europäisches und deutsches kartellrecht - lehrstuhl für … · 2015-11-12 · missbrauchsverbot...

75
Europäisches und deutsches Kartellrecht (mit einem Überblick über das Regulierungs-, Beihilfen- und Vergaberecht) Dr. Erik Staebe Wintersemester 2015/16 Teil 3

Upload: lyquynh

Post on 18-Sep-2018

214 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Europäisches und deutsches Kartellrecht(mit einem Überblick über das Regulierungs-, Beihilfen- und Vergaberecht)

Dr. Erik Staebe

Wintersemester 2015/16

Teil 3

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

I. Einführung

II. Grundlagen des Kartellrechts

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

IV. Missbrauchsverbot (Art. 102 AEUV, §§ 19 ff. GWB)

V. Sektorspezifische Missbrauchsaufsicht durch Regulierungsrecht

VI. Fusionskontrolle (FKVO, §§ 35 ff. GWB)

VII.Beihilfenrecht (Art. 107 ff. AEUV)

VIII.Vergaberecht

IX. Perspektiven der Wettbewerbspolitik

Gliederung

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

� „Mittelstandskartelle“ (§ 3 GWB)

• Horizontalvereinbarung oder gleichartiger Beschluss einer Unternehmensvereinigung

• Sachverhalt ohne zwischenstaatlichen Bezug

• Beteiligung kleiner oder mittlere Unternehmen

• Rationalisierung wirtschaftlicher Vorgänge bei den beteiligten Unternehmen

• Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Unternehmen

• Keine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs

• Beispiel:Vereinbarung von Getränkefachgroßhändlern, deren Gegenstand u.a. die Konzentration der Lagerhaltung, ein einheitlicher Marktauftritt im Bereich des Getränkeeinzelhandels und die Zusammenarbeit im Rahmen des Informations- und Erfahrungsaustausches zur Prozessoptimierung ist. So können insbesondere die Frachtkosten erheblich sinken und es ergeben sich Rationalisierungseffekte beim Vertrieb.

Besonderheiten des deutschen Kartellrechts

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

� Wettbewerbsregeln (§§ 24-27 GWB)

• Bestimmungen, die das Verhalten von Unternehmen im Wettbewerb regeln

• Aufsteller: Wirtschafts- oder Berufsvereinigungen

• Inhalt: Regeln zum Schutz oder zur Förderung des lauteren/leistungsgerechten Wettbewerbs

• Kein Verstoß gegen Art. 101 AEUV/§ 1 GWB

• Anerkennungsverfahren: §§ 24 Abs. 3 und 4, 25 bis 27 GWB)

� Landwirtschaft (§ 28 GWB)

• Keine Geltung des Kartellverbots für horizontale Vereinbarungen über Erzeugung oder Absatz (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) sowie Benutzung gemeinschaftlicher Einrichtungen (Abs. 1 Satz 1 Nr. 2), sofern sie keine Preisbindung enthalten und den Wettbewerb nicht ausschließen.

• Keine Geltung des Kartellverbots für bestimmte vertikale Preisbindungen (Abs. 2)

Besonderheiten des deutschen Kartellrechts (Forts.)

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

� Preisbindung von Zeitungen und Zeitschriften (§ 30 GWB)

• Zeitungen und Zeitschriften, Reproduktions-, Substitutions- oder Kombinationsprodukte (Abs. 1)

• Vertikale Preisbindung (Abs. 1)

• Schriftform (Abs. 2)

• Missbrauchsaufsicht (Abs. 3)

Besonderheiten des deutschen Kartellrechts (Forts.)

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

� Nichtigkeit

• EU-Recht: Art. 101 Abs. 2 AEUV

• Deutsches Recht: § 134 BGB i.V.m. § 1 GWB

� Behördliche Durchsetzung des Kartellverbots (public enforcement)

• EU-Recht: Maßnahmen nach VO 1/2003 (vgl. Art. 4 VO 1/2003), insbesondere nach Art. 7 bis 10 und Art. 23 bis 24 VO 1/2003

• Deutsches Recht: Maßnahmen nach nationalem Recht (vgl. Art. 5 VO 2003), insbesondere nach §§ 32 ff. und 81 ff. GWB

� Private Durchsetzung des Kartellverbots (private enforcement)

• EU-Recht: Keine unmittelbar anwendbaren Regelungen, vgl. aber Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.11.2014 über bestimmte Vorschriften für Schadenersatzklagen nach nationalem Rechtwegen Zuwiderhandlung gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union, Abl. 2014 L 349, S. 1

• Deutsches Recht: § 33 GWB

Rechtfolgen von Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

� Überblick

• Ermächtigungs-grundlagen

• Ermittlungs-befugnisse

• Verfahrensrechte

• Sanktionen

• Verjährung

• Rechtsschutz

Europäisches Kartellverfahrensrecht (Public Enforcement)

� Ermächtigungsgrundlagen

• Feststellung und Abstellung von Zuwiderhandlungen (Art. 7 VO 1/2003): Befugnis zur Erlass von Unterlassungsanordnungen, zur Anordnung von Abhilfemaßnahmen und ggf. zur Feststellung von Zuwiderhandlungen

• Einstweilige Maßnahmen (Art. 8 VO 1/2003):Befugnis zu Maßnahmen bei Gefahr ernster, nicht wieder gutzumachender Schäden

• Verpflichtungszusagen (Art. 9 VO 1/2003):Befugnis zur Entgegennahme sog. Verpflichtungszusagen einschließlich der Befugnis, diese für verbindlich zu erklären

• Feststellung der Nichtanwendbarkeit (Art. 10 VO 1/2003):Befugnis zur ausnahmsweisen „Positiventscheidung“ aus Gründen des öffentlichen Interesses

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

� Überblick

• Ermächtigungs-grundlagen

• Ermittlungs-befugnisse

• Verfahrensrechte

• Sanktionen

• Verjährung

• Rechtsschutz

Europäisches Kartellverfahrensrecht (Public Enforcement) – Forts.

� Ermittlungsbefugnisse

• Sector inquiry (Art. 17 VO 1/2003):Untersuchung bestimmter Wirtschaftszweige oder Arten von Vereinbarungen bei Hinweisen auf Verstöße gegen Art. 101/102

• Auskunftsverlangen (Art. 18 VO 1/2003):Einfaches Auskunftsverlangen oder Auskunftsentscheidung

• Zeugenvernehmung (Art. 19 VO 1/2003):Befragung natürlicher und juristischer Personen

• Nachprüfungsbefugnisse (Art. 20 und 21 VO 1/2003):Nachprüfung auf Grund eines schriftlichen Nachprüfungs-auftrages ohne Duldungspflicht (Art. 20 Abs. 3) oder auf Grund einer Nachprüfungsentscheidung mit Duldungspflicht (Art. 20 Abs. 4); Nachprüfung auch in Privatwohnungen (Art. 21)

Exkurs 1: Verhalten bei kartellbehördlichen Untersuchungen (ausführliche Erläuterungen etwa unter https://www.lw.com/presentations/verhaltensregeln-bei-kartellrechtlichen-durchsuchungen )

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

� Überblick

• Ermächtigungs-grundlagen

• Ermittlungs-befugnisse

• Verfahrensrechte

• Sanktionen

• Verjährung

• Rechtsschutz

Europäisches Kartellverfahrensrecht (Public Enforcement) – Forts.

� Verfahrensrechte: Betroffene Unternehmen haben …

• Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 27 Abs. 1 VO 1/2003)

• Recht auf Akteneinsicht (Art. 27 Abs. 2 VO 1/2003)

• Anspruch auf Schutz von Betriebs- und Geschäfts-geheimnissen (Art. 28 und 30 Abs. 2 VO 1/2003)

� Sanktionen

• Geldbußen (Art. 23 VO 1/2003)

• Zwangsgelder (Art. 24 VO 1/2003)

• Entzug der Freistellung im Einzelfall (Art. 29 VO 1/2003)

� Verjährung (Art. 25 und 26 VO 1/2003)

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

� Überblick

• Ermächtigungs-grundlagen

• Ermittlungs-befugnisse

• Verfahrensrechte

• Sanktionen

• Verjährung

• Rechtsschutz

Europäisches Kartellverfahrensrecht (Public Enforcement) – Forts.

� Rechtsschutz

• Rechtsschutz gegen Auskunftsentscheidung(Art. 18 Abs. 3 VO 1/2003) nach Art. 263 Abs. 4 AEUV

• Rechtsschutz gegen Nachprüfungsentscheidung(Art. 20 Abs. 4 VO 1/2003) nach Art. 263 Abs. 4 AEUV

• Rechtsschutz gegen Buß-/Zwangsgeldentscheidung (Art. 23 und 24 VO 1/2003) nach Art. 263 Abs. 4 AEUV (vgl. Art. 31 VO 1/2003)

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

� Überblick

• Ermächtigungs-grundlagen

• Ermittlungs-befugnisse

• Verfahrensrechte

• Sanktionen

• Verjährung

• Rechtsschutz

Deutsches Kartellverfahrensrecht (Public Enforcement)

� Ermächtigungsgrundlagen

• Feststellung und Abstellung von Zuwiderhandlungen (§ 32 GWB): wie Art. 7 VO 1/2003

• Einstweilige Maßnahmen (§ 32a GWB): wie Art. 8 VO 1/2003

• Verpflichtungszusagen (§ 32b GWB): wie Art. 9 VO 1/2003

• Kein Anlass zum Tätigwerden (§ 32c GWB): wie Art. 10 VO 1/2003

� Ermittlungsbefugnisse und Verfahrensrechte

• Behördliche Zuständigkeiten (§§ 48 ff.)

• Verfahren vor den Kartellbehörden (§§ 54 ff.)

• Sector Inquiry (§ 32e GWB)

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

� Überblick

• Ermächtigungs-grundlagen

• Ermittlungs-befugnisse

• Verfahrensrechte

• Sanktionen

• Verjährung

• Rechtsschutz

Deutsches Kartellverfahrensrecht (Public Enforcement) – Forts.

� Sanktionen

• Bußgeld (§§ 81 ff. GWB)

• Vollstreckung (§ 86a GWB)

• Entzug der Freistellung im Einzelfall (§ 32d GWB)

• Vorteilsabschöpfung (§ 34 GWB)

• Strafrechtliche Sanktionen (§ 298 StGB, § 263 StGB)

� Verjährung (§§ 81 VIII, IX GWB)

� Rechtsschutz

• Rechtsschutz gegen Verfügungen der Kartellbehörde im Verwaltungsverfahren durch Beschwerde (§ 63 ff. GWB) und ggf. Rechtsbeschwerde (§§ 74 ff. GWB)

• Rechtsschutz gegen Bußgeldbescheid durch Einspruch nach §§ 67 ff OWiG; Zuständigkeit des OLG nach § 83 GWB

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

� Zivilrechtliche Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Kartellverbot: Nichtigkeit, Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch, Schadenersatzanspruch

� Prüfungsschema: Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch (§ 33 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. und 2. Alt. GWB)

• Verstoß gegen kartellrechtliche Vorschriften des EU-Rechts oder des nationalen Rechtsoder kartellbehördliche Verfügungen

• Anspruchsberechtigte: Betroffene und Verbände

• Anspruchsgegner: Unternehmen/natürliche Personen, ggf. als Gesamtschuldner

• Anspruchsinhalt:

− Beseitigung eines fortdauernden Störungszustandes

− Unterlassung einer erstmaligen (vorbeugender Anspruch) oder wiederholten Verletzung (Verletzungsunterlassungsanspruch)

Private Kartellrechtsdurchsetzung (Private Enforcement)

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

� Prüfungsschema: Schadenersatzanspruch (§ 33 Abs. 3 GWB)

• Verstoß gegen kartellrechtliche Vorschriften des EU-Rechts oder des nationalen Rechtsoder kartellbehördliche Verfügungen

• Verschulden: Vorsatz oder Fahrlässigkeit

• Anspruchsberechtigte: Betroffene (nicht: Verbände)

− Unmittelbar Geschädigte

− Mittelbar Geschädigte

− Außenseiter

• Anspruchsgegner: Unternehmen/natürliche Personen, ggf. als Gesamtschuldner

• Anspruchsinhalt:

− Vermögensschaden inkl. Nachlauf- und Umbrella-Effekten (vgl. EuGH v. 5.6.2014, Rs. C-557/12 – KONE); entgangener Gewinn

− Zinsen

• Passing on-defence

Private Kartellrechtsdurchsetzung (Private Enforcement) – Forts.

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

� Besonderheiten der Anspruchsdurchsetzung

• Verbindlichkeit anderweitiger (kartellbehördlicher) Entscheidungen (§ 33 Abs. 4)

• Möglichkeit zur Schadensschätzung nach § 287 ZPO (§ 33 Abs. 3 Satz 3)

• Verzinsung (§ 33 Abs. 3 Satz 4 und 5)

• Verjährung (§ 33 Abs. 5)

Private Kartellrechtsdurchsetzung (Private Enforcement) – Forts.

Exkurs 2: Private Enforcement – ein wichtiges Thema für Unternehmen

Private Enforcement des Kartellrechts –ein wichtiges Thema für die DB

Seite 2

� DB-Konzern ist mit Einkaufsvolumen von über € 20 Mrd. pro Jahr häufig Opfer von Kartellabsprachen. Insgesamt könnten der DB Schäden im Milliardenbereich entstanden sein.

� Aufgrund der Kronzeugenregelung in Deutschland und Europa wird die Anzahl aufgedeckter Kartelle tendenziell noch zunehmen.

� Klägerfreundliche Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen mit der 7. GWB-Novelle

� Aktienrechtliche Verpflichtung des Vorstands, Schadensersatzansprüche zu prüfen und ggf. durchzusetzen -Entscheidung unter angemessener Würdigung aller wirtschaftlichen, rechtlichen und strategischen Umstände (Business Judgement Rule).

Seite 3

Private Enforcement bei der DB: Vorreiter in Europa?

� Gründung der Einheit „Kartellrecht – Schadenersatz“ in der Rechtsabteilung

� Einrichtung eines ressortübergreifenden Konzernausschusses

� Ressortübergreifende Projekte in besonderen Einzelfällen

� Entwicklung eines Finanzierungsmodells

� Umfassendes Monitoring kartellbehördlicher Verfahren

Bisherige Maßnahmen im DB-Konzern

� Über 60 Kartellfälle auf der Watchlist

� 20 Fälle in konkreter Bearbeitung

� 10 Prozesse in 6 Ländern anhängig

� 15 außergerichtliche Vergleiche

� Vorreiterrolle in Europa

Status Verfahren

Seite 4

Praktische Probleme bei der Durchsetzung von Kartellschadensersatzansprüchen

Schadenswälzung (passing-on)

Verjährung

Akteneinsicht

Seite 5

Praktische Probleme bei der Durchsetzung von Kartellschadensersatzansprüchen

Schadenswälzung (passing-on)

Verjährung

Akteneinsicht

Seite 6

Grundlagen: Theorie vs. Praxis

Schadensersatzanspruch nach EU-Recht und nationalem Recht

� EuGH: Anspruchsberechtigt sind alle Geschädigten (Courage, Manfredi) − Mitgliedstaaten bestimmen Ausgestaltung der Verfahren− Wahrung des Effektivitätsgrundsatz („effet utile“)

� Deutschland: Neufassung des 33 GWB im Rahmen der 7. GWB-Novelle, Ziel -> Erleichterung der Durchsetzung von Kartellschadensersatzansprüchen als Mittel der Kartellrechtsdurchsetzung

Schadensersatzanspruch in der Anwendungspraxis

� Durch die Entscheidungspraxis werden follow-on Klagen erheblich erschwert� Für ein effizientes private enforcement Regime ist gesetzgeberisches Handeln erforderlich

Seite 7

Akteneinsicht - Information als Schlüssel zum Erfolg

Beweislast für den Schaden im Rahmen des Prozesses trägt der Kläger

� Kartellverstoß (aber Bindungswirkung, § 33 Abs. 4 GWB)

� Kausalitätsnachweis: Umsetzung der Kartellabsprachen?

� Schaden: Pflicht des Richters zur Schadensschätzung nach § 287 ZPO erleichtert dem Kläger den Schadensnachweis nur bedingt. Sie entbindet ihn nicht von seiner Pflicht, den Schadenersatzanspruch zu substantiieren.

� Informations-Asymmetrie zu Lasten des Geschädigten

� Neuregelung in RL 104/2014/EU zu Kartellschadenersatzklagen: Nach Art. 17 besteht eine Kausalitätsvermutung, dass das Kartell zu einem Schaden geführt hat. Die Schadenshöhe muss weiterhin substantiiert werden.

� Um Anspruch effektiv durchsetzen zu können zu können, ist der Kläger auf Akteneinsicht angewiesen.

Seite 8

Einschränkung des Rechts auf Akteneinsicht in der Verwaltungspraxis

Bußgeldbescheid

� BKartA gewährt Einsicht in nicht-vertrauliche Fassung des Bescheids

� EU-KOM veröffentlicht nicht-vertrauliche Fassung der Entscheidung

� Problem: Settlements, lange Verfahrensdauer

Kronzeugenantrag

� Sowohl EU-KOM als auch BKartA verweigern Einsicht in Bonusanträge

Verfahrensakten

� EU-KOM verweigert umfassende Akteneinsicht

� BKartA gewährt Einsicht in Verzeichnis der sichergestellten Beweismittel

Umfang der Akteneinsicht nach Dokumentenkategorien

Kartellbehörden räumen dem Schutz der Kronzeugen grds. Vorrang vor dem Schutz des Geschädigten ein

Seite 9

Praktische Probleme bei der Durchsetzung von Kartellschadensersatzansprüchen

Schadenswälzung (passing-on)

Verjährung

Akteneinsicht

Seite 10

Zulassung der Passing-on-defence erschwertAnspruchsdurchsetzung� BGH in ORWI: Passing-on-defence und Klagerecht mittelbarer Abnehmer zulässig.

� Passing-on verkompliziert den Prozess und erhöht das Prozessrisiko des Geschädigten

� Beweislast für den Schaden wird dem indirekten Abnehmer aufgebürdet, dem dieser Nachweis von Absatzstufe zu Absatzstufe (zu Gunsten des Kartellanten) schwerer gelingen wird

� Zielführender wäre der Ausschluss der passing-on-defence (wie auch auf Bundesebene in den USA) und eine Schadensabwicklung im Rahmen der jeweiligen Vertragsverhältnisse:

– Geltendmachung des Schadens durch den direkten Abnehmer und

– Ggf. Anspruch des indirekten Abnehmers gegen den direkten Abnehmer

� Zumindest sollte der Einwand der Passing-on auf solche Fälle beschränkt bleiben, in denen das kartellierte Produkt weitergegeben wurde, um eine Atomisierung des Schadens zu vermeiden (vgl. BGH im Fall ORWI oder LG Arnheim im Fall Tennet ./. ABB vom 12.3.13)

KartellantDirekter Abnehmer

Indirekte Abnehmer

Endkunden

Seite 11

Praktische Probleme bei der Durchsetzung von Kartellschadensersatzansprüchen

Schadenswälzung (passing-on)

Verjährung

Akteneinsicht

Seite 12

Unklare und zu kurz bemessene Verjährungsregelungen erschweren Anspruchsdurchsetzung

Verjährungsfristen:

� 3 Jahre (kenntnisabhängig), §§195, 199 Abs. 1 BGB

� 10 Jahre (kenntnisunabhängig), 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB (ab dem 1.1.2002)

Problem 1: Beginn der Frist?

Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis aller anspruchsbegründender Umstände (§199 Abs. 1 Nr. 2 BGB): Frühestens mit Einsicht in Bußgeldentscheidung, nicht aber mit der Veröffentlichung von Presseberichten (hohes Kosten- und Prozessrisiko, Zugang zu Informationen wird verzögert)

Problem 2: Kenntnisunabhängige Frist von 10 Jahren zu kurz?

lange Verfahrensdauer, langer Zeitraum bis zum Zugang des Geschädigten zu Bußgeldbescheiden,

Problem 3: Anwendbarkeit des §§ 33 Abs. 5 GWB auf „Altfälle“?

Intertemporales Verjährungsrecht

Klarstellende Ergänzung in §§§§ 33 Abs. 5 GWB sorgt für Rechtssicherheit

Seite 13

EU-Richtlinie 104/2014/EU sorgt für Mindesharmonisierung

� RL zum 29.12.2014 in Kraft getreten. MS haben 2 Jahre Zeit zur Umsetzung (bis 27.12.16)

� Schaden und Anspruchsgegner (Art. 17):

− Schadensvermutung (Art. 17 Abs. 2) führt zu Beweislastumkehr.− Art. 2 Abs. 2 überträgt europäischen Unternehmensbegriff ins deutsche Recht.

� Verjährung (Art. 10): Mind. 5 Jahre ab Kenntnis / Kennen müssen

− Kenntnis im Regelfall erst ab Veröffentlichung der (rechtskräftigen) Entscheidung. Beginn frühestens ab Beendigung des Kartells insgesamt.

− Kenntnisunabhängige Verjährung sollte für Kartellschadensersatzfälle abgeschafft werden.

� Passing-on / Schadensabwälzung (Art. 13)

− Klägerische Offenlegungspflichten sollten nur in engen Grenzen bestehen um diese nicht von einer Klageerhebung abzuhalten, die „Angemessenheit“ der Offenlegung könnte entsprechend definiert werden.

− Beweislast beim Beklagten für Passing-on und kein entgangener Gewinn (entsprechend ORWI)� Klagerecht indirekter Geschädigter (Art. 12, 14)

− Grds. Beweislast beim mittelbaren Kläger, aber umfassende Beweiserleichterung (Art. 14)

� Stärkung mittelbarer Abnehmer, doch Schwächung von Direktabnehmern

Seite 14

EU-Richtlinie 104/2014/EU sorgt für Mindestharmonisierung

� Offenlegung von Beweismitteln im Gerichtsverfahren (Art. 5 ff.)

− Begründungserfordernis für Offenlegungsantrag sollte nur bestehen, soweit notwendige Tatsachen und Beweismittel für den Antragssteller verfügbar bzw. leicht zugänglich sind.

− Offenlegungsverbot für Kronzeugenerklärungen und Vergleichsausführungen (Art. 6 Abs. 6) ist insb. vor dem Hintergrund der EuGH-Rechtsprechung zu weitgehend.

− Klarstellungsbedarf, dass Kronzeugenerklärungen nur die tatsächlich eigens für das Verfahren angefertigte Erklärung beinhalten und sich nicht auf Anhänge und alle Informationen, die auf der Erklärung beruhen, erstreckt (vgl. Evonik Degussa, EuG v. 28.2.2015, Az. T-341/12 und Akzo Nobel, EuG v. 28.2.2015, Az. T-345/12).

− Weitere Aspekte

o Problem der „vorprozessualen Akteneinsicht“: Bereits vor Klageerhebung sollte die Möglichkeit bestehen, einen Akteneinsichtsantrag zu stellen.

o BKartA-Entscheidungen sollten künftig veröffentlicht werden.

o Einführung der Möglichkeit von „in camera“ Verfahren bzw. Vertraulichkeitsringen

� Umfassender Umsetzungsvorschlag aus der Wissenschaft (Kersting/Preuß):

http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2659020

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

Sachverhalt:

Die B AG ist Herstellerin von Selbstdurchschreibpapier (SD-Papier), das sie über ihre Tochter-

gesellschaft R als Großhändlerin sowie über andere Großhändler vertreibt. Im Dezember 2010 hat

die EU-Kommission gegen B und andere Unternehmen wegen eines von 2004 bis 2008

bestehenden Preiskartells für SD-Papier Geldbußen in dreistelliger Millionenhöhe verhängt, u.a.

gegenüber B. Nach erfolglosem Rechtsschutzverfahren wurden die Bußgeldentscheidungen

Anfang Dezember 2013 bestandskräftig.

K hatte im Kartellzeitraum SD-Papier von R und anderen Großhändlern bezogen, die ihrerseits von

kartellbeteiligten Herstellern beliefert worden waren. Ende Dezember 2013 erhebt K vor dem

zuständigen Gericht Klage gegen B. K macht geltend, er habe aufgrund des Kartells überhöhte

Preise für das von ihm bezogene SD-Papier zahlen müssen, da die Großhändler die kartellbedingt

überhöhten Preise der Hersteller an ihn als Kunden abgewälzt hätten. Konkret sei ihm ein Schaden

von 200.000 Euro entstanden, den er seinerseits nicht an seine Kunden habe weitergeben können.

Diesen Schaden will K nun – nebst Zinsen – von B ersetzt haben. B wendet ein, dass K niemals

von ihm selbst SD-Papier bezogen habe. Außerdem sei der Anspruch verjährt, weil K – was

zutreffend ist - bereits seit 2009 von den Preisabsprachen gewusst habe.

Übungsfall: Papierkartell

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

Fragestellung:

Besteht ein Anspruch des K gegen B auf Ersatz des infolge der Preisabsprachen erlittenen

Schadens nach § 33 Abs. 3 GWB?

Quelle: • Alexander, Fälle zum Kartellrecht (2014)

Übungsfall: Papierkartell (Forts.)

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

Lösung: Anspruch des K gegen B nach § 33 Abs. 3 Satz 1 GWB

I. Verstoß gegen kartellrechtliche Vorschriften des EU-Rechts oder des nationalen Rechts

oder kartellbehördliche Verfügungen: Art. 101 AEUV

1. Bindungswirkung, § 33 Abs. 4 GWB? (+)

2. Reichweite der Bindungswirkung? Feststellung bzgl. Kartellverstoß, nicht Schaden

II. Anspruchsberechtigte: Betroffene (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 1 GWB)

1. K als „Mitbewerber“ betroffen? (-)

2. K als „sonstiger Marktbeteiligter“ betroffen? (+), K ist indirekter Abnehmer

[Betroffenheit indirekter Abnehmer ergibt sich aus der Rspr. des EuGH, wonach

„jedermann“ Schadenersatz verlangen kann; der BGH hat in der Rs. ORWI die

Betroffenheit indirekter Abnehmer ebenfalls anerkannt]

III. Verschulden: Vorsatz oder Fahrlässigkeit (+)

IV. Verjährung nach § 195 BGB (drei Jahre) gehemmt nach § 33 Abs. 5 GWB

zwischen Dezember 2010 und 1.12.2013 -> Klage im Dezember 2013 nicht verjährt

Übungsfall: Papierkartell (Forts.)

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

V. Schaden

1. Differenzhypothese: 200.000 Euro

2. Zinsen nach § 33 Abs. 3 Satz 4 GWB ab Eintritt des Schadens. Zinshöhe nach § 33 Abs.

3 Satz 5 GWB i.V.m. § 288 Abs. 1 BGB: 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz

VI. Ergebnis: K hat einen Anspruch gegen B nach § 33 Abs. 3 Satz 1 GWB auf Schadenersatz

i.H.v. 200.000 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

Übungsfall: Papierkartell (Forts.)

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

� Compliance (= Regeltreue)

• Maßnahmen, die das regelkonforme Verhalten eines Unternehmens, seiner Organmitglieder und Mitarbeiter hinsichtlich der einschlägigen gesetzlichen Ge- und Verbote gewährleisten

• Ziel von Compliance: Unternehmenskultur, die eine Tätigkeit des Unternehmens auf der Basis des geltenden Rechts und sonstiger Standards gewährleistet

• Kartellrechtliche Compliance bildet einen Ausschnitt; Compliance ist allgemein nicht auf rechtliche Regelungen beschränkt

� Motivation

• Vermeidung von Bußgeldrisiken

• Vermeidung von Schadenersatzrisiken

• Vermeidung strafrechtlicher Risiken

• Vermeidung des Nichtigkeitsrisikos von Verträgen

• Vermeidung von Reputationsschäden

Kartellrechtliche Compliance

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

Die Verfolgungsaktivität der Kartellbehörden steigt deutschland-, europa- und weltweit: Entwicklung der von Bundeskartellamt, EU-Kommission und US-Justizministerium wegen Kartellrechtsverstößen verhängten Bußgelder

Kartellrechtliche Compliance – Forts.

Europäische KommissionBundeskartellamt US Department of Justice

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

III. Kartellverbot (Art. 101 AEUV, §§ 1 ff. GWB)

� Bestandteile einer wirksamen kartellrechtlichen Compliance

• Entwicklung eines Compliance-Programms

• Kartellrechtliche Standortbestimmung und Risikoanalyse

• Umsetzung des Compliance Programms

− Schulungen

− Compliance Manual

− Compliance Officer

− Compliance Audits

Kartellrechtliche Compliance – Forts.

Exkurs 3: Kartellrechtliche Compliance in der Unternehmenspraxis

Exkurs 4: Das Kartellschadenspräventionssystem der Deutschen Bahn

Kartellrechtliche Compliance in der Unternehmenspraxis

Deutsche Bahn AG

Die Unternehmensleitung ist verpflichtet, Compliance im Unternehmen sicherzustellen – auch ohne Präzedenzfall

Compliance als Pflicht der Unternehmensleitung, siehe z.B.

� § 130 Abs. 1 OWiG

Wer als Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig dieAufsichtsmaßnahmen unterlässt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder UnternehmenZuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzungmit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, handelt ordnungswidrig, […]

� § 93 Abs. 1 i.V.m. § 76 Abs. 1 AktG

Der Vorstand muss die das Unternehmen betreffenden Rechtsvorschriften einhalten(Legalitätspflicht) und diejenigen Aufsichtsmaßnahmen durchführen, die erforderlich sind, um(Kartell-)Rechtsverstöße zu verhindern (Legalitätskontrollpflicht). Vgl. auch LG München I, (5 HKO1387/10), das eine auf Schadensprävention und Risikokontrolle angelegte[n] Compliance-Organisation“ verlangt.

� Ziff. 4.1.3 Deutscher Corporate Governance Kodex

Der Vorstand hat für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und derunternehmensinternen Richtlinien zu sorgen und wirkt auf deren Beachtung durch dieKonzernunternehmen hin (Compliance).

In manchen Rechtsordnungen wirken Compliance-Programme bußgeldreduzierend, in anderen nicht

� (Alte) Rechtsprechung:

� In seltenen Fällen wurde die Einführung eines Compliance-Programms zugunsten der Kartellanten berücksichtigt

� Bisweilen wurde es auch als erschwerender Umstand angesehen

� Vize-Präsident Almunia (25 Oktober 2010):

� „Ich werde oft gefragt, ob Unternehmen, die Compliance-Programme betreiben, dafür belohnt werden sollten, wenn festgestellt wird, dass sie an einem Kartell beteiligt waren. Die Antwort lautet nein. […] Wieso sollte ich ein Compliance-Programm belohnen, das versagt hat? Der Nutzen solcher Programme liegt darin, dass Ihr Unternehmen das Risiko reduziert, überhaupt an einem Kartell beteiligt zu sein. Da liegt Ihre Belohnung.“

EU

� Überarbeitung des Schweizer Kartellgesetzes: Einführung einer „Compliance Defence” vorgesehen

� Deutschland: Keine offizielle Position, Bundeskartellamt war bislang sehr zurückhaltend bei der Gewährung einer „Compliance Defence”

� „Compliance Defence“ (teilweise) akzeptiert in z.B.:� UK (bis zu 10 % Bußgeldreduktion)� Belgien (Bußgeldrichtlinien gewähren großen

Spielraum)� Kanada� Singapur

� Frankreich: Bußgeldreduktion bei Einführung einesCompliance-Programms

� UK Bribery Act 2010: Unternehmen können der Haftung (für Korruptionsverstöße) entkommen, wennsie zeigen, dass sie „angemessene Verfahren” („adequate procedures”) vorgesehen haben

Nationale Rechtsordnungen

Neuerdings gibt es eine ganze Reihe hilfreicher Dokumente zu Kartellcompliance-Programmen von Behörden und Organisationen

� Europäische Kommission, Compliance Matters

� UK OFT-Guidance „How your business can achieve compliance with competition law“

� Autorité de la concurrence (Frankreich) Rahmendokument zu kartellrechtlichen Compliance-Programmen „Antitrust compliance and compliance programmes“, Februar 2012

� US Federal Sentencing Guidelines

� ACCC (Australien), Corporate Trade Practices Compliance Program

� Canadian Competition Bureau, Corporate Compliance Programs Information Bulletin

� International Chamber of Commerce, Antitrust Compliance Toolkit, 2013

� OECD, Promoting Compliance with Competition Law, 2011

� Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik, Standards Kartellrechts-Compliance, 2013

� Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland, Grundsätze ordnungsgemäßer Prüfungen von Compliance Management Systemen (IDW PS 980), 2011

Unterlagen von Kartellbehörden

Andere Quellen

Wirksame Compliance-Programme sollten von der Risikoanalyse bis zur Kommunikation bestimmte Elemente aufweisen

Grundelementeeines

kartellrechtlichen Compliance-Management-

Systems

Grundelementeeines

kartellrechtlichen Compliance-Management-

Systems

1. Kultur

5. Schulungen

8. Berichterstattung

2. Reichweite/ Organisation

7. Hinweismanagement

3. Risikoanalyse

4. Regelwerk9. Überwachen &

Aufklären9. Überwachen &

Aufklären

10. Abstellen & Verbessern

6. Kartellrechtliche Beratung

Kultur

Elemente einer Compliance-Kultur

� Einstellung und Verhalten des Top-Managements (“Tone from the Top”): Keine Schönfärberei, keine Lippenbekenntnisse

� Integration der kartellrechtlichen Compliance in Verhaltenskodex

� Konsistenter Ansatz bei der Durchsetzung von Disziplinarmaßnahmen bei Verstößen

� Keine Kosten-Nutzen-Analyse insbes. in eindeutigen Fällen

Glaubwürdige Compliance erfordert einen Top-Down-Ansatz

„Mein Chef hat’s mir befohlen!“

„Ich hatte keine Zeit,die Rechtsabteilung anzurufen!“

„Das haben wir doch schonimmer so gemacht!“

„Aber es ist doch gut für den Kunden!“

„Ohne Absprachen können wirden Laden zu machen!“

„Das macht doch jeder!“

„Ich wußte nicht,dass das verboten ist!”

„Wer soll das dennbeweisen?!“

Akzeptieren Sie keine Entschuldigungen für Kartellrechtsverstöße!

Kultur

Erfolgsfaktoren einer kartellrechtlichen Compliance-Organisation

Integrieren Sie das Kartellrecht in das Unternehmens-Compliance-Programm

� Kartellrechtliche Compliance in allgemeines, umfassendes Compliance-Programm integrieren

� Konzentration auf Geschäftsfelder/Abteilungen mit höherer Kartellrisikoneigung

� Klare Aufgabenverteilung zwischen zentraler und dezentraler Compliance-Organisation

Organisation

Risikoanalyse – Überblick

� Risikoidentifikation auf der Ebene von Geschäftsfeldern/Tochterunternehmen

� Erfassen von Kartellrechtsrisiken in Form von

• horizontalen/vertikalen Absprachen

• Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung

• Missachtung von Fusionskontrollrecht (Anmeldepflichten o.ä.)

� Stellen Sie angemessene Abläufe zur Kommunikation von Verhaltensrichtlinien und zur Organisation von Schulungen sicher

Durch eine systematische Risikoanalyse lassen sich mögliche Problembereiche erfassen

Ergebnis der Risikoanalyse:

� Individuelle Festlegung von Compliance-Maßnahmen auf Grundlage des jeweiligen Risikos

� Follow-up-Vereinbarungen mit jeweiliger Geschäftseinheit

Risikoanalyse

Eine effektive Risikoanalyse erfordert ein genaues Verständnis des jeweiligen Geschäftsumfelds

Systematische Erfassung der Risiken auf Basis der regelmäßigen Rechtsberatung

+: hohe Aussagekraft- : vollständige Erfassung der Risiken i.d.R. nicht möglich

Fragebögen

Risikoidentifikation und -bewertung mittels gemeinsamer Bewertung durch Compliance/Legal + Management

+: hohe Aussagekraft- : hoher Zeitaufwand

Risikoanalyse durch Beantwortung von Standardfragen durch das Management

+: geringer Zeitaufwand; umfassend; standardisierter Prozess- : geringe Aussagekraft

Risikolandkarte

Management-Workshops

Risikobewertung

Risikoanalyse – Ansätze

Länderspezifische Einschätzung kartellrechtlicher Risiken+: sehr illustrativ- : geringe Aussagekraft

Risikoanalyse

Benutzen Sie eine knappe und klare Sprache, um ein Bewusstsein für kartellrechtliche Regeln zu schaffen

� Eindeutige Regeln; klare Sprache; Vermeidung rechtlicher Fachbegriffe

� Handlungsempfehlungen für den Fall kartellrechtswidrigen Verhaltens von Wettbewerbern

� Auswirkungsgrundsatz: Beachtung der internationalen Dimension kartellrechtswidrigen Verhaltens (Anwendung eines weltweit einheitlichen Standards?)

� Verweis auf Rechtsabteilung für Fragen zu horizontalen Kooperationen, vertikalen Beschränkungen oder Marktmachtmissbrauch

Kartellrechtliche Richtlinien

Regelwerk

Regelwerke sollten geeignete Abläufe zu sämtlichen kartellrechtlichen Herausforderungen enthalten

� Anforderungen: (int.) Anmeldepflichten; Beachtung des Vollzugsverbots; kein illegaler Informationsaustausch vor Signing

� Lösungen: Interne M&A-Richtlinie mit Hinweis auf notwendige Einbeziehung der Rechtsabteilung zu einem frühen Zeitpunkt; Conduct-of-Business-Klauseln durch Rechtsabteilung zu prüfen; interne Beratung bei Verhandlungen mit dem Target

� Anforderungen: Einschränkungen für Preis- und Konditionengestaltung gegenüber Kunden und Lieferanten

� Lösungen: Regelmäßige (Neu-)Einschätzung potentiell betroffener Märkte; Beratung und interne Prozesse zur Vermeidung von Preis-Kosten-Scheren oder Diskriminierung

Durchsuchungen

Marktbeherrschung

M & A

Mögliche Anforderungen und Lösungen für spezifische Geschäftssituationen

� Anforderungen: Behinderung der Behörden vermeiden; sorgfältige Dokumentation… aber kooperieren Sie nicht mehr als nötig!

� Lösungen: Sofortige Einbeziehung der Rechtsabteilung oder von Anwälten; „Shadowing“ von Beamten; Protokollierung; leicht zugängliche Leitfäden; Benennung der lokal Verantwortlichen

Regelwerk

Effektive kartellrechtliche Schulungen setzen maßgeschneiderte Inhalte voraus

� Auf Zielgruppe und Besonderheiten des Geschäftsfelds zugeschnitten

� Anekdotenhafte Einführung

� Zahlreiche Fallbeispiele verwenden

� Interaktive Elemente einbeziehen; Fragen und Diskussionen anregen

� Dauer: 1-3 Stunden

� Konsistenz mit laufender Beratung zu kartellrechtlichen Fragen sicherstellen

Schulungen

� Verwendung von spezifisch angepassten E-Learning-Programmen (keine Standard-Module)

� Mindestteilnehmerzahl: 500 (Daumenregel); Teilnahme künftiger Mitarbeiter sicherstellen

� Verwendung von Fallbeispielen mit Multiple-Choice-Fragen

� Abschlussprüfung

� Dauer: 30 - 45 Minuten

� Auffrischungskurse

E-Learning

� Zielgruppe: Oberes Management und (sonstige) Mitarbeiter mit Kontakt zu Wettbewerbern; Vertrieb

� Inhalte: Überblick über drohende Sanktionen und die wesentlichen Regeln

Schulungen

Für komplexe Rechtsfragen muss ein kartellrechtliches Beratungsangebot bestehen

� Kompetente Ansprechpartner verfügbar

� Einfache Zugänglichkeit von Informationen und Anweisungen für Mitarbeiter

� Werbung für kartellrechtliche Compliance als Element für unternehmerischen Erfolg, Image des Unternehmens bei Kunden, Lieferanten und potentiellen künftigen Mitarbeitern

� Ständige Erreichbarkeit von Rechts-/ Compliance-Beratung für alle relevanten Abteilungen/Mitarbeiter

Erfolgsfaktoren eines kartellrechtlichen Compliance-Programms

Beratung

Hinweisgebersysteme bieten Mitarbeitern die Möglichkeit, Verstöße (anonym) zu melden

HinweismanagementMöglichkeit für Mitarbeiter, Hinweise abzugeben:

Telefonisch: Zentrale Telefonnummer der Compliance-Abteilung

Schriftlich: Zentrale Emailadresse, [email protected]

Elektronisches Hinweisgebersystem: Möglichkeit für Externe und Mitarbeiter, Hinweise anonym an ein elektronisches Postfach abzugeben

Ombudsperson: Unabhängige, nicht im Konzern beschäftigte Person, die konzerninterne oder externe Hinweise auf Korruption und Wirtschaftskriminalität entgegennimmt

Vertrauliche Behandlung von Hinweisen

Auf Wunsch kann Hinweisgeber anonym bleiben

Rechtliche Beratungsmöglichkeit vor Abgabe eines Hinweises

Prozesse zum Umgang mit Hinweisen umsetzen

Die Geschäftsleitung muss regelmäßig über die Wirksamkeit des Compliance-Systems informiert werden

� Legalitätskontrollpflicht der Geschäftsleitung

� Überwachungspflicht der Aufsichtsrat

� Schaffung wirksamer, regelmäßiger Berichtsstrukturen zu

� Konkreten Compliance-Vorfällen

� Stand interner Ermittlungen

� Status präventiver Maßnahmen

� Sicherstellung schneller ad-hoc Berichterstattung bei konkreten Verstößen

Berichterstattung

Richten Sie geeignete interne Prozesse für den Umgang mit Kartellrechtsverstößen ein

� Überwachung

� Investigative Maßnahmen zur Überprüfung der Einhaltung der Vorgaben

� Anlassbezogene Überprüfungen

� Präventive Überprüfungen

� Aufklären

� Beweissammlung und kurzfristige rechtliche Einschätzung

� Einschaltung externer Anwälte, wenn “Anwaltsgeheimnis” gegeben

� Kronzeugenantrag?

Überwachen & Aufklären

Richten Sie geeignete interne Prozesse für den Umgang mit Kartellrechtsverstößen ein

� Abstellen von Verstößen

� Sofortige Beendigung des Verstoßes

� Distanzierung vom Verstoß

� Ggf. Disziplinarmaßnahmen ergreifen

� Präventionsmaßnahmen festlegen

� System verbessern

� Kontinuierliche Prozess- Regelwerksanpassung

� Benchmarking mit anderen Rechtsabteilung

Abstellen & Verbessern

Kultur

Wettbewerbs- und Kartellrecht

„Wir halten die relevanten wettbewerbsrechtlichen Vorgaben ein und treffen keine Absprachen und Vereinbarungen, die Preise und Konditionen beeinflussen oder in anderer Weise den fairen Wettbewerb in unzulässiger Weise beschränken.“

Praktische Beispiele (1)

Regelwerk: Klare, eindeutige und verständliche Regeln

Praktische Beispiele (2)

Regelwerk: Einfacher Zugang zu Information und Regelungen

Maßgeschneiderte Leitfäden für einzelne Geschäftsfelder

Praktische Beispiele (3)

Weisen Sie auf typisches kartellrechtswidriges

Verhalten hin!

Verzichten Sie auf §§-Zitate

22

Schulungen

Praktische Beispiele (4)

Verwenden Sie zahlreiche Fallbeispiele – Beginnen Sie

mit leichten Fragen

Schulungen

Praktische Beispiele (5)

Verwenden Sie zahlreiche Fallbeispiele – Beziehen Sie

alle Teilnehmer ein

Schulungen

Praktische Beispiele (6)

Schaffen Sie Bewusstsein für Dokumentenhygiene

Schulungen

Praktische Beispiele (7)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Deutsche Bahn AG, Rechtsabteilung

Das Kartellschadenspräventionssystem der Deutschen Bahn AG

Aktueller Trend: Unternehmen schützen sich proaktiv gegen Schädigungen durch ihre Lieferanten

2

� Als erstes Unternehmen verfolgt die DB einen systematischen Ansatz zur Prävention von Kartellschäden. Weitere Unternehmen sind bereits gefolgt (z.B. SBB).

Deutsche Bahn AG, Rechtsabteilung, Dr. Martin Schmidt, 23.09.2015

Kartellschadensprävention dient auch dem Schutz von Steuergeldern (Fördermitteln).Kartellschadensprävention dient auch dem Schutz von Steuergeldern (Fördermitteln).

Kartellschadensprävention reduziert Beschaffungskosten der internen Bedarfsträger.Kartellschadensprävention reduziert Beschaffungskosten der internen Bedarfsträger.

Es gibt eine hohe Dunkelziffer an Kartellen, insbesondere bei Vergabeverfahren.Es gibt eine hohe Dunkelziffer an Kartellen, insbesondere bei Vergabeverfahren.

Die Preise kartellierter Waren oder Dienstleistungen sind laut Studien durchschnittlichum 25 % überhöht.Die Preise kartellierter Waren oder Dienstleistungen sind laut Studien durchschnittlichum 25 % überhöht.

Die Deutsche Bahn ist eine der größten Einkäufer von Waren und Dienstleistungen in Deutschland (2014: 23,2 Mrd. Euro Einkaufsvolumen).Die Deutsche Bahn ist eine der größten Einkäufer von Waren und Dienstleistungen in Deutschland (2014: 23,2 Mrd. Euro Einkaufsvolumen).

Die Gründe für aktive Kartellschadensprävention sind vielfältig

Aktive Kartellschadensprävention durch die Deutsche Bahn

3

Schadensersatz ist gut, Prävention ist besser!Schadensersatz ist gut, Prävention ist besser!

Deutsche Bahn AG, Rechtsabteilung, Dr. Martin Schmidt, 23.09.2015

Kartellschadensprävention mit System

Kartellschadensprävention mit System

Kartellschadensprävention mit System:Eckpunkte des DB-Präventionssystems

Analyse von Beschaffungsmärkten Analyse von Beschaffungsmärkten

Compliance-Maßnahmen durch LieferantenCompliance-Maßnahmen durch Lieferanten

Systematische Schulung der DB-EinkäuferSystematische Schulung der DB-Einkäufer

Minimierung von Risiken

Reaktion bei AuffälligkeitenReaktion bei Auffälligkeiten

Zusammenarbeit mit Verbänden und BehördenZusammenarbeit mit Verbänden und Behörden

4Deutsche Bahn AG, Rechtsabteilung, Dr. Martin Schmidt, 23.09.2015

SpezifischeMaßnahmen zur

Risikoabwehr

Das System basiert auf Analyse, Einschätzung und Abwehrvon Risiken auf Beschaffungsmärkten oder in Beschaffungsvorgängen

5

Risikoidentifikation

Untersuchung vonWarengruppen und ihren Beschaffungsmärkten

Kartellrisikogruppen Risikoabwehr

KRG 4

KRG 3

Betrachtung einzelner Lieferanten

KRG 2

KRG 1

Risikobasierter Ansatz

Deutsche Bahn AG, Rechtsabteilung, Dr. Martin Schmidt, 23.09.2015

� Ergänzende Vertragsbedingungen Kartellprävention

� Strafanzeigen, Kartellbeschwerden

� „Integritätsdialog“ mit

Lieferanten

Die Intensität der einschlägigen Abwehrmaßnahmen steigt mit zunehmendem Kartellrisiko

6

Nachgewiesenes Kartell

Kartellrisikogruppe 1

Konkreter Verdacht auf Kartell

Kartellrisikogruppe 2

Warengruppen mit erhöhter Kartellneigung

Kartellrisikogruppe 3

Warengruppen ohne Kartellneigung

Kartellrisikogruppe 4

� Üblicher „Compliance Support“

� Allgemeine

Integritätsklausel

� Vergaberechtliche „Selbstreinigung“

� Vergabesperre als ultima

ratio

Zunahme Kartellrisiko

Deutsche Bahn AG, Rechtsabteilung, Dr. Martin Schmidt, 23.09.2015

8

Ergänzende Vertragsbedingungen Kartellprävention (EVB Kartellprävention)

� Die EVB Kartellprävention sehen vor, dass Lieferanten der DB AG innerhalb ihrer Unternehmen ein der Unternehmensgröße angemessenes kartellrechtliches Compliance-Programmeinführen oder beibehalten.

� Keine Geltung für Kleinstunternehmen.

� Die DB überprüft stichprobenartig die Einhaltung der Anforderungen der EVB Kartellprävention durch die Lieferanten.

Nach den EVB Kartellprävention muss ein solches Compliance-Programm mindestens die folgenden drei Komponenten aufweisen:

Kartellrechtliches Regelwerk

(Präsenz)-Schulungen

Ansprechpartner

1 2 3

Bei Vergaben auf Märkten mit erhöhter Kartellneigung werden mitden Lieferanten die EVB Kartellprävention vereinbart

Deutsche Bahn AG, Rechtsabteilung, Dr. Martin Schmidt, 23.09.2015

Im Unternehmen muss ein Regelwerk eingeführt werden, daskartellrechtliche Verhaltensanforderungen für alle Mitarbeiter enthält

9

Regelwerk1

� Das Regelwerk muss kartellrechtliche Verhaltensanforderungen zur Einhaltung der gesetzlichen Regeln zum Kartellverbot festlegen.

� Das Regelwerk muss für sämtliche Mitarbeiter im Unternehmen gelten.

� Es muss sichergestellt sein, dass das Regelwerk der Unternehmensführung sowie sämtlichen Mitarbeitern mit Wettbewerberkontakten gegenüber bekannt gemacht wird.

� „Tone from the top“: Klares Bekenntnis der Unternehmensführung zu kartellrechtskonformem Verhalten – schriftlich und mündlich bei passender Gelegenheit

� Ein gutes und frei erhältliches Beispiel findet sich auf der Homepage des BME:

Deutsche Bahn AG, Rechtsabteilung, Dr. Martin Schmidt, 23.09.2015

(Präsenz-)Schulungen sind sehr wichtiger Bestandteilkartellrechtlicher Compliance

10

(Präsenz-)Schulungen2

� Schulungen können in Form von Präsenzschulungen aber auch als E-Learnings durchgeführt werden.

� Präsenzschulungen haben den Vorteil, dass sie den Teilnehmern die Möglichkeit geben, Fragen zu stellen und möglicherweise kartellrechtlich kritische Alltagssituationen zu erörtern.

� Nach den EVB Kartellprävention muss zumindest die Unternehmensführung Präsenzschulungen von Kartellrechtsexperten erhalten.

� Die DB AG hat zur Unterstützung der Lieferanten mit einem externen Anbieter eine Schulungsreihe für ihre Lieferantenaufgesetzt (siehe Bild). Die DB ist an den Einnahmen nicht beteiligt.

� Natürlich können die Schulungen aber auch durch andere Kartellrechtsexperten durchgeführt werden.

Deutsche Bahn AG, Rechtsabteilung, Dr. Martin Schmidt, 23.09.2015

Sachkundige Ansprechpartner können Rechtsanwälte, aber auch kartellrechtlich besonders geschulte Mitarbeiter sein

11

Ansprechpartner3

� Mit sachkundigen Ansprechpartnern können kartellrechtliche Fragestellungen auch kurzfristig erörtert werden.

� Dadurch werden Unsicherheiten bei den Mitarbeitern beseitigt und eventuelle Kartellrechtsverstöße verhindert.

� Keine Hemmungen: Der Ansprechpartner ist idealerweise sämtlichen Mitarbeitern mit Wettbewerberkontakten im Unternehmen bekannt.

� Ansprechpartner können sein

� interne Syndikusanwälte,

� externe Rechtsanwälte,

� (insb. für KMU) kartellrechtlich besonders geschulte Mitarbeiter, die jedoch selbst einen Kartellrechtsexperten als Ansprechpartner haben.

Deutsche Bahn AG, Rechtsabteilung, Dr. Martin Schmidt, 23.09.2015

Kartellschadensprävention als Bestandteil kartellrechtlicherCompliance?

12

� §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 AktG oder aus § 130 Abs. 1 OWiG: Verpflichtung zu „Compliance“

� Klassisches Compliance-Verständnis: Verhinderung von Rechtsverstößen durch das eigene Unternehmen

� § 91 Abs. 2 AktG: Einrichtung von Überwachungssystemen, die dazu dienen, den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh zu erkennen

− Gefährdung des Fortbestands der Gesellschaft durch Kartellrechtsverstöße von Lieferanten?

− Corporate Governance Kodex fordert „angemessenes Risikomanagement“ ohne Beschränkung auf bestimmte Risiken

− Erweiterung des Compliance-Verständnisses um Geschäftspartner-Compliance

− Kartellschadensprävention

� § 266 StGB: Verpflichtung, Hinweisen auf Kartellrechtsverstöße durch Lieferanten nachzugehen

� Vergaberecht (ab April 2016 etwa in § 123ff. GWB n.F.): Verpflichtung für öffentliche Auftraggeber, „Selbstreinigung“ abzufragen

Verpflichtung zu Kartellschadensprävention?

Deutsche Bahn AG, Rechtsabteilung, Dr. Martin Schmidt, 23.09.2015

13

Das Thema Kartellschadensprävention gewinnt an Fahrt

http://www.finance-magazin.de/risiko-it/compliance/deutsche-bahn-corpus-sireo-und-carl-zeiss-erhalten-compliance-awards-1260851/

www.dico-ev.de

http://www.bme.de/bahn-praesentiert-kartellpraevention-beim-bme-1191/

Deutsche Bahn AG, Rechtsabteilung, Dr. Martin Schmidt, 23.09.2015

Dr. Erik Staebe: Vorlesung „Europäisches und deutsches Kartellrecht“ (WS 2015/16)

23

Vielen Dank für Ihr Interesse an Teil 3 der Vorlesung!

Nächster Termin:25. November 2014, 15.00 bis 19.00 Uhr,

Burgstr. 21, Raum 4.33