eur soss daei.pitt.edu/92322/1/5055_d.pdf · 2017-11-01 · eur soss d kommission der europÄischen...
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KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN
ERFAHRUNGEN MIT INSPEKTION, WARTUNG, REPARATUR UND DEKONTAMINATION
IN KERNKRAFTWERKEN MIT LEICHTWASSERREAKTOREN
1974
Bericht abgefaßt von der Firma Lahmeyer International GmbH - Frankfurt/Main (Deutschland)
Professor Vodar, Laboratoire des Hautes Pressions, Paris-Bellevue (Frankreich) Euratom Vertrag Nr. 044-71-11 ECIC
HINWEIS
Das vorliegende Dokument ist im Rahmen des Forschungsprogramms der Kommission der Europäischen Gemeinschaften ausgearbeitet worden.
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verkauft.
Kommission der Europäischen Gemeinschaften GD XIII - ZID 29, rue Aldringen Luxembourg
Februar 1974
Das vorliegende Dokument wurde an Hand des besten Abdruckes vervielfältigt, der zur Verfügung stand.
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KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN
ERFAHRUNGEN MIT INSPEKTION, WARTUNG,
REPARATUR UND DEKONTAMINATION
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Bericht abgefaßt von der Firma Lahmeyer International GmbH - Frankfurt/Main (Deutschland)
Professor Vodar, Laboratoire des Hautes Pressions, Paris-Bellevue (Frankreich) Euratom Vertrag Nr. 044-71-11 ECIC
ZUSAMMENFASSUNG
Nach einer vorbereitenden Literatur- und Berichtsauswertung wurden durch eingehende Befragungen und Diskussionen mit dem Kernkraftwerks-Betriebspersonal die in den Anlagen vorliegenden Erfahrungen mit den angewandten Reparatur-, Inspektions-, Wartungs- und Dekontaminationsverfahrcn sowie den dabei aufgetretenen Strahlungsproblemen gesammelt und zusammengestellt. Die Resultate wurden in Empfehlungen für den Bau und Betrieb zukünftiger Kernkraftwerks-Anlagen gefaßt.
Die Empfehlungen betreffen die Betreiber, die Hersteller, die Zulieferfirmen sowie die Architekt-Ingenieure und diejenigen, die den Anlagenbau vorbereiten und die Ausführung überwachen.
Aus im Laufe der Untersuchungen zu Tage getretenen relativ generellen Problemen sind zum Teil Empfehlungen entstanden, die an nationale und übernationale Koordinierungs-Institutionen gerichtet sind.
Die überwiegende Anzahl der Empfehlungen bezieht sich auf die anlagentechnische Gestaltung, die Maschinentechnik, den Strahlenschutz und den Betrieb der Anlagen. Kleinere Gruppen umfassen Leittechnik, Elektrotechnik und Bautechnik.
Die Dekontaminationsprobleme sind in einem besonderen Abschnitt behandelt.
INSPECTION REPAIR
DECONTAMINATION
RADIATION PROTECTION
NUCLEAR POWER PLANTS
SCHLAGWORTE
DESIGN
MECHANICAL STRUCTURES OPERATION
TECHNICAL SPECIFICATIONS
• Betreff:
LAHMEYER INTERNATIONAL BERATENDE INGENIEURE Technischer Bericht
Untersuchungen der in Kernkraftanlagen angewandten Reparatur-, Inspektions- und Warb.1-ngsverfahren sowie der dabei aufgetretenen Strahlungs-Exposition und Ausarbeitung von Empfehlungen für die Auslegung und Anordnung der Komponenten zukünftiger Kernkraftwerke.
Untersuchungen der im Zusammenhang mit der Dekontamination aufgetretenen Problemeo
Zusammenfassung:
O~ Frankfurt/Main Datum: 1 7 • 5 • 19 7 3 Referat: K k f t ern ra
Aktenzeichen: 2 7 3 Bearbeiter: v .Bruchhausen Gegenzeichnung: Dr. Schmidt
Verteiler: 9 x EWG
Den Auftrag zu den oben angegebenen Untersuchungen erteil
te die EUROPÄISCHE ATOMGEMEINSCHAFT (EURATOM) im Dezember
1971 an das Ingenieurunternehmen LAHMEYER INTERNATIONAL
GmbH - zusammen mit Herrn Professor VODAR, dem Leiter des
Laboratoire des Hautes Pressions, Paris-Bellevue. Der Auf
trag bezog sich auf die Kernkraftwerke mit Leichtwasserreak
toren in den Ländern der EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT.
Außer durch eine Literatur- und Berichtauswertung wurden
die in den Anlagen vorliegenden Erfahrungen durch einge
hende Befragungen und Diskussionen mit dem Betriebsperso
nal gesammelt und zusammengestellt. Die Resultate wurden
in Empfehlungen für den Bau und den Betrieb zukünftiger
Kernkraftwerks-Anlagen gefaßt.
Die Empfehlungen betreffen sowohl die Betreiber als auch
die Hersteller und die Zulieferfirmen sowie die Architekt
Ingenieure und diejenigen, die den Anlagenbau vorbereiten
und die Ausführung überwachen. Aus im Laufe der Untersuchun
gen zu Tage getretenen relativ generellen Problemen sind
zum Teil Empfehlungen entstanden, die an die Adresse über
nationaler und nationaler Koordinierungs-Institutionen ge
richtet sind.
Die überwiegende Anzahl der Empfehlungen bezieht sich auf
die anlagentechnische Gestaltung, die Maschinentechnik, den
Strahlenschutz und den Betrieb der Anlagen. Kleinere Gruppen
umfassen Leittechnik, Elektrotechnik und Bautechnik.
- 4 -
Die Dekontaminationsprobleme sind - der Aufgabenstellung
gemäß - in einem besonderen Abschnitt behandelto
Gemäß der Aufgabenstellung sollten Empfehlungen für die
bessere Gestaltung zukünftiger Kernkraftwerke aus den ne
gativen Erfahrungen mit bereits fertigen, älteren Anlagen
erarbeitet werdeno Aus ihrer Fülle sollte daher nicht der
Eindruck entstehen, daß diese Anlagen unzulänglich seieno
Es sei darauf hingewiesen, daß alle Betreiber bemüht waren,
aufgetretene Fehler so schnell wie möglich zu beheben; in
keinem Falle wurde bei diesen Maßnahmen die Sicherheit der
Anlagen oder von Personen gefährdeto
Allen Institutionen und Personen, die ihre Erfahrungen mit
teilten und in Diskussionen eintraten, sei für ihre Hilfe
und Unterstützung bei dieser Arbeit gedankto
- 5 -
G L I E D E R U N G
Seiten
1o Einführung 7 1o1 Aufgabenstellung und Ziele der Arbeit 7 1o2 Vorgehensweise 10 1o3 Technisch-wirtschaftliche Aspekte 12 1o4 Grundsatzbetrachtungen und -empfehlungen 19 1 o 5 Anwendung und Beachtung der Empfehlungen 24 106 Erfahrungsaustausch und -rückfluß 26
2o Maschinentechnik 27 2o1 Allgemeines 27 2o2 Brennelemente 29 2o3 Reaktorbehälter und -einbauten '57 2o4 Steuerstabantriebe 45 2o5 Wärmeaustauscher 48 206 Pumpen 57 2o7 Armaturen und Rohrleitungen 65 2 .8 Hilfs- und Nebenanlagen 75 2.9 Lüftungsanlagen 78
3o Elektrotechnik; Meß- und Regeltechnik (Leittechnik) 80
3o1 Allgemeines 3o2 Kabel und Leitungen 3.3 Starkstromtechnik 3.4 Meß- und Regeltechnik (Leittechnik)
4o Bautechnik
5. Strahlenschutz
5.1 Kontrollbereiche 5o2 Ausrüstung 5.3 Überwachung der Personendosen
60 Dekontamination
6.1 Chemische Dekontamination 602 Mechanische Dekontamination 6.3 Prohibitiv-Verfahren
7o Anlagentechnische Konzeption
7.1 Grundsätzliches 7.2 Einzelerfahrungen aus den Anlagen 7.3 Komponentenanbringung und -konzentration 7.4 Zur Werkstattfrage 7o5 Anlagen-Dokumentation
So Betrieb
8.1 Personal-Organisation 8.2 Inspektion, Wiederholungsprüfungen
9. Schlußwort
80 83 84 87
91
93 96 98
102
105
108 115 125
127
128 131 133 136 137
140
140 142
150
- 7 -
1o EINFÜHRUNG
Aufgabenstellung und Ziele der Arbeit
Im Dezember 1971 erteilte die Europäische Atomgemein
schaft (Euratom), vertreten durch die Kommission der
Europäischen Gemeinschaften, Brüssel, dem Ingenieur
unternehmen Lahmeyer International GmbH (LI), Frank
furt/Main (federführend) - zusammen mit Herrn Profes
sor Bo Vodar, dem Leiter des Laboratoire des Hautes
Pressions, Paris-Bellevue - den Auftrag auf eine
ao systematische Untersuchung der in Kernkraftwerken an
gewandten Reparatur-, Inspektions- und Wartungsverfah
ren sowie der dabei auftretenden Strahlungs-Exposition
und Ausarbeitung von Empfehlungen für eine diesbezüg
liche bessere Auslegung und Anordnung der Komponenten
und Komponentengruppen zukünftiger Kernkraftwerkeo
bo systematische Untersuchung der im Zusammenhang mit
der Dekontamination von Kernkraftwerk-Kreisläufen auf
tretenden Problemeo
Der Auftrag bezog sich auf die Leichtwasserreaktor-Kern
kraftwerke in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft,
bei denen bereits längerzeitige, doho über einige Jahre
gesammelte Erfahrungen vorlageno Dies war zoBo in den An
lagen Stade und Würgassen noch nicht der Fallo
Zusätzlich wurden das Kernkraftwerk Beznau I der Nord
ost-Schweizerischen Kraftwerke AG (nicht EG-Land) sowie
das AVR-Versuchskernkraftwerk Jülich (mit Kugelhaufen
reaktor) in die Untersuchungen einbezogeno
Die in die Untersuchungen einbegriffenen und in Tabelle 1
aufgelisteten Anlagen waren mithin zwangsläufig nicht
solche der neuesten Bauarteno Unter ihnen befanden sich
- 8 -
Tab. 1 Zusar.unenstellung der untersuchten Anlagen
Anlage
1. L'impianto elettronucleare "Enrico Fermi" di Trino Vercellese TRINO/Vercelli Italien
2. Kernkraftwerk Obrigheim 6951 OBR IG HEIM Deutschland
}. Hoofd Kernenergiecentrale Dode..aard DODEWAARD/Arnhem Niederlande
4. Centrale Nucleaire de Chooz 08 GIVET Frankreich
5. Kernkraftwerk Beznau I BEZNAU/Baden Schweiz
6. Nuklear Schiff "Otto Hahn" Ges. fDr Kernenergieverwertun~ in Schiffbau und Schiffahrt(GKSS 2056 GEESTHACHT Deutschland
7. Kernkraftwerk Lingen 4450 LINGEN Deutschland
8. Centrale Nucleare di Garigliano SCAURI-MINTURNO (Formia) Italien
9. Kernkraftwerk RWE-8ayernwerke 8871 GUNDREf.ft4INGEN Deutschland
10. AVR-Versuchs-Kernkraftwerk 517 JllLICH Deutschland
11. YAK-Versuchs-Atomkraftwerk Kahl 8756 KAHL Deutschiand
12. BR-3 Ind. groep voor de Uitbating van de BR-3 p/a Studiecentrum voor Kernenergie 2li00 MOL Belgien
SWI' = S1edewasser-Reaktor DWR = Druckwasser-Reaktor
HTR = (gasgekDhlter) Hochtemperatur-Reaktor fOR = fortgeschrittener Druckwasser-Reaktor
Kurzbe-zeichnung
Trino
KWO
GKN
SENA
KKB I
NS "Otto Hahn"
KWL
Garigliano
KRB
AVR
YAK
BR-3
Reaktor- Leistung typ (Mwe)
DWR 257
DWR 350
SWR 54
OWR 266
OWR 350
FDR 8 (10.000 W?S)
SWR 255 mit foss. Überhitzer
SWR 150
SWR 240
HTR 15
SWR 15
D'WR 11,5
- 9 -
Versuchs- und Demonstrationsanlagen sowie solche der in
Europa gebauten ersten Generation von Leistungsanlagen
nach amerikanischer Techniko
In den neueren Anlagen mit Inbetriebnahmen ab 1972/73
(uoao Stade, Würgassen, Beznau II) sind die in dem vor
liegenden Bericht beschriebenen Erfahrungen teilweise
schon berücksichtigt - mit welchem Erfolg, wird sich
nach einer gewissen Betriebszeit dieser Anlagen zeigeno
Die für den vorliegenden Bericht getroffene Auswahl der
Erfahrungen scheidet überholte, an veraltete Konzepte
gebundene und für diese spezifische Probleme nach Mög
lichkeit bereits aus, beinhaltet aber dennoch diejenigen
Mängel, welche sich auch in neue Anlagen eingeschlichen
haben könnten, bzwo deren Übernahme in neue Anlagenkon
zepte naheliegt, weil entweder die Grundsätzlichkeit des
Fehlers nicht leicht erkennbar ist oder die Wichtigkeit
leicht unterschätzt wirdo
Es besteht der Eindruck, daß alle Betreiber bemüht waren,
aufgetretene Fehler so schnell wie möglich zu beheben,
um eine möglichst hohe Verfügbarkeit ~er Anlagen zu er
reichen. In keinem Fall wurde aber bei diesen Maßnahmen
die Sicherheit der Anlagen oder von Personen gefährdet;
die gesetzlich vorgeschriebenen maximalen Dosisraten für
das Personal konnten stets eingehalten werdeno
Als "Wartungsarbeiten" werden alle routinemäßig durchzu
führenden Eingriffe und Pflegemaßnahmen an einzelnen Kom
ponenten verstanden, zoBo Schmierdienste, das routinemäs
sige Auswechseln von Ventilpackungen, der Ersatz defekter
Beleuchtungskörper und anderer Verbrauchsgegenstände und
-mittel~ Alle nicht routinemäßigen, insbesondere größeren
Eingriffe gelten als Reparatureno Bei den Inspektionen
wird zwischen den Routine-Kontrollen (Begehungen) der
Schicht einerseits sowie periodisch vorgeschriebenen
(Wiederholungsprüfungen) bzwo ad hoc angesetzten, zumeist
eingehenderen Untersuchungen andererseits unterschiedeno
- 10 -
Die Empfehlungen gehören teilweise zu mehreren Sachge
bieten der Gliederungo Sie sind jeweils durch eine Un
terstreichung oder durch Randstriche kenntlich gemachto
Sie richten sich im einzelnen sowohl an die Erbauer,
Planer, Architekt-Ingenieure und Hersteller bzwo Liefe
rer als auch an die Bauherren und Betreiber bzwo Betriebs
personalo
Einige der im Laufe der Untersuchungen zu Tage getrete
nen Probleme waren grundsätzlicher Arto Auf ihre Abstel
lung oder Lösung zielende Empfehlungen sind an übernatio
nale und/oder nationale Koordinierungsstellen adressiert,
die im folgenden kurz als "Steuerstellen" bezeichnet wer
deno Hierbei handelt es sich entweder um die Anregung ge
nereller Maßnahmen, zum Beispiel zu einer Intensivierung
des Erfahrungs- (Rück-) Flusses, oder um Vorschläge zu
ausgedehnteren Forschungs- und Entwicklungsprogrammeno
In diesen Fällen scheinen Bedeutung oder Allgemeinheit
zum Teil so umfassend, daß entweder die Möglichkeiten
einzelner Industrieunternehmen überschritten oder daß die
se kein Interesse hieran zeigen würden, weil sich keine
firmenspezifischen Auswertungsmöglichkeiten darbieteno
1o2 Vorgehensweise
Wegen der Breite und der allein schon umfangsbedingten
Unübersichtigkeit sowie der Zeitrückständigkeit der für
die Aufgabenstellung wichtigen Literatur einschließlich
nicht publizierter Erfahrungsberichte war - neben deren
eingehendem Studium, in das auch die relevanten Berichte
aus den USA und aus anderen Ländern einbegriffen wurden
- eine direkte Befragung der Erfahrungsträger erforder
lich, eine "Erhebung" insbesondere der allgmeingültigen,
nicht anlagenspezifischen Erfahrungeno
Die Befragung der Anlagenbetrieber wurde nach einer vor
her ausgearbeiteten und dann ständig weiter verbesserten
- 11 -
Systematik vorgenommen, also anhand einer Art "Fragenkatalog", basierend auf der von Euratom empfohlenen
systematischen Gliederung von Kernkraftanlagen *)o Die
bedeutsamen Erfahrungsbereiche und Themenkomplexe wur
den einzeln angesprochen; die für die Studie wichtigen
Probleme und Angaben wurden diskutierto
Über jedes Befragungs-Gespräch mit den Betreibern wurde
ein Bericht im Umfang zwischen 50 und 100 Schreibmaschi
nenseiten angefertigt, in welchem die Informationen zu
den einzelnen Themenkreisen festgehalten wurdeno Diese
"Anlagenberichte" stellen - neben der Oo ao Literatur -
die Stoffsammlung dar und sind nicht zur weiteren Ver
breitung bestimmto
In den einzelnen Kapiteln der vorliegenden Ausarbeitung
findet sich eine Sammlung, Zusammenfassung, Auswertung
und gegebenenfalls Bewertung der entsprechenden Infor
mationena Hieraus resultieren dann jeweils die bereits
angesprochenen Empfehlungen für die Gestaltung zukünf
tiger Anlagen, die den Zweck und das Ziel dieser Arbeit
darstelleno
Vor der endgültigen Festlegung einiger spezifischer Empfeh
lungen wurde aus Objektivitätsgründen ein Vergleich der
Betreiber- und der Herstellermeinung angestrengt, doho,
einzelne relevante Probleme wurden mit den Herstellern
diskutierta Weitere Diskussionen fanden zum Beispiel mit
der Electricite de France (EdF), der Ente Nazionale per
l'Energia Elettrica (ENEL) und dem zuständigen Fachaus
schuß der Vereinigung der Großkraftwerksbetreiber eaVo
(VGB) sowie mit zahlreichen anderen Stellen und mit ein
zelnen Fachleuten statto
Viele der aufgeführten Empfehlungen mögen zwar - ins
besondere einzeln und für sich allein betrachtet - tri-
*) Schadensschlüssel
- 12 -
vial erscheineno Sie beruhen jedoch dann auf langjäh
rigen Erfahrungen des Anlagen-Betriebspersonalso Dies
und die häufige Wiederholung vieler gleichartiger bzwo
ähnlicher Erfahrungen in praktisch allen untersuchten
Anlagen gibt auch solchen Empfehlungen ihr Gewichto
Technisch-wirtschaftliche Aspekte
Das behandelte Problem, in der Zukunft inspektions-,
wartungs- und reparaturfreundlichere Kernkraftwerke
- mit einer geringeren Strahlenbelastung des Personals -
zu erhalten, hat nicht nur eine technische sondern auch
eine damit eng verbundene wirtschaftliche Seite:
Üblicherweise werden die Anlagekosten für Kernkraft
werke - insbesondere im internationalen Wettbewerb -
von den Herstellen minimiert, um möglichst niedrige
Angebotspreise zu erzielen und so die Auftragschancen
zu erhöheno
Daraus ergibt sich evtlo eine Reihe von Ursachen und
Quellen zu größeren oder zusätzlichen Aufwendungen für
das Bedienungs- und Wartungs- sowie für (eigenes oder
fremdes) Reparaturpersonal, die zu Lasten der Anlagen
Betreiber gehen und an sich vorhersehbar und ZoTo ver
meidbar gewesen wären, ohne daß dies im Zuge der Anla
generrichtung (auch nur in etwa vergleichbare) Mehr
kosten verursacht hätteo
So wirken sich - um nur einige wenige Fälle zu nennen -
zum Beispiel
- zu raumbeengt eingebaute Armaturen
- mehrere aktive Komponenten ohne Zwischen-
Abschirmung in einem Raum
- kurze Standzeiten aktiver Komponenten
- 13 -
- komplizierte Demontage und Remontage
von aktiven Komponenten
in dieser Weise aus und bedingen damit stark erhöhte
Aufwendungen für Wartung, Inspektion oder Reparaturo
Mit anderen Wort: Zwischen Anlagekosten einerseits und
Betriebskosten infolge Strahlenbelastung andererseits
besteht ~ine Relationo Das heißt~
Bei der Planung zukünftiger Kernkraftwerke sollten die
zu erwartenden Wartungs-, Inspektions- und Reparatur
kosten sowie deren Abhängigkeit von der Strahlenbelastung
des Personals - ihrerseits eine Funktion von Anlagenge
staltung und Komponente-nauswahl - eine Berücksichtigung
als besondere Betriebskostenanteile im Rahmen der Gesamt
anlagen-Optimierung findeno
Zu berücksiclitigen ist also nicht nur die räumil.iche Auf-,
teilung und die Art und Weise der Anbringung innerhalb
der Anlage, sondern auch die Auswahl der einzelnen Kom
ponenten, wie Armaturen, Pumpen uswo, hinsichtlich ihrer
schnellen und leichten Reparaturfähigkeit bzwo Auswechsel
barkeit und ihrer Standzeito
Der leichten und schnellen Ausführung von Reparaturen so
wie kurzen Reparatur-Stillstandszeiten (Reparaturfreund
lichkeit) kommt also e.in Geldwert zu, der bei~ vorge
nannten Optimierungen zu berücksichten isto
Bei ihnen sind folgende Kostenfaktoren von Einfluß:
ao Leistungsausfall
Den weitaus größten Einflußfaktor stellen die durch
Betriebsausfall oder -einschränkung hervorgerufenen
Kosten daro Je nach Art, Lage und Größe etco des Kraft
werkes und des Netzes pp entstehen Einnahmeverluste
je Stillstandstag in der Größenordnung von rund 200 TDM
- 14 -
bei sehr großen Anlagen. Dazu müssen z.B. Kosten
für den Ersatz-Strom addiert werden, so daß eine
durchschnittliche Ausfallstunde einer größeren An
lage mit vielleicht DM 100000 bis DM 20.000 zu be
werten wäre.
Das heißt, entsprechende Aufwendungen für die Ver
meidung adäquater Stillstandszeiten müßten hier als
rentabel angesehen werden.
b. Personalkosten
Zwischen den Stillstands- bzw. Ausfallzeiten einer
Anlage einerseits sowie den Reparatur-, Wartungs-
und Inspektionszeiten andererseits besteht eine Re
lation, die ihrerseits eng mit der Strahlenbelastung
des Ausführungs- und des die Ausführung überwachenden
Personals zusammenhängt.
Die zulässige Strahlenbelastung der einzelnen Per
sonen ist durch nationale Gesetze geregelt, auf die
hier nicht eingegangen werden soll.
Mit Erreichen der gesetzlich zugelassenen maximalen
Dosen fällt die damit belastete Person für den wei
teren Einsatz im Strahlenbereich aus. Zur Verminde
rung der Strahlendosis des auch für andere Aufgaben
in der Anlage benötigten Betriebspersonals bzw. zum
Ersatz jedes mit der Maximaldosis beaufschlagten Man
nes muß qualifiziertes Leihpersonal eingesetzt werden.
So ergibt sich unter Umständen ein durch die Strahlung
verursachter beträchtlicher Mehraufwand an Personal-------------------------~~~!~~o Gegebenenfalls muß zusätzliches Personal ein-
gestellt bzwo vorgehalten werden, um die gesamte Strah
lendosis breiter zu verteileno
Co Material- und Ersatzteil-Kosten
Die Kosten_für_Materialien_und_Ersatzteile spielen
- sofern diese von einem Lager greifbar oder ander
weitig sehr schnell beschafft werden können - gegen-
- 15 -
über den Kosten zu ao und bo meist nur eine unter
geordnete Rolleo
Zur Verminderung der Arbeitszeit im Strahlenbereich
und zur Verringerung der Stillstandszeit ist unter
Umständen ein Austausch (auch größerer) Komponenten
zu empfehleno Hierzu zählen je nach Situation Pumpen,
Wärmetauscher, Armaturen und eventuell auch ganze
Dampferzeuger ppo Vorkehrungen für einen solchen Aus
tausch auch großer Komponenten sollten bei dem Ent
wurf der Anlage getroffen werden; eine entsprechende
Ersatzhaltung sollte in einem gewissen Rahmen sicher
gestellt seino
Die absoluten Geldwerte der Kostenfaktoren zu ao, bo und
Co lassen sich für den Einzelfall, zum Beispiel für eine
bestimmte Reparatur in einer vorgegebenen Anlage, relativ
leicht erfassen; ihnen gegenüber wären die Kosten für die
gleiche Arbeit ohne Strahlenbelastung in den meisten Fäl
len vernachläßigbar kleino
Je nach der Höhe der gesamten vorausgeschätzten Kosten
zu ao bis Co, in Abhängigkeit von den verschiedenen Vor
bereitungs- und Ausführungsarten und -verfahren der Ar
beiten, kann ihr Organisator relativ leicht über die
günstigsten Lösungen entscheiden, ZoBo unter Berücksich
tigung eines eventuell neu zu beschaffenden Fernbedie
nungswerkzeuges Ooao
Bei einer gegebenen Anlage kann sich so auch zum Beispiel
die Zweckmäßigkeit der Errichtung zusätzlicher~!!!~~~=
schirmungen ergeben, deren Einbau oder Vorsehung im Zuge
der Anlagenerstellung - ohne Strahlenbelastung - aller
dings sehr viel weniger gekostet hätte *)o
* ) Ein Betrieb erklärte : "Der nachträgliche Einbau von Abschirmungen hat hunderttausende von DM gekostet. Keine Abschirmung hätte fUr den Betrieb der Anlage noch mehr Geld gefordert." Und: "Der Einbau von abschirmenden BetonbUhnen anstelle von Gitterrosten sowie eine bessere Anordnung von strahlenden Komponenten hätten w~hrend des Kraftwerksbaues keinen Pfennig zusätzlich gekostet".
- 16 -
Die infolge der Strahlung im Arbeitsbereich gegebenen
falls erwachsenden Zusatzkosten für die Arbeitsvorberei
tung, die Einarbeitung von Fremdpersonal, das Training
an einem eventuell anzufertigenden Modell, durch Spezial
werkzeuge und Vorrichtungen etco, lassen sich gleichfalls
relativ einfach ermitteln uhd bei den Optimierungsüber
legungen für eine einzelne Reparatur in einer gegebenen
Anlage berücksichtigeno
Die Problematik setzt dann ein, wenn derartige Reparatu
ren (einschließlich Inspektons- und Wartungsarbeiten)
bei der P~anung und dem Anlagenbau empfehlungsgemäß im
vorhinein berücksichtigt werden sollen, wenn also über
Investitionen - zum Beispiel für eine höhere statische Be
lastbarkeit im Hinblick auf vielleicht einmal notwendig
werdende Hilfsabschirmungen oder für die Auswechselbar
keit kompletter Dampferzeuger - und deren Wirtschaftlich
keit zu entscheiden isto Es erhebt sich dann nämlich die
Frage nach der "rentablen" Höhe dieser Investionen und
nach der Vorrangigkeit der einzelnen Maßnahmeno
Die Ermittlung der optimalen Investitionshöhe für jede ein
zelne Maßnahme ist an sich in der gleichen Weise möglich
wie bei der bereits beschriebenen Behandlung einzelner
Reparaturfälle in einer vorgegebenen Anlage; im Planungs
falle wären jedoch hier jeweils mehrere Ausführungsvarian
ten hinsichtlich Anlagengestaltung und davon abhängiger
Reparaturdurchführung bzwo -kosten zu betrachteno
Dieser Weg dürfte daher außerordentlich aufwendig sein,
sich aber dennoch - dies scheinen die Untersuchungen zu
zeigen - vielfach lohneno
Zur Vereinfachung bzwo zur Umgehung umfangreicher Unter
suchungen dieser Art müßte man daher nach anderen Ver
fahren suchen, nach Verfahren zur Ermittlung derjenigen
Aufwendungshöhen, bis zu denen sich Investitionen zur Ver
besserung insbesondere der Reparaturfreundlichkeit noch
•
17 -
rentieren, also letztlich zur M~nimierung der Summen
von Investions- und später zu erwartenden (kapitali
~ierten) Reparatur- etc. Kosten.
In dieser Hinsicht vermitteln die Untersuchungen den
Eindruck, daß sich der auf den einzelnen Fall einer War
tungsarbeit, einer Inspektion oder einer Reparatur be
zogene Quotient
Aufwand in DM Strahlenbelastung in rem
= , Zahl der Personen
Strahlenbelastung in rem
X Aufwand in DM Zahl der Personen
als Optimierungs-Kriterium anzubieten scheint, bei dem
der Nenner, die gesamte Strahlenbelastung des Personals
(in Mann mal empfangene .rem) während der betrachteten
Arbeit, ~in Maß für die .strahlenbedingte Schwierigkeit
der Reparatur und die Zweckmäßigkeit ihrer Ausführungs
weise ( aufgrund der vo'rliegenden Erfahrungen) darstellt.
Nach den bisherigen Eindrücken, die im Laufe der Unter
suchungen gewonnen wurden, dürften sich für den o.a.
Quotienten - eine gute Reparaturerfahrung vorausgesetzt
- Personal-Kostenwerte bis zu fünfstelligen DM-Beträgen
ergeben, die je mit der Bestrahlung von 1 rem verbunden
sind - die Stillstands- und Ausfallkosten zu a.) sowie
die Material- und Ersatzteilkosten zu c.) nicht mitge
rechnet.
In den folgenden Kapiteln befinden sich gelegentlich
Kostenangaben, welche schon aufgrund ihrer Größenordnun
gen klar zeigen, daß bei der Planung und Kostenoptimie
rung zukünftiger Anlagen die Wartungs-, Inspektions-
und Reparaturkosten berücksichtigt werden müssen.
Wegen des Auffangs der entsprechenden - letztlich zu
Lasten des Bauherren gehenden, diesen dann aber von
späteren Betriebskosten entlastenden - Anlage-Mehrkosten,
- 18 -
insbesondere auch derjenigen für die im einzelnen zu
treffenden Maßnahmen, sei auf Kapitel 1o5 verwieseno
Hiernach sollten derartige Anforderungen in den Anfra
gespezifikationen für die Anbieter festgelegt werden,
um so eine Gleichbasigkeit der verschiedenen Angebote
ZU wahren bZWo ZU erhalteno
Eine an eine möglichst supranationale Steuerstelle ge
richtete Empfehlung betrifft eine Grundsatzstudie über
den angesprochenen Problemkreis, in die die Anlagenkon
zeptionen möglichst vieler Herstellerfirmen und entspre
chende Erfahrungen aus von diesen erstellten Anlagen mit
verschiedenen Reaktortypen einbezogen werden sollteno
Wegen der erforderlichen Eindringtiefe in die Kosten
struktur und die Kosten der entsprechenden Anlagen ist
es evident, daß Umfang und Aufwand einer solchen Studie
nicht unbeträchtlich sein dürfteno
Eine Zusatzempfehlung beinhaltet sinngemäß eine syste
matische Tauglichkeitsuntersuchung der einschlägigen
Kernkraftwerkskomponenten auf einer möglichst breiten,
die entsprechenden Arbeiten der einzelnen Hersteller
firmen überschreitenden Basiso
Der überwiegende Teil der heutigen Kernkraftwerkskompo
nenten wurde nämlich - nach mehr oder weniger weitge
hender Anpassung an die erhöhten Anforderungen, wie
Standzeit, Wartungsfreiheit, Reparatur- und Inspektions
freundlichkeit uswo - aus dem konventionellen Dampfkraft
werksbau übernommen und ist durchaus nicht einheitlich
sondern von Hersteller zu Hersteller partiell sogar sehr
verschiedeno Aus diesen Gründen scheint eine systemati
sche (Nach-) Selektion angebracht, die sowohl technische
als auch technisch-wirtschaftliche Aspekte berücksichti
gen und auf eine Erhöhung der Wartungs-, Inspektions-
und Reparaturfreundlichkeit der Anlagen abgestellt sein
sollteo
- 19 -
Als Initiator sollte auch hier möglichst eine supra
nationale Steuerungsstelle auftreten, allein schon um
den Zugang zu den heterogenen Erfahrungsquellen besser
zu eröffneno
Grundsatzbetrachtungen und -empfehlungen
Die i~ den einzelnen Kernkraftanlagen vorliegenden Er
fahrungen (in bezug auf die Aufgabenstellung) differie
ren in ihrer Breite und Vielzahl erheblich voneinander,
je nachdem wie stark die Kreisläufe aktiviert bzwo kon
taminiert wareno Maßgebend hierfür war natürlich der
Umstand, ob ~E~~~~!~~~~~=i~~l:§~~~9~~ eingetreten waren oder nicht.
Die aus den besuchten Anlagen berichteten Aktivitäten
des Primär-Kühlmittels lagen nach mehrjährigem Betrieb
etwa bei den in Tabelle 2, wiedergegebenen Werteno
Tabo 2 Aktivitäten des Primär-Wassers in Curie(m3
bei LWR-Anlagen
mit 1 ohne
Edelgasaktivitäten
maximal (mit BE-Schäden) 200 20
Durchschnitte 7 0,7
minimal (ohne BE-Schäden) 10- 3 10-4
Bei Anlagen mit defekten Brennelementen lag die Gesamt
aktivität zwischen 7 und 200 Ci/m3 Wasser, einschließ
lich Edelgaseno
Bei hohen Aktivitäten des Reaktor-Kühlmittels hatten In
spektions-, Wartungs- und Reparaturarbeiten im Primär
bereich der Anlagen naturgemäß entsprechend hohe Dosis
belastungen des Ausführungspersonals zur Folgeo
- 20 -
Die hauptsächlichen Gründe für die Kreislaufaktivität
liegen - neben dem Substanzaustrag bei BE-Schäden - in
der Korrosion der Werkstoffe des Kreislaufsystems, der
Aktivierung der Korrosionsprodukte im Reaktor sowie
ihrer Ablagerung an den Werkstoffoberflächen (Kontamina
tion), also in gelösten und suspendierten sowie abgela
gerten Substanzeno
Außerdem sind die aktiven Gase, insbesondere Edelgase,
anzuführen, die jedoch relativ leicht ausgetrieben wer
den könneno Zu den aktiven Gasen zählt als besonders 16 harterf-Strahler (6,2 MeV) das aus dem Sauerstoff 0
des Kühlmittels in einem Cn;p)-Prozeß gebildete N16 mit
einer Halbwertzeit von 7,35 Sekundeno
Die Korrosion der Werkstoffe sowie Bildung von festen
und gelösten Korrosionsprodukten in den LWR-Kernkraft
werken unterscheiden sich dem Prinzip nach nicht von
den entsprechenden Vorgängen, die von den konventionel
len Dampfkraftwerken her bekannt sindo Auch hier beste
hen die Korrosionsprodukte im wesentlichen aus Eisen-,
Chrom- und anderen Metalloxiden, insbesondere Magnetito
Bei den Ablagerungen handelt es sich in beiden Fällen
gleichfalls im wesentlichen um
ao dünne, sehr widerstandsfeste und harte, polykri
stallin - evtlo in mehreren Schichten - "aufge
wachsene" Ablagerungen an den die Kreisläufe ein
schließenden Materialien,
bo suspendierte Festkörperteilchen relativ kleiner
Korngrößen(~ 3 µm)o
Die körnigen Teilchen setzen sich lose auf Wände und
kristalline Ablagerungen aufo Sie können - soweit nicht
in die kristallinen Ablagerungen eingebaut - leicht me
chanisch entfernt (abgewischt) werdeno
- 21 -
In Kernkraftwerken mit LWR werden diese Korrosionspro
dukte beim Durchgang durch den Reaktor - infolge des
Neutronenflusses - aktiviert, besonders stark bei zeit
weiliger Anlagerung an die Oberflächen der Brennelemen
te unter nachfolgender Wiederablösungo
Anhäufungen dieser radioaktiven Korrosionsprodukte wer
den besonders in strömungstoten Zonen beobachtet, ZoBo
im unteren Teil des Reaktordruckgefäßes, in den Wasser
kammern der Dampferzeuger (DWR) und in den Blind-Rohr
stücken von Entwässerungen ("Blinddärme") etco Sie ver
ursachen dort zum Teil punktuale Strahlungsquellen er
heblicher Stärkeo In den Wasserkammern von DWR-Dampfer
zeugern wurden Dosfsleistungen von 40 R/h und mehr fest
gestellt, in "Blinddärmen" 70 bis 100 R/h und mehro
Bei SWR-Anlagen spielt die Verdampfungskonzentration
der Korrosionsprodukte im Reaktordruckgefäß eine wesent
liche Rolle, der jedoch auf der anderen Seite eine erheb
liche Aktivitätsverminderung in den nachgeschalteten Haupt
teilen des Primärkreislaufes als Vorteil gegenüberstehto
Zur Verringerung der Kreislaufaktivität und damit zur Er
höhung der Wartungs-, Inspektions- und Reparaturfreund
lichkeit der LWR-Anlagen ergeben sich folgende
grundsätzliche Empfehlungen:
Sorgfältige Auswahl, Planung und Auslegung sowie Über
wachung, Wartung und Bedienung der (Beipass-) Reini
gungsanlagen einschließlich eventueller Magnetfiltero
Sorgfältige Planung und Einhaltung der chemischen Be
triebsbedingungeno
Sorgfältige Werkstoffauswahlo
Materialtechnologische Untersuchungen, um die physi
kalischen, mechanischen und chemischen Eigenschaften
der Werkstoffe für den Einsatz in Kernkraftanlagen
zu optimiereno Als Beispiel seien angeführt:
- 22 -
- Anwendung von Stellit im Hinblick auf Kobalt-60-Ausscheidung
- Brennelement-Hüllmaterial im Hinblick auf Hydrierschäden
- Dampferzeuger-Berohrung~ Cu-Gehalt von Wärmetauscher- und Kondensatorrohreno
- Standfestigkeit von chromierten Stählen in Kompressoren und Armaturen
- Stopfbuchsmaterial
Die Bildung und die feste Ablagerung der Korrosions
produkte folgen den Gesetzen der Löslichkeit der ent
sprechenden Oxide im Wasser in Abhängigkeit von Tempe
ratur und Drucko Da hier noch breite Wissenslücken be
stehen, sind Grundsatzuntersuchungen angebracht, deren
Ausführung hinsichtlich Breite und Tiefe die Möglich
keiten selbst größerer Hersteller- und Betreiberfirmen
bei weitem überschreiteto Deshalb scheint ein Gemein
schaftsforschungsprogramm auf übernationaler, zoBo eu
ropäischer Ebene angebracht, zu dem die entsprechenden
Forschungszentren sowie Hochschulen ihre Beiträge lei
sten sollten, um zunächst die Ursachen von Korrosion,
Korrosionsproduktbildung und festen Ablagerungsbildun
gen eindeutig - mit ihren Bedingungen - zu ermittelno
Zusatz-Untersuchungen sollten die praktischen Erfahrungen
aus einer größeren Zahl von (insbesondere auch US-) Anla
gen konzentrieren und beisteuerno
Der erste Schritt müßte in der Aufstellung eines straffen
Versuchs- und Arbeitsprogramms bestehen, dessen Ausführung
dann in allen Zweigen und Phasen systematisch und sorgfäl
tig zu überwachen wäreo
Im weiteren wird dann empfohlen, daß die für nukleare An
lagen geltenden Richtlinien für Inspektionen und Wiederho
lungsprüfungen einheitlicher und eindeutiger abgefaßt wer
den sollten, so daß tatsächlich schon bei der Konstruktion
von Anlageteilen sowie bei dem Entwurf des Anlagenkonzeptes
auf die während des s~äteren Betriebes notwendigen Prüfun
gen Rücksicht genommen werden kanno
- 23 -
Diese für die Prüfungen notwendigen Vorkehrungen beziehen sich auf die Zugänglichkeit und auf die Prüfungsmög
lichkeit bzw. -erleichterung.
Einen großen Einfluß auf die Aufenthaltsdauer von Repara
tur-, Wartungs- und Inspektionspersonal in Strahlenberei
chen hat die Dokumentation der Anlage, also die Festle
gung und Festhaltung aller Einzelheiten.
Der Sicherheitsbericht, Beschreibungen, Zeichnungen, Plä
ne, Kennzeichnungen in der Anlage, Photographien, Modelle
und Anleitungen sollten dem Betreiber im Bedarfsfalle hel
fen, vor den eigentlichen Arbeiten im Strahlenbereich eine
optimale Arbeitseinteilung und -vorbereitung (Zeit- und
Einsatzplan, Werkzeuge und Hilfsmittel, Ersatzteile ••• )
treffen zu können.
Alle Unterlagen sollten so früh wie möglich und auf dem
neuesten Stand zur Verfügung stehen. Jede Änderung sollte
sofort in den Unterlagen vermerkt werden, Nachträge, Er
gänzungen, unterschiedliche Sprache und Normen sind inner
halb der Unterlagen möglichst zu vermeiden.
Zeichnungen und Pläne sollten jedes Detail, auch z.B. Ent
wässerungsleitungen mit kleinsten Durchmessern, enthalten.
Zur Vermeidung von Komplikationen bei der Arbeitsdurchfüh
rung kann die Vorplanung an Modellen gute Hilfe leisten.
Der finanzielle Aufwand für diese Arbeiten lohnt sich, wenn
während des Betriebes der Anlage Reparaturzeit im Strahlen
bereich eingespart werden kann.
Hierzu tragen im vorhinein aufgestellte Reparaturanleitun
gen mit Sprengzeichnungen, Werkzeug- und Ersatzteilangaben,
evtl. mit Personal- und Einsatzplänen, bei.
Für schwierige Arbeitsvorgänge, z.B. für Arbeiten in Dampf
erzeugern, im Reaktor, an den Hauptpumpen aktiver Kreisläufe,
- 24 -
an Steuerstabantrieben (SWR), sind zur Verkürzung der Ar
beitszeit entsprechend umfangreiche Vorsorgen zu empfeh
leno
Hierzu gehören eine systematische Sammlung, Ordnung und
Vorhaltung von Reparatur- uswo Erfahrungsberichten, die
auch zentral - zoBo von Steuerungsbehörden und -stellen
oder EVU-Verbänden - aufgebaut werden könnten, sowie Uo
Uo die Ausführung von Vorstudien und Experimenten und
das Training des Personals an Modellen in natürlicher
Größe, welche die Gegebenheiten am Einsatzort naturgetreu
reproduziereno
Das nötige Werkzeug kann sehr vielfältig und einsatz
spezifisch CzoBo Endoskop, Beleuchtungsanlagen, Prüfge
räte uswo), und daher auch schwer zu beschaffen seino
Hier ist zu überlegen, ob es nicht sinnvoll wäre, ent
sprechende Geräte, aber auch Werkzeuge, Organisations
schemata Uoaomo mit mehreren Anlagenbetreibern gemein
schaftlich zu nutzeno Es könnte auch an die Bildung ei
nes (zoBo europäischen) Fach-Trupps gedacht werden, wel
cher diese Ausrüstung neben anderem mit sich führt, und
der die Anlagenbetreiber bei Organisation und Leitung
schwieriger Arbeiten unterstützt, bzwo an spezialisier
te und zentrale Reparaturtrupps für derartige Service
Leistungen sowie für größere (System-) Dekontaminationeno
Anwendung und Beachtung der Empfehlungen
Die ZoTo bereits vorstehend aufgeführten und der überwie
gende Teil der folgenden Empfehlungen bringt Vorteile für
die Betreiber von Kernkraftanlagen in der Form einer Ver
ringerung der Betriebskostenanteile für Reparatur, Wartung
und Inspektion, die jedoch bis zu einem gewissen Grade
durch - gegenüber dem bisherigen Stand - erhöhte Aufwendun
gen für die Anlagen-Planung und -Erstellung erkauft werden
müssen.
- 25 -
Da die Hersteller jedoch an möglichst niedrigen Ange
botspreisen interessiert sind, um dadurch ihre Auftrags
chancen - vor allem im internationalen Wettbewerb - zu
erhöhen, und da die Investionsplaner der Bauherren auf
möglichst niedrige Anlagekosten Wert legen müssen, sind
Wege zu überlegen, um hier entsprechende Anreize zu bie
teno Das heißt, derjenige Anbieter bzwo Hersteller, der
dem Bauherren die in der angesprochenen Hinsicht größten
Vorteile bietet, darf deshalb nicht bestraft werden, weil
er zu teuer anbietet, so daß sein Angebot deshalb aus Preis
gründen ausscheideto Es muß also sichergestellt werden,
daß die Beachtung der Empfehlungen und die daraus dem Be
treiber erwachsenden Vorteile bewertet und dem Hersteller
honoriert werdeno Dies scheint insbesondere auch im Hin
blick auf den internationalen Markt wichtig, wo ein grös
serer Sicherheitsaufwand und Ausstattungskomfort bei An
fragen mit dem Passus: "nach Üblichkeit im Herstellerland"
die Chancen des Angebotes nicht unerheblich mindern kanna
Mit anderen Worten: Es ist dafür Sorge zu tragen, daß die
Anbieter für neue Anlagen die Empfehlungen in gleicher Wei
se beachten, daß also eine Gleichbasigkeit der Angebote er
reicht wirdo
Als einfachster und sicherster Weg empfiehlt sich der Ein
bau der Empfehlungen in der Form von Spezifikationen in
die an die Hersteller gerichteten Angebots-Anforderungen
auf Neuanlagena Die Beachtung der Spezifikationen muß -
vorher angekündigt - bei der Angebotsauswahl sorgfältig
geprüft und gewertet werdeno
Wegen der Schwiergikeiten ihrer Fassung und im Hinblick
auf ihre enge Vermaschung mit anderen, gleichfalls zu
spezifizierenden Anforderungen an die Angebote sowie ih
re Einheitlichkeit ist an die Adresse von nationalen bzwo
übernationalen Steuerstellen sowie an diejenigen der EVU's
und ihrer Verbände eine Zusatzempfehlung zu richten, die
die gegebenen Vorschläge zur Gestaltung zukünftiger Kern
kraftwerke im einzelnen exakt spezifizierte
- 26 -
Erfahrungsaustausch und -Rückfluß
An generellen Ergebnissen hat die Untersuchung weiter
hin gezeigt, daß innerhalb der Europäischen Atomgemein
schaft, also über die Ländergrenzen hinweg, eine Ver
stärkung des Erfahrungsaustausches von Anlage zu Anlage
sowie zwischen Betreibern und Herstellern empfehlenswert
wäreo Hierbei müßte der Erfahrungsaustausch und -rückfluß
so geregelt werden, daß auch die Verantwortlichen in den
unteren Hierarchiestufen der Betriebe eingeschaltet wer
deno
Ein in regelmäßigen Abständen durchgeführter Erfahrungs
tausch, ZoBo zwischen den Strahlenschutzleitern, den Re
paraturfachleuten, den Dekontaminationsverantwortlichen
oder den Chemikern der Anlagen oder z.B. zwischen Schicht
führern untereinander sowie mit Konstrukteuren und anderen
Fachleuten der Hersteller und Architekt-Ingenieure, würde
als äußerst nutzbringend zu empfehlen seino
Die bisher zu diesem Zweck getroffenen Maßnahmen sind
offenbar (noch) nicht ausreichendo
- 27 -
2. MASCHINENTECHNIK
2.1 Allgemeines
Die umfangreichsten und wichtigsten Erfahrungen und Em
pfehlungen ergeben sich auf der maschinentechnischen Sei
te. Hier ist eine lange Reihe ausgeführter Arbeiten, auch
an den inneren Teilen von Kernreaktoren, welche schon län
ger in Betrieb waren - einschließlich Reparaturen an der
Kernmantelbefestigung, am Thermischen Schild, an Steuerstab
antriebstutzen u.a.m. ~ zu verzeichnen. An Brennelement~n
wurden - unter äußerst ungünstigen Bedingungen (Strahlung
und Raumenge) - Reparaturen ausgeführt. Weiterhin sind Ar
beiten an allen wichtigen Komponenten, wie z.B. Primärkreis
pumpen, Filtern, Armaturen, Wärmetauschern usw. zu nennen,
die zum Teil unter sehr hohen Strahlenbelastungen ausgeführt
wurden.
Bei Arbeiten innerhalb des Sicherheitsbehälters erwies
sich - neben der Direkt-Strahlung von aktiven Komponenten -
die Verseuchung der Gebäudeluft (Aerosole) häufig als hin
derlich. Besonders unangenehm ist hier Jod 131, welches
leicht inkorporiert wird und sich an bestimmten Stellen
im Körper (u.a. Schilddrüsen) akkumuliert.
Maßnahmen zum Schutz gegen Aerosol-Aktivitäten und zur Ver
hinderung bzw. Eindämmung von Aerosol-Imissionen werden
unter den Ziffern 2.7, 2.8, 2.9 und 5. (Armaturen, Hilfs
und Nebenanlagen, Lüftungsanlagen, Strahlenschutz) be
schrieben.
Arbeiten, welche ein Öffnen von Primärkreiskomponenten,
wie z.B. Druckgefäß, Pumpen, Damperzeuger usw., erfor
derten, werden durch die bereits unter Ziffer 1.4 kurz
beschriebenen radioaktiven Ablagerungen an den inneren
Oberflächen behindert. Wie dort ausgeführt, bestehen die
Korrosionsprodukte im Reaktorkühlmittel hauptsächlich
- 28 -
aus Eisen-, Chrom-, Kobalt-, Nickel- und anderen Me
talloxideno Vornehmlich in den Einkreis-SWR-Anlagen
trat auch Kupfer (aus den Vorwärmern und dem Kondensa
tor aufo Bei diesen Anlagen ist die Gefahr der Wasser
verunreinigung besonders groß, da lange Rohrleitungen,
die Turbine, der Kondensator und die Vorwärmer vom Re
aktorkühlmittel durchflossen werdeno Deshalb ist gerade
bei diesen Anlagen eine möglichst weitgehende Konden
satreinigung notwendigo
Während sich die Korrosionsprodukte in Anlagen mit DWR
durch den gesamten Primärkreis bewegen und sich an Krüm
mungen und Querschnittsveränderungen, in strömungsto
ten Zonen usw-, leicht absetzen, findet in einem SWR
Reaktor - wie bereits angeführt - eine Aufkonzentra
tion der Korrosionsprodukte statto Deshalb ist bei den
SWR-Anlagen eine Chemikalien-Zudosierung in den Primär
kreislauf nicht wirkungsvollo Bei den Anlagen mit DWR
wird meist LiOH und Wasserstoff dem Primärkreis zuge
geben, um den durch Radiolyse des Wassers entstehenden
Anteil OH-Ionen bzwo die gebildeten freien Wasser- und
Sauerstoffanteile zu bindeno
Die bei beiden Anlagentypen (SWR und DWR) im Bei-Pass
arbeitenden Reinigungsanlagen hatten die anfallenden Kor
rosionsprodukt-Mengen oft nicht auffangen könneno Hier
wäre zu überlegen, ob nicht ein Magnetfilter zum Abfan
gen der Magnetitanteile eine Verbesserung bringen könnteo
Zur Verminderung des stark strahlenden Kobalt-Anteiles
der Korrosionsprodukte bietet sich die Reduzierung des
Ni- bzwo Co-Gehaltes der Werkstoffe und die Einschränkung
der Anwendung von stellitierten Teilen im Primärkreislauf
Eine strikte Empfehlung gilt der besonderen Beachtung
der Speise- und Kreislaufwasser-Überwachung und -Pflegeo
- 29 -
Im Folgenden werden diejenigen Arbeiten aufgeführt,
welche besondere strahlungsbedingte Maßnahmen erfor
derten, oder welche aus Strahlengründen besonders schwie
rig wareno Hierbei angewandte Dekontaminations-Verfahren
werden in Kapitel 6 gesondert beschriebeno Primärkreis
laufaktivitäten wurden unter Ziffer 1o4 in Tabelle 2
angegebeno
Zur Abrundung des Gesamtbildes seien an dieser Stelle
noch folgende grundsätzlichen Empfehlungen ausgesprochen:
Solange auf dem Gebiet: "Zuverlässigkeit der Komponen
ten" keine wesentlichen Verbesserungen erreicht sind,
müssen die Komponenten in LWR-Kernkraftwerken so an
geordnet und eingebaut werden, daß die anfallenden
Wartungs-, Inspektions- und Reparaturarbeiten sehr
viel leichter (auch schneller) und mit sehr viel ge
ringerer Strahlenbelastung des Personals durchgeführt
werden können als bishero
Bei Änderungen an Systemen oder Komponenten ~n der
Anlage ist eine Verbesserung aller betreffender Do
kumentations-Unterlagen vorzunehmeno
Hinreichend große Absetzflächen für Reparaturfälle
sind vorzuseheno
Die Isolierung aller Komponenten, an welchen Inspek
tions-, Wartungs- oder Reparaturarbeiten geplant bzwo
erwartet werden müssen, sollte aus schnell abnehmba
ren bzwo montierbaren Formteilen besteheno
2o2 Brennelemente
Die Handhabung von schadenfreien Brennelementen, doho
von Brennelementen mit unveränderter Geometrie (ohne
Verbiegung, Verklemmung, Verschiebung) und mit dichten
- 30 -
Hüllen, ist in allen besuchten Anlagen - soweit dies
die Absicherung des Personals gegen Strahlung anbe
langt - grundsätzlich zur Zufriedenheit gelöst wordeno
2o2o1 Handhabungsprobleme
Schwierigkeiten bei der Brennelemententladung sind in
einigen Anlagen durch Verunreinigung (Trübung) des Was
sers im Flutraum entstandeno Bei dem Auffüllen des Flut
raumes über dem Reaktor wurden Korrosionsprodukte aus
dem Druckgefäß mit dem Auffüllwasser nach oben geschwemmto
Neben einer unangenehmen Beeinträchtigung der Durchsich
tigkeit des Wassers ergab sich ZoBo in einem Fall eine
Strahlendosisleistung von 100 bis 150 mR/h an der Wasser
oberfläche allein durch im Wasser gelöste Aktivität (vor
wiegend J-131, Cs-134/137) sowie durch suspendierte Kor
rosionsprodukte, wie Co-58/60 und Fe-590 Daraus resultier
te eine Strahlendosisleistung von 20 bis 50 mR/h auf der
Bedienungsbühneo
Um der Aufschwemmung der Korrosionsprodukte im Druckge
fäß aus dem Wege zu gehen, hat man in einem Fall ange
wärmtes Wasser aus dem Lagerbecken oberhalb des Reaktors
in den Flutraum laufen lasseno Durch die so bewirkte Tem
peraturschichtung (Reaktorwasser kühler als Flutwasser)
erreichte man die Füllung des Flutraumes mit klarem Was-
sero
Eine weitere Verunreinigung des Flut- und Lagerbecken
wassers wurde durch das Ausladen und den Transport der
Brennelemente verursachto
Bei SWR-Anlagen wurden sich von den Brennelementen ab
lösende Wolken aus lose an der Oberfläche der Stäbe haf
tenden Korrosionsprodukten beobachteto
- 31 -
Diese Verunreinigungen konnten wegen der sehr ge
ringen Partikelgröße nur schlecht mit der Primärreini
gungsanlage ausgefiltert werden. In einer anderen SWR
Anlage hat sich die ständige Filterung des Lagerbecken
und Flutwassers im Lagerbecken-Kühlkreislauf bewährt.
Das Wasser wird etwa alle 30 Stunden einmal über ein
mechanisch wirksames Anschwemmfilter umgewälzt.
Weiterhin hat sich der Einsatz von sogenannten '~nter
wasser-Staubsaugern" bewährt; hierunter werden Geräte ver
standen, welche entweder auf dem Wasser schwimmen oder am
Beckenrand stehen und mittels einer Pumpe und Saugrüssel
das verschmutzte Wasser über Filter pumpen.
Müssen Be- und Entladearbeiten, sowie Brennelement-In
spektions- und evtl. Reparaturarbeiten gleichzeitig
durchgeführt werden, haben sich neben der Brennelement
wechselmaschine fahrbare Bedienungsbühnen über dem La
gerbecken bewährt. Von einer solchen Bühne aus kann an
den Brennelementen im Lagerbecken gearbeitet werden,
ohne daß die Lademaschine blockiert wird. An der Bühne
können - zusätzlich zum Lagerbeckenrand - Vorrichtungen
zum Befestigen von Unterwasserwerkzeug und von Beleuch
tungskörpern angebracht werden.
2.2.2 Brennelementdemontage_und_-prüfung
In mehreren Anlagen (SWR und DWR) wurden Brennelemente
demontiert, um entweder schadhafte Stäbe zu finden oder
um Reparaturen durchzuführen. Die Konstruktion der SWR
und der DWR-Elemente war für diese Arbeiten nicht vor
gesehen. Ebensowenig waren die Lagerbecken für diese
Art Arbeiten ausgelegt, ganz abzusehen von fehlenden
Vorrichtungen für die Reparatur. Teilweise hatten die
Brennelemente - wie bereits angeführt - einen Abbrand
von bis zu 17.000 MWd/tU.
- 32 -
Das Auftreten von Brennelementschäden brachte neue
Erkenntnisse über die Ausstattung der Anlagen mit
Vorrichtungen zum Testen (Sipping, TV, Ultraschall,
Wirbelstrom), zum Handhaben (Kastenabstreifmaschine,
Drehvorrichtung, Absaugevorrichtung und Reparaturwerk
zeug) und zum Transport (Transportflaschen) sowie für
Konzeption und Konstruktion besserer Brennelemente
(Hüllenmaterial, Feuchtigkeit des Brennstoffes, Fer
tigungskontrolle).
Um aus einer Kernladung defekte Brennelemente heraus
zufinden*), wird allgemein als erstes das sogenannte
Sipping-Verfahren angewendet. Als Aktivitätsübertrager
und damit als Meßmittel wird in den meisten Anlagen Was
ser verwendet (~aß-Sipping).
Die Meßarbeiten wurden z.B. in einem Fall in speziel
len SiEEing-Boxen im Lagerbecken durchgeführt. Der Zeit
bedarf vom Greifen eines Brennelementes im Becken über
das Einsetzen in die Box, das Aufheizen auf 65 °c für
eine Jodprobenahme und die Probenahme selbst bis zum
Zurückgeben des Elementes betrug ca. eine halbe Stunde.
Für die Arbeiten wurden 5 Personen benötigt; die Strah
lenbelastung lag bei ca. 30 mrem pro Person und Schicht
(8 Stunden). D.h., bei der Durchmessung des gesamten
Kernes wurde jede beteiligte Person im Durchschnitt mit
240 mrem belastet (121 BE in 60 Stunden, 8 Schichten).
In einem anderen Fall wurden die Sippingmessungen im
Druckgefäß durchgeführt. Diese Methode erlaubt zwar ein
schnelleres Arbeiten, ist aber wesentlich ungenauer, weil
ein Aufheizen der Probe nicht möglich ist, und weil sich
der Aktivitätspegel des Bezugsmediums (Reaktorwasser)
*) Die Fehlersu~he durch Variation der Neutronenflußverteilung im Kern mittels Verstellen der Steuerstäbe ist bei modernen Anlagen mit den üblichen Steuerstabfahrrechnern problematisch.
•
•
- 33 -
im Vergleich zu dem Probewasser aus den Brennelemen
ten nicht wesentlich unterscheideto
Eine andere Methode zum Feststellen von Leckagen in
Brennelementen ist das Sippen mit Gas (Trocken-Sippen)o
Hierfür wurde ZoBo in einem Fall mit Stickstoff als
Trägergas gearbeiteto Das zu testende Brennelement
wurde im Lagerbecken in einer Spezial-Box eingeschlos
sen und über Schlauchanschlüsse mit einem Meßkreis
lauf verbundeno Diese Meßmethode hat sich gut bewährt:
geringer Nulleffekt, keine Verschleppung von Aktivitä
ten, schnelle Messung (15 Mina) daher auch schnelle Er
kennung eventueller Meßfehler, äußerst einfache Appara
tur, keine Probentransporte in ein Laboro
Beim Ausmessen des ganzen Kernes wurde die Bedienungs
mannschaft von 4 Personen mit caa 170 mrem pro Person
belasteto
2a2o3 BE-Inspektionen_und_-Reparaturen
Reparaturarbeiten wurden sowohl an SWR- als auch an
DWR-Brennelementen durchgeführto Genaue Prüfungen der
durch das Sippen als schadhaft ausgesonderten Elemente
wurden mit Endoskop oder Fernsehkamera, Ultraschall
und Wirbelstrom im Lagerbecken der Anlagen durchgeführto
Hierbei hat sich wiederum gezeigt, daß bei der Gestal
tung der Lagerbecken auf solche Arbeiten Rücksicht ge
nommen werden mußo Hierfür erforderlich sind genügend
Platz zum Handhaben der Brennelemente sowie eine gute
Beleuchtungo Absaugvorrichtungen, Inspektions-, Prüf
und Reparatureinrichtungen sollten leicht anbringbar
bzwo vorhanden seino Auch die Konstruktion der Brenn
elemente selbst sollte auf diese Arbeiten Rücksicht
nehmeno
...
- 34 -
An DWR-Brennelementen wurden in einer Anlage Arbei
ten vorgenommen, welche den Raum für eine Längenaus
dehnung der Stäbe nach größer werdendem Abbrand er
weiterteo Es handelte sich hierbei also, genauer ge
sagt, um eine Vorsorgereparatura
Bei SWR-Brennelementen wurden einzelne defekte Stäbe
ausgewechselta Es waren Schäden entdeckt worden, wel
che in drei Kategorien eingeteilt werden können:
aa Wandschwächen
ba Beulen
Ca Risse
da Schäden an· der Schweißnaht der Endstopfena
Bei DWR-Brennelementen sind die Schadenstypen ähnlich
unterteilbar:
aa Wandschwächen
ba Einbeulungen
Ca Lochfraß
da Unerwartet große Längenausdehnung (kein direkter
Schaden) o
Im Rahmen dieser Studie kann nicht auf die technologi
schen und konstruktiven Eigenschaften von Brennelemen
ten eingegangen werdeno Es wird jedoch - wegen der Be
deutung von Brennelement-Schäden im Zusammenhang mit der
Aktivität des Wärmetransportmediums sowie wegen der bei
den Arbeiten an Brennelementen applizierten Strahlendo
sen - mit großem Nachdruck auf die Probleme der Brenn
elemtfertigung und der Brennelementhandhabung hingewie
seno In den unten folgenden Empfehlungen sollen die Kon
sequenzen aus vorangegangenen 10 Erfahrungsjahren in
den Anlagen zusammengefaßt werdeno
In diesem Zusammenhang sei auch nochmals darauf hinge
wiesen, daß die Brennelemente mit Stahlhüllen sich als
- 35 -
sehr viel weniger schadensanfällig gezeigt haben als
diejenigen mit Zircaloy-Canningo Seitens der Herstel
ler sollte deshalb die Hüllenmaterialfrage vielleicht
doch noch einmal eingehend überprüft werdeno Bei allen
Vorteilen in bezug auf die Neutronenökonomie haben
Brennelemente mit Zircaloy-Hüllen während des Einsatzes
in den verschiedensten Anlagen zu einer Reihe von Feh
lern bzwo zu einem erheblichen Reparatur- (und Still
stands-)Ausfall geführto
zusammenfassend werden folgende Empfehlungen gegeben:
In der Erkenntnis, daß Reparaturen an Brennelementen
auch in nächster Zukunft wohl nicht auszuschließen
sind, wird empfohlen, die BE-Konstruktion reparatur
freundlicher zu gestalten, indem ZoBo selbstsichernde
Verschraubungen oder Schnellverschlüsse verwendet wer
deno Brennelemente sollten so konstruiert sein, daß
man s:ieunter Wasser mit Zuhilfenahme von Vorrichtun
gen leicht demontieren und wieder zusammensetzen kanno
Zum Einschließen von defekten Brennelementen haben
sich in einer Anlage Flaschen bewährt, welche für die
sen Zweck nachträglich angefertigt worden sindo In
eine solche Flasche kann 1 Brennelement eingeschlos
sen und im Lagerbecken abgestellt werden, so daß
das Lagerbeckenwasser nicht durch aus diesem Element
austretende aktive Partikel verseucht wirdo Die Küh
lung des Elementes geschieht durch die Oberfläche
der geschlossenen Flascheo Die Flaschen sollten so
konstruiert sein, daß man sie im Brennelement-Trans
portbehälter abtransportieren kanno
Die Einrichtung einer fahrbaren Arbeitsbühne über dem
Lagerbecken hat sich ganz besonders für die reibungs
lose Durchführung der Arbeiten im Becken - parallel
zu Brennelement-Be- und Entladearbeiten - bewährto
- 36 -
Am Beckenrand sollten genügend Platz sowie auch Auf
hängevorrichtungen für das Unterwasserwerkzeug und
für Hebezeuge vorhanden seino
Für die Lagerbecken in neuen Anlagen wurde eine spe
zielle Unterteilung angeregte Hiernach sollte ein mit
einfachen Mitteln abgrenzbarer Bereich mit besonderer
Absaugung und Wasserreinigung für die Inspektion und
evtlo für eine Reparatur von Brennelementen eingerich
tet werdeno Hierin sollten auch Vorrichtungen zur Prü
fung, Säuberung und Montage der Brennelemente fest
eingebaut seino Herunterfallende Gegenstände dürfen
keine Beschädigung der Auskleidung dieser Beckenab
teilung verursachen könneno
Bei Brennelementwechseln trat oft eine starke Ver
unreinigung des Flutwassers durch aufgeschwemmte
Korrosionsprodukte eino Deshalb sollte eine Vorrich
tung zur zusätzlichen Säuberung des Flutwassers wäh
rend des Brennelementwechsels vorhanden sein (sogo
Wasserstaubsauger)o
Der Verschluß der Schleuse zwischen Flutraum und La
gerbecken sollte mit einer durch das Eigengewicht
des Schleusentores erzeugten konischen Selbstdich
tung ausgerüstet seino Ein Verschluß mit Schrauben
ist zu umständlicho
Der Brennelement-Transportkanal vom Flutraum zum La
gerbecken sollte zugänglich sein, damit evtlo hierin
auftretende Defekte behoben werden könneno
Auch muß die Unterwasserbeleuchtung des Lagerbeckens
ausreichend seino Leuchtstärken unter 500 W (Jod)
sind sinnlos; gute Lampen beginnen ab 1000 W in Punkt
strahlerno Für den Brennelementwechsel haben sich Be
leuchtungskörper mit zusammen cao 12 KW bewährt -
- 37 -
8 KW im Lagerbecken, 4 KW im Flutraumo Ein Punkt
strahler ist an der Lademaschine nötig zum Anleuch
ten des Brennelementes, welches gegriffen werden
sollo Die Leuchtkörper müssen unter Wasser einstell
bar seino Die Dichtungen müssen hitzebeständig sein
und dürfen auch bei außerhalb des Wassers eingeschal
teter Lampe nicht versprödeno
2o3 Reaktorbehälter und -einbauten
Bekanntlich müssen alle DWR- und SWR-Anlagen periodisch
abgeschaltet werden, um Brennelemente umzusetzen und ab
gebrannte Elemente 'auszuwechselno In den meisten Fällen
erfolgt dies in einem JahresrhythmUSo Doho, einmal pro
Jahr wird das Druckgefäß geöffnet; dabei werden - neben
den eigentlichen Brennelement-Umsetzarbeiten - Wieder
holungsinspektionen, Wartungs- und Reparaturarbeiten
durchgeführto
Zur beispielhaften Beschreibung dabei möglicherweise
auftretender Probleme sei ein von Stahl aus einer SWR
Anlage stammender Betriebsbericht wörtlich zitiert:
"Reaktordruckgefäß schließen: Beide Lagerbeckentore
eingesetzt und verschraubt, dann den Dampftrockner
langsam in das Druckgefäß eingefahren und gleich
zeitig den Flutraum entleerto Die Wände und den
Boden des Flutraumes haben wir mit vollentsalztem
Wasser kräftig abgespritzt und die heißen Korro
sionspordukte in die Flutraumentleerung geschwemmto
Beim Festziehen der Dampftrocknerbolzen merkten
wir, daß der Trockner 10 mm zu hoch im Druckgefäß
stand. Wir mußten noch einmal den Dampftrockner her
ausheben und den Flutraum auffüllen, erst dann konn
ten wir nach der Ursache sucheno Es stellte sich
heraus, daß ein Bügel eines Materialprobenhalters
- 38 -
umgekippt war und auf der Auflagefläche des Dampf
trockners am Kernmantel lago Vermutlich ist er beim
Hantieren mit Lampen im Reaktor durch ein Kabel um
gekippt wordeno Nachdem der Bügel wieder in seine
ursprüngliche Lage gebracht worden war, konnte der
Dampftrockner wieder in das Druckgefäß eingefahren
und der Flutraum entleert werdeno
Leider haben diese Arbeiten viel Zeit und zusätzli
che Strahlenbelastung für das Personal gebrachto
Wir mußten unsere Leute der mechanischen Werkstatt
wegen Erreichen der Vierteljahresdosis von den Ar
beiten abzieheno Die Dampftrocknerbolzen festschrau
ben, den Reaktordeckel aufs Druckgefäß aufsetzen
und die Deckelbolzen hydraulisch spannen mußten wir
dann mit 2 Elektrikern und 3 Chemiehilfsarbeitern
durchführeno Diese Hilfskräfte wurden von einem
sachkundigen eingewiesen, der aber wegen seiner
Strahlenbelastung nur noch von weitem oder kurz
zeitig vor Ort die nötigen Hilfestellungen geben
konnteo"
2o3o1 Druckgefäßdeckel-Öffnen_und_-Schließen
Das Öffnen eines Druckgefäßdeckels umfaßt folgende Ar
beiten:
Entfernen der Deckel-Isolierung, Demontage aller durch
den Deckel führenden Anschlüsse (einschließlich Steuer
stab-Antriebsvorrichtungen bei DWR), Lösen der Verschrau
bung und Abheben des Deckelso Das Schließen des Deckels
umfaßt alle Arbeiten sinngemäß in umgekehrter Reihenfol
geo
Das Öffnen der Druckgefäße wird unterschiedlich gehand
habto In Anlagen deutscher Herkunft wurde im Rahmen des
Lieferumfanges durchweg eine Deckelbolzen-Spannvorrich
tung mitgeliefert, mit deren Hilfe eine wesentliche Ar-
- 39 -
beits- und damit Zeit- bzwo Strahlendosisersparnis
beim Lösen und Verschrauben der Druckgefäßdeckel er
reicht wirdo
Bei einer Anlage amerikanischer Bauweise (DWR), bei
der diese Vorrichtung fehlte, ergab sich für den Be
treiber folgende Rechnung:
Arbeitsaufwand zum Öffnen des Deckels: 90 Mann-Stunden
Arbeitsaufwand zum Schließen des Deckels: 72 Mann-Stunden
Durch die Anwendung einer im Eigenbau gefertigten Vor
richtung welche wenigsten des Gewicht der Schrauben bei
der Montage aufnimmt und so die Arbeiter entlastet, konn
te der Arbeitsaufwand für das Deckel-Öffnen und -Schlies
sen auf je rund SO Mann-Stunden verkürzt werdeno Zu die
ser Verkürzung der Arbeitszeit trugen auch ein Training
des Personals sowie eine Verbesserung der Isolierung des
Deckels beio Die Isolierung wurde so geändert, daß sie
schnelle abnehmbar und wieder anbringbar isto Diese Maß
nahmen erbrachten eine Einsparung von 62 Mann-Stunden
für das Öffnen und Schließen des Druckgefäßdeckels, was
bei einer durchschnittlichen Umgebungsstrahlung von
45 mR/h zu einer Ersparnis an Strahlendosis von cao 2,8
Mann-rem pro Jahr führteo
Erfahrungen aus einer DWR-Anlage deutscher Herkunft zei
gen, daß man die vorher beschriebenen Arbeiten für das
Öffnen des Druckgefäßes zuzüglich der Handhabung der Be
tonabschirmung über dem Flutraum in einem Tag (8 Stunden)
durchführen kanno
Diese Zeitangabe entspricht ungefähr dem Aufwand von
50 Mann-Stunden bei der amerikanischen Anlage, nach
dem man in letzterer die Hilfseinrichtung eingesetzt
hatteo Die Leistungsgrößen der zum Vergleich herange
zogenen Anlagen sind ungefähr gleicho
- 40 -
Bei einer SWR-Anlage deutscher Herkunft verursacht
jedes Öffnen des Druckgefäßdeckels eine mittlere Strah
lendosis von cao 2 Mann-rem, jedes Schließen cao 4 Mann
remo Die mittlere Strahlungsleistung in der Umgebung
des geschlossenen Druckgefäßdeckels beträgt cao 50 mR/ho
Die Deckelbolzen werden hydraulisch gespannt, und die
Muttern sind mit der Vorrichtung zusammen transportier
baro
2o3o2 Dampftrockner_und_Wasserabscheider
Bei den meisten SWR-Anlagen befinden sich Dampftrockner
und Wasserabscheider oberhalb des Kernes im Druckgefäßo
Vor jedem Brennelementwechsel muß dieserTeil der Einbau
ten aus dem Druckgefäß herausgehoben werdeno Zum Lösen
bzwo Befestigen der Verschraubung wurde das Personalei
ner deutschen SWR-Anlage mit durchschnittlich ein bis
zwei Mann-rem belastet, weil die Konstruktion eine Fern
bedienung der Befestigung nicht zuließo
In einer anderen SWR-Anlage kam es dadurch zu einer un
nötigen Strahlenbelastung des Personals, daß ein nach
Zeichnungen angefertigter neuer Spannring zur Befesti
gung des Wasserabscheiders/Dampftrockners nicht mit
den Maßen des eingebauten Teiles übereinstimmteo Der
Einbau des neuen Spannringes konnte erst nach drei Wo
chen Verzögerung beendet werdeno Die hierbei vom Per
sonal empfangene Strahlendosis betrug cao 40 remo Die
Zeichnung des alten Spannringes war nicht geändert wor
den, nachdem man den Spannring selbst vor dem Einbau
abgeändert hatteo
2o3o3 Thermischer Schild/Kernmantel
In zwei Druckwasser-Reaktor-Anlagen amerikanischer Her
kunft mußten nach einer längeren Betriebszeit Arbeiten
- 41 -
an der Kernmantel-Befestigung und am thermischen Schild
vorgenommen werden *)o In beiden Fällen waren einige Be
festigungsschrauben durch Schwingungen des thermischen
Schildes im Wasserstrom gebrochen **)o
Um die Reparaturen im Druckgefäß vornehmen zu können,
wurden alle Einbauten entfernt und im Brennelementla
gerbecken oder im Flutraum abgestellto
Durch Neutroneneinwirkung waren die Kerneinbauteile,
welche sich in der Nähe der aktiven Zone der Brennele
mente befanden hoch aktiviert wordeno Am thermischen
Schild wurde in der einen Anlage in Höhe der Kernmitte
eine Strahlung von 1750 R/h gemesseno
Um bei den Arbeiten die Strahlung aus dem Druckgefäß
zu begrenzen, mußten 3 m Wasser über den Stellen ste
hen, an welchen gearbeitet werden sollteo Damit bei
gefülltem Flutraum ein trockener Zugang zu der Arbeits
bühne über dem Wasserspiegel im Reaktorbehälter mög
lich war, wurde ein Rohrmantel entsprechenden Durch
messers vertikal auf das geöffnete Druckgefäß ge
setzto
Zum Ausbau mußte der thermische Schild unter Wasser
zerschnitten und in einzelnen Stücken aus dem Reaktor
abtransportiert werdeno Zum Zerschneiden des Schildes
wurde ein mechanisches Schneidgerät eingesetzt, das
in der Werkstatt der Anlage gefertigt und erprobt wor
den waro
*) Die gleiche Notwendigkeit wurde bei einer Anlage deutscher Provenienz schon vor der Inbetriebnahme erkannto
**) Siehe: Wo Bastl: "Fortschritte in der Rauschanalyse zur betriebsmäßigen Überwachung von DruckwasserReaktoren", Reaktortagung 1973 o
- 42 -
Um diese Arbeiten mit einer möglichst geringen Strah
lungsexposition vornehmen zu können, wurde ein inakti
ves Modell im Maßstab 1:1 im Flutraum aufgebaut. Hier
mit wurden die Einzelarbeiten und der Abtransport ge
nauestens festgelegt und geübt.
DRUCKGEFASS OHNE EINBAUTEN STRAHLUNGSLEIST UN GEN EWG-UNTERSUCHUNGEN
Bild 1
Nach der Entfernung des thermischen Schildes maß ein
längs der Achse des Druckgefäßes niedergehender Tau
cher die Dosisleistungen innerhalb des gefluteten Ge
fäßes.
Die wesentlichen Ergebnisse seiner Messungen sind in
Bild 1 wiedergegeben.
Die während der gesamten Reparatur in der einen Anlage
aufgenommene höchste Personen-Einzeldosis betrug 1,05
rem *).Beider anderen Anlage betrug die maximale Per
sonendosis für das Entfernen des thermischen Schildes
1800 mrem, die mittlere vom Personal aufgenommene Do
sis 400 mrem; die Arbeitszeit betrug in diesem Falle
*) M.J. Kieffer: Bulletin d'Information de l'A.T.E.N., No. 87 (1971)
- 43 -
4 Monate. Der Grund für diese relativ niedrige Strah
lenbelastung war - neben den sehr guten Vorbereitungs
arbeiten - die äußerst geringe Aktivität des Primär
wassers, die zwischen 1 und 3 ° 10- 4 Ci/m3 lag. In
beiden Anlagen waren die Brennelemente (Stahlhüllen)
schadenfrei geblieben.
Die Lagerung der hochaktiven Schnitt-Teile bereitet in
Anlagen, bei welchen das Lagerbecken nur durch einen
Tunnel mit dem Flutraum verbunden ist, Schwierigkeiten.
Kann man die zerschnittenen Teile nicht in einem Behäl
ter aus der Anlage heraustransportieren, so müssen die
Teile durch den für den Transport der BE vorgesehenen
Tunnel in das Lagerbecken transportiert werden.
Die Reparatur der Kernmantelbefestigung konnte nach ge
nauer Planung und Vorübung an einem Modell ohne größere
Schwierigkeiten im Flutraum (an der Wasseroberfläche 10
bis 20 mR/h) durchgeführt werden. Die vorgenommenen Ar
beiten - einschließlich der Entfernung des thermischen
Schildes - haben sich inzwischen bewährt.
2.3.4 Sonstige_Reparaturen_im_Druckgefäß
In einer anderen Anlage wurde an dem Stutzen einer Rohr
leitung am Druckgefäß ein Riß entdeckto Messungen an
dieser Stelle ergaben - bei eingebautem Kern - eine
Strahlendosis von 3 R/h. Auch in diesem Falle wurde
ein (Holz-)Modell im Maßstab 1:1 angefertigt und eine
genaue Arbeitsvorbereitung für das Ausschleifen des
Risses und das Schweißen getroffen. Die Arbeit wurde
in 10 Tagen - vom Entdecken des Risses bis zur Prüfung
der Schweißung - ausschließlich durch Fremdpersonal
ausgeführto Im Mittel empfingen die Personen eine Do
sis von 1700 mremo Das Verhältnis von reiner Arbeits
zeit vor Ort zu Arbeitsvorbereitungszeit betrug cao
10 : 90.
- 44 -
Bei einem Siedewasserreaktor älterer Bauart wurde ei
ne Undichtigkeit an einer Steuerstabdurchführung durch
den Druckgefäßboden festgestellt. Die daraufhin durch
geführte Ultraschall-Prüfung aller Steuerstabdurchfüh
rungen ergab, daß bei einigen Durchführungen Risse im
oberen Stutzenbereich in der Nähe der Schweißnaht vor
handen waren. Nach einer genauen Überprüfung dieser
Schäden war man sicher, daß es sich um Fertigungsfehler
handelte; die Nähte der Verbindungen zwischen Stutzen
und Rohren waren in den Wurzeln nicht voll durchge
schweißt. Für die Reparatur wurden die Stutzen ausge
dreht. Anschließend wurde je ein neues Rohr mit Bund
von oben eingeführt und fernbetätigt (automatisch) mit
dem Originalstutzen im Reaktor verschweißt.
Die Ortung der undichten Stelle sowie die Ursachenfin
dung und die Reparatur gestalteten sich schwierig, da
die Schadensstelle schwer zugänglich war und im Bereich
hoher Strahlung lag. Weiterhin mußten die Vorrichtungen
für die Prüfverfahren und für die Ausführung der Repara
tur - Ausdrehen, fernbetätigtes, automatisches Schweißen -
speziell, und zwar unter Beachtung der erforderlichen
Qualität, entwickelt werden. Das Trennen und Ausdrehen
der alten Durchführungen wurde von unten - über eine
Distanz von ca. 2 m fernbetätigt - am trockenen Stutzen
durchgeführt. Auch die Schweißvorrichtung wurde von un
ten, ca. 2 m weit, in das Rohr eingeführt und zentriert.
Die hohe Strahlenleistung führte zwangsläufig zu Per
sonalproblemen. Oftmals mußte eingearbeitetes Personal
ausgetauscht werden. Die Dosisleistung lag direkt unter
halb des Druckgefäßbodens bei 0,25 bis 0,5 R/h, 6rtlich
am Primärwasser-Reinigungsstutzen bei 2 R/h. Im tiefer
liegenden Steuerstabantriebsraum wurden Werte von unge
fähr 1 R/h gemessen.
Die hohe Strahlung rührte insbesondere von der Sperr
wasserleitung und den Labyrinthdichtungen her. Durch
- 45 -
Entfernen dieser Leitungen konnte die Raumstrahlung
auf 25 bis 40 mR/h gesenkt werdeno
Folgende Empfehlungen seien hier noch einmal zusammen
gefaßt:
Die Erfahrungen der Betreiber und Ersteller von Kern
kraftanlagen über Reparaturen am Druckgefäß oder an
den Einbauten beruhen bislang auf einer noch geringen
Anzahl von Fällen; gegenseitige Mitteilung und Erfah
rungsaustausch ist bei solchen Arbeiten besonders
wichtigo
Die für Prüf- und Reparaturarbeiten in oder am Druck
gefäß erforderlichen Geräte, ZoBo Endoskope, Fernseh
anlagen, Schleif- und Schweißgeräte, sollten wegen
der hohen Anschaffungspreise von mehreren Anlagenbe
treibern gemeinschaftlich benutzt werden könneno
Eine zweckmäßige Instrumentierung wichtiger Bauteile
an diffizilen Stellen sollte nicht aus Kostengründen
entfallen; die Nachprüfung der konstruktiven Ausle
gungsdaten durch Messungen an den Komponenenten im
Betrieb kann eine frühzeitige Erkennung von möglichen
Schadensursachen sicherno
Das Öffnen und Schließen des Reaktor-Deckels sollte
durch fernbedienbare Vorrichtungen erleichtert wer
den (Abnehmen der Isolierung, Bolzenspannvorrichtung)o
Bei SWR-Anlagen sollten auch Dampftrockner und Was
serabscheider mittels Fernbedienung aus- und einge
baut werden könneno
2o4 Steuerstab-Antriebe
Aufgrund der Anbringung der Steuerstabantriebe der Sie
dewasserreaktoren unterhalb de.s Druckgefäßes, also un-
- 46 -
terhalb des Wasserspiegels, ergeben sich spezielle
Problemeo
Bei den SWR-Anlagen werden jährlich - während des BE
Wechsels - eintge Steuerstabantriebe ausgetauscht, in
spiziert, überholt und wieder eingesetzto Um dabei die
Steuerstäbe vor Ausbauschäden zu schützen, werden sie
zumeist im Reaktor belassen; die Führungsrohre werden
oben abgedichteto Beim Lösen der Antriebe wird das in
den Führungsrohren stehende aktivierte Korrosionspro
dukte enthaltene Wasser in den Raum verschütteto Dadurch
entsteht - neben einer unangenehmen Kontamination - ei
ne erhöhte Dosisbelastung des Personalso Die Revision
von 10 Steuerstabantrieben nach dieser Methode brachte
in einem Falle eine Strahlenbelastung von 12,8 Mann
remo
Hinderlich war bei diesen Arbeiten auch die Stahlkon
struktion unter den Antrieben, welche ihr Herausschleu
dern bei einem Unfall verhindern soll, und welche je
des Mal teilweise demontiert werden mußteo Darüber hin
aus bereitet die Enge des Raumes, in dem die Steuer
stabantriebe untergebracht sind, Schwierigkeiteno
In einer Anlage baute man für die Revision der hier
120 kg schweren Antriebe eine Arbeitsbühne, welche
druckluftbetrieben und in der Höhe verstellbar isto
Die Strahlung betrug in der Mitte des Steuerstabantrieb
raumes 15 mR/h, an den Flanschen 10 R/ho
Der Aus- und Einbau je eines Antriebes wurde von zwei
Personen in acht Stunden bewerkstelligt; die Inspek
tion wurde von zwei Personen in 4 Stunden durchgeführto
Zum Abbau der gesamten Innenkern-Instrumentierungs-An
schlüsse benötigten 2 Personen 8 Stunden, zum Abbau
der Sicherheits-Stahlkonstruktion, 2 Personen 4 Stundeno
- 47 -
In der gleichen Anlage wurde die Mehrzahl der zur Rei
nigung des bei Schnellabschaltungen und Stillständen
aus dem Reaktor in die Antriebe strömenden Wassers ein
gebauten Filter entfernt, um eine Ansammlung von Korro
sions-Partikeln in jenen zu vermeideno Die Reinigung
der Antriebe durch das Spülwasser (~perrwasser) wird
(auch ohne die Filter) als genügend erachteto
In einem anderen Falle wurden zwölf Regelstabantriebe
ausgebaut und einer Prüfung unterzogen; außerdem wurde
ein Flansch nachgeschliffeno Während der rund zweiwö
chigen Arbeiten empfing eine Reihe von Mitarbeiternei
ne so hohe Strahlendosis, daß sie - um unter dem höchst
zulässigen Wert von 3 rem pro Quartal zu bleiben - aus
getauscht werden mußteno Die Strahlenexposition betrug:
50 - 200 mrem: 2 Mann
200 - 500 mrem: 1 Mann
500 - 1000 mrem: 4 Mann
1000 - 1500 mrem: 6 Mann
1500 - 2000 mrem: 4 Mann
2000 - 2500 mrem: 3 Mann
Diese hohen Dosiswerte sind unter anderem darauf zurück-
zuführen, daß herkömmliches Handwerkzeug verwendet wurde,
mit dem über längere Zeiten unmittelbar am Reaktorgefäß
und den Befestigungsflanschen gearbeitet werden mußteo
Zur Zeit wird ein Modell des Steuerstabantrieb-Raumes
im Maßstab 1:1 gebaut, das zur Erprobung neu entwickel
ter Fernbedienungswerkzeuge und zu Übungszwecken dienen
sollo
Empfehlungen:
Bei SWR sollten die Einrichtungen zur Sicherung der
Steuerstabantriebe gegen ein Herausschleudern (Un-
- 48 -
fallsicherung) so gebaut sein, daß sie für Inspek~
tionsarbeiten an den Antrieben entweder leicht ent
fernbar sind, oder diese nicht behinderno
Eine Lösung ergäbe sich zoBo durch eine hydrauli
sche Höhenverstellbarkeit des Gitters; zugleich könn
te das Auffanggitter als Arbeitsplattform benutzt
werdeno
Damit bei einer DWR-Anlage die Steuerstabantriebs
Stutzen am Druckgefäßdeckel leichter inspiziert wer
den können, sollte die Deckelisolierung aus Formtei
len bestehen, welche schnell montiert bzwo demontiert
werden könneno
2o5 Wärmeaustauscher
2o5o1 Dampferzeuger
Dampferzeugerschäden traten sowohl bei SWR- als auch
bei DWR-Anlagen aufo Leckagen von der Primär- zur Se
kundärseite, aus denen sich auf der Sekundärseite je
weils ein Anstieg der Wasseraktivität ergab, waren der
Grund für viele Abschaltungeno
Über die Schadensursachen, die Lage und die Art der
Schäden kann an dieser Stelle nicht berichtet werdeno
Es sei nur darauf hingewiesen, daß zoZo noch keine ein
heitliche Meinung über den Schadensmechanismus bestehto
Als sicher gilt jedoch, daß ein Zusammenhang zwischen
Fertigung, Konstruktion, bestimmten Betriebsbedingungen
(einschließlich Wasserchemie) und aufgetretenen Schäden
bestehto Folgendes scheinen die maßgeblichen Einfluß
größen zu sein:
Fertigung: Sensibilisierung des Materials; zu große Toleranzen der Rohrdurchführung durch die Rohrplatteo
Konstruktion:
Betrieb:
- 49 -
Hohe Spannungen infolge Kaltverformung; Totwasserzoneno
Unzulässige Temperaturgradienteno Wasserchemie: Gegenwart von OH- und/ oder Cl-Ioneno
Es scheint erwiesen, daß nur das Zusammenwirken mehre
rer dieser Einflüsse zu Schäden führen kanno Auf jeden
Fall aber sollten die Toleranzen zwischen dem Rohr- und
dem Bohrungsdurchmesser in der Rohrplatte so klein wie
möglich seino
Die Glühparameter sollten so gewählt und eingehalten
werden, daß das Material möglichst wenig sensibilisiert
wirdo Die Biegespannungen infolge der Kaltverformung soll
ten so klein wie möglich gehalten werden; die Einwalzver
fahren sollten in dieser Hinsicht vielleicht noch einmal
überprüft werdeno
Die Walzstellen sollten so gelegt werden, daß von der
Sekundärseite aus zwischen Rohr und Platte kein Spalt
entsteht, in welchem ideale Verhältnisse für eine inter
kristalline Spannungsrißkorrosion herrschen würdeno
Eine verbesserte Strömungsführung auf der.•,Sekundärsei te
sollte Strömungstotzonen und damit Korrosionsprodukt
Ansammlungen vermeiden helfen, durch welche lokale Tem
peraturdifferenzen und chemische Reaktionszonen ent
stehen könneno
Die Lage der Probenahme-Anschlüsse muß so geplant sein,
daß die entnommenen Proben auch tatsächlich repräsenta
tiv sindo
Weiterhin ist die primär- und sekundärseitige Speise
wasserpflege von entscheidender Wichtigkeito Insbeson
dere die maximal zulässigen Chlor- und OH-Ionen-Konzen
tration sind genauestens einzuhalteno Hierzu ist eine
sorgfältige kontinuierliche Überwachung vonnöteno
- 50 -
Die Behebung von Schäden in Dampferzeugern mit nur ei
nem äußerem Mannloch als Zugang zu beiden Wasserkammern
hat sich als besonders schwierig erwiesen. Alle entspre
chenden Anlagenbetreiber empfahlen, zukünftig auf die
Verbindungsöffnung zwischen den Wasserkammern zu verzich
ten und stattdessen je ein Mannloch in jeder Kammer vor
zusehen.
Als Beleg für diese Empfehlung sei eine Reparatur ange
führt, bei welcher die in Tabelle 3 angegebenen Dosisbe
lastungen nur für den Aus- und Einbau des Zwischendeckels
registriert wurden.
Tab. 3 Dosisbelastungen beim Aus- und Einbau eines
Wasserkammer-Zwischendeckels D.E.
Dosisbelastung gesamt
Arbeit am Zwischendeckel (mrem)
ausbauen 3155
einbauen, 1. Versuch 2740
(3 Schrauben gefressen)
lösen, ausbauen 9480
Gewinde nachschneiden,
endgültiger Einbau 3563
Gesamt 18938
Aufenthaltszeit vor Ort: ca. 1,5 h
Die Strahlungsleistung der Deckeloberfläche betrug
ungefähr 20 R/h.
Für das Vorgehen bei den Reparaturen wurden allgemein
ein genaues Programm, in exaktes Personaltraining so
wie geeignete Hilfswerkzeuge, Vorrichtungen und Über
wachungsmethoden als besonders wichtig erachtet.
,, 51
Eine der Anlagen ·erreicht durch· ei'ne gute' Eins;itzpra....:.
nung und Arbe'i tsvorberei hing', rdurch "Eihüben d~s ~P'er:.... ·
sonals an einem Modell der Wasserkammern (Maßstab 1:1)
und dut-ch T'er:hsehaufzeichnuug yorhergeg:i\.ngene:r Repära....:
turen zur L'eckageabtlichfün\j'., efne·'Verrringer\.i'ritj<cter·-Re->
para turz.eit v:on anf.angl..ich; ·10: .. Tagi/n.a1i:L ca .... ' 1,:.'s .. Ta:ge\r.:·· i : ~- ... ')
Von· e'iner:._ anderen:. Anlage ._:$eien folgeode Werte; :ang:e:-:-... führl':. 'ci • -- '
Für eine der er·sten' Dampfe:t:zeuger--Reparafureri,- b:ei 1 der
undich'te Wärmeaustaüscher_;Rohre durch Stopfen verschlos
sen wurden, betrug die Gesamtdösis 78 rem;
Eingesetzt waren
' 5 7 Personen Fremdpe.rsonal ( 70 rem)
32 Peisonen Eigenpeisonal c· 8 rem)
89 Personen
Die Strahlung in den Wasserkammern betrug 15 R/h,, die
eigentliche Arbeitszeit zum Abdichten der defekten Roh
re 5 Stunden, die gesamte Reparaturdauer 10 Tag~.
Bei späteren gleichartigen Reparaturen betrug die Ge
samtdosis nur noch 20 rem - bei noch erheblich größe
rem Arbeitsaufwand zudem. Jedoch war - neben einer Vor
richtung für das Fixieren einer Fernsehkamera in der
Wasserkammer - eine Vorrichtung benutzt worden, die das
Setzen der Verschlußstopfen ohne Einstieg in die Was
serkammern erlaubte. Ferner waren hierbei mehrfach ver
besserte Vorrichtungen für Wirbelstrommessungen ange
fertigt und angewendet worden. Alle diese Vorrichtungen
werden unterhalb der Rohrplatte angebracht; sie erlauben
das fernbediente Abfahren des Rohrbodens und das Ein
bzw. Ausfahren der Sonden von einem Arbeitsplatz außer
halb der Wasserkammern. Eine wesentliche Reduzierung
der Reparaturzeit und damit der Strahlenbelastung wurde
- 52 -
auch dadurch erreicht, daß auf das Säubern der U-Rohr
Innenseiten vor dem Stopfen verzichtet wurdeo
Entsprechende Vorrichtungen sollten den Betreibern
von den Herstellern der Dampferzeuger (bei Bedarf)
zur Verfügung gestellt werdeno Die Positionierung,
das Ein- und Ausfahren der Sonden und das Einbringen
der Verschlußstopfen sollte durch ferngesteuerte An
triebe mit geeigneter Positionsüberwachung erfolgeno Die
Vorrichtung sollte · so gebaut sein, daß der Aufenthalt
einer Person in der Wasserkammer möglichst kurz isto Bei
möglichst seltenem Umsetzen der Vorrichtung sollten alle
Rohre geprüft bzwo gestopft werden könneno
Zur Abdichtung der per Wirbelstromprüfung als fehler
haft georteten Rohre wurde ein Sprengverfahren ange
wendeto Hierbei werden die Dicht-Zapfen mit 4 g Spreng
pulver in das defekte Rohr eingeführto Der Sprengsatz
wird durch eine Zündschnur von außen gezündeto
Die verwendete Zündschnur war jedoch mit einer PVC-hal
tigen Isolierung ummantelt, so daß bei cao 1800 vorge
nommenen Sprengungen ungefähr 10 kg Chlor durch das Ab
brennen der Zündschnüre frei wurdeo Dieser Chloranfall
im Kreislauf hatte sehr umfangreiche Reinigungsarbei
ten - verbunden mit zwei Ionenaustauscher-Beladungen
(Harzanfall) und einem Monat zusätzlichem Stillstand -
zur Folgeo
Dicht-Sprengstopfen sollten entweder mit Zündschnüren
gezündet werden, deren Isolierung kein Chlor enthält,
oder mit in den Zapfen eingebauten Zündsätzeno
Die Stra~lung in den Wasserkammern der Dampferzeuger
der besuchten Anlagen lag bei Werten zwischen 1,5 und
40 R/h, in einem Falle weit darüber hinauso
- 53 -
Bezüglich einer Dekontamination*) der Kammern vor den
Arbeiten bestanden unter den Betreibern verschiedene
Meinungen:
- In einer Anlage verzichtete man auf die Dekontamina
tion, weil man bei einer chemischen Behandlung einen
Angriff der Metalloberflächen befürchtete und für an
dere Verfahren keine geeigneten Vorrichtungen besaß;
eine behelfsmäßige Dekontamination wurde nicht vorge
nommen, weil die Durchführung eine größere Strahlen
belastung zur Folge gehabt hätte als die Ausführung
der Reparatur ohne eine solcheo
In einer andere'n Anlage wurde eine mechanische Vor
richtung •gebaut, welche den Aufenthalt des Personals
in den Wasserkammern für die Dekontamination ersparto
Das Verfahren beruht auf Sandstrahlung mit Borkristal
len von 100 bis 300 pm Korngrößeo Vorangegangene Ver
suche, in den Wasserkammern mit handgeführten Sand
strahlern zu arbeiten, hatten ergeben, daß derartige
Dekont-Arbeiten eine größere Strahlungsbelastung v~r
ursachten, als durch sie während der nachfolgenden.
Reparaturarbeiten erspart worden wäre •).
- Irt einer dritten Anlage würde eine che~{sche Kreis~
lauf-Dekontamination vorgenommeno Das Verfahren, in
dem Lösungen über einem kurzgeschlossenen Kreislauf
durch den Primärteil der Dampferzeuger gepumpt wur~
den, erbrachte Dekont-Faktoren zwischen 15 und 200:•)o
Empfehlungen:
Die Wasserkammern der Dampferteuger sollten so kon2
strui~rt sein, daß strömungstote Zonen möglichst ver
mieden werdeno Die Einläufe in die Wärmetauscherrohre
sollten strömungsgünstig sein; die Rohrplatte auf der
*) siehe Abschnitt 6
- 54 -
Unterseite sollte nur möglichst wenige, senkrechte
zur Strömungsrichtung stehende Flächen aufzeigeno
Die Konstruktion der Wasserkammern sollte eine De
kontamination mittels mechanischer Vorrichtungen
(Wasserstrahler, Sandstrahler) erleichterno
Zur Durchführung chemischer Dekontaminationen soll
ten schon bei der Planung zukünftiger Anlagen Mög
lichkeiten zum Kurzschließen bestimmter Kreislauf
abschnitte, ZoBo der Primärseite der Dampferzeuger
mit den Primärpumpen und -rohrleitungen etco, vor
gesehen werden *)o Die Materialien der Pumpen- und
Armaturendichtungen sollten entweder durch Sperrwas
ser geschützt werden können, oder gegenüber den ent
sprechenden chemischen Lösungen resistent seino Auch
Chemikalienaufgaben und -ablässe sowie Spülmöglich
keiten sind erforderlicho
Das Verfahren zum Öffnen und Schließen der Mannlöcher
wurde in allen besuchten Anlagen angesprochen und als
noch nicht optimal gelöst empfundeno Die Handhabung
der schweren Mannlochdeckel und die Art des Dicht
schraubens war in keinem der angesprochenen Fälle
auf häufiger vorkommende Reparaturen abgestellto
Eine Vereinfachung der Abdichtung der Mannlochdeckel
wäre evtlo durch schnell zu lösende und wieder fest
zuziehende Patentverschlüsse möglich, wünschenswert
wären fernbedienbare Verschlüsseo
Eine Anregung für eine entsprechende Lösung sei durch
Bild 2 gegeben, welches eine Idee für einen Verschluß
zeigto Im übrigen scheinen hier eingehendere Unter
suchungen vonnöten, deren Ausführung hiermit empfoh
len wirdo
•) Siehe Abschnitt 60101
- 55 -
Bild 2
Es sollte eine Vorrichtung zum Anschlagen von Hebe
zeug (Öse, Transportweg) vorgesehen seino
Bei der erwiesenen Häufigkeit von Dampferzeugerschäden
ist eine Betrachtung der Reparaturkosten insofern inte
ressant, als diese gemäß Abschnitt 1o3 in Relation zu
einem höheren konstruktiven und fertigungstechnischen
Aufwand zur Vermeidung bzwo Verminderung der Schäden
gesehen werden müsseno
Bei einer 1969 durch den Betreiber übernommenen Anlage
verursachte die Strahlungsbelastung bei Dampferzeuger
schäden - zusätzlich zu Produktionsausfall, Untersuchungs
und Reparaturarbeiten - in nur etwa einem Jahr folgende Kosten:
Strahlenschutz und Wäscherei 1600000 DM
Eigen-Bau von Vorrichtungen 360000 DM
Reinigung 630000 DM
Diverse Dienstleistungen 450000 DM
Radioaktive Abfallbeseitigung 2000000 DM
5040000 DM
- 56 -
Auch dieses Beispiel zeigt, daß sich Ausgaben in be
trächtlicher Höhe rentieren, um Arbeiten im Strahlungs
bereich zu vereinfachen und den damit verbundenen, in
dieser Rechnung noch nicht einmal berücksichtigten -
sehr viel höhere Kosten verursachenden - Betriebsaus
fall (siehe 1o3) zu verkürzeno
An die Untersuchung der Vorteile einer Austauschbarkeit
ganzer Apparate soll hier nur erinnert werdeno An einen
solchen Austausch sollte bei der Anlagenplanung auf je
den Fall gedacht werdeno
2o5o2 Sonstige_Wärmetauscher
Ist das Primärmedium einer Anlage - infolge von Korro
sionsprodukten oder Brennelementschäden - hoch radio
aktiv, so entstehen stark strahlende Ablagerungen auch
in den Wärmetauschern der Hilfs- und Nebenanlagen, zoBo
in den Nachkühlern des Reaktors und des Lagerbeckens,
den Wärmetauschern der Reinigungsanlage und allen Wärme
tauschern des konventionellen Bereiches, in welchen
Primärmedium fließto
In einer Anlage betrug die Strahlung an den Außenwänden
der Leerlaufkühler (Brennstofflagerbecken und Reaktor
kühlsystem) etwa 3 R/ho Um hieran Arbeiten durchführen
zu können, wurden behelfsmäßige Abschirmwände aus 3 cm
starkem Blei aufgestelli, die die Strahlung auf etwa
900 mR/h reduzierteno Das Reinigen der Kühler erwies
sich· wegen der hohen Strahlung und der beengten Einbau
verhältnisse in dieser Anlage als sehr schwierigo
Für das Ausziehen der Berohrung einschließlich Ab
schirmung bzwo für das Auswechseln der ganzen Wärme
tauscher müssen bei der Planung genügend Platz ggfso
Vorrich.t,~_ngen. ( für das Anschlagen von Hebe zeugen)
- 57 -
vorgesehen werdeno Falls der Austausch ganzer Appa
rate nicht in Betracht gezogen werden kann, müssen
von vornherein Abschirmungs-, Reinigungs-, Inspek
tions- und Abdichtreparatur-Maßnahmen festgelegt
werdeno
Es empfiehlt sich, jeweils drei Wärmetauscher von je
50 % Leistung einzusetzeno Bei vorgegebenen Abschie
berungsmöglichkeiten kann so jeweils während des Be
triebes an einem Wärmetauscher gearbeitet werden-o
Im Primärkreislauf sind alle Materialien, welche
Kupfer enthalten, unbedingt zu vermeideno Bei SWR
Anlagen gilt dies sinngemäß für sämtliche mit Pri
märwasser beaufschlagten Systemeo Monelmetall im
Vorwärmer, Kondensator etc. hat sich bewährto
Pumpen
Auch die ~E!~~E~E~!~E~~E~~' einschließlich der~~~~~
umlaufpumpen in SWR-Anlagen, haben sich zum Teil repa
raturanfällig gezeigt~ Schadensursachen waren zum Bei
spiel Fehler an den Dichtungen, an der Wärmesperre
und an den Flanschverbindungeno Auch erhöhte Leckagen
oder Schwingungen der Welle zwangen zu Abschaltungen
und Eingriffen.
Die Inspektionsintervalle für die Dichtungen, welche
von den Herstellern empfohlen wurden, waren bisher
nicht genau festlegbar; so bewegen sich zum Beispiel
die vorausgeschätzten Standzeiten zwischen 15000 und
40000 Stunden.
Hierzu kommt, daß die Pumpenräume während des Betrie
bes - wegen der vorherrschenden Neutronenstrahlung -
:.: 5g: -
zumeist nicht betretbar sindo So mußten züm''13eisp1el
in. einer Anl-a1ge ·wei tre'it:hende Abschirmmaßnahmen durch-:
geführt' werden, Um an einer 'zwangumlaufpUmpe ·arbeiten
zu könheno 'rn dem P-umpenraüm 'waren zusätzli'ch zu den
diversen Rohrleitungen noch 15 große Absperrarm'atür'en
untergebrachto Die Strahlung in diesem Raum betrug
'nach dem Abschalten der Anlage 'zwischen '7 und ·70 R/h
-je n·ach de'm"Meßo'rto
Damit die Behebung einer vorliegenden Flarischleckage
durchgeführt werden konnte, waren umfangreiche Vorar
bei te'n notwendig:
ao Vermessungen der Dosisleistungen ~abhängig·;vom Orto
bo genaues Aufmaß des Raumes mit Einbauten, üm eine
Abschirmung der strahlenden Leitungen und Armatu
ren vorbereiten zu könneno
Co Arbeitsvorbereitung und Reparaturplanung anhand von
Fotografien und Aufmaßen des Raumeso
do Anbringung von Hebezeugen und Erstellung einer pro
visorischen Einrichtung zur Dekontamination (wie
Wanne, absaugbares Zelt)
eo Bau von Hilfsabschirmungen
fo Abbau und -transport der Isolierungen
go Reparatur
ho Wiederherstellung des Betriebszustandeso
Änderungen der Leitungsführung während der Bauphase,
welche teilweise nicht in die Zeichnungen übertragen
worden waren, verursachten die Arbeiten zu bJoVor allem
- 59 -
fehlten Zeichnungen über den Verlauf von Hilfsleitun
gen und Kabeltrassen sowie über die Lage der Bühneno
Allein dieser Fall gäbe genügend Anlaß zu der strikten
Empfehlung, daß während des Baues - insbesondere auch
während der Montage - einer Anlage keine Änderungen
ohne eine sofortige Eintragung in alle entsprechenden
Zeichnungen erfolgen dürfeno In den Zeichnungen sind
weiterhin genaue Angaben über die statische Belastbar
keit der Flure und Hilfsbühnen erforderlicho Die Belast
barkeit der Bühnen muß so ausgelegt werden, daß sie
auch für später anzubringende Hilfsabschirmungen aus
reichto
Die Hilfsabschirmungen wurden zum Teil mit vorgefertig
ten Spezial-Behältern (Formkästen) aufgebaut, welche
vor Ort (zum Teil pneumatisch) mit Bleischrot gefüllt
wurdeno Hierzu mußten die genauen Aufmaße des Raumes
vorliegeno
Die Kosten für diese Hilfsabschirmung beliefen sich -
ohne Materialkosten - auf cao 40000 DMo Die Gesamt-Dosis
für die Reparatur betrug 70 remo Das Personal, welches
für die Abschirmarbeiten eingesetzt wurde, empfing zu
sammen eine Dosis von 5,7 rem; allein die Isolierar
beiten waren mit 2,4 rem verbundeno
Um derartige Strahlenbelastungen in zukünftigen Anlagen
zu vermeiden bzwo zu reduzieren, werden folgende Empfeh
lungen ausgesprocheno
In einem Pumpenraum, in welchem Primärkreispumpen
bzwo Umwälzpumpen stehen, dürfen keine weiteren, Uo
Uo stark strahlende Komponenten, wie ZoBo Schieber
o.a. unabgeschirmt untergebracht sein.
- 60 -
Bild 3
Bild 3 zeigt stellvertretend für ein Beispiel in einem
Pumpenraum die Anbringung eines Schiebers der Primärrei
nigungsanlage im Dampferzeugerraum mit 0,5 R/h Umgebungs
strahlung, in direkter Nähe zu einem Teil der Primärlei
tung mit einer Strahlung von 1 R/h. Am Schieber selbst
betrug die Strahlung ebenfalls 1 R/h.
Die Pumpen müssen von Ihren aktives Medium führenden
Leitungen abgeschirmt oder leicht abschirmbar sein.
Es müssen Hebezeuge vorgesehen sein, die auch im
Falle einer größeren Reparatur hinsichtlich Leistung,
Verfügbarkeit und Zugänglichkeit ausreichen. (Vor
sicht bei der Einplanung des Gebäudekranes für solche
Arbeiten im Hinblick auf andere Benutzungsmöglichkei
ten!)
Alle Hilfsaggregate, welche nicht unbedingt in der
Nähe der Hauptaggregate stehen müssen (z.B. Motor
lüftung, Hilfsölversorgung), sollten außerhalb des
Raumes und der Zonen hoher Strahlung installiert wer
den. Hinweis auf Feuergefahr bei Leckagen an Armatu-
- 61 -
die Dekontaminationsarbeiten (siehe Abschnitt 6)
mit 1,3 rem belasteto Das Dekont-Ergebnis war sehr
schlechto Für die Dichtschweißung arbeitete 1 Person
0,5 Stunden und wurde dabei mit einer Dosis von 500
mrem belasteto
Eine weitere Reparatur betraf die Hydrodynamische Dich
tung einer Hauptkühlmittelpumpe~ Die Reparatur wurde
von eingearbeitetem Personal in 4 Tagen durchgeführto
Es arbeiteten 19 Personen im 3-Schichtbetrieb~ Die durch
schnittlich pro Person aufgenommene Strahlendosis betrug
cao 300 mremo
Empfehlungen:
Um die Dichtungen von Hauptkühlmittelpumpen leich~
ter inspizieren bzwo reparieren zu können,· sollte
der Motor mit der Pumpe durch einen Flansch so ver
bunden sein, so daß der Motorständer während der
Arbeiten stehen bleiben kanno Hierdurch wird auch
das Einrichten des Aggregates beim Zusammenbau er
leichterto
Die Dichtungen sollten in ihrem Aufbaureparatur
freundlich, also schnell und leicht de- und remon
tierbar seino
Dichtungen, welche mit Sperrwasser beaufschlagt
werden, benötigen einen gleichmäßigen Sperrwasser
druck und äußerst sauberes Wassero Deshalb sind
ggfso in der Sperrwasserversorgung Feins~ebe und
Druckausgleichsbehälter vorzuseheno
Die Verso,rgung mit Sperrwasser aus der Pumpe selbst,
also mit Kreislaufwasser, hatte in einer Anlage die Ver
schmutzung der Dichtung mit radioaktiven Korrosionspro
dukten zur Folgeo
- 62 -
Eine der besuchten Anlagen führt jährlich in der Ab
schaltphase Vorsorgereparaturen an den Gleitringdich
tungen der Umwälzpumpen durch; die Graphitringe werden
ausgetauschto Um an den Pumpen arbeiten zu können, wur
den die umliegenden Gitterroste mit Blei abgedeckt;
Rohrleitungen und Armaturen wurden mit Bleiwolle, Blei
ziegeln oder Setzsteinen umbauta
Bei den Arbeiten hat sich der Einsatz einer Fern
sehkamera und einer Gegensprechanlage zur Überwachung
der Arbeiten bzwo zur Kommunikation bewährto
Die Vorsorgereparaturen und Dichtungswartung an 3 Pum-
pen dieser Anlage verursachten in einem Jahre eine Gesamt
Dosis von 19,5 rema
Da die Einbauten (Lager, Dichtung, Laufrad) der großen
Pumpen in den meisten Fällen stark radioaktiv waren, mußten
sie nach der Demontage dekontaminiert werden (siehe auch
Abschnitt 6)0 Hierfür war jedoch in den meisten Anlagen
keine Einrichtung vorgeseheno Deshalb mußten die Teile
in provisorisch aufgestellten Wannen chemisch behandelt
werdeno Die Wannen wurden durch ein speziell an die Lüf
tungsanlage angeschlossenes Plastikzelt umbauto
In einer Anlage, in der das Laufrad der Pumpe dekontami
niert werden mußte, wurde das Pumpengehäuse abgenommeno
An seiner Stelle wurde eine Wanne um das Laufrad herum
angeflanscht, an welcher Anschlüsse für die Spülleitun
gen angebracht wareno Die Verfahrensweise ist wiederum
in Abschnitt 6 (Dekontamination) beschriebeno
Durch eine zweckmäßige (provisorische) Abschirmung des
Arbeitsplatzes lassen sich UoUa Dekont-Arbeiten erspa
ren, bei denen die Strahlendosis eventuell höher ist,
als bei den Reparaturarbeiten ohne Dekontaminationo
- 63 -
In den meisten Fällen läßt sich durch eine genaue Aus
messung der Strahlung am Arbeitsplatz eine Optimierung
der Vorgehensweise durchführen.
2.6.2 Kolbenpumpen
In einigen der in die Untersuchung einbegriffenen An
lagen sind Kolbenpumpen zur Förderung des Dichtungs
Sperrwassers der Hauptklihlmittelpumpen, zur Förderung
des Wassers durch die Primär-Reinigungsanlage, für die
Chemikalien-Zudosierung usw. vorhanden.
Die Standzeiten dieser Kolbenpumpen lagen zwischen 400
und 1500 Stunden. Eine Strahlenbelastung des Wartungsper
sonals entstand durch das Auswechseln der Stopfbuchsen
bzw. Plunger. An der Pumpenoberfläche betrug die Strah
lung durchschnittlich 100 mR/h. Das Wechseln der Stopf
buchsen mit Plunger nahm ungefähr 2 bis 3 Stunden in
Anspruch.
Durch eine Verbesserung der Plunger-Oberfläche (Wolfram
Karbid-Aufschmelzung) konnte der Verschleiß am Kolben
in einer Anlage erheblich herabgesetzt werden. Mit die
sen Kolben konnte die Standzeit der Plunger um das 10-
fache, auf etwa 4000 Stunden verlängert werden.
Teflon-Graphit-Packungen zeigten Standzeiten von ca.
1000 Stunden; mit Teflon-Asbest wurden 1200 herreicht.
Versuche mit verschiedenen Packungsmaterialien sind noch
im Gange.
In einer Anlage wurden gute Erfahrungen mit dem Entga
sen der Kurbelgehäuse von Primär-Reinigungspumpen vor
einer Reparatur gesammelt. Durch Spillen mit Stickstoff
konnte die Aktivität an der Pumpenoberfläche von ca.
200 mR/h auf ungefähr 100 mR/h gesenkt werden.
- 64 -
Die Standzeiten der Kolbenpumpen sollten, wenn diese
aktives Medium fördern, erhöht werdeno Ansonsten soll
te man Kreiselpumpen verwendeno
20603 Pumpen_der_Hilfs-_und_Nebenanlagen
Die Auswahl der Komponenten muß für den Einsatz in Strah
lenbereichen von Kernkraftwerken unter anderen Gesichts
punkten vorgenommen werden, als es bisher für Aggregate,
wie zoBo Kreiselpumpen, im konventionellen Anlagenbau
üblich waro
Eine Maschine soll in Kernkraftanlagen während einer be
stimmten Betriebsphase bei einem Minimum an Wartung zu
verlässig arbeiteno Während dieser Zeit sollte ZoBo noch
nicht einmal das Nachziehen einer Schraube notwendig seino
Die in den Kernkraftwerken eingesetzten Pumpen wurden zum
Teil für die Anforderungen in konventionellen Anlagen
konstruiert und gefertigto Hierbei wurde auf die schnelle
Demontage-und Montagemöglichkeit bisher offenbar nicht
immer genügend Wert gelegt; ebenso auf die Abdichtung und
Qualitätskontrolleo
Die Pumpen müssen so aufgestellt werden, daß ein Mon
teur zu ihnen gelangen kann, ohne daß er sich durch
Zonen hoher Strahlungsintensität bewegen mußo
Aktive Zu- und Ableitungen sollten möglichst nur auf
einer Seite der Pumpen verlaufen und zudem abschirm
bar seino
Durch eine zweckmäßige Konstruktion der Pumpen soll
ten Lager und Dichtungen, aber auch Antriebsmotore
und Pumpen selbst schnell und leicht austauschbar
seino Hierzu tragen auch Schnellverschlüsse an Flan
schen oder an Pumpen selbst beio
2.7
- 65 -
In einer Anlage hat man die Erfahrung gemacht, daß
Kugellager nach einer exakten Qualitätskontrolle Lauf
zeiten von vielen Jahren haben (über 20000 h), während
die normalerweise gelieferten Lager Laufzeiten von nur
6000 h aufweiseno
Kugellager für den Einsatz in Strahlenbereichen soll
ten eine besonders intensive Qualitätskontrolle durch
laufeno
Auch das Auswuchten der Maschinen sollte stärker als
bisher kontrolliert werdeno
Schlecht ausgewuchtete Pumpen zeigten nach kurzer Zeit
Dichtungsleckagen, verloren Öl und liefen trockeno
In mehreren Anlagen wurden Pumpen des Sumpf-, Entwässe
rungs-, Reinigungs- und Volumenregelungssystems sowie
in der Aufbereitungsanlage nachträglich von Stopfbuchs
auf Gleitringdichtungen umgerüstet, welche sperrwasser
beaufschlagt sind und daher kaum Leckage habeno
Mechanische Dichtungen bringen längere Standzeiten,
größere Wartungsfreiheit und geringere Leckagen als
Stopfbuchsdichtungeno
Armaturen und Rohrleitungen
In einem großen Kernkraftwerk heutiger Bauart werden et
wa 2000 Schieber und Ventile sowie größenordnungsmäßig
500 km Rohrleitungen für die verschiedensten Zwecke be
nötigt o
Armaturen, welche im Primärkreis mit aktivem Medium be
aufschlagt werden, haben besondere Anforderungen an
Dichtheit gegenüber der Atmosphäre, Standfestigkeit und
schneller Wartungs- bzwo Reparierbarkeit zu erfülleno
- 66 -
Im Hinblick hierauf werden die folgenden grundsätzlichen
Empfehlungen ausgesprochen:
Die Zahl der in einer Anlage eingebauten Armaturen
ist auf das Notwendigste zu beschränken.
Die Zahl ·der verwendeten Typen sollte auf ein Min
destmaß beschränkt werden (ca. 25 bei DWR, ca. 50
bei SWR).
Unterhalb des statischen Wasserspiegels des Reaktors
sollten so wenig Armaturen wie möglich eingebaut wer
den.
Eingehende Qualitätskontrollen, Abnahme- und Einbau
prüfungen.
2.7.1 Spindel-_und_Gehäuse-Abdichtungen
Die Spindelabdichtung wird üblicherweise entweder durch
Stopfbuchsen oder durch einen Faltenbalg erreicht.
Die Faltenbalg-Abdichtung hat sich als wirkungsvoll und
zuverlässig erwiesen, ist aber z.Zt. nur bis zu bestimm
ten Druck- und Durchmesser-Grenzen einsetzbar. Im Hoch
druckbereich und bei großen Durchmessern können deshalb
nur Stopfbuchs-Abdichtungen angewendet werden.
Die Weiterentwicklung von Faltenbalgabdichtungen für
höhere Drücke und größere Durchmesser ist zu empfeh
len.
Um eine möglichst gute Abdichtung zu erreichen, und
um Leckagen sicherer feststellen und kontrollieren
zu können, sollten im aktiven Bereich möglichst Stopf
buchsen mit Zwischenabsaugung verwendet werden.
- 67 -
Besondere Probleme bereiten in allen Anlagen Spindel
Korrosionen, die offenbar schon sehr kurz nach dem Ver
packen der Stopfbuchsen infolge chemischer Reaktion
zwischen dem im Packungsmateri~l enthaltenen Chlor und
Fett einerseits sowie der Spindeloberfläche andererseits
eintreteno
Durch Messungen des Ohmschen Widerstandes zwischen
dem Packungsgehäuse und der Spindel kann der Fett
gehalt von Packungen bestimmt werdeno Der Ohmsche
Widerstand sollte so groß wie möglich seino
Hochwertige (Teflon-)Asbest-Packungen sollten einen
Chlorgehalt von weniger als 0,8 % aufweisen, verbun
den mit einem PTFE-Anteil (TEFLON) in der Größenord
nung von 22 bis 25 %; ist der im Packungsmaterial
enthaltene PTFE-Anteil höher, so sollte der Chlorge
halt noch niedriger liegeno *)
Bewährte Packungsmaterial-Paarungen sind außer Teflon
Asbest auch Teflon-Glaswolle und Graphit-Asbesto
Vor der Verwendung der Packungen sollte mit Ooeo Wi
derstand-Meßverfahren jeweils die Qualität überp~üft
werdeno
Für die Standfestigkeit und Wartungsnotwendigkeiten der
Dichtungen ist aber nicht nur die Qualität des Packungs
materials maßgebend, sondern auch die
besondere Sorgfalt beim Packen und Nachziehen nach
einer bestimmten Betriebszeito
Konstruktiv sollte auf Maßnahmen Wert gelegt werden,
welche das Packungsgehäuse möglichst kühl halten, und
welche Spindelschwingungen vermeiden oder von der Pak
kung fernhalteno Ventilspindeln sollten eine genaue
Führung besitzeno
*) VGB-Bericht : Reaktorarmaturen, 19730
- 68 -
Ventile, welche im aktiven Anlagenbereich eingebaut
werden, sollten zur Entlastung der Spindelabdichtung
im geöffneten Zustand mit einem Rücksitz ausgerüstet
sein; in diesen Sitz sollte der Ventilkegel beim Öff
nen des Ventils auch hineingedreht werdeno
In einigen Anlagen sind Schwierigkeiten beim Nachziehen
der Stopfbuchsen von außen dadurch entstanden, daß sich
das Packungsmaterial am Ring der Absaugkammer verklemm
te, so daß die Nachziehkraft nicht auf den inneren Teil
der Packung weitergeleitet wurdeo
Die Konstruktion der Stopfbuchsen mit Absaugung muß
derart sein, daß auch die innere Packung nachgezogen
werden kanno
Stopfbuchsen mit einer doppelten Nachzieheinrichtung
haben sich in einer Anlage sehr gut bewährto
Um die Demontage von Stopfbuchsen großer oder mit
starker Aktivität beaufschlagter Armaturen zu er
leichtern, haben sich Ausdrückvorrichtungen bewährt,
durch welche die Packungen mit Wasser- oder Luft
druck herausgepreßt werdeno
Die Leckagemengen aus den Zwischenabsaugungen sollten
einzeln in Schaugläsern außerhalb des Strahlenberei
ches überwacht werden könneno In jedem Schauglas soll
ten nicht mehr als 5 Leckageleitungen zusammengefaßt
werdeno
In einigen wichtigen Fällen ist die Fernüberwachung
auf Leckagen durch Thermoelemente in den Absauglei
tungen nützlicho
Die Abdichtung der Armaturengehäuse nach der Uhde-Brett
schneider-Methode hat sich nicht bewährt; nach längerer
Betriebszeit können diese Verschlüsse so fest werden,
- 69 -
daß sie nur unter Gewaltanwendung zu 6±fnen sindo
Es' sollte eine Gehäuseabdichtung entwickel:t werden,:
welche schnell zu löseri bzwo zu montieren 5ist~- und
welche den hohen Anforderungen an die Dichtigkeit
entsprichto
2o7o2 Armaturen-Anbringun9_und_-Einbau
In einigen Anlagen wurden bis zu 500 Armaturen in einem
einzigen Raum un'te-rgebrach t, ohne da'ß Zwischen-Abschir
mungen eingebaut wurden oder werden konnteno Besonders
naheliegend war es, Armaturen der Entwässerungen räum-:
lieh zusammenzufassen, um die· Wege des Bedienungspersa:
nals beim An- und Abfahren der Anlage zu verkürzen. Be'.i ' der Planung solcher Räume wurde· die Möglichkeit höherer
Strahlung zu wenig berÜcksichtigto
Bild 5 zeigt die ge
drängte Anordnung von
Armaturen in einem
Raum der Re~nigungsan~
lage.
Bild 5
In einigen Anlagen wird zur Zeit sogar ein nachträgli
cher Umbau ins Auge gefaßt, obwohl ein solcher sehr
hohe Kosten verursacht.
- 70 -
Es wird empfohlen
Armaturen des Primärkreises sollten jeweils nur an
einer Raumwand angebracht werden und untereinander
abgeschirmt oder provisorisch abschirmbar sein, um
beim Arbeiten eine Bestrahlung des Personals durch
Armaturen und Rohrleitungen ppo an den anderen Wänden
auszuschalteno
Dieses gilt auch für motorisch angetriebene oder
mechanisch fernbedienbare Armaturen, zu deren War
tung und Inspektion die Räume betreten werden müsseno
Antriebe sollten leicht demontierbar bzwo montierbar
sein, desgleichen Positionsgeber, Endschalter und
Drehmomentschaltero Eine Standardisierung dieser
Teile ist anzustrengen; eine zu einfache und/oder zu
schwache Ausführung dieser Teile sollte vermieden
werdeno
Armaturen und Antriebe müssen einzeln zugänglich sein,
so daß an ihnen Arbeiten vorgenommen werden könneno
Armaturen, welche nicht durch eine Doppelabsperrung
gesichert sind, sollten so eingebaut werden, daß die
Anbringung eines Gefriermantels möglich isto
Es sollte bei jeder einzelnen Armatur überlegt werden,
ob und wie weit (auch die Stopfbuchse) isoliert wer
den mußo Die Isolierung muß schnell und einfach mon
tierbar bzwo abnehmbar seino Hierzu sollte man Zo Bo
Formstücke mit Schnellbefestigungen verwendeno
- 71 -
Mit dem Einfrieren von Rohrleitungen wurden in einigen
Anlagen gut Erfahrungen gesammelto Als Gefriermittel
wurden flüssiger Stickstoff oder ein Kohlensäure-Alko
holgemisch verwendeto
Die Gefrier~Temperatur der Kohlensäure liegt nicht so
tief wie die Verflüssigungstemperatur des Stickstoffes,
so daß ein Einfrieren mit co2
"sanfter" vor sich gehto
Erfahrungen mit der Anwendung von Trocken-C02
in einem
Isopropyl-Alkohol-Bad reichen ZoZo bis zu Rohrdurchmes
sern von 150 mm gegen einen statischen Wasserdruck von
20 mo Versuche mit dem Einfrieren von Leitungsquerschnit
ten bis zu 250 mm 0 sind im Gangeo Mit flüssigem Stick
stoff sind Leitungen bis zu Nennweiten von 200 mm0 ein
gefroren wordeno
Die Weiterentwicklung der Einfrierverfahren, insbe
sondere auch zur Anwendung bei größeren Rohrdurch
messern, ist empfehlenswerto
2o7o3 Rohrleitungen
Das Verlegen aller Rohrleitungen, welche aktives Medium
transportieren, sollte möglichst unter Einhaltung eines
stetigen Gefälles gescheheno
Um diese Empfehlung zu verwirklichen, wird bei Planung
und Montage nicht unerhebliche Mehrarbeit - gegenüber
bislang - unvermeidbar seino Der Zweck der Verlegung in
ständigem Gefälle besteht darin, die Zahl der Entwässe
rungen und derjenigen Leitungsabschnitte zu vermindern,
in welchen sich Korrosionsprodukte ansammeln könneno Ent
wässerungen gehören zu denjenigen Leitungen, welche
nicht stetig durchflossen und damit gespült werdeno
Hier sammeln sich bevorzugt UoUo stark strahlende Par
tikel an und bilden unangenehme Punktstrahlungsquelleno
- 72 -
Besonders leicht erfolgt dies in den Entleerungslei
tungen von Behältern ( auch Wärmetauschern pp o) .. In
einer Anlage wurde an der Restentleerung eines Dampf
erzeugers eine Punktstrahlungsquelle mit der Leistung
von 750 R/h gemesseno
Rest-Entleerungsleitungen von Behältern sollten daher
nach Möglichkeit mit der Betriebsentleerung zusammenge
faßt werdeno Behälter sollten evtlo einen trichterför---migeh Auslauf besitzen; um eine Ansammlung von Partikeln
auf dem Behälterboden zu vermeideno Der Korrosionspro-
dukt....;Abfall in den Systemen, welche ständig durchströmt
werden, wird hierdurch nicht merkbar größero
zusammenfassend seien zu dem Thema Rohrleitungen noch
folgende Empfehlungen ausgesprochen:
Bei der Festlegung der Rohrleitungsführung und der·
Anbringung von Armaturen und ähnlichen anderen KomP,o
nenten muf3 hinreichend Platz vorgesehen werden, um ,
einen Aus- und Einbau vornehmen, und um die Ersatz
teile transportieren sowie um an den Komponenten
arbeiten zu könneno
Die.Leitungsführung - zumindest für alle Primärmedium
enthaltenden Rohrleitungen - .. sollte vor der Montage
genauestens, evtlo sogar anhand eines Modells, fest
gelegt werden, um eine Optimierung von Anschlüssen,
Rohrlängen, Abzweigungen und Abschirmungen zu ermög
licheno Die Zugänglichkeit muß gewährleistet seino
Der Modellbau kann evtlo sogar große Kosteneinsparun
gen während des Betriebes erbringeno
Rohrleitungen sollten - den verschiedenen Medien ent
sprechend - farbig gekennzeichnet sein; Pfeile auf
der Isolierung sollten die Flußrichtung anzeigeno
- 73 -
Leitungen, welche aktives Medium führen, dürfen nicht
unabgeschirmt durch begehbare Räume, Gänge und Korri
dore verlaufeno
Bild 6
Bild 6 zeigt frei in einem Raum verlegte Entwässerungs
leitungen, deren Strahlung mit 20 R/h gemessen wurdeo
Neben den Leitungen befinden sich Ortssteuerstellen und
eine Steckdose.
In keinem Raum sollten mehrere Wände mit primärmedi
umführenden Rohrleitungen belegt werden, so daß War
tung und Reparaturen ohne Strahlung von anderen Wän
den und Stellen des Raumes durchgeführt werden könneno
Die von Sümpfen zur Aufbereitung führenden Rohrlei
tungen sollten größere Durchmesser haben als für den
Normalbetrieb erforderlich, damit die während der In
betriebnahme und anderer abnormaler Fälle anfallenden
Spülwässer leicht abgepumpt werden können.
Krümmer in Naßdampfleitungen und Dauerentlüftungen
(z.B. von Vorwärmern) müssen gegen Erosion gepanzert
sein.
Entwässerungsanschlüsse sollten geschlossen ausge
führt werden; es sollten unter den Leckstellen keine
- 74 -
Trichter sondern Rohrverbindungen verwendet werdeno
Offene Entwässerungen führen zur Freisetzung von
Aerosoleno
Probenahmestellen sollten in einem geschlossen, ab
saugbaren Kasten - tunlichst mit Fernbedienungsmög
lichkeiten - untergebracht seino
Zur Förderung von höchstaktiven Medien und Stoffen,
wie zoBo verbrauchten Ionentauscher-Harzen, sind
flexible Schlauchverbindungen nicht zu empfehlen;
unbedingt abzuraten ist von einer Schnellverschluß
kupplung solcher Schläucheo
Zu allen (Meß-)Blenden müssen Blendenkarten vorhan
den seino Ein zweites Typenschild sollte jeweils auf
die Isolierung montiert werden, damit die Blende
auch von außen erkennbar und identifizierbar isto
Der Säuretransport für die Kondensataufbereitung etco
sollte ohne Pumpen durch natürliche Gefälle oder durch
Luftdruck vor sich gehen könneno
Die Isolierung von Rohrleitungsabschnitten, welche
regelmäßig inspiziert werden müssen CzoBo Schweiß
nähte), sollte schnell abnehmbar und montierbar seino
Rohrleitungsverbindungen mit Armaturen und Komponenten
können geschweißt oder geflanscht seino Über das Für
und Wider der jeweilig günstigen Verbindung herrschte
bisher generell keine einhellige Meinung; es kann fest
gestellt werden, daß Flanschverbindungen - wenn sie ver
wendet werden - besser konstruiert werden müssen, als
bishero
Schnell zu lösende bzwo zu schließende Verbindungen
sollten weiterentwickelt werdeno Gute Erfahrungen
haben einige Anlagen mit Gray-loc-Verbindungen gemachto
- 75 -
Hilfs- und Nebenanlagen
2.8.1 Primärwasser-Reinigung
Die Primärwasser-Beipass-Reinigungsanlage war in vielen
Kernkraftanlagen nicht in der Lage, die sich während des
Betriebes in den Kreisläufen bildenden Korrosionsproduk
te wLrkungsvoll aufzufangen.
- Ursache kann zum einen die relativ zur umgewälzten
Hauptkilhlmittelmenge zu geringe Menge tles durch ~ie.
Primärwasser-Reinigung fließenden Teilstromes sein.
- Zweitens eignen sich Ionena~stauscherapparate nicht
gut als mechanische Filter zum Zurückhalten von Kor
rosionspartikeln.
- Drittens akkumulieren sich die Korrosionspartikel
- strömungsbedingt - bevorzugt im unteren Teil des
Reaktor-Druckgefäßes, von wo die Beipass-Reinigung
ihren Teilstrom absaugt.
Hierzu lassen sich folgende Empfehlungen ableiten:
Die Kapazität der Beipass-Reinigungsanlagen sollte
größer ausgelegt werden als bisher üblich und die
Reinigungsteilströme evtl. stufenweise - je nach
Bedarf -variabel einstellbar sein.
Vor den Ionenaustausch-Apparaten sollten mecha
nische Filter und möglichst auch Magnetit-Filter
eingeschaltet werden.
Diese Reinigungseinrichtungen sowie die Wärmetau
scher sollten zumindest doppelt vorhanden :Sein, um
Abschaltungen wegen Fi~terwechseln oder Reinigungs
arbeLten zu·vermeiden.
- 76 -
Die Wärmetauscher sollten so eingebaut sein, daß
man sie zum Säubern als Ganzes ausbauen und mög
lichst im Dekont-Raum ( siehe Absch.ni tt 6) bzw. in
der heißen Werkstatt (siehe Abschnitt 7.4) bearbei
ten kann.
Die Teilstrom-Entnahme für die Beipass-Reinigung aus
dem Druckgefäß sollte strömungsgerecht so erfolgen,
daß möglichst viele Korrosionspartikel in den Teil
strom gelangen; Strömungstotzonen im Reaktor soll
ten möglichst abgebaut werden.
2.8.2 Abfall-Aufbereitungsanlage
Das Problem der Abfallaufbereitung und ~lagerung ist in
den Ländern der Gemeinschaft noch nicht allgemein gelöst.
In einigen Ländern sind - zum Teil zentrale - Abfallager
stellen vorhanden, während die Abfälle in anderen Ländern
noch in den Anlagen selbst gespeichert und aufbewahrt wer
den müssen. Hier dürfte eine bessere Regelung am Platze
sein.
Eine zentrale Lagerung bzw. Endstapelung der radioakti
ven Abfälle jeweils mehrerer Kernkraftanlagen bringt frag
los Kostenvorteile für die Betriebe mit sich. Soweit je
doch eine solche z.Z. noch nicht möglich ist, müssen aus
reichende und strahlensichere Lagermöglichkeiten für ei
ne Reihe von Betriebsjahren in den Anlagen selbst vorge
sehen werden.
Auf die Lagerung und Stapelung der festen Abfälle soll
in diesem Zusammenhang nicht eingegangen werden.
Um die flüssigen Abfallmengen möglichst klein zu halten
und ihre Aufbereitung zu vereinfachen, hat sich eine
Unterteilung der Abwässer in drei Gruppen in allen An
lagen bewährt: nach der potentiellen Höhe der Radioak-
- 77 -
tivität und nach den Beimischungen in
ao Primärwässer;
bo Sumpf- und Schmutzwässer;
Co Wasch- und Duschwässero
Gute Erfahrungen bei der Aufbereitung wurden mit einem
Fäll ungs-Flockungsverf ahren. (Beispiel: , Patent Durcak)
in ve·rbindung mit einer Verdampfungs-Eindickung gemachto
Die Verdampfer sollten eine Stahlberohrung besitzen
und mindestens 5 m3/h leisten kBnneno Sie solltert
speziell für die Eindickungsaufgabe konstruiert seino
Das Verdampferkonzentrat kann mit dem Fällungs-Flok
kungsverfahren zu einem transport- bzwo lagergünsti-
gen Konzentrat hoher spezifischer Aktivität verarbei-
tet werdenoEin sparsamer Verbrauch schwer fäll- und
flockbarer Substanzen erspart Aufwand für die Aufbereitungo
Sammeltanks für Abwässer sollten so bemessen werden,
daß sie auch bei Revisionen oder großen Reparaturar
beiten genügend Kapazität besitzeno
Die Füllstandsanzeiger sollten das gesamte Volumen
des Behälters erfasseno
Die Ableitung_schwachaktiver_Abwässer, ZoBo in einen
Fluß, sollte nicht in C-Stahl ausgeführt werdeno Durch
die Rostbildung in schwarzen Leitungen und durch die
Akkumulierung von Aktivitäten in diesem Rost kBnnen
sich Schwierigkeiten ergebeno So kBnnen zum Beispiel
die Meßergebnisse bei einer Abgabe sauberen, salzfrei
en Wassers - zoBo zu Prüfzwecken - erheblich verfälscht
werdeno Zu empfehlen sind ZoBo gummierte Leitungen
oder Kunststoffleitungeno
Stark aktive Konzentrate bzwo fest Abfälle sollten
mBglichst in europäischer Zusammenarbeit zentral ver
arbeitet und gelagert werdeno
- 78 -
In jeder Anlage sollte eine Verbrennungseinrichtung
für aktive Schmierstoffe, Kleidung, Papier (Filter)
USWo vorhanden seino
2o9 Lüftungsanlagen
Die Hauptaufgabe der Lüftungsanlagen, nämlich Räume
und Komponenten mit guter Luft zu versorgen und zu küh
len, soll hier nicht diskutiert werdeno Es sollte selbst
verständlich sein, daß in Räumen, welche begangen werden,
Temperaturen über 50 °c vermieden werdeno
Grundsätzlich sollte jedoch gesagt werden, daß die Lüf
tung der Räume und die Isolierung der Komponenten in der
Zukunft besser als bisher durchdacht und möglichst op
timiert werden sollteno
Im Hinblick darauf, daß an diversen Stellen im Kontroll
bereich einer Anlage Aktivität durch eine Undichtigkeit
aus dem Kühlmittel-Kreislauf in die Gebäudeatmosphäre
austreten kann, muß die Lüftungsanlage so geplant sein,
daß Aktivitäten
1o nicht von Räumen mit potentiell hoher Aerosol
aktivität in solche mit zu erwartendem niedrigem
Pegel transportiert werden können,
2 o nicht vom "heißen" in den "kalten" Bereich trans
portiert werden können,
3o überwacht und nach ihrem Ursprungsort meßtechnisch
verfolgt werden könneno
In diesem Sinne seien folgende Empfehlungen angeführt:
Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, die Umluftanla-
2~~ für Reaktorgebäude, Hilfs- und Nebenanlagenge
bäude sowie Maschinenhaus völlig voneinander zu tren
neno
- 79 -
Der Luftstrom der Umluftanlagen ist so zu führen, daß
Räume, in welchen die höchsten Aktivitäten erwartet
werden, als letzte von der Umluft erreicht werdeno
Jeder Raum, in welchem sich potentielle Leckagequellen
(Armaturen mit Stopfbuchsen, Pumpen ooo) befinden, soll
ten eine solche Abluftführung besitzen, bei der man
Aerosolmeßgeräte leicht anschließen kann; die Anschlüs
se sind vorzuseheno Eine fest installierte Fernmeßein
richtung in der Hauptwarte wäre idealo
Zumindest sollte im Sicherheitsbehälter eine Aerosol
Überwachung von Sammelsträngen der Abluft bestimmter
Raumgruppen vorgesehen seino
In dem Abluftstrang des Reaktorgebäudes sollte in Bei
pass-Schaltung ein 100 % Jodfilter (Aktivkohlefilter)
eingebaut sein, der dann einzuschalten ist, wenn ZoBo
das Druckgefäß geöffnet wirdo
Geräte zur Aerosol-Überwachung der Sicherheitsbehälter
atmosphäre sollten wegen deren Wartungsnotwendigkeit
und Fehlerhäufigkeit außerhalb des Sicherheitsbehälters
angebracht werden; in vielen Anlagen ist das Betreten
des Behälters während des Betriebes verboteno
Die Befeuchtung der Gebäudeluft sollte evtlo mit
geimpftem Deionat vorgenommen werdeno
Die an den Kühlern der Umluftanlagen durch Kondensation
anfallenden Wassermengen sollten bachtet werden; sie
sind ein guter Indikator für Leckagen aus den Kreisläu
feno
Einlaßöffnungen für Frischluft der Zuluftanlage sollten
so konstruiert sein, daß sie im Winter nicht einfrieren
oder sich mit Schnee zusetzeno
- 80 -
3o ELEKTROTECHNIK; MESS- UND REGELTECHNIK (LEITTECHNIK)
Allgemeines
Elektrotechnische sowie meß- und regeltechnische Einrich
tungBn und Ausrüstungen, Kabel und Leitungen unterschei
den sich in bezug auf die Them-atik insofern grundsätzlich
von den entsprechenden maschinentechnischen Komponenten
und ihren Einzelheiten, als sie im allg~meinen ~icht m~t
dem Primärkreislauf-Wasser in direkter Berührung stehe~
und - abgesehen von Meßfühlern und -verbindungen der In
nenkern-Instrumentierung - auch keiner Aktivierung ausge
setzt sindo
Da an ihnen auszuführende Reparaturen jedoch häufig im
Strahlungsbereich des Reaktors oder aktiver maschinentech
nischen Komponenten vorgenommen werden müssen, ist auch
hier der Reparatur-, Wartungs- und Inspektionsfreundlich
keit Aufmerksamkeit zu schenkeno
In dieser Hinsicht besteht - so könnte man vielleicht sa
gen - bei den elektro- und leittechnischen Einrichtungen
und Ausrüstungen der größte Nachholbedarf: Die Geräte und
Teile werden zumeist den normalen Fertigungsserien ent
nommen, bei denen allein schon auf ein schnelles Öffnen
und Schließen der Gehäuse sowie auf ein schnelles Aus
wechseln einzelner Bauteile nicht der Wert gelegt wird,
der entsprechenden Arbeiten bzwo Handgriffen unter Be
strahlung beigemessen werden mußo
Auch Anbringungsort und Anbringungsweise entsprechen
häufig nicht den in dieser Hinsicht zu stellenden Anfor
derungeno Sind zum Beispiel Schalter, Beleuchtungskörper,
Stellglieder, Schütze uswo zu hoch angebracht, so bedingt
allein schon die Benutzung einer Leiter einen an sich un
nötigen Aufenthalt des Personals im Strahlenbereicho Sinn
gemäßes gilt für alle anderen Arten einer unzweckmäßigen
Anbringungo
- 81 -
Generell ist zu empfehlen:
Anbringung - soweit möglich - in Räumen, an Orten
und Stellen leichter und bequemer Zugänglichkeit
außerhalb des (potentiellen) Strahlungsbereiches
anderer, insbesondere maschinentechnischer Kompo
nenten einschließlich des Reaktors selbsto
Leichte Auswechselbarkeit ganzer Geräte, Apparate
etco, ggf~ einzelner Bauteile innerhalb solcher,
zoBo Einschübe, gedruckte Schaltungen, Röhren, Spu
len, Endschalter uswo
Anwendung nur leicht zu öffnender und zu schlies
sender Geräte- bzwo Gehäuse-(Schnellverschlüsse)o
Es sei noch einmal ausdrücklich darauf hingewie
sen, daß das Auswechseln eines auch noch so pri
mitiven Instrumentes oder Schalters im Primärkreis
bereich eine unangenehme Strahlenbelastung des Per
sonals zur Folge haben kanno
Bei Transformatoren und Spulen etco sollte allge
mein eine höhere Isolationsklasse bevorzugt werden
als an sich nötigo Selbstverständlich sind alle Iso
lationen für die effektiv zu erwartenden Ortstempe
raturen auszulegen (bei einer Anlage ergaben sich
zum Beispiel infolge einer zu niedrigen Isolations
klasse erhebliche Probleme)o
Anschlüsse mit zuverlässigen Steckverbindungen ver
ringern die Arbeitszeit bei Reparatur- und Wartungs
arbeiteno
VDE- oder andere entsprechende Vorschriften sollten
in jeder Anlage einheitlich (in allen Anlagenberei
chen) eingehalten werden; von Bereich zu Bereich un
terschiedliche Vorschriften sind dem Betrieb abträg
licho Gegebenenfalls sollte man Konzepte wie ZoBo
- 82 -
das von Erdung/Nullung schon in der Ausschrei~
bung einheitlich für das gesamte Kraftwerk fest
legeno
Es ist auf Vollständigkeit. aller Unterlagen zu ach
teno So müssen zum Beispiel· auch Innenschaltbilder
für die Verstärker etco vollständig und stets griff~
bereit in einer Anlage vorgehalten werden.
Jede Schaltungsänderung muß genauestens in die Plä
ne eingetragen werden.
Antriebs- und Regeleinrichtungen für Pumpen und an
dere Maschinen sollten durch eine abschirmende Wand
von der Pumpe etc. getrennt angebracht werden.
Teile, welche nicht unbedingt in der Nähe der Maschi
nen pp. angebracht werden müssen, sollten außerhalb
der mit Strahlung beaufschla~ten Räume angeordnet
werden. In diesem Sinne sollten z.B. Ölbehälter m6g
lichst außerhalb der evtl. nicht begehbaren Räume,
zumindest außerhalb der jeweiligen Abschirmung, auf
gestell.t werden, nicht zuletzt auch wegen der großen
Brandgefahr.
Schutzhüllen aus Blech sollten die Ölleitungen ge
gebenenfalls vor Verletzungen schützen.
Die Einhaltung dieser Empfehlungen sollte im Laufe
von Planung und Montage in allen Einzelfällen syste
matisch und wiederholt geprüft und kontrolliert wer
den.
Sorgfältige Qualitätskontrollen sind auch für elek
trische Vorrichtungen und Geräte aller.Art erforder
lich.
- 83 -
Kabel und Leitungen
Elektrische Kabel und Leitungen sowie deren Verlegung
bzw. Führung geben gleichfalls auch allgemeine Proble
me auf. So hat man z.B. in einer Anlage versucht, die
Leitungsführung sehr kompakt, d.h. konzentriert, auszu
führen; hierdurch ergaben sich große Schwierigkeiten
bei der Abschirmung der Meßkabel gegen die Induktions
ströme von den Leistungskabeln sowie bei der Feuerver
sicherung.
Die aufgrund der Erfahrungen in den Anlagen auszuspre
chenden Empfehlungen sind folgende:
Die Verlegung der Hauptkabeltrassen sollte inner
halb der Anlage mit Rücksicht auf Redundanzen sowie
im Hinblick darauf vorgenommen werden, daß sich bei
Kreuzungen mit Rohrleitungen, Transportwegen usw.
keine Schwierigkeiten ergeben.
Die Kabel sollten durch Reaktor- und Maschinenhaus
in festen Kanälen geführt werden.
Die Heranführung der Kabel an die einzelnen Gebäu
de und Gebäude- bzw. Anlagenteile sollte möglichst
in getrennten Kanälen von außen her erfolgen, z.B.
vom Schaltanlagengebäude her, und zwar bereits in
Redundanzen aufgeteilt.
Innerhalb der Anlagengebäude sollten eigens hierfür
errichtete Steigschächte zu den einzelnen Geschoßen
- mit Abzweigungen zu den verschiedenen Anlagenräu
men - vorgesehen sein.
In Lüftungskanälen sollten keine Kabel und Leitungen
verlegt werden (schlechte Zugänglichkeit und zu viel
Bewegung, Reibung, Verschleiß).
- 84 -
Eine ins Detail gehende Trassierung und Verteilung
sowie möglichst eine eindeutige Trennung ist für
alle diejenigen Räume notwendig, in denen sich grös
sere Komponenten oder zum Beispiel Rohrleitungs-Kon
zentrationen befindeno
Auch sollte eine Trennung zwischen starkstromführen
den und meßtechnischen Leitungen vorgenommen werden,
um Induktionsbeeinflussungen dieser vorzubeugeno
Für eine größere Kabelanzahl haben sich ummauerte
Stahlgerüste mit Zutrittsmöglichkeiten durch Türen
sowie vertikale Steigleitern bewährto
Bei einer relativ kleinen Kabelanzahl in einer Tras
se reichen evtl o abgedeckte (im Hinblick auf eine
Dekontamination durch Wasserstrahlen) Vertiefungs
rinnen in den Wänden auso
Kabel, welche in Zonen höherer Temperaturen verlegt
werden~ müssen versprödungssicher, doho mit großer
Sicherheit gegen Übertemperatur ausgelegt oder ge
kühlt bzwo geschützt seino
Das Kabelmaterial sollte so ausgewählt werden, daß
es auch unter ungünstigen Bedingungen temperatur
beständig isto
Obwohl diese Empfehlungen zum Teil trivial erscheinen
mögen, scheint dennoch - aufgrund der vorliegenden Er
fahrungen - eine strikte Beachtung und Einhaltungskon
trolle vonnöteno
3o3 Starkstromtechnik
Starkstromtechnische Einrichtungen, Vorrichtungen, Ge
räte uswo sind - soweit im nuklearen Anlagenbereich er-
- 85 "'"
forderlich - ausgesprochene Hilsmittel, die als solche
besonders zuverlässig sein sollten. Ohne auf die eigent
liche Technik einzugehen, seien - aufgrund der in den
Anlagen vorliegenden Erfahrungen - folgende Empfehlungen
ausgesprochen:
Alle Hilfsaggregate, wie Antriebe, Lüftungen, Olver
sorgungspumpen; Schalter ••• , sollten - wenn möglich -
aus strahlenbelasteten Räumen oder Zonen verbannt
und an leicht begehbare Orte gelegt werden.
Stellmotore haben sich im allgemeinen als zuverlässig
erwiesen. Durchgehende Standzeiten von 3 Jahren (ohne
Ausfall) sind keine Seltenheit.
Schwierigkeiten bereiten jedoch häufig die Drehmo
mentabschaltung und die Endschalter. Ihr Einstellen
vor Ort ist wegen der Strahlung und wegen örtlicher
Gegebenheiten oft schwierig. Der Ausbau ist kompli
ziert und aufwendig, weil z.B. zu viele Schraubenge
löst ~erden müssen. Diese Ausrüstungen sollten zweck
entsprechender konstruiert und möglichst wartungsfrei
gemacht werden.
Erdschlußsucheinrichtungen sollten mit anwählbaren
Abgängen vorgesehen werden.
Alle großen Motoren sollten mit Einschalt- und Be
triebsstundenzählern versehen werden.
Die in Kernkraftwerken eingebauten Relais stammen im
allgemeinen aus Serienproduktionen. Eine dem Anwen
dungszweck entsprechende Qualitätskontrolle ist bisher
nicht Üblich gewesen, jedoch mit Nachdruck zu empfeh
len.
In Funktionsgruppenschaltungen verwandte Schaltele-
- 86 -
mente müssen in höchstem Maß unempfindlich gegen
Hystereseerscheinungen sein.
Das Auswechseln von Beleuchtungskörpern ist eine Ar
beit, welche u.U. große Strahlungsexposition mit sich
bringt. Birnen in Schiffsarmaturen auszuwechseln,
kostet viel Arbeitszeit. Schnellverschlüsse oder
Steckverbindungen zum kompletten Austausch der Lampen
wären hier zu empfehlen.
Die Beleuchtungseinrichtungen sollten im übrigen
möglichst wartungsfrei sein. Fest angebrachte normale
Schiffarmaturen sind wegen ihrer hohen Ausfallrate
und wegen schlechter Auswechselbarkeit der Birnen
nicht unbedingt zu empfehlen.
Es sollten 220/380 V-Steckdosen (25/60 A) in so
großer Anzahl vorgesehen werden, daß die normalen
Verlängerungskabel z.B. für Werkzeuge und für zusätz
liche Beleuchtung nur maximal 25 m lang zu sein
brauchen.
- 87 -
Meß- und Regeltechnik (Leittechnik)
Ein modernes Kraftwerk muß vom funktionellen Standpunkt
aus gesehen als eine leittechnische Einheit angesprochen
werden. Da die Leittechnik die Gesamtfunktion eines
Kraftwerkes integrierend zusammenfaßt, sei zusätzlich
zu den Ausführungen unter 3.1 - teilweise vielleicht
sogar unter Wiederholung von dort und an anderen Stellen
bereits Gesagtem - nochmals darauf hingewiesen, daß jede
Abschaltung des Reaktors eine zusätzliche Stahlenbe
lastung des Personals infolge von Stellarbeiten, Kon
trollgängen usw. zur Folge hat. So mußte zum Beispiel
eine Anlage mehrmals wegen Fehlern in der Meß- und Re
gelanlage abgeschaltet werden. Ursachen für solches Fehl
verhalten waren z.B. gebrochene Relais-Federn, klebende
Relais oder verschmutzte Kontakte.
Allgemeine Empfehlungen:
In Räumen mit hoher Strahlung sollten sich keine nicht
unbedingt dort erforderlichen Meßkreise und Regelein
richtungen pp. befinden, welche gewartet werden
müssen.
Eine besondere Qualitätskontrolle ist für solche
Bauelemente (z.B. Relais ••• ) erfoderlich, welche in
Regel- und Sicherheitssystemen von Kernkraftwerken
zum Einsatz kommen. Diese Kontrollen sollten zusätz
lich zu den bisher Üblichen durch die Hersteller
durchgeführt werden.
Regelkreise sollten redundant ausgelegt sein oder
eine von Hand einschaltbare Umgehung besitzen.
Die wichtigsten Warntableaus und Betätigungsknöpfe
sollten so groß sein, daß sie besonders leicht zu er
kennen sind.
- 88 -
Die Meßgeräte für die chemischen Messungen, inbeson
dere zur Speisewasser-tJberwachung im Primärkreis,
sollten mit möglichst kleinen Probemengen - und
möglichst kontinuierlich arbeiten.
3. 4 .1 KeEnphysikalische _Instrumentierung
Im Bereich der Kern- (Incore-) Instrumentierung ergab
sich in mehreren Anlagen eine hohe Anfälligkeit der Meß
kammer gegen Temperatur, Strahlung und Feuchtigkeit, die
häufig zu Auswechselarbeiten unter Strahlenbelastung
zwang. Repräsentative Personalbelastungsdosen konnten
praktisch nirgendwo angegeben werden, zumal die Be
lastung sehr unterschiedlich war, je nachdem zum Bei
spiel wie intensiv man die Kammerstutzen gespült hatte.
In einer Anlage mußten die gleichen Reparaturen an den
Neutronenflußmeßkammern und an anderen Zie·len der Kern
instrumentierung mehrmals durchgeführt werden. In der
Anlage wurden z.B. die B 10-Quellbereichskanäle gegen
BF 3 Zählrohre ausgewechselt.
Auch Zuführun9skabel mußten wegen einer Versprödung -
infolge Neutronenfluß und Temperatur - in einer Reihe
von Fällen ausgewechselt werden.
Bei einer Reparatur der Zuführungskabel zu den Zähl
rohren arbeiteten in einer Anlage 5 Personen ungefähr
0,5 Stunden lang, wobei die aufgenommene Gesamtdosis
zwischen 1 und 2 rem betrug. Auf 5 Personen verteilt,
ergaben sich ca. 200 bis 400 mrem pro Person für diese
an und für sich unnötige Arbeit, die nur dadurch erfor
derlich wurde, weil das Kabelmaterial nicht von vorn
herein hinreichend w~rmebeständig ausgelegt worden war.
•
#
- 89 -
Die Durchführung der Thermoelement-Meßkabel durch den
Reaktor-Deckel haben.gleichfalls Anlaß zu Reparaturen
gegeben; die Stecker zeigten Korrosionserscheinungen.
Empfehlungen:
Für Meßwertgeber, Regler, Instrumente usw. sind
kürzere Zeitkonstanten anzustreben.
"Self Powered Detectors", trockene Meßkanäle, Stand
festere Meßkammern sind gleichfalls zu erhebende For
derungen.
3.4.2 Konventionelle_Meß-_und_Regeltechnik
Die praktischen Erfahrungen Über die konventionelle Meß
und Regeltechnik gaben Anlaß zu folgenden speziellen
Empfehlungen:
Als Druckmeßinstrumente sind Barton-Zellen zu em--------------------pfehlen, die sich allgemein bewährt haben. Druck-
manometer in Marineausführung mit GlycerinfÜllung
und Membranen haben sich in einigen Anlagen ebenfalls
bewährt.
Als Füllstandsanzeiger sollten kapazitive Sonden oder
Bartonzellen eingesetzt werden.
Grenzwertgeber für Absolut- oder Differenz-Drücke
haben zum Teil eine sehr schlechte Zuverlässigkeit
gezeigt. So sind zum Beispiel Barksdale-Schalter
durch Beaufschlagung mit Überdrücken serienweise un
brauchbar geworden. Bewährt haben sich auch hier
Bartonzellen.
- 90 -
Thermoelemente bzw. Widerstandsthermometer im Pri
märsystem haben häufig Anlaß zu Reparaturen gegeben.
Vibrationen und Festfressen in den Hülsen waren
besonders häufige Schadensursachen. In einer Anlage
beträgt die Schadensquote z.Z. - nach mehrmaligem
Wechsel der Hersteller und des Materials - ca. 2 bis
3 Meßfühler pro Jahr von insgesamt 36 eingebauten Meß
wertgebern.
Lokale_Temperatur-Meßgeräte sollten an heißen und akti
ven Leitungen außerhalb der Isolierung angebracht werdeno
Es hat sich gezeigt, daß eine automatische Dberwachung
(Anzeige) der Stellung des Diesel-Lastschalters
(Kopplungsschalter) wichtig ist.
Betätigungsleitungen_für_Stellglieder_bzw._Antriebe
sollten gegebenenfalls an den Drehmos steckbar ange
bracht sein.
- 91 -
4. BAUTECHNIK
Die ("äußere") geometrische Gestaltung eines Kernkraft
werks, die Größe der einzelnen Räume, ihre Grundrisse
und Höhen sowie ihre Lage relativ zueinander, werden nach
Gesichtspunkten der Anlagentechnik Cs. Kapitel 7.)
festgelegt. Das gleiche gilt für die Gestaltung der
einzelnen Gebäude in sich sowie deren Grundsatzkonzep
tion und Gliederung.
Die Abschirmwandstärken ergeben sich aus kernphysika
lischen Berechnungen und die Bodenbelastbarkeiten folgen
aufgrund insbesondere der maschinentechnischen Konzep
tion.
Für alle diese Aufgaben übt der Bauingenieur lediglich
beratende und ausführende Funktionen aus. Eine gewisse
Gestaltungsfreiheit kommt ihm in Bezug auf die äußere
Architektur zu, bei der er sich allerdings an alle vor
genannten Randbedingungen sowie an die Grundsatzkonzep
tionen der Anlagentechnik halten muß.
In diesem Rahmen werden zur Betrachtung durch die Bau
technik die folgenden Empfehlungen zur reparatur-,
wartungs- und inspektionsfreundlicheren Gestaltung zu
künftiger - im Vergleich zu den untersuchten - Kern
kraftwerke gegeben:
Die Tragfähigkeit von Decken und Böden sollte in den
entsprechenden Räumen der nuklearen Anlagenteile so
ausgelegt werden, daß eine Belastung durch zusätzliche
Abschirmungen möglich ist.
In Räumen, in welchen unter Umständen Strahlung auf
treten kann, und die dann evtl. auch mit Vollschutz
kleidung begangen werden müssen, sollten enge
Passagen, schmale Leitern und scharfe Kanten ver-
- 92 -
mieden werden, durch die das Personal mit seiner
Schutzkleidung behindert würde.
Zwei-Komponenten-Kunststoff-Beschichtung der Fußböden
im gesamten Reaktor- und Maschinenhaus, wo im gegebe
nen Falle aktive Leckagen auftreten könnten, zwecks
leichterer Dekontaminierbarkeit und Verminderung von
Kontaminations-Verschleppungen.
Die Fußböden sollten in allen E-Anlagen und Relais
räumen rutschfest und isolierend seino
Lagerstellen für radioaktive Teile sowie die Trans
portwege zu diesen Stellen, sollten Oberflächen be
sitzen, die mit einem einfachen Deionatstrahl leicht
zu säubern (dekontaminieren) sind. Wenn möglich,
sollten derartige Stellen, zumindest die Lagerstel
len, mit Wasser Überdeckbar sein.
Vollständige Revisionszeichnungen aller nicht zugang
lichen Räume - einschließlich Stützkonstruktionen und
Bühnen - mit Belastungsangaben müssen dem Bauherrn
spätestens bei der Inbetriebnahme übergeben werden.
- 93 -
5. STRAHLENSCHUTZ
In bezug auf die Themenstellung ist der Strahlenschutz,
seine Organisation und Handhabung, von besonderer Be
deutung.
Die permanenten Strahlenschutzgruppen der in die Unter
suchungen einbegriffenen Anlagen zeigten sich personell
unterschiedlich stark besetzt und durchaus nicht gleich
wertig ausgerüstet. Es wurden zum Teil beträchtliche
Unterschiede festgestellt.
Personell sollte man - abgesehen von Eingangskon
troll-, Wäscherei- und Nähpersonal pp. - etwa 10
Personen (darunter vielleicht 2 Akademiker) als für
einen Anlageblock - relativ unabhängig von der Lei
stung - nötig annehmen. Der Leiter der Strahlen
schutzgruppe, der möglichst zugleich Leiter der
Chemiegruppe sein sollte, ist hier nicht einge
rechnet.
Sechs oder sieben dieser Männer sollten Personen
schutz-Meßtechniker sein, die während des Betriebes
und in besonderen Fällen die Personendosisleistungen
bestimmen und auch das Reparaturpersonal (Fremdper
sonal) bei seiner Arbeit überwachen.
Für das Strahlenschutzpersonal sollte jeweils im
voraus ein Jahres-Belastungsplan aufgestellt werden,
der die maximal zulässige Belastung so gering als
möglich hält und zumindest nicht voll ausschöpft, um
für abnormale und unerwartete Fälle eine Reserve zu
halten.
Vor jeder Arbeit in Bereichen größerer Strahlungsdosiß-
- 94 -
leistung führt die Strahlenschutzgruppe Messungen der
Strahlung vor Ort durch. Erst hiernach darf die Durch
führung der Arbeit freigegeben werden. Für die Betrie
be gilt:
Durch ein eindeutiges Verfahrens-Schema (Formblatt)
muß sichergestellt sein, daß keine (neue) Arbeit
innerhalb des Kontrollbereiches begonnen wird, ohne
daß die Strahlenschutzgruppe die Arbeitsstelle frei
gegeben hat.
Der Strahlenschutzgruppe obliegt - aufgrund ihrer
Messungen vor Ort - auch der Vorschlag, für den Fall
von Reparaturen oder anderen (größeren) Maßnahmen
Hilfsabschirmungen anbringen zu lassen.
Hierzu haben sich insbesondere etwa 20 kg schwere,
aus Zöpfen gefertigte Bleimatten bewährt. Diese
Matten sind gut zu handhaben und passen sich der Form
des abzuschirmenden Gegenstandes leicht an. Die
Matten sollten mit Plastikmaterial umhüllt sein, da
mit man sie leicht dekontaminieren kann. Solche
Matten sind auch im Handel erhältlich.
Auch Setzsteine aus Normalbeton sowie Bleiziegel und
Bleischrot werden verwendet. Bleischrot kann vor Ort
in vorgefertigte Formen geschüttet werden. Eine pneu
matische Förderung des Bleies sollte möglich sein.
Es sei jedoch vermerkt, daß ein nachträgliches Anbringen
von (Hilfs-) Abschirmungen nur dann sinnvoll ist, wenn
dadurch die Strahlenbelastung verringert wird, wenn also
die Belastung durch Abschirmungsarbeiten und Reparatur
zusammen geringer gehalten werden kann als bei der Repa
ratur des betreffenden Anlageteils ohne Abschirmung.
- 95 -
Eine Ausnahme von dieser Regel ergibt sich nur in eini
gen Sonderfällen, wenn nämlich die Reparaturen nur durch
einige wenige Spezialisten durchgeführt werden können.
Der Einsatz von Fernsehkameras zur Arbeitsüber
wachung von außen und zur Arbeitsablauf-Steuerung wird
sich besonders in Bereichen mit hoher Strahlung
lohnen; (z.B. Dampferzeuger-Wasserkammern). Die
Kameras sollten durch Fernbedienung schwenkbar und
fokussierbar sein.
Bevor nunmehr auf die Einrichtung für die Kontrollbe
reicns Ein- und Ausgänge sowie auf die Strahlenschutz
Ausrüstuny eingegangen wird, sei noch ein generelles
Thema angeschnitten:
Die Ermittlung bzw. Erfragung von durchschnittlichen und
maximalen Personendosen in einzelnen Reparatur- etc.
Fällen, erwies sich als außerordentlich schwierig. In
vielen Anlagen hatte man die Dosen nämlich nicht nach den
einzelnen Fällen geordnet registriert bzw. die Auswer
tungen nicht nach diesen getroffen.
Um in Zukunft eine leichtere Erfahrungsauswertung vor
nehmen zu können, geht die Empfehlung dahin, bei den
Betriebsaufzeichnungen auch eine Zuordnung auf Fall-,
Ort-, Personaleinsatz, Einsatzzeit (Mannstunden),
Gesamt-, Mittel und Maximaldosen (rem) vorzunehmen.
Außerdem sollten Incorporationen und Kontaminationen
in gleicher Weise festgehalten werden.
Im übrigen sollte in jeder Anlage generell sicherge
stellt sein, daß auch für große Reparaturfälle -
naturgemäß für Revisionen - genügend Umkleideraum,
Schutzanzüge, Handschuhe, Oberschuhe, Waschmaschinen,
Strahlenüberwachungsgeräte usw. zur Verfügung stehen.
- 96 -
5.1 Strahlenschutzbereiche
Die Notwendigkeit einer Einrichtung von Kontrollbe
reichen, auch von Erweiterungen und eventuell von Zu
satzeinrichtungen solcher, z.B. für größere Reparaturen,
ist unbestritten und wurde offenbar auch in allen in die
Untersuchungen einbegriffenen Anlagen sorgfältig be
achtet. Daher können sich die folgenden Ausführungen
auf Einzelheiten zu diesem Thema insbesondere auf geo
metrische Anordnungs- und Ausrüstungsfragen beschränkeno
Die Ein- und Ausgänge zu den Uberwachungs- und Kon
trollbereichen müssen konsequent und so geplant
werden, daß sich mqglichst keine Oberkreuzungen
der Ein- und Ausgangswege ergeben. Anlage und Ein
richtung der Kontrollbereichs-Ein- und Ausgangsräume
sollten - im Hinblick auf abnormale Reparaturfälle
u.ä. - relativ großzügig geplant werden. Erweiterungs
möglichkeiten, z.B. durch Aufstockung oder durch
Ausdehnung etwa in Büro- oder Sozialräume, die sich
verhältnismäßig leicht an andere Stellen der Anlage
verlegen lassen, sollten a priori in die Planung ein
bezogen werden.
Die Zu- und Ausgänge zum Kontrollbereich eines Kern
kraftwerkes sollten im Hinblick auf größere Repara
turen und ähnliche Anlässe - relativ unabhängig von
der Leistung in MW - für täglich mindestens 400 bis
500 Ein- und Ausgänge von etwa 200 bis 300 Personen
(Zahl der Umkleideplätze) ausgelegt werden 1 ). Dies
bedingt mindestens
- Umkleideräume von eta 100 m2 einschließlich
Kleidungsablagen (möglichst nur Spinde für
inaktive Kleidung, Haken, Waschboxen)
1) In einer Anlage betraten beim ersten BE-Wechsel täglich 200 Personen (Zahl der Umkleideplätze) 700 mal den Kontrollbereich. Die Waschmaschinenkapazität wurde von 7 kg auf 20+10+7 kg erweitert.
In einer anderen Anlage ergaben sich täglich 200 Einund Ausgänge während des Ausbaus des thermischen Schildes. Dadurch wurde u.a. eine starke Vergrößerung der Ein- und Ausgangsräume sowie der Wäscherei etc. nötig.
- 97 -
- Wasch- und Duschräume von 85 bis 90 m2, - Waschmaschinen- und Stapelungsraum für dekon-
taminierte Anzüge, Mäntel und Wäsche von etwa 2 100 m ,
- 2 Wasch- und 2 Trockenmaschinen für die Wäsche
von je 25 kg während etwa 2 Stunden,
- 1 zusätzliche (Industrie-)Waschmaschine und
eine Trocken-Zentrifuge für etwa 15 kg sind
wünschenswert.
Beim Ausgang aus dem Kontrollbereich sollten ab den
zwei hiermit empfohlenen Kontaminations-Meßgeräten
zwei Wege vorgesehen sein:
a.) Für kontaminierte Personen über Waschräume,
Duschen und andere Dekontaminierungs-Ein
richtungen und Messungen zum Ausgang.
b.) Für nicht- kontaminierte Personen über einen
Waschraum (mit freiwillig benutzbaren
Duschen) direkt zum Ausgang.
Bild 7
5.2
- 98 -
Bild Nr. 7 enthält die schematische Darstellung einer
zweckmäßigen Kontroll-Bereichs-Ein- und Ausgangsge
staltung. Der Eintritt in den Strahlenschutzbereich
erfolgt links unten. Die Entnahmen der Schutzkleidung
und Dosimeter liegen auf dem Wege zum Pförtner, welcher
den Dosimeterstand und die Personaldaten notiert, so
wie den Eintritt in den Kontrollbereich freigibt.
Der Ausgang aus dem Kontrollbereich - oben rechts -
führt wiederum an dem Pförtner vorbei zu einem Monitor,
welcher anzeigt, ob die Person kontaminiert oder nicht
kontaminiert ist. Kontaminierte Kleidung wird abgelegt,
um gewaschen zu werden. Nach Passieren der Waschanlagen
und eines weiteren Monitors vereinen sich die Wege
zum Ausgang unten rechts - wiederum am Pförtner vorbei,
Über einen Monitor.
In der einzigen in der Untersuchungen einbegriffenen
Zweiblockanlage hat sich die Zusammenfassung der Kon
trollbereichs-Ein- und Ausgänge sowie der Strahlenschutz
organisation für beide Anlagen bewährt. Leider ist je
doch eine getrennte Überwachung der in die einzelnen
Reaktoranlagen gehenden Personen schwierig durch die
Zentralisierung der Eingangskontrollen hat man keine
Kontrolle über das Betreten der einzelnen Anlage. Dies
wirkt sich insbesonders in Reparaturzeiten negativ aus,
wenn sehr viel Fremdpersonal in den Anlagen sein muße
Ausrüstung
Einen Überblick Über die Ausrüstungserfordernisse ver
mittelt eine Zusammenstellung der während der zweijähri
gen Reparatur in einen Kernkraftwerk verbrauchten Gegen
stände
750 feuchtigkeitsdichte Anzüge
29.000 Textil-Kombianzüge
- 99 -
2.800 Atemschutzmasken
17~000 wassardichte Harldsthuhe
87.000 Textilhandschuhe
7.500 kg Saugpapier
40.000 m2 Abdeckfolie
117.000 m Klebestreifen
5.000 Dosimeterfilme
Die Wäscherei hat 76 Tonnen:Stoff gewaschen und de~
kontaminiert.
Es wurden 127 Betonbehälter mit leicht aktiven festen
Abfällen (Gesamt-Strahlung ca., 3 Ci) gefüllt; an leicht
aktiven flüssen Abfäll.en wurden 40 .000 m3 mit einer
äquivalenten ß-Aktivität von 8 Ci abgegeben; 25 Beton
behälter wurden mit 550 m3 ausgedampften hochaktiven
flüssigen Abfällen (ca. 5 ·• 10- 2 Ci/m 3 ) gefüllt.
Der laufende Vorrat an Textil-Schutzanzügen beträgt zum
Beispiel in einer anderen Anlage 2000 Stück und in einer
dritten 1200 Stück (mit Kapuzen, ohne Taschen und ohne
Knöpfe).
In einem Falle mußte bei hoher Jod-Aktivität in der An
lage gearbeitet werden. Die Jod-Aktivität betrug das
10-fache der maximal zulässigen Konzentration (MZK) von
10-6 Ci/m3 Luft. Um eine Diffusion der Aktivität in die
Haut zu vermeiden, wurden die Anzüge mit Kalium-Jodid
imprägniert. Diese Maßnahme hat sich bewährt.
Die ~chuh~ werden in dieser Anlage in 3 Gruppen einge
teilt:
a.) einfache Straßenschuhe, markiert, halbhoch; mit
ihnen geht das eigene Personal in die Kon
trollzone.
- 100 -
b.) Baumwoll-Überschuhe; Fremdpersonal: weiß,
Eigenpersonal in leicht kontaminierte Be
reiche: blau.
c.) Gummistiefel für stark kontaminierte Be
reiche.
Eine Anlage verwendet nur mit Gummisohlen versehene
Überschuhe (Vorrat 5000 Stück) mit verschleißfesten
Nähten. Diese sind, ohne daß die Sohlen klebrig werden,
über 100 mal waschbar.
In vielen Anlagen ist man der Ansicht, daß eine der
artige Pflege sowie eine gute Qualität der Anzüge etc.
auf die Dauer billiger sind als eine mindere Qualität.
Für besonders schmutzige Arbeiten empfiehlt eine Anlage
die Anwendung von Wegwerf-Overalls aus Papier. Spezielle
Textil-Anzüge werden hier vom Betriebspersonal über
haupt nicht benutzt, da man die Verwendung normaler Ar
beitskleidung - bei gelegentlich notwendigem Einsatz -
für billiger hält.
Die Handschuhe bestehen in einer Anlage aus Baumwolle
und Gummi. Beide werden, wie Überschuhe, gewaschen.
In einer anderen Anlage werden (Textil-)Einweg-Hand
schuhe verwendet.
Für besondere Arbeiten im Sicherheitsbehälter wurde in
einem Fall mit gutem Erfolg eine Fremdbelüftung der Gas
masken verwendet. Auf diese Weise wird den Arbeitenden
das Atmen durch den Filter erleichtert. Das Personal
geht mit den Masken zu seinem Arbeitsplatz und verbindet
diese dort durch einen Schlauch mit dem Instrumenten
Preßluftsystem. Der Schlauch ist mittels eines Schnell-
- 101 -
verschlusses leicht am Filter der Gasmaske zu befestigen. Der Luftanschluß geschieht über eine transpor
table Verteilerstation mit mehreren Anschlüssen und Re
duziereinrichtungen an die allgemeine Preßluftver
sorgung. Gleichzeitig kühlt und spült die Preßluft die
Maske.
In einer Anlage hat sich der Einsatz von fremdbelüf
teten Vollschutz-Anzügen bewährt, in denen Sprechfunkge
räte eingebaut waren. Besonders bei der Inspektion der
Steuerstabantriebe (SWR) trug diese Einrichtung zu einer
Beschleunigung der Arbeiten bei.
Die Kapazität der Wäscherei mußte i~ all~n- in die Unter
suchung einbegriffenen Anlagen durchweg erheblich er
weitert werden. So war zum Beispiel in einer Anlage von
Anfang an nur eine Waschmaschine für 7 kg vorhanden, die
dann durch 2 weitere Maschinen für 10 kg und 20 kg er
gänzt wurde. Die Wäscherei in einer anderen Anlagear
beitet heute mit drei Waschmaschinen: eine a 20 kg,
zwei a 10 kg. Die 20-kg Maschine ist eine Industrie
maschine, welche sich außerordentlich gut bewährt hat.
Sie wäscht doppelt so schnell wie normale Haushalts
Maschinen und verbraucht weniger Wasser, produziert also
auch weniger (aktives) Abwasser.
Bei der Auslegung der Wäscherei ist zu bedenken, daß die
bei umfangreichen Arbeiten erforderliche große Zahl der
Arbeiter zwei- oder dreimal täglich die Wäsche wechseln
muß; hierfür muß auch die Wäscherei ausgelegt sein.
Außerdem ist in Betracht zu ziehen, daß sich das Wäsche
reipersonal in einigen Anlagen bereits weigerte, auch
während größerer Reparaturperioden länger als 8 Stunden
zu arbeiten, also Überstunden zu leisten. Durch solche
Umstände gezwungen, mußte man hier die Zahl der Wasch
maschinen erhöhen.
5.3
- 102 -
Überwachung und Fortschreibung der Personendosen
In den meisten der in die Untersuchung einbezogenen An
lagen werden auch heute noch Filmdosimeter verwendet,
wenn zum Teil auch ungern, und obwohl zum Beispiel die
Anzeigen der Filmplaketten durchweg ungenau sind. Es
sei allerdings auch festgestellt, daß die Genauigkeit
der Filmplaketten-Auswertung in den lezten Jahren
stark gestiegen ist.
Ionisationskammer-Dosimeter in der Füllhalterform sind
in allen Anlagen im Gebrauch. Ihr Vorteil beruht vor
allem auf der schnellen Erkennbarkeit der empfangenen
Strahlendosen.
Im Vergleich mit beiden Dosimeterarten zeigen die z.Zt.
in einigen Anlagen angewendeten Glasdosimeter (im all
gemeinen: Festkörperdosimeter) eine deutliche Dberlegen
heit, zumindest hinsichtlich der Meßgenauigkeit - dem
Filmdosimeter gegenüber auch hinsichtlich der einfachen
und schnellen Meßwertfeststellung. In diesem Sinne wäre
ein Auswertgerät für Festkörperdosimetermessungen in den
Anlagen erforderlich.
Es wäre zu erwägen, ob man diese Dosimeterart nicht -
anstelle der Filmdosimeter - für die "amtlichen" Messun
gen anwenden und diese direkt in den Anlagen und von
deren Personal durchführen lassen sollte, wie dies außer
halb Deutschlands zum. Teil (bereits) geschieht. Auch die
Herstellerfirmen würden sich - wenigstens zum Teil -
einer derartigen Empfehlung anschließen.
Eine Doppelkontrolle durch "amtliche Festkörper-Dosi
meter- und zusätzliche betriebliche Ionisationskammer
Messungen würde dadurch nicht hinfällig werden müssen.
- 103 -
Empfohlen wird auf jeden Fall eine tägliche Dosisfortschreibung für den einzelnen Mann sowie zunächst ein
monatlicher Vergleich mit den Auswertergebnissen para
llel verwendeter Filmdosimeter.
Für die Dosisfortschreibung wird weiterhin die Ein
führung eines zumindest europäischen Strahlenpasses für
alle permanent, periodisch oder gelegentlich exponierte
Personen empfohlen. Eine multilaterale Anerkennung der
artiger Strahlenpässe müßte dann einen zweiten Schritt
darstellen.
Zur Überwachung bzw. Fortschreibung der Personendosen
des Betriebspersonals ist im Hinblick auf die Arbeits
disposition die Anwendung einer vorhandenen Datenverar
beitungsanlage zu empfehlen, welche eine Auflistung
nach Höhe, Herkunft und Verteilung der Strahlung auf das
Personal leicht ermöglichto Eine Handauswertung ist
zeitraubend und aufwendigo
Zur Begrenzung der Personendosis bei einzelnen Arbeiten
hat sich in einigen Anlagen ein Personenalarmdosimeter nach
dem Ionisationskammerprinzip bewährt. Dieses Gerät ist
auf eine Dosis von 20, 50, 100, 200, 300, 1000 und 5000
mrem einstellbar. Werden diese Werte erreicht, so gibt
das Instrument einen laut vernehmbaren Alarm und ein
Leuchtzeicheno
Zur Personendosis-Reduzierung hat sich dann ein Meß- und
Warngerät gut bewährt. Es handelt sich um ein Strahlen
pegel-Meßgerät in Zigarettenschachtel-Größe, welches um
so schneller hintereinander unüberhörbare Piepstöne
abgibt, je höher der Strahlenpegel ist. Ab etwa 300 mr/h
erfolgt ein Dauerton. Der normale Nulleffekt verursacht
ca. alle 10 Sekunden einen kurzen Ton.
Es gibt auch Geräte, bei welchen sich die Frequenz des
- 104 -
Alarmtones mit der vorherrschenden Stahlenleistung
ändert. Diese Geräte veranlassen den Träger, um Stellen
hoher Dosisraten herumzugehen, und die in Strahlungsbe
reichen arbeitenden Personen, einen kleinen Platzwechsel
vorzunehmen.
Die Strahlenbelastung des Personals bei Inspektionsrund
gängen wurde durch den Gebrauch dieses Gerätes in einer
Anlage um 50 % reduziert.
Zusätzlich ist in einigen Anlagen ein Ganzkörperzähler
(Human-Body-Counter) für die Kontrolle auf Aktivitäts
Inkorporationen vorhanden. In einer Anlage erstellte man
ein derartiges Gerät im Eigenbau für 250.000 DM, um hier
durch Reisekosten der Betriebsangehörigen zu zentralen
Meßgeräten oder Leihkosten für ein fahrbares Gerät einzu
sparen.
Jeder einzelne Betriebsangehörige wird etwa zweimal jähr
lich einer Messung unterzogen. Von den Messungen werden
gammaspektrometrische Auswertungen gemacht. Dies ist
nach Meinung der Betriebsleitung die am meisten empfind
liche Methode für Inkorporationsmessungen, weil hierdurch
praktisch alles erfaßt wird. Andere Geräte, mit denen
man den Mann von oben bis unten bestreicht, also am
Körper entlangfahrend und dann die Aktivität so fest
stellend, hält die Betriebsleitung für in bezug auf die
inkorporierten Dosen nicht so empfindlich.
- 105 -
6. DEKONTAMINATION
Entstehung und Natur von Kontaminationen wurden - als
Hauptverursacher der mit Reparatur-, Inspektions- und
Wartungsarbeiten v~rbundenen Strahlungsbelastung des
Ausführungspersonals - bereits unter 1 .4, zum Teil
auch unter Ziffer 2, beschrieben. Nochmalige Ausführun
gen hierüber erübrigen sich damit an dieser Stelle.
Das Gleiche gilt für entsprechende allgemeine Gegenmaß
nahmen und für die grundsätzlichen Empfehlungen, die
gleichfalls bereits unter 1.4 angegeben wurden, und die
sich zum Beispiel auf eine sehr sorgfältige Speisewasser
pflege, -konditionierung und -Überwachung, auf Beipass
reinigungsanlagen, Magnetfilter usw. beziehen, durch die
die Kontamination in den Anlagenteilen herabgesetzt wer
den kann.
Aus diesem Grunde genügt es, hier nur auf die eigentliche
Dekontamination einzugehen und die hierbei in den An
lagen aufgetretenen Verfahren kurz zu umreißen, die auf
getretenen Probleme zu beschreiben, sowie entsprechende
Empfehlungen auszusprechen.
Die in den untersuchten Anlagen aufgetretenen Fälle und
angewandten Verfahren lassen sich einteilen in:
1. Chemische Dekontamination
1 .1 von (Teil-) Systemen
1 .2 von (ausgebauten) Einzelteilen
2. Mechanische Dekontamination von Einzelteilen,
Fußböden etc.
2.1 durch Wasser- und Sandstrahlen
2.2 durch Schrubben und Bürsten (ohne und mit
Netzmitteln)
:.:. 106 -
Außerdem sind noch anzuführen:
3. Prohibitiv-Verfahren
' . Im Anschluß an ihre Beschreibung folgen Ausführungen und
j ' ; . . - ·: - ,
Empfehlungen jeweils bezüglich der entsprechenden De-. . : . . . . ~ . -
kontaminationseinri~htungen und -vorrichtungen etc. für
zukün~tige Anlagen. l./
zusammenfassend ist festzustellen:
A. Die .. Dekon tamina tiorn?erfahrungen in den euro
päischen Kernkraftwerksanl~gen sind z.Zt. (noch)
sehr limitiert.
B. Die in den einzelnen Anlagen angewendeten Ver
fahren unterscheiden sich (noch) beträchtlich
voneinander. Eine einheitliche Linie ist (noch)
in keiner Weise zu erkennen.
C. In ·bezug auf Erfahrungen und Verfahren .kann
geradezu (noch) von einem "Versuchsstadium" ge
~prochen werden, in dem sich die europäischen
Anlagen zur Zeit (noch) befinden.
Es werden folgende allgemeine Empfehlungen ausgesprochen:
Erweiterung der ausgeführten Untersuchungen auf einen
größeren Anlagenkreis unter Einbeziehung weiterer
Kernkraftwerke, auch anderer Reaktortypen, insbeson
dere in den USA, sowie von Wiederaufbereitungs- und
anderen Anlagen, in denen größere Radioaktivitäten ge
handhabt werden.
Aufbau eines (möglichst europäischen) .Dekontamina
tions-Fach-Trupps, der den Anlagen in Bedarfsfällen
mit Rat (und evtl. Tat) zur Verfügung steht.
Es ist zu untersuchen, ob dieser Trupp identisch mit
dem unter Ziffer 1 .4, Seite 17, empfohlenen Reparatur-
- 107 -
trupp sein könnte oder sollte.
Einsatz eines (evtl. europäischen) Dekontaminations
Beauftragten mit den Aufgaben, entsprechende Maß
nahmen zu planen, zu verfolgen und durchzusetzen
sowie einen systematischeren Dekontaminations-Er
fahrungsfluß zwischen den infrage stehenden Kreisen
ins Leben zu rufen.
Der Dekontaminations-Beauftragte sollte weder auf der
Hersteller- oder der Betreiberseite stehen noch
forschungsorientiert sein. Die Aufgabe muß sehr
praktisch angegangen werden.
Bezüglich zukünftiger Kernkraftwerke werden fol.gende
Grundsatzempfehlungen gegeben:
Jedes Kernkraftwerk benötigt eine gewisse Mirtimalaus
stattung an Dekontaminationseinrichtungen und -vor
richtungen, die räumlich möglichst zusammengefaßt
werden sollten:
oG.Wannen verschiedener Größe mit entsprechenden Heiz
vorrichtungen, Konvektionserzeugern, Chemikalien
handhabungseinrichtungen, Absaugungen etc.
~ transportable Hochdruck-Heißdeionat-Spritzvorrich
tungen
l entsprechende Sandstrahlvorrichtungen
o Auffangvorrichtungen für Dekontaminationslösungen
und Wassero
Ein entsprechender Dekontaminationsraum mit gute~ Be
lüftung sollte im Kontrollbezirk liegen; die Trans
portwege dorthin und von dort weg sollten - insbeson
dere für größere Teile - vorgeplant seino
- 108 -
Es ist zu beachten, daß eine Dekontamination aktiver
Anlageteile oft teurer ist als eine Reparatur unter
Strahlenbedingungen.
Die Verwendung ferngesteuerter Reparatur- und Dekonta
minations-Automate ist zwar wegen der hohen Entwick
lungskosten meist sehr teuer; außerdem sind derartige
Apparaturen oft nur auf einzelne Reparaturfälle be
schränkt bzw. spezialisiert. Trotzdem sollte die
(zentrale) Entwicklung und Verwendung derartiger Ge
räte angestrebt werden.
6.1 Chemische Dekontamination
Zur chemischen Dekontamination wird im allgemeinen ein
Verfahren angewandt, das aus zwei Behandlungsschritten -
bei Zwischen- und Nachspülungen mit Wasser - besteht.
a.) Behandlung mit einem Oxydationsmittel
Mittel Temperatur angewandt in den Anlagen zur Einwirk zeit System-Dekont. Teile Dekont.
TURCO DECON 4502 95 Oe eHOOZ GKN (70 OC)
(KMno4 , KOH, NaOH, 1 h BR- 3 (110-120 °e)
Netzmittel)
0,2 % NaOH 95 Oe
0,2 % KMn04 2-6 h KWL
..
'
- 109 -
b.) Behandlung mit einem komplexbildenden Mittel
zur komplexen Lösung der in Schritt a.) oxydier
ten Stoffe
Mittel Temperatur angewandt in den Anlagen zur Einwirkzeit Sys tem--Dekont. Teile Dekont.
TURCO DECON 4521 85 Oe eHOOZ Garigliano
(Oxal- und Zitro- GKN
nensäure, NH40H) 1 h BR3 BR-3
0,25
0,25
% Oxalsäure 95 Oe
% Zitronensäure 3-9 h KWL
Zur Erreichung einer befriedigenden Wirkung sind Grenz
schichtbewegungen der Mittel an den Materialoberflächen
erforderlich, die durch Strömungsvorgänge, Rühr- oder
Ultraschallanwendung erzeugt werden können.
Einer Kurzbeschreibung der in den untersuchten Anlagen
aufgetretenen Probleme seien einige weitere Empfehlungen
vorausgestellt:
Dekontaminationsgerechte Werkstoffauswahl, Konstruk
tion und Trennmöglichkeiten für die für eine De
kontamination infrage kommenden Kreislaufsysteme bzw.
Kreislaufabschnitte.
Da jede Dekontamination ein (kontrollierter) Korrosions
angriff auf die eingebauten Werkstoffe ist, wird
durch die dabei erfolgende unvermeidbare Aufrauhung
der Werkstoffoberflächen möglicherweise beim nach
folgenden Leistungsbetrieb eine erneute Kontamination
- 110 -
des Kreislaufs möglichst klein gehalten werden. •)
Vorliegende Untersuchungen•) zeigen, daß ca. 50 % der Gesamtaktivität der Ablagerungen durch Co-59
und Co-60 erzeugt wird. Da Kobalt als Begleitele
ment von Nickel stets in austenitischen Chrom-Nickel
Stählen vorliegt und seine vollständige Entfernung
durch Einsatz sehr reinen Vormaterials bei der Er
schmelzung erhebliche Mehrkosten verursacht, könnte
man eine Lösung des Problems z.B. im Einsatznickel
freier Werkstoffe sehen. Hierbei könnte unter anderem
die Berohrung der Wärmetauscher, die einen großen An
teil an der Geamtoberfläche des Kreislaufs haben, mit
Rohren aus nickelfreien ferritischen Chromstählen
in Betracht gezogen werden.
Bei der Anwendung chemischer Dekontmittel ist stets
zu bedenken, daß die abgelassenen Lösungen in der Auf
bereitungsanlage verarbeitet werden müssen. Die Kapa
zität des Verdampfers darf durch Putz- oder Dekont
mittel nicht überschritten werden. Die Anwendung von
Deionat und die Beschränkung von chemischen Reini
gungs- bzw. Dekont-Mitteln auf ein Mindestmaß hat in
mehreren Anlagen zu einer zufriedenstellenden Kom
promißlösung geführt.
Untersuchungen und Entwicklungsarbeiten zur Verbesse
rung der vorhandenen Dekont-Mittel und ihrer Wirkungs
bedingungen (pH-Wert, Temperatur etc.) zur Verein
fachung der Verfahren sowie evtl. zur Verringerung der
Verfahrensschritte.
*) W. Ahlfänger, G. Herbsleb, G. Resch: Dekontamination nuklearer Anlagenteile VGB-Speisewassertagung 1971
- 111 -
6.1 .1 Chemische_Dekontamination_von_(T~il-)Systemen
In der Anlage Chooz wurden im Jahre 1968 Arbeiten an den
mit einer festhaftenden Metalloxydschicht belegten Wan
dungen der Wasserkammern der Dampferzeuger (1-2 R/h) er
forderlich, weil Bruchstücke von Verbindungsschrauben
(zwischen dem oberen und dem unteren Ring des Kern-Man
tels; siehe Abschnitt 2.3; Reaktorbehälter und Einbauten)
Beschädigungen an den Rohrplatten verursacht hatten.
Um an den Rohrplatten arbeiten zu können mußten die
Dampferzeuger von der anhaftenden Schicht aktiver
Korrosionsprodukte befreit, d.h. dekontaminiert werden.
Bild 8
Hierzu wurde ein Dekontaminations-Kreislauf gemäß Bild 8
rechts oben und unten geschaltet. Er führte über die
Dampferzeuger-Primärseiten, die Haupt-Kühlmittelpumpen
und über eine Beipass-Leitung zurück zu den Dampfer
zeugern. Dieser Kreislauf wurde Über das Borsäure-System
gemäß Bild 8 oben links mit den verschiedenen Dekont
LÖsungen gefüllt. Dar Lösungsmittelablauf ist in Bild 8
rechts unten dargestellt.
- 112 -
Als Dekontaminationsmittel wurde zunächst TURCO DECON 4502
und nach dem Spülen TURCO DECON 4521 benutzt.
zum Verhütung einer Einwirkung der Mittel auf Pumpen
dichtungen, stellitierte oder verchromte Flächen und
Packungen von Ventilen mußten besondere Maßnahmen getrof
fen werden, die im EWG-Bericht Nr. 0/1/69 d (1969) be
schrieben sind.
Die erzielten Dekontaminationsfaktoren lagen zwischen 14
und 200, wobei allerdings allein aufgrund des zitierten
Berichtes zum Teil nicht unterschieden werden konnte, ob
der jeweilige "Erfolg" tatsächlich der Dekontamination
zugeschrieben werden kann, oder auf einen Verteilungs
effekt bzw. auf das Abklingen kurzlebiger Radioelemente
während der längeren Stillstandszeit von ca. 6 Monaten
zurückzuführen ist.
Beim BR-3 wurde der gesamte Primärkreislauf mit TURCO
DECON 4521 (Ammoniumoxalat und -zitrat) dekontaminiert.
Die basische Lösung TURCO DECON 4502 konnte im Kreis
lauf nicht angewendet werden, weil die Führung der Regel
stabschafte in den Regelstabantrieben mit einer nicht
resistenten Chromoberfläche versehen waren. Das heißt,
die Dekontamination wurde wegen dieser Materialien
im Kreislauf nicht vollständig durchgeführt; man wandte
nur das komplexbildende Mittel an.
Es scheint daher auch nicht verwunderlich, daß der
Gesamt-Dekontaminationsfaktor nur 3 bis 4 betrugo Ein
großer Erfolg bestand darin, daß die punktualen Strah
lungsmaxima (Ablagerungen in Strömungs-Totzonen) abge
baut wurden.
Die Konzentration der TURCO 4521 Lösung betrug 60 g/1,
die Temperatur 90 °c. Die Dauer der Dekontaminatior,
•
- 113 -
also die Umwälzung des Mediums mit den Primärpumpen,
wurde nach der Konzentration des Kobalt-60 bestimmt,
und zwar wurde ca. eine halbe Stunde umgepumpt. In
dieser halben Stunde war die Lösungs-Konzentration des
Co-60 bis zu einem Maximum angewachsen. Mit Erreichen
der Sättigung für das gelöste Kobalt-60 brach man die
Dekontamination ab.
Danach wurden drei Spülungen mit frischem Wasser durch
geführt. Die erste Spülung erfolgte bei noch warmem
Kreislauf, die beiden nächsten waren kalt. Die gebrauch
ten Spüllösungen wurden jeweils in Tanks abgelassen.
Nach der Dekontamination des Kreislaufes stellte m·an
mit einem Meßinstrument eine Strahlung zwischen 5 bis
6 R pro Stunde fest. Wenn man einen Dekontaminations
faktor 3 annimmt, wären demnach vor der Dekontamination
ungefähr 20 R pro Stunde vorhanden gewesen.
Die sehr viel höhere Dosisrate von 50 R pro Stunde, die
man vor der Prozedur gemessen hat, kam offenbar durch die
bereits erwähnten Punktstrahler innerhalb des Wärmeaus
tauschers zustande. Die Annahme von 25 R pro Stunde
als Mittelwert der Strahlung des Gesamtbelages dürfte
zumindest die Größenordnung richtig treffen.
Die Strahlung wurde als Beta-Gamma-Strahlung gemessen.
Interessanterweise will man durch Experimente in einer
Anlage festgestellt haben, daß die Beta-Strahlung eine
Reichweite in Luft bis zu 3 Metern aufweist. Die ent
sprechenden Messungen erfolgten nach der Kontamination
im trockenen Flutraum.
Insgesamt wurden Aktivitäten von 150 Ci aus dem Kreis
lauf herausgespült. Die Wassermenge im Kreislauf betrug
1 3 Tonnen o
Im Anschluß an die Dekontamination konnten keinerlei
Nachteile aufgrund der Einwirkung der Lösung auf die
- 114 -
Materialien festgestellt werden.
Anmerkung:
Bei der chemischen Dekontamination kann man den Ablauf
der Prozedur verfolgen, indem man laufend die Lösungs
Konzentration von Kobalt-60 mit dem Sättigungszustand
vergleicht.
Hierzu sind keine chemischen Analysen erforderlich. Es
genügen Aktivitätsmessungen.
6.1 .2 Chemische_Dekontamination_von_(ausgebauten)_Einzelteilen
Im Kernkraftwerk Dodewaard wurden nachträglich Dekont
Wannen eingebaut. Eine 1 ,5 x 1 x 1 m3 messende doppel
wandige Wanne mit einer Umwälzeinrichtung dient zur
ersten Behandlung der zu dekontaminierenden Ausbau
teile mit TURCO DECON 4501.
In einer zweiten Wanne von 1 x 0,6 x 0,75 m3 wird die
zweite Behandlung mit einer 10 %igen, 70 °c-warmen TURCO
DECON 4521-Lösung durchgeführt.
Eine eingebaute Umwälzanlage vergrößert die Wirkung.
Es wurden Dekontaminationsfaktoren (Aktivität vorher/
nachher) von zwei bis drei bei der ersten Behandlung und
von 10 bis 50 bei der zweiten Behandlung erreicht.
In der Anlage BR-3 wurde eine Pumpenläufer-Dekontamina
tion in Schritten (mit Zwischenspülungen durch Wasser)
durchgeführt mit:
a.) TURCO DECON 4521
b.) TURCO DECON 4502
c.) TURCO DECON 4521
..
- 115 -
Das Gehäuse der Pumpe wurde ~bgenommen~ An_se~ner Stelle
wurde ein Schutzkasten 'Unter :der• Pümpe. (um de,n .Propeller
herum) angeschraubt, an welchem Anschlüsse- für ~die S:pül
lei tungen vorhanden wareno Das Ganze wurde in ein Pla
stikzelt mit Absaugv:orrichtung. · gesetzto ·Tn' eimem ,Behäl.
ter, welcher .rtebert dem Zel,t stand, .• l:!Jefand: sich die ·fDe.,.;
kont-Lösung o In dem·· Zelt waren Kühlvorrichtungen für
die umzupumpende Lösung vorgeseheno · _;, ,,
Die Lösungen. hatten. eine Temperatur von ca .. · 120°c„
Daher mußte man zur Vermeidung von Dämpfen·die aus
der Pumpe austretende Lösung zunächst kühlen, um sie
dann in den Behälter entlass·en zu können .... Die e'lek
trische.-Heizung war -in dem Gehäuse unter der :pu-mpe ein
gebaut und hatte eine Leistung von 6 KW„
Die Bäder wurden statisch ausgeführt, d„ b„ ohne
Rühren oder Bewegen Zo B. durch Ultraschall„ Die Ge
samtprozedur erforderte etwa 2 Stunden„
In Garigliano erfolgte die Dekontamination einer Haupt
umwälzpumpe zwecks Reparatur in folgender Weise :
Während des Ausbaus und des Krantransportes der Pumpe
zu einem Raum vor der Materialschleuse wurde dort in
einem Behälter eine Lösung mit dem Turco-Produkt 4521
von 90°c vorbereiteto In diese Lösung wurde das Laufrad
der Pumpe 20 Stunden lang eingetaucht„
Nach dem Herausnehmen stellte man fest, daß sich ein
Großteil des Belages gelöst hatte und im Behälter zu
rückgeblieben war„ Das Laufzeug wurde alsdann mit
Wasser und Bürste - unterbrochen von wiederholten Bädern
mit der gleichen Lösung - metallisch blank geputzt„
Die Strahlung an der Oberfläche des Propellers betrug
vor der Behandlung 10 R/h, nachher nur noch 50 mR/m„
- 116 -
Für die Prozedur insgesamt benötigten 6 Mann eine Zeit
von 2 Tagen, wobei jede Person eine Strahlendosis von
500 mrem empfingo
Als großer Nachteil erwies sich, daß innerhalb des
Reaktorgebäudes kein ausreichend großer Raum für die
Dekontamination größerer Teile vorhanden waro In dem
Raum vor der Materialschleuse mußte daher erst ein
Plastikzelt mit Anschluß an die Lüftungsanlage er
richtet werden, unter dem der erste Behandlungsschritt
durchgeführt wurdeo
Nach dem Transport in die Werkstatt außerhalb des
heißen Teils der Anlage fand dort - in einem besonders
hierzu eingerichteten Kontrollbereich - die vollstän
dige Demontage der Einzelteile und ihre Dekontamination
mit TURCO 4521 statto
In KWL wurden zur Dekontamination einer Zwangsumlaufpumpe,
einer Primärreinigungspumpe und von 4 Dampfschiebern
zwei Lösungen verwendet:
Lösung 1
Lösung 2
0,25 % Oxalsäure
0,25 % Zitronensäure 0 Anwendungstemperatur ca. 95 C
Einwirkungszeit 3 bis 9 Stunden.
0,2 % NaOH
0,2 % KMn04 Anwendungstemperatur ca. 95°c
Einwirkungsdauer 2 bis 6 Stunden.
Die Behandlung der zu dekontaminierenden Teile erfolgte
in drei Stufen in der Reihenfolge Lösung 1 - Lösung 2 -
Lösung 1 mit jeweiligem Zwischenspülen. Ahlfänger,
Herbsleb und Resch beschreiben die Arbeiten sehr genau.
- 117 -
Wegen mehrerer in dieser Publikation•) beschriebener
Einzelheiten sei ein Auszug daraus wiedergegeben:
Dekontamination ausgebauter größerer Anlagenteile
Auf Grund der aus den Laborversuchen gewonnenen Erkenntnisse wurde die Dekontamination bestimmter Betriebsarmaturen für den Stillstand 1971 fest eingeplant. Während des Stillstandes wurden die nachfolgend aufgeführten größeren Betriebsarmaturen dekontaminiert:
1. Zwangumlaufpumpe aus der Zwangumlaufschleife 1, NW 700, Förderleistung 6000 m3 · h·1.
2. Pumpe I aus der Primärreinigungsleitung, NW 50, Förderleistung 20 m3 · h·1.
3. Vier Dampfschieber mit stellitierten Dichtungsflächen aus den Primärdampfleitungen, NW 350.
Grundsärzlich wurde nach folgendem Schema verfahren:
1. Abschirmung der entsprechenden Anlagenteile durch Bleibauelemente.
2. Ausbau der zu überprüfenden Betriebsarmaturen.
3. Dekontamination in separaten Behältern.
4. Weiterbearbeitung in der heißen Werkstatt.
Zur Durchführung der Dekontamination wurden drei zylindrische Behälter aus Werkstoff Nr. 1.4550 hergestellt. Der größte Behälter hatte einen Inhalt von 1,3 m3 und war mit einem Rührwerk (1500, U · min· 1 ) sowie einer elektrischen Beheizung (Heizleistung 30 kW) ausgerüstet. Zur Vermeidung von Aerosolaktivitäten hatten die Behälter eine Abdeckung, die sich jedoch als nicht ausreichend erwies. Es war notwendig, die Be'.,älter mit einem Kunststoffzelt zu umgeben. Während der Dekontamination wurden in dem Zelt Aerosolaktivitäten bis zu 1 o-s µCi· mi- 1 gemessen. Das Zelt wurde deshalb an die Betriebsluftabsaugung angeschlossen.
Für die Dekontamination der Zwangumlaufpumpe und der Dampfschieber wurden die Behälter möglichst nahe dem Ausbauort aufgestellt.
Nach dem Zeitpla;, war zunächst die Behandlung der Zwangumlaufpumpe vorgesehen. Läufer, Deckel und Dichtpatrone wurden als Ganzes aus dem Pumpenkörper gezogen und in den größten Beizbehälter eingesetzt.
Die Primärreinigungspumpe wurde zunächst s·o weit auseinandergebaut, daß Pumpenrad, Pumpenläufer, Pumpendeckel und Stopfbuchsenteil als Einzelteile in einen kleineren Behälter eingesetzt werden konnten.
Dichtungsplatten, Halterung und Spindel der Dampfschieber wurden als Ganzes ebenfalls in einem kleineren Beizbehälter behandelt.
*) w. Ahlfänger, G. Herbsleb, G. Resch: Dekontamination nuklearer Anlagenteile VGB-Speisewassertagung 1971
- 118 -
Dekontamination der Zwangumlaufpumpe
Die Pumpenteile waren mit einer grauschwarzen Ablagerung bedeckt. Eine gründlichere Untersuchung vor der Dekontamination war wegen der hohen Dosisleistung nicht möglich. Die Dekontamination erfolgte wie oben beschrieben, jedoch wurde die mechanis-::he Nachbehandlung mit einer in Wasser aufgeschlämmten groben Filterzellulose (0,2 g · 1· 1 ) durchgeführt. Die Behandlungsdauer wurde gegenüber den Laborversuchen ·verlängert (Lösung 1: 9 h, Lösung 2: 7 h, Lösung 1: 9 h; Dauer der mechanischen Nachbehandlung: 7 h bei Raumtemperatur). Die Dosisleistung der Zwangumlaufpumpe wurde vor und nach der Behandlung gemessen. In den Dekontaminationslösungen wurden die Konzentrationen der Korrosionsprodukte und die Aktivitätszusammensetzung ermittelt. Die Versuchsergebnisse sind in Tafel 5 zusammengestellt.
Tafel 5. Dekontamination der Zwangumlaufpumpe.
Abgelöste Menge an 1 Abgelöste 1 Anteil 1 Korrosionsprodukten
Anteil Aktivität
[g· m-2] % [mCi·m-2] 1 % 1
Fe2o3 12,2 75,7 Co 60 88,9 43,2 Mn02 0,3 1,8 Co58 9,3 4.5 Cr2o3 2,0 12,3 Ce 141 5,2 2,5 NiO 1,3 8,2 Ce 144 10,7 5,2 CuO 0,1 0,7 Cr51 9,3 4,5 Zr02 Ru 103 42,5 20,7 Mo03 0,2 1,3 Ru 106 36,6 17.8
Zr/Nb 95 3,2 1,6
Dosisleistungen [r · h-1 J
l vor I nach 1 Dekontamina-Deko~tamina- Dekomamina-
tionsfaktor t1on t1on
Pumpendeckel
1
8
1
1 1 8 Pumpenläufer 22 7
1 3
Nach der Dekontamination (einschließlich der mechanischen Nachbehandlung) war der größte Teil der Oberfläche von Pumpenläufer und Pumpendeckel noch mit
dem grauschwarzen Belag bedeckt. Auf dem Pumpendeckel waren einzelne Stellen bereits metallisch blank. Die hier vorhandenen Ablagerungen konnten größtenteils durch Abbürsten entfernt werden. Die auf dem Pumpenläufer vorhandenen Ablagerungen konnten dagegen durch Bürsten nicht entfernt werden. Dieses unterschiedliche Verhalten ist darauf zurückzuführen, daß in dem Teil des 8eizbehälters, in dem sich der Pumpenläufer befand, e:nerseits die optimale Beiztemperntur von > 95° C nicht erreicht wurde, zum anderen die Badbewegung beeinträchtigt war. Dieses Ergebnis unterstreicht die Notwendigkeit, sowohl die angegebene optimale Bad· temperatur als auch eine ausreichende Badbewegung einzuhalten. Eine weitere Störung trat unseres Erachtens noch dadurch auf, daß die heißen Lösungen nach der
1
VGB-Speisewassertagung 1971 W. Ahlfänger, G. Herbsleb. G. Resch: Dekontamination nuklearer Anlagt,nleile
..
..
- 119 -
chemischen Dekontamination sehr schnell aus dem Behälter abgelassen wurden. Das hatte zur Folge, daß die bereits aufgelockerten Ablagerungen auf dem im oberen Teil des Bades befindlichen Pumpendeckel während der relativ langen Abkühlungsperiode wieder fest ankrusteten. Es ist also notwendig, die mit den heißen Lösungen behandelten Teile zwischen den einzelnen Schritten des Dekontaminationsverfahrens, besonders aber vor der mechanischen Nachbehandlung, stets befeuchtet zu halten. Diese Erkenntnisse wurden bei den weiteren Dekontaminationsarbeiten berücksichtigt.
Dekontamination der Primärreinigungspumpe
Die bei der Dekontamination der Primärreinigungspumpe erhaltenen Ergebnisse sind in Tafel 6 zusammen-
Tafel 6. Dekontamination der Primärreinigungspumpe.
Dosisleistung [r · h-1 J
vor I nach Dekontamina-
Dekontamina- Dekontamina- tionsfaktor
tion tion
Pumpenrad 20,0 1,00 20 Pumpenläufer 0,3 0,01 30
Pumdendeckel 20,0 1,00 20
Stoffbuchsenteil 0,5 0,02 25
gestellt. Ersichtlich wurden bei der Dekontamination dieser Teile deutlich höhere Dekontaminationsfaktoren als bei der Zwangumlaufpumpe erreicht. Die Gründe hierfür sind in der Einhaltung der oben genannten Bedingungen hinsichtlich Badtemperatur, Badbewegung und Befeuchtung der Anlagenteile zu suchen.
Dekontamination der Dampfschieber
Da die Dichtflächen der Dampfschieber einer manuellen Nachbehandlung unterzogen werden sollten, wurde bei ihrer Dekontamination auf eine möglichst weitgehende Entfernung der Aktivität besonderer Wert gelegt. Es erschien daher sinnvoll, sowohl die Beizdauer bei den einzelnen Dekontaminationsschritten zu verlängern als auch den gesamten Dekontaminationszyklus zu wiederholen. Dabei zeigte sich, daß insbesondere nach längeren Verweilzeiten in der sauren Reinigungslösung auf der Metalloberfläche Eisenoxalat ausgefällt wurde, wobei in den Ausfällungen wiederum Aktivitäten fixiert wurden. Da das ausgefällte Eisenoxalat durch die mechanische Nachbehandlung nur unvollständig zu entfernen war, wurde die Dekontaminationswirkung durch diese Erscheinung beeinträchtigt. Es wurde versucht das Eisenoxalat durch kurzzeitige Behandlung in alkalischer Kaliumpermanganatlösung zu oxydieren. Danach wurde das Kaliumpermanganat durch erneute Zugabe einer äquivalenten Menge Oxalsäure wieder reduziert. Nach diesem Verfahren und anschließender Nachbehandlung wurden sehr hohe Dekontaminationsfaktoren zwischen 50 und 120 erreicht.
~hlfänger, G. Herbsleb, G. Resch: Dekontamination nuklesrerAnlagenteile VGB-Speisewassertagung 1:!71
- 120 -
Im Versuchsatomkraftwerk Kahl wurde die chemische De
kontamination von Kreiläufen seitens der AEG in einem
Versuchskreislauf erprobto Man verwendete ein DECON
Produkt der Firma TURCOo Die Versuche liefen über drei
Tage bei Temperaturen von 80°Co Der erreichte Dekont
faktor lag unter Zehno
Es könnte hier evtlo bei den Dekontarbeiten nur zu einer
Verschleppung und Vergleichmäßigung der Strahlung - ohne
echten Aktivitätsabbau - gekommen sein; einzelne Punkt
strahler sehr hoher Aktivität .sind natürlich ausgemerzt
wordeno
Besondere Vorkehrungen zur Kreislaufdekontamination in
der Form von Anschluß-Stutzen uoäo werden (seitens der
AEG) empfohleno
Bei KRB wurde zur chemischen Dekontamination von aus
gebauten Einzelteilen Zitronensäure angewendeto Die
zu dekontaminierenden Teile wurden mit der Hand unter
Zugabe dieses Mittels bearbeiteto
Versuche mit einem deutschen Mittel namens ARIS,
waren noch nicht abgeschlosseno
Bei AVR in Jülich verwendet man überwiegend Äthanol
als Dekontaminationsmittelo
In der Anlage Obrigheim wurde die chemische Dekonta
mination einzelner Teile lediglich versucht. Man kam
zu dem Schluß, daß die harten Beläge selbst durch
verhältnismäßig scharfe Dekontmittel, wie Flußsäure,
Salpetersäure und Kaliumpermanganat nicht gelöst
werden konnteno
Es ist jedoch zu bemerken, daß es im Kontrollbereich
von KWO keine Möglichkeit gibt, größere Teile in
einen Behälter mit einer Heizung und Umwälzeinrichtung
•
•
•
- 121 -
einzubringen und chemisch zu dekontaminiereno Es
wurde Zo Bo versucht, einen Mannlochdeckel mit einer
Strahlung von 35 R/h mit einer chemischen Lösung
30 Mino lang zu berieseln und anschließend abzuwascheno
Der Dekont-Faktor betrug 0,5o
KWO empfiehlt keine chemische Dekontamination am
oder im Kreislaufo
602 Mechanische Dekontamination von Einzelteilen
6w2o1 Mechanische Dekontamination durch Wasser- und
Sandstrahlen
Wasserstrahlen O O O O O O O O O O O O O 0
In KWO wird zur Dekontamination von Behältern Zo Bo
Brennelement-Transportbehältern, oder großen Oberflä
chen, zoBo Flutraumwände, Hochdruck-Heißwasser (Deio
nat) verwendeto
Zu seiner Erzeugung dienen in der Milchindustrie zur
Reinigung der Kesselwagen benutzte Spritzgeräte, wel
che Wasser mit bis zu 90°c und 75 atü verwendeno
Eine Zugabe von wenig Zitronensäure bzwo von einem
alkalischen Lösungsmittel zu dem Deionat verbessert
die Wirkung der Behandlungo Die Anwendung kann durch
Hilfskräfte vorgenommen werdeno Die Führung des
Spritzstrahlers über die Oberfläche des zu dekontami
nierenden Teiles kann automatisch erfolgeno Die Er
gebnisse zeigen Dekont-Faktoren von 50 bis 1000
Auch bei KRB beruht eines der Dekontverfahren auf
dem Waschen und Abspritzen mit Hochdruck-Heißwassero
Mittels eines "Wap-Gerätes" wurden gute Erfolge beim
Dekontaminieren des Brennelementtransportbehälters
bei einem Druck von 80 bis 100 atü gemachto
- 122 -
In Garigliano erfolgte eine .größere Dekontamination im
Rahmen der 1·unter Ziffer 2 o 3 beschriebenen Reparatur der
Dampferzeuger o · Die i Ein- und· Austrittskammern wurden
.mit reinem Deionat,von 400 .atü Wasserdruck, also ohne
Zusätze abgespritzto Hierbe,t lenkte.zunächst ein Mann.
den Wasserstrahl von Handa Später wurde ein automa
tischer Apparat verwend~t~ -
Vor der Behandlung betrug die Aktivität in jeder Kammer
20 bis 30 R/h, danach 4 bis 5 R/ho Durch die Dekonta
mination wurden :2_Perso:r:ien .mii: je einem rem beauf~
schlagto
Für die Dekontamination und die anschließende Repa:
ratur wurden insgesamt 60 Mann eingesetzt, welche zu
sammen 60 rem an Strahlung erhielteno Die anfallende
aktive Flüssigkeit (nur 2 m3 ) hatte eine Radioaktivi
tät von 2 Cio
Es muß vermerkt werden, daß die Dekontamination größe
rer Teile in Garigliano ein echtes Problem darstellt,
da einerseits nur geringe Erfahrungen vorliegen, und
da andererseits - und vor allem - eine Lagerungsmög
lichkeit für größere Mengen aktiver Flüssigkeiten fehlto
Bei BR-3 hat man den Deckel des Druckgefäßes dekonta
miniert, indem man kaltes Hochdruckwasser (70 Atmos
phären), mit Borkristallen versetzt, anwendeteo Die
Borkristalle wurden mit einer an der Sprühlanze ange
brachten Düse aus einem Behälter angesaugto Mit dem
kalten Wasser bespritzte man dann die Oberfläche des
Deckels; das Bor löste die kontaminierten Partikel abo
Der erreichte Dekontaminationsfaktor betrug ungefähr 70
Auch die Wände des Flutraumes dekontaminierte man bei
BR-3 mit einem boratversetzten Wasserstrahlo Eine Hoch
druckpumpe saugte aus einem Behälter Deionato Am Ende
.,
•
- 123 -
einer Lanze war eine Venturidüse angebracht, welche
aus einem weiteren Behälter Borkristalle ansaugte
und unter Hochdruck zusammen mit dem Wasser gegen
die Oberfläche schleuderteo
Die Borkristalle konnten sich später in dem Wasser
auflösen, so daß selbst bei geöffnetem Reaktor
druckgefäß und eingeladenen Brennelementen keine
Verunreinigung und keine Reaktivitätserhöhung zu
befürchten waro
Sandstrahlen
Bei KWO erfolgte die Dekontamination im wesentli
chen durch Sandstrahlung mit Borkristallen von 100
bis 300 pm Korngrößeo
Das Verfahren wird entweder in einer Strahlbox oder
- wie Zo Bo im Falle der Dampferzeuger - direkt im
Apparat angewendeto
In der Strahlbox kann auch normaler Sand (Si02 ) ver
wendet werdeno
Die Sandstrahlung hat sich bewährt; es ist kein che
mischer Angriff zu befürchten, harte Beläge werden
einwandfrei entfernt und selbst geläppte Oberflächen
können so bearbeitet werden, wenn sie kurz nachge
läppt werdeno
Zur Behandlung der Oberflächen in den Dampferzeuger
wasserkammern wurde eine mechanische Vorrichtung ge
baut, welche den Aufenthalt des Personals in den Was
serkammern ersparto Vorangegangene Versuche, in den
Wass~rkammern mit einem handgeführten Sandstrahler
zu arbeiten, hatten ergeben, daß die Dekont-Arbeiten
eine höhere Strahlenbelastung verursacht hätten, als
- 124 -
durch sie während der nachfolgenden Arbeiten erspart
worden wäreo
Auch bei KRB wurden Maschinenteile mit einem Sandstrahl
apparat dekontaminierto Strahlmaterial war Quarzsando
Das Verfahren wurde bei Teilen bis zur Größe von Tur
binenschaufeln angewendeto
Die Behandlung findet in einer Box statt, welche cao
3 x 4 m2 Fläche hat und 2 m hoch isto Die zu behandeln
den Teile können mit einem Kran in die Box transpor
tiert werdeno
Mit dieser Behandlung konnten fest haftende Beläge ent
fernt werden, so daß die Oberflächen sauber und glänzend
wurdeno
Nachträglich wurde ein Dekont-Raum durch Umbau in der
heißen Werkstatt geschaffeno
Mechanische Dekontamination von Einzelteilen ein---------------------------------------------L-----schließlich Fußböden Labortische uswo durch Schrubben --------------------L---------------------------------Bürsten
Methoden der in der Überschrift gekennzeichneten Art
werden in fast allen Anlagen angewandto Nur die ange
wendeten Werkzeuge und die im Zusammenhang damit ange
wendeten Netz- und Scheuermittel unterscheiden sich
leichto
So werden zum Beispiel in Obrigheim Werkzeuge, Klein
teile, Fußböden, Labortische etc. mit "Lutensol" in
Form AP 6 und 10 dekontaminierto Ein Zusatz zu diesem
Mittel mit der Bezeichnung D 1 verbessert die chemi
schen Eigenschafteno D 1 besteht aus feingemahlenem
Ionenaustauscher-Material, ist anionen- und kationen
aktiv und wird von Bayer-Leverkusen hergestellt.
•
- 125 -
Durch die Zugabe von Quarzmehl wird das oben genannte
Gemisch aus Lutensol plus D 1 zu einer schmierigen
Masse, welche sich vorzüglich zur Dekontamination von
Kleinteilen eigneto
In Garigliano wird bei Fußböden und Tischen mit
Schrubbern und normalem Wasser, mit "Nalco" als Lösungs
mittel versetzt, sowie mit Waschmitteln von der Art
"Imi" und "Ata" gearbeiteto
Auch bei KRB werden "Wischaktivitäten" auf Fußböden
und im Labor mit handelsüblichen Lösungs- bzwo Rei
nigungsmitteln beseitigt (Ajax, Persil, P 3 000)0
Zur Dekontamination nur leicht verseuchter Komponenten
wurde auf der "Otto Hahn" ein flüssiges Waschmittel
mit dem Namen "Ravasol" benutzto Durch Bearbeiten der
Teile mit Wasser und Wurzelbürste konnte der gewünschte
Effekt erzielt werdeno
Ventile wurden auf der "Otto Hahn" in einem ultra
schallbeaufschlagten Wasserbehälter in einer Stunde
vollständig dekontaminierto
Bei BR-3 werden leichte Kontaminationen auf Böden uswo
mit einer Seifenlösung dekontaminiert, welche 11Dekonta
min" heißto
603 Prohibitiv-Verfahren
Als Beispiel für ein Vorsorgeverfahren zur Erleichte
rung (evtlo später einmal) erforderlich werdender De
kontamination sei die Anwendung von Schutzfarbe ange
führt, mit welcher der Fußboden im Bereich potentiel
ler Leckagestellen angestrichen wird, um ein Eindringen
aktiver Flüssigkeiten in den Beton zu vermeideno
- 126 -
Bei BR-3 in Mol bestand die Folge einer Kontamina
tion des Flutraumes und dann auch des Lagerbeckens
durch defekte Brennelemente darin, daß jedes Werk
zeug und auch die Transportbehälter beim Eintauchen
in das Wasser des Lagerbeckens kontaminiert und ge
zwungenermaßen nachher dekontaminiert werden mußteno
Hierzu gab es in der Anlage von vorneherein nur eine
sehr primitive Einrichtungo
Aus diesem Grunde versuchte man, eine Kunststoff
Schutzschicht auf Behälter und Werkzeuge ppo aufzu
tragen, welche man nach dem Eintauchen in das konta
minierte Wasser des Beckens wieder abziehen kanno
Man bestrich dann später die Wände des Flutraumes voll
ständig mit einem abziehbaren Kunststoff-Auftrag, so
daß man nach dem Ablassen des Flutwassers den kontami
nierten Farbanstrich abziehen und damit das Becken
an und für sich sauber halten kanno
Es scheint empfehlenswert, in dieser Hinsicht, einge
hendere Untersuchungen anzustrengeno
Bei AVR in Jülich besprüht man Labortische, Gestelle,
evtlo auch Bodenflächen mit einem Wachs, das man nach
einer Kontamination zusammen mit dieser ablösto
Die Labortische werden in Mol vor dem Arbeiten mit
Aktivitäten mit einer Plastikfolie ausgelegto Auf die
Folie wird Saugpapier gelegt; beides wird nachher
verbrannto
- 127 -
7o ANLAGENTECHNISCHE KONZEPTION ----------------------------
Die Kombinations- oder Anlagentechnik faßt bekannt
lich die Einzelelemente einer Anlage zu einem ge
schlossenen Ganzen zusammen, so daß die der Anlage
gestellte Aufgabe in dem erforderlichen Ausmaß erfüllt
werden kann. Sie bestimmt also die anlagentechnische
Konzeption eines Kernkraftwerkes. Der Anlagentechniker
muß die Belange der Einzeldisziplinen der Spezialtech
nik und die Verfahrenstechnik so gegeneinander abwägen
und miteinander koordinieren, daß aus der Kombination
der Einzelelemente und durch die zeitliche Koordinie
rung aller Arbeiten in kürzester Bauzeit ein optimales,
einheitliches Ganzes entsteht. Der Spezialtechnik fällt
nach der "Lehre vom Kraftwerkbau" *) demgegenüber die
Aufgabe zu, Art und Ausführung der einzelnen Anlage
elemente, z.B. Reaktor, Brennelemente, Hilfsanlagen,
Regelung, Apparate, Maschinen, Rohrleitungen, Trans
formatoren, Schaltanlagen, Kabel usw. zu bestimmen.
Die grundsätzliche Konzeption der zukünftigen LWR-Kern
kraftwerke liegt heute weitgehend fest. Sie unterschei
det sich je nach Reaktortyp (DWR, SWR) und Hersteller
firmen für das nukleare Dampferzeugersystem mehr oder
weniger stark. Die Untersuchungen im Rahmen der Studie
sollten weniger die Grundsatzkonzeption jener Firmen
betreffen als vielmehr zweckmäßige Vorschläge bzw.
Empfehlungen für die davon abgeleiteten Einzelaspekte
vermitteln.
In diesem Sinne sind die folgenden Ausführungen und
Empfehlungen dieses Abschnitts aufzufassen.
*) Siehe z.B.
K. Schröder u. a. "Große Dampfkraftwerke", Bde 2, 3a und 3b, Berlin, Springer.
L. Musil : "Die Gesamtplanung von Dampfkraftwerken", Wien 1949.
K.R. Schmidt : "Nutzenergie aus Atomkernen", 2 Bde., Berlin 1959/60.
- 128 -
Grundsätzliches
Bei der (Detail-)Planung einer Anlage darf nicht nur
an einen störungsfreien Betrieb, sondern muß auch an
die Möglichkeit der Demontage und Remontage größerer
Anlageteile im heißen Bereich gedacht werdeno Dazu
sind alle Räume - relativ ohne Rücksicht auf die ent
stehenden baulichen Mehrkosten - ausreichend groß zu
bemesseno Insbesondere ist auf eine gute und schnelle
Zugänglichkeit wichtiger Teile zu achteno
Die besseren Aus- und Einbaumöglichkeiten von Anlage
teilen vermindern nicht nur die Strahlungsbelastung
der Reparaturmannschaften, sondern verkürzen auch -
wie bereits ausgeführt - durch geringere Reparatur
dauer die Stillstände der Anlage, wodurch wiederum
die Verfügbarkeit und damit die Rentabilität des
Kraftwerkes verbessert wirdo (Siehe 1o3)o
Im Einzelnen wird empfohlen
In den Ausschreibungs-Spezifikationen der Bauherren
sollten entsprechende Anforderungen (siehe 1o5)
gestellt werden, so daß nicht derjenige Anbieter
billiger wird und bei der Ausschreibung günsti
ger abschneidet, der die Anlage reparatur~~freund
licher gestalten würde, weil er Zo B- weniger Raum
für Reparaturen und/oder weniger Zwischenabschir
mungen etco vorsieht, oder weil er seine Angebots
kosten durch eine einfachere Bauweise und durch
weniger Ausstattungskomfort reduzierto
Die Lage der einzelnen Anlagengebäude relativ zu
einander erfordert sorgfältige Überlegungen, die
sich bis zu einer arbeitsgerechten Lageplanung für
Büro-, Betriebs- und Sozialräume erstrecken sollteno
- 129 -
In zukünftigen Anlagen soll die Auslegung und Anordnung der Räume im nuklearen Bereich, die Zu
gänglichkeit zu den Komponenten und der Komponen
ten selbst noch mehr unter dem Aspekt überlegt
werden, daß später evtlo Reparaturen, Wartungsar
beiten und Inspektionen unter Strahlenbelastung
ausgeführt werden müsseno
Bei der Planung neuer Anlagen sind die Transport
wege von den Montage- bzwo Reparaturstellen zu
den Abstellplätzen, den Dekontaminationsein- und
-vorrichtungen und den Werkstätten,insbesondere
die Krantransportwege, mit besonderer Sorgfalt
zu berücksichtigeno Hierzu sollten während der
Planung nach jeder Konzeptionsänderung Transport
weg-Analysen aufgestellt werdeno
Es sollte angestrebt werden, daß möglicht viele
der wichtigeren Komponenten austauschbar sindo
Dies bezieht sich - neben den kleineren Teilen -
auch auf Druckhalter, Dampferzeuger und evtlo
sogar das Druckgefäßo
Der Problematik eines solchen Austausches muß man
sich bewußt sein, denn der Abtransport zum Beispiel
eines Druckgefäßes bereitet wegen der evtl. hohen
Strahlung große Schwierigkeiten; auch die Lagerung
darf nicht vergessen werdeno Auf der anderen Seite
bereitet eine Stillegung eines Kraftwerkes einen
vermutlich noch weit erheblicheren finanziellen
Verlusto
Für die einzelnen Komponenten sollte eine Modell
bzwo Typenbeschränkung so weit wie möglich durch
geführt werden, um die Ersatzteilhaltung zu ver
einfachen und um das Personal einfacher trainieren
zu könneno
- 130 -
Durch eine Verbesserung der Komponentenauswahl
und durch geeignete Qualitätskontrollen können
Ausfälle vermieden werdeno
Es dürfen keinerlei konstruktive Änderungen an
Komponenten einer Herstellerfirma gemacht werden,
ohne daß die Konstruktion auf ihren Einsatzort
genau abgestimmt sit (zo Ba Anbringung der 0-Ringe
am unteren Teil des Flansches des Druckgefäß
Zwischenringes im BR-3)o Nach einer Änderung müssen
genaue Verbesserungen bzwo Ergänzungen der Beschrei
bung und Zeichnungen vorgenommen werdeno (Dokumen
tation, So Kapitel 7a5)o
In mehreren Anlagen wurde festgestellt, daß schon
bei der ersten Konzeption und dann weiterhin bei
der gesamten Planung der Anlage in starkem Maße
Rücksicht auf die evtlo im Betrieb auftretenden
hohen Strahlungen bei einzelnen Komponenten Rück
sicht genommen werden mußo
Hierzu gehören genügend Raum und eine sinnvolle
räumliche Unterteilung, eine optimale Auslegung
der Komponenten-Positionierung sowie der Rohrlei
tungs- und der Kabelverbindungen, eine ausreichen
de vorsorge für Inspektion, Wartung, Reparatur
und Wiederholungsprüfungen sowie für die normale
Bedienung während des Betriebeso
Leitungen, welche hochaktive Medien transportieren
(könnten), dürfen grundsätzlich nicht ohne Abschir
mung verlaufen, insbesondere nicht in Gängeno
Solche Leitungen sollten während der Kraftwerks
planung evtlo mit Hilfe von ~~9~~!~~ geplant und
immer wieder daraufhin kontrolliert werden, daß
Leitungsführung, Leitungslängen, Anbringung der Ven
tile und die Zugänglichkeit sowie die Abschirmungen
optimal festgelegt sindo
..
- 131 -
Einzel-Erfahrungen aus den Anlagen
Im folgenden sollten~ beispielhafi zu werten -
einige Einzelheiten aus verschiedenen Anlagen
aufgeführt werden, um das seitens der Anlagentech
nik zu betrachtende Spektrum zu beleuchten; Schlüsse
und Folgerungen liegen auf der Hand, so daß sich
expressis~verbis-Empfehlungen hier erübrigeno
In einer Anlage bemängelte man die Unterbringung
von Nachkühlern, Nachkühlpumpen und aller Hilfs
systeme hierfür - einschließlich Armaturen und
Rohrleitungen - in einem kleinen Raum, in welchem
naturgemäß eine hohe diffuse Strahlung herrschto
Um Arbeiten an den Ventilen auszuführen, muß das
Personal in einer anderen Anlage jeweils an dem
neben dem Eingang stehenden Filter vorbeigehen und
wird dabei relativ stark bestrahlto
Die Verfestigungsanlage verarbeitet Uo ao Harze,
welche eine Strahlung bis zu 200 R/h aussendeno Der
Raum, in welchem der Verdampfer steht, ist zwar ab
geschirmt, jedoch befinden sich Ventile im Raum, die
gewartet werden müssen.
Ähnlich steht es mit den Ionenaustauschern der Rei
nigungsanlage, in deren Nähe Armaturen stehen, welche
gewartet werden müsseno Man baute daher nachträglich
eine Zwischenwand aus Blei-Setzsteinen zwischen den
Armaturen und den Behältern auf.
In einer anderen Anlage verursachten Arbeiten an den
Dichtungen der Umwälzpumpen - infolge einer reparatur
und wartungsunfreundlichen Konstruktion~ relativ sehr
hohe Dosisbelastungen und Aufwändeo
- 132 -
In der gleichen Anlage war die Reparatur der Wärme
tauscher in der Primär-Reinigungsanlage infolge star
ker Kontamination durch die hochaktiven Korrosions
produkte im Reaktorwasser sehr schwierigo
In einer weiteren Anlage ergaben sich Schwierigkei
ten mit dem Eptspannungsgefäß in der Primärreinigungs
anlage, in welchem die Zugabe von Wasserstoff statt
f'.indet, und da,s als.Vorratsbehälter für Verlustwass~r
diento In direktem Kontakt mit der Oberfläche dieses
Apparates wurden Strahlungen bis zu 180 R pro Stunde
gemessen. In diesem Gefäß, in welchem das Primär
medium entspannt wird, findet auch eine Ansammlung
von Edelgas-Spaltprodukten statt. In dem Raum, in
welchem das Gefäß steht, wurde eine Umgebungsstrah
lung bis zu 3 R pro Stunde gemessen*). Der Raum
befindet sich außerhalb des Sicherheitsbehälters in
einem Keller, der dann mit Setzsteinen aus Beton zu
gemauert wurde. Der Füllstandsanzeiger wurde außer
halb des Raumes angebracht. Danach bestand die Schwie
rigkeit der Nichtzugänglichkeit. Reparatur und Wartung
wurden bisher noch nicht erforderlich.
Ein weiteres Problem ergab sich in dieser Anlage durch
die Konstruktion des Probenahmeraumes, in welchem
sämtliche (ca. 10) Primärkreis-Probenahmestellen für
die Chemie zusammengefaßt sind.
Die Probenahmen waren offen, also nicht durch eine Box
abgeschlossen. Die Aktivität des Mediums betrug während
der Probenahmen in dem Betriebsabschnitt mit BE-Schäden
ca. 200 Ci/m3 • Nachträglich wurden durch den Betrieb
weitgehende Änderungen vorgenommen; u. a. wurden die
Probenahmeventile fernbedienbar hinter Wände gesetzt,
desgleichen die Durchflußmesser und die Kühler. Die
Probenahmen werden seither in abgesaugten Handschuh
boxen vorgenommen.
*) Siehe Bericht P. Gubel : "Health Physics Aspects of the Exploitation and Defueling of BR-3 - 2 bis with Contaminated Primary Circuit", Institute for Hygiene and Epidemiology, Brussels, 1971.
..
- 133 -
Komponenten-Anbringung und -Konzentration
Im Hinblick auf event~ell zu erwartende Reparatur-,
Wartungs- und Inspektionserfordernisse wurde in prak
tisch allen Anlagen auf die Notwendigkeit entsprechen
der räumlicher Bewegungs- und Arbeitsmöglichkeiten hin
gewieseno Aus den in den Anlagen vorliegenden Erfah
rungen resultieren folgende Empfehlungen:
Nicht zu knapp bemessene Raumgrößen sowie eine gene
rell großzügige Raumaufteilung - Uo ao zum Beispiel
in der Reaktorwasserreinigungsanlage oder im Steuer
stabantriebsraum - erleichtert Inspektions-, Wartungs
und Reparaturarbeiten erheblicho Die Strahlendosen
bei Arbeiten werden herabgesetzto
Wichtige Komponenten des Primärkreises sollten in ge
trennten Räumen, bzwo Zellen - oder zumindest abge
schirmt voneinander - aufgestellt seino Zwischen
einzelnen hochaktiven Teilen sollte ein gewisser
Mindestabstand für eine eventuelle Hilfsabschirmung
und als Bewegungsraum eingehalten werdeno
In einem Raum, in dem sich Primärkreiskomponenten
befinden, welche inspiziert und gewartet werden
müssen, oder an welchen Reparaturen zu erwarten sind,
dürfen auf keinen Fall weitere, radioaktiv strahlen
de Komponenten eingebaut sein, ohne daß diese gegen
einander abgeschirmt sindo
Selbst Zo Ba Geräte, aus denen Teile nur herausge
zogen und Ersatzteile wieder eingesteckt werden,
können - in Strahlungszonen befindlich - höhere
Strahlenbelastungen verursacheno
In keinem Raum sollten mehrere Wände mit primär
mediumführunden Rohrleitungen, Apparaten und/
oder Armaturen ppo belegt werden, damit das an
- 134 -
irgendeiner Stelle des Raumes arbeitende Per
sonal nicht von mehreren Stellen bzwo Seiten
Strahlung erhälto Das Einbringen von Hilfsab
schirmungen bietet zwar bei hinreichend großen
Räumen gegebenenfalls eine nachträglich Vor
sorgemöglichkeit, ist jedoch (fast) stets mit
einer radioaktiven Exposition verbundeno
In mehreren der in die Untersuchung einbegriffe
nen Anlagen befinden sich - zudem relativ kleine -
Räume mit bis zu einigen hundert Primärkreislauf
Armaturen etco; derartige Konzentrationen sind
unter allen Umständen zu vermeideno
In einer Anlage standen zusätzlich auch noch die
Primärwasserfilter sowie stark strahlende Rohr
leitungen unabgeschirmt nebeneinandero Die Strah
lung an den Filtern betrug cao 30 bis 50 R/h.
Vielleicht sollte man anstreben, daß diejenigen
Armaturen, die jeweils zu einem Teilsystem gehören
(maximal 10 bis 15) je in einem Raum - evtlo mit
Zwischenabschirmungen - zusammengefaßt werden, und
zwar so, daß der Bedienungsflur möglichst strahlen
frei gehalten wirdo
Teilweise könnte man auch Schienen-Bahnen vorsehen,
längs denen Abschirmvorrichtungen verfahren und so
vor oder zwischen stark strahlende Teile gebracht
werden könnten, um diese abzuschirmeno
Eine Abschirmung zwischen und vor allen einzelnen
Armaturen dürfte sich nicht generell empfehleno
Als weitere Mängelpunkte wurde in verschiedenen An
lagen die unpraktische Anbringung zu wartender Teile
angeführto In einer Anlage liegen zum Beispiel direkt
•
..
•
..
- 135 -
neben dem Druckhalter die Hauptventile mit ihren
Stellmotoren, Positionsgebern und Endschaltern,
zum Teil nur wenig über dem Bodeno
Es wird empfohlen, die zu wartenden Teile in der
richtigen Höhe anzubringen und auf schnelle Zu
gänglichkeit zu achteno Derartige Teile müssen
außerdem so angebracht sein, daß das Wartungs
personal nichl an anderen stark strahlenden Teilen
vorbei muß, um Za Ba einen Endschalter zu kon
trolliereno In einer Anlage muß man, um an den
Druckhalter zu gelangen, durch einen Strahlen
bereich mit 3 bis 5 R/h hindurchgeheno Eine Tür
an der richtigen Stelle würde in einem solchen
Falle die Bestrahlung stark herabsetzeno
Verbesserungswürdig ist die Konstruktion der
Schleusena In einer Anlage werden die drei vor
handenen Tore von Hand bediente Jedes Tor muß
dicht geschlossen werden, bevor das nächste auf
gehto Diese Technik ist bei der Personen- und der
Materialschleuse gleicha Durch diese Schleusen
würde die Ausschleusezeit im Alarmfall caa 3 mina
betragene Eine Telefonverbindung aus der Schleuse
ist vorzusehen
Die Schleusentore des Sicherheitsbehälters sollten
in der Ruhestellung nach Innen hin offengehalten
werden, um im Notfall dem Personal einen schnellen
Fluchtweg zu ermöglichena Die Bedienung der Schleu
sen, besonders die der Notschleusen, sollte so ein
fach wie möglich seina
Alle Hilfsaggregate, wie Antriebe, Lüftungen, Öl
versorgungspumpen, Schalter uswo sollten nach Mög
lichkeit aus strahlenbelasteten Räumen verbannt und
an begehbare Orte gelegt werdena
- 136 -
Zur Werkstattfrage
Die besonderen Verhältnisse bei der Reparatur und Be
arbeitung von kontaminierten Teilen zwingen grundsätz
lich zur Errichtung einer "heißen" Werkstatt im Kon
trollbereich - neben einer "kalten" Werkstatt außer
halb desselbeno
Nach den aus fast allen Anlagen vorliegenden Erfahrungen
sollte die heiße Werkstatt im Minimum etwa 50 m2 Boden
fläche umfassen, an die Lüftungsanlage angeschlossen
sein und mindestens Zo Bo folgende Ausrüstung erhalten
1 Drehbank mittlerer Größe
1 Bohrmaschine
1 Schleifbock
1 Absauggerät
1 Werkbank mit 2 Schraubstöcken
3 bis 5 fahrbare Werkbänke zur Verwendug an
beliebigen Stellen des Kontrollbereiches
einige Regale und Schränke für Werkzeuge und
Vorrichtungen.
Nach den Erfahrungen einiger Betriebe sollte die aktive
Werkstatt in je einen Bereich für mechanische, elektro
technische und elektronische (Messinstrument-)Reparaturen
unterteilt seino
Nicht nur die Einrichtung und die Unterteilung sondern
auch die Lage und die Umgebung der heißen Werkstatt
in Bezug auf die übrigen Gebäude und Gebäudeteile ist
von Wichtigkeito Eine heiße Werkstatt, die weit ent
fernt von den Stellen liegt, wo die meisten Reparaturen
anfallen, bedingt weite Wege, umständliche Transporte
und eine erschwerte Überwachung durch den Strahlen
schutzo Außerdem ist es günstig, wenn sie direkt mit
einem Dekontamierraum und einem Zwischenlagerplatz ver
bunden isto Die Bedeutung des Dekontaminierraumes für
•
- 137 -
die heiße Werkstatt ist klaro Der Zwischenlagerplatz
hat die Aufgabe, die während eines Reparaturstill
standes in großer Zahl aus dem Reaktorgebäude kommen
den Bauteile, Armaturen, Rohrleitungsstücke etco
aufzunehmen, bis sie - meistens nach Wiederanfahren
des Kraftwerks - in Ruhe einer weiteren Bearbeitung
zugeführt werden. können.
Anlagen-Dokumentation
Immer wieder und in praktisch allen Anlagen zeigte es
sich - besonders bei schwierigen Arbeiten in Bereichen
mit hoher Strahlung -,daß die Ausführung der Systeme
und Apparate sowie Leitungsverlegung, Bauausführung
und elektrische Schaltungen ppo den vom Hersteller
gelieferten Plänen und Zeichnungen etco nicht ent
sprachen. Derartige Dokumentationsfehler müssen un
bedingt vermieden werden, auch wenn für die Revision
der Zeichnungen und Unterlagen sehr hohe Kosten ent
stehen; der Mehraufwand an Arbeitszeit in Strahlen
bereichen zur Fehlersuche ist in allen Fällen größer
als eine laufende Revision aller Zeichnungen, Pläne
und Einstelltabellen usw.
Es ist daher zu empfehlen
Alle Zeichnungen, Dokumentationen und Spezifika
tionen sollten (möglichst weitgehend) schon vor
der Inbetriebnahme der Anlage korrigiert werdeno
Auch Geräte- und Einzeldaten sind festzuhalten
einschließlich zum Beispiel
Eichwerte und -kurven sowie Kenndaten von Meß
blenden und onderen Vorrichtungen
Bühnen- und Raumbelastbarkeiten
- Angaben über Prüfgeräte und Prüfanweisungen
- Montage- und Reparaturanweisungen für alle einzel-
nen Komponenten in der Form von "Sprengzeichnungen"
mit Werkzeugangaben etco
- 138 -
Mit'der Bestellung von Teilen durch eine·zuliefer
firma oder einen Architekt-Ingenieur sollten zu
gleich alle Spezifikationen und Zeichnungen an den
Bauherrn (Baustelle) geheno
Vor der Inbetriebnahme sollte eine Photo-Dokumen-'
tation aller wichtigen, während des -Betriebs schwel
zugänglichen Bereiche der Anlage - einschließlich
Detailansichten - vorgenommen werdeno Eine solche
hilft bei späteren Arbeitsplanungen für Reparatu.
ren etco außerordentlicho Demgegenüber dürfte der
Arbeitsaufwand für die Photo-Dokumentation relativ
gering sein, (vielleicht 3 Mann cao 3 Wochen)o
Von stark aktiven Teilen, zum Beispiel Dampfer~
zeuger-Wasserkammern, Steuerstabantrieben unter dem
Reaktor sollten von vorneherein Modelle im Maßstab
1: 1 erstellt werden, um eventuell spätere Arbei
ten an diesen Stellen einüben und vor Ort dann
schneller durchführen zu kÖnneno
Von einzelnen Räumen sollten ggfo originalgetreue
Modelle im Maßstab 1: 10 bis 1: 20 angefertigt
werdeno
Von allen durchgeführten Arbeiten größeren Umfangs
oder größerer Kompliziertheit sollten nicht nur
exakte Aufzeichnungen sondern auch Filmaufnahmen
(ggfo mit Fernsehkameras) gemacht werden, um so
das Personal bei späteren ähnlichen Arbeiten -
auch in anderen Anlagen - leichter und besser ein
weisen zu könneno
Eine durchdachte Beschriftung und Kennzeichnung in
der gesamten Anlage hilft dem Personal, bestimmte
Leitungen, Armaturen oder Apparate schnell und
sicher zu findeno
- 139 -
Ergänzungen zum Sicherheitsbericht sind nicht zu
empfehlen, da bei mehrmaligen Ergänzungen - womög
lich in verschiedenen Sprachen - eine schnelle und
sichere Information sehr erschwert wirdo Jede Ände
rung sollte eine verbesserte Neuauflage, zumindest
der entsprechenden Seiten oder Abschnitte, auslösen.
Das Gleiche gilt für die Betriebshandbücher (Be
triebsanleitungen), deren erste Entwürfe den Be
treibern schon vor der Inbetriebnahme - spätestens
nach Abschluß des Warmbetriebes - zur Verfügung
gestellt werden sollten. Der zweite berichtigte
Entwurf sollte vor dem Beginn des Probebetriebes
übergeben werden. Der letzte, vom Bauherrn - jedoch
unabhängig von den Herstellern - eingehend zu über
prüfende Entwurf sollte kurz darauf folgeno
Die Dokumentation mit Hilfe von Daten-Verarbeitungs
anlagen (DVA) ist so weit entwickelt, daß ihre An
wendung in Kraftwerken zu empfehlen isto
- 140 -
8. BETRIEB =======
Zum Kontrollbereich von Kernkraftanlagen hat normalerweise
nur das Stammpersonal, - u.a. der Schicht, der Werkstatt,
des Strahlenschutzes uswo sowie das Aufsichtspersonal - Zu
tritt. Alle diese Personen sind für ihren Einsatz in ihrer
eigenen Anlage spezialisiert und können daher jeweils nur
schwer ersetzt werden, falls sie z.B. durch eine zu große
Strahlenbelastung an ihrem weiteren Einsatz im Strahlenbe
bereich gehindert werden.
Um die Strahlenbelastung dieses Stammpersonals so gering wie
möglich zu halten, wurden in den vorangegangenen Kapiteln 2
bis 7 konstruktions- und verfahrenstechnische Wege vorge
schlagen.
Im Folgenden soll speziell auf organisatorische Maßnahmen
sowie auf Hilfsmittel zur Fernüberwachung der Anlage und
von Arbeiten eingegangen werden.
8.1 Personal-Organisation
In den in die Untersuchungen einbegriffenen Anlagen bestehen
5 Schichten, welche im 3-Schicht-Wechselbetrieb durchschnitt
lich je 8 Stunden arbeiten. Einige Anlagen halten darüber
hinaus für Ferienzeiten und für besondere Fälle Reserve
schichten bereit.
Folgende grundsätzliche Empfehlungen entsprechen den Erfah
rungen aller Anlagen:
Das Betriebspersonal von Kernkraftanlagen sollte bei der
Planung und Ausführung der Anlage so früh wie irgend mög
lich eingeschaltet werden.
"
..-
•
..
- 141 -
Damit das Betriebs-Fachpersonal für unerwartete wichtige Arbeiten in aktiven Bereichen möglichst verfügbar bleibt,
sollten für abnormale Reparatur- und Wartungsarbeiten
tunlichst Fremdkräfte eingesetzt werden.
Der Wechsel von Angehörigen des Betriebspersonals in ei
nem Kernkraftwerk muß so vorbereitet werden, daß das neu
eintretende Personal eine ausreichende Arbeits-Anleitung
durch das alte Personal erhält.
Unerfahrene Hilfskräfte und Leihpersonal sollten für
schwierige Tätigkeiten technisch und strahlenschutzmäßig
genau unterrichtet und eingearbeitet werden. Hilfsmittel
hierzu können TV- und Filmaufzeichnungen, Fotos, Modelle
usw. sein •
Das Wartungs- und Reparaturpersonal, insbesondere auch das
Leihpersonal, hat sich in vielen Fällen als sehr einsatz
freudig erwiesen. In einigen Fällen waren Personen sogar auf
den Vermerk einer hohen Strahlendosis in ihrer Kartei stolz.
Es sei nochmals angeführt, daß in keinem bekannt gewordenen
Falle die gesetzlich zugelassene Dosis-Höchstgrenze bei Ar
beiten in Strahlenbereichen überschritten wurde •
Trotzdem sollten insbesondere auch die Strahlenschutzabtei
lungen in der Zukunft noch stärker als bisher darüber wachen,
daß - neben der Anwendung geeigneter technischer Hilfsmittel -
die Strahlenschutzbelehrung, Einsatzplanung und Arbeitsvorbe
reitung einschließlich der Vorbereitung des Arbeitsortes auf
eine Reduzierung der Strahlenbelastung des Personals ausge
richtet: wird.
In diesem Zusammenhang sei auch nochmals auf die Notwendigkeit
hingewiesen, daß der Erfahrungsaustausch gerade zwischen den
Strahlenschutz-Sachverständigen der Anlagen untereinander,
sowie mit den Anlagen-Herstellern von großer Bedeutung für
den Entwurf und den Betrieb zukünftiger Anlagen sein wird.
- 142 -
Bei einem Vergleich der in den einzelnen Anlagen vorliegen
den Erfahrungen hinsichtlich der Arbeiten im Strahlenbereich
hat es sich gezeigt, daß die Aufschreibungen über die Zuge
hörigkeit von Einsatzort, Arbeitsort und Strahlendosis noch
nicht überall mit der größtmöglichen Genauigkeit durchge
führt werden.
Außerdem liegen bei der Verwendung von Filmplaketten zur of
fiziellen Dosismessung große Zeitspannen zwischen dem Einsatz
und der Dosisbestirnrnung einer Person.
Es wird empfohlen, das "amtliche" Dosis-Meßverfahren von
Filmdosimetern auf Festkörperdosimeter umzustellen und die
Dosis-Registrierung zu vervollkommnen (evtl. DVA).
Wegen weiterer Ausführungen hierzu sei auf Abschnitt 5
(Strahlenschutz) verwiesen.
8.2 Inspektion~n und Wiederholungsprüfungen
8.2.1 Routine-Begehungen
In allen Anlagen führt das Betriebspersonal 1 x pro Tag, zu
meist sogar 1 x pro Schicht eine Kontrollbegehung der Anlage
aus, die auch durch Strahlenbereiche führt. Diese Kontroll
gänge haben sich im konventionellen Kraftwerksbetrieb bewährt
und dienen neben dem ständigen Kontakt zwischen Personal
und Anlage - der optischen Lecksuche (Sicht-Kontrolle), der
Geräuschkontrolle sowie der Instrumentenüberwachung.
Die sich durch diese Rundgänge akkumulierenden Personendosen
sind nicht gering. So ergaben sich zum Beispiel durch Rund
gänge folgende Belastungen:
:.. 143 -
... ·' ;
Anlage Begehungen Zahl der Dosen pro Mann .Personen je Gang je ,Jahr
~ . ~ mrem rem ' 1 . ~ , l
Beznau je Schicht 2_ 10 ' 1, 0, 1'4-tägig ' ... ' ,;
1ü0 -_, . .; . 2
" . '
-·- ~
BR-3 wöchentlich 2 ' 50 ; 2 5 ·- ' :
; l ·, ' -·- L
Chooz wöchentlich 2 49 1,8 ,, -- -•
1-, -
' ' Garigliarlo je Schicht 2 30' 1 Oi
' KRB täglich 2 ' .. ~ .. _50 2 ;, 3
·- . ) _,
KWO je Schicht 2 24 1,0 . ·. - ' ; ; ' - . - _' :·' -. ;
In diesen Anlagen entsteht nach eigenen Angaben und alletn.
durch Rundgänge eine jährliche Strahienbeiast:ung des Schicht
personals zwischen 1 und 2,5 rem pro Person„ Mit Hilfe des
unter Ziffer 5. 3 (Überwachung und Fortschr0
eibung der Perso
naldosen) empfohlenen .Strahlenpegel.:..Meßgerätes·konntein
einer Anlage die bei Routinegängen Vom Sch{chtpeiso~al
empfangene Dosis halbiert werdeno
Durch eine geeignete Fernüberwachung könnten die Inspek
tionsgeräte in der Zukunft eingeschränkt werden, z.B.
durch das Anbringen von Mikrophonen an verschiedenen
Pumpen, Behältern, Rohrleitungen, Armaturen usw. oder
durch die vermehrte Installation vpn Instrumenten und
Fernsehkameras zur Beobachtung z.B. der Steuerstabantriebs
einrichtungEirt, von Instrumenten, Armaturen usw.
Bei der Geräuschüberwachurtg durch Mikrophone ist darauf
zu achten, daß diese Geiäte den atlgemeinenwGeräuschpe
gel ( z.B. durch die Lüftungsanlage bedingt) nur schwach
wiedergeben. Es sollten deshalb Untersuchungen durchge
führt werden, bei welchen die Wirksamkeit von Spezial~
- 144 -
1 mikrophonen (z.B. Richtmikrophone) geprüft wird.
Schon bei der Planung zukünftiger Anlagen sollte auf
die Installation von Fernsehkameras Rücksicht genommen
werden. Die Aufnahmegeräte sollten einen Standplatz
erhalten, von dem aus ein möglichst großer Bereich
wichtiger Anlagenteile zu übersehen ist. Überwachungs
instrumente sollten in diesem Sichtbereich angeordnet
sein. Die Kameras sollten evtl. durch Fernbedienung
drehbar und fokussierbar (Gummilinse) sein.
Auf den allgemeinen Einfluß von Abschirmungsmaßnahmen sowie
der Anordnung der Komponenten und Systeme auf die Strahlen
belastung des Personals bei Rundgängen wurde bereits an an
derer Stelle eingegangen.
802.2 Wiederholungsprüfun9en
Wesentlich mehr Probleme als die täglichen Routine-Rundgänge
bereitet die periodische Inspektion von Anlagenteilen, da
hierbei eingehendere Prüfungen (Ultraschall-, Röntgenprüfun
gen von Schweißnähten •• ) durchgeführt werden, bei denen das
Personal im Bereich hoher Strahlung z.B. mit großen Strahlen
dosen belastet wird.
Falls nicht besondere Störfälle ein früheres Eingreifen er
forderlich machen, verlegt man diese periodischen Groß-In
spektionen in die Zeit des Brennstoffwechsels.
Periodische Prüfungen sind teils von den Sicherheitsbehörden
vorgeschrieben, ergeben sich aber auch aus betrieblichen
Gründen an komplizierten Teilen (wie z.B. an den Dichtungen
und Lagern der Hauptkühlmittelpumpen) sowie aus dem Sicher
heitsbewußtsein der Betriebe heraus.
- 145 -
Die für nukleare Anlagen gleichen Typs geltenden Richt
linien für Inspektionen und Wiederholungsprüfungen
sollten in möglichst vielen Ländern einheitlich und so
eindeutig abgefaßt sein, daß schon bei der Konstruktion
von Anlagenteilen sowie bei dem Entwurf des Anlagenkon
zeptes auf die während des späteren Betriebes notwendi
gen Prüfungen Rücksicht genommen werden kann. Zu er
streben ist eine Reduzierung der Prüfungshäufigkeit bzw.
-notwendigkeit sowie die Verbesserung der Zugänglichkeit
und der Prüfungseinrichtungen.
Vorstudien über jeden der auszuführenden Arbeitsschritte
sind notwendig, um die Strahlenexposition vor Ort zu
verringern.
Eine Reduzierung der Prüfungshäufigkeit könnte durch eine
geeignete Fernüberwachung der Komponenten erreicht werden.
Es könnte z.B. der Prüfungsrhythmus insofern geändert werden,
als man diesen von Abnormitäten in der Anzeige einer instal
lierten Fernüberwachung, von Schwingungen oder Eigenresonan
zen in einzelnen Komponenten, abhängig macht. Eine Wiederho
lungsprüfung würde also nur dann notwendig sein, wenn durch
bestimmte Messungen ein Anzeichen für das Vorhandensein ei
ner Veränderung im Material oder im System gegeben wird.
Um die praktische Anwendbarkeit dieser Methode über
prüfen zu können, ist es notwendig, den Zusammenhang
zwischen mechanischen Fehlern (Risse, Brüche ••• ) und
den Änderungen des Schwingungsbildes eines Bauteiles
(Behälter, Rohrleitung usw.) durch diese Fehler zu un
tersuchen.
Die Fernüberwachung von Wellenschwingungen (Pumpen, Motoren,
Turbinen) hat sich bereits in vielen Anlagen ebenso bewährt,
wie die Fernüberwachung von Leckagen durch Temperatur- oder
Aerosolmessung.
- 146 -
Wiederholungsprüfungen in Zonen hoher Aktivität an
Komponenten kleiner bis mittlerer Größe sollten da
durch vermieden werden, daß solche Komponenten rou
tinemäßig ausgebaut und durch Reserveteile ersetzt
werden. Die Überprüfung kann dann in der heißen Werk
statt vorgenommen werden.
Die Personendosis bei den Wiederholungsprüfungen z.B. am
Reaktor-Druckgefäß .oder an den Dampferzeugern kann durch
eine Verwendung geeigneter Vorrichtungen und Prüfungsein
richtungen sowie durch eine gute Organisation der Arbeiten
(Arbeitsplanung, Fremdpersonal-Einsatzplanung, Arbeitsvorbe
reitung) auf ein Mindestmaß reduziert werden.
In einer Anlage (Dodewaard) hat man bei den Prüfungen im
Druckgefäß die Erkenntnis gewonnen, daß der Einsatz einer
Arbeitsbühne, welche auf den Gefäß-Flansch montiert wird,
eine Erleichterung der Arbe~ten und eine Verringerung der
Strahlungsdosen br~ngt. Die Bühne wird einen Boden aus 3 cm
starkem Blei besitzen und die Strahlung aus dem geöffneten
Druckgefäß im Arbeitsbereich von ca. 1 R/h auf 50 mR/h
herabsetzen.
Empfehlenswert ist auch ein mit Blei abgeschirmter und mit
einem Fenster versehener Inspektionskäfig, in welchem ein
Inspektor z.B. in ~as Druckgefäß hinabgelassen werden kann.
In mehreren Anlagen ist man dazu übergegangen, die Bolzen
zum Verschließen des Druckgefäßdeckels vor dem Öffnen
des Reaktors zu prüfen, um dadurch die Bestrahlung bei der
Prüfung zu vermindern. Die Strahlenleistung betrug in einer
Anlage in der Umgebung des geschlossenen Druckgefäßdeckels
immerhin ca. 300 mR/h. Eine fernbedienbare Prüfeinrichtung
wäre hier von Nutzen.
- 147 -
In einer weiteren Anlage wurde die Inneninspektion der
Schweißnähte in Druckhalter und Dampferzeuger mit Hilfe
einer Kamera und einem Spiegelsystem von außen durchge
führto
Im Inneren des Druckbehälters war - nach vorangegangener
Dekontamination - eine Strahlung von 30 R/h gemessen wor
deno
Mittels einer Vorrichtung, an welcher Beleuchtung und Spie
gel befestigt waren, und welche durch einen geöffneten
Stutzen in den Apparat eingeführt wurde, konnten mit einer
Kamera von aussen Bilder sehr guter Qualität gemacht werden.
Erschwerend wjrkte bei .vielen Inspektions- und Prüfarbeiten
an Behältern, Rohrleitungen und Armaturen auch, daß die
Isolierung fest verlegt, d.ho angeschraubt oder gewickelt
waro Die Abiso·lierung strahlender Leitungen erforderte viel
Zeit und setzte die arbeitenden Leute bereits hohen Strah
lungsbelastungen aus, bevor die eigentliche Reparatur begann.
Inzwischen ist man in allen Anlagen auf schnell abnehmbare
Isolierungen, und .zwar Halbschalen mit Schnappverschlüssen
an den wichtigen Stellen, übergegangen; für Abnahme und An
bringen wird nur noch ein Bruchteil der bisherigen Arbeits
zeit benötigto
Isolierungen an solchen Stellen, welche periodisch in
spiziert werden müssen, sollten schnell abnehmbar bzwo
montierbar seino
Weitere Empfehlungen seien hier noch einmal zusammengestellt:
Genaue Arbeitsplanung und -Vorbereitung sowie Übung an
inaktiven Modellen verkürzen den Aufenthalt des Perso
nals im Strahlenbereicho
- 148 -
Das praktische Üben der wirklich auszuführenden Arbei
ten an inaktiven Modellen sollte unter Anwendung der
wahrheitsgetreuen Arbeitsmethoden und Schutzmaßnahmen
sowie Werkzeuge stattfindeno
Fernbedienungs-Inspektionswerkzeuge sollten unter den
Kraftwerken ausgetauscht werdeno
Durch ausreichende Ausstattung eines Betriebes mit Re
serveteilen können Arbeitszeiten an kontaminierten Tei
len in Bereichen hoher Strahlung verkürzt werdeno
Trennbare Rohr- und Leitungsverbindungen sollten ein
fach und schnell zu demontieren und remontieren sein
(zoBo Grayloc-Patentverschluß)o
Pumpen, Armaturen und Rohrleitungen, welche Primär
wasser - also evtlo aktives Medium - führen, müssen
von vornherein so abgeschirmt sein, daß man ohne beson
dere Vorbereitungen an ihnen Prüfungen vornehmen kanno
Die Zugänglichkeit zu den Komponenten muß vor dem Bau
des Kraftwerkes durchdacht seino Auch Transportanalysen
für den Aus- und Einbau schwerer Komponenten sollten
während der Planung durchgeführt werdeno
Ein nachträgliches Anbringen von Abschirmungen ist nur
dann sinnvoll, wenn dadurch die Strahlenbelastung bei
Abschirmungsarbeiten und Inspektion geringer ge
halten werden kann, als bei der Prüfung des betreffen
den Anlageteils ohne Abschirmungo
Wiederholungs-Inspektionen in stark radioaktiven Behältern
des Aufbereitungs- und Abwassersystems sollten nur mit
Fernbedienungs-Werkzeugen und -Instrumenten durchgeführt
werdeno
- 149 -
Eine unkomplizierte Verständigungsmöglichkeit zwischen dem an irgendeinem Platz im Kontrollbereich arbeitenden
Personal und der Hauptwarte muß durch Funk oder Telefon
gewährleistet seino
Hierzu können Geräte verwendet werden, welche über Einzel
oder Ringleitungen bzwo induktiv über das Arbeitsstromnetz
angeschlossen werdeno Tragbare Funkgeräte müssen entweder
starke Sender besitzen, um das abschirmende Sicherheitsge
fäß zu durchdringen, oder über Relaisstationen arbeiteno
- 150 -
1
9. SCHLUSSWORT '·: '=== ' . ' = > ' = ,
Allen Institutionen, Betreibern und Firmen,_w~lche uns
bei der Durchführung der Untersuchungen unterstützt
haben, ,sei 1an ,dieser Stelle nochmals herzlich gedankt.
Wir haben bei allen Be:ff.iraguhgen eine, große Bereitschaft
zum Austausch der von den Einzelnen oft nur mühevoll
e~worbenen Erfahrungen-gefunden und hoffen,. daß die vor
liegende zusammenfassurig·d~t Erfahrungeri dazu beitragen
kann, daß alle Betroffenen den Nutzen des Erfahrungsaus
tausches noch besser erkennen und davon profitieren, als
bisher.
AN UNSERE LESER
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