erste hilfe

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© Klaus Rüschhoff, Springer Medizin Punkte sammeln auf... springermedizin.de/ eAkademie Teilnahmemöglichkeiten Diese Fortbildungseinheit steht Ihnen als e.CME und e.Tutorial in der Springer Medizin e.Akademie zur Verfügung. e.CME: kostenfreie Teilnahme im Rahmen des jeweiligen Zeitschriften- abonnements e.Tutorial: Teilnahme im Rahmen des e.Med-Abonnements Zertifizierung Diese Fortbildungseinheit ist mit 3 CME- Punkten zertifiziert von der Landesärzte- kammer Hessen und der Nordrheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiter- bildung und damit auch für andere Ärzte- kammern anerkennungsfähig. Für Rettungsassistenten und -sanitäter ist diese Fortbildungseinheit von der Akademie für Rettungsdienst und Gefah- renabwehr der Landesfeuerwehrschule Hamburg sowie der Feuerwehr München mit 3 Stunden Fortbildung zertifiziert und damit bundesweit anerkennungsfähig. Hinweis für Leser aus Österreich und der Schweiz Gemäß dem Diplom-Fortbildungs-Pro- gramm (DFP) der Österreichischen Ärzte- kammer werden die in der e.Akademie erworbenen CME-Punkte hierfür 1:1 als fachspezifische Fortbildung anerkannt. Kontakt und weitere Informationen Springer-Verlag GmbH Springer Medizin Kundenservice Tel. 0800 77 80 777 E-Mail: [email protected] Notfall Rettungsmed 2013 · 16:57–72 DOI 10.1007/s10049-012-1658-6 Online publiziert: 7. Februar 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 S. Schunder-Tatzber MAS, MBA Bildungszentrum, Österreichisches Rote Kreuz (ÖRK), Wien Erste Hilfe  Probleme bei der Entwicklung von  Leitlinien für die Notfallmedizin Zusammenfassung Mit dem „consensus of science process“ (COS-Prozess) 2005 und einem EU-Projekt (EU: Europäische Union) wurden erste Aktivitäten unternommen, auch Erste-Hilfe-Lehrinhalte im Sinne der evidenzbasierten Medizin zu standardisieren. Im vorliegenden Beitrag werden der COS-Prozess 2010 und die nachfolgenden Anstrengungen zur Erstellung von Erste-Hilfe- Leitlinien, die zu einer Harmonisierung der Erste-Hilfe-Ausbildung führen sollen, vorgestellt. Schlüsselwörter Erste-Hilfe-Ausbildung · Notfallbehandlung · Evidenzbasierte Medizin · Leitlinien · Harmonisierung CME Zertifizierte Fortbildung Redaktion B. Dirks, Ulm R. Somasundaram, Berlin C. Waydhas, Essen U. Zeymer, Ludwigshafen 57 Notfall + Rettungsmedizin 1 · 2013|

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springermedizin.de/eAkademieTeilnahmemöglichkeitenDiese Fortbildungseinheit steht Ihnen als e.CME und e.Tutorial in der Springer Medizin e.Akademie zur Verfügung. – e.CME: kostenfreie Teilnahme im

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ZertifizierungDiese Fortbildungseinheit ist mit 3 CME-Punkten zertifiziert von der Landesärzte-kammer Hessen und der Nord rheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiter-bildung und damit auch für andere Ärzte-kammern anerkennungsfähig. Für Rettungsassistenten und -sanitäter ist diese Fortbildungseinheit von der Akademie für Rettungsdienst und Gefah-renabwehr der Landesfeuerwehrschule Hamburg sowie der Feuerwehr München mit 3 Stunden Fortbildung zertifiziert und damit bundesweit anerkennungsfähig.

Hinweis für Leser aus Österreich und der SchweizGemäß dem Diplom-Fortbildungs-Pro-gramm (DFP) der Österreichischen Ärzte-kammer werden die in der e.Akademie erworbenen CME-Punkte hierfür 1:1 als fachspezifische Fortbildung anerkannt.

Kontakt und weitere InformationenSpringer-Verlag GmbHSpringer Medizin KundenserviceTel. 0800 77 80 777E-Mail: [email protected]

Notfall Rettungsmed 2013 · 16:57–72DOI 10.1007/s10049-012-1658-6Online publiziert: 7. Februar 2013© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

S. Schunder-Tatzber MAS, MBABildungszentrum, Österreichisches Rote Kreuz (ÖRK), Wien

Erste Hilfe Probleme bei der Entwicklung von Leitlinien für die Notfallmedizin

ZusammenfassungMit dem „consensus of science process“ (COS-Prozess) 2005 und einem EU-Projekt (EU: Europäische Union) wurden erste Aktivitäten unternommen, auch Erste-Hilfe-Lehrinhalte im Sinne der evidenzbasierten Medizin zu standardisieren. Im vorliegenden Beitrag werden der COS-Prozess 2010 und die nachfolgenden Anstrengungen zur Erstellung von Erste- Hilfe-Leitlinien, die zu einer Harmonisierung der Erste-Hilfe-Ausbildung führen sollen, vorgestellt.

SchlüsselwörterErste-Hilfe-Ausbildung · Notfallbehandlung · Evidenzbasierte Medizin · Leitlinien · Harmonisierung

CME Zertifizierte Fortbildung

RedaktionB. Dirks, UlmR. Somasundaram, BerlinC. Waydhas, EssenU. Zeymer, Ludwigshafen

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Page 2: Erste Hilfe

CME

Lernziele

Nach Lektüre dieses Beitrags ist Ihnen bekannt,Fwas unter einem COS-Prozess zu verstehen ist,Fwas evidenzbasierte von auf Expertenmeinun-

gen begründete Empfehlungen unterscheidet,Fwie Leitlinien aus einem COS erarbeitet werden

können,Fwelche Probleme bei der Entwicklung interna-

tional gültiger Erste-Hilfe-Leitlinien auftreten können,

Fdass die in Leitlinien enthaltenen Empfehlun-gen eine Adaptation an die rechtlichen, kultu-rellen und notfallmedizinischen Bedingungen der einzelnen Länder erlauben müssen,

Fbezüglich welcher häufigen Verletzungen es einen COS bzw. international gültige Hand-lungsempfehlungen für die Erste Hilfe gibt.

Geschichte und Einführung

Erste Hilfe für verletzte oder erkrankte Menschen wurde wahrscheinlich schon immer geleistet – von Familienangehörigen, Kameraden im Feld und im Arbeitsumfeld. Bereits früh gab es auch Bestre-bungen, diese Maßnahmen zu reglementieren ([1]; .Abb. 1).

Die explizite Aufforderung, dass es für diese Aufgabe auch einer Ausbildung bedarf, geht auf Henri Dunant [2] zurück. Tief bewegt von den blutigen Erfahrungen, die er als zufällig am Schlachtfeld von Solferino Vorbeikommender machte, motivierte er nicht nur mit seinem berühmt gewordenen Ruf „tutti frattelli“ die Anwohner der Region zu Soforthilfeleistungen an den Verwundeten, sondern ini-tiierte mit seinem Buch Eine Erinnerungen an Solferino [2] die Gründung der Rot-Kreuz-Bewegung und forderte gleichzeitig eine entsprechende Ausbildung in Erster Hilfe.

Die Inhalte dieser Ausbildung orientierten sich am militärmedizinischen Wissen der Zeit, waren in den einzelnen Ländern unterschiedlich und wurden entsprechend Meinungen von lokalen Ex-perten [3] weiterentwickelt.

Ab dem Jahr 1994 begannen Verantwortliche für die Erste-Hilfe-Ausbildung von 10 europäischen nationalen Rot-Kreuz- und Rot-Halbmond-Gesellschaften, ein Netzwerk („European Red Cross Red Crescent First Aid Education Network“) aufzubauen, um in jährlichen Treffen Erfahrungen und Neuerungen auszutauschen. Je größer das Netzwerk wurde – derzeit sind rund 50 nationale Gesell-schaften vertreten – umso deutlicher wurde der Bedarf nach einer Harmonisierung der Ausbildungs-inhalte. Besonders deutlich zeigte sich dieser anhand einer Umfrage aus Jahr 2003, an der 19 natio-nale Rot-Kreuz-Gesellschaften teilnahmen – es konnten ebenso viele verschiedene Lehrinhalte zum Thema starke Blutung erhoben werden.

Henri Dunant initiierte die Grün-dung der Rot-Kreuz-Bewegung und forderte gleichzeitig eine entspre-chende Ausbildung in Erster Hilfe

Die Ausbildungsinhalte der Rot-Kreuz- und Rot-Halbmond-Gesell-schaften bedürfen einer Harmoni-sierung

First aid · Problems in the development of guidelines in emergency medicine

AbstractWith the “consensus of science process” (COS) 2005 and an EU (European Union) project, preli-minary steps were taken to base first aid training on the concepts of evidence-based medicine. This article gives insight into the COS 2010 and the following development of First Aid Guidelines, which should lead to an international harmonization of first aid training.

KeywordsFirst aid training · Emergency treatment · Evidence-based medicine · Guidelines · Harmonization

AbkürzungsverzeichnisAHA „American Heart Association“

COS „Consensus of science“

EbM Evidenzbasierte Medizin

EU Europäische Union

IFRC „International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies“

ILCOR „International Liason Committee of Resuscitation“

k. & k. Kaiserlich-königlich

LOE „Level of evidence“

NGO „Non-governmental organisation“

NSAR Nichtsteroidales Antirheumatikum

ÖRK Österreichisches Rotes Kreuz

RCT „Randomised controlled trial“

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Page 3: Erste Hilfe

CME

Erste Leitlinien in der Wiederbelebung und Ersten Hilfe

Mit der Entwicklung der Herz-Lungen-Wiederbelebung und deren Schulung wurden in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts die ersten Leitlinien für die Wiederbelebung – v. a. von der AHA – herausgegeben .

Für den Bereich Reanimation wurden im Jahre 2000 von Wissenschaftlern erste Anstrengungen unternommen, internationale Leitlinien nach einem COS-Prozess der ILCOR zu entwickeln, und im Jahre 2005 wurden auch erstmals einige über die Bereiche der Wiederbelebung hinausgehende Fragen bearbeitet.

Abb. 1 8 Beispiel für das Organisationstalent der k.& k. Monarchie. (Mit freundlicher Genehmigung der Bildersammlung, Department und Sammlungen für Geschichte der Medizin, Medizinische Universität Wien)

59Notfall + Rettungsmedizin 1 · 2013  | 

Page 4: Erste Hilfe

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Die Vielzahl der Lehrmeinungen der nationalen Rot-Kreuz-Gesellschaften und die Entwicklung der EbM waren Anlass, ein von der EU gefördertes Projekt zur Erstellung europäischer Erste-Hilfe-Leitlinien in Angriff zu nehmen. Unter Federführung des Belgischen Roten Kreuzes [4] wurde im Jahr 2005 begonnen, einige Themen der Ersten Hilfe in einem EbM-Prozess zu bearbeiten. Das Er-gebnis wurde 2007 in der Zeitschrift Resuscitation [5] veröffentlicht.

Im Rahmen eines von der EU ge-förderten Projekts wurden Themen der Ersten Hilfe unter dem Gesichts-punkt der EbM bearbeitet

Infobox 1  COS-Prozess 2010

Hauptverantwortliche Autoren für die Erstellung des COS 2010FDavid Markenson, Beisitzer; Chief, Pediatric Emergency Medicine; Center for Disaster Medicine, NYMC School

of Public Health; American Red CrossFJeffrey D. Ferguson, Beisitzer; Assistant Professor of Emergency; Brody School of Medicine; East Carolina Uni-

versity, AHAFLeon Chameides; Emeritus Director, Pediatric Cardiology, und Clin. Prof., University of Connecticut, Connecti-

cut Children’s Medical Center & University of ConnecticutFPascal Cassan; French Red Cross, National Medical Advisor and Coordinator of the European Reference Centre

for First Aid Education; Coordinator of the Scientific Commission of First Aid for the French Interior Ministry; International Federation of Red Cross & Red Crescent Societies

FKin-Lai Chung; Red Cross China, Hong Kong & Hong Kong Hospital Authority Hospital Chief ExecutiveFJonathan L. Epstein; North East Emergency Medical Services, Regional EMS CouncilFLouis Gonzales; Quality, Performance and Research Coordinator, The City of Austin/Travis County, TX, EMS

System FMary Fran Hazinski; Vanderbilt University Medical Center Quality, Departments of Surgery and PediatricsFRita Ann Herrington; Minute Clinic – Family Nurse PractitionerFJeffrey L. Pellegrino; Representative ARC, ACFASP, Kent State UniversityFNorda Ratcliff; Bloomington Hospital Prompt Care & Urgent Care CentersFAdam J. Singer, Professor and Vice Chairman for Research; Stony Brook University, Department of Emergency

Medicine

Am COS 2010 beteiligte Organisationen („International First Aid Science Advisory Board“)American Academy of PediatricsAmerican Burn AssociationAmerican College of Emergency PhysiciansAmerican College of Occupational and Environmental MedicineAmerican College of SurgeonsAHAAmerican Pediatric Surgical AssociationAmerican Red CrossAmerican Red Cross Advisory Council on First Aid, Aquatics, Safety and PreparednessAmerican Safety and Health Institute (Observer)Austrian Red CrossCanadian Red CrossDivers Alert NetworkEgyptian Red CrescentEuropean Reference Center for First Aid EducationFrench Red CrossGrenada Red CrossHong Kong Red CrossHungarian Red CrossIFRCMedic First Aid (Observer)National Association of EMS EducatorsNational Association of EMS PhysiciansNational Athletic Trainers‘ AssociationNational Safety CouncilNorwegian Red CrossOccupational Safety and Health AdministrationRed Cross Society of ChinaResuscitation Council of AsiaSt. John Ambulance, United Kingdom

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Page 5: Erste Hilfe

CME

Die AHA und das Amerikanische Rote Kreuz grün-deten das „National First Aid Science Advisory Board“, um verfügbare wissenschaftliche Literatur zum Thema Erste Hilfe zu sichten und zu evaluieren, um Vorarbeiten für den Prozess des „Consensus on Science & Treatment Recommendation 2005“ zu leisten. Im Jahre 2008 lud dieses amerikanische Beratungsgremium die Föderation der Rot-Kreuz- und Rot-Halbmond-Gesellschaften ein, weitere Mitglieder zu nominieren, womit das „Interna-tional First Aid Science Advisory Board“ (.Infobox 1) entstand. Unter der Federführung des Europäischen Referenzzentrums für Erste-Hilfe-Ausbildung nahmen 9 Kollegen/-innen aus aller Welt an der Erstellung des COS 2010 teil.

Wie auch im Prozess der belgischen Rot-Kreuz-Kol-legen wurden nicht nur medizinische Fragen, sondern auch Fragen nach der Didaktik der Ausbildung bearbei-tet, denn gerade in der Schulung der Laien ist nicht nur wissenschaftliche Begründbarkeit von Ausbildungsin-halten, sondern auch die Art der Vermittlung wichtig.

Die Ergebnisse dieser Arbeit wurden im Jahre 2010 in der Fachzeitschrift Circulation [6] veröffentlicht, und die Förderation der Rot-Kreuz- und Rot-Halbmond-Ge-

sellschaften erarbeite daraufhin eine interne Unterlage [7], die den Verantwortlichen der nationalen Gesellschaften helfen soll, ihre lokalen Erste-Hilfe-Kurse den wissenschaftlichen Erkenntnissen ent-sprechend zu adaptieren (.Abb. 2).

Bedeutung evidenzbasierter Empfehlungen

Erste Hilfe

Es ist erstaunlich, dass es so lange dauerte, bis der Bereich Erste Hilfe auch wissenschaftlich Berück-sichtigung fand – lässt doch die Häufigkeit von Unfällen annehmen, dass jede Minute rund 1 Mensch in Europa durch Unfall und Gewalteinwirkung stirbt und 18 Menschen Erste Hilfe nötig hätten [8]. Sicherlich sind viele Unfälle und Notfälle so schwerwiegend, dass sie zum Tod führen, doch zeigen Obduktionen von Todesopfern, dass rund 1/3 aller Verstorbenen durch Erste-Hilfe-Maßnahmen zu retten gewesen wären [9].

Die Notwendigkeit einer evidenzbasierten Erste-Hilfe-Ausbildung lässt sich auch deutlich an den Zahlen einer Untersuchung der Föderation der Rot-Kreuz- und Rot-Halbmond-Gesellschaften ableiten ([7], S. 11): Im Jahr 2009 wurden von diesen weltweit rund 7 Mio. Menschen in zertifizier-ten Erste-Hilfe-Kursen unterrichtet und rund 17 Mio. Menschen in Einführungen unterschiedlicher Art mit diesem Thema vertraut gemacht.

Evidenzbasierte Medizin

Ende des 20. Jahrhunderts begann sich die medizinische Wissenschaft der Bedeutung der EbM klar zu werden, und Expertenmeinungen traten zunehmend in den Hintergrund. Der Begriff evidenz-basiert hielt 1991 erstmals in die wissenschaftliche medizinische Literatur Einzug [10], und bereits 1992 wurde das Konzept in einem Artikel für die Lehre und Praxis der Medizin einer breiteren Öf-fentlichkeit vorgestellt [11].

Heute verstehen wir unter dem Begriff EbM den gewissenhaften, ausdrücklichen und vernünfti-gen Gebrauch der gegenwärtig besten externen, wissenschaftlichen Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten. Die Praxis der EbM bedeutet die Integration individueller klinischer Expertise mit der bestverfügbaren externen Evidenz aus systematischer For-schung [12].

 Mittels der IFRC-Unterlage lassen sich lokale Erste-Hilfe-Kurse den wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechend adaptieren

Etwa 1/3 aller nach Unfällen und Notfällen Verstorbener wären durch Erste-Hilfe-Maßnahmen zu retten gewesen 

Entscheidungen in der medizini-schen Versorgung sollen nach der gegenwärtig besten externen, wis-senschaftlichen Evidenz getroffen werden 

Abb. 2 8 IFRC-Unterlage zum Umgang mit Leit-linien und wissenschaftlicher Erkenntnis. (Aus [7], mit freundl. Genehmigung der IFRC)

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CME

Erste Hilfe – Begriffsdefinition

Die Definition von Erster Hilfe fällt im lokalen Kontext meist nicht schwer, problematisch wird es bei der internationalen Verständigung: Handelt es sich um die Erste Hilfe der Laien, um Erste- Hilfe-Maßnahmen von (freiwilligen) Helfern, von Sanitätsorganisationen, Rettungsdiensten oder um erste ärztliche Hilfe?

Für den als Grundlage für diesen Beitrag dienenden Prozess wurde folgende Definition verwendet:

„Unter Erste Hilfe wird die Soforthilfe für verletzte oder erkrankte Personen bis zum Eintreffen einer pro-fessionellen medizinischen Versorgung verstanden. Sie beschäftigt sich nicht nur mit körperlichen Ver-letzungen und Erkrankungen, sondern auch mit der psychologischen Erstbetreuung von Personen, die emotionalen Belastungen durch ein traumatisierendes Ereignis ausgesetzt sind“. [6]

COS-Prozess 2010

Das „International First Aid Science Advisory Board“ (.Infobox 1) identifizierte 38 Fragen zur Pra-xis in der Ersten Hilfe, die im Prozess 2005 nicht ausreichend abgedeckt worden waren oder aufgrund neuer Erkenntnisse einer Überarbeitung bedurften. Jeweils 2 Mitglieder der Arbeitsgruppe übernah-men freiwillig die Aufgabe, voneinander unabhängig die verfügbare wissenschaftliche Literatur zu einer Frage zu sichten und zu bewerten. Im nächsten Schritt wurde ein „EbM summary sheet“ erstellt (.Abb. 3, [13]). Die Ergebnisse wurden der gesamten Gruppe präsentiert, diskutiert und abschlie-ßend ein „draft consensus summary of the scientific evidence“ und eine „draft consensus treatment recommendation“ abgefasst. Diese Dokumente wurden wieder der gesamten Arbeitsgruppe vorge-stellt, diskutiert und abgestimmt, woraufhin das endgültige Dokument erstellt wurde (.Infobox 1).

Mangel an wissenschaftlicher Erkenntnis

Auch für den COS-Prozess 2010 musste – ähnlich wie 2005 – ein Mangel an wissenschaftlicher Er-kenntnis in Bezug auf Erste-Hilfe-Maßnahmen festgestellt werden. Dieser Umstand machte es zur Formulierung der Behandlungsempfehlungen wieder erforderlich, auf Extrapolationen ähnlicher medizinischer Arbeitsfelder und von Tierversuchen zurückzugreifen.

Zur Formulierung der Behand-lungsempfehlungen musste z. T. auf Extra polationen ähnlicher medizi-nischer Arbeitsfelder und von Tier-versuchen zurückgegriffen werden

Abb. 3 8 Beispiel eines „summary sheets“ zum Thema Abbindung. (Aus [13])

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Page 7: Erste Hilfe

CME

Unterschied zwischen COS und Leitlinien

Während der Arbeit an den beiden Projekten mussten sich die Teilnehmer/-innen immer wieder deutlich vor Augen führen, dass es sich beimCOS und der Erstellung von Leitlinien um unterschied-liche Prozesse mit unterschiedlichen Zielen handelt: Steht im COS die Suche nach der wissenschaft-lich fundierten Beantwortung der Frage im Zentrum, beziehen sich Leitlinien auf die praktische An-wendung dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Klassifikationssysteme zur Beurteilung der Evidenz

COS-Prozess 2010Für ihn wurde im Sinne der EbM ein Klassifikationssystem [13] verwendet, das eine Aussage über den Evidenztyp der zu bewertenden Studien erlaubt (.Tab. 1).

Erste-Hilfe-LeitlinienEntsprechend internationaler Vorgaben wurde auch bei der Erstellung der Leitlinien der Rot-Kreuz- und Rot-Halbmond-Gesellschaften ein Klassifikationssystem verwendet, das den Verantwortlichen der nationalen Gesellschaften helfen soll, die Empfehlung zur Behandlung zu bewerten (.Tab. 2).

Harmonisierung vs. Standardisierung

Bei der Erstellung der Leitlinien der Rot-Kreuz- und Rot-Halbmond-Gesellschaften wurde auf die Differenzierung der Begriffe Harmonisierung und Standardisierung Wert gelegt.

Die Unterschiedlichkeit der Gesetzeslagen – z. B. in der Frage, was als Medikament gilt und ob Laien Arzneimittel verabreichen dürfen – der Notfallsysteme sowie der kulturellen Bedingungen müssen von den für die Entwicklung von Erste-Hilfe-Kursen Verantwortlichen in Betracht gezogen werden. Es wird weniger die Formulierung einer einzigen, weltweit gültigen Erste-Hilfe-Regel, son-dern der Konsens von zugestimmten Prinzipien, der auf einer kritischen Reflexion von wissenschaft-lichen Erkenntnissen beruht, angestrebt.

Im COS steht die Suche nach der wissenschaftlich fundierten Beant-wortung der Frage im Zentrum

Es wird weniger die Formulierung einer einzigen, weltweit gültigen Erste-Hilfe-Regel, sondern der  Konsens von zugestimmten  Prinzipien angestrebt

Tab. 1  Evidenzklassen

Stufe (LOE) Evidenztyp

1 Systematische Übersichtsarbeit auf der Basis methodisch hochwertiger RCT oder Metaanalysen derselben

2 Hochwertige Studie eines anderen Typs, pseudorandomisiert

3 Retrospektive Studien

4 Studien ohne Kontrollgruppe

5 Meinungen und Überzeugungen von angesehenen Autoritäten Studien, die indirekt Evidenz liefernTiermodelle

Abkürzungen s. Abkürzungsverzeichnis

Tab. 2  Klassifikationssystem für Leitlinien

Definition Beschreibung  Evidenz

Standard (***)

Höchster Ordnungsstufe der Emp-fehlung mit einem hohen Grad an wissenschaftlicher Erkenntnis

Die Evidenzlage basiert auf sehr guten, prospektiven RCT.

Empfehlung (**)

Mittlerer Grad der Empfehlung Die Evidenzlage basiert auf weniger robusten wissen-schaftlichen Studien (nicht randomisierte Studien, retro-spektive Studien), und die Qualität der Evidenz ist schwä-cher als in der oben genannten Kategorie.

Option (*) Nur geringe Evidenz Resultat von anderen Quellen der Evidenz, Publikationen, Expertenmeinungen

Abkürzungen s. Abkürzungsverzeichnis

63Notfall + Rettungsmedizin 1 · 2013  | 

Page 8: Erste Hilfe

CME

Beispiele für die Komplexität der Entwicklung von Leitlinien

Die nachfolgenden Beispiele aus dem COS-Prozess 2010 wurden gewählt, um beim Leser ein Ver-ständnis für die Komplexität und die Schwierigkeit, aus wissenschaftlicher Evidenz auch praktisch anwendbare Leitlinien zu entwickeln, zu wecken.

Gabe von Sauerstoff

Sauerstoff kommt bei akut erkrankten oder verletzten Personen weitläufig zum Einsatz.

Zusammenfassung der wissenschaftlichen GrundlagenEs gibt keine RCT, in welchen die Effektivität der Sauerstoffanwendung bei Atembeschwerden oder Herzschmerzen untersucht wurde.

Die Sauerstoffanwendung durch Ersthelfer bei Dekompressionsunfällen wurde in einer großen LOE-3-Studie überprüft. Dabei war bei Tauchern mit Anzeichen von Dekompressionssymptomen die Wahrscheinlichkeit, sich vollständig zu erholen, höher, wenn sie Sauerstoff erhielten.

Eine kleine LOE-4-Fallstudie zeigte, dass Patienten mit Myokardinfarkt, die 15 l/min Sauerstoff erhielten, eine geringere ST-Strecken-Hebung zeigten, als jene ohne Sauerstoffgabe. In einer guten Übersichtsarbeit wurden keine Studien gefunden, in welchen der Nutzen von Sauerstoffanwendung dargestellt werden konnte, jedoch konnte in 2 Studien eine potenzielle Gefährdung nachgewiesen werden.

Empfehlungen 

COS-Prozess 2010 – Behandlungsempfehlungen. Es gibt keine Evidenz für oder wider den Ein-satz von Sauerstoff im Rahmen der Ersten Hilfe bei Atemnot und Herzschmerzen. Sauerstoff kann bei Patienten im Rahmen von Tauchunfällen, die Symptome eines Dekompressionsunfalls zeigen, nützlich sein.

Erste-Hilfe-Leitlinien. FErsthelfer können Sauerstoff bei Atemnot und Herzschmerzen anwenden (*).FSauerstoff kann bei Erste-Hilfe-Maßnahmen an Tauchern mit Dekompressionsunfällen hilf-

reich sein (**).

Grundsatzüberlegung zur Einführung diese Empfehlungen. Sauerstoff unterliegt in manchen Län-dern dem Arzneimittelgesetz und darf dann nicht von Laien angewendet werden.

Sollte die Sauerstoffgabe in die Lehrinhalte übernommen werden, müssen die Teilnehmer/-innen auf die richtige Anwendung, die Gefahren und die rechtlichen Aspekte hingewiesen werden.

Herzbeschwerden

Sie können Symptome einer Vielzahl von Herz-, Lungen- und Brustkorbveränderungen sein. Im Rah-men der Ersten Hilfe steht an erster Stelle der Herzinfarkt, der zu kardiogenem Schock und Kreis-laufstillstand führen kann.

Zusammenfassung der wissenschaftlichen GrundlagenEs gibt eine gute Evidenz von 2 großen randomisierten Studien (LOE 1), die zeigten, dass die Gabe von Aspirin innerhalb der ersten 24 h nach Beginn der Symptome zu einem Rückgang der Mortali-tät führt. In einer retrospektiven Studie wurden die Sicherheit der präklinischen Aspiringabe belegt und vermutet, dass diese die Reperfusion begünstigt (LOE 4). Es gibt jedoch keine Studien, in wel-chen explizit die Anwendung von Aspirin durch Laien untersucht wurde – alle Studien wurden mit Rettungspersonal durchgeführt.

Sauerstoff kann bei Patienten im Rahmen von Tauchunfällen, die Symptome eines Dekompressions-unfalls zeigen, nützlich sein

Bei Herzbeschwerden steht im Rah-men der Ersten Hilfe der Herzinfarkt an vorderster Stelle 

Eine präklinische Aspiringabe führt – wahrscheinlich über eine verbes-serte Reperfusion – zu einem Rück-gang der Mortalität

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Page 9: Erste Hilfe

CME

Empfehlungen 

COS-Prozess 2010 – Behandlungsempfehlungen. Die Anwendung von Aspirin bei Patienten mit Herzbeschwerden wird empfohlen, sofern keine Allergie, vorangegangene Blutungen oder andere Kontraindikationen für dessen Gabe vorliegen.

Erste-Hilfe-Leitlinien. FPatienten mit Herzbeschwerden sollen unterstützt werden, ihr bereits ärztlich verordnetes Aspi-

rin einzunehmen (***).FWenn ein Patient mit Herzbeschwerden noch kein Aspirin genommen hat, soll er eine Erwach-

senendosis oder 2 Kinderdosen erhalten, sofern keine bekannte Allergie vorliegt oder eine Blu-tungsneigung besteht (**).

FDer Ersthelfer soll einem Patienten mit Herzbeschwerden Sauerstoff verabreichen (*).

Grundsatzüberlegung zur Einführung dieser Empfehlungen. Die Empfehlung der Verabreichung von Sauerstoff und Aspirin bei Herzbeschwerden als Erste-Hilfe-Maßnahmen muss im lokalen, ge-setzlichen Kontext gesehen werden, denn in manchen Staaten dürfen Laien keine Medikamente ver-abreichen.

Verbrennungen

Das sofortige Kühlen und Spülen von Verbrennungen mit kaltem Leitungswasser ist seit vielen Jah-ren eine empfohlene Maßnahme, die auch durch eine Vielzahl von klinischen Studien und Tierver-suchen belegt werden kann.

Zusammenfassung der wissenschaftlichen GrundlagenKühlung von Verbrennungen führt zu Schmerzlinderung, reduziert Ödeme, Infektionsraten und kann Verbrennungsgrade vermindern. In einer kleinen kontrollierten Freiwilligenstudie, mehreren großen retrospektiven Studien (5 LOE-3-, 4 LOE-4-Studien) von Patienten und 28 Tierversuchen wurde eine Verbesserung der Wundheilung und Schmerzreduktion dokumentiert, wenn Verbren-nungen so rasch wie möglich mit kaltem Wasser (10–25°C) gekühlt werden.

Keine eindeutige Evidenz gibt es hinsichtlich der Versorgung von Brandblasen – die meisten Emp-fehlungen basieren nur auf Studien mit geringem Evidenzgrad und tradierten Gepflogenheiten. Meist wird empfohlen, die Blasen nicht zu eröffnen, es gibt aber auch Studien, in welchen belegt wurde, dass große Blasen (>2,5 cm), wenn sie nicht eröffnet werden, die Wundheilung verzögern. In Tier-studien hingegen wurde nachgewiesen, dass es zu einer rascheren Abheilung der Verbrennung und zu einer geringen Infektionsrate und einer geringeren Narbenbildung komme, wenn die Blasen in-takt gelassen werden.

Empfehlungen 

COS-Prozess 2010 – Behandlungsempfehlungen. Verbrennungen sollen so rasch als möglich, aber nicht länger als 30 min nach der Verbrennung mit kaltem Leitungswasser gekühlt werden. Großflä-chige Verbrennungen, v. a. bei Kindern, sollen wegen der Gefahr der Unterkühlung nur dann gekühlt werden, wenn die Möglichkeit der Körpertemperaturkontrolle gegeben ist. Zur Kühlung sollen kein Eiswasser oder Eis verwendet werden.

Erste-Hilfe-Leitlinien. FKleinflächige Verbrennungen sollen mit kalten Wasser (15–25°C) so rasch wie möglich gekühlt

werden, und die Maßnahme soll bis zur Schmerzreduktion fortgesetzt werden (***; .Abb. 4).FErsthelfer sollen keine Eiswasserspülungen vornehmen, v. a. dann nicht, wenn von der Verbren-

nung mehr als 20% der Körperoberfläche betroffen sind (**).FAufgrund der uneinheitlichen Studienlage zur Sinnhaftigkeit der Eröffnung von Blasen sollen

Ersthelfer Brandblasen nicht eröffnen und diese nur locker bedecken (**).

In manchen Staaten dürfen Laien keine Medikamente verabreichen

Kühlung von Verbrennungen führt zu einer Verbesserung der Wund-heilung und zur Schmerzreduktion 

Verbrennungen sollen so rasch als möglich gekühlt werden, großflä-chige Verbrennungen jedoch nur, wenn die Körpertemperatur kon-trolliert werden kann

65Notfall + Rettungsmedizin 1 · 2013  | 

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CME

Starke Blutung

Obwohl sie eine häufige Notfallsituation darstellt und richtige Maßnahmen lebensrettend sein kön-nen, gibt es nur wenige Studien zu diesem Thema.

Zusammenfassung der wissenschaftlichen Grundlagen

Direkter Druck als Maßnahme der Blutstillung. Nur in 2 Studien wurde über die Effektivität von direktem Druck zur Blutstillung im außerklinischen Bereich durch medizinisches Personal berichtet. In einer Studie wurde die Blutstillung durch das Umwickeln einer Wundauflage mit selbstklebenden elastischen Binden direkt über der blutenden Stelle erreicht. In allen Fällen konnte eine gute Blutstil-lung erzielt werden. In einer andern Untersuchung wurde in einem militärischen Umfeld eine ähn-liche Versorgung im Vergleich zu einer Abbindung getestet. Der direkte Druck führte zu einer aus-reichenden Blutstillung und einer höheren Überlebensrate.

4 Studien aus Herzkatheterlabors und eine Tierstudie ergaben ein ähnliches Bild.

Anwendung von Druckpunkten als Maßnahme zur Blutstillung. Es konnten keine klinischen Studien zur Effektivität von Druckpunkten zur Blutstillung einer stark blutenden Wunde an einer Extremität gefunden werden. In einer Freiwilligenstudie konnte kein Effekt auf distale Pulse bei der Anwendung von Druckpunkten dokumentiert werden.

Abbindungen. Ihre Anwendung als Maßnahme zur Blutstillung durch Laien wird sehr kontrovers diskutiert und wurde in manchen Erste-Hilfe-Lehreinrichtungen in den letzten Jahren aus dem Lehr-katalog gestrichen. Abbindungen werden allerdings in Operationssälen weltweit zur Blutstillung an-gewendet, wobei jedoch sowohl der verwendete Druck als auch die Abbindungszeit genau doku-mentiert werden. In den letzen Jahren nahm die Zahl der zum Gebrauch der Abbindung im militäri-schem Umfeld (2 retrospektive und 1 prospektive LOE-5-Studien) veröffentlichten Arbeiten deutlich zu. Obwohl die klinische Anwendung von Abbindungen eine häufige Maßnahme darstellt, müssen unerwünschte Effekte, die hiermit einhergehen können – temporäre und permanente Verletzungen von Nerven, Muskeln, Hyperkaliämie, Arrhythmien, Schock bis hin zum Tod – bedacht werden, und militärische Erfahrungen können nur bedingt in die zivile Erste-Hilfe-Schulung übertragen werden.

Empfehlungen

COS-Prozess 2010 – Behandlungsempfehlungen. Die Blutstillung wird durch direkten Druck über der Blutungsstelle oder Einsatz eines Druckverbandes erreicht. Für die Anwendung von Druckpunk-ten gibt es keine Evidenz.

Der Einsatz von Abbindungen sowohl unter kontrollierten chirurgischen Bedingungen als auch im Feld führt zur Blutstillung. Doch lassen potenzielle Komplikationen und insuffiziente Daten keine Empfehlung für oder gegen die Anwendung im zivilen Umfeld zu.

Direkter Druck führt zu einer aus-reichenden Blutstillung und einer höheren  Überlebensrate

Obwohl die klinische Anwendung von Abbindungen eine häufige Maßnahme darstellt, müssen un-erwünschte Effekte bedacht werden

Für die Anwendung von Druckpunk-ten gibt es keine Evidenz

Abb. 4 9 Spülen einer kleinflächigen Verbrennung mit Wasser. (Mit freundl. Genehmigung des ÖRK)

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Page 11: Erste Hilfe

CME

Erste-Hilfe-Leitlinien. FErsthelfer müssen eine starke Blutung durch Anwendung eines externen Drucks stillen (***;

.Abb. 5).FDie Anwendung von Druckpunkten und das Hochheben von betroffenen Extremitäten werden

nicht empfohlen (*).FWenn direkter Druck als Maßnahme der Blutstillung versagt oder dessen Anwendung nicht mög-

lich ist (z. B. unzugängliche Wunden, multiple Verletzungen), können unter speziellen Bedingen (z. B. Katastropheneinsätze, kriegsähnliche Zustände) Abbindungen zum Einsatz kommen (**).

Grundsatzüberlegung zur Einführung diese Empfehlungen. Die Anwendungsmethoden und das Design von Abbindungen sind noch immer Gegenstand der Forschung. Abbindungen können unter bestimmten Bedingungen – kriegsähnliche Umstände, wenn eine rasche Evakuierung nötig ist und die Ischämiezeit genau dokumentiert wird – sinnvoll sein.

Wunden und Abschürfungen

Diese Verletzungen sind häufig und werden oft von Ersthelfern versorgt.

Zusammenfassung der wissenschaftlichen GrundlagenIst gibt eine deutliche Evidenz aus klinischen Studien (6 LOE-1-, 1 LOE-2-Studien und eine LOE-1-Metaanalyse) und Tierversuchen, dass das Spülen von Wunden mit reinem Leitungswasser so-wohl im prä- als auch im innerklinischen Bereich genauso effektiv wie das Spülen mit Salzwasser die Wundheilung begünstigt und zu einer niedrigeren Infektionsrate führt. Kein zusätzlicher Vorteil konnte durch die Verwendung von Seife gezeigt werden – eher im Gegenteil, wie Studien zu einer möglichen Gewebstoxizität bei direkter Anwendung an offenen Wunden ergaben.

In 2 prospektiven, randomisierten Studien wurden bessere Ergebnisse bei der Anwendung von Salben mit dreierlei Antibiotika im Vergleich zu keinerlei Salbenanwendung gefunden.

Empfehlungen 

COS-Prozess 2010 – Behandlungsempfehlungen. Oberflächliche akute Wunden sollen mit reich-lich Leitungswasser, das Zimmertemperatur hat, gespült werden.

Erste-Hilfe-Leitlinien. FOberflächliche Wunden und Abschürfungen sollen mit sauberem Wasser, wenn möglich

Leitungswasser , abgespült werden (**).FErsthelfer sollen antibiotische Salben bei Abschürfungen anwenden, da diese die Wundheilung

beschleunigen und das Risiko von Wundinfektionen vermindern (**).

Grundsatzüberlegung zur Einführung diese Empfehlungen. Die Übernahme der Empfehlung zur topischen Anwendung von Antibiotikasalben in die Leitlinie muss im Kontext mit rechtlichen

Abbindungen können unter be-stimmten Bedingungen als Maß-nahme zur Blutstillung sinnvoll sein

Das Spülen von Wunden mit reinem Leitungswasser ist genauso effektiv wie das Spülen mit Salzwasser, der Zusatz von Seifen bringen keinen weiteren Vorteil

Abb. 5 9 Druckverband. (Mit freundl. Genehmigung des ÖRK)

67Notfall + Rettungsmedizin 1 · 2013  | 

Page 12: Erste Hilfe

CME

Tab. 3  Weitere Themen und COS-Empfehlungen

Thema Maßnahmen COS-Empfehlungen

Vergiftungen Verdünnung mit Milch oder Wasser bei oraler Ingestion kaustischer Substanzen

Insuffiziente Evidenz für oder gegen die Anwendung von Milch oder Wasser zur Verdünnung bei Ingestion von kaustischen Substanzen

Anwendung von Sirup Ipecac bei akuter oraler Vergiftung

Sirup Ipecac soll von Laien als Erste-Hilfe-Maßnahme nicht angewendet werden.

Anwendung von aktivierter Tierkohle bei oraler akuter Vergiftung

Insuffiziente Evidenz für oder gegen die Anwendung von aktivierter Tierkohle bei oraler aku-ter Vergiftung im Rahmen der Ersten Hilfe

Anaphylaxie Erkennen von Anaphylaxie durch Ersthelfer

Es kann nicht erwartet werden, dass Ersthelfer Zeichen einer Anaphylaxie ohne wiederholtes Training oder Beobachten von Patienten mit Anaphylaxie erkennen können.

Zweite Gabe von Epinephrin Insuffiziente Evidenz für oder gegen die Anwendung von einer zweiten Dosis Epinephrin als Routinemaßnahme der Ersten Hilfe

Lagerung von Bewusstlosen

Es gibt keine Evidenz dass das Drehen eines nicht reagierenden, atmenden Opfers in eine Form der Seitenlage Vorteile gegenüber einer Rückenlage bietet.

Verletzungen Optimale Schockposition Insuffiziente Evidenz für oder gegen das Anheben von Beinen als Maßnahme der Ersten Hilfe bei Schock

Nutzen von Wirbelsäulen-immobilisierung

Insuffiziente Evidenz für oder gegen eine WirbelsäulenimmobilisierungEs ist vernünftig, zu empfehlen, die Wirbelsäulenbewegung bei Vorliegen von Risikofaktoren für Halswirbelsäulenverletzungen zu verhindern.

Methoden zur Verhinderung der Wirbel-säulenbewegung

Insuffiziente Evidenz für oder gegen die manuelle Fixierung der HalswirbelsäuleDie einzige geprüfte Maßnahme für die Stabilisierung der Halswirbelsäule ist die beidseitige Anwendung von Sandsäcken, die mit Hilfe eines Tapes über der Stirn fixiert werden.

Anwendung blutstillender Produkte Die topische Anwendung blutstillender Produkte außerhalb eines Krankenhauses, um lebens-bedrohliche Blutungen zu stillen, ist vernünftig – auch wenn es sich nicht um kontrollierte Standardtechniken handelt. Die am besten zu verwendenden Produkte und die Bedingungen und wann diese anzuwenden sind, sind nicht bekannt.

Geraderichten von achsenabweichen-den Frakturen

Im Allgemeinen soll kein Versuch unternommen werden, an suspekten Extremitätenfrakturen zu manipulieren.

Stabilisierung von vermuteten Extremi-tätenfrakturen

Es gibt keine Evidenz für oder gegen die manuelle Stabilisierung oder das Schienen von ver-muteten Extremitätenfrakturen durch Ersthelfer.

Hitzeanwendung bei Muskelverletzun-gen

Insuffiziente Evidenz für oder gegen die Anwendung von Hitze bei akuten MuskelverletzungenKälteanwendung scheint sinnvoller in der Vermeidung von Ödemen.

Anwendung von Kälte bei Muskelver-letzungen

Verletzungen von Muskeln (inklusive Gelenkverletzungen) sollen mittels Anwendung zer-kleinerter Eiswürfeln behandelt werden. Die Kühlung soll alle 20 min unterbrochen werden. Eine intermittierende 10-minütige Kühlung kann ebefalls angewendet werden, wenn bei der 20-minütigen Kühlung Beschwerden auftreten.

Topische Anwendungen und Wundver-band

Bei oberflächlichen Abschürfungen soll nach der Reinigung ein sauberer okklusiver Verband angelegt werden. Dieser sowie auch topische Antibiotikananwendungen sollen die Wunde feucht halten und das Austrocknen verhindern. Es gibt eine insuffiziente Datenlage hinsicht-lich der Empfehlung von spezifischen Wundverbänden und topischen Antibiotika.

Tier-/Menschenbisse Das Spülen von tierischen und menschlichen Bissverletzungen mit reichlich Flüssigkeit (Was-ser oder salzhaltige Lösungen) wird empfohlen, um bakterielle Infektionen sowie Tollwut minimieren. Es gibt hinsichtlich der Anwendung einer bestimmten Spüllösung keine Evidenz.

Verätzungen der Augen

Augenspülung Sofortige Spülung des betroffenen Auges mit reichlich Leitungswasser ist dienlich.

Verletzung mit Vergif-tung (Schlan-genbisse oder Kontakt zu Quallen)

Schlangenbisse Aussaugen Das Aussaugen zur Giftentfernung soll zurzeit nicht angewendet werden, da es ineffektiv ist und schädlich sein kann.

Quallen Topische Anwen-dung zur Verhinde-rung einer weiteren Nesselung

Quallenverletzungen sollen großzügig mit Essig (4- bis 6%ige Lösungen) für mindestens 30 s gewaschen werden. Wenn Essig nicht zur Verfügung steht, kann eine Backpulveraufschläm-mung verwendet werden. Die Anwendung von Aluminiumsulfat oder Fleischzartmachern wird zur Schmerzreduktion nicht empfohlen.

Hitze oder Kältean-wendung

Nach der Entfernung oder Deaktivierung von Quallen (s. oben) soll der Schmerz durch heißes Wasser bekämpft werden. Der Patient soll angewiesen werden, so rasch wie möglich ent-weder heiß zu duschen oder den betroffenen Körperteil in heißes Wasser zu tauchen. Die Temperatur soll so heiß wie vom Patienten toleriert sein. Die Anwendung soll für mindestens 20 min oder so lange Schmerzen vorhanden sind erfolgen. Wenn kein heißes Wasser zur Ver-fügung steht, können trockene Wärme- oder trockene Kältepackungen zur Schmerzreduktion hilfreich sein

Anwendung von Druckverbänden

Die Anwendung von Druckverbänden zur Behandlung von Quallenverletzungen wird nicht empfohlen.

68 |  Notfall + Rettungsmedizin 1 · 2013

Page 13: Erste Hilfe

CME

Grundlagen gesehen werden, da in vielen Ländern die Anwendung von Medikamenten durch Laien nicht gestattet ist oder diese Medizinalprodukte nicht verfügbar sind.

Weitere Themen des COS-Prozess 2010

Die weiteren, im Rahmen des COS-Prozess bearbeiteten Themen aus dem Bereich Erste Hilfe sind in .Tab. 3 kurz zusammenfassend dargestellt, um einen Überblick über deren wissenschaftliche Evidenzlage zu geben. Die dort aufgeführten Empfehlungen sind jedoch nicht als aktive Handlungs-optionen für Erste Hilfe und Notfallversorgung zu verstehen.

Forderungen für die Zukunft

Die oben dargestellten Beispiele und die manchmal etwas wenig wissenschaftlich formulierten COS-Behandlungsempfehlungen und Erste-Hilfe-Leitlinien zeigen den in manchen Bereichen bestehen-den Mangel an wissenschaftlicher Evidenz auf.

Der COS-Prozess 2010 war der zweite Durchgang im Versuch, moderne Vorstellungen von Evi-denz in medizinischen Behandlungsanweisungen auf den Bereich der Ersten Hilfe zu übertragen und zeigt auch deutlich die Verbesserungspotenziale auf:FEs fehlen wichtige Themen – z. B. Bauchverletzungen, Höhenkrankheit.FEs bedarf der regelmäßigen Überarbeitung von nach wie vor sehr kontrovers diskutierten The-

men – wie der Abbindung.FEs bedarf der intensiveren Forschung zu präklinischer Versorgung durch Laien und Methoden

der Schulung.FEs bedarf neben kundigen, freiwilligen Kollegen/-innen, die sich der Aufgabe unterziehen, die

entsprechenden wissenschaftlichen Studien zu suchen und zu bewerten, auch reichlicher finan-zieller Mittel – um einen solchen Prozess zu organisieren, die nötigen Abstimmungsmeetings zu veranstalten und die Ergebnisse zu publizieren.

Ob es einen COS-Prozess Erste Hilfe 2015 geben wird, ist noch nicht entschieden, es laufen derzeit die ersten Vorüberlegungen – doch angesichts der angespannten finanziellen Situation von NGO ist dessen Finanzierung noch nicht gesichert.

Tab. 3  Weitere Themen und COS-Empfehlungen (Fortsetzung)

Thema Maßnahmen COS-Empfehlungen

Erfrierungen Erwärmung Im Rahmen der Ersten Hilfe ist die Erwärmung von Erfrierungen nur dann sinnvoll, wenn kein Risiko einer neuerlichen Erfrierung besteht. Für schwere Formen soll die Erwärmung inner-halb von 24 h vollendet sein. Das Erwärmen soll durch Eintauchen des betroffenen Körperteils in Wasser mit einer Temperatur zwischen 37 und 40°C erfolgen. Stoffe, die chemisch Wärme erzeugen, sollen nicht direkt auf die betroffenen Stellen aufgebracht werden, da sie höhere Temperaturen entwickeln können. Nach der Erwärmung sollen Anstrengungen unternom-men werden, die betroffenen Stellen vor neuerlichem Erfrieren zu schützen, und der Patient ist rasch zur weiteren Versorgung zu evakuieren.

Anwendung von antiinflammatorischen Medikamenten

Insuffiziente Evidenz für oder gegen die Anwendung von Ibuprofen oder anderen NSAR als Maßnahme der Ersten Hilfe bei Erfrierungen

Einwirkung durch Hitze

Flüssigkeitsgabe bei Hypohydratation Hypohydratation durch körperliche Tätigkeit soll mit einer oralen Kohlenhydrat-Elektrolyt-Lösung behandelt werden. Milch kann als Alternative eingesetzt werden. Das zugeführte Volumen soll die verlorene Menge übersteigen.

Ausbildung in Erster Hilfe

Evaluation der Fortschritte und Leistung Es gibt keine Daten für oder gegen eine Methode zur Evaluierung der Lernfortschritte von Teil-nehmern eines Erste-Hilfe-Programms.

Anwendung von Simulation in der Erste- Hilfe-Ausbildung

Im Rahmen der Erste-Hilfe-Ausbildung scheint die Anwendung von Simulation, wenn sie von anderen effektiven Lehrmethoden begleitet wird, das Lernen der Teilnehmer zu verbessern.

Häufigkeit von Erste-Hilfe-Wiederho-lungskursen

Da nur insuffiziente Daten vorliegen, können keine spezifischen Angaben zur Häufigkeit von Wie-derholungskursen zum Erhalt von Wissen und Fertigkeiten in der Ersten Hilfe gemacht werden.

Abkürzungen s. Abkürzungsverzeichnis

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Page 14: Erste Hilfe

CME

Fazit für die Praxis

FDas Wissen um Erste Hilfe befindet sich in der Entwicklung von der Expertenmeinung zur EbM – auch wenn im Gegensatz zu anderen medizinischen Wissensgebieten noch nicht alle Maßnah-men diesen Anforderungen entsprechen.

FDie Einbindung von Evidenz sowohl hinsichtlich medizinischer Inhalte als auch didaktischer Prinzipien bringt für Organisationen, die sich der Ausbildung der Bevölkerung in Erster Hilfe widmen, zusätzliche Sicherheit – besonders bei medizinischen Inhalten, nötigt sie aber auch, genau zu überlegen, wie die medizinische Evidenz in den rechtlichen, kulturellen und notfall-medizinischen Kontext des Landes einzubinden ist (z. B. Verabreichung von Medikamenten durch Laien). 

FFür den Erste-Hilfe-Lehrbeauftragten bedeutet die jetzige Entwicklung, manche Fragen von Kursteilnehmern/-innen entsprechend beantworten zu können, doch müssen auch die Lehr-meinungen, die von den Organisationen erstellt und damit auch verantwortet werden, beach-tet werden.

FFür alle in der Ersten Hilfe Tätigen bedeutet diese Entwicklung, sich stetig mit den Veränderun-gen in der Ersten Hilfe zu befassen, diese zu erlernen und sich von manchen altbekannten Erste-Hilfe-Mythen und -Dogmen zu verabschieden.

Korrespondenzadresse

Dr. S. Schunder-Tatzber MAS, MBABildungszentrum, Österreichisches Rote Kreuz (ÖRK)Oberlaaerstraße 300, 1230 [email protected]

Compliance with Ethics Guidelines

Conflict of Interest. S. Schunder-Tatzber receives speaker honoraria from the Austrian Red Cross (Österreichisches Rotes Kreuz, ÖRK) and was later employed by the ÖRK as a trainee teacher. This article does not contain any studies with human or animal subjects.

1. k. k. Ministerium des Inneren (1858) Anleitung für Nichtärzte zur Wie-derbelebung der Scheintodten und zur ersten Hilfeleistung bei plötz-lichen Lebensgefahren. Erlaß des k. k. Ministeriums des Inneren vom 31.03.1858, Bd 3617. k. k. Ministe-rium des Inneren, Wien

2. Dunant H (1979) Eine Erinnerungen an Solferino. Schweizerisches Rotes Kreuz, Bern/Hallwag, Bern

3. Schindler G, Habian M (1983) Ers-te Hilfe Fibel. Eigenverlag ÖRK, Wien, S 32

4. Van de Velde S (2011) Evidence-ba-sed practice in first aid. PhD Thesis, Katholieke Universiteit Leuven

5. Van de Velde S, Broos P, Van Bouwe-len M et al (2007) European first aid guidelines. Resuscitation 72(2):240–251

6. Markenson D, Ferguson JD, Cham-eides L et al (2010) Part 13: First aid: 2010 American Heart Association and American Red Cross internatio-nal consensus on first aid science with treatment recommendations. Circulation [16 Suppl 2] 122:S582–605

7. IFRC (2011) International first aid and resuscitation guidelines 2011. For national society first aid program-me managers, scientific advisory groups, first aid instructors and first responders. International Federation of Red Cross and Red Crescent Socie-ties (IFRC), Genf. http://www.ifrc.org/PageFiles/53459/IFRC -International first aid and resuscitation guideline 2011.pdf. Zugegriffen: 14.07.2012

8. WHO (2004) The global burden of di-sease: 2004 update. World Health Or-ganisation (WHO), Genf. http://www.who.int/healthinfo/global_burden_disease/2004_report_update/en/in-dex.html. Zugegriffen: 14.07.2012

9. Hussain LM, Redmond AD (1994) Are pre-hospital deaths from ac-cidental injury preventable? BMJ 308(6936):1077–1080

10. Guyatt G (1991) Evidence-based me-dicine. ACP J Club [Suppl 2] 114:A16

11. Evidence-Based Medicine Working Group (1992) Evidence-based me-dicine. A new approach to teaching the practice of medicine. JAMA 268(17):2420–2425

12. Deutsches Cochrane Zentrum (2012) Evidenzbasierte Medizin. Deutsches Cochrane Zentrum, Universitäts-klinikum Freiburg, Freiburg. http://www.cochrane.de/ebm. Zugegriffen: 14.07.2012

13. Schunder-Tatzber S (2010) C2010 evidence evaluation worksheet, Worksheet No. FA-402D. http://circ.ahajournals.org/site/C2010/FA-402D.pdf. Zugegriffen: 14.07.2012

Literatur

70 |  Notfall + Rettungsmedizin 1 · 2013

Page 15: Erste Hilfe

 ?Die Gründung welcher Organisation wurde von H. Dunant initiiert?

Greenpeace Ärzte ohne Grenzen Völkerbund Rotes Kreuz Humanitärer Hilfsverein

 ?Aufgabe des „International First Aid Advisory  Board“ ist …

wissenschaftliche Literatur zum Thema Erste Hilfe zu sichten und evaluieren und Behandlungsempfehlungen zu erarbei-ten.

weltweit gültige Erste-Hilfe-Regeln zu er-stellen.

Erarbeitung von rechtlichen Sanktionen für Fehlleistungen von Ersthelfern.

Sammlung von Fehlleistungen in der Ers-ten Hilfe.

Erste Hilfe für Alpinmedizin zu erstellen.

 ?Was sind die Grundprinzipien der EbM? Sammlung von Expertenmeinungen zur

Versorgung von Patienten Gewissenhafter und vernünftiger Ge-

brauch der gegenwärtig besten wissen-schaftlichen Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung indivi-dueller Patienten

Erstellung von Regeln zur Versorgung von Patienten, die in allen Bereichen gel-tend sind

Erstellung von Handlungsoptionen, die bei Nichtbefolgung zu rechtlichen Kon-sequenzen führen

Entwicklung von gesetzlich verankerten Richtlinien zur Versorgung von Patienten

 ?Was bedeuten die Evidenzklassen im Sinne der EbM?

Ein Ranking der besten Studien zu einem Thema

Ein Klassifikationssystem von Tierversu-chen zu einem Thema

Ein Klassifikationssystem, das über die Qualität der Studien eine Aussage er-möglicht

Ein Ranking der am häufigsten zitierten Studien zu einem Thema

Ein Klassifikationssystem von ausschließ-lich pharmakologischen Studien

 ?Welche Aussage ist richtig? Die COS-Be-handlungsempfehlungen 2010 emp-fehlen die Gabe von Sauerstoff …

bei jedem Patienten. für alle Patienten bei Dekompressionsun-

fällen. bei allen Patienten nach Dekompres-

sionsunfällen, sofern es die gesetzliche Grundlage erlaubt.

nur durch Sanitätspersonal. nur durch Ärzte.

 ?Die COS-Behandlungsempfehlungen 2010 sprechen sich bei  Herzschmerzen für welche der folgenden Aussagen aus?

Für die Gabe von Nitropräparaten für Pa-tienten, die noch niemals dieses Medika-ment bekommen haben

Für die subkutane Injektion von Heparin Für die Verabreichung von starken

Schmerzmitteln aus der Gruppe der Mor-phine

Für die Gabe von Aspirin, sofern keine bekannte Allergie vorliegt oder eine Blu-tungsneigung besteht

Für keine primäre Medikamentengabe

 ?Welche Aussage ist richtig? Bei Verbren-nung stehen für die Entwicklung von Leitlinien …

nur sehr wenige, schlechte Studien zur Verfügung.

ausschließlich Tierstudien zur Verfügung. gar keine Studien zur Verfügung. nur Beobachtungsstudien zur Verfügung. eine Vielzahl von Studien unterschiedli-

cher Evidenzklassen zur Verfügung.

 ?Welche der folgenden Aussagen zur wissenschaftlichen Datenlage der Abbindung  ist richtig?

Die Datenlage ist sehr gut – eine Vielzahl von Studien begründet das Lehren von Abbindungen im Erste-Hilfe-Kurs im zivi-len Bereich.

Es gibt keine Studien zur Sinnhaftigkeit von Abbindungen im zivilen und militäri-schen Bereich.

Studien belegen eindeutig die besten Abbindungsmethoden und deren An-wendung.

Es gibt einige rezente Studien aus dem militärischen Bereich, die bedingt auf den zivilen Bereich umgelegt werden können.

Es gibt eine Vielzahl von Studien, die den Gebrauch von Abbindungen als mindes-tens unbedenklich klassifizieren.

Für Zeitschriftenabonnenten ist die Teilnahme am e.CME kostenfrei

Bitte beachten Sie: • Teilnahme nur online unter: springermedizin.de/eAkademie• Die Frage-Antwort-Kombinationen werden online individuell zusammengestellt. • Es ist immer nur eine Antwort möglich.

CME-Fragebogen

springermedizin.de/eAkademie

D

71Notfall + Rettungsmedizin 1 · 2013  | 

Page 16: Erste Hilfe

CME-Fragebogen

 ?Welche Aussage ist richtig? Die Leit-linien 2010 empfehlen das Spülen von oberflächlichen Wunden mit Trink-wasser …

ausdrücklich. niemals durch Laien. nur durch geschultes Sanitätspersonal. ausschließlich im Krankenhaus. nur wenn diese mit Erde kontaminiert

sind.

 ?Welche der folgenden Aussagen zum Prozess der Entwicklung von Leitlinien für Erste Hilfe ist richtig?

Der Prozess ist erfolgreich abgeschlossen und bedarf keiner weiteren Revisionen.

Der Prozess wird nicht weitergeführt, da die Entwicklung von Leitlinien kontra-produktiv und gefährlich ist.

Es bedarf keiner weiteren Anstrengung zur Sicherung der Evidenz, da Erste Hilfe nicht „wirkliche Medizin“ ist.

Der Prozess bedarf der Bearbeitung von weiteren Fragen und Einbeziehung neuer Erkenntnisse.

Der Prozess startet wieder im Jahr 2013, um den COS 2015 zu bearbeiten.

Diese zertifizierte Fortbildung ist 12 Monate auf springermedizin.de/eAkademie verfügbar. Dort erfahren Sie auch den genauen Teilnahmeschluss. Nach Ablauf des Zertifizierungszeitraums können Sie diese Fortbildung und den Fragebogen weitere 24 Monate nutzen.

Die in der e.Akademie erworbenen CME-Punkte können auf Ihren Wunsch hin direkt an die Ärztekammer übermit-telt werden.

So einfach geht’s:

D Einheitliche Fortbildungsnummer (EFN) hinterlegenMöchten Sie Ihre in der e.Akademie gesammelten CME-Punkte direkt an Ihre Ärztekammer übermitteln, hinterlegen Sie Ihre EFN bitte bei der Registrierung. Wenn Sie bereits registriert sind, können Sie Ihre EFN jederzeit unter dem Punkt Meine Daten nachtragen. Ihre CME-Punkte werden ab sofort automatisch an Ihre Ärztekammer übermittelt.

D Weitere InformationenWeitere Informationen zur elektronischen Punkteübermitt-lung der Bundesärztekammer finden Sie unter www.eiv-fobi.de.

Teilnehmen und weitere Informationen unter: springermedizin.de/eAkademie

Unser Tipp: Noch mehr Fortbildung bietet das e.Med-Kom-plettpaket. Hier stehen Ihnen in der e.Akademie alle Kurse der Fachzeitschriften von Springer Medizin zur Verfügung.

Testen Sie e.Med gratis und unverbindlich unter springermedizin.de/eMed

e. Akademie – Automatische Übermittlung Ihrer CME-Punkte an die Ärztekammer

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