entwicklung der philosophie - fwl.wi.tum.de · eine seit platon und aristoteles währende...
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Prof. Dr. Martin Moog 1
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Mythen
Religion
antike Philosophie
•Sokrates (469 bis 399 v. Chr.)
•Platon (ca. 428 bis ca. 348 v. Chr.)
•Aristoteles (384 bis 322 v. Chr.)
Scholastik
•Albertus Magnus (1200 – 1280)
•Thomas von Aquin (1225 – 1274)
•Wilhelm von Ockham (1288 – 1347)
•Nikolaus Cusanus (1401 – 1464)
Mittelalter
„Schullehre“
Philosophie als Magd
der Theologie
Entwicklung der Philosophie
Prof. Dr. Martin Moog 2
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Rationalis-mus
• Rene Descartes (1596 – 1650)
• Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 – 1716)
• Baruch de Spinosa (1632 – 1677)
Empirismus
• Francis Bacon (1561 – 1626)
• John Locke (1632 – 1704)
• David Hume (1711 – 1776))
• George Berkeley
Deutscher Idealismus
• Johann Gottlieb Fichte (1762 – 1814)
• Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 – 1831)
• Arthur Schoppenhauer (1788 – 1860)
Positivismus
• Auguste Compte (1798 – 1857)
• John Stuart Mill (1806 – 1873)
17. Jahrhundert
17. u. 18. Jahrhundert
18. u. 19. Jahrhundert
19. Jahrhundert
Entwicklung der Philosophie
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Logischer Positivismus
• Moritz Schlick (Gründer des Wiener Kreises)
• Rudolph Carnap
• Otto Neurath
• Kurt Gödel
Kritischer Rationalismu
s
• Sir Karl Raimund Popper
• Hans Albert (Verbindung mit den Sozialwissenschaften)
• Gerhard Vollmer (Verbindung mit dem Naturalismus)
Analytische Philosophie
• Rudolph Carnap
Neo-Konstruktivis
mus
Wiener Kreis fortentwickelt zum logischen Empirismus
Verifizierbarkeit
Falsifikation
Entwicklung der Philosophie
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Mystik und Mythen
Mythen sind die einfachsten Erklärungen
typisch für archaische Gesellschaften
wird von Religion abgelöst in modernen Gesellschaften
nicht ausgestorben
Erkenntnis durch meditative Innenschau
In der Antike bei den Sphisten Gegensatz von
Mythos und Logos (i.S.v. Vernunft).
In der Renaissance Mythen als vorreligiöse
Erscheinungen.
In der Aufklärung Mythen als „kindliche“
Vorstufe zum begrifflichen Denken.
In der Romantik Mythen als Wiederbelebung
der Religion.
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Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Religion
1. Dogmatismus
2. Unkompliziertheit
3. Trostpflasterfunktion
4. Ethik
5. Kulthandlungen
6. Kirche
Sechs Kennzeichen
von Religion nach Möller, Peter
Glaube – kein Zweifel (Zweifler werden bestraft)
mehr als bruchstückhafte Erklärung der Welt
Existenz eines Gottes
Der Unterschied zwischen Religion und
Philosophie ist der zwischen
glauben und denken.
In der Philosophie gibt es keine heiligen Kühe,
alles darf in Frage gestellt werden.
Die sechs Kriterien sind als notwendige Kriterien anzusehen, sonst könnte jeder
politische Fanatiker für sich in Anspruch nehmen eine Religion auszuüben und
auch Okkultismus wäre Religion.
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Metaphysik
Jenseits der Natur
Das was allem zugrundeliegt:
Gibt es ein Ur-Prinzip?
Gibt es einen Sinn?
Was ist das Wesen der Dinge?
Gibt es Gott?
Gibt es einen freien Willen?
Gibt es eine unsterbliche Seele?
Kenntnis jenseits der Grenzen
von Sinneserfahrungen.
Suche nach den „ersten Gründen“
für das Sein, nach dem Sinn der
Welt.
Empirische Untersuchungen sind
nicht möglich!
„metaphysisch“ wird manchmal mit sehr negativer Konnotation verwendet
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Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Philosophie
Die Liebe zur Weisheit ist eine Erscheinung bürgerlicher Gesellschaften.
Sie wendet sich der Welt theoretisch zu und sucht Erklärungen durch Reflexionen.
Im Gegensatz zu Religion ist Philosophie ein Angebot und schafft
Freiheitsspielräume.
In der griechischen Philosophie entstand zuerst eine Erkenntnistheorie.
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Philosophie
Sokrates Platon Aristoteles
Wissen ist grundsätzlich
vorhanden
Einsicht in die
Fragwürdigkeit eigenen
Wissens
Unterscheidet Ideen von
der sinnlich
wahrnehmbaren Welt.
Erkenntnis ist dadurch
möglich, daß Objekt und
Erkennender an der
gleichen Idee teilhaben.
Entwickelte die formale
Logik.
Überlegungen zur
Kausalität.
Schlüsse, die deduktiv aus
Axiomen und Prämissen
abgeleitet werden.
Ich weiß,
daß ich
nichts weiß. Die wichtigsten Denker der Antike
Zeit
Aber auch
empirische
Forschung.
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Teleologie
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Nach Aristoteles hat alles ein Telos, ein eigenes Ziel.
Der Eichel wohnt das Ziel inne, eine Eiche zu werden.
Dazu eine Geschichte:
Mrs. Goldstein geht mit ihren Enkelkindern spazieren.
Sie wird von einer Freundin gefragt: „Wie alt sind denn die Kleinen?“
Darauf Mrs. Goldstein: „Der Anwalt ist drei und der Arzt wird fünf.“
Nach Cathcart und Klein, 2010, S. 18
Teleologische Erklärungen
(wozu?) stehen in
Konkurrenz zu kausalen
Erklärungen (warum?).
Sie werden von den
Hermeneuthikern
verwendet, eher nicht in den
Naturwissenschaften.
Die Ziele müssen von außen vorgegeben sein (Gott)
oder im Wesen der Dinge liegen (Alle Dinge streben nach
Vollendung.).
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Logik - Syllogismus
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Alle Menschen sind sterblich.
Sokrates ist ein Mensch.
Also ist Sokrates sterblich.
Gar nicht so selten auf den Kopf gestellt:
Alle Menschen sind sterblich.
Sokrates ist sterblich.
Also ist Sokrates ein Mensch.
Also ist auch mein Papagei ein Mensch
vgl. Cathcart und Klein, 2010, S. 49
Obersatz (Prämisse 1)
Untersatz (Prämisse 2)
------------------------------------
Schlußfolgerung
14 syllogistische Schlußformen
Übertroffen wurde Aristoteles erst im 19. Jahrhundert durch Frege.
Das ist induktiv!
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Die Disziplineneinteilung von Aristoteles
1 Theoretische Wissenschaften (Mathematik, Naturwissenschaften,
Theologie)
2 Praktische Wissenschaften (Ethik, Politik)
3 Herstellende Wissenschaften (Kunst und Rhetorik)
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Realismus
Idealismus und Instrumentalismus
Empirismus Rationalismus Die praktische Wissenschaft (Ethik, Politik) ist
normative Wissenschaft, angewandte Wissenschaft.
Dagegen bietet die theoretische Wissenschaft
keine Handlungsanleitungen.
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Die Philosophen der Scholastik (ab dem 8. Jahrhundert)
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Aristoteles wurde direkt aus
dem Griechischen übersetzt.
Die Universitäten wurden
gegründet.
Bologna
Salerno
Paris (Logik)
Oxford (Naturwissenschaft)
Orleans
Cambridge
Padua
Neapel
Toulouse
Salamanca
Prag
Wien
Heidelberg (1386)
Die Orden spielten eine wichtige
Rolle (Franziskaner, Dominikaner)
J. Skotus Erigena (ein Ire, Neuplatonismus)
Anselm von Canterbury (Vater der Scholastik, Gottesbeweis)
Albertus Magnus (1193 in Lauingen geboren, Dominikaner)
Thomas von Aquin (Neapel, Dominikaner, starker Rückgriff auf Aristoteles)
Wilhelm von Ockham (Franziskaner, seit 1329 in München)
Nikolaus von Cues
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Universalienstreit
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Eine seit Platon und Aristoteles währende Fragestellung.
Kommt den Allgemeinbegriffen („Universalien“) die höhere Bedeutung zu,
oder den greifbareren Einzelerscheinungen.
Nominalisten genannte Philosophen Realisten genannte Philosophen
vertraten eher die Ansicht, den
Einzeldingen käme die größere
Bedeutung zu, die Begriffe seien
Namen, die sich die Menschen
erdacht hätten
vertraten eher die Ansicht, das
Allgemeine sei das eigentlich
Wirkliche
man würde heute von Realisten
sprechen
man würde sie heute eher Idealisten
nennen
Wilhelm von Ockham Anselm von Canterburry
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Ordenszugehörigkeit einiger Scholastiker
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Scholastiker
Dominikaner
Albertus Magnus
Thomas von Aquin
Giordano Bruno
Meister Eckhart
Franziskaner
Wilhelm von Ockham
Augustiner
Erasmus von Rotterdam
Benediktiner
Anselm von Canterbury
nur kurzzeitig
gehört schon in die Zeit der Reformation
in Rom als Ketzer verbrannt
Schüler von A.M.
erst Ketzer, dann
Heiliger
exkommuniziert sehr
reformatorisch
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Scholastik
Wilhelm von Ockham (1285 – 1349) forderte, Theorien sollten von
möglichst wenigen und einfachen Grundannahmen ausgehen:
Ockham´sches Rasiermesser, um die langen Bärte der philosophischen
Systeme abzuschneiden
(vgl. Schülein und Reitze, 2005, S. 56)
Theoriebildung im Rahmen des vom
Glauben Erlaubten.
Bildungsmonopol der Kirche
Sinneswahrnehmung der Außenwelt
reale Welt
geistig-reflexive Anschauung der seelischen Akte
keine Universalien (Gemeinnatur)
geboren in Southwark
Franziskaner in London
Oxford
London
Vorwurf der Häresie durch den ehemaligen Kanzler aus Oxford
Verfahren in Avignon
Armutsstreit der Fanziskaner mit dem Papst
Flucht, Schutz durch Kaiser Karl IV. von Bayern
München
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Kopernikus 1473 1543
Paracelsus 1493 1541
Galilei 1546 1642
Brahe 1546 1601
Giordano Bruno 1548 1600
Francis Bacon 1561 1626
Kepler 1571 1630
Exponenten des wissenschaftlichen Fortschritts im 16. Jh.
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Rationalismus
• Descartes, René (1596 – 1650)
• Leibniz, Gottfried Wilhelm (1646 – 1716) (letztes Universalgenie)
• Spinosa, Baruch (1632 – 1677)
Rationalismus ist ein Standpunkt,
nach dem alles Erkennen aus dem Denken herrührt.
Cogito,
ergo sum.
Man findet auch die Auffassung, dieser Satz von Descartes
würde überinterpretiert, und eigentlich hätte er gesagt: „ich
zweifle, also bin ich.“. Es ging um den Erkenntnisprozeß, bei
dem alles angezweifelt werden kann, nur nicht der Zweifel.
vgl. Cathcart und Klein, 2010, S. 71
Leibniz wurde für seinen Standpunkt, die existierende Welt sei die beste aller Welten,
u.a. von Voltaire verspottet.
Dazu ein Witz:
Ein Optimist glaubt, dies sei die beste aller möglichen Welten.
Ein Pessimist befürchtet, daß es so sein könnte.
Nach Cathcart und Klein, 2010, S. 29
„Dubito ergo sum“
wäre vielleicht besser
gewesen.
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René Descartes
Zeit 1596 bis 1650
Wirkungsorte Jesuitenschule, Studium in Paris
Kriegsdienst in Holland, dann in Bayern (Neuburg)
Paris, ab 1628 in Holland
Dänemark (auf Drängen der Königin)
Hauptwerke Discours de la méthode (1637)
Meditationes de prima philosophia (1641)
Principia philosophiae (1644)
Les passions de l´âme (1649)
Bedeutung Vater der neuzeitlichen Philosophie
der theoretische Mensch schlechthin
mathematische Wissenschaftsauffassung
aber auch Naturwissenschaftler: Blutkreislauf, Optik,
Meteorologie, analytische Geometrie, Theorie der
Gleichungen
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1. Nichts für wahr halten, was nicht so klar und deutlich erkannt ist, daß
es nicht in Zweifel gezogen werden kann.
2. Schwierige Probleme in Teilschritten erledigen.
3. Vom Einfachen zum Schwierigen fortschreiten
4. Stets prüfen, ob bei der Untersuchung Vollständigkeit erreicht ist.
Die vier Grundregeln von Descartes
Realismus
Idealismus und Instrumentalismus
Empirismus Rationalismus
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Gottfried Wilhelm Leibniz
Zeit 1646 (Leipzig) bis 1716
Wirkungsorte Leipzig, Jena (Studium)
Altdorf bei Nürnberg (Promotion, Rechtswissenschaft)
kurfürstlich Mainzer Dienste
Paris (Ludwig XIV.), England, Mitglied der Royal Society
Hannover
Berlin (gefördert von der Königin Sophie Charlotte)
Moskau (Geheimer Justizrat, von Zar Peter I.)
Wien (Reichsfreiherr und Reichshofrat)
Hauptwerke alle posthum veröffentlicht
Bedeutung letztes Universalgenie, Begründer der Akademie der
Wissenschaften und ihr Präsident
Mathematik als Universalsprache
Streit mit Newton um Priorität bei der Infinitesimalrechnung
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Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Baruch de Spinosa
Zeit 1632 - 1677
Wirkungsorte Niederlande
Hauptwerke Ethik, nach geometrischer Methode dargestellt
Abhandlungen über den Staat
teils anonyme Publikationen, teils posthum
Bedeutung stark von Descartes und der modernen Naturwissenschaft
(Kopernikus, Kepler, Galileo) beeinflußt.
wichtige staatsrechtliche Ideen, Naturrecht, Ansätze für
Gewaltenteilung
Toleranz
Leben Herkunft: jüdische Familie aus Spanien, in die
Niederlande eingewandert
Verbannung aus der jüdischen Gemeinde
Lebensunterhalt als Linsenschleifer verdient
Caute! Sei vorsichtig!
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Ohne vernünftigen Zweifel
Das Recht verlangt, daß der Angeklagte nur verurteilt wird, wenn kein vernünftiger Zweifel an
seiner Schuld besteht. Er muß also nicht ohne jeden Zweifel der Täter sein.
Ein Mann steht wegen Mordes vor Gericht. Es gibt aber keine Leiche.
Die Indizien sind erdrückend. Deshalb greift der Verteidiger zu einem Trick. Er plädiert:
„Meine sehr geehrten Geschworenen“, sagt er .„Ich habe eine Überraschung für Sie.
In wenigen Sekunden wird das angebliche Mordopfer durch diese Tür den Saal betreten!“
Er blickt zur Tür, die Geschworenen blicken zur Tür. Eine Minute vergeht.
„Um die Wahrheit zu sagen, ich habe die Sache mit dem Mordopfer erfunden. Aber Sie haben alle
mit gespannter Erwartung zur Tür geschaut. Ich stelle also fest, daß ein vernünftiger Zweifel daran
besteht, daß überhaupt jemand ermordet wurde. Weil dieser Zweifel besteht, dürfen Sie den
Angeklagten nicht schuldig sprechen.
Die Jury zieht sich zur Beratung zurück und nach wenigen Minuten kehren die Geschworenen
schon wieder zurück.
Das Urteil wird verkündet: SCHULDIG.
Der Anwalt.“Aber das dürfen Sie nicht, Sie müssen einen gewissen Zweifel gehabt haben!“
Darauf der Sprecher der Jury: „Oh ja, wir haben zur Tür gestarrt. Aber Ihr Mandant nicht.“
vgl. Cathcart und Klein, 2010, S. 72 f.
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Empirismus
• Bacon, Francis (1561 -1626) (Novum Organum = neues Werkzeug)
• Locke, John (1632 – 1704)
• Hume, David (1711 – 1776)
• Berkeley, George
Experimente
quantitative Daten (Metrisierung)
Beobachtungen Ideen Erkenntnis
Humes Empirismus
Naturwissenschaftliche Theorien lassen sich zwar in einer mathematischen Sprache formulieren,
die Gültigkeit von naturwissenschaftlichen Theorien kann aber niemals mit mathematischen
Methoden allein bewiesen werden. Über die Gültigkeit kann letztlich nur die Erfahrung (Empirie)
entscheiden.
vgl. Lauth & Sareiter, 2005, S. 87 f.
Empirismus ist eine Position,
nach der Erkennen nur durch Erfahrung
möglich ist.
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Francis Bacon
Zeit 1561 bis 1626 (Ende des elisabethischen Zeitalters)
Wirkungsorte Cambridge (Studium)
Rechtsanwalt, Mitglied des Parlaments
Lordkanzler unter Jacob I., dem Nachfolger von Elisabeth
Verurteilung wegen Bestechlichkeit
anschließend schriftstellerische Tätigkeit auf dem Lande
Hauptwerke „Essays“ (Es ist ein Gerücht, Bacon sei Shakespeare)
Instauratio magna (unvollendet)
mehrere Bände, Novum Organon ist der 3. Band
Bedeutung Das Wissen wollte er organisieren
Wissenschaftspolitik und Forschungsplanung
Fortschritte für die Menschen, praktische Anwendung
Naturwissenschaft im Vordergrund, Empirismus
Induktion
Experimente
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John Locke
Zeit 1632 bis 1704
Wirkungsorte Oxford (Studium)
London
Reisen nach Frankreich
Holland
England
Hauptwerke Essay concerning human understanding (1690)
Bedeutung konsequenter Empirismus
Konsolidierung durch Kritik und Vorbereitung für weiteren
Fortschritt (Hirschberger S. 201)
Die amerikanische Verfassung soll durch seine
Überlegungen zu Toleranz geprägt worden sein
(Trennung von Kirche und Staat, Religionsfreiheit)
Freiheit und Eigentum
Gesellschaftsvertrag und Gewaltenteilung, Verfassung,
Demokratie
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David Hume
Zeit 1711 bis 1776
Wirkungsorte Schotte
Reisen nach Frankreich
London, Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt
Edinburgh
Hauptwerke Treatise of human nature
Enquiry concerning human understanding (1748)
Enquiry concerning the principles of morals (1751)
Dialogues concerning natural religion (1779, posthum)
Bedeutung Empirismus (unter Einsicht der Grenzen der Induktion)
Psychologismus
Skeptizismus gegen Dogmatismus
seine Ideen wurden von Adam Smith aufgegriffen
Popper nimmt in seinem Aufsatz
zur Induktion Bezug auf Hume.
Auch Kant wurde stark durch Hume beeinflußt.
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Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Zeit 1588 bis 1679
Wirkungsorte Oxford (Studium)
Mathematiklehrer des späteren Königs Karl II.
Privatsekretär von Francis Bacon, begegnete Galilei
Exil in Frankreich wegen Atheismus-Verdacht
Hauptwerke Elementa Philosophiae
Leviathan
Bedeutung geschlossenes System der Erfahrungsphilosophie unter
Anerkennung rationalistischer Methoden
Anwendung der Prinzipien der Naturwissenschaft auf die
Philosophie
Begriffe sind nur Namen für die Sinnesempfindungen, die das
innere Wesen der Dinge nicht erhellen; sie sind zweckmäßig zu
wählen und schaffen Ordnung
Gesellschaftsvertrag
der Staat ist für den Bürger da, sichert die Rahmenbedingungen
kaum Wirkung auf die zeitgenössische Politik
Thomas Hobbes
eine sehr eigene Erkenntnistheorie
kein Empirismus
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Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Bertrand Russel hat ein einprägsames Bild zum Vergleich der Philosophie
englischer und kontinentaler Prägung verwendet.
Das Gebäude der sich mit vielen Details beschäftigenden englische Philosophie
stürzt nicht gleich ein, wenn es an einzelnen Stellen Unstimmigkeiten gibt.
Es gleicht einer Pyramide.
Die kontinentale Philosophie mit ihrer apriorischen Beweisführung gleicht eher
einer auf der Spitze stehenden Pyramide.
Russels Vergleich der englischen und der kontinentalen Philosophie
Dietrich Schwanitz soll gesagt haben: „Die Engländer haben einen demokratischen Staat und sind Empiriker; die Franzosen haben einen zentralen
Verwaltungsstaat und sind Rationalisten; die Deutschen haben gar keinen Staat und noch weniger Erfahrung: so werden sie auf den Pfad der
Spekulation gedrängt und werden Idealisten.“
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Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Newton 1642 1726
Leibniz 1646 1726
Exponenten des wissenschaftlichen Fortschritts im 17. Jh.
Carl von Linné 1707 1778
Leonhard Euler 1707 1783
Joseph Fraunhofer 1787 1826
18 Jh.
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Deutscher Idealismus – Aufklärung - Romantik
• Kant, Immanuel
• Hegel, Georg Wilhelm Friedrich
Kant:
Erfahrung ohne Begriffe ist blind.
Begriffe ohne Erfahrung sind leer.
Es wird von der Konstruktion der Realität durch den Menschen ausgegangen.
Realismus
Idealismus und Instrumentalismus
Empirismus Rationalismus
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Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Immanuel Kant
Zeit 1724 bis 1804
Wirkungsorte Königsberg (ausschließlich)
Hauptwerke Kritik der reinen Vernunft (1781)
Kritik der praktischen Vernunft (1788)
Kritik der Urteilskraft (1790)
Bedeutung
Versuch einer Synthese von Rationalismus und
Empirismus
Anschauungen ohne Begriffe sind blind,
Begriffe ohne Anschauungen sind leer.
Was kann ich wissen? Metaphysik Für ihn die Wissenschaft vom Ursprung und den Grenzen
der menschlichen Vernunft.
Was soll ich tun? Moral
Was darf ich hoffen? Religion
Was ist der Mensch? Anthropologie
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Realismus
Idealismus und Instrumentalismus
Empirismus Rationalismus
Immanuel Kant
beeinflußt durch Hume
Sapere aude!
Habe Mut, Dich Deines Verstandes zu bedienen!
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten
Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne
Anleitung eines anderen zu bedienen. Selbst verschuldet ist diese
Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes,
sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung
eines anderen zu bedienen. Sapere aude!
Kant, Berlinische Monatsschrift,1784
kritisiert von Rationalisten
der kategorische
Imperativ
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Quelle: Wikipedia
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Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Friedrich Schelling
Zeit 1775 bis 1854
Wirkungsorte Tübingen (Studium der Theologie, mit Hegel und
Hölderlin)
Jena (Professor auf Betreiben Goethes)
Würzburg
München (Schellingstraße an der Universität)
Berlin
Hauptwerke Ideen zu einer Philosophie der Natur
Untersuchungen über das Wesen der menschlichen
Freiheit
Bedeutung objektiver Idealismus (im Unterschied zu Fichtes
subjektivem Idealismus) Natur ist der sichtbare Geist,
Geist die unsichtbare Natur.
Der Geist ist das Produkt der Natur
umstritten
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Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Zeit 1762 bis 1814
Wirkungsorte Jena (Studium)
Hauslehrer (er sollte Kants Werke vermitteln)
Besuch bei Kant
Jena
Berlin (Dekan der Phil. Fakultät, dann erster Rektor)
Hauptwerke Grundlagen der Wissenschaftslehre
Bedeutung leitet man die Vorstellung von dem Ding ab, dann ist das
Materialismus, leitet man das Ding von der Vorstellung ab,
dann ist es Idealismus.
Alles beginnt mit dem denkenden Subjekt- dem Ich,
auch die Erfahrung entspringt aus dem Ich.
Damit Empfindung entsteht, muß etwas von außen wirken
– das Nicht-ich.
sozialistische Utopie, Bruch mit der Aufklärung
Johann Gottlieb Fichte
sehr umstritten
Hört er Gedichte über Fichte,
ist der Schopenhauer sauer.
N. Onsens.
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Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Hegel
Zeit 1770 bis 1831
Wirkungsorte Tübingen (Studium)
Basel (Hauslehrer) und Frankfurt (Hauslehrer)
Jena (Habilitation), Bamberg, Nürnberg, Heidelberg, Berlin
Hauptwerke Phänomenologie des Geistes (1807)
Wissenschaft der Logik
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften (1817)
Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrechts
und Staatswissenschaft im Grundriß (1821)
Bedeutung Weltgeist außerhalb Kants Erkenntnisgrenzen
Göttlichkeit besteht in der reinen, grenzenlosen Vernunft
Höhepunkt des Idealismus
Dialektik (These – Antithese – Aufhebung auf höherer
Ebene)
Jena zur Zeit der Romantik:
Schiller, Fichte, Schelling, Hegel, Novalis
Napoleon ritt durch die Stadt – Hegel war
beeindruckt
Meisterwerke der
Unverständlichkeit
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Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Rationalismus Empirismus
analytische Sätze (Wahrheit beruht auf der Logik
und auf Konventionen)
Nur die analytischen
Sätze lassen sich a
priori durch den
Verstand und mit
Gewissheit begründen
synthetische Sätze (Aussagen zur realen Welt)
Rationalisten meinen,
auch über den Verstand
Wissen über die reale
Welt erlangen zu
können.
Über die reale Welt kann
man nur über die
Erfahrung etwas sagen.
(keine synthetischen
Sätze a priori möglich)
vgl. z.B. Schurz, 2008, S. 13
a priori-Aussagen können allein auf der Basis der Vernunft getroffen werden
a posteriori-Aussagen basieren auf der sinnlichen Wahrnehmung der Welt
Prof. Dr. Martin Moog 38
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Ein Mann fällt in einen tiefen Brunnen und stürzt gut 30m in die Tiefe.
Dann kann er sich an einer dünnen Wurzel festhalten. Unter ihm gähnt
schwarze Leere. Während sein Griff schwächer und schwächer wird, ruft
er verzweifelt: „Ist da oben irgendwer?“
Es dauert einen Moment, dann scheint ein Lichtstrahl zu ihm hinunter
und eine tiefe Stimme spricht. „Ich, der Herr, bin hier. Laß die Wurzel
los, und ich werde Dich retten.“
Der Mann überlegt kurz. Dann ruft er: „Ist noch jemand anderes dort
oben?“
vgl. Cathcart und Klein, 2010, S. 70
Zweifel
Prof. Dr. Martin Moog 39
Positivismus
• Auguste Comte (1789 – 1857)
• John Stuart Mill (1806 – 1873)
• Rudolf Carnap (Physikalismus, Sprache der Physik ist allgemein
geeignet als Wissenschaftssprache)
sogenannte Protokollsätze (Versuchsprotokolle) als
letzte empirische Grundlage – setzen aber Vorwissen
voraus. Beobachtungen sind theorieabhängig.
Neo-Positivismus
Realismus
Idealismus und Instrumentalismus
Empirismus Rationalismus
Prof. Dr. Martin Moog 40
Auguste Compte
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Zeit 1798 bis 1857
Wirkungsorte Paris
Hauptwerke System der positiven Philosophie
Kurs der positiven Philosophie
Bedeutung Drei Stadien-Lehre
(1) mythologisch-theologische Phase
(2) metaphysische Periode
(3) positive Periode (Aufgabe und Wesen der
Wissenschaft wird erkannt)
Alles darf nur von dem Tatsächlichen, dem Positiven
ausgehen.
Wissen, um vorherzusehen
Rangordnung der Wissenschaften, Soziologie an der
Spitze
Hingabe an das Ganze - Altruismus
Prof. Dr. Martin Moog 41
John Stuart Mill
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Zeit 1806 bis 1873
Wirkungsorte England, Korrespondenzabteilung der ostindischen
Kompanie
Hauptwerke System der deduktiven und induktiven Logik (1843)
Grundsätze der Politischen Ökonomie (1848)
Der Utilitarismus (1863)
Bedeutung Ausbau des Experiments, Ausbau der Logik
englische Variante des Positivismus (Compte und Locke haben
ihn beeinflußt)
liberale Ansichten, Verteilungsfragen: Kombination von Freiheit
und gerechter Verteilung
Utilitarismus als Gestaltungsprinzip in der Gesellschaft
Gleichberechtigung der Frauen (Ehe mit Harriet Taylor)
freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit, Bildungschancen
als Ökonom Analyse der Preisbildung (Höhepunkt der Klassik)
Utilitarismus = Nützlichkeitsdenken
Prof. Dr. Martin Moog 42
Rudolph Carnap
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Zeit 1891 bis 1970
Wirkungsorte Wien
nach Auswanderung Chicago
Hauptwerke Der logische Aufbau der Welt (1928)
Logische Syntax der Sprache (1934)
Bedeutung Aufbau formaler Logiksysteme
zusammen mit Hans Reichenbach gründete er die
Zeitschrift „Erkenntnis“
großer Einfluß auf die sogen. Analytische Philosphie
Prof. Dr. Martin Moog 43
Karl Popper
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Zeit 1902 bis 1994
Wirkungsorte Wien (Studium, Tischlerlehre, Lehrer)
Christchurch (Neuseeland) gefördert durch von Hayek
London (London School of Economics)
Hauptwerke Logik der Forschung (1934)
Die offene Gesellschaft und ihre Feinde (1945)
Bedeutung Begründer des Kritischen Rationalismus
konsequenter Kritizismus – immer versuchen zu
falsifizieren
Sozialphilosophie
Ablehnung utopischer und ganzheitlicher
Veränderungsversuche in der Gesellschaft (Marxismus)
„Stückwerk-Technologie“ und „Herumbasteln“ als Technik
für den gesellschaftlichen Fortschritt
gewisser Einfluß auf Helmut
Schmidt und damit auf die Reformen
der dt. Sozialdemokratie
Prof. Dr. Martin Moog 44
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Karl Popper
www.philolex.de/popper.htm
Logik der Forschung (1934) Die offene Gesellschaft
und ihre Feinde (1945)
Wichtigstes wissenschafts-
theoretisches Werk:
Wichtigstes gesellschafts-
philosophisches Werk:
Prof. Dr. Martin Moog 45
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Das Credo der empirischen Forschung
„Die Tätigkeit des wissenschaftlichen Forschers besteht darin, Sätze oder
Systeme von Sätzen aufzustellen und systematisch zu überprüfen; in den
empirischen Wissenschaften sind es insbesondere Hypothesen,
Theoriensysteme, die aufgestellt und an der Erfahrung durch Beobachtung
und Experiment überprüft werden.“
Karl Popper, 1966, Logik der Forschung, 2. Auflage, S. 3
Realismus
Idealismus und Instrumentalismus
Empirismus Rationalismus
Prof. Dr. Martin Moog 46
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Kritischer Rationalismus - Positivismusstreit
Popper verlangt, daß wissenschaftliche
Aussagen widerlegbar (falsifizierbar) sind.
Nicht widerlegbare Aussagen sind nicht
wissenschaftlich.
Es besteht die Gefahr, daß Wissenschaftler
eine Theorie aufstellen und die Experimente
dann so anlegen, daß die Theorie bestätigt wird.
Die Newton´sche Physik ist gut. Die Aussagen
aber widerlegbar. Sie wurden widerlegt.
Das ist wissenschaftlicher Fortschritt.
Die Einstein´sche Physik ist besser.
wikipedia.org/wiki/Kritischer_Rationalismus
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Karl Popper
Karl Popper wurde in Wien am28.8.1902 als Sohn des jüdischen RA Simon Siegmund Carl Popper und Jenny, geborene Schiff,
geboren. Simon Siegmund stammte aus Prag, die Vorfahren seiner Mutter kamen aus Schlesien und Ungarn.
Die Situation der Juden zu dieser Zeit in Wien war schwierig. Zum einen nahmen sie wichtige Positionen ein; Poppers wohlhabender Vater beispiels
weise arbeitet eng mit dem damaligen liberalen Bürgermeister der Stadt zusammen. Zum anderen waren Vorurteile alltäglich.
Popper trat aus der sechsten Klasse der Realschule aus, legte seine Abitur als Auswärtiger ab und macht eine Gesellenprüfung als Tischler.
Als Popper sein Studium begann, dominierte für eine kurze Zeit die politische Linke. Das so genannteRote Wien erlebte seine Blüte. Popper
engagierte sich dort - zunächst vor allem an pädagogischen Fragen interessiert - auch in der sozialistischen Jugendbewegung. Für kurze Zeit war
er sogar kommunistisch organisiert. Nach dem Erlebnis der Niederschießung einer Demonstration wandte er sich aber schnell wieder von der
Bewegung ab, begegnete jedoch in der damals einzigartigen Wiener Atmosphäre Menschen wie Ruth Fischer, Hanns Eisler, Paul Lazarsfeld,
Oskar Kokoschka, Adolf Loos, Arnold Schönberg, Rudolf Serkin.
Nach der Promotion mit einem mathematischen Thema bei dem Psychologen und Sprachtheoretiker Karl Bühler im Jahre 1928 erwarb Popper 1929
die Lehrberechtigung für die Hauptschule in den Fächern Mathematik und Physik. Popper nahm Kontakt zum Wiener Kreis auf. Da er viele wichtige
Ansätze des Kreises kritisierte, gestaltete sich dies zunächst als schwierig. Allerdings fühlten sich die Wiener gezwungen auf seine begründeten
Vorwürfe einzugehen. Sein wissenschaftstheortisches Hauptwerk „Logik der Forschung“ erschien schließlich, obwohl Popper darin ihren Positivismus
kritisiert, toleranterweise bei einer Schriftreihe des Wiener Kreises (was Popper fälschlich den Ruf eines Positivisten einbrachte). Es wurde vom Wiener
Kreis als ein den ihren Diskussionen entsprungenes Werk gewürdigt. Die darin beschriebene Forderung nach Falsifizierbarkeit von Aussagen gilt heute
als Grundlage der modernen wissenschaftlichen Arbeit.
Der Wiener Kreis, vielleicht die wichtigste philosophische Gruppe des frühen 20. Jahrhunderts, wurde an der Wiener Universität immer mehr angefeindet;
der Inspirator Moritz Schlick 1936 von einem Studenten erschossen - zum Jubel der deutschnationalen Presse jener Zeit.
1937 wanderte Popper nach Neuseeland aus, um dem Einmarsch der Nazis in Österreich zu entgehen. Versuche, in die USA oder nach GB
zu entkommen zerschlugen sich. Popper musste seine Familie, die damals kranke Mutter, seine Schwester, Onkel, Tanten und Nichten zurücklassen.
Von ihnen wurden 16 bis 1945 durch die Nazis getötet.
Am Canterbury College in Christchurch, Neuseeland, fühlte Popper sich vereinsamt und von der Welt abgeschnitten. Trotzdem publizierte er weiter.
1946 nahm Popper einen Lehrauftrag für Philosophie an der London School of Economics and Political Science in England an. Vor allem Friedrich
August von Hayek unterstützte ihn beim Erreichen dieser Stellung. Poppers Haltung zum ausgeprägt liberalen Hayek ist nicht völlig klar.
Obwohl sie sich methodologisch nahe standen und er grundlegende Konzepte von Hayek übernahm, misstraute Popper den reinen Marktmechanismen.
Die Armut und Verzweiflung, die er in seiner Wiener Jugend erlebte, formten sein Weltbild.
Popper propagierte eine sozial orientierte Reformpolitik, die jedoch nicht in Staatsgehorsam enden dürfe.
1965 wurde Popper von Queen Elisabeth II. für sein Lebenswerk zum Ritter geschlagen. 1969 emeritierte er, publizierte aber stetig weiter. Er war
Mitglied der von Hayek gegründeten neoliberalen Denkfabrik Mont Pelerin Society, der Royal Society (London) und der International Academy of Science.
Befreundet war er u.a. mit dem deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt. Popper starb am 17. September 1994 in East Croydon (London)
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Popper, Freud und Marx
Die Anhänger von Freud und Marx fanden ständig Beispiele, die ihre
vagen Theorien bestätigten.
Popper war dies zuwider, denn diese Theorien wurden praktisch durch
alle Ereignisse gestützt bzw. ließen sich praktisch alle Ereignisse so
auslegen, als seien sie nach diesen Theorien notwendig.
Solche Theorien lassen sich nicht widerlegen.
Weitere Lieblingsgegner von Popper
Platon (Wer soll den Staat regieren? Vorschub für Totalitarismus)
Hegel wegen seiner Geschichtsphilosophie, die auf eine Notwendigkeit der
Abläufe hinausläuft (der Weltgeist bedient sich der Figuren, der Staat verkörpert
den Willen Gottes). Die Auseinandersetzung mit Adorno und Habermas (Frankfurter Schule, Kritische Theorie,
Positivismusstreit) wurde von diesen eher einseitig geführt, Popper hat sie eher ignoriert.
Diese Philosophen vertraten die Ansicht, auch das, was wir tun sollen, nicht nur das was wir
tun können, sei wissenschaftlich fundiert zu beantworten.
Sie warfen Popper Positivismus vor. Er würde das herrschende Gesellschaftssystem
verteidigen, er würde Utopien diffamieren.
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Der Wiener Kreis
• Antimetaphysik
• Empirische Auffassungen
• Systematische Einbeziehung der Logik
• Mathematisierung aller Wissenschaften
Es war ein lockerer Kreis ohne fixierte Lehrmeinung, einig in den folgenden
Positionen:
u.a.
Rudolf Carnap
Herbert Feigl
Hans Hahn
Victor Kraft
Otto Neurath