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    Elektrische EnergiesystemeVorlesungsteil Energie übertragung

    Göran AnderssonEEH – Power Systems Laboratory

    ETH Z ürich

    September 2009

    eeh power systemslaboratory

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    iv Inhaltsverzeichnis

    3.2.2 Dreiphasiges Transformatormodell . . . . . . . . . . . 48

    4 Bezogene Gr össen 514.1 Zweck der Rechnung mit bezogenen Gr össen . . . . . . . . . . 514.2 Einf ̈uhrung der p.u.-Gr össen an einem Beispiel . . . . . . . . 52

    4.3 Wahl der Bezugsspannungen bei vernetzten Vierpolelementen 544.4 Umrechnung zwischen p.u.-Systemen . . . . . . . . . . . . . . 56

    5 Leitungen 595.1 Einf ̈uhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

    5.1.1 Physikalische Bedeutung von Leitungen . . . . . . . . 595.1.2 Grund f ̈ur die hohe Übertragungsspannung . . . . . . 60

    5.2 Leitungsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615.2.1 Leiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625.2.2 Induktivit ät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635.2.3 Kapazit ät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 735.2.4 Ohmsche Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 775.2.5 Leitungsparameter von Kabeln und Freileitungen . . . 78

    5.3 Elektromagnetische Felder unter Freileitungen . . . . . . . . . 795.3.1 Elektrisches Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 805.3.2 Magnetisches Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

    5.4 Leitungsmodell und L ösung der Wellengleichung . . . . . . . 865.4.1 Ersatzschaltbild eines Leitungselements . . . . . . . . 875.4.2 Telegraphengleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 895.4.3 Wellengleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 905.4.4 Interpretation der Wellenausbreitung . . . . . . . . . . 925.4.5 Miteinbezug der Randbedingungen . . . . . . . . . . . 935.4.6 Wellengleichung der verlustlosen Leitung . . . . . . . . 96

    5.5 Leitungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 975.5.1 Allgemeines Vierpolmodell einer Leitung . . . . . . . . 975.5.2 Verlustlose Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1005.5.3 Zusätzliche Vereinfachungen . . . . . . . . . . . . . . . 1005.5.4 Vergleich verschiedener Leitungsmodelle . . . . . . . . 101

    6 Grundregeln der Energie übertragung 1036.1 Entkoppelte Gr össen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1036.2 Nat ürliche Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

    6.2.1 Nat ürliche Leistung einer verlustlosen Leitung . . . . 1056.2.2 Nat ürliche Leistung einer verlustbehafteten Leitung . 107

    6.2.3 Typische Werte f ür Freileitungen und Kabel . . . . . . 1086.3 Leerlauf und Kurzschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

    6.3.1 Leerlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1096.3.2 Kurzschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

    6.4 Blindleistungsbedarf einer Leitung . . . . . . . . . . . . . . . 111

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    Inhaltsverzeichnis v

    6.5 Spannungsabfall entlang einer Leitung . . . . . . . . . . . . . 1136.6 Wirkungsgrad von Hochspannungsleitungen . . . . . . . . . . 1166.7 P -U -Charakteristik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1176.8 P -δ -Charakteristik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1196.9 Belastungscharakteristik und -grenzen . . . . . . . . . . . . . 122

    6.10 Drehstromkabel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

    7 Symmetrische Komponenten in Dreiphasensystemen 1277.1 Unsymmetrische Betriebszust ände . . . . . . . . . . . . . . . 1277.2 MG0 -Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1287.3 Leistungen im MG0-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1387.4 MG0-Ersatzschaltbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

    7.4.1 Elementares Versorgungssystem . . . . . . . . . . . . . 1407.4.2 Sternpunktbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . 1437.4.3 Sternlast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1447.4.4 Transformatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

    7.5 Analyse von Fehlern mithilfe der MG0 -Transformation . . . . 1487.5.1 Einpoliger Erdschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1487.5.2 Zweipoliger Kurzschluss ohne Erdber ührung . . . . . . 1537.5.3 Dreipoliger Kurzschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

    7.6 Das gelöschte Netz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

    A Nullimpedanz von Transformatoren 167

    B Nullimpedanz von Freileitungen 171B.1 Schleifenimpedanz von Einfachleitungen mit Erdr ückleitung . 171B.2 Nullimpedanz von Drehstromfreileitungen . . . . . . . . . . . 173

    Literaturverzeichnis 177

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    vi Inhaltsverzeichnis

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    viii Vorwort

    anliegenden Spannung.In einem zweiten Teil wird eine Einf ührung in die Berechnung von Kurz-

    schlüssen in dreiphasigen Hochspannungsleitungen gegeben. Dabei lernenwir ein Transformationsverfahren kennen, das eine vereinfachte Betrachtungvon dreiphasigen Netzen erm öglicht (Mit-, Gegen- und Nullsystem).

    Spezieller Dank geht an die Institutsmitarbeiterinnen und -mitarbeiterwelche dieses Skript erstellt haben.

    Zürich, September 2009 G öran Andersson

    Literaturempfehlung

    Wir m öchten darauf hinweisen, dass Studierenden der ETH Z ürich nebendiesem Skriptum ein umfangreiches Angebot an Standardliteratur in derBibliothek der ETH zur Verf ügung steht. F ür das Studium empfehlen wirvor allem folgende Werke:

    [1] Bergen, A. R. ; Vittal, V. : Power Systems Analysis . 2nd edition.Prentice-Hall, 2000.

    [2] Oeding, D. ; Oswald, B. R. : Elektrische Kraftwerke und Netze .6. Auage. Springer, 2004.

    [3] Crastan, V. : Elektrische Energieversorgung 1 . Band 1. Springer, 2000.

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    1Einf ̈uhrung

    Dieses Kapitel soll eine allgemeine Einf ¨ uhrung in das Gebiet der elektrischen Energiesysteme geben. Zuerst wollen wir ¨ uber grunds ̈ atzliche Eigenschaften und Bedeutung elektrischer Energie diskutieren, dann wenden wir uns der Kette Erzeugung-Transport-Verbrauch zu.

    1.1 Elektrische Energie

    Elektrische Energie wird durch Umwandlung aus Prim ärenergien gewon-nen. In der Energiewirtschaft bezeichnet man sie als Endenergie, da sie vomEndverbraucher als solche abgenommen wird. Im Vergleich zu anderen En-denergien wie z.B. Erdgas oder Kohle zeichnet sich elektrische Energie vorallem durch folgende Eigenschaften aus:

    – relativ einfach mess-, steuer- und regelbar

    – vielseitig anwendbar

    – effiziente Nutzbarmachung der Prim ärenergien

    – hohe thermodynamische Wertigkeit, d.h. sie kann mit einem hohenWirkungsgrad in mechanische oder thermische Energie umgewandeltwerden

    – mit relativ niedrigen Verlusten transportierbarElektrische Energie hat aber nicht nur Vorteile. Der bedeutendste Nach-

    teil ist wohl die Gefahr hoher Spannungen und Str öme f ̈ur den Menschen.Ein weiterer Nachteil ist die schlechte Speicherbarkeit die dazu f ührt, dassdie Erzeugung in den Kraftwerken in jedem Moment dem Verbrauch ange-passt, also geregelt werden muss. Trotzdem hat sich elektrische Energie alseine der wichtigsten Endenergieformen durchgesetzt.

    Abbildung 1.1 stellt den weltweiten Gesamtendenergieverbrauch nachEnergieformen dar. Öl und Gas sind nach wie vor die am h äugsten ein-gesetzten Endenergieformen, gefolgt von Elektrizit ät mit etwa 16% am Ge-samtanteil.

    1.2 Erzeugung elektrischer Energie

    Generell wissen wir, dass Energie weder erzeugt noch verbraucht werdenkann. Trotzdem spricht man oft von der Erzeugung elektrischer Energie

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    1.2. Erzeugung elektrischer Energie 3

    elektrische Energie, man spricht in dem Zusammenhang von Kraft-W ¨ arme-Kopplung (KWK) (Combined Heat and Power (CHP)) .

    Verschiedene Faktoren beeinussen die Standorte von Kraftwerken. Koh-lekraftwerke werden z.B. in der N ähe grosser Kohlevorkommen oder nahe anTransportwegen, wie z.B. H äfen, errichtet. Kernkraftwerke werden norma-

    lerweise nicht in der N ähe von grossen Agglomerationen gebaut, ausserdemsoll der Standort gewisse Forderungen wie z.B. Erdbeben- und Überutungs-sicherheit erf üllen. Generell ben ötigen thermische Kraftwerke K ühlwasser,deshalb werden sie oft an grossen Fl üssen gebaut. Windkraftanlagen k ön-nen nur dort effizient betrieben werden, wo die Windverh ältnisse genug so-genannte Volllaststunden pro Jahr versprechen, z.B. in K üstenregionen oderauf Bergk ämmen.

    Wasserkraftwerke

    Wasserkraftwerke nutzen die kinetische und potentielle Energie von Wasserin Flüssen und Stauseen. Je nach Fallh öhe und Durchussmenge überwiegtdie Ausnutzung der kinetischen oder potentiellen Energie des Wassers. Manunterscheidet zwischen Hoch-, Mittel- und Niederdruckkraftwerken .

    Als Hochdruckkraftwerke bezeichnet man Kraftwerke mit sehr grossenFallh öhen im Bereich von 500 bis 2000 m. Die potentielle Energie von aufge-stautem Wasser kann in Speicherseen vorr ätig angelegt und zu Spitzenlast-zeiten abgearbeitet werden. Dementsprechend bezeichnet man diese Kraft-werke auch als Speicherkraftwerke . Zur Energieumwandlung werden soge-nannte Peltonturbinen eingesetzt. In Schwachlastzeiten kann in anderenKraftwerken erzeugter Strom dazu verwendet werden, die Speicher zu f üllen.In diesem Fall spricht man von Pumpspeicherkraftwerken . Die Generatorenwerden dann als Antriebsmotoren f ür die Pumpen verwendet. Hochdruck-kraftwerke zeichnen sich durch ihre rasche Einsatzm öglichkeit aus. Sie k ön-nen ihre Leistungsabgabe innerhalb k ürzester Zeit (Minuten) auch starkenSchwankungen anpassen.

    Von Mitteldruckkraftwerken spricht man bei mittleren Fallh öhen von biszu etwa 50 m und mittleren Durchussmengen. Potentielle und kinetischeEnergie werden gleichermassen genutzt. Zum Einsatz kommen meist Fran-cisturbinen .

    Niederdruckkraftwerke werden auch als Laufwasser- oder Flusskraftwer-ke bezeichnet. Die Fallh öhen sind relativ gering (einige Meter), daf ür ist dieDurchussmenge gross. Hier eignen sich Kaplanturbinen als Antriebsmaschi-nen f ̈ur die Generatoren. Da Pegelstand und Durchussmenge von Fl üssen

    kurzfristig (mehrere Stunden bis ein Tag) relativ konstant sind, werden dieseKraftwerke vorwiegend zur Grundlastdeckung eingesetzt. Auch Niederdruck-kraftwerke k önnen zur Leistungsregelung eingesetzt werden, allerdings mithöheren Zeitkonstanten und in einem kleineren Leistungsbereich als Hoch-druckkraftwerke.

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    1.2. Erzeugung elektrischer Energie 5

    Thermische Kraftwerke sind im Vergleich zu Wasserkraftwerken schlechtregelbar. Bez üglich der thermisch-mechanischen Ausr üstung m üssen gewissemaximale Temperaturgradienten eingehalten werden. Dies f ührt zu hohenZeitkonstanten bez üglich Ver änderung der Abgabeleistung. Zudem ist derBetrieb eines thermischen Kraftwerkes meist nur in einem gewissen Betriebs-

    zustand wirtschaftlich sinnvoll, der Betrieb als Regelkraftwerk ist meistensunwirtschaftlich. Diese Gr ünde f ̈uhren dazu, dass Dampfkraftwerke fast aus-schliesslich zur Grundlastdeckung verwendet werden. Gasturbinen k önnenvariierenden Leistungsanforderungen innerhalb einiger Minuten folgen undwerden deshalb auch zur Spitzenlastdeckung eingesetzt.

    Windkraftwerke

    Windkonverter nutzen die kinetische Energie von Wind. Moderne Anlagenerzeugen Leistungen von bis zu 5 MW bei Rotordurchmessern bis zu 120 m.Vor allem in windstarken K üstenregionen kann Windenergie sehr effizientund kosteng ünstig genutzt werden.

    Die erzeugte Leistung eines Windkonverters P steigt mit der drittenPotenz der Windgeschwindigkeit v an:

    P ∝v3 (1.3)Durch die nat ürliche Schwankung der Windgeschwindigkeit schwankt wieaus Gleichung (1.3) ersichtlich die abgegebene Leistung sehr stark. Der Ein-satz von Windenergie verlangt daher ganz besonders nach schnell einsetz-baren Regelkraftwerken die diese starken Leistungs änderungen ausgleichenkönnen.

    Solarkraftwerke

    Sonnenlicht kann unmittelbar oder mittelbar zur Erzeugung von elektrischerEnergie eingesetzt werden. Die beiden Technologien sind

    – Photovoltaik (direkte Umwandlung von Sonnenlicht in Gleichstrom)und

    – Solarthermische Kraftwerke (Sonnenlicht zur Dampferzeugung).

    Auch Solarkraftwerke sind auf das nat ürliche Dargebot an Sonnenlichtangewiesen. Die erzeugte Leistung schwankt vor allem zwischen Tag undNacht, aber auch zwischen den Jahreszeiten. Ausserdem hat die Witterungrespektive Bew ölkung einen starken Einuss auf die erzeugte Leistung.

    Brennstoffzellen

    Brennstoffzellen sind Systeme, die durch chemische Konversation von Treib-stoffen direkt thermische und elektrische Energie erzeugen. Als Abfallpro-

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    6 1. Einf ̈uhrung

    dukt entsteht Wasser. Als Brennstoffe kommen (Bio-)Gas, Erd ölprodukte,Wasserstoff und Alkohol in Frage.

    Je nach Anwendung setzt man verschiedene Technologien ein. Die wich-tigsten beiden Typen sind

    – Proton Exchange Membrane (PEM): Betriebstemperatur 50 bis 80 ◦C,Wirkungsgrad ca. 50%, typische Anwendung im KFZ-Bereich.

    – Solid Oxide Fuel Cell (SOFC): Betriebstemperatur 600 bis 1000 ◦C,Wirkungsgrad ca. 70%, Anwendung im station ären Bereich.

    Die maximalen Nennleistungen von Brennstoffzellenkraftwerken bewegensich derzeit im Bereich mehrerer MW.

    Brennstoffzellen k önnen auch als Speicher eingesetzt werden, indem mandie abgegebene elektrische Energie zur Erzeugung von Wasserstoff nutzt.Dieser kann in einem Speicher aufbewahrt und jederzeit wieder zu elektri-scher Energie umgewandelt werden. Man bezeichnet diese Technologie als

    reversible Brennstoffzellen (reversible fuel cell) .

    Geothermiekraftwerke

    Geothermiekraftwerke nutzen Erdw ärme als Prim ärenergie. Dazu werdenBohrungen bis zu einer Tiefe von 5000 m unter die Erdober äche vorge-nommen. Mit einem Temperaturgradienten von etwa 5 ◦C pro 100 m ergibtsich eine Temperaturdifferenz von etwa 200 ◦C. Durch die sogenannten In- jektionsbohrungen wird kaltes Wasser in die Tiefe gepresst, in den Produk-tionsbohrungen steigt das erw ärmte Wasser auf welches über einen W är-metauscher geleitet wird. Aus dem Sekund ärkreislauf des W ärmetauscherswird thermische und mechanische/elektrische Energie entnommen.

    Über 99% der Erdmasse hat eine Temperatur von mehr als 1000 ◦C.Entsprechend gross bzw. nahezu unersch öpich ist das vorhandene Potential.Zur Zeit sind weltweit etwa 200 Erdw ärmekraftwerke in Betrieb.

    In Basel läuft derzeit das Geothermie-Projekt namens Deep Heat Mi-ning Basel . Aus den f ̈unf Bohrungen (drei mit je 5000 m, zwei mit 2700 mTiefe) wird man eine Leistung von 3 MW elektrisch und 20 MW thermisch(Fernw ärme) gewinnen.

    Ein Vorteil der Geothermie gegen über anderen ”alternativen” Energie-formen ist das konstante Dargebot an Prim ärenergie (Erdw ärme). Dadurchwird eine bedarfsgerechte Anpassung der erzeugten Leistung m öglich.

    Kraftwerkseinsatz

    Wie erw ähnt variiert durch den Einsatz dargebotsabh ängiger Prim ärenergi-en wie z.B. Wasser, Wind und Sonne nicht nur der Verbrauch sondern auchdie Erzeugung der elektrischen Leistung je nach Witterung und Saison. Man

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    1.2. Erzeugung elektrischer Energie 7

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    2

    4

    6

    6

    8

    10

    12

    12 18 24 hTageszeit

    L e i s t u n g i n G W

    Thermische Kraftwerke

    Kernkraftwerke

    Laufkraftwerke

    Speicherkraftwerke

    Abbildung 1.2. Erzeugung elektrischer Energie an einem Wintertagin der Schweiz.

    spricht von stochastisch erzeugenden Quellen, die einer stochastisch verbrau-chenden Last gegen überstehen. Die Differenz muss von Kraftwerken begli-chen werden, die ihre Leistung dem Bedarf anpassen k önnen.

    Abbildung 1.2 zeigt den Einsatz verschiedener konventioneller Kraft-werkstypen zur Energieerzeugung an einem Wintertag in der Schweiz.

    1.2.2 Erzeugungsstruktur verschiedener L änder

    Die geographische Lage eines Landes und seine landschaftlichen Gegeben-heiten wirken sich stark auf den Prim ärenergieeinsatz zur Erzeugung elektri-scher Energie aus. Abbildung 1.3 zeigt die Erzeugungsstruktur verschiedenerLänder im Vergleich. Hier sollen kurz ein paar Beispiele beleuchtet wer-den. Norwegen z.B. deckt seinen Elektroenergiebedarf beinahe vollst ändigmit Wasserkraftwerken, da aus geographischen Gr ünden ein hohes Darge-bot an Wasser vorhanden ist. Frankreich, auf der anderen Seite, deckt runddrei Viertel seines elektrischen Energiebedarfs durch Kernkraft ab. D äne-mark, nicht in der Abbildung dargestellt, erzeugt etwa 19% seiner elektri-

    schen Energie aus Wind [6]. Durch die geographische N ähe Dänemarks zuSchweden und Norwegen, die viele Wasserkraftwerke haben, ist es ausserdemmöglich, mit Windkraftanlagen übersch üssig produzierte Leistung dorthinzu exportieren, da Norwegen und Schweden leicht ihre Speicherkraftwerkeregulieren bzw. Wasser anstatt es abzuarbeiten speichern k önnen. Diese so-

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    8 1. Einf ̈uhrung

    Abbildung 1.3. Anteil der verschiedenen Kraftwerkstypen an derelektrischen Energieerzeugung in Europa im Jahr 2006 [8].

    genannte Regelleistung/-energie (balance power/energy) wird in Zukunft anBedeutung gewinnen, da die zunehmende Anzahl von dargebotsabh ängigen,stochastisch erzeugenden Quellen zu gr össeren Abweichungen von den pro-gnostizierten Erzeugungsprolen f ühren wird.

    In der Schweiz werden über 50% des gesamten Elektroenergiebedarfsdurch Wasserkraft abgedeckt, womit das vorhandene Potential bereits relativgut ausgen ützt ist. In einer vom Bundesamt f ür Energie ver öffentlichtenStudie wird der bis 2050 realisierbare zus ätzliche Ausbau der Wasserkraft auf 16% geschätzt [7]. Neben der Wasserkraft werden 40% der abgenommenenEnergie in Kernkraftwerken umgewandelt.

    1.3 Übertragung und Verteilung elektrischer Energie

    Aus ökonomischen, umweltpolitischen, technologischen und aus Gr ünden derVerf ügbarkeit ist es nicht m öglich, den gesamten elektrischen Energiebedarf der grossen Lastzentren – St ädte, Agglomerationen und Industrien – direktvor Ort zu decken. Deshalb wird ein Grossteil der elektrischen Energie in

    grossen, zentralen Kraftwerken erzeugt und über elektrische Leitungen bzw.Leitungsnetze zu den Konsumenten transportiert.

    Grundelement des elektrischen Übertragungs- und Verteilnetzes ist diePunkt zu Punkt Verbindung, der Stromkreis oder sog. Strang. Bei Dreh-strom oder Dreiphasenstrom handelt es sich dabei um drei Leiter, bei Gleich-

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    1.3. Übertragung und Verteilung elektrischer Energie 9

    Abbildung 1.4. Die Verteilung auf den verschiedenen Spannungsebe-nen (Quelle: VSE).

    strom und einphasigem Wechselstrom um zwei Leiter. Als Leiter kommen

    – Freileitungen (overhead lines),

    – Kabel (cables), oder

    – GasIsolierte Leitungen (GIL) (Gas Insulated Lines (GIL))

    in Frage. Diese werden zu Netzen zusammengeschalten.

    1.3.1 Spannungsebenen und Netztypen

    Wie in Abbildung 1.4 dargestellt ist ein elektrisches Energieversorgungsnetzaus verschiedenen Spannungsebenen aufgebaut. Je nach L änge des Trans-portweges und der geforderten Transportkapazit ät ergibt sich ein wirtschaft-liches Optimum bei einer gewissen Nennspannung. H öhere Spannungen sen-ken die Übertragungsverluste, f ühren aber zu erh öhten Kosten f ür die Kom-ponenten. 3 Tabelle 1.1 zeigt eine übliche Einteilung der Netzspannungsebe-

    nen.Das Elektrizit ätsnetz l ässt sich in gewisser Hinsicht mit dem Strassen-verkehrsnetz vergleichen. Die grossen 400-kV- und 220-kV- ¨ Uberland- oder

    3 Der Zusammenhang zwischen Spannung und Übertragungsverlusten wird im Ab-schnitt 5.1.2 behandelt.

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    10 1. Einf ̈uhrung

    Tabelle 1.1. Netzspannungsebenen.Ebene K ürzel NennspannungNiederspannung (low voltage) NS (LV) unter 1 kVMittelspannung (medium voltage) MS (MV) bis ca. 50 kVHoch-/H öchstspannung (high voltage) HS (HV) ab 110 kV

    Abbildung 1.5. Das schweizerische H öchstspannungsnetz (Quelle: ETRANS).

    Fernleitungen dienen dem Transport grosser Leistungen über weite Distan-zen, z.B. von Speicherseen in den Alpen und von Kernkraftwerken zu dengrossen Unterwerken in den Verbraucherzentren oder aber auch f ür denEnergieaustausch mit in- und ausl ändischen Elektrizit ätsgesellschaften. Die-se Leitungen bilden das sogenannte ¨ Ubertragungsnetz (transmission network)und entsprechen somit den Autobahnen im Strassenverkehrsnetz. Abbildung1.5 zeigt das Höchstspannungs übertragungsnetz der Schweiz. Die regionaleEnergieverteilung (sub-transmission) geschieht in der Schweiz über das 50-kV-Verteilnetz und erlaubt den Energietransport von den grossen Unterwer-ken zu den Regionalwerken (in der Schweiz als Kantonswerke bezeichnet).

    Dieses Netz lässt sich mit dem Kantonsstrassennetz gleichsetzen. Die Vertei-lung von den Kantonswerken in die einzelnen Gemeinden entspricht schlies-slich den Hauptstrassen und geschieht auf einem Niveau von 16 kV und 10kV, man spricht vom Verteilnetz (distribution network) . Zum Vergleich dazuzeigt Abbildung 1.6 das H öchstspannungsnetz Deutschlands.

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    1.3. Übertragung und Verteilung elektrischer Energie 11

    Abbildung 1.6. Das deutsche H öchstspannungsnetz (Quelle: VDN).

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    12 1. Einf ̈uhrung

    Tabelle 1.2. Netztypen.Typ Verteilnetz Übertragungsnetz

    Zweck (Fein-)Verteilung TransitSpannungsebene NS, MS HS

    Topologie Strahlen- oder Ringnetz vermaschtes NetzAusdehnung Gemeinde, Kanton Bund, Kontinent

    Die wesentlichen Unterschiede zwischen Übertragungs- und Verteilnetzensind in Tabelle 1.2 nochmals zusammengefasst.

    1.3.2 Internationale Verbundnetze und Synchronzonen

    Stellt man zwischen zwei oder mehreren Übertragungsnetzen elektrische Ver-bindungen her, so erreicht man dadurch

    – eine erhöhte Zuverl ässigkeit der Versorgung im gesamten Verbundge-biet und

    – die Möglichkeit elektrische Energie international auszutauschen, d.h.zu handeln.

    Der zweite Punkt bildet eine fundamentale Grundlage f ür einen funktionie-renden Elektrizit ätsmarkt, denn ohne Transportm öglichkeit kann kein Han-del vollzogen werden.

    Grunds ätzlich k önnen Netze auf zwei Arten gekoppelt werden, n ämlich

    – synchron = Wechsel-/Drehstromverbindung oder

    – asynchron = Gleichstromverbindung

    Verbindet man Drehstromnetze direkt, d.h. durch Verbindung der drei Pha-sen, so laufen diese synchron und werden dementsprechend als Synchronzone bezeichnet. Zus ätzlich zu den beiden oben genannten Punkten ergeben sichin solchen Zonen noch weitere, vor allem die Betriebsf ührung betreffendeVorteile.

    Das Übertragungsnetz der Schweiz ist Teil des europ äischen Verbundnet-zes der Union for the Coordination of Transmission of Electricity (UCTE) .In diesem Verbund sind die Übertragungsnetze von 23 L ändern – von Por-tugal bis Polen – synchronisiert. Etwa 450 Millionen Menschen werden über

    das UCTE-Netz mit Strom versorgt. Die Netze von D änemark, Finnland,Island, Norwegen und Schweden sind Teil des Verbundnetztes der Organi-zation for Nordic Electrical Cooperation (NORDEL) . Die Netze von UCTEund NORDEL laufen nicht synchron. Um dennoch einen Energieaustauschzu ermöglichen, existieren mehrere Gleichstromverbindungen, sogenannte

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    14 1. Einf ̈uhrung

    Abbildung 1.7. Schematisches Versorgungsnetz: links N −0 sicher,rechts N −1 sicher.

    Versorgungspfade gibt, die den Leitungsausfall kompensieren. Das Übertra-gungsnetz, das zur Übertragung grosser Leistungen über weite Entfernungendient, ist nach diesen Gesichtspunkten aufgebaut.

    Ein zu hoher Vermaschungsgrad hat jedoch auch Nachteile: zu vieleStromkreise liefern im Fehlerfall schwierig zu bew ältigende Kurzschlussstr ö-me.4 Ab einer gewissen Redundanz durch eine hohe Anzahl von Stromkreisenwird die Redundanz durch eine weitere Masche nur unbedeutend verbessert.

    Bei der Feinverteilung der elektrischen Energie in kleineren geographi-schen Gebieten, wie z.B. in einer Stadt, m üssen andere Punkte beachtetwerden. Wenn das Netz ebenfalls stark vermascht w äre, würde dies einesehr dichte Belegung der Fl äche des Versorgungsgebietes bedeuten. Durchdie geringen geographischen Abmessungen sind die Impedanzen zwischenden Einspeisepunkten gering, wodurch ungewollt hohe Leistungen über einsolches Netz iessen k önnten. Aus wirtschaftlichen Gr ünden sind jedoch dieLeitungen auf der Verteilebene knapp ausgelegt. Durch zus ätzlich sich über-lagernde Leistungen k önnten deshalb die physikalischen Belastungsgrenzenüberschritten werden. Aus diesem Grund sind die Verteilnetze nicht ver-mascht sondern strahlenf örmig angeordnet, es sind also Inseln mit radialerVerteilung, die nicht N −1 sicher sind. Zunehmend werden auch sogenann-te offene Ringschaltungen (open rings) eingesetzt (siehe Abbildung 1.8). ImNormalfall werden beide Verteilschienen separat versorgt. Sollte eine Zulei-tung ausfallen, w ürden beide Verteilschienen über die verbleibende Zulei-

    tung versorgt. Das System ist quasi N −1 sicher, jedoch mit einem kurzenUnterbruch, bis der Ringschalter geschlossen ist.4 Eine starke Vermaschung entspricht im Prinzip einer Parallelschaltung vieler Leitungs-

    widerst ände.

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    1.3. Übertragung und Verteilung elektrischer Energie 15

    (a)

    (b)

    (c)

    T1

    T1

    T1

    T2

    T2

    T2

    Abbildung 1.8. Offene Ringschaltung (a), Fehler (b), geschlosseneRingschaltung (c).

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    16 1. Einf ̈uhrung

    1.3.4 Unterwerke

    Beim Weiterziehen des Vergleiches von Elektrizit äts- und Strassennetz k önn-te man die Unterwerke mit Kreuzungen gleichsetzen. Sie verbinden die ein-zelnen Spannungsebenen (z.B. 220 kV und 110 kV) miteinander und erf üllenim wesentlichen folgende Aufgaben:

    – Die Unterwerke bilden die Knoten des elektrischen Netzes, in welchendie Leitungen der verschiedenen Spannungsebenen zusammenlaufenund mittels Transformatoren gekoppelt werden.

    – Die Unterwerke sind die Schaltstationen, in denen die zu- und wegf üh-renden Leitungen — je nach betrieblichen Anforderungen — zu- undabgeschaltet werden k önnen; hier sind Ver änderungen der Netztopolo-gie möglich.

    – In den Unterwerken benden sich Mess-, Steuer- und Regeleinrich-tungen wie z.B. Spannungs- und Stromwandler, Schutzger äte, Z ähler,Kompensationseinrichtungen, etc.

    – An den 50/16-kV- bzw. 110/16-kV-Unterwerken übergeben die Über-landwerke 5 die Energie an die Kantonswerke zur Feinverteilung.

    1.3.5 Netzbetrieb und - überwachung

    Die Überwachung des Netzes erfolgt über verschiedene regionale, den gros-sen Unterwerken untergeordnete Netzsteuerstellen. Diese Netzsteuerstellenübermitteln ihre Daten mit leitungsgerichteten Tonfrequenzkan älen, Richt-strahlverbindungen, Koaxialkabeln und immer h äuger über optische Kabelan die Leitstellen des zentralen Lastverteilers. Die so übermittelten Datengeben einem Lastverteiler einen Überblick über den Betriebszustand des je-weiligen Netzes und erlauben ihm, das Netz sicher und optimal zu betreiben.

    Die elektrische Energieversorgung wird nicht nur durch Mengen (MWh)und Leistungen (MW) charakterisiert, sondern auch durch Qualit ätsmerk-male und -anforderungen. Um elektrische Energie verwenden zu k önnen, istdie Einhaltung der Spannungsform (Sinus) sowie einer konstanten Amplitu-de und Frequenz von grosser Wichtigkeit. Mit Hilfe von Regel- und Kompen-sationseinrichtungen wird gew ährleistet, dass Abweichungen der effektivenSpannung von der Nennspannung beim Kunden typischerweise kleiner als

    ±10% sind.5 In der Schweiz gibt es sieben Überlandwerke: ATEL (Aare Tessin AG), BKW (Ber-

    nische Kraftwerke AG), EGL (Elektrizit ätsgesellschaft Laufenburg AG), EWZ (Elektri-zit ätswerk der Stadt Z ürich), EOS (Energie Ouest Suisse), NOK (NordostschweizerischeKraftwerke) und CKW (Zentralschweizerische Kraftwerke).

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    1.4. Verbrauch elektrischer Energie 17

    Ein weiteres Merkmal ist die Verf ügbarkeit der elektrischen Energie; auswirtschaftlichen Gr ünden ist es nicht realistisch, eine Versorgungsverf ügbar-keit von 100% zu erwarten. Im Schnitt betr ägt die Verf ügbarkeit der elektri-schen Energieversorgung in der Schweiz rund 99.98%, was etwa 1.7 StundenNetzausfall pro Jahr entspricht. 6 Dieser Wert ist beachtlich, besonders wenn

    man bedenkt, dass Planung und Betrieb der Netze rund um die Uhr unteranderem nach folgenden Kriterien optimiert werden: wirtschaftliche Bereit-stellung der Energie, Reserven, Behebung von St örungen, Wartung und einehohe Ausnutzung der Komponenten.

    Was die elektrische Energie übertragung im Gegensatz z.B. zu einer Pi-peline f ̈ur den Erdgastransport noch zus ätzlich erschwert, ist die Tatsache,dass im Energie übertragungssystem keine Energie gespeichert werden kann.Folglich muss die Leistung, die momentan ben ötigt wird, auch momentanzur Verf ügung gestellt werden. Ist dies nicht der Fall, kommt es zu folgendenSzenarien:

    – Wenn der Leistungsbedarf der Lasten h öher ist als die augenblicklicherzeugte Leistung, dann sinkt die Netzfrequenz unter den Nennwert(50 Hz).

    – Wenn die Kraftwerke mehr erzeugen als die Kunden momentan ver-brauchen, dann steigt die Netzfrequenz über den Nennwert.

    Im Netz der UCTE wird die Frequenz auf |∆ f | < 0.05 Hz geregelt.

    1.4 Verbrauch elektrischer Energie

    Wie erw ähnt betr ägt der Anteil der elektrischen Energie am gesamten En-denergieverbrauch weltweit etwa 20%. Der gr össte Teil davon wird beimEndverbraucher nochmals umgewandelt, und zwar in

    – mechanische Energie,

    – chemische Energie,

    – Wärme und

    – Licht.

    Dabei teilt sich der Endverbrauch von elektrischer Energie in westlichenIndustriestaaten beinahe gleichm ässig auf die Bereiche Industrie, öffentlicherBereich und Haushalte auf [1].

    6 Im Zusammenhang mit der vermehrten Einbindung von erneuerbaren Erzeugern undder damit verbundenen stochastischen Energieerzeugung wird diskutiert, ob eine solch ho-he Verf ügbarkeit f ür Privatpersonen überhaupt anzustreben ist. So gibt es Netzbetreibermit Lasten, die tiefere Stromtarife bezahlen, daf ür bei Lieferengp ässen durch den Netzbe-treiber abgeschaltet werden d ürfen (je nach Abmachung z.B. zehn Stunden pro Monat).

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    1.4. Verbrauch elektrischer Energie 19

    Ausserdem h ängt die abgenommene Leistung von vielen anderen, teilweisestochastischen Gr össen wie der Witterung ab. Die Erzeugung muss in je-dem Augenblick dem Verbrauch nachgef ührt werden. Die Schwierigkeit be-steht darin, eine genaue Lastprognose (load forecast) f ̈ur den n ächsten Tagzu machen. Gelingt dies nicht, so kann es passieren, dass man aufgrund

    unvorhergesehenem Lastverhaltens und fehlender Erzeugungsreserven teureAusgleichsleistung aus dem Verbundnetz beziehen muss.

    0

    2

    4

    6

    6

    8

    10

    12

    12 18 24 hTageszeit

    L e i s t u n g i n G W

    Abbildung 1.10. Verbrauch elektrischer Energie an einem Wintertag

    in der Schweiz.

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    20 1. Einf ̈uhrung

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    2Leistung im Wechselstromsystem

    In diesem Kapitel untersuchen wir die Leistung sinusf ¨ ormiger Spannungen und Str ̈ ome in Ein- und Dreiphasensystemen. Es handelt sich haupts ¨ ach-lich um eine Repetition von bereits bekannten Grundlagen, die eine wichtige Basis f ̈ ur die folgenden Kapitel bilden.

    2.1 Leistung im einphasigen Netzwerk

    Betrachtet wird ein beliebiges Wechselstromnetzwerk im station ¨ aren Zu-stand (steady state) . Das Netzwerk enth ält passive Elemente ( R, L, C ) sowie

    nur rein sinusf örmige Strom- und Spannungsquellen gleicher Frequenz. Da-durch sind alle Str öme und Spannungen in diesem Netzwerk rein sinusf örmigund lassen sich durch ihre Amplitude, ihre Phasenlage bezogen auf eine will-kürlich denierte Nulllage, sowie ihre Frequenz beschreiben. Die Moment-anwerte f ür Spannung und Strom an einem Element des Netzwerkes k önnendurch folgende Gleichungen beschrieben werden:

    u (t) = U cos(ωt) (2.1a)i (t) = I cos (ωt −ϕ) (2.1b)Dabei steht U bzw.

    I f ̈ur den Wert der Amplitude, w ährend ϕ f ̈ur die Pha-

    senverschiebung zwischen Strom und Spannung steht. Die Kreisfrequenz ωist deniert alsω = 2πf (2.2)

    f entspricht dabei der Nennfrequenz des Netzes (z.B. 50 Hz in Europa,60 Hz in Nordamerika). Oft werden anstelle der Amplitudenwerte U und I die Effektivwerte

    1 U und I verwendet; die Gr össen stehen in folgendemZusammenhang:

    U = U √ 2 (2.3a)I = I √ 2 (2.3b)1 Der Effektivwert eines Wechselstromes entspricht dem Wert eines Gleichstromes, wenn

    durch den Wechselstrom in einem Widerstand im Mittel die gleiche W ärme abgeben wirdwie durch den Gleichstrom.

    21

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    2.1. Leistung im einphasigen Netzwerk 23

    p(t)

    t

    1

    2

    p(t)

    p (t) = 12

    U

    I cosϕ 1 + cos (2 ωt)

    1

    + 12

    U

    I sinϕ sin(2ωt)

    2

    Abbildung 2.1. Darstellung der Summanden aus Gleichung (2.6).

    Der Momentanwert der Zeitfunktion x(t) zum Zeitpunkt t entspricht demRealteil des mit der Winkelgeschwindigkeit ω rotierenden Zeigers:

    x(t) = √ 2 ℜXe jωt (2.10)Dementsprechend lassen sich die Zeitfunktionen Strom und Spannung alskomplexe Gr össen darstellen:

    U = U (cosϕu + j sin ϕ

    u) = U e jϕ u (2.11a)

    I = I (cosϕi + j sin ϕi ) = Ie jϕ i (2.11b)ϕ = ϕu −ϕi (2.11c)

    Die Winkel ϕu und ϕi sind die Phasenlagen von Strom und Spannung.Nimmt man die Spannung als Referenz, d.h. ϕu = 0, so ergibt sich derStrom wieder mit Phase −ϕ relativ zur Spannung (wie in Gleichung (2.1b)).Bildet man nun das Produkt aus Strom und Spannung, so erh ält man

    UI = U Ie j (ϕu + ϕi ) (2.12)

    Will man im Exponenten dieses Ausdrucks lieber die bereits als ϕ denier-te Phasendifferenz zwischen Spannung und Strom haben, so muss man dieSpannung mit dem konjugiert komplexen Strom I ∗ multiplizieren. DiesesProdukt ist als komplexe Scheinleistung (complex apparent power) S de-niert:

    S = U I ∗ = U Ie jϕ = U I (cosϕ + j sin ϕ) (2.13)

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    24 2. Leistung im Wechselstromsystem

    P

    Q S

    ϕ

    Abbildung 2.2. Leistungsdreieck aus Wirk-, Blind- und Scheinleistung.

    Der Betrag dieser Gr össe wird als Scheinleistung (apparent power) S be-zeichnet:

    S = |S | (2.14)Die (komplexe) Scheinleistung wird entsprechend Spannung mal Strom inVolt-Ampere (VA) angegeben.

    Durch die Verwendung des konjugiert komplexen Stromes entsprechen

    die Wirkleistung P und die Blindleistung Q laut (2.7) und (2.8) dem Real-bzw. Imagin ärteil der komplexen Scheinleistung:

    P = ℜ{S }= ℜ{UI ∗}= U I cosϕ (2.15a)Q = ℑ{S }= ℑ{UI ∗}= U I sinϕ (2.15b)S = P + jQ (2.15c)

    S = |S | = P 2 + Q2 (2.15d)Diese Beziehungen sind in Abbildung 2.2 als Zeiger in der komplexen Ebenedargestellt, man spricht vom Leistungsdreieck .

    Die Begriffe Wirk-, Blind- und Scheinleistung sollen nun anhand vonzwei Beispielen diskutiert werden.

    Beispiel: Ohmsch-Induktive Last Gegeben sei das Netzwerk in Abbildung2.3. Gesucht ist die im station ären Betrieb aufgenommene Leistung der Par-allelschaltung aus Widerstand und Induktivit ät.

    i ( t )

    u ( t ) = U cos ( ωt )i R ( t ) i L ( t )

    R L

    Abbildung 2.3. Ohmsch-induktive Last.

    Mit der Knotenregel erhalten wir den Gesamtstrom (im station ären Be-

  • 8/15/2019 Eps HS09 Skript de 01

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    2.1. Leistung im einphasigen Netzwerk 25

    trieb):

    i(t) = iR (t) + iL (t)

    i(t) =

    U R

    cos(ωt) +

    U

    ωL cos ωt −

    π2

    Somit wird die momentane Leistung

    p(t) = u(t) ·i(t) = U 2

    R cos2 (ωt) + U

    2

    ωL cos(ωt)cos ωt −

    π2

    = 12 U

    2

    R (1 + cos(2ωt)) +

    12 U

    2

    ωL sin(2ωt)

    = U 2

    R (1 + cos(2ωt))

    pR (t )+

    U 2

    ωL sin(2ωt)

    pL (t)Die gesamte vom Netzwerk aufgenommene Leistung p(t) setzt sich also auszwei Teilen zusammen, und zwar der Leistung am Widerstand p

    R(t) und

    der Leistung an der Induktivit ät pL (t). Mit den Gleichungen (2.6), (2.7)und (2.8) folgt f ̈ur Wirk- und Blindleistung

    P = U 2

    R und Q =

    U 2

    ωL =

    U 2

    X Lmit X L = ωL

    Der Wert der Blindleistung ist positiv, d.h. die Spule nimmt Blindleistungauf, sie verbraucht Blindleistung. Dieser Leistungswert entspricht der Am-plitude der oszillierenden magnetischen Energie und ist im zeitlichen MittelNull.

    Die von der Induktivit ät aufgenommene Leistung kann auch über die ma-gnetische Energie berechnet werden. Berechnen wir nun die Energie wL (t),die zum Zeitpunkt t in der Induktivit ät gespeichert ist. Es gilt

    wL (t) = 12

    Li 2L (t)

    Der Strom durch die Spule iL (t) ist bei sinusf ̈ormiger Spannung

    iL (t) = U ωL cos ωt − π2Setzen wir diese Beziehung in die Energiegleichung ein erhalten wir

    wL (t) = 12

    L

    U 2

    ω2L2 cos2 ωt −

    π2

    =

    = 12 U

    2

    ω2Lcos(2ωt −π) + 1

    2=

    = 14 · U

    2

    ω2L (1 −cos (2ωt))

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    26 2. Leistung im Wechselstromsystem

    Die von der Induktivit ät aufgenommene Leistung erhalten wir, indem wirdie Energie nach der Zeit ableiten:

    pL (t) = dwL (t)

    dt =

    = U 2

    2ω2L ·ω ·sin(2ωt) ==

    U 2

    ωL ·sin (2ωt)Auf diesem Weg haben wir f ür die Leistung der Induktivit ät das gleicheErgebnis erhalten wie durch Multiplikation von Strom und Spannung. DieBlindleistungsaufnahme der Spule entspricht der Amplitude der Zeitablei-tung der magnetischen Energie .

    Als dritte M öglichkeit k önnen wir die Leistung mit komplexen Zeigernberechnen. Der Gesamtstrom als komplexer Zeiger ist

    I = U Z = U

    1R +

    1 jωL

    Laut Gleichung (2.13) betr ägt die gesamte komplexe Scheinleistung

    S = U I ∗

    Wenn wir die Spannung mit Referenzwinkel 0 ◦ (also rein reell) annehmenist U = U ∗ = U und

    S = U 2

    R + j

    U 2

    ωLDer reelle Anteil der Scheinleistung ist die Wirkleistung. Diese wird vom

    Widerstand aufgenommen. Der Imagin ärteil der Gleichung f ür die Schein-leistung ist die Blindleistung der Spule. Hier ist das Vorzeichen der Blindlei-stung positiv, d.h. die Induktivit ät nimmt Blindleistung auf, sie verbraucht Blindleistung. Man erh ält also:

    P = ℜ{S }= U 2

    R und Q = ℑ{S }=

    U 2

    ωL

    Beispiel: Ohmsch-Kapazitive Last Äquivalent zum obigen Beispiel kanndie Leistung die von einer ohmsch-kapazitiven Last aufgenommen wird be-rechnet werden. Wir betrachten die Schaltung in Abbildung 2.4.

    Für die Wirk- und Blindleistung erhalten wir analog zur induktiven Last

    P = U 2

    R und Q = −U 2ωC

    Hier ist das Vorzeichen der Blindleistung negativ, d.h. die Kapazit ät gibt

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    2.2. Erhaltung der Scheinleistung 27

    i ( t )

    u ( t ) = U cos ( ωt )i R ( t ) i C ( t )

    R C

    Abbildung 2.4. Ohmsch-kapazitive Last

    Blindleistung ab, sie erzeugt Blindleistung. Demnach k önnen Kapazit ätendazu eingesetzt werden, um die von Induktivit äten verbrauchte Blindleistungzu kompensieren. Sp äter werden wir sehen, dass durch Kompensation derBlindleistung die Netzspannung beeinusst werden kann.

    Auch die kapazitive Blindleistung kann über den Energieansatz berech-net werden. Ausgegangen wird von der Gleichung f ür die Energie im elek-trischen Feld des Kondensators

    wC (t) = 12Cu 2C (t)

    Auch hier kann durch Einsetzen und Umformen der gleiche Ausdruck wiedurch Multiplikation der Zeitfunktionen von Strom und Spannung erreichtwerden.

    2.2 Erhaltung der Scheinleistung

    Wenn wir mit komplexen Scheinleistungen arbeiten machen wir intensivvom Theorem der Erhaltung der Scheinleistung Gebrauch. Dieses besagt,

    dass in einem Netzwerk mit mehreren voneinander unabh ängigen Quellenund Verbrauchern die Summe der Scheinleistungsabgabe der Quellen gleichder Summe der Scheinleistungsaufnahme der Verbraucher ist. Dabei wirdangenommen, dass alle Str öme und Spannungen rein sinusf örmig und vongleicher Frequenz sind.

    Für eine einzelne Quelle kann man dieses Theorem mit den Kirchhoff-schen Regeln beweisen. F ür den allgemeinen Fall ist die Beweisf ührung etwaskomplizierter.

    In der Anwendung dieses Theorems ersetzt man oft Netzwerke durchäquivalente Quellen (Thevenin- Äquivalent). Abbildung 2.5 zeigt ein NetzN b, welches von zwei Quellen und einem weiteren Netz N a gespeist wird.

    Für die Summe der Scheinleistungen giltS ab + S 2 + S 3 =

    i

    S b,i (2.16)

    wobei S b,i die Scheinleistung des Elementes i im Netz N b darstellt.

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    28 2. Leistung im Wechselstromsystem

    N a N bS ab

    S 2

    S 3

    Abbildung 2.5. Erhaltung der Scheinleistung.

    Beispiel: Serienimpedanz Die Erhaltung der Scheinleistung soll anhandeines Serienelementes mit der Impedanz

    Z = R + jX

    untersucht werden. Abbildung 2.6 zeigt die entsprechende Schaltung.

    S 1 S 2U 1U 1

    U 2U 2

    I 1 I 2 U

    U I

    I Z

    Abbildung 2.6. Schaltung einer Serienimpedanz und Zeigerdiagramm.

    Die komplexe Scheinleistung am Eingang des Vierpoles (links, Index 1)ist

    S 1 = P 1 + jQ 1In der Serienschaltung m üssen die drei eingezeichneten Str öme gleich sein:

    I 1 = I 2 = I

    Der Strom wird an der Impedanz einen Spannungsabfall U hervorrufen, umwelchen sich die Ausgangsspannung von der Eingangsspannung unterschei-det (siehe Zeigerdiagramm in Abbildung 2.6). Die Spannung am Ausgangist demnach

    U 2 = U 1 −U = U 1 −ZI Die Scheinleistung am Ausgang des Vierpoles (rechts, Index 2) erhalten wirals Produkt aus Spannung mal konjugiert komplexem Strom:

    S 2 = U 2I ∗2 = U 2I ∗

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    2.3. Leistung im dreiphasigen, symmetrischen Netzwerk 29

    Setzen wir den Ausdruck f ür U 2 ein, so erhalten wir f ̈ur die Ausgangsleistung

    S 2 = ( U 1 −ZI ) I ∗ = S 1 −Z |I |2Jetzt k önnen wir aus der ersten Gleichung f ür S 1 einsetzen und erhalten

    S 2 = P 1 −R|I |2 P 2+ j Q1 −X |I |2 Q 2Eingangs- und Ausgangsleistung des Vierpoles unterscheiden sich also genau

    um die von der Impedanz Z aufgenommene Leistung.Die in Abbildung 2.6 gezeigte Schaltung k önnte als einfaches Modell einer

    Hochspannungsleitung herangezogen werden.

    2.3 Leistung im dreiphasigen, symmetrischen Netz-werk

    2.3.1 Symmetrische Dreiphasensysteme

    Ein symmetrisches Dreiphasensystem (auch Drehstromsystem genannt) wirdvon drei gleich grossen, gleichfrequenten aber um jeweils 120 ◦ (2π/ 3) pha-senverschobenen Spannungen angeregt. Abbildung 2.7 und 2.8 zeigen diesedrei Spannungen im Zeitverlauf und als Zeiger. Die drei Phasen werdenüblicherweise mit R, S und T bezeichnet, entsprechend sind Spannungen,Str öme, Widerst ände usw. der Phasen indiziert. Die Spannung der Phase Rwird in Abbildung 2.8 in der Abszisse, also mit 0 ◦ angenommen. Dement-sprechend ist die Spannung der Phase S um 120 ◦ und die Spannung derPhase T um 240 ◦ verschoben. Dieser ”Spannungsstern” dreht sich mit der

    Winkelgeschwindigkeit ω gegen den Uhrzeigersinn, sodass die PhasenfolgeR-S-T entsteht. 2

    Wie in Abbildung 2.8 angedeutet treten in einem Drehstromsystem zweiverschiedene Spannungen auf: die Phasenspannung und die verkettete Span-nung oder Dreiecksspannung .

    Phasenspannung U p: Diese Spannungwird zwischen einer Phase und dem Sternpunkt abgegriffen. Sie entspricht der in Sternschaltung auftreten-den Spannung am Element (siehe Abbildung 2.9). Die Phasenspannun-gen werden als U R , U S und U T bezeichnet.

    Verkettete Spannung U : Diese Spannung wird zwischen zwei Phasen ab-

    gegriffen. Gemäss der Geometrie des Zeigerdiagrammes in Abbildung2.8 ist der Betrag dieser verketteten Spannung um √ 3 höher als jenerder Phasenspannung. Die verkettete Spannung ist jene Spannung, die

    2 Diese Festlegung ist willk ürlich. Um die gleiche Phasenfolge R-S-T zu erreichen m üssenbei umgekehrter Drehrichtung ω lediglich die Phasen S und T vertauscht werden.

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    30 2. Leistung im Wechselstromsystem

    ωt

    u(t) uR (t) uS (t) uT (t)

    π 2π 3π 4π

    Abbildung 2.7. Zeitverlauf der Spannungen in den Phasen R, S und T.

    bei Dreieckschaltung am jeweiligen Element anliegt (siehe Abbildung2.9). Im dreiphasigen System treten drei verkettete Spannungen zwi-schen den Phasen R-S ( U RS ), S-T ( U ST ) und T-R ( U TR ) auf. Diesedrei verketteten Spannungen sind wie die Phasenspannungen um 120 ◦phasenverschoben.

    Wie erw ähnt stehen die Effektivwerte von Phasenspannung und Dreieck-spannung in folgender Relation:

    U = √ 3 U p (2.17)Im Niederspannungsbereich sind die Betr äge der Phasenspannung und derverketteten Spannung 230 bzw. 400 V.

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    2.3. Leistung im dreiphasigen, symmetrischen Netzwerk 31

    120◦

    U R

    U S

    U T

    U RS

    U ST

    U TR

    U

    U p

    U p

    ω

    Abbildung 2.8. Zeigerdarstellung der drei Phasenspannungen (mitBetrag U p) und der verketteten Spannungen (mit Betrag U = √ 3 U p).

    U p

    U

    U U

    U

    RR SS TT

    Abbildung 2.9. Stern- und Dreieckschaltung eines Verbrauchers: BeiSternschaltung liegt die Phasenspannung U p, bei Dreieckschaltung die

    verkettete Spannung U an den Verbraucherwiderst änden an.

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    32 2. Leistung im Wechselstromsystem

    2.3.2 Leistung in symmetrischen Dreiphasensystemen

    Nun wollen wir die Leistung in einem symmetrischen dreiphasigen Systemuntersuchen. Wir beginnen wieder mit den Zeitverl äufen der Spannungen inden einzelnen Phasen (siehe Abbildung 2.7):

    uR (t) = U p cosωt (2.18a)

    uS(t) = U p cos(ωt −2π/ 3) (2.18b)uT (t) = U p cos(ωt −4π/ 3) (2.18c)Aufgrund der angenommenen Symmetrie haben alle drei Phasenspannungendie gleiche Amplitude U p. Die Summe dieser Phasenspannungen ergibt zu jedem Zeitpunkt

    uR (t) + uS(t) + uT (t) = 0 (2.19)

    Äquivalent gilt f ür die drei Str öme

    iR (t) =

    I p cos(ωt

    −ϕ) (2.20a)

    iS(t) = I p cos(ωt −ϕ−2π/ 3) (2.20b)iT (t) = I p cos(ωt −ϕ−4π/ 3) (2.20c)und wiederum mit der Annahme, dass die Stromamplituden in allen Phasengleich gross sind

    iR (t) + iS(t) + iT (t) = 0 (2.21)

    Der Anteil der Phase R an der momentanen Leistung betr ägt nach Glei-chung (2.6)

    pR (t) = 1

    2 U p

    I p (cosϕ (1 + cos (2 ωt)) + sin ϕ sin (2ωt)) (2.22)

    ϕ entspricht wieder der Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung,deshalb sind die sin ϕ- und cos ϕ-Terme zeitunabh ängig und in allen Phasengleich. Die sin (2ωt)- und cos (2ωt)-Ausdr ücke treten in den anderen beidenPhasen um 2 π/ 3 bzw. 4π/ 3 versetzt auf. Mit Hilfe des Additionstheoremslässt sich zeigen, dass sich diese Terme im Dreiphasensystem gegenseitigaufheben: 3

    cos (2ωt)

    Phase R+cos 2 ωt −

    2π3

    Phase S

    +cos 2 ωt − 4π

    3

    Phase T

    =

    = cos (2 ωt) + cos (2 ωt)cos4π3 + sin (2 ωt)sin

    4π3 +

    + cos (2 ωt)cos8π3

    + sin (2 ωt)sin8π3

    = 0 (2.23)

    3 Nat ürlich kann diese Tatsache auch mit einem Sinus-Ansatz gezeigt werden.

  • 8/15/2019 Eps HS09 Skript de 01

    41/186

    2.3. Leistung im dreiphasigen, symmetrischen Netzwerk 33

    wobei gilt

    cos4π3

    = cos8π3

    = −12

    (2.24a)

    sin4π

    3=

    −sin

    3=

    √ 32

    (2.24b)

    Der Momentanwert der gesamten dreiphasigen Wirkleistung, also die Summeder Wirkleistungen aller drei Phasen, wird damit zu einem zeitlich konstan-ten Wert und entspricht der dreifachen Phasenleistung:

    p(t) = 3 U p I p2 cosϕ = 3 U pI p cosϕ = P (2.25)Das bedeutet, dass sich die oszillierenden Anteile der Leistung in den dreiPhasen jederzeit und nicht nur im zeitlichen Mittel exakt zu Null erg änzen. 4

    Die komplexe dreiphasige Scheinleistung ergibt sich aus der Summe derPhasenscheinleistungen mit Gleichung (2.13) zu

    S = U R I ∗R + U SI ∗S + U T I ∗T (2.26)Im symmetrischen Zustand f ühren alle drei Phasen gleich grosse Str öme undSpannungen. Die dreiphasige Scheinleistung kann deshalb als die dreifacheScheinleistung einer Phase angeschrieben werden. Als Phasengr össen ver-wendet man denitionsgem äss Spannung und Strom der Phase R, wobei dieSpannung der Phase R mit 0 ◦ angenommen wird.

    S = 3 U R I ∗R = 3 S R = 3 P R + j 3QR (2.27)

    Nun wollen wir anstatt der Phasengr össen der Phase R verkettete Gr ös-sen in die obige Gleichung einsetzen. Die verkettete Spannung ergibt sichlaut Gleichung (2.17) zu

    U = √ 3 U R (2.28)Einen verketteten Strom in dem Sinn gibt es nicht, das heisst, es tritt inkeinem Dreiphasensystem ein Strom vom Betrag √ 3 mal Phasenstrom auf.Trotzdem kann man einen solchen Strom als virtuellen, verketteten Stromdenieren, um die Rechnung einfacher zu gestalten. Wir denieren also

    I = √ 3 I R (2.29)Mit dieser Denition k önnen wir (2.27) neu ausdr ücken. Dabei k ürzen sichdie Faktoren 3 und √ 3 und wir erhalten f ür die komplexe dreiphasige Schein-leistung mit den Konventionen in (2.28) und (2.29) die gleiche Formel wief ̈ur die einphasige Scheinleistung in (2.13):

    S = U I ∗ = U Ie jϕ = U I (cosϕ + j sin ϕ)4 Dies hat zur Folge, dass bei Dreiphasenmaschinen das Drehmoment über eine Umdre-

    hung konstant ist. Im Gegensatz dazu erf ährt z.B. der L äufer eines Einphasenmotors einRüttelmoment doppelter Nennfrequenz.

  • 8/15/2019 Eps HS09 Skript de 01

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    34 2. Leistung im Wechselstromsystem

    Entsprechend gelten auch hier wieder die bekannten Gleichungen (2.15a)-(2.15c) f ̈ur Wirk- und Blindleistung:

    P = ℜ{S }= ℜ{UI ∗}= U I cosϕQ = ℑ{S }= ℑ{UI ∗}= U I sinϕS = P + jQ

    Diese Werte entsprechen im symmetrischen System genau den dreifachenLeistungswerten pro Phase. Die Formeln (2.13)-(2.15c) gelten also sowohlf ̈ur einphasige als auch f ür dreiphasige Systeme, sofern f ür dreiphasige Ver-hältnisse f ̈ur U und I die √ 3-fachen Phasengr össen eingesetzt werden.2.3.3 Stern-Dreieck-Transformation

    Jede Stern- oder Dreieckschaltung kann in eine äquivalente, gleiche Leistungaufnehmende Dreieck- oder Sternschaltung transformiert werden. Ist z.B.nur die Leistung eines dreiphasigen Verbrauchers gegeben, so kann dieserbeliebig als Stern- oder Dreieckslast dargestellt werden.

    Wir betrachten wieder Abbildung 2.9. Die Impedanzen in der Stern-schaltung bezeichnen wir als Z y , jene in der Dreieckschaltung als Z d. In derSternschaltung liegt die Phasenspannung vom Betrag U p an den Impedanzenan. Die gesamte Scheinleistung ergibt sich zu

    S y = 3U 2RZ ∗y

    (2.31)

    An den Impedanzen der Dreieckschaltung liegt die verkettete Spannung vomBetrag U = √ 3U p an. Die gesamte aufgenommene Scheinleistung ist

    S d = 3 √ 3U R 2Z ∗d (2.32)Die beiden Schaltungen sind dann äquivalent, wenn sie die gleiche Schein-leistung aufnehmen. Wir setzen also

    S y = S d (2.33)

    und erhalten als Bedingung f ür die Impedanzen

    Z yZ d

    = 3U 2R

    3 √ 3U R 2 =

    13

    (2.34)

    Wir k önnen also eine Dreieckschaltung jederzeit in eine Sternschaltung um-wandeln indem wir die Widerst ände der Dreieckschaltung dritteln und inStern schalten. Die neue Schaltung nimmt die gleiche Scheinleistung auf wiedie urspr üngliche, in den Phasenleitern iessen die gleichen Str öme.

  • 8/15/2019 Eps HS09 Skript de 01

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    2.4. Zusammenfassung 35

    2.3.4 Einphasige Berechnung symmetrischer Dreiphasensysteme

    Nachdem sich in einem symmetrischen Dreiphasensystem in allen drei Pha-sen die gleichen Vorg änge abspielen, kann das dreiphasige System anhandeines einphasigen Ersatzsystems analysiert werden. Dazu f ührt man folgendeSchritte durch:

    1. Alle in Dreieck geschalteten Elemente werden in äquivalente Stern-schaltungen umgewandelt (siehe Abschnitt 2.3.3).

    2. Für die Phase R wird ein einphasiges Ersatzschaltbild gezeichnet.

    3. Die gesuchten Gr össen werden aus dem einphasigen Ersatzschaltbildder Phase R berechnet.

    4. Um die gesuchten Gr össen in den Phasen S und T zu erhalten addierenwir zu den Gr össen aus Phase R jeweils 120 ◦ bzw. 240◦.

    5. Wenn n ötig werden die Stern-Elemente wieder in Dreieckschaltungentransformiert, um dann die verketteten Gr össen zu berechnen.

    Abbildung 2.10 zeigt ein Beispiel eines symmetrischen Dreiphasensystem.Die in Dreieck geschalteten Kondensatoren C werden in eine Sternschaltungumgewandelt. Ihre Reaktanz reduziert sich durch die Transformation lautGleichung (2.34) auf ein Drittel gegen über der Dreieckschaltung. Wegen

    jX C = 1

    jωC (2.35)

    entspricht das einer Verdreifachung der Kapazit ät.Nach der Umwandlung kann die einphasige Ersatzschaltung gezeichnet

    werden. Dabei ist zu beachten, dass im symmetrischen Dreiphasensystem alle Sternpunkte gleiches Potential f ̈uhren. Die Punkte a, f und e können

    deshalb ohne weitere Auswirkungen verbunden werden. Diese Sternpunkteliegen in der einphasigen Ersatzschaltung auf dem R ückleiter.

    2.4 Zusammenfassung

    In einphasigen Netzwerken oszilliert die Leistung mit doppelter Netzfre-quenz. In symmetrischen Dreiphasensystemen heben sich die oszillierendenAnteile der drei Phasen auf, die Leistung verl äuft zeitlich konstant.

    Die komplexe Scheinleistung ist deniert als das Produkt aus Spannungmal konjugiert komplexen Strom. Der Realteil der komplexen Scheinleistungist die Wirkleistung, der Imagin ärteil ist die Blindleistung.

    Für die Berechnung von Schein-, Wirk- und Blindleistung k önnen f ̈ureinphasige und symmetrische dreiphasige Systeme die selben Gleichungenverwendet werden, f ür die gesamte dreiphasige Leistung wird jeweils I =√ 3 I R und U = √ 3 U R eingesetzt. In Tabelle 2.1 sind Formeln und Einheitennochmals zusammengefasst.

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    36 2. Leistung im Wechselstromsystem

    a

    a

    e

    e

    f

    f

    b

    b

    c

    c

    c

    d

    d

    d

    L

    L

    C

    3C

    3C R

    R

    U p

    U p

    Abbildung 2.10. Symmetrisches Drehstromsystem und seine einpha-sige Ersatzschaltung. Nach Umwandlung der Dreieckschaltung in eineSternschaltung liegen die Kapazit äten 3 C parallel zu den Widerst än-

    den R . In der einphasigen Ersatzschaltung liegen die Sternpunkte amgemeinsamen R ückleiter.

    Tabelle 2.1. Übersicht Wirkleistung, Blindleistung und komplexe Leistung.Bezeichnung Wirkleistung Blindleistung kompl. Leistung

    Zeichen P Q S Einheit MW MVar MVA

    Berechnung UI cosϕ = ℜ{S } UI sinϕ = ℑ{S } UI ∗ = P + jQ

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    3Transformatoren

    In diesem Kapitel werden wir ein Modell f ¨ ur Transformatoren erarbeiten.Wir beginnen mit dem Prinzip gekoppelter Wicklungen, dann folgt eine idea-lisierte Darstellung eines einphasigen Transformators. Diese werden wir schrittweise zu einem f ¨ ur die Energie ¨ ubertragung brauchbaren Modell aus-bauen. Abschliessend behandeln wir Transformatoren f ¨ ur dreiphasige Syste-me.

    3.1 Einphasiger Transformator

    3.1.1 Gekoppelte WicklungenEine stromdurchossene Spule erzeugt ein magnetisches Feld. Zwei Spulen,die sich in einem gemeinsamen magnetischen Feld benden, beeinussen sichgegenseitig. Durch die magnetische Kopplung tritt eine Wechselwirkung ein:Jede Änderung eines Spulenstromes hat eine Änderung des Stromes in deranderen Spule zur Folge.

    Bringt man zwei Spulen auf einen gemeinsamen, magnetisch gut leiten-den Eisenkern (magnetic core) auf, so erreicht man, dass beide Spulen fastvom gleichen magnetischen Fluss durchdrungen werden. Die Kopplung f älltdamit relativ stark aus. Abbildung 3.1 zeigt eine solche Anordnung. Dies istder grunds ätzliche Aufbau eines einphasigen Transformators.

    Prim ärseite Sekund ärseite

    u1 u2

    N 1 N 2

    i1i ′2

    Φh

    Φσ 1 Φσ 2

    Abbildung 3.1. Prinzipieller Aufbau eines einphasigen Transformators.

    37

  • 8/15/2019 Eps HS09 Skript de 01

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    38 3. Transformatoren

    gleichsinnig gegensinnig

    Abbildung 3.2. Kennzeichnung des Wicklungssinnes durch Punktean den Anschl üssen.

    Die bewickelten Schenkel (limbs) bilden zusammen mit dem Joch (yo-ke) eine magnetisch gut leitf ähige Verbindung zwischen Prim ¨ ar- und Se-kund ̈ arwicklung (primary- and secondary winding) . Die Prim ärwicklung mitWindungszahl N 1 f ̈uhrt den Prim ärstrom i1, die Sekund ärwicklung mit Win-dungszahl N 2 wird vom Sekund ärstrom i′2 durchossen. 1

    Im Eisen breitet sich der Hauptuss (mutual ux) Φh aus. Dieser durch-dringt beide Wicklungen und bewirkt deren magnetische Kopplung. Je h ö-her sein Anteil am Gesamtuss der Spulen ist, desto st ärker treten diese inWechselwirkung. Zus ätzlich zum Hauptuss bildet jede Wicklung f ür sicheinen Streuuss (leakage ux) Φσ1 bzw. Φσ2 aus. Diese sind im Vergleichzum Hauptuss relativ klein. Die Feldlinien des Streuusses durchdringennur eine Spule und schliessen sich über Luft. 2 Die Flussverkettungen (ux linkage) in den Spulen ergeben sich zu

    λ1 = N 1Φh + λσ1 (3.1a)λ2 = N 2Φh + λσ2 (3.1b)

    wobei λσ1 und λσ2 die Flussverkettungen der Streu üsse Φσ1 und Φσ2 mitden entsprechenden Spulen darstellen.

    Die Richtung des magnetischen Flusses in Abh ängigkeit vom Strom wirddurch den Wicklungssinn der Spule festgelegt. Man unterscheidet zwischengleichsinniger und gegensinniger Wicklung. Üblicherweise wird der Wick-lungssinn durch Punkte an den Spulenanschl üssen angegeben (siehe Abbil-dung 3.2). Liegen sich diese Punkte direkt gegen über, so handelt es sich umeine gleichsinnige Wicklung; liegen sie diagonal gegen über, so ist die Anord-nung gegensinnig. In den folgenden Untersuchungen gehen wir immer vongleichsinnigen Wicklungen aus.

    1 Der Strom i ′2 = −i2 wurde sp äter eingef ührt um die Herleitung des Modells zu er-leichtern.2 Nicht alle Feldlinien des Streufeldes sind mit allen Wicklungen der jeweiligen Spule

    verkettet.

  • 8/15/2019 Eps HS09 Skript de 01

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    3.1. Einphasiger Transformator 39

    3.1.2 Ideales Transformatormodell

    Die prinzipielle Funktion eines Transformators l ässt sich anhand einer ideali-sierten Darstellung zweier verketteter Spulen demonstrieren. F ür den idealen Transformator treffen wir folgende Annahmen:

    1. Es gibt keine Verluste im Transformator, weder in den Wicklungennoch im Eisen.

    2. Es treten keine Streu ̈ usse auf, beide Wicklungen werden nur vomHauptuss durchsetzt. Die Kopplung ist somit ideal.

    3. Der Eisenkern hat unendlich hohe Permeabilit ¨ at (das entspricht idealermagnetischer Leitf ähigkeit).

    Wir wollen nun eine ideale Spulenanordnung wie in Abbildung 3.1 un-tersuchen. Mit dem Induktionsgesetz und der zweiten getroffenen Annahme

    λσ1 = λσ2 = 0 (3.2)

    erhalten wir f ür die in den Spulen induzierten Spannungen

    u1 = dλ1

    dt = N 1

    dΦhdt

    (3.3a)

    u2 = dλ2

    dt = N 2

    dΦhdt

    (3.3b)

    Wenn wir annehmen, dass der Fluss zeitlich variiert, d.h.

    dΦhdt = 0 (3.4)

    können wir die Gleichungen (3.3a) und (3.3b) nach der Ableitung des Flusses

    auösen. Wir sehen, dass das Verh ältnis von Spannung zu Windungszahl f ürbeide Wicklungen, also prim är und sekund är, gleich ist:

    u1N 1

    = u2N 2

    (3.5)

    Daraus folgt unmittelbar das ¨ Ubersetzungsverh ̈ altnis (turns ratio) 3 der bei-den Spannungen

    u1u2

    = N 1N 2

    = c∈R (3.6)

    Da das Verh ältnis der beiden Windungszahlen ein reeller Wert ist wird hierauch das Übersetzungsverh ältnis reell. 4

    3 Genaugenommen handelt es sich hier um das Leerlauf ¨ ubersetzungsverh ¨ altnis . Die inAbschnitt 3.1.3 behandelten Nichtidealit äten realer Transformatoren f ühren zu einer be-lastungsabh ängigen Abweichung von diesem Verh ältnis.

    4 Dies ist allerdings nicht immer der Fall. Bei Dreiphasentransformatoren kann es zueiner Phasendrehung der Sekund ärspannung gegen über der Prim ärspannung kommen. DasÜbersetzungsverh ältnis wird dann komplex (siehe Abschnitt 3.2).

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    40 3. Transformatoren

    u1

    i1

    N 1

    prim är

    u2

    i2

    N 2

    sekund är

    Abbildung 3.3. Idealer Transformator.

    Entsprechend unserer dritten Annahme ( µ = ∞) ist der Eisenkern idealleitend, d.h. sein magnetischer Widerstand ist Null. Das ohmsche Gesetz desmagnetischen Kreises bildet einen Zusammenhang zwischen magnetischerSpannung (Erregung) θ, magnetischem Fluss Φ und Reluktanz Rm :

    θ = Rm Φ (3.7)

    Die magnetische Spannung entspricht den sogenannten Amperewindungen ,also dem Produkt aus Strom mal Windungszahl einer Spule. F ür den Ideal-fall Rm = 0 gibt es keinen magnetischen Spannungsabfall entlang des Eisen-kernes, die Summe der Amperewindungen der Prim är- und Sekund ärseiteergibt sich zu

    N 1i1 + N 2i′2 = Rm Φh = 0 (3.8)

    Der Quotient aus Sekund är- zu Prim ärstrom ergibt das Übersetzungsver-hältnis

    i′2i1

    = −N 1N 2

    = −c (3.9)

    Wie auch die Spannung ist der Strom auf der Sekund ärseite nur vom Stromauf der Prim ärseite und dem Übersetzungsverh ältnis abh ängig. Zur Berei-nigung des negativen Vorzeichens denieren wir nun

    i2 = −i′2 (3.10)und erhalten eine Situation wie in Abbildung 3.3 dargestellt. Das Verh ältnisder beiden Str öme wird

    i2i1

    = c (3.11)

    Wenn wir von sinusf örmigen Str ömen ausgehen, dann werden auch diemagnetischen Fl üsse und die dadurch induzierten Spannungen sinusf örmig

    verlaufen. Sinusf örmige Str öme und Spannungen k önnen wir entsprechendGleichung (2.9) als Zeiger darstellen. In den Gleichungen (3.1a)-(3.11) k ön-nen u, i und Φ durch komplexe Gr össen U , I und Φ ersetzt werden.

    Wir wissen jetzt, wie man Spannungen und Str öme zwischen Prim är-und Sekund ärseite umrechnet. Nun wollen wir untersuchen, wie man f ür

  • 8/15/2019 Eps HS09 Skript de 01

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    3.1. Einphasiger Transformator 41

    U 1 U 1E a1

    I 1 I 1

    N 1N 1

    Z 1

    U 2 U 2E a2

    I 2 I 2

    N 2N 2

    Z 2

    E b1 E b2

    Impedanztransformation

    Abbildung 3.4. Umrechnung einer Impedanz von der Sekund ärseiteauf die Prim ärseite.

    einen idealen Transformator Impedanzen auf die jeweils andere Seite be-ziehen kann. Diese Umrechnung nennt man Impedanztransformation . Wirbetrachten Abbildung 3.4. F ür beide Schaltungen k önnen wir auf der Impe-danzseite eine Maschengleichung aufstellen:

    U 1 = E a1 = c E a2 = c (U 2 + I 2Z 2) (3.12a)

    U 2 = E b2 = 1c E b1 =

    1c (U 1 −I 1Z 1) (3.12b)

    Diese Gleichungen k önnen wir nach c U 2 auösen:

    c U 2 = U 1 −c I 2Z 2 (3.13a)c U 2 = U 1 −I 1Z 1 (3.13b)

    Subtrahieren wir (3.13b) von (3.13a), so erhalten wir

    0 = −c I 2Z 2 + I 1Z 1 (3.14)Das Verh ältnis der Impedanzen ergibt sich daraus zu

    Z 1Z 2

    = c I 2I 1

    = c2 (3.15)

    Die beiden Schaltungen in Abbildung 3.4 verhalten sich also equivalent, so-fern Gleichung (3.15) erf üllt ist. Am Verhalten des Vierpoles ändert sichnichts wenn die Impedanzen diesem Verh ältnis entsprechend ausgetauschtwerden. Mit Gleichung (3.15) k önnen wir Impedanzen beliebig zwischenPrim är- und Sekund ärseite umrechnen. 5

    Nun haben wir das Übersetzungsverh ältnis f ̈ur Spannugen, Str öme undImpedanzen hergeleitet und sind in der Lage, jede dieser Gr össen auf die jeweils andere Seite zu beziehen. Wir fassen zusammen:

    5 Gleichung (3.15) gilt nicht nur f ür Elemente die als komplexe Zahlen dargestellt sind,sondern auch f ür R , L oder C .

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    42 3. Transformatoren

    – Die Spannungen verhalten sich wie entsprechend dem Übersetzungs-verh ältnis.

    – Die Str öme verhalten sich invers zum Übersetzungsverh ältnis.

    – Die Impedanzen verhalten sich wie das Quadrat des ¨Ubersetzungsver-hältnisses.

    Wie erw ähnt ist diese Darstellung des Transformators idealisiert. Umein realistischeres Modell zu erhalten, werden wir im n ächsten Abschnittdas ideale Modell mit weiteren Elementen erg änzen.

    3.1.3 Reales Transformatormodell

    Das ideale Transformatormodell aus Abschnitt 3.1.2 werden wir nun schritt-weise verfeinern, indem wir drei wesentliche Nichtidealit äten ber ücksichti-gen.

    Streuung

    Die nur mit einer Wicklung verketteten Streu üsse kann man so betrach-ten als würden sie von je einer separaten Spule im prim ären und sekund ärenStromkreis verursacht. Wir erhalten jeweils f ür die Prim är- und Sekund ärsei-te eine Streureaktanz mit der Streuinduktivit ¨ at Lσ1 bzw. Lσ2 . Die Flussver-kettung der Streuinduktivit äten mit den Streufeldern ndet über Luft stattund ist deshalb linear:

    λσ1 = Lσ1i1 (3.16a)λσ2 = Lσ2i′2 (3.16b)

    Durch die Streu üsse wird die Kopplung der beiden Wicklungen unvoll-st ändig, sie stellen eine Nichtidealit ¨ at des Transformators dar.

    Wicklungsverluste

    Reale Wicklungen sind mit ohmschen Widerst änden behaftet. Die prim är-und sekund ärseitigen Klemmenspannungen ergeben sich unter deren Einbe-zug aus der Summe von ohmschem Spannungsabfall über der Wicklung undder induzierten Spannung zu

    u1 = R1i1 + dλ 1

    dt = R1i1 +

    ddt

    (λσ1 + N 1Φh ) (3.17a)

    u2 = R2i′2 + dλ 2

    dt = R2i′2 +

    ddt

    (λσ2 + N 2Φh ) (3.17b)

  • 8/15/2019 Eps HS09 Skript de 01

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    3.1. Einphasiger Transformator 43

    wobei R1 der ohmsche Widerstand der Prim ärwicklung und R2 der ohmscheWiderstand der Sekund ärwicklung ist. Mit den Gleichungen (3.16a) und(3.16b) erhalten wir

    u1 = R1i1 + Lσ1di1dt

    + N 1dΦhdt

    (3.18a)

    u2 = R2i′2 + Lσ2di ′2dt

    + N 2dΦhdt

    (3.18b)

    Mit Gleichung (3.10) k önnen wir (3.18b) auch folgendermassen darstellen:

    u2 = −R2i2 −Lσ2di2dt

    + N 2dΦhdt

    (3.19)

    Wir ber ücksichtigen diese weitere Abweichung vom Idealverhalten, in-dem wir die beiden Elemente in die Modellschaltung einf ügen (siehe Abbil-dung 3.5).

    u1

    i1

    N 1

    Lσ 1R1

    u2

    i2

    N 2

    Lσ 2 R2ideal

    Abbildung 3.5. Transformatormodell mit prim ärer und sekund ärerStreuinduktivit ät und Wicklungswiderst änden.

    Nun k önnen wir wie in Abschnitt 3.1.2 gezeigt die Gr össen der Sekun-

    därseite auf die Prim ärseite umrechnen. Abbildung 3.6 zeigt die neue Er-satzschaltung mit den Elementen

    R t = R1 + c2R2 (3.20)

    undL t = Lσ1 + c2Lσ2 (3.21)

    Dieses Modell enth ält die Nichtidealit äten durch Streuung und ohmsche Ver-luste in den Wicklungen.

    Kernverluste

    Auch der magnetische Leiter, der Eisenkern, ist nicht vollkommen ideal. Inihm treten spannungs- und frequenzabh ängige Verluste auf. Dadurch gibtder Transformator an der Sekund ärseite weniger Leistung ab als er auf derPrim ärseite aufnimmt. Der Transformator wird auch dann auf der Prim ärsei-te einen Strom aufnehmen, wenn auf der Sekund ärseite kein Strom iesst, da

  • 8/15/2019 Eps HS09 Skript de 01

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    44 3. Transformatoren

    u1

    i1

    N 1

    L tR t

    u2

    i2

    N 2

    ideal

    Abbildung 3.6. Transformatormodell mit transformierten und zu-sammengefassten Streuinduktivit äten und Wicklungswiderst änden.

    die Verluste im Eisen gedeckt werden m üssen. Diese nennt man dann Leer-laufverluste (no load losses) . Sie setzen sich aus den prim ärseitigen Wick-lungsverlusten und den Kernverlusten zusammen.

    Der Blindanteil der Verluste im Eisen kann durch eine Magnetisierungs-induktivit ̈ at modelliert werden. Diese nimmt den Magnetisierungsstrom (ma-gnetization current) auf der hier berechnet werden soll.

    Wir beginnen wieder mit dem ohmschen Gesetz des magnetischen Kreisesaus Gleichung (3.7). Mit dem magnetischen Widerstand des Kernes Rm = 0erhalten wir

    θ = Rm Φh = N 1i1 + N 2i′2 (3.22)

    Nehmen wir den Strom auf der Sekund ärseite mit i′2 = 0 an, so erhalten wirden Magnetisierungsstrom

    i1 i ′2 =0 = im = Rm Φh

    N 1(3.23)

    Mit dieser Gleichung und (3.22) ergibt sich der Prim ärstrom aus der Summevon Magnetisierungsstrom und dem auf die Prim ärseite bezogenen Sekun-därstrom:

    i1 = im − N 2N 1

    i′2 = im + i2c

    (3.24)

    Der prim äre Strom ist also die Summe aus Magnetisierungsstrom und trans-formiertem Sekund ärstrom. Der Magnetisierungsstrom wird zwischen Pri-märseite und Sekund ärseite ”abgezweigt” und liegt bei realen Leistungs-transformatoren unter 1% des Nennstromes. In der Schaltung k önnen wirdiesen Strom durch Einf ügen einer Magnetisierungs- oder Hauptinduktivit ¨ at Lh berücksichtigen (siehe Abbildung 3.7).

    Der Wert dieser Induktivit ät ergibt sich aus der Gleichung f ür die indu-zierte Spannung

    N 1dΦhdt

    = Lhdimdt

    (3.25)

  • 8/15/2019 Eps HS09 Skript de 01

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    3.1. Einphasiger Transformator 45

    u1

    i1

    N 1

    L tR t

    u2

    i2

    N 2

    Lh

    im

    ideal

    Abbildung 3.7. Transformatormodell mit Hauptinduktivit ät.

    Im Vergleich zur zusammengefassten Streuinduktivit ät ist diese Induktivit ätbei realen Transformatoren sehr gross, es gilt

    Lh ≫L t (3.26)Die Wirkverluste im Kern werden durch einen ohmschen Widerstand Rh

    modelliert. In der Schaltung f ügen wir diesen parallel zur Magnetisierungs-

    induktivit ät ein. Analog zu den Induktivit äten gilt auch hierRh ≫R t (3.27)

    u1

    i1

    N 1

    L tR t

    u2

    i2

    N 2

    Lh

    im

    Rh

    i r

    ideal

    Abbildung 3.8. Vollst ändiges Transformatormodell.

    Das Modell in Abbildung 3.8 ber ücksichtigt nun alle untersuchten Ab-weichungen vom idealen Transformator. Diese sind hier nochmals zusam-mengefasst:

    – Streuverluste (induktiv durch L t )

    – Wicklungsverluste (ohmsch durch R t )

    – Kernverluste (ohmsch durch Rh und induktiv durch Lh )

    Wegen (3.26) und (3.27) vernachl ässigt man f ̈ur den Nennbetrieb oft die

    Querelemente Rh und Lh . Der Transformator wird dann vereinfacht durcheine komplexe Serienimpedanz Z t = Rt + jωL t und einen idealen Trans-formator mit c = N 1/N 2 dargestellt. Abbildung 3.9 zeigt eine solche Er-satzschaltung. Sie stellt ein wichtiges, h äug angewandtes Modell dar. ImLeerlauf ( i2 = 0) d ürfen die Querelemente nicht vernachl ässigt werden.

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    46 3. Transformatoren

    U 1

    I 1

    N 1

    Z t

    U 2

    I 2

    N 2

    ideal

    Abbildung 3.9. Vereinfachtes Transformatormodell f ür die Energie übertragung.

    3.2 Dreiphasiger Transformator

    Will man alle drei Str änge eines Drehstromsystems transformieren, so kannman dies mit drei einzelnen Einphasentransformatoren tun. Grunds ätzlichgibt es mit Stern- und Dreieckschaltung vier M öglichkeiten solche Transfor-matorb ¨ anke zu verschalten: Man kann jeweils die prim är- und sekund ärsei-tigen Wicklungen in Stern oder Dreieck schalten. 6

    Das Übersetzungsverh ältnis und die Phasenverschiebung zwischen Pri-mär- und Sekund ärwicklung sowie das Verhalten im unsymmetrischen Be-trieb h ängen von der sogenannten Schaltgruppe des Transformators ab. Aus-serdem bietet jede Konguration unterschiedliche Erdungsm öglichkeiten.

    Die Bezeichnung der Schaltgruppen erfolgt nach einem genormten Sche-ma bestehend aus zwei Buchstaben und einer Zahl:

    1. Die Schaltung der Oberspannungswicklung wird mit einem Grossbuch-staben gekennzeichnet (D f ür Dreieck oder Y f ̈ur Stern).

    2. Die Schaltung der Unterspannungswicklung wird mit Kleinbuchstabendargestellt (d oder y).

    3. Daran f ̈ugt man eine Zahl, welche die Phasenverschiebung zwischenPrim är- und Sekund ärwicklung als Vielfaches von 30 ◦ angibt ( n inGleichung (3.31), im Gegenuhrzeigersinn gerechnet).

    Beispielsweise bedeutet das K ürzel Yd5 oberspannungsseitige Sternschal-tung, unterspannungsseitige Dreieckschaltung und eine Phasedrehung um5 · 30◦ = 150◦. Bei gleicher Verdrahtung von Prim är- und Sekund ärseiteergibt sich die Schaltgruppe Yy0 oder Dd0.

    Für Einspeisungen in Hochspannungsnetze verwendet man sehr oft eine

    Yd-Konguration. Zum einen erreicht man damit einen ”Gewinn” an ¨Uber-setzungsverh ältnis, zum anderen kann auf der Hochspannungsseite ein Neu-

    tralleiter ausgef ührt und geerdet werden. In Abbildung 3.10 ist eine solche6 Ausser Stern- und Dreieckschaltung gibt es z.B. noch die M öglichkeit einer sogenann-

    ten Zick-Zack-Schaltung , diese wird analog mit Z oder z gekennzeichnet.

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    3.2. Dreiphasiger Transformator 47

    Anordnung dargestellt. Zwischen Sternpunkt des Transformators und Er-de ist eine Erdungsimpedanz geschalten. Sinn und Zweck dieser Massnahmewerden wir in Kapitel 7 untersuchen.

    RR

    S

    ST

    T

    Z E

    GeneratorÜbertragungsnetz

    Abbildung 3.10. Yd-Schaltung zur Anbindung eines Generators oder

    Verteilnetzes an das Übertragungsnetz. Auf der Oberspannungsseite istder Transformatorsternpunkt über die Impedanz Z E mit Erde verbun-den.

    3.2.1 Aufbau von Dreiphasentransformatoren

    Es besteht aber auch die M öglichkeit, alle Prim är- und Sekund ärwicklun-gen auf einen gemeinsamen magnetisch leitenden K örper aufzubringen. Da-durch spart man vor allem Material und Gewicht, was eine wichtige Rollein Bezug auf den Transport spielt. Ausserdem ist der Platzbedarf gegen überdrei einzelnen Transformatoren geringer. Die Einsparung kann mit der einerDreiphasenleitung gegen über drei Einphasenleitungen verglichen werden.

    Eisenkern und Wicklungen k önnen auf viele verschiedene Arten kon-struiert und angeordnet werden. Abbildung 3.11 zeigt den grunds ätzlichenAufbau eines F ̈ unfschenkeltransformators . Weit verbreitet sind auch Drei-schenkeltransformatoren . Ihr prinzipieller Aufbau ist der f ünfschenkeligenAnordnung ähnlich, nur die zus ätzlichen, nicht bewickelten Schenkel (linksund rechts) fehlen.

    Im symmetrischen Betrieb addieren sich die Fl üsse in den drei Schenkelnzu

    ΦR + Φ S + Φ T = 0 (3.28)

    weshalb der resultierende Fluss im Joch null ist. Erst bei unsymmetrischenBedingungen breiten sich Fl üsse über das Joch und die eventuell vorhande-nen zus ätzlichen Schenkel (vierter und f ünfter) aus. Die Konstruktion derEisenteile hat deshalb einen wesentlichen Einuss auf das Betriebsverhaltenbei unsymmetrischer Belastung.

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    48 3. Transformatoren

    Prim ärwicklungen

    Sekund ärwicklungenSchenkel

    Joch

    Abbildung 3.11. Fünfschenkeliger Dreiphasentransformator.

    3.2.2 Dreiphasiges Transformatormodell

    Zur Modellierung eines Dreiphasentransformators kann im Prinzip das ein-

    phasige Modell aus Abschnitt 3.1.3 f ür jede einzelne Phase herangezogenwerden.Betrachtet man jedoch die Verh ältnisse bei Yd- oder Dy-Schaltung, also

    bei ungleicher Verschaltung der Prim är- und Sekund ärseite, so kann manzwei Dinge feststellen:

    1. An Prim är- und Sekund ärspule liegen nicht die gleichen Spannungenan. Auf der einen Seite ist es die Phasenspannung, auf der anderen Sei-te die verkettete Spannung. Betrachten wir z.B. die Yd-Schaltung inAbbildung 3.10, so liegt an den generatorseitigen Spulen die Dreieck-spannung U und an den netzseitigen Spulen die Phasenspannung U pan. Dadurch ver ändert sich das tats ächliche Übersetzungsverh ältnis

    gegenüber dem Windungszahlverh ältnis.2. Dreieck- und Phasenspannung unterscheiden sich auch in der Phase.

    Deshalb tritt zus ätzlich zur Amplitude eine Ver änderung der Phasenla-ge auf. Je nach Schaltgruppe und Phasenanschluss ist ein ganzzahligesVielfaches von π/ 6 = 30◦ als Phasenverschiebung m öglich.

    Beide Punkte beeinussen das Übersetzungsverh ältnis. Den Gewinn anAmplitude ber ücksichtigen wir durch Multiplikation des regul ären Windungs-zahlverh ältnisses mit einem Faktor k. Entsprechend unseren Überlegungengilt f ̈ur

    Dy-Schaltung: k = 1

    √ 3 (3.29a)Yd-Schaltung: k = √ 3 (3.29b)

    Die Phasendrehung bringen wir in das Modell ein, indem wir dem idealenTransformator in Abbildung 3.9 ein phasendrehendes Element nachschalten.

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    3.2. Dreiphasiger Transformator 49

    U 1

    I 1

    kN 1

    Z t

    U 2

    I 2

    N 2

    ejnπ/ 6

    ideal

    Abbildung 3.12. Einphasiges Transformatormodell mit Ber ücksich-tigung der Schaltgruppe.

    U 1

    I 1Z t

    U 2

    I 2

    c

    Abbildung 3.13. Einphasiges Transformatormodell mit idealem,komplexem Transformator.

    Die Phasenverschiebung kann ein ganzzahliges Vielfaches von π/ 6 = 30◦betragen, dementsprechend multiplizieren wir das Windungszahlverh ältnismit einem um nπ/ 6 gedrehten Zeiger

    e jnπ/ 6

    wobei n∈Z (siehe Abbildung 3.12). Wir erinnern uns, dass n in der Kenn-

    zeichnung der Schaltgruppe auftritt, und zwar als Zahl nach der Kennzeich-nung der Schaltungen (z.B. Yd n). Der Betrag des Übersetzungsverh ältnisseswird wegen

    |e jnπ / 6| = 1 (3.30)nicht beeinusst. Jedoch bekommt das Übersetzungsverh ältnis eine Phasen-lage und l ässt sich deshalb durch eine komplexe Zahl beschreiben. Schlus-sendlich erhalten wir

    k · N 1N 2 ·e

    jnπ/ 6 = c∈C (3.31)

    Abbildung 3.13 zeigt die einphasige Ersatzschaltung dieses Modells. Derideale Transformator und das phasendrehende Element sind zu einem Ele-ment zusammengefasst.

    In einem realen Energie übertragungsnetz gibt es viele Verbindungenüber Transformatoren. Die unterschiedlichen Spannungsebenen werden mit

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    50 3. Transformatoren

    Transformatoren verbunden, Generatoren und Lasten sind über Transfor-matoren angeschlossen. Somit arbeiten viele Transformatoren im Parallel-betrieb . In diesem Fall muss unter anderem die Schaltgruppe besonders be-achtet werden.

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    4Bezogene Gr össen

    In diesem Kapitel werden wir die Darstellung in bezogenen Gr ¨ ossen ken-nenlernen. Dabei machen wir nichts anderes, als die Gr ¨ osse auf eine vorher festgelegte Basisgrösse zu beziehen und dann als Vielfaches davon anzugeben.Diese Darstellung ist in der Energieversorgung durchwegs ¨ ublich und kann hilfreich sein, wenn man es z.B. mit Kenngr ¨ ossen elektrischer Netze zu tun hat.

    4.1 Zweck der Rechnung mit bezogenen Gr össen

    Normalerweise werden physikalische Gr össen als Produkt aus Zahlenwertund Einheit dargestellt, z.B. U = 400 kV.

    Im Gegensatz dazu kann man eine Darstellung in bezogenen Gr össenwählen. Dabei wird der Wert einer Gr össe als Vielfaches einer vorher festge-legten Bezugs- oder Basisgr ̈ osse (base value) ausgedr ückt; die Gr össe wirdalso auf die Bezugsgr össe bezogen. Bei der Division k ürzen sich die Einheitenvon Gr össe und Bezugsgr össe weg und man erh ält einen eigentlich dimensi-onslosen Wert. Dieser wird dann in per-unit (p.u.) angegeben, man sprichtvom p.u.-System . In diesem System stellt man Gr össen als

    Gr össe in p.u. = aktuelle Gr össe

    Bezugsgr össe

    dar. Bei geschickter Wahl der Bezugsgr össe erhält die Gr össe in p.u. einestarke Aussagekraft.

    Wird z.B. die Spannung in einem Netzknoten auf die Nennspannung desNetzes bezogen, so kann man mit der Information u = 0 .93 p.u. im erstenAugenblick mehr anfangen als mit U = 372.03 kV. Man sieht sofort dass dieSpannung 7% unter der Nennspannung liegt.

    Systeme verschiedener Gr össe, z.B. Transformatoren mit unterschiedli-chen Nennstr ömen, sind durch die Darstellung von Betriebsgr össen in p.u. oftleichter überschaubar und vergleichbar als durch Angabe der absoluten Wer-te. Sind z.B. die auf den jeweils maximal zul ässigen Betriebsstrom bezogenenStromwerte zweier Transformatoren mit i1 = 0 .98 p.u. und i2 = 0 .35 p.u. an-

    gegeben, so ist sofort erkennbar, dass der erste Transformator nahe an seinerBelastungsgrenze arbeitet, wobei der zweite weit davon entfernt ist.

    Ein weiterer Vorteil der Rechnung im p.u.-System macht sich bei Netz-berechnungen mit Computern bemerkbar. Durch geschickte Wahl der Be-zugsgr össen kann man erreichen, dass Systeme unterschiedlicher Dimension

    51

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    4.2. Einf ührung der p.u.-Gr össen an einem Beispiel 53

    und Spannung in Gleichung (4.2) sind die Bezugswerte f ür Strom und Im-pedanz durch folgende Beziehungen gegeben:

    I B = S BU B

    (4.5)

    Z B = U

    BI B = U 2

    BS B (4.6)

    Mit der Einf ührung des bezogenen Stromes

    i = I I B

    (4.7)

    folgt aus Gleichung (4.2)

    u = RI B

    U Bi +

    jX L I BU B

    i − jX C I B

    U Bi (4.8)

    Der Basiswert der Bezugsimpedanz Z B gilt als Basis f ̈ur jegliche Wider-st ände im System, also sowohl f ür rein reelle als auch f ̈ur imagin äre undkomplexe Impedanzen. Wir beziehen die Widerst ände auf ihre Basisgr össe:

    r = RZ B

    (4.9a)

    xL = X LZ B

    (4.9b)

    xC = X C Z B

    (4.9c)

    Jetzt k önnen alle bezogenen Werte in die urspr üngliche Maschenglei-chung (4.1) eingesetzt werden und wir erhalten diese in p.u.:

    u = ri + jx L i − jx C i (4.10)Anstelle dieser Gleichung k önnte man f ür die in Abbildung 4.1 dargestellteSchaltung auch

    U = ZI (4.11)

    schreiben, wobei die gesamte Impedanz des Kreises

    Z = R + jX L − jX C (4.12)ist. Mit der Gesamtreaktanz im p.u.-System

    z = r + jx L − jx C = Z Z B (4.13)

    lautet Gleichung (4.11), jetzt in p.u.,

    u = zi (4.14)

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    54 4. Bezogene Gr össen

    4.3 Wahl der Bezugsspannungen bei vernetzten Vier-polelementen

    Aus den Betrachtungen der vorangehenden Abschnitte ergeben sich f ür einlineares System aus Vierpolelementen die folgenden Grundaussagen.

    Da im ganzen Netz nur eine Bezugsleistung existieren soll, ist es sinnvoll,die Bezugsleistung S B den im Netz am h äugsten auftretenden Leistungs-werten angepasst zu w ählen. Diese wird meist als dreiphasige Leistung ange-geben, typische Werte in Hochspannungsnetzen sind 1 MVA f ür die mittlerenoder 100 MVA f ̈ur die h öheren Spannungsniveaus.

    Bei den Bezugsspannungen ist es oft üblich, f ̈ur alle Knoten eines Netz-teils, die zwischen zwei Transformatoren liegen (also auf gleichem Span-nungsniveau), eine verkettete Bezugsspannung festzulegen. Diese Netzbe-zugsspannung wird vorteilhaft so gew ählt, dass sie sp äter eine m öglichsteinfache Interpretation der p.u.-Knotenspannungen erm öglicht, d.h. demp.u.-Wert eine hohe Anschaulichkeit verleiht. Oft wird die Nennspannung

    als Bezugsspannung angenommen.Um diese Grunds ätze zur p.u.-Rechnung etwas anschaulicher zu machen,ist im folgenden ein Beispiel f ̈ur die Umrechnung vom Ω/ kV/MVA-Modellin das p.u.-System dargestellt.

    Last

    1 kA

    5.5 Ω5.5 Ω 3 Ω

    1.375 : 12 : 1

    120 kV

    1 2 3 4 5

    Abbildung 4.2. Beispiel mit Ω-, kV- und kA-Werten.

    Gegeben sei das in Abbildung 4.2 gezeigte Schema. Die Spannung derlinksseitigen treibenden Quelle betr ägt 120 kV. Alle I