es gibt
gengend Trittbrettfahrer. Saubere Luft ist nicht teilbar, das wissen die
und hoffen, dass andere in saubere Techniken investieren und sie dann
daraus auch Nutzen ziehen knnen.
Nils schlgt ganz wider seine ruhige Natur mit der rechten Faust auf den
Tisch und posaunt verchtlich hinaus: Schmarotzer!
Lia senkt den Kopf. Alles hoffnungslos, murmelt sie niedergeschlagen.Nils berhrt sie trstend am Arm und Lia schenkt ihm einen dankbaren
Blick.
Nicht ganz, meldet sich Christel zu Wort. Es gibt schon einen Hoff-
nungsschimmer, denkt an das Kyoto-Protokoll. Die Treibhausgase sind
zwar weltweit angestiegen, aber die Lnder, die das Kyoto-Protokoll
unterzeichnet haben insgesamt sind es 156 werden ihr Versprechen
vermutlich schon einhalten. Es gibt vielleicht einige Ausnahmen, aber ins-
gesamt sind wir zuversichtlich, dass sie ihr Ziel erreichen werden und
bis zum Jahr 2012 5,2 % der Treibhausgase gegenber dem Stand von1990 reduzieren.
Und was ist mit den USA?, wirft Nils ein.
Christel holt tief Luft: Die USA hatten das Protokoll ratiziert, doch
dann kam der Prsidentschaftswahlkampf und die Demokraten wurden
von den Republikanern abgelst. Bevor der Prsident seine endgltige
Unterschrift leisten konnte, stellte sich der Kongress quer. Denn viele
Kongressmitglieder und Lobbyisten, die aus den Kohlerevieren West Vir-
ginias stammten, waren der Meinung, dass die Reduktionsziele zu ehr-
geizig und die Umsetzung zu teuer seien. Sie meinten, die Wirtschaft
werde dadurch geschwcht und die internationale Wettbewerbsfhigkeit
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werde darunter leiden. Doch mittlerweile hat in den USA ein Umdenken
eingesetzt, nicht zuletzt aufgrund des beharrlichen Mahnens der Euro-
per. Und die Mehrheitsverhltnisse im Kongress haben sich inzwischen
auch wieder gendert.
Lia hebt in einer hilosen Geste ihre Hnde. Und schon sind dabei vieleJahre ungenutzt verstrichen. Christel, du hast Recht. Man braucht wirk-
lich einen langen Atem.
Christel nimmt erschpft ihre Brille von der Nase. Jetzt lasst uns erst
mal Mittagessen gehen.
Nils macht eine ausholende Bewegung mit seinem linken Arm und ereifert
sich: Das alles ist total unbefriedigend, solange Trittbrettfahrer und Lob-
byisten ihre Finger mit im Spiel haben. Gibt es denn keinen verlsslichen
Mechanismus, der aufgrund von objektiven Kriterien gewhrleistet, dass
die Reduktionsziele eingehalten werden und die entstehenden Kostengerecht verteilt werden knnen?
Den gibt es, sagt Christel an Nils gewandt, whrend sie ihre Power-
point-Prsentation herunterfhrt. Mein Kollege Peter wird euch heute
Nachmittag etwas darber erzhlen, das ist nicht mein Metier. Wenn ihr
Lust habt, knnen wir aber heute Abend zusammen in ein Bistro gehen,
ich habe mir extra Zeit fr euch genommen.
Klar, wir kommen gerne mit.
Schn, ich hoffe, es wird euch gefallen.
Wie Umweltinteressen, Wirtschaftsinte-
ressen und staatliche Manahmen mitei-
nander verknpft sind
Pnktlich um 14 Uhr nden sich Lia und Nils nach dem Kantinenbesuch
wieder im Besprechungsraum ein. Kurz darauf erscheint Christels Kol-lege Peter, gekleidet in ein leichtes Sommerjackett und ein lssigbuntes
Hemd.
Hallo, wie ich von Christel gehrt habe, habt ihr heute Morgen schon
eine Menge diskutiert,
Hallo, ja, stimmt, erwidern die beiden.
Eine zentrale Frage sollten wir noch vertiefen, legt er los. Es herrscht
Einigkeit darber, dass die Treibhausgase reduziert werden mssen.
Dass das auch geht, haben die Kyoto-Staaten bewiesen. Doch wie haben
sie das geschafft?
Mit Sonnenenergie und Wasserkraft, sagt Lia erfreut.
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Und die Industrie hat efzientere Produktionsverfahren eingesetzt, fgt
Nils hinzu.
Das war aber nicht allein ausschlaggebend, erwidert Peter energisch
Ihr msst bedenken, dass die Unternehmen auch auf ihre Kosten ach-
ten mssen. Umweltschutzmanahmen kosten viel Geld, sie mssenerst mal nanziert werden. Und Geld ist knapp, es ist nicht unbegrenzt
vorhanden
Mmm, Lia gibt einen zustimmenden Laut von sich. Das stelle ich auch
immer wieder fest. Von dem, was ich mir durchs Jobben verdiene, kann
ich mir auch nicht alles kaufen, was ich mir wnsche.
Und dasselbe gilt fr Unternehmen, erklrt Peter.
Aber die bekommen doch Kredite, wendet Nils ein.
Die htte ich auch gern, uert Lia keck und schiebt eine Hand in die
Tasche ihrer Jeans.Kredite bekommen Unternehmen aber nur, wenn sie Eigenkapital besit-
zen und die Bank davon berzeugt ist, dass die Unternehmen die Kredite
auch mit Zinsen zurckzahlen knnen.
Aber das gilt doch fr jeden, meint Nils.
Ja, zumindest wenn man verantwortungsvoll mit dem Geld umgeht, und
in der Regel tut ein Unternehmen das auch. Wenn es Umweltschutzma-
nahmen umzusetzen gilt, setzt es das Geld dort ein, wo es den grten
Umweltnutzen erreichen kann. Das knnt ihr hier sehen. Peter fummelt
am Laptop herum und kurz darauf erscheint eine Darstellung auf derLeinwand.
Es setzt das Geld also dort ein, wo der grte Umweltnutzen zu erreichen
ist, greift Peter seine Worte wieder auf. Hierfr stellt das Unternehmen
ein Treibhausgas-Vermeidungskostendiagramm auf, eine Art Hitliste.
0
50.000
100.000
150.000
200.000
250.000
300.000
350.000
009006003
vermiedenes Kohlendioxid [ t ]
KostenCO2-Vermeidung[
]
CO2-Vermeidungs-
kostendiagramm
-
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Stellt euch vor, ihr msstet innerhalb von drei Jahren 900 Tonnen Kohlen-
dioxid bzw. CO2vermeiden und euch stnden drei Manahmen zur Ver-
fgung, die alle dieselbe Menge CO2einsparen, sprich rund 300 Tonnen.
Eine Manahme kostet 300 000 Euro, eine zweite 200 000 Euro und die
dritte 100 000 Euro. Welche Nils fllt Peter ins Wort: Natrlich wrde ich zuerst die Manahme fr
100 000 Euro realisieren.
Richtig, kommt es erfreut von Peter. Das ist aus unternehmerischer
Sicht eine efziente kologische Entscheidung. Aber ist das auch eine
sinnvolle Entscheidung fr die gesamte Volkswirtschaft?
Lia guckt nachdenklich von einem zum anderen und zuckt die Schultern.
Keine Ahnung. Woher soll man das auch wissen?
Du sagst es.. Peter unterstreicht seine uerung mit einer eifrigen
Geste. Selbst das einzelne Unternehmen kann das nicht wissen. Umaber eben diese Wissenslcke zu schlieen, hatten die Wirtschaftswis-
senschaftler eine glnzende Idee, und diese Idee heit Emissionshandel.
Vergesst nicht, die Treibhausgase und infolgedessen der Klimawandel
sind globale Phnomene. Deshalb ist es aus volkswirtschaftlicher Sicht
schlau, die Treibhausgase dort zu bekmpfen, wo das am kostengn-
stigsten ist. Wo ich sozusagen mit einem Euro die grte Wirkung erzie-
len kann.
Gehrt habe ich von diesem Handel, sagt Nils, aber so ganz kapiert
hab ichs nicht.Peter referiert mit Feuereifer, als wrde die Idee in eben diesem Augen-
blick das Licht der Welt erblicken. Im Detail ist es kompliziert. Aber der
Grundgedanke des Emissionsrechtehandels ist genial, man nennt ihn
im englischen Sprachgebrauch brigens Cap and Trade. Europa hat
sich, wie ihr ja wisst, dem vlkerrechtlich verbindlichen Kyoto-Protokoll
angeschlossen und sich verpichtet, im Zeitraum von 1990 bis 2012 8 %
an Treibhausgasen einzusparen. Wahrscheinlich wird das Ziel bis 2012
sogar bererfllt werden. Was der im Jahre 2005 eingefhrte Emissions-
handel damit zu tun hat, mchte ich euch jetzt erlutern.Peter beginnt zu erzhlen. Ihr seht auf den nchsten Bildern die ange-
strebte europische Treibhausgasentwicklung bis zum Jahre 2020.
Einen solchen Pfad gibt es auch fr jedes europische Land. Innerhalb
eines Landes wird die CO2-Ausstomenge auf Unternehmen mit hohen
Schadstoffemissionen, wie zum Beispiel die Stahlindustrie, verteilt. Dies
geschieht, indem den Unternehmen Zertikate zugeteilt werden, die sie
berechtigen, eine ganz bestimmte Schadstoffmenge auszustoen. Diese
Zertikate erhalten sie fr jedes Jahr. Und mit jedem Jahr mssen sie
die Ausstomenge in Hhe ihrer zugeteilten Zertikate vermindern. Das
kostet Geld, das haben wir vorher an dem Vermeidungskostendiagramm
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gesehen. Nun kann aber die Situation eintreten, dass ein Unternehmeneinen Teil seiner Zertikate nicht bentigt.
Lia verwundert: Wie kann das passieren?
Zum Beispiel, wenn die Stahlindustrie aufgrund einer schwachen Nach-
frage weniger Stahl produziert und in der Folge weniger Treibhausgase
emittiert. Dann hat das Stahlunternehmen Zertikate brig, die es an der
Brse in Leipzig oder London verkaufen kann. Und dort kaufen Unter-
nehmen diese Zertikate, die aufgrund einer unerwartet hohen Produk-
tionsauslastung mehr Treibhausgase emittieren und deshalb zustzlich
Zertikate kaufen, weil diese preiswerter sind als in eigene teure Vermei-
dungsmanahmen zu investieren.
EUCAP EU27
1
1,2
1,4
1,6
1,8
2
2,2
20 05 20 06 2 00 7 2 00 8 2 00 9 20 10 20 11 2 01 2 2 01 3 20 14 20 15 2 01 6 2 01 7 2 01 8 20 19 20 20
Jahr
Mrd.
tCO
2/a
EUweite IstEmissionen 2005
2007EUweites CAP20082012
EUweites CAP20132020
Minderungspfad
nach Artikel 9 derRichtlinie
EU-Treibhausgas-
emissionspfad der dem
Handelssystem unterliegt
-40%
-35%
-30%
-25%
-20%
-15%
-10%
-5%
0%
1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020
Jahr
EntwicklungderTreibhausgasemissione
n[%]
- 20 %
Entwicklung der
Treibhausgasemis-
sionen in der EU
(EU-27)
-
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Lia schaut Peter nachdenklich an: Und das funktioniert?
Ja, weil von der Europischen Kommission insgesamt nicht mehr Zer-
tikate ausgegeben werden, als der jhrliche Zielwert von CO2-Emissi-
onen vorgibt. Deshalb wird dieses Ziel automatisch erreicht.
Peter schliet seine Ausfhrungen.Das ist ja toll, was die sich da ausgedacht haben, ndet Lia.
Nils lehnt sich nachdenklich zurck. Ich habe da so meine Zweifel, ob
das wirklich so reibungslos funktioniert, meldet sich Nils zu Wort.
Wieso?, stellt Peter die Gegenfrage.
Noch mal von vorn: Wer legt noch gleich die Zielwerte fest?
Peter nickt nachdenklich mit dem Kopf. Ich wei, worauf du hinauswillst.
Dazu muss ich etwas weiter ausholen.
Im Rahmen des Kyoto-Protokolls, das bis 2012 gilt, und fr das Nach-
folgeprotokoll nennen wir es Kyoto plus, legt die Europische Kom-mission in enger Abstimmung mit den nationalen Regierungen ihr Ver-
handlungsziel fr die internationale Staatenkonferenz fest. Dort ist dann
groes diplomatisches Geschick gefragt, um einerseits die anderen
Staaten auf akzeptable Vermeidungsziele festzulegen, andererseits aber
auch selbst nicht berfordert zu werden.
Und wie legt die Europische Kommission die nationalen Ziele fest?
Muss jedes Land gleich viel vermeiden?, fragt Nils dazwischen.
Nein, antwortet Peter schlicht.
Lia erhebt erbost die Stimme. Das ist aber ungerecht!Das kommt darauf an, wie man es sieht, geht Peter auf Lias Kom-
mentar ein. Die wohlhabenderen Lnder in der EU, wie beispielsweise
Deutschland, sparen mehr ein als dein Heimatland Portugal. Whrend
Deutschland sich verpichtet hat, bis 2012 seine Schadstoffe um 21 % zu
reduzieren, ist es Portugal sogar erlaubt, bis 2012 27 % mehr zu emittie-
ren als im Jahr 1990.
Nils schaut Lia verschmitzt an. Du hast recht, das ist ungerecht.
Jetzt kommen wir schon zu den Detailproblemen, fhrt Peter fort. Fr
jedes Land wird ein Kriterienkatalog festgelegt. In diesen
ieen derBevlkerungsanteil, der derzeitige Schadstoffaussto pro Kopf, Wohl-
standsmerkmale und vieles mehr ein.
Und das dient dann als Entscheidungsgrundlage?, fragt Nils nach.
Peter berlegt und antwortet schlielich mit einem lang gezogenen Jein.
Als Entscheidungsgrundlage schon. Aber am Ende gibt es dann doch
noch ein ganz schnes Geschacher. So hat man Polen geringere Reduk-
tionsziele zugestanden, als Polen nach dem Entscheidungskatalog
eigentlich zustnden.
Warum das?, fragt Lia an Peter gewandt.
Weil Polens Stromerzeugung berwiegend auf Steinkohlekraftwerken
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basiert und es dementsprechend hohe Schadstoffausste hat. Die
Umrstung auf emissionsarme Kraftwerke wrde Milliarden Euro kosten
und die polnische Volkswirtschaft berfordern.
Gut, jetzt sind wir also bei den nationalen Zielwerten angekommen. Und
wie erhalten die Unternehmen ihre Vorgaben?, fragt Nils.Zuerst wird der durchschnittliche Aussto der letzten drei Jahre ermit-
telt. Anschlieend werden die Reduktionsziele vereinbart, Zum Beispiel
jhrlich 2 %. Es gibt aber auch immer wieder Ausnahmen, insbesondere
fr Industrien, die im harten internationalen Wettbewerb stehen, wie bei-
spielsweise die Stahlunternehmen.
Lia schlgt die Hnde ber dem Kopf zusammen. Was fr eine Wahn-
sinnsbrokratie, und dann noch so viele Schlupcher!
Das stimmt, meint Peter. So ein ausgeklgeltes Regelwerk hat es in
sich. Und es mssen ja auch Kontrollen durchgefhrt werden, die sindsehr wichtig. Deshalb entstanden in jedem Land groe brokratische
Apparate riesige Behrden. Unternehmen, die mehr ausstoen, als sie
drfen, mssen empndliche Strafen zahlen.
Warum sind die konomen denn nicht schon viel frher auf diese Idee
gekommen?, fragt Lia mit vorwurfsvoller Miene.
Ja, dann wr uns die ganze Klimamisere erspart geblieben, meint
auch Nils.
Peter fhlt sich in seiner Ehre als konom gekrnkt. Nun ja, frher warman von dem Grundsatz berzeugt, dass Luft ein freies Gut sei, das allen
frei zur Verfgung stnde, und so haben die Unternehmen ihre Schad-
stoffe in die Luft geblasen. Aber als sich das Debakel langsam abzeich-
nete, haben die Wirtschaftswissenschaftler doch ruck, zuck reagiert und
kurz darauf das Emissionshandelssystem entwickelt, verteidigt er sei-
nen Berufsstand. Es hat leider noch Jahre gedauert, bis sich die Idee
durchsetzen konnte. Die Europer aber waren die Vorreiter auf diesem
Gebiet, erlutert Peter, jetzt ganz in seinem Element. Eine Idee durch-
zusetzen dauert leider hu
g Jahre, wenn es berhaupt gelingt, da sindviele Interessen mit im Spiel. Aber dabei handelt es sich um durchaus
legitime Interessen. Denn wenn ein Unternehmen hohe Umweltkosten
hat, verteuern sich dadurch bei den Industrien, die viel Energie ver-
brauchen, die gesamten Produktionskosten. Das ist zum Beispiel in der
Aluminium- und Ziegelindustrie der Fall. Dann besteht die Gefahr, auf
den internationalen Mrkten nicht mehr wettbewerbsfhig zu sein. Also
versucht ein Unternehmen seinen Einuss schon im Gesetzgebungsver-
fahren geltend zu machen, damit die Belastungen tragbar bleiben. Oder
es droht damit, seine Produktion ins Ausland zu verlagern, wo es keinen
Emissionshandel gibt.
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Ihr seht, wie wichtig es ist, dass sich mglichst alle Lnder, wie beispiels-
weise die USA und China, diesem Handel anschlieen. Das Ideal wre
ein weltweiter Kohlenstoffmarkt, schliet Peter seine Ausfhrungen.
Lia wendet mit erhobener Hand ein: Aber das ist doch gelenkte Demo-
kratie!Vielleicht, meint Nils an Lia gewandt. Aber sei nicht zu kritisch, denk
an dein Portugal.
Aber mal was anderes. Ich wei nicht genau, ob meine Frage zum Thema
gehrt. Aber wenn es richtig ist, dass sich durch das Handelssystem eine
durch den Markt gesteuerte, efziente Schadstoffreduktion ergibt, warum
leisten sich dann noch so viele Lnder zustzlich eine staatliche Frde-
rung der regenerativen Energien?
Peter klingt schon leicht erschpft, als er auf Nils Frage eingeht. Damit
erffnest du jetzt ein ganz neues Themenfeld; aber Schnittmengen gibtes schon. Zwar ist es die Aufgabe des Staates, Grundlagenforschung
zu betreiben und neue Technologien, zum Beispiel durch die Frderung
von sogenannten Demonstrationsanlagen, die die neuen Technologien
testen, bis zur Marktreife zu entwickeln. Die Marktdurchsetzung ist in
einer Marktwirtschaft aber die Aufgabe der Unternehmen nicht die des
Staates. In vielen Lndern aber werden Milliardeneurobetrge fr Tech-
nologien ausgegeben, die zur Treibhausgasreduktion so gut wie nichts
beitragen. In Deutschland ist hierber eine Diskussion entbrannt. Ein
wichtiges Argument ndet ihr in diesem kurzen Artikel, den ich in meinemOrdner dabeihabe. Lest ihn in Ruhe durch, ich schone so lange meine
Stimme.
... in Deutschland leistet man sich zwei
parallele Systeme: Den Emissionshandel und
ein ffentliches Frdersystem, das Erneuer-
bare-Energien-Gesetz (EEG) fr regenerative
Energien.
Der grne Strom wird durch die Einspeisetarife
des EEG stark gefrdert.
Solarstrom kann in Deutschland um 700 %
und Windstrom um 80 % ber dem Grohan-
delspreis in das Netz eingespeist werden. Hier-
durch verdrngt der grne Strom den fossilen
Strom. Das hilft aber der Umwelt nicht, weil die
bei den Kraftwerken frei werdenden Emissions-
zertikate ber die Brse an andere EU-Lnder
verkauft werden und dort zu entsprechend mehr
Emissionen fhren. Die deutschen Frderma-
nahmen verteuern den Strom in Deutschland,
senken den Preis der Emissionszertikate und
frdern so in anderen EU-Lndern den fossilen
Strom zu Lasten des grnen Stroms.
Die Windkraftanlagen oder Fotovoltaikdcher,
die in Deutschland wegen des EEG zustzlich
aufgestellt werden, verhindern entsprechend
viele Windanlagen oder Fotovoltaikdcher in
anderen europischen Lndern. Dies bedeutet,
dass gegenber der von der EU festgelegten
Menge an Emissionszertikaten nicht eine ein-
zige Tonne weniger Kohlendioxid in die Luft
geblasen wird ...
> Wirtschaft Seite 9
Erklrung zum Emissionshandel und
Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG)
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Als Lia und Nils von dem Text wieder aufschauen setzt Peter seine Aus-
fhrungen fort: Ihr seht an diesem Beispiel, dass staatliche Eingriffe
in das Wirtschaftsgeschehen zu unverhofften Ergebnissen fhren kn-
nen und die guten Absichten der Politik oft wirkungslos, vielleicht sogar
schdlich sind. Auch muss man bedenken, dass sich hinter so manchervon der Politik nach Auen hin als gute Tatverkaufter Klimaschutzma-
nahme ganz andere Interessen verbergen. Wie beispielsweise die Schaf-
fung neuer staatlich nanzierter Arbeitspltze und die Frderung struktur-
schwacher Regionen.
Nils lsst nicht locker. Aber es werden doch zukunftsweisende Arbeits-
pltze geschaffen. Und wenn die regenerativen Energietechniken auf
lange Sicht kostengnstiger werden als die klassischen Energietech-
niken, dann ist mit ihnen in Zukunft doch ein Kostenvorteil verbunden.
Ihr seid ja ganz schn hartnckig, aber dein Einwand ist berechtigt.Peter geht an das Flipchart und zeichnet eine Kurve. Schaut, hier.
Nach dem Verstndnis der klassischen Umweltkonomie kann durch
den Emissionshandel ein angestrebtes Klimaziel, das ihr hier als E-X
dargestellt seht, mit minimalem Kostenaufwand erreicht werden. Das ist
die Flche B, die sich unter dem Kurvenverlauf (GVK) der traditionellen
CO2-Vermeidungsmanahmen auftut.
Anfnglich sind die Emissionsvermeidungskosten niedrig. Doch mit
zunehmender Vermeidung (Richtung E-X) steigen die Kosten rapide an.
Wenn die Kostenkurve den Zertikatpreis (P) schneidet, ist es gnstigerZertikate zu kaufen, als weiterhin Vermeidungsmanahmen umzuset-
zen. Nehmen wir nun an, es existiert ein zweiter Kurvenverlauf (GVK) fr
die regenerativen Energien, der sich mit der anderen Kurve schneidet.
Strategische und
dynamische
Kosten im Klimaschutz
Emissionen
GVK GVK
GVK
p
0
angestrebtesEmissionsniveau
(E X)
Preis derEmissions-rechte (p)
gegenwrtigesEmissionsniveau
E
BA
-
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Dann sind die Kosten (GVK) zunchst zwar hher, fallen aber im sp-
teren Verlauf deutlich ab. Und wenn, wie ihr hier seht, die Flche B in
Zukunft grer ist als die Flche A, dann sind die regenerativen Energie-
techniken bei einer dynamischen Betrachtung wirklich kostengnstiger.
Davon kann man doch ausgehen, meint Nils.Vielleicht hast du recht. Aber wir kennen weder den genauen Kurven-
verlauf noch den Schnittpunkt. Auch ist es nicht die Aufgabe des Staates,
durch Frdermanahmen eine Kostenabnahme herbeizufhren. Dafr
sind die Unternehmen zustndig. Oder anders formuliert: Wenn der
Schnittpunkt absehbar wre, knnte die staatliche Frderung durch
unternehmerisches Risikokapital ersetzt werden.
Mit einem Stoseufzer und ermatteter Stimme kommentiert Nils: Puha,
die konomischen Wirkungszusammenhnge sind ganz schn verzwickt.
Heute habe ich eine Menge gelernt, danke.Lia, der ebenfalls der Kopf schwirrt, stimmt zu. Wohl wahr. Danke, Peter.
Ich muss euch danken. Ihr wart sehr aufmerksame Zuhrer. Ihr seht ja
heute Abend noch mal Christel. Sie bat mich, euch auszurichten, dass
ihr sie um 19 Uhr im ersten Arrondissement an der Pont Neuf unter dem
Bronzepferd treffen sollt.
Vorher gehen wir aber erst mal ein bisschen an die frische Luft, meinen
die beiden, whrend sie sich von den Sthlen erheben. Und genieen
die Maisonne, fgt Lia mit einem Augenzwinkern hinzu. Ich wnsch
euch eine schne Zeit, verabschiedet sich Peter winkend.
Wie die Interessen der unterschiedlichen
Generationen bewertet werden knnen
Als Lia und Nils am verabredeten Treffpunkt eintreffen, ist Christel schon
dort. Sich als Fremde durch das Pariser Verkehrsgetmmel zu wuseln,
ist wirklich eine Kunst, meint Christel, die in ihrem langen Faltenrock,der halblangen Baumwolljacke und den achen Schuhen etwas altba-
cken und wenig lebenslustig aussieht.
Ja, die U-Bahnen waren rappeldickevoll, erwidert Nils.
Lia zeigt auf die Bronzestatue und fragt interessiert: Was ist das fr ein
Standbild?
Ich stamme aus Tschechien, bin also keine gebrtige Pariserin, auch
wenn ich schon viele Jahre hier lebe. Aber fragt man die Pariser, so
bekommt man widersprchliche Antworten. Die einen sagen, es zeige
Knig Heinrich IV, unter dessen Regentschaft die Brcke 1640 fertig-
gestellt wurde. Andere wiederum behaupten, es handele sich um den
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Groherzog Ferdinand von Toskana, einen Medici. Das Pferd war lange
Zeit ohne Reiter, viele nennen es deshalb einfach das Bronzepferd. Wir
gehen jetzt ber die Brcke hier, weist Christel ihnen den Weg und fhrt
dabei fort: Die Pont Neuf, zu Deutsch Neue Brcke, ist ironischerweise
die lteste noch erhaltene Brcke ber die Seine. Hier schlgt das Herzvon Paris. Sie ist ein Tummelplatz fr Clowns, Gaukler und Straenhnd-
ler. Ich habe uns einen Tisch im Caveau du Palaisam Place Dauphine
reserviert, ebenfalls ein Ort mit Geschichte. Es wird erzhlt, dass in die-
sem Restaurant der berhmte Kommissar Maigret die traditionelle fran-
zsische Kche genossen habe. Um dorthin zu kommen, biegen wir jetzt
auf den Quai des Orfvres ab, sie gilt als die Uferstrae der Goldschmie-
demeister. ber die berchtigten und geheimnisvollen Quais von Paris
anierten in der Vergangenheit brigens auch viele deutsche Knstler
und Literaten. Sie durchstberten die unzhligen Buchlden und ver-brachten Stunden in den kleinen, romantischen Straencafs.
Hier hat ja wirklich ein lebhaftes Treiben geherrscht, meint Lia.
Von 1831 bis zu seinem Tod im Jahr 1856 hat auch der Schriftsteller
Heinrich Heine, der wohl berhmteste Sohn Dsseldorfs, in Paris gelebt,
spricht Christel weiter, als sie merkt, dass Nils und Lia ihr interessiert
lauschen. Hier bezog er seine Matratzengruft, wie er sein Krankenla-
ger nannte, und fand schlielich auf dem Friedhof Pre Lachaise neben
anderen Berhmtheiten seine letzte Ruhesttte. Die Verlockungen und
der Zauber des frivol-verrufenen Paris des Fin de Sicle und der 20er-und 30er-Jahre zogen dann spter ganze Generationen von Knstlern
in ihren Bann. Nicht nur Schriftsteller wie Hemingway oder Joyce waren
dem Flair dieser faszinierenden Grostadt erlegen. Auch fr deutsche
Literaten wurde sie zu einem wohl einzigartigen Mekka knstlerischer
Inspiration. Wusstet ihr eigentlich, dass hier einige der bedeutendsten
Werke der literarischen Moderne entstanden sind, wie zum Beispiel Ril-
kes Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge?
Schweigend gehen sie weiter, bis Christel die Stille mit den Worten wir
sind angekommen unterbricht.
Nachdem sie aus dem reichhaltigen Angebot auf der Speisekarte ihr
Men gewhlt und beim Ober bestellt haben, fragt Christel neugierig,
aber auch um das Gesprch anzukurbeln: In welchem Beruf mchtet ihr
denn spter mal arbeiten?
Ich mchte meine Krten als Entwicklungsingenieur in einem Unterneh-
men verdienen, ergreift Nils zuerst das Wort.
Und ich mchte gerne im Umweltschutz arbeiten und neue Siedlungs-
konzepte fr Stdte entwickeln. Schon bald werden ber 50 % der Welt-
bevlkerung in Ballungsgebieten leben. Wie man diese kologisch und
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Ich bin gespannt, sagt Lia und wirft Nils einen Seitenblick zu.
Stellt euch vor, ihr httet nur eure Zeitgenossen in euren Heimatln-
dern im Blick, dann wrde sich eure Verantwortung allein auf deren heu-
tiges Wohlergehen reduzieren. Auf das Hier und Jetzt. Die zuknftigen
Generationen blieben dabei auf der Strecke. Wenn ihr aber diesen ein-geschrnkten Blickwinkel erweitert und die Bedrfnisse der kommenden
Generationen ebenso in Betracht zieht und achtet wie die der jetzt leben-
den Menschen, dann habt ihr die Picht, zumindest ein ausreichendes
Ma an Erdressourcen und intakter Umwelt zu erhalten. Oder anders for-
muliert: Ihr msstet den zuknftigen Generationen alternativ mehr tech-
nologisches Wissen an die Hand geben, als ihr von euren Eltern geerbt
habt, um die aufgebrauchten Rohstoffe ersetzen zu knnen. Im Idealfall
hinterlasst ihr den Menschen, die nach euch kommen, einen Wissenszu-
wachs, ein Mehr an Know-how als ihr vorgefunden habt. Sodass sie dieProbleme ihrer jeweiligen Lebenszeit besser lsen knnen als ihr.
Das ist ja wirklich interessant und hrt sich schon viel verantwortungs-
voller an. Aber trotzdem bleibt es doch bei einer Art Durchwurschteln von
Generation zu Generation, meint Lia nachdenklich.
Nils, der die Ellenbogen auf den Tisch gesttzt hat, gibt zu bedenken:
Unser Universum ist vor 14 Milliarden Jahren entstanden, unsere Erde
vor 4,6 Milliarden Jahren.
Wie du siehst, hab ich auch ein paar Zahlen drauf, meint Nils mit einem
Augenzwinkern zu Lia.Ja, ich bin beeindruckt, lchelt Lia ihn an.
Also, die ersten Frhmenschen in Afrika traten erst vor fnf Millionen
Jahren ins Weltgeschehen ein, nimmt Nils den Faden wieder auf. Stell
dir vor, der Neandertaler htten schon vor 150 000 Jahren die Probleme
aller Zeiten gelst.
Das wr doch wunderbar, sagt Lia erfreut und lsst sich ihr Bresse-
huhn in Weiweinsoe schmecken. Ich muss sagen, so bei leckerem
Essen zu philosophieren bringt echt Spa..
Christel knpft an das an, was Nils sagte: Das bleibt eine Utopie, einNicht-Ort, den es wohl niemals geben wird, aber den es sich durchaus
anzustreben lohnt. Doch bereits ber das Lebensideal von Leuten wird
es Streit geben. Erst recht, wenn Machteliten ohne demokratisches Ver-
stndnis versuchen, ihre Utopien umzusetzen. In der Geschichte nden
sich zahlreiche solcher Irrtmer.
Aber der Mensch ist auch unersttlich neugierig, bringt Nils einen
anderen Aspekt ins Spiel. Und das ist der Motor fr laufend neue Ideen
auf den Gebieten Kultur, Wissenschaft und Technik.
Nun schaut er zu Lia hinber: Deshalb wrde ich den Menschen auch
nicht die Fhigkeit zur Entwicklung und Weitsicht absprechen und das so
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abschtzig Durchwurschtelnnennen. Der Neandertaler hat mit seinem
Wissen fr sich bestimmt das Beste aus der Situation gemacht.
Der Mensch ist immer auf der Suche nach der optimalen Lsung. Ist er
davon berzeugt, eine bessere gefunden zu haben, lst er die berkom-
mene damit ab, ergnzt Christel.Ja, so ist es in den Naturwissenschaften, Nils nickt zustimmend. Und
so werden Schritt fr Schritt neue, ausgeklgelte Techniken entwickelt.
Bist du da nicht ein bisschen blauugig?, meint Lia leicht vorwurfsvoll.
Wenn du demnchst in einem Unternehmen eine neue Umwelttechnik
erndest, lsst dein Chef die doch erst mal in der Schublade verschwin-
den.
Warum sollte er das tun?, fragt Nils ganz erstaunt.
Meine Gte, ist der naiv, denkt Lia und antwortet mit energischem Ton-
fall: Nur wenn der Staat den Unternehmen zwingend neue Gesetze undNormen vorschreibt, oder wenn deine Erndung wirtschaftlicher ist als
die alte Technik, wird sie auch eingesetzt. Dessen kannst du dir sicher
sein.
Natrlich muss sich eine neue Technik lohnen. Was ist denn so verwerf-
lich daran?, reagiert Nils ganz gelassen.
Weil die alte Technik hohe Umweltschden verursacht, die den zuknf-
tigen Generationen aufgebrdet werden, natrlich, kommt es von Lia
schon leicht genervt. Dabei sollten wir doch alle Kants Kategorischen
Imperativ kennen.Nils, der gerade einen Bissen zu sich genommen hat, verschluckt sich.
Verzeihung. Gleich darauf hakt er provozierend nach: Und der lau-
tet?
Lia fhrt ihn an: Den habe ich verinnerlicht, und das solltest du auch
Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der
Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals blo
als Mittel brauchst. Fr Generationsinteressen oder Interessen Einzelner
ist da kein Platz mehr, platzt es leidenschaftlich aus Lia heraus. Dieser
universale Wert gilt fr alle Menschen heute wie morgen.Nils kommentiert das nicht weiter, er sagt nur ganz ruhig: Dann rei du
als revolutionre Stadtplanerin doch demnchst alle Stdte ab und baue
sie interessenfrei wieder neu auf.
Lia entgegnet ber den Tisch gelehnt: Und du deine altmodischen Kraft-
werke. Im nchsten Moment mssen sie beide grinsen.
Christel lchelt beide an. Wenn ihr euch wieder beruhigt habt, htte ich
da auch noch einen Aspekt, den ich gerne in die Waagschale werfen
wrde, whrend ihr euren Nachtisch geniet. Die Frage, die sich jetzt
stellt, ist doch, wie der Wirtschaftswissenschaftler diesen universellen
Wert in praktische konomische Vernunft umsetzt.
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Wie bewertet er die unterschiedlichen Interes-
sen der Generationen?
Ich glaube ja persnlich immer noch, dass
sie sich darber berhaupt keine Gedanken
machen, meint Lia. Das sehen wir doch.Ganz so einfach solltest du es dir nicht
machen, wendet Christel ein. Und auch
nicht die Wirtschaftswissenschaftler und die
Unternehmer ber einen Kamm scheren und
so pauschalisieren. Der methodische Standard
ist die Diskontierung. Was das ist und wie das
funktioniert, erklre ich euch mal. Ich habe
immer Papier, Bleistift und einen Taschenrech-
ner dabei, um mir Gedanken, die ich gerade frwichtig halte, aufzuschreiben oder schnell eine
Berechnung durchzufhren.
Als Christel ihre Ausfhrungen beendet hat,
resmiert Lia: Wenn ich das richtig verstan-
den habe, dann fhrt das dann aber doch dazu,
dass die Kosten von zuknftigen Umweltsch-
den abgezinst und diese mit den Kosten der
heutigen Treibhausgasreduktionsmanahmen
verglichen werden. Da dieser Gegenwartswertaber hug hher liegt alsder so abdiskontierte Schaden, unterbleiben sie doch. Das hab ich schon
immer geahnt, fgt Lia nach einer kurzen Pause noch hinzu.
Wenn die Unternehmen bei ihrer Entscheidung fr den Bau von Win-
danlagen geringere Zinserwartungen haben als bei normalen Investiti-
onen, dann ist schon viel gewonnen, gibt Christel zu bedenken. Lias
Schlussfolgerung klingt messerscharf. Dann muss der Staat die Wind-
anlagen bauen.
Da bist du aber auf dem Holzweg, das wre eine ganz falsche Weichen-
stellung, wendet Christel mit resoluter Stimme ein. Die groen Indus-trienationen haben als Wirtschaftsmodell die Marktwirtschaft gewhlt und
China ist auf dem Weg dorthin. In einer Marktwirtschaft ist das Wissen
ber das Wirtschaftsgeschehen auf unzhlige Kpfe verteilt. Auf viele
Anbieter und noch mehr Abnehmer von Gtern. Selbst wenn die Pla-
nungsbrokratie eines Staates noch so gut wre, knnte sie niemals auch
nur ansatzweise das Wissen der vielen Millionen Wirtschaftssubjekte
bndeln und so umsetzen, dass eine optimale Gterverteilung gewhr-
leistet ist. Wir bekmen Autos ohne Reifen oder Anzge ohne Hosen.
Eine graue Tristesse im Mangelland. In meinem Heimatland Tschechien
mussten wir auch fr alles Schlange stehen.
Bewertung von Umweltschden
Zuknftige Umweltkosten werden mit einem Dis-
kontsatz, den die konomen fr angemessen hal-
ten, auf den heutigen Wert abgezinst.
Betrgt beispielsweise im Jahr 2050 ein Umwelt-
schaden 10 Millionen Euro, so wird dieser Schaden
im Jahr 2010 bei einer Abzinsung von 3 % pro Jahr
mit 3,01 Millionen und bei einer Abzinsung von 10 %
pro Jahr nur noch mit 0,18 Millionen bewertet.
Whlt die heutige Generation eine hohe Abzinsung,
verniedlicht sie den Umweltschaden in der Zukunft.
konomische Modelle, die mit diesem Ansatz rech-
nen, kommen wahrscheinlich zu dem Schluss,
dass sich Emissionsreduktionen nicht lohnen, weil
der Nutzen zu gering ist oder erst in vielen Jahr-
zehnten sichtbar wird. Unternehmen rechnen hug
mit einem Marktzins von 68 %, der ungefhr dem
durchschnittlichen Renditesatz risikobehafteter
Aktien entspricht.
Hierdurch wird zuknftigen Kosten und Nutzen
wenig Gewicht beigemessen. Wird ein Umweltscha-
den, der in etwa 50 Jahren auftritt, jhrlich mit 6 %
diskontiert, hat er einen zwanzigfach niedrigeren
Wert, als wenn er heute auftreten wrde.
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Aber wie lsen wir das Marktversagen?, wirft Nils ein.
Jedenfalls nicht dadurch, dass wir Marktversagen durch Staatsversagen
ersetzen, sondern dadurch, dass der Staat den Unternehmen einen Rah-
men vorgibt. Innerhalb dieses Rahmens knnen die Unternehmen dann
selber entscheiden, mit welcher Technologie sie Strom umweltfreundlicherzeugen wollen.
Wie muss man sich diesen Rahmen vorstellen?, fragt Nils nach.
Dazu gehren gesetzliche Auagen, wie beispielsweise Schadstoff-
grenzwerte, Steuern und Abgaben auf Energie und das Emissionshan-
delssystem.
Lia macht eine abwehrende Geste. Bitte nicht noch mal erklren, das
war heute Nachmittag schon kompliziert genug.
Christel lacht auf. Das hab ich auch nicht vor. Es ist schon spt.
Lia schaut Nils schmunzelnd an. Der Staat murkst, die Wirtschaft murkst.Es gibt viel fr uns zu tun.
Gestaltet eure Zukunft nach euren Vorstellungen, sagt Christel, wh-
rend sie ihren Blick zwischen Nils und Lia hin- und herschweifen lsst.
Aber lasst euren Kindern und Kindeskindern auch noch ein wenig
Gestaltungsfreiheit.
Eigentlich bin ich ganz froh, dass uns die Neandertaler noch ein paar
Probleme zurckgelassen haben, meint Lia vergngt, sonst htten wir
nachher gar nichts mehr zu tun. Wie langweilig!
Stattdessen wrden wir uns noch vor lauter Langeweile die Kpfe ein-hauen, setzt Nils noch eins drauf.
Und das Spiel wrde von vorne beginnen, zieht Lia ihr Fazit. Alle
lachen. Nach dem heutigen Tag muss ich im Kopf erst mal einiges neu
ordnen, meint Lia, whrend sie sich erheben.
Merci, dass du dir so viel Zeit fr uns genommen hast, Christel. Und das
Bistro war auch ne klasse Idee!, sagt Nils lchelnd.
Mit einer herzlichen Umarmung verabschieden sich Lia und Nils vor der
Bistrotr von Christel und nehmen Kurs auf ihre Unterkunft. Whrend sie
im nchtlichen Menschengewimmel ber die Pont Neuf zurckschlen-dern, sagt Lia: Es macht Spa, mit dir zu streiten.
Nils berhrt sie an der Schulter. Ja, auch wenn du manchmal eine Plage
bist. Lia wirft ihm spielerisch eine Kusshand zu. Ihre Blicke verhaken
sich ineinander.
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Wieso sich nicht alles nur ums Klima dreht
Am nchsten Morgen nutzen Lia und Nils die freie Zeit, um ein wenig am
Ufer der Seine entlangzubummeln.
Ich glaub ich hab mich zu warm angezogen, wollen wir uns nicht einenMoment hinsetzen?, meint Nils.
Die Bnke sind aber alle besetzt, erwidert Lia.
Da drben ist doch noch ein Pltzchen frei, neben dem alten Herrn.
Nachdem Lia und Nils den Mann gefragt haben, ob sie sich setzen drf-
ten, nehmen sie Platz und schauen auf die vorbeischippernden Touri-
stenschiffe. Nils legt seinen Arm auf die Lehne hinter Lia, der kurz darauf
wie zufllig auf ihre Schultern rutscht. Lia lsst sich nichts anmerken,
rckt aber auch nicht weg.
Sich zu Lia und Nils umdrehend, sagt der alte Mann, der bis eben nochseine Zeitung studiert hat: Schn, hier auch mal ein paar junge Leute zu
treffen. Nur schade, dass Sie schon bald wieder fortmssen.
Lia und Nils schauen den alten Mann erstaunt an.
Ihr fragt euch, wie ich das wissen kann? Der Mensch ist immer auf der
Durchreise. Er kommt nirgends richtig an. Selbst kurz vor dem Tod wissen
wir nicht, ob dieser das endgltige Ende bedeutet oder ein neuer Anfang
ist. Ich wohne in der Bretagne, in der Nhe eines kleinen Fischerdorfes.
Die Huschen sind aus Granitblcken gebaut und ducken sich vor den
Herbststrmen. Wenn ich aus meinem Haus schaue, dann sehe ich dieunendliche Weite des Meeres. Ebbe und Flut wechseln sich ab. In einem
unabnderlichen Rhythmus. So vergeht die Zeit.
Davon habe ich immer getrumt, ich mchte auch mal in so engem
Einklang mit der Natur leben, bemerkt Lia leise.
Ja, das ist wunderschn. Keine Hektik. Kein Beton. Kein Geplapper von
stdtischen Wichtigtuern, meint er.
Sie haben es bestimmt romantisch und kennen nicht das Geimmer
greller Neonrhren vor grauen Hausfassaden, seufzt Lia. Ich mchte
kein Sandkorn im Treibsand der Menschenstrme sein, fgt sie inGedanken versunken hinzu.
Wie kommt es, dass Sie in Ihrem Alter schon so gut meine Gefhle und
Gedanken nachvollziehen knnen?, meint der alte Mann.
Hin und wieder besuche ich meine Kinder in Paris, fhrt er fort. Mein
Enkelkind Jeanette ist eine richtige ko-Aktivistin.
Es ist bestimmt beruhigend zu wissen, dass Ihre Kinder und Enkel auch
der Natur verbunden sind, obwohl sie in der Stadt wohnen.
Ja, schon, antwortet der Mann. Zaghaft fhrt er fort: Gestern hat Jea-
nette gesagt, ich solle doch fr immer nach Paris ziehen. Ich fhlte mich
geschmeichelt und dachte, sie wrde sich um ihren alten Opa sorgen.
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Das tut sie sicher.
Nein, nein, es kam ganz anders. Sie erklrte mir nmlich, dass mein
narzisstisches Tunin der Bretagne der Natur sehr abtrglich sei.
Wieso das denn?
Sie hat mir wie ein Buchhalter vorgerechnet, dass Menschen auf demLande mehr Schadstoffe in die Luft pulvern als Stdter.
Die Rechnung will ich hren, schaltet sich jetzt auch Nils ein.
Ich habe die Zahlen nicht mehr im Kopf, aber sie erklrte mir, dass ein
frei stehendes Haus viel mehr Wrmeenergie verbraucht als eine Woh-
nung in der zwanzigsten Etage eines Hochhauses. Und das die Wege zur
Arbeit, zum Bcker, zum Metzger, zum Arzt und so weiter auf dem Land
viel mehr Energie verschlingen als der Weg zum Bcker um die Ecke in
der Stadt. Auch mssten fr jeden Landbewohner viel mehr Lastwagen
unterwegs sein, um die Geschfte mit Lebensmitteln zu fllen.Diese Jeanette spinnt doch. Das hat sie doch nicht ernst gemeint, sagt
Lia mit Nachdruck.
Ich glaube schon, antwortet der alte Mann darauf.
Die Rechnung mag stimmen, uert sich Nils.
Meine Gromutter Elisabeth pegte immer zu sagen: Gefhlt ist anders
als gezhlt!, fhrt Lia ins Feld. Sollen wir denn etwa alle in rechte-
ckigen Betonschluchten leben?
Nils lchelt verschmitzt. Sieht wohl so aus.
Niemals. Ich nicht!, sagt Lisa vehement.Der alte Mann uert ganz offen: Diese Rechnung hat mich nicht son-
derlich beeindruckt. Ich lebe weiter wie bisher.
Das ist auch richtig so. Ihr Leben sollten Sie nicht ndern, stimmt Lia
ihm zu.
Also Business as usual und weiterwurschteln wie bisher. Oder vielleicht
sogar murksen?!, wendet sich Nils provozierend an Lia und grinst sie
an.
Bldmann!, sagt Lia und greift nach der Zeitung, um ihm damit spiele-
risch eins berzuziehen. Nils duckt sich und lacht.Nanu, wo ist denn der alte Mann abgeblieben?, meint Lia da.
Der alte Mann ist gerade gegangen, fgt Nils sanft hinzu und hlt ihren
Blick fest.
Da schaut Lia auf die Uhr und sagt hektisch: Mensch, in zwei Stun-
den fhrt der Zug! Wir mssen uns beeilen! Unser Gepck ist noch im
Hotel.
Na, dann mal los, kommt es trocken von Nils. Sie springen auf und
machen sich auf den Weg.
Abgehetzt kommen sie am Gare du Nord an, gerade noch rechtzeitig,
um in den TGV zu springen. Ermattet sinken sie auf die Sitze, wo Lia ihre
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Beine dicht neben Nils ausstreckt. Nach einer kleinen Verschnaufpause
nimmt Lia ihre Schirmmtze vom Kopf und sagt ernchtert zu Nils, der ihr
gegenber sitzt: Der Klimawandel ist wohl das Problem des 21. Jahr-
hunderts. Das ist mir gerade noch mal so durch den Kopf gegangen,
nach all dem, was wir hier in Paris erfahren haben.Ich lese gerade einen Zeitungsartikel mit der berschrift Eine Milliarden
Menschen hungern.
Lies mal vor.
Es ist ein Interview, das ein Journalist mit einer Mitarbeiterin der Welter-
nhrungsorganisation fhrt. Der Journalist sagt, dass so viele Menschen
hungern, habe er bis heute noch nicht verstanden. Die Frau antwortet,
dass das keine Folge echter Knappheit sei. Auf der Erde leben 6,6 Milli-
arden Menschen. Um das Jahr 2030 werden es 8,2 Milliarden Menschen
sein. Die knnten wir alle ernhren. Die Landwirtschaft hat groe Fort-schritte erzielt. Es ist eine Folge politischer Ignoranz und Kurzsichtigkeit.
Viele Menschen wurden in Afrika noch nie richtig satt. Zudem fordern
Malaria und Diarrh jedes Jahr etwa eine Million Kinderleben. Diesen
armen Seelen hat man den Hunger erspart. Der Journalist ist der Auf-
fassung, dass verdorrte Ackerbden und Krankheiten doch die Auswir-
kungen des Klimawandels seien. Die Vertreterin der Welthungerorgani-
sation dagegen wendet ein, dass der Klimawandel auf die heutige Armut
trifft und das Elend verschrft. Der Journalist schliet daraus, dass dann
die erste Prioritt die Bekmpfung der Armut sein muss. Die Bekmp-fung des Klimawandels kommt dann erst an zweiter Stelle. In dem Artikel
betont die Frau, dass man Armut nicht gegen den Klimawandel ausspie-
len darf.
Lia unterbricht Nils mit einer knappen Zwischenbemerkung: Das sehe
ich genau so.
Ich auch. Aber ich lese jetzt mal weiter vor:
Die Mitarbeiterin der WHO warnt ich zitiere mal wrtlich: Die Manah-
men zur Bekmpfung des Klimawandels mssen nanziert werden. Die
EU-Staaten beabsichtigen die Entwicklungslnder mit Millionen Eurobe-trgen zu untersttzen. Diese Manahmen wirken aber erst mittel- bis
langfristig. Und deshalb ist es wichtig die Armut heute zu bekmpfen .
Der Journalist entgegnet ihr: Dafr gibt es doch die Entwicklungshilfe.
Die Frau: Aber ich befrchte, dass diese Gelder zur Finanzierung von
Klimaschutzmanahmen umgelenkt werden. Und fr die Bekmpfung
der Armut weniger brig bleibt als bisher. Auch habe ich hug erfahren
mssen, dass die reichen Lnder ihr Versprechen nicht einhalten.
Lia und Nils schtteln unverstndlich ihre Kpfe.
Das ist aber frustrierend.
Aber so tickt wohl die Welt.
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Paris JlichHalle
Boston
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Mnchen Wien
Nevada Shanghai Paris
Das Morgen und
das GesternIm renommierten Forschungszentrum
Jlich werden sie in die naturwissen-
schaftlich-technischen Grundlagen der
Energietechnik und des Klimawandels
eingefhrt und erhalten einen Einblick in
innovative Energiesysteme. Ein Ausflug in
das fossile Energiezeitalter rundet ihren
Besuch ab.
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Die naturwissenschaftlichen und tech-
nischen Grundlagen der Energieversorgung
der Zug saust weiter und verlsst franzsischen Boden. Lia und Nilsschauen aus dem Fenster und hngen ihren Gedanken nach. Hin
und wieder werfen sie sich verstohlene Blicke zu.
Von Paris in die Pampa, ergreift Nils nach einer Weile das Wort. Dabei
dachte ich, wir fahren in ein Forschungszentrum.
Na klar, aber da gibts kein Meer. Keine Berge. Nur achen Acker, sagt
Lia. Keine Ablenkungen, so lsst es sich wohl besonders gut forschen.
Im internationalen Ranking zhlen die Forscher in Jlich zur weltweiten
Spitzengruppe. Das heit die mssen richtig gut sein. 4 500 Mitarbeiter
widmen sich dort der Forschung, darunter 1 300 Wissenschaftler aussmtlichen naturwissenschaftlichen Disziplinen. Ein internationales Netz-
werk sorgt zudem fr einen regen Gedankenaustausch. Zustzlich arbei-
ten in den Laboren fast 1 000 Gastwissenschaftler aus ber 60 Lndern.
Hab ich im Internet gelesen.
Blo schade, dass wir in Paris so wenig Zeit hatten, wechselt Nils das
Thema. Ich htte gerne noch so vieles gesehen.
Ich auch, stimmt Lia ein. Sogar mit dir. Sie lchelt ihn an und ihre Bli-
cke tauchen einen langen Moment ineinander. Dann wenden sich beide
mit einer abrupten Bewegung ab und starren geradeaus. Aber whrendder restlichen Fahrt rcken sie wie zufllig immer dichter zusammen. Als
es vom Klner Hauptbahnhof mit dem Regionalzug nach Dren geht,
schlafen sie eng aneinandergekuschelt ein. Ein feines Lcheln liegt auf
ihren Gesichtern.
Am Bahnhof von Dren werden Nils und Lia von der Fahrbereitschaft
des Forschungszentrums abgeholt und zu ihren Quartieren gebracht. Am
nchsten Morgen um Punkt neun Uhr nden sie sich am Institut fr Ener-
gieforschung ein.In einem kleinen, schmucklosen Hrsaal werden sie von Prof. Dr. Hansen
begrt: Moin, moin und herzlich willkommen bei der Summer School
des Forschungszentrums Jlich. Mit seiner schlanken, drahtigen Figur
und seinem leicht ergrauten schtteren Haar wirkt er eher wie ein Fregat-
tenkapitn als wie ein Professor.
Die jungen Studenten in der Runde heien Lia und Nils mit lautem Tisch-
klopfen willkommen. Nach diesem Begrungsritual beginnt Professor
Hansen mit seinem Vortrag.
Heute stehen die naturwissenschaftlichen und technischen Grundlagen
der Energieversorgung und des Klimas auf dem Programm. Und Morgen
D. Oesterwind,Energie und Klimaforschung, DOI 10.1007/978-3-8348-9787-9_3,
Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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DasMorgenunddasGestern
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besuchen wir dann die Forschungslabore. Welche Themen
uns beschftigen werden, sehen Sie hier auf dem Flipchart.
In meiner Vorlesung komme ich zum ersten Thema:
Was ist Energie?
Zunchst: Energie ist eine grundlegende physikalische
Gre. Niemand wei, was vor dem Urknall und in der
anschlieenden allerheiesten ersten Phase geschah; wir
knnen noch nicht mal irgendwelche intelligenten Vermu-
tungen anstellen. Dieser fundamentale Vorgang bedarf in
seinen Prozessablufen noch der wissenschaftlichen For-
schung. Wir wissen aber mit ziemlicher Sicherheit, dass am
Anfang unserer Welt ein riesiges Startkapital an Energie
stand. Und diese Energie liegt in Form von elektromagne-tischer Strahlung vor, das heit Licht. Sie kennen ja sicher
den SpruchAm Anfang war , meint Prof. Dr. Hansen an
die Studenten gewandt. Einige nicken. Von diesem Ener-
giekapital zehrt das gesamte Universum noch heute, denn
Energie kann nicht erzeugt und nicht vernichtet werden.
Aber Energie kann in die verschiedensten Formen umge-
wandelt werden.
Einstein hat einst genial erkannt, dass Energie auch in
Materie umgewandelt werden kann. Man braucht aller-dings sehr viel Energie, um daraus Materie herzustel-
len. Aber so gesehen, ist Materie ein gigantischer Energiespeicher.
Umgekehrt kann Materie unter gewissen Voraussetzungen aber
auch zu Energie zerstrahlen. Diese stndige Umwandlung von Strah-
lungsenergie in unterschiedliche Materieformen steht am Anbeginn
der Welt. So besagt die berhmteste Gleichung der Relativittstheo-
rie, dass Materie und Energie ineinander verwandelt werden knnen.
Das knnen Sie hier sehen, meint der Professor zu den Studenten.
Aber wie denieren wir Energie?, fhrt er fort und dreht sich den
aufmerksam lauschenden Studenten zu. Wir Wissenschaftler tun uns
schwer, den Begriff Energie przise zu denieren. Wir kennen allerdings
verschiedenste Formen von Energie und knnen sie nutzbar machen.
Themen
Grundlagen der Energieversorgung Was ist Energie? Hauptstze der Wrmelehre Reversible und irreversible Vor-
gnge Was ist Entropie? Die Physik eines Kraftwerkspro-
zesses
Wofr brauchen wir Energie?
Umwelt und Rohstoffe
Fortschrittliche Kraftwerkstechniken
Klimaphysik
Laborerkundungen Fotovoltaik Plasmaphysik Brennstoffzellen Wasserstoff
Systemanalyse
Energiesysteme heute und morgen
Neue, pfge Ideen
Einstein-Gleichung
E = m c2
Energie = Masse Lichtgeschwindigkeit2
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Man kann es vielleicht auf folgenden Nenner bringen: Energie ist letztlich
alles, was sich in Arbeit umwandeln lsst.
Da verzichte ich doch lieber auf Energie, meint ein Student scherzend,
Arbeit hrt sich nie gut an.
Prof. Dr. Hansen lchelt ber den Kommentar, geht aber nicht darauf ein.Also, wiederholt er noch einmal, Energie ist das, was sich in Arbeit
umwandeln lsst. Die Umwandlung und die Nutzung der Energie hinge-
gen unterliegen strengen physikalischen Regeln. Nun beobachten wir in
der Natur folgendes Phnomen: Bei allen Vorgngen, bei denen Reibung
mit im Spiel ist, wird mechanische Energie in Wrmeenergie berfhrt.
Ebenso kann elektrische Energie in Wrmeenergie umge-
wandelt werden. Das geschieht zum Beispiel in einer Heiz-
platte oder in einem Tauchsieder. Auch in einem Elektro-
motor oder einer Glhlampe wird ein Teil der zugefhrtenelektrischen Energie in Wrmeenergie umgewandelt, was
allerdings ein unerwnschter Nebeneffekt ist, der sich
durch gezielte Manahmen zwar verringern, jedoch nicht
ganz beseitigen lsst. Man versucht deshalb in der Technik
diese sogenannten Verlustenergien so klein wie mglich zu
halten. Und hier kommen weitere physikalische Gesetze
zum Tragen, wie der 1. Hauptsatz der Wrmelehre.
Der 1. Hauptsatz der WrmelehreDie fangen ja hier bei Adam und Eva an, stert Lia Nils
zu und berhrt ihn am Arm. Das kann ja lange dauern.
Die anderen hren aber ganz konzentriert zu, erwidert
Nils. Whrend sie noch tuscheln, fhrt Prof. Dr. Hansen
aus: Dieser 1. Hauptsatz der Wrmelehre postuliert, dass
bei der Energieumwandlung keine Energie verloren gehen
kann. Man nennt ihn auch Energieerhaltungssatz. Ich will
ihn kurz erlutern. Die exakte Formulierung habe ich Ihnen
vorab hier auf das Flipchart geschrieben.Prof. Hansen lsst die Studenten lesen und setzt dann
fort: Was lernen wir vom 1. Hauptsatz? Wir lernen, dass
in der Regel zweierlei geschieht, wenn wir einem Krper
von auen Wrmeenergie zufhren: Die innere Energie
erhht sich und das System kann mechanische Arbeit ver-
richten.
Das hatten wir doch schon alles in der Schule. Hoffentlich
wirds bald spannender, meint Lia.
Gedulde dich, das ist doch nur zur Einfhrung, erwidert
Nils mit einem kurzen Seitenblick.
1. Hauptsatz der Thermodynamik
Es wird zunchst untersucht, was
geschieht, wenn einem Krper die Wr-
meenergie (Q) zugefhrt wird. Die Erfah-
rung zeigt, dass im Allgemeinen zweierlei
geschieht: Ein Teil der zugefhrten Wr-
meenergie wird im Krper gespeichert.
Sie erhht die kinetische und die poten-
tielle Energie der Molekle und damit
die innere Energie (U) des Systems.
Der Zuwachs der i