f a c h a r b e i t schmerzmanagement in der nephrologie -wege
TRANSCRIPT
Nehringstraße 17
61352 Bad Homburg
FKN 10/14 Nord Hamburg
F A C H A R B E I T
Schmerzmanagement
in der Nephrologie
-Wege und Möglichkeiten-
Diese Facharbeit wurde erstellt von
Sonja Abeln Oliver Vogler
Marktstrasse 31 Binnenweg 57
32312 Lübbecke 32584 Löhne
Tel. 05741/3620369 05732/6819827
[email protected] [email protected]
Weiterbildung zur Fachpflege für Nephrologie
April 2010 – März 2012
Hamburg
Eingereicht am: 24.01.2012
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Abstrakt:
Beobachtung und Problem:
Im Alltag von Dialyseeinrichtungen wird das Pflegepersonal häufig mit dem Thema Schmerz
konfrontiert. Dialysepatienten klagen oft während der Behandlung über unterschiedlichste
Arten von Schmerzen. Diese lassen das betreuende Personal oftmals ratlos und überfordert
dastehen, denn vielfach wird das Thema „Schmerz“ nur von den ärztlichen Kollegen
bearbeitet. Was aber kann das Pflegepersonal tun?
Hypothese und Ziel:
Mehr als 50% der dialysepflichtigen Patienten nehmen bei Bedarf, 14% der Patienten nehmen
sogar täglich und regelmäßig Analgetika ein, auch manchmal während der
Nierenersatztherapie. Das Pflegepersonal kann zusätzlich oder sogar selbständig Hilfe und
Unterstützung geben. Mit intensiven Fachkenntnissen über Analgetika, deren Umgang und
Verabreichung, Beratung, Tipps und Tricks über Linderungen und zusätzlichen Methoden der
Schmerzbehandlung, kann das Pflegepersonal dem Patienten umfangreich beistehen.
Planung und Vorbereitung:
Eine Schmerzerfassung in Form eines anonymen Fragebogens dialysepflichtiger Patienten
gibt Aufschluss darüber wann, wie oft, und wie die Patienten ihre Schmerzen erleben,
welchen Stellenwert dieses Thema hat und ob eine Schmerzbehandlung seitens der
Betroffenen während der Dialyse gewünscht ist.
Eine Analyse des Schmerzes mit den Definitionen und Einteilungen soll aufgeführt,
Schmerzverdacht und Erfassungen näher betrachtet werden. Mit einer Vorstellung der
Empfehlungen für Analgetika und deren Einsatz bei terminaler Niereninsuffizienz soll auf
dialysebezogene Problematiken eingegangen werden.
Maßnahmen und Lösungsvorschläge runden das Bild ab, um die Schmerzbehandlung
während der Dialysebehandlung zu optimieren.
Auswertung und Zusammenfassung:
Ziel dieser Facharbeit ist, dass das Thema „Schmerz“ bewusster vom Personal
wahrgenommen und eingeschätzt werden kann. Es soll stärker in die fachgerechte Betreuung
II
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
der Dialysepatienten integriert und somit dem Patienten ein Stück Lebensqualität
zurückgegeben werden.
Inhaltsverzeichnis
Beobachtung und Problem: ........................................................................... II Hypothese und Ziel: ........................................................................................ II Planung und Vorbereitung: ............................................................................ II Auswertung und Zusammenfassung: ........................................................... II Einleitung/Zielstellung .................................................................................... 1 Methode der Facharbeit: ................................................................................ 2 1 Schmerz ......................................................................................................... 3
1.1 Warum gibt es Schmerz? .................................................................................. 4 1.2 Schmerzdefinition .............................................................................................. 5 1.3 Schmerzentstehung .......................................................................................... 5 1.4 Schmerzarten ..................................................................................................... 6 1.4.1 Rezeptorschmerzen ........................................................................................ 7 1.4.2 Gemischte Schmerzen (Mischform aus Nerven- und Rezeptorschmerzen) ............................................................................................... 7 1.4.3 Nervenschmerzen (Neuropathische Schmerzen) ........................................ 7 1.4.4 Schmerzeinteilung nach Entstehungsart und Dauer .................................. 8 1.4.5 Wenn die Seele schmerzt ............................................................................... 9 1.4.6 Begriffserklärungen/Ungewöhnliche Schmerzempfindungen ................. 10 1.5 Schmerzkomponenten ................................................................................... 13 1.5.1 Sensorisch - diskriminative Komponente .................................................. 13 1.5.2 Affektive oder emotionale Komponente ..................................................... 13 1.5.3 Vegetative oder autonome Komponente: .................................................. 14 1.5.4 Motorische Komponente .............................................................................. 14 1.5.5 Schmerzbewertung oder kognitive Komponente ...................................... 14 1.5.6 psycho-motorische Komponente ............................................................... 14 1.6 Schmerzerfassung ........................................................................................... 14 1.6.1 Verbale Ratingskala (VRS) ........................................................................... 14 1.6.2 Visuelle Analog Skala (VAS) ....................................................................... 15 1.6.3 Numerische Analog-Skala (NAS) ............................................................... 15 1.6.4 Smiley-Analog Skala (SAS) ........................................................................ 16 1.6.5. Das Schmerztagebuch ............................................................................... 17 1.6.6 Beurteilung von Schmerz bei Demenzerkrankten ................................... 17 2. Welche Probleme treten im Umgang mit Schmerzen auf? .......................... 19 3. Ziele eines Schmerzmanagementsystems .................................................... 20 4. Voraussetzungen für ein wirkungsvolles Schmerzmanagement ................ 21 5. Vorteile eines systematischen Schmerzmanagements ................................ 21 6. Arten von Schmerzmitteln ............................................................................... 22 6.1 Nicht-Opioid-Analgetika ................................................................................. 23 6.1.1 Acetylsalicylsäure ....................................................................................... 23 6.1.2 Paracetamol .................................................................................................. 24 6.1.3 Metamizol ...................................................................................................... 24 6.1.4 Diclofenac ..................................................................................................... 25 6.1.5 Ibuprofen / Ketoprofen ................................................................................ 25 6.1.6 Flupirtin ........................................................................................................ 26 6.2 Opiode .............................................................................................................. 27
III
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
6.2.1 schwache Opioide ....................................................................................... 28 6.2.2 starke Opioide (BTM) ................................................................................... 29 7. Was kann Pflege leisten? ................................................................................. 30 7.1 Fachassistenz Algesiologie (Pain Nurse) .................................................... 31 7.2. Expertenstandard Schmerzmanagement des DNQP ................................. 32 8. Komplemetärtherapien ..................................................................................... 33 8.1 Physiotherapien ............................................................................................... 35 8.2 K- / Chiro / Medi -Taping ............................................................................... 35 8.3 Elektrotherapie / TENS ................................................................................... 37 8.4 Oberflächenmassagen ................................................................................... 38 8.5 Lagerungen und Positionswechsel .............................................................. 38 8.6 Akupunktur ...................................................................................................... 38 8.7 Homöopathie .................................................................................................... 39 9. Patientenbefragung zur Schmerzerfassung .................................................. 40 9.1 Darstellung der Auswertungsergebnisse ..................................................... 41
Diskussion / Interpretation der Ergebnisse ................................................ 58 Fazit ................................................................................................................ 59 Literaturverzeichnis ...................................................................................... 60 Anhang ........................................................................................................... 63 Aufschlüsselung der einzelnen Beiträge: ................................................... 63 Eidesstattliche Erklärung ............................................................................ 65
IV
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Einleitung/Zielstellung
Schmerzen begegnen dem Pflegepersonal bei der Arbeit mit Dialysepatienten fast täglich.
Schmerzen sind allgegenwärtig und sind doch oftmals nur einen kurzen Augenblick im
Bewusstsein vom Pflegepersonal. Ein Gespräch, eine Rücksprache mit dem behandelnden
Arzt und schon gibt es eine Schmerztablette.
Pflege wird häufig mit dem Thema Schmerz konfrontiert, dennoch lässt es das betreuende
Personal manchmal ratlos und überfordert dastehen.
Ursache ist beispielsweise mangelndes Wissen sowie falsche Überzeugungen aller beteiligten
Berufsgruppen.
Die Selbsteinschätzung wird als Basis eines Therapiekonzeptes zur Erfolgsmessung und zur
Therapieanpassung in den meisten Fällen nicht durchgeführt.
Patienten klagen während einer Behandlung über unterschiedlichste dialysespezifische
Schmerzen wie z.B. Punktions- und Dialysekatheterschmerzen, Krämpfe oder schmerzende
Beine. Lagebedingte Schmerzen sowie durch Zusatzerkrankungen hervorgerufene Gelenk-,
und Knochenschmerzen, aber auch psychische Auswirkungen einer jahrelangen
Dialysetherapie treten auf.
Einige Patienten äußern solche Symptome, andere haben eine starke Unruhe oder weinen still.
Manche Betroffene äußern sich auch in Form von Ärger oder Wut als Ausdruck der
Hilflosigkeit. Schmerzen sind vielfältig, können physisch, psychisch oder kombiniert
auftreten.
Im Zusammenhang mit einer chronischen Niereninsuffizienz stellt sich der Schmerz teilweise
sogar in den Hintergrund und wird mit seinen Auswirkungen unterschätzt. Vor allem
chronische Schmerzen haben ähnlich der Niereninsuffizienz, eine große Auswirkung auf die
Lebensqualität.
Die genauere Befragung und Einschätzung der Priorität des Schmerzes dialysepflichtiger
Patienten soll einen Einblick darüber geben, welchen Stellenwert dieses Thema im Alltag hat.
Ziel dieser Facharbeit ist es, dass das Thema „Schmerz“ bewusster vom Personal
wahrgenommen und eingeschätzt werden kann. Es soll stärker in der fachgerechten Betreuung
der Dialysepatienten integriert werden und somit dem Patienten ein Stück zurück gewonnene
Lebensqualität geben.
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Das Anstreben dieser Arbeit ist in erster Linie, Wissen und Informationen über verschiedenste
Schmerzbehandlungen zu vermitteln sowie emotionale Unterstützung und Beratung zu geben,
um die Lebensqualität jedes Betroffenen zu verbessern.
Die Schmerzbehandlung soll als ganzheitlicher Aspekt beleuchtet und möglichst viele
Anregungen, insbesondere auch in Bezug auf alternative Strategien, geben.
Methode der Facharbeit:
Die Facharbeit wurde mittels eines Literaturstudiums zum Thema Schmerz und einer
Patientenbefragung mittels eines anonymen Fragebogens erstellt. Dieser Fragebogen wurde
halboffen gestaltet. Er bestand aus Fragen zum Ankreuzen und Fragen, die offen gestellt
wurden. Dadurch ergab sich eine quantitative Studie, die in Kreisdiagrammen ausgewertet
wurde.
Die fachliche Auseinandersetzung in Bezug auf sämtliche schmerzassoziierte Themen wurde
unter Mithilfe spezieller Fachliteratur sowie punktueller Internetrecherche durchgeführt.
Befragt wurden 110 Patienten der PHV–Zentren in Minden und Herford im Zeitraum von
November bis Dezember 2011.
Das Einverständnis der leitenden Ärzte sowie der Zentrumsleiter wurde eingeholt,
die Fragebögen wurden objektiv und unabhängig ausgewertet. Persönliche Standpunkte der
Autoren werden in den Ausführungen nicht berücksichtigt.
Die Befragung war für alle Beteiligten freiwillig und anonym.
Allgemeiner Hinweis
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit des Textes werden nicht immer beide Personalformen
verwendet, grundsätzlich sind aber immer beide Geschlechter gemeint. Vorzugsweise wird im
Text die männliche Personalform benutzt.
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
1 Schmerz
SCHMERZZITAT:
Schmerz ist ein Meister, der uns klein macht,
Ein Feuer, das uns ärmer brennt,
Das uns vom eigenen Leben trennt,
Das uns umlodert und allein macht.
Weisheit und Liebe werden klein,
Trost wird und Hoffnung dünn und flüchtig;
Schmerz liebt uns wild und eifersüchtig,
Wir schmelzen hin und werden Sein.
Es krümmt die irdne Form, das Ich,
Und weht und sträubt sich in den Flammen.
Dann sinkt sie still in Staub zusammen
Und überlässt dem Meister sich.
(Hermann Hesse)
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
1.1 Warum gibt es Schmerz?
Schmerzen begegnen jedem Mensch beinahe täglich. Schmerz hat eine sehr wichtige
Warnfunktion und soll den Körper vor schädlichen oder gefährlichen Einflüssen schützen.
Man unterscheidet zwischen akutem und chronischem Schmerz. Der akute Schmerz ist ein
Schützer und Warner, er informiert über die Gefahr.
Andererseits kann Schmerz das Leben zerstören. Er kann Fühlen, Denken und Handeln
bestimmen, er kann die Lebensfreude, das Lachen und die Zuversicht nehmen. Er macht
einsam und hilflos, wenn er nicht weichen will und chronisch geworden ist. Chronischer
Schmerz ist ein Vernichter und Folterknecht.
Auslöser von Schmerzen können sowohl äußere Faktoren wie Kälte, Hitze oder Verletzungen
als auch innere Beschwerden sein, z. B. Entzündungen oder Störungen des Nervensystems.
Überall im Körper befinden sich Nervenfasern, die unterschiedliche Reize (z. B. Temperatur,
Druck, Verletzungen oder Dehnung) mittels spezieller Rezeptoren wahrnehmen und ans
Gehirn weiterleiten können. Das Gehirn selbst besitzt keine Schmerzrezeptoren und ist
deshalb schmerzunempfindlich.
Bei Schmerzen handelt es sich um eine subjektive Empfindung, die jeder Mensch sehr
unterschiedlich wahrnehmen kann. Sie müssen nicht notwendigerweise eine körperliche
Ursache haben. Chronischer Schmerz beispielsweise ist eine eigenständige Krankheit und hat
seine Warnfunktion verloren. Auch seelische Belastungen können zu körperlichen Schmerzen
führen (psychosomatische Schmerzen). Die psychische Verfassung spielt bei der individuellen
Schmerzwahrnehmung eine wichtige Rolle: So können Trauer oder Niedergeschlagenheit die
Empfindlichkeit für Schmerzen verstärken, positive Gefühle können sie dagegen verringern.
In Deutschland leiden zwischen 10 und 12 Millionen Menschen unter chronischen
Schmerzen. Zu den häufigsten Schmerzzuständen gehören Rücken-, Muskel- und
Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen (Arthrose), rheumatoide Arthritis, Nerven- und
Tumorschmerzen. Nach wie vor werden viele Schmerz-Patienten nicht ausreichend behandelt:
Im Schnitt dauert es etwa 8 Jahre, bis ein Schmerz-Patient in einer auf Schmerztherapie
spezialisierten Praxis oder Klinik behandelt wird. Geschätzt wird außerdem, dass mehr als
500.000 Patienten mit chronischen Schmerzen starke Schmerzmedikamente (Opioide der
Stufe III) benötigen würden, jedoch nur etwa jeder 10. tatsächlich die erforderlichen
Medikamente erhält.
www. medizinfo.de/schmerz/
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1.2 Schmerzdefinition
Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder
potentieller Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung
beschrieben wird.
(vgl. Task Force of Taxonomy, International Association for the Study of Pain, 1979)
Diese Definition stellt Folgendes klar:
- Schmerz ist meist eine Sinnesempfindung und ein negatives Gefühlserlebnis
- Schmerz warnt vor Gewebeschäden
- Schmerz kann auch ohne Gewebeschäden auftreten – oder auch Gewebeschädigungen ohne
Schmerz!
1.3 Schmerzentstehung
Der schädigende Reiz (z. B. Hitze, Kälte, Schnitte, Knochenbruch, innere Verletzungen,
Entzündungen) wird über elektrische Impulse zum Rückenmark geleitet. Das Rückenmark
gibt den Befehl zum Reflex, der z. B. bei der Berührung von heißen Flächen das
Handwegziehen auslöst. Außerdem werden im Rückenmark die eintreffenden Schmerzsignale
gefiltert. Nur wenn der Schmerzimpuls hoch genug ist, erreicht die Information das Gehirn.
Eine der ersten Stationen hier ist der Thalamus, die Zentrale im Zwischenhirn. Dann erhält
das limbische System Impulse. Das Zentrum der Gefühle. Dort wird sie weiter verarbeitet, mit
anderen Erfahrungen abgeglichen und gespeichert. Im Gehirn findet die emotionale
Bewertung des Schmerzreizes statt. Je nach Stimmungslage, persönlicher Erfahrung und
Einstellung wird der Schmerz unterschiedlich eingestuft und wahrgenommen. So kann ein
Reiz, der uns an einem Tag stark schmerzt, an einem anderen Tag als nicht so schlimm
empfunden werden.
Höhere Instanzen in der Hirnrinde werden nun informiert. Der Schmerz wird bewusst. Jetzt
weiß man, wo und wie sehr es weh tut. Die letzte „Instanz“ liegt vorne in der Stirnrinde. Hier
entscheidet sich, ob wir zum Arzt gehen, die Zähne zusammen beißen oder den Schmerz
sogar ignorieren. Im Zusammenspiel zwischen Rückenmark und Gehirn wird auch
gleichzeitig das körpereigene schmerzhemmende System aktiviert. Ausgelöst und unterstützt
durch eine Entzündungsreaktion gelangen Signal- und Botenstoffe zum Ort der Verletzung.
Diese Schmerz erregenden Stoffe sind unter anderem Histamin, Acetylcholin, Prostaglandine
oder Kalium. Die wichtigsten sind die „endogenen (im Körper entstehenden) Opiate“,
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Enkephaline und Endorphine. Sie machen Nervenzellen im Rückenmark unempfindlicher und
im Gehirn hemmen sie die Wahrnehmung des Schmerzes.
Diese inneren Opiate, andere hemmende Stoffe wie GABA (γ-Aminobuttersäure) sowie
absteigende Bahnen mit Serotonin und Noradrenalin unterdrücken zusammen mit dem
vernünftigen und beurteilenden Teil des Gehirns das qualvolle Gefühl. Sobald
das Gehirn alle nötigen Schmerzdaten hat, verliert der Schmerz seinen Sinn und
verschwindet... wenn alles normal verläuft.
(vgl. www.change-pain.de)
Das Schmerzempfinden der Menschen ist unterschiedlich und liegt wie so oft an den Genen.
Im Erbgut steht geschrieben, wie viel körpereigene Opiate in unseren Adern
fließen und uns vor Schmerz schützen. Je mehr, desto besser.
Das entscheidende Gen gibt es in drei Varianten:
� Die so genannte Valin-Valin-Variante sorgt für einen hohen Opiatspiegel (Val-Val)
� Menschen mit der Methionin-Methionin-Variante sind deutlich schmerzempfindlicher
(Met-Met)
� Bei der Mischvariante liegen Opiatspiegel und Schmerzempfindlichkeit in der Mitte.
(Val-Met)
(vgl. http://www.wdr.de/tv/quarks/schmerz)
1.4 Schmerzarten
Neue Erkenntnisse in der Schmerzforschung haben gezeigt, dass es für eine Erfolg
versprechende Behandlung wichtig ist, den Schmerz nicht nur nach Stärke und Dauer zu
kategorisieren. Zunehmende Bedeutung hat die Art des Schmerzes.
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
1.4.1 Rezeptorschmerzen
Sind die klassischen Schmerzen, wie sie nach einer Gewebeverletzung auftreten. Sie äußern
sich dumpf, drückend, krampf- und oft auch kolikartig. Die Schmerzmelder, so genannte
Schmerzrezeptoren (= Nozizeptoren), werden im Gewebe, im Gelenk oder im Knochen
gereizt und leiten diese Information als Schmerzsignal weiter. Dies kann dabei durch direkte
mechanische Einwirkung (z. B. Messerschnitt), durch chemische (z. B. Säure), thermische (z.
B. Hitze) oder körpereigene Substanzen (z. B. Entzündungsbotenstoffe) ausgelöst werden.
Beispiele für Rezeptorschmerzen sind:
Akute Verletzungen, postoperativer Schmerz, Knochenbrüche, Osteoporose,
Sportverletzungen, Haut- und Schleimhautverletzungen, Gelenkerkrankungen (Arthrose oder
Rheuma), Entzündungen, gemischte Schmerzen und Nervenschmerzen.
1.4.2 Gemischte Schmerzen (Mischform aus Nerven- und Rezeptorschmerzen)
Man spricht von gemischten Schmerzen, wenn sowohl Rezeptorschmerzen als auch
Nervenschmerzen zugrunde liegen. Insbesondere bei Rückenschmerzerkrankungen und
Tumorschmerzen tritt die gemischte Schmerzform auf. Aber auch dem Arthroseschmerz oder
anderen Schmerzerkrankungen können in manchen Fällen sowohl Rezeptorschmerzen als
auch Nervenschmerzen zugrunde liegen.
Gemischter Schmerz ist nicht immer einfach zu diagnostizieren. Vielfach wird nur eine
Komponente identifiziert und die Therapie konzentriert sich nur auf diesen einen Aspekt. Das
führt zu einer unzureichenden Linderung der Schmerzen.
1.4.3 Nervenschmerzen (Neuropathische Schmerzen)
Sie führen auf eine direkte Schädigung oder Fehlfunktion einer schmerzleitenden Nervenfaser
zurück. Der Nerv selbst - und nicht der Schmerzrezeptor - löst den Schmerz aus. Die
Schädigungen im Nervensystem führen letztendlich zu einer übermäßigen Erregbarkeit der
Nervenzellen - sie leiten kontinuierlich Schmerzimpulse an das Gehirn weiter und führen zu
chronischen Schmerzen.
Bei Nervenschädigungen kommt es vor, dass der Schmerz nicht am Ort der Verletzung,
sondern an einer ganz anderen Körperstelle empfunden wird. So kann ein verletzter Nerv im
Rücken beispielsweise ausstrahlende Schmerzen in das Bein hinein verursachen. Er wird oft
als einschießend, elektrisierend, brennend und kribbelnd empfunden.
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Verursacher für die Störung oder Schädigung des Nervs sind z. B. das Karpaltunnel -
Syndrom bei Dialysepatienten, Veränderungen des Rückenmarks, Amputationen oder
Erkrankungen wie Gürtelrose oder Diabetes Mellitus.
(vgl. www.chainge-pain.de)
1.4.4 Schmerzeinteilung nach Entstehungsart und Dauer
Einteilung nach Entstehungsort
Abb. 1 www.studentenlabor.de
Einteilung nach Dauer
Akute Schmerzen:
Gut lokalisierbar, proportional zur Intensität des Reizes, klingen schnell wieder ab, haben eine
eindeutige Warnfunktion.
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Chronische Schmerzen:
Lange anhaltend oder immer wieder kehrend. Ursache nicht immer klar erkennbar.
1.4.5 Wenn die Seele schmerzt
Schmerzen können auch ohne organische Veränderungen entstehen. In diesen Fällen fühlen
die Patienten den Schmerz und gehen mit dem Wunsch nach Hilfe zum Arzt. Doch der Arzt
oder die Ärztin kann nichts feststellen. Die Aussagen: "Sie sind kerngesund", "Ich kann
nichts feststellen" oder "Ohne Befund" sind oftmals kränkend, müssen diese Menschen doch
annehmen, dass sie von der Umwelt als wehleidig oder gar als Simulanten betrachtet werden.
Hinzu kommen Ängste, die Mediziner könnten doch etwas übersehen haben.
Schmerzen können zudem auch psychische Ursachen haben. Körperlicher Schmerz kann
Ausdruck psychischen Schmerzes sein. Betont werden muss, dass auch diese Schmerzen von
den Patienten ganz real erlebt werden, sie sind nicht eingebildet. Viele Menschen haben
Probleme und Konflikte, von denen sie bewusst selbst nichts wahrnehmen, da sie verdrängt
werden. Der eigentlich seelisch bedingte, aber verdrängte Schmerz wird körperlich
empfunden. Dabei hat der Körper seine eigene Sprache. Fast jeder kennt Körperreaktionen
wie nasse Hände, Schwitzen aus Angst vor Prüfungen oder plötzlicher Diarrhoe. Und dabei
muss die Situation noch nicht einmal aktuell sein, der bloße Gedanke daran genügt, um
Reaktionen in unserem vegetativen Nervensystem hervorzurufen. Niemand bezeichnet diese
als Krankheit. Ist das Ereignis vorbei oder der Gedanke wird in eine andere Richtung gelenkt,
klingen die Reaktionen ab. Die Organsprache hat für dieses Wechselspiel zwischen Körper
und Psyche eine Fülle von Bildern. Jemand kann z.B. vor Schreck "stocksteif" werden, unter
einer bestimmten Last fühlt man sich "geknickt" oder vor Gram "gebeugt".
Komplizierter werden diese Vorgänge bei den chronischen Erkrankungen. Hier ist das
auslösende Ereignis nicht mehr bekannt. Dann lässt sich nicht mehr so leicht sagen, woher
der "stocksteife" Rücken, die "gebeugte" Haltung oder der "Muskelpanzer" kommen. Die
Gefühle, die mit den Ereignissen verbunden waren, d.h. die eigentlichen Ursachen, sind
nicht mehr bewusst. Die körperliche Reaktion hat sich vom auslösenden Reiz entkoppelt und
weder Medikamente noch physiotherapeutische Anwendungen helfen wirklich. Hier beginnt
der Leidensweg für viele Schmerzpatienten, wenn sie nicht rechtzeitig auf psychologische
Behandlungsmöglichkeiten aufmerksam gemacht werden.
(vgl. www.entspannungsverfahren.com)
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
1.4.6 Begriffserklärungen/Ungewöhnliche Schmerzempfindungen
Pruritus:
Jucken ist eng mit Schmerz verwandt und kommt nur in den äußersten Schichten der
Epidermis und in den Übergangsschleimhäuten vor. Es wird durch Freisetzung von Histamin
ausgelöst. Unklar ist, ob Jucken eine eigenständige Empfindung oder eine besondere Vorstufe
des Schmerzes ist.
Unterschied Schmerz und Nozizeption:
Schmerz ist ein Bewusstseinsvorgang, während Nozizeption die nervösen Prozesse sind, die
zu Schmerz führen können, falls Bewusstsein vorhanden ist.
Ein Nozizeptor (von lat. nocere „schaden“) – auch als Nozirezeptor oder Nozisensor
bezeichnet – ist ein Rezeptor, der auf eine drohende oder eingetretene Verletzung des
Körpergewebes reagiert. Nozizeptoren liegen als freie Nervenenden in der Dermis. Sie sind
für die Eigenschaften der Haut als Schutzhülle des Organismus von entscheidender
Bedeutung.
Schmerzschwelle:
Reizstärke, bei der eben eine Schmerzempfindung auftritt. Abhängig von Erregbarkeit der
Nozizeptoren und internen Schwellen im ZNS.
Schmerzintensität:
Impulsfrequenz der Nozizeptoren, Aktivierung von Nozizeptoren verschiedener Erregbarkeit
Schmerztoleranz:
Die Schmerztoleranz kann als die Dauer oder das Ausmaß der Schmerzen bezeichnet werden,
die ein Mensch ertragen will. Eine hohe Schmerztoleranz bedeutet, dass die Schmerzen sehr
stark sind oder lange andauern, bevor sie als unerträglich bezeichnet werden, oder eine
Schmerzbehandlung gewünscht wird. Eine niedrige Schmerztoleranz bedeutet, dass schwache
oder kurze Schmerzen für den Betroffenen unerträglich sind und zum Wunsch nach einer
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Schmerzlinderung führen. Es ist wichtig, die Schmerztoleranz eines Patienten hinsichtlich
einer adäquaten Schmerzkontrolle zu respektieren.
(vgl. Mc Caffery, 1997)
Schmerztoleranzschwelle:
Reizintensität, die man gerade so noch aushält.
Schmerzgedächtnis:
„Wer Schmerz erlitten, erinnert seiner sich“ (Cicero)
Die heiße Herdplatte:
Der Schmerz entsteht am Ort des Geschehens (Finger), wird aber erst wahrgenommen,
nachdem die Nervenfasern die Hitze registriert und ihre Erregung über das Rückenmark bis
zu unserem Gehirn weitergeleitet haben.
Das Gehirn stellt fest:
Es ist viel zu heiß und sorgt zeitgleich dafür, dass wir die Hand blitzschnell zurückziehen. Wir
halten sie unter kaltes Wasser und nach einer Zeit haben wir den Schmerz „vergessen.“
Wiederholt sich das Schmerzereignis jedoch immer wieder oder dauert über einen längeren
Zeitraum an, geraten die Nervenfasern am Ort des Geschehens in einen Dauer-Alarmzustand
und senden permanent Reize über das Rückenmark zum Gehirn. Sie werden empfindlicher für
ankommende Reize und irritieren auch eher unbeteiligte Nervenfasern in der Umgebung, die
nun ihrerseits ebenfalls Reize losschicken.
Veränderungen im Gehirn:
Zwischen den beteiligten Nervenfasern entstehen vor Ort Verknüpfungen, die einen
permanenten Kreislauf bilden, so dass ankommende Reize Schmerzen auslösen, auch wenn
diese normalerweise gar keine Beschwerden verursachen würden.
Die Nervenzellen können unter anhaltender Reizung oder Schädigung ihren genetischen Code
so verändern, dass Funktionsveränderungen auftreten können. Der Phantomschmerz zum
Beispiel wird durch so einen Mechanismus ausgelöst.
(vgl. Binggeli, 1998)
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Die Schmerzambulanz:
Dies ist eine Spezialsprechstunde für Menschen mit chronischen Schmerzen. Oftmals befindet
sich die Schmerzambulanz an medizinischen Universitäten und an größeren Kliniken. Aber
auch Schmerzambulanzen, in denen niedergelassene Fachärzte praktizieren, nehmen immer
mehr zu. Die Türen der Schmerzambulanzen stehen vor allem Menschen mit gravierenden
Schmerzproblemen offen. Dort wird der Schmerz ernst genommen, genau diagnostiziert und
von Ärzten verschiedener Fachrichtungen behandelt. Erst wird eine Art „Bestandsaufnahme“
gemacht. Der Patient beschreibt seine Beschwerden, den Schmerzcharakter, die Intensität
usw. Mit den bisher erhobenen Befunden, den Laborwerten, evtl. Röntgenbildern und einer
körperlichen Untersuchung wird der Krankheitsverlauf erfasst und dokumentiert.
Ist das Beschwerdebild unklar, veranlasst der Arzt spezielle Diagnoseverfahren (CT,
Sensibilitätsprüfungen, Gehirnstrommessungen….). Nach Abschluss aller Diagnoseverfahren
besprechen Schmerztherapeut und Betroffener die Behandlungsstrategie. In den meisten
Fällen umfasst die Therapie mehrere Säulen. So werden zunächst Schmerzmittel verordnet,
die genau in Art und Dosierung auf das jeweilige Krankheitsbild abgestimmt sind. Das
Schmerzmedikament und seine Dosierung sind dann richtig ausgesucht, wenn der Patient
keine oder fast keine Schmerzen mehr verspürt. Ist dies nicht der Fall, müssen weitere
Schmerztherapien erwogen und verordnet bzw. die Medikamente umgestellt werden.
(vgl. Fischer-Börold und Zettl, 2006 S. 36-37)
Allodynie: Schmerzauslösung durch einen Reiz, der normalerweise keinen
Schmerz verursacht (z.B. leichte Berührung).
Hyperalgesie: Erhöhte Schmerzempfindlichkeit für noxische Reize
Hyperästhesie: herabgesetzte Schwelle bei Temperatur- und Berührungsreizen
(Alle drei o.g. Definitionen werden durch Sensibilisierung der
nozizeptiven Afferenzen im einem entzündeten Gebiet verursacht).
Analgesie: Fehlende Schmerzempfindung bei normalerweise schmerzhaften
Reizen
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Neuralgien: Schmerzen im Ausbreitungsgebiet eines Nervs
Neuritis: Entzündung eines Nervs
Neuropathie: Funktionsstörung oder pathologische Veränderung im Nerven-
system
Parästhesie: Abnorme Gefühlsempfindungen ohne unangenehmen Charakter
(vgl. Thomm, 2005 S.259-260)
1.5 Schmerzkomponenten
Schmerz ist selten eine reine Sinnesempfindung, sondern setzt sich aus verschiedenen
Komponenten zusammen.
Abb. 2 www.studentenlabor.de
1.5.1 Sensorisch - diskriminative Komponente
Die ausgelösten Impulse vermitteln Informationen über Lokalisation, Dauer und Intensität des
Reizes und unterscheiden ihn gleichzeitig durch den Eindruck „Schmerz“ von einem nicht-
toxischen Reiz.
1.5.2 Affektive oder emotionale Komponente
Das hervorgerufene Gefühlserlebnis; bei Schmerz meist negativ
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
1.5.3 Vegetative oder autonome Komponente:
Reaktionen, die reflektorisch über das vegetative Nervensystem abgewickelt werden (z.B.
Pulsbeschleunigung, Pupillenerweiterung)
1.5.4 Motorische Komponente
Flucht- und Schutzreflex z.B. Hand wird von Herdplatte weggezogen
1.5.5 Schmerzbewertung oder kognitive Komponente
Bewertung aufgrund vorhergehender Schmerzerfahrungen im Bezug zur aktuellen
Schmerzäußerung
1.5.6 psycho-motorische Komponente
Bewusste Reaktion (z.B. Schreien, Fluchen)
(vgl. http://www.wdr.de/tv/quarks/schmerz)
1.6 Schmerzerfassung
„Schmerz ist das, was der Patient als Schmerz angibt und was er als Schmerz definiert.“
(McCaffery, 1983)
Schmerzen werden von jedem einzelnen Betroffenen sehr unterschiedlich definiert. Diese
Einsicht führte zu einem neuen Konzept in der Behandlung chronischer Schmerzpatienten,
das sich mehr an den persönlichen Bedürfnissen ausrichtet. Hierzu legen Arzt und Patient
gemeinsam ein individuelles Behandlungsziel fest. Der Patient gibt auf sogenannten
Schmerzskalen seine derzeitige Schmerzintensität an und gleichzeitig überlegt der Patient,
welche Linderung für ihn persönlich erforderlich ist, um wieder mehr Lebensfreude
empfinden zu können. Auf der Schmerzskala markieren Arzt und Patient dann den
angestrebten Bereich als individuelles Behandlungsziel und legen die Marschroute dorthin
fest. Völlige Schmerzfreiheit ist bei chronischen Schmerzpatienten häufig nur schwer zu
erreichen, gleichwohl aber die Linderung auf ein erträgliches Maß.
Hilfsmittel zur Schmerzerfassung
1.6.1 Verbale Ratingskala (VRS)
Es werden dem Betroffenen 5 Wortkombinationen vorgegeben.
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Er soll diejenige Kombination aussuchen, die seinen Schmerz am besten widerspiegelt.
Folgende Wortkombinationen werden verwandt
0 = kein Schmerz 1 = leichter Schmerz
2 = mittelstarker Schmerz 3 = starker Schmerz
4 = sehr starker Schmerz 5 = maximal vorstellbarer Schmerz
Besonders geeignet für:
- Patienten, die orientiert sind, aber sich nicht lange konzentrieren können.
- Sehbehinderte Personen, da kein Hilfsmittel benötigt wird.
- Personen, die unter motorischen Einschränkungen leiden.
1.6.2 Visuelle Analog Skala (VAS)
Selbsteinschätzungsskala auf einer 10 cm langen Linie.
Der Anfangspunkt wird mit „kein Schmerz“ betitelt, der Endpunkt mit „stärkster vorstellbarer
Schmerz“. Nun kann der Betroffene auf der Linie angeben, wo seine Schmerzintensität gerade
liegt. Mit Hilfe eines Lineals kann die Schmerzstärke dann genau ermittelt werden.
Die Anzahl der cm entspricht der jeweiligen Schmerzstärke.
Besonders geeignet für:
- Betroffene, die nicht mehr gut mit Zahlen umgehen können und für die eine Numerische
Skala weniger gut geeignet ist.
- Ältere und auch schon kognitiv beeinträchtigte Menschen.
Es hat sich gut bewährt, die Skala bei älteren Menschen vertikal zu nutzen. Sie ähnelt dann in
ihrer Form einem Fieberthermometer.
1.6.3 Numerische Analog-Skala (NAS)
Selbsteinschätzungsskala, grundsätzlich gleich wie VAS.
Auf einer 11 cm langen Linie werden die einzelnen Schmerzstufen mit einem Abstand von 1
cm mit einem Zahlenwert von 0–10 unterteilt.
0 entspricht hier „kein Schmerz“, 10 ist „stärkster vorstellbarer Schmerz“.
Die jeweilige Zahl entspricht der jeweiligen Schmerzstärke.
Optimal geeignet für Patienten, die orientiert sind und eine Verbindung von den Zahlen zur
Schmerzstärke herstellen können.
15
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
1.6.4 Smiley-Analog Skala (SAS)
Sie besteht aus 5–6 Smiley-Gesichtern, die den aktuellen Schmerzzustand wiedergeben
sollen.
Der Betroffene wählt das Gesicht aus, das seinem eigenen Schmerzempfinden am nächsten
kommt. Dies ist gut in der Altenpflege einsetzbar.
Demenzerkrankte Menschen können mit Hilfe dieser Skala noch lange eine aussagekräftige
Auskunft über ihren aktuellen Schmerz geben.
Ebenfalls gut bei Kindern ab dem 3.–4. Lebensjahr einsetzbar.
Abb. 3 www. physiotherapeuten.de
Es gibt keine Empfehlung dafür, wie häufig die Skalen anzuwenden sind, vielmehr muss für
jeden Betroffenen individuell eine Entscheidung getroffen werden. Auch wenn die Skalen
weitgehend selbsterklärend sind, ist eine Einweisung in den Gebrauch empfehlenswert. So
lassen sich Veränderungen in den Verhaltensweisen des Patienten über einen Zeitraum besser
16
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
nachvollziehen. Es gibt keine Empfehlungen, wann zum Beispiel ein Schmerzmittel gegeben
werden sollte. Unter Berücksichtigung der Gesamtsituation muss daher jeweils eine
Einzelfallentscheidung getroffen werden. Klar ist aber, dass ein Anstieg der Punktzahl als
Indikator für die Zunahme von Schmerzen, eine verminderte Punktzahl als Hinweis auf
weniger Schmerzen bzw. auf den Erfolg der Schmerztherapie zu werten ist.
(vgl. Pflegezeitschrift, 6/2007 S. 308ff.)
1.6.5. Das Schmerztagebuch
Die in den beschriebenen Schmerzskalen erfassten Werte kann der Patient in einem
Schmerztagebuch schriftlich festhalten. Das über einen längeren Zeitraum geführte Tagebuch
dient dazu, die eigene Wahrnehmungsfähigkeit hinsichtlich des empfundenen Schmerzes zu
fördern. Es ist auch hilfreich, um selbst kleine Erfolge der Therapie feststellen zu können.
Außerdem soll das Führen eines Schmerztagebuches aufzeigen, wie und wann Schmerzen
auftreten. So kann es helfen eventuelle Schmerzauslöser herauszufinden und den Verlauf der
Schmerzen zu dokumentieren. Ziel ist es, den Betroffenen auf eine für ihn optimale
Schmerztherapie einzustellen.
Hinweise dazu: Das Tagebuch sollte immer bei sich getragen werden. Nur so können jederzeit
Eintragungen vorgenommen, Schmerzen mit Hilfe der Schmerzskala beurteilt und im
Tagebuch dokumentiert werden. Eine weitere Dokumentation von Schmerz-Ort, Zeitraum,
Situation (z.B. etwas Besonderes gegessen, starke Aufregung etc.) und Medikamentengabe in
Dosierung/Uhrzeit kann erfolgen. Das Tagebuch sollte mindestens über zwei Wochen geführt
und zu jedem Arztbesuch mitgenommen werden.
(vgl. Fischer-Börold und Zettl, 2006 S.39-41)
1.6.6 Beurteilung von Schmerz bei Demenzerkrankten
Es wird das Verhalten des Betroffenen von einer außen stehenden Person (meist einer
Pflegefachkraft) beobachtet und in einem vorgegebenen Fragebogen dokumentiert.
Diese Handhabung ist einsetzbar bei an demenziell erkrankten Personen, die sich verbal nicht
über ihr eigenes Schmerzempfinden äußern können.
BESD wurde unter dem Namen Pain Assessment in Advanced Dementia (PAINAD)
in den USA von Warden et al.(2003) entwickelt. Neben der deutschen Fassung (Basler et al.
2006) gibt es eine italienische Version (Costardi et al. 2007).
Erarbeitet wurde die deutsche Version vom Arbeitskreis Alter und Schmerz der Deutschen
Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS). Im Arbeitskreis vertreten sind Ärzte,
Psychologen und Pflegefachpersonen. BESD besteht aus den Items Atmung, negative
17
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Lautäußerung, Gesichtsausdruck, Körpersprache und Trost (die Fähigkeit des Patienten,
getröstet zu werden). Je nach beobachtbarem Verhalten werden pro Item zwischen null
und zwei Punkte vergeben, was eine Gesamtpunktzahl zwischen null und zehn ergibt. Das
Instrument wird von einer Pflegefachkraft angewandt, nachdem sie den Betroffenen für einige
Minuten beobachtet hat. Eine Vorgabe, in welcher Situation die Beobachtung zu erfolgen
hat, gibt es nicht. In welchem Umfang BESD in Deutschland bereits im Einsatz ist, ist nicht
bekannt.
Häufige schmerzbezogene Verhaltensweisen bei kognitiv eingeschränkten alten Personen
Gesichtsausdruck:
z.B. verzogenes, trauriges, ängstliches Gesicht, gerunzelte Stirn,
geschlossene oder zusammengekniffene Augen, verzerrter Ausdruck, schnelles
Blinzeln
Verbalisierungen und Vokalisierungen:
z.B. Stöhnen, Jammern, Heulen, um Hilfe bitten, Schimpfen
Körperbewegungen:
z.B. starre Körperhaltung, gesteigerte Bewegung, eingeschränkte
Bewegung, Veränderungen des Gangbildes
Veränderungen der interpersonalen Interaktion:
z.B. aggressiv, sich gegen die Versorgung wehrend, verminderter
sozialer Kontakt, störend, zurückgezogen
Veränderungen des mentalen Zustandes:
z.B. Weinen, gesteigerte Verwirrtheit
(vgl. Pflegezeitschrift 6/2007 S. 309)
18
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
2. Welche Probleme treten im Umgang mit Schmerzen auf?
Der Umgang mit Schmerzsymptomatiken wird im täglichen klinischen Arbeitsablauf, speziell
auch während der Nierenersatztherapie, oftmals nur beiläufig be- oder verarbeitet. Die Gründe
gestalten sich vielfältig, betreffen den Patienten sowie das Pflegepersonal gleichermaßen.
Schmerzzustände werden oftmals unterschätzt.
Einige Patienten sind zurückhaltend in Bezug auf Schmerzäußerungen gegenüber Pflegenden,
vertrauen primär auf den Rat der Ärzte. Aufgrund mangelnder Kommunikation zwischen den
am Pflegeprozess beteiligten Berufsgruppen, entsteht daraufhin eine nicht optimale
Versorgung des Patienten. Bestehende Ressourcen können nicht adäquat genutzt werden.
Weiterhin strategisch ungünstige Faktoren sind beispielsweise
� Allgemein zu geringe Erwartungshaltung an die Schmerztherapie
� Lückenhafte Dokumentation der Schmerzereignisse
� Zeitmangel in der Betreuung des Patienten
� Unzureichende Ausbildung aller beteiligten Berufsgruppen zum Thema Schmerz
� Schmerz ist ein subjektives Geschehen und kann nur durch den Betroffenen selbst
richtig eingeschätzt werden
� Falsche Überzeugungen: Schulmedizin versus Alternativmedizin
� Standardisierte Schmerzeinschätzungsinstrumente werden nicht eingesetzt
� Angehörige werden nicht in die Therapie einbezogen
� Fehlende Compliance des Patienten
� Vorurteile gegenüber Schmerzmitteln seitens der Patienten:
„Schmerzmittel könne das Immunsystem schädigen.“
„Ich möchte keinen Müll in meinem Körper haben.“
„Ich sollte möglichst lange warten, bevor ich ein Schmerzmittel nehme.“
„Opioide verursachen zu viele Probleme.“
„Ich habe keine Kontrolle über meine Schmerzen.“
„Analgesie ist eine Zeichen von Schwäche.“
„Ich grinse lieber und verberge den Schmerz.“
„Menschen sind zu wehleidig und sollten nicht so einen Aufstand machen.“
(vgl. Sturm, 2008)
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
3. Ziele eines Schmerzmanagementsystems
Im Sinne des pflegerischen Berufsverständnisses kommt den Pflegenden im Bereich der
kontinuierlichen Schmerzbehandlung eine exponierte Schlüsselrolle zu.
Während der Nierenersatztherapie begleiten sie die Patienten in besonderem Umfang, d.h. sie
sind es, die den häufigsten und in der Regel engsten Kontakt zum Patienten haben. Basierend
auf einer funktionierenden Beziehungsebene zwischen beiden Partnern, ist es von
entscheidender Bedeutung, emotionale Unterstützung zu geben.
Definition Schmerzmanagement
„Beschreibt den umfassenden, multidisziplinären Prozess, Schmerzen eines
Patienten/Betroffenen zu erkennen, einzuschätzen und sich ihnen durch medikamentöse
Therapie, begleitet durch nicht-medikamentöse Maßnahmen zur Schmerzlinderung, sowie
gezielte Schulung und Beratung zu widmen.
Durch wiederholte Einschätzung wird überprüft, ob die gewählten Maßnahmen effektiv und
geeignet sind. Schmerzmanagement stellt demnach einen fortlaufenden, dynamischen Prozess
dar.“
(Expertenstandard Schmerzmanagement des DNQP, 2005, S. 99)
Folgende Aspekte sind Ziel führend für ein erfolgreiches Schmerzmanagement:
� Eine akute Schmerzsymptomatik muss schnellstmöglich beseitigt werden
� Chronische Schmerzen sind durch angepasste Behandlung zu lindern
� Pflegekräfte sollen Wissen und Informationen über schulmedizinische sowie
alternative Behandlungsstrategien vermitteln
� Verbesserung der Lebensqualität
� Optimierung von Beweglichkeit, Mobilität und Schlafqualität
� Aktive und passive Coping - Strategien anbieten, um die Eigenbewältigung des
Schmerzes zu entwickeln
� Die Selbsteinschätzung des Patienten fördern mit dem Ziel: „Was tut mir gut und
wovon profitiere ich in meinem Umgang mit dem Schmerz?“
� Ängste mindern/nehmen
� Ein Entstehen von Schmerzen vorbeugen
20
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
� Psychische Stabilisierung
(vgl. Menche, 2004, S. 473)
4. Voraussetzungen für ein wirkungsvolles Schmerzmanagement
Um in der Nierenersatztherapie anwendbare Behandlungskompositionen zu entwickeln,
bedarf es folgender Voraussetzungen für alle beteiligten Berufsgruppen:
� Eine gute Kooperation und Vertrauen des Patienten am behandelnden Kompetenzteam
� Eine aktuelle und systematische Schmerzerfassung mittels ein- und
mehrdimensionaler Einschätzungsinstrumente z.B. numerische Ratingskala, verbale
Rating-Skalen, Schmerztagebuch, etc.
� Ausführliche Schmerzanamnese z.B. Lokalisation-, Stärke-, Qualität-, zeitliche
Dimension-, lindernde Faktoren-, etc.
� Für alle Berufsgruppen einsehbare Dokumentation
� Vergleichbare Darstellung durch standardisierte Einschätzungsinstrumente
� Schulung von Mitarbeiten bzw. Information
� Weiterbildung von Pflegekräften zur Algesiologischen Fachassistenz (Pain Nurse)
� Ggf. Einführung einer Pflegeplanung um Probleme, Ziele und Maßnahmen
festzulegen.
5. Vorteile eines systematischen Schmerzmanagements
Positive Effekte ergeben sich sowohl für Patienten und Mitbetroffene, als auch für alle am
Pflegeprozess beteiligten Personen.
� Der Patient hat Raum und Gelegenheit, seinen Schmerz zu äußern und zum Ausdruck
zu bringen.
� Die Beziehung zwischen professionell Pflegenden und Patienten wird durch
gegenseitiges Verständnis verbessert.
� Der Patient fühlt sich ernst genommen und kann aktiv an seiner Behandlung teilhaben
z.B. durch Verwendung eines Schmerztagebuches, mehrdimensionale
Einschätzungsinstrumente.
21
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
� Die Therapie bzw. Behandlung wir dokumentiert; dient somit als Nachweis für Erfolg
oder Versagen der eingeleiteten Maßnahmen.
� Positive und negative Nebenwirkungen werden festgehalten um die Steuerung der
Behandlung/Therapie auszurichten.
� Evaluation der Ergebnisse und ggf. Änderungen im Behandlungsablauf einleiten.
6. Arten von Schmerzmitteln
Zur Behandlung von Schmerzentstehung und Schmerzwahrnehmung werden schmerz-
stillende Arzneimittel eingesetzt, die sogenannten Analgetika. Diese werden nach WHO-
Stufenschema in Nicht-Opioidanalgetika und Opioidanalegetika unterteilt. Als Ergänzung
können Adjuvantien wie z.B. Antidepressiva, Antikonvulsiva, Benzodiazepine, Spasmolytika,
u.a. verabreicht werden.
A
bb.4
http://www.forum-schmerz.de/schmerz-infos/krebsschmerzen/therapie/who-
stufenschema.html
22
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
6.1 Nicht-Opioid-Analgetika
Diese Analgetika wirken vorwiegend peripher, d.h. außerhalb des ZNS. Es sind
Schmerzmittel unterschiedlicher chemischer Struktur, die jedoch primär die
Prostaglandinsynthese hemmen, insbesondere die Entstehung des Schlüsselenzyms
Cyclooxygenase. Sie wirken zusätzlich antipyretisch (fiebersenkend) und zum Teil
antiphlogistisch/antirheumatisch (entzündungshemmend). Im Allgemeinen werden sie zur
Behandlung leichterer bis mäßiger Schmerzen sowie Entzündungen angewandt.
Insbesondere im Hinblick auf eine schon bestehende Nierenfunktionseinschränkung besteht
bei Dauereinnahme oder missbräuchlicher Verwendung die fulminante Gefahr einer
irreversiblen weiteren Nierenschädigung. (vgl. Breuch, 2008, S.87)
6.1.1 Acetylsalicylsäure
Indikation: Kopf, Zahn- und Gliederschmerzen, Fieber, entzündliche Erkrankungen,
Thrombozytenaggregationshemmng, beginnende Tumorschmerzen,
Handels-
name: z. B. Aspirin, ASS-ratiopharm
Regeldosis: 0,5 – 1g oral oder i.v. nach den Mahlzeiten
Wirkdauer: ca. 4 Std.
Elimination: hepatischer Abbau
Dialysabilität: Die anfallenden Abbauprodukte sind inaktive Metaboliten. Sie sind ca.
50 – 70% an Albumin gebunden, allerdings im Körper wirkungslos.
NW: gastrointestinale Beschwerden, Ulcusbildung möglich, allergische
Haut- und Blutbildveränderungen, Asthmaanfälle, Schleimhaut-
Veränderungen, Gefahr: Red-Eye Syndrom bei Kindern!! (akute Leber- und
Gehirnschädigung)
KI: Magen- und Duodenalgeschwüre, Asthma bronchiale, andere Anti-
koagulantientherapie, Schwangerschaft, nicht bei Kindern anwenden,
23
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
6.1.2 Paracetamol
Indikation: Kopf, Zahn- und Gliederschmerzen, Fieber, entzündliche Erkrankungen,
Thrombozytenaggregationshemmng, beginnende Tumorschmerzen,
Handels-
name: z.B. Benuron
Regeldosis: 0,5 – 1g oral, i.v., rectal
Wirkdauer: ca. 4-6 Std.
Elimination: Der Abbau erfolgt in der Leber.
Dialysabilität: Die Abbauprodukte werden über die Kapillare herausdialysiert. Allerdings ist
die Aktivität der eliminierten Metaboliten nicht immer bekannt.
WW: In Kombination mit Acetylsalicylsäure NEPHROTOXISCH.
NW: bei Überdosierung schwere Leber und Nierenschädigung z.B. Analgetika-
Nephropathie, gastrointestinale Beschwerden, Allergien
KI: schwere Leber und Nierenfunktionsstörung
Antidot: Acetylstein bei Intoxikation einsetzen
6.1.3 Metamizol
Indikation: mäßige Schmerzen insbesondere mit spastischer Komponente z.B.
bei Nierenkoliken, Gallenkoliken, Fieber,
Handels-
name: z.B. Novalgin
Regeldosis: 0,5- 1g oral, rektal 0,5 – 2,5g i.m., i.v. als langsame Injektion
1ml/min verdünnt oder als Kurzinfusion über
15 min.
Mit zeitgleicher Nahrungsaufnahme verlangsamte
Resorptionsgeschwindigkeit !!
24
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Wirkdauer: ca. 4 Std.
Elimination: hepatische Aufspaltung
Dialysabilität: Die Abbauprodukte werden über die Kapillare herausdialysiert. Allerdings ist
die Aktivität der eliminierten Metaboliten nicht immer bekannt.
NW: leichtere gastrointestinale Beschwerden, Allergie, anaphylaktische
Reaktionen sowie RR-Abfall möglich,
Rotfärbung des Urins,
6.1.4 Diclofenac
Indikation: mäßige Schmerzen, rheumatische Erkrankungen, beginnende Tumor-
schmerzen,
Handels-
name: z.B. Voltaren
Regeldosis: 25 - 50mg oral, rektal, i.m.
Wirkdauer: ca. 4 – 8 Std.
Elimination: 2/3 renal, 1/3 hepatisch
Dialysabilität: Die Abbauprodukte werden über die Kapillare herausdialysiert. Allerdings ist
die Aktivität der eliminierten Metaboliten nicht immer bekannt.
NW: gastrointestinale Beschwerden, Bronchialverengung bei disponierten
Patienten, ZNS-Störungen (z.B. Kopfschmerz, Depressionen, Müdigkeit),
Allergie, Infektverschlimmerungen möglich,
KI: Magen- und Duodenalgeschwüre, Schwangerschaft, schwere Leber- und
Nierenfunktionseinschränkung, Gerinnungsstörungen,
6.1.5 Ibuprofen / Ketoprofen
Indikation: mäßige Schmerzen, rheumatische Erkrankungen, Fieber, Muskelschmerzen
25
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Handels-
name: z. B. Imbun
Regeldosis: 200 – 800mg oral, rektal, i.m.
Wirkdauer: ca. 4. Std.
Elimination: 2/3 renal, 1/3 hepatisch
Dialysabilität: Die Abbauprodukte werden über die Kapillare herausdialysiert. Allerdings ist
die Aktivität der eliminierten Metaboliten nicht immer bekannt.
NW: Magenunverträglichkeit, Allergien (Hautausschlag, Pruritus), kann bei
chronisch entzündlichen Darmerkrankungen schubauslösend wirken,
KALIUMANSTIEG,
KI Magen- und Duodenalgeschwüre, Schwangerschaft, schwere Leber- und
Nierenfunktionseinschränkung, Gerinnungsstörungen,
6.1.6 Flupirtin
Hierbei handelt es sich um ein zentral wirkendes Nicht-Opioid-Analgetikum.
Flupirtin bewirkt an seinem spinalen Angriffspunkt durch Aktivierung von Kaliumkanälen der
Nervenzellen eine Hemmung der Weiterleitung von nozizeptiven Impulsen. Es bewirkt
eine Stabilisierung des Ruhemembranpotentials.
Flupirtin wird zudem zur Muskelrelaxation eingesetzt.
(www.ärzteblatt.de, 2011)
Indikation: akute und chronische Schmerzen, Muskelverspannungen, Spannungs-
kopfschmerz, Dysmenorrhoe, Tumorschmerzen, postoperative
Schmerzen, Rückenschmerzen,
Handels-
name: z.B. Katadolon, Trancopal Dolo
Regeldosis: 75 – 400mg oral, rektal, i.m.
26
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Wirkdauer: ca. 4 – 5 Std.
NW: gastrointestinale Beschwerden, mögliche arzneimittelinduzierte Hepatitis
bis hin zum Leberversagen,
KI: Leberschäden, Magen- und Darmulcerationen, Cholestase, Alkohol-
Abusus, Myasthenia Gravis,
6.2 Opiode
Generell entfalten sie ihre Wirkung über die zentralen Opioidrezeptoren, an denen
im Regelfall die Endorphine angreifen.
Wichtigster Bestandteil des Opiums ist das Morphin. Durch chemische Abwandlung
und Veränderung dieses Stoffes entstehen weitere Abkömmlinge der Opioid-Gruppe.
Generell gelten für alle Opioide folgende Wirkungen/Nebenwirkungen:
Periphere Wirkungen an Organen
� Obstipation durch Tonusminderung des Darms
� Gallenkrämpfe durch Sphinkterkontraktion
� Miktionsstörungen der Harnblase durch Tonussteigerung
� Schwindel und RR Abfall durch Tonusminderung
� Bronchospasmus durch Histaminfreisetzung
� Pruritus durch Histaminfreisetzung
Zentrale Wirkungen im ZNS
� Sedierung, Beruhigung, Angstlösung
� Analgesie
� Bewusstseinsstörungen
� Halluzinationen
� Somnolenz
� Atemdepression
� Übelkeit und Erbrechen
� Verminderte Diurese durch ADH Sekretion
� Antitussive Wirkung durch Codein
27
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
� Euphorie und Dysphorie
� Allgemeine psychische Verlangsamung
� Miosis
� Physische und psychische Toleranz und Abhängigkeit
Insbesondere bei bestehender Niereninsuffizienz ist darauf zu achten, das bei
beginnender Schmerztherapie die Dosis überprüft wird.
Besonders die Metaboliten der Opiate werden in erster Linie renal eliminiert und
kumulieren folglich bei terminaler Niereninsuffizienz. Die Dialysabilität der Stoffe
ist oftmals nicht genau erwiesen und nur anhand der Proteinbindung zu erahnen.
Zudem verlängern die Morphinmetaboliten den sedierenden Effekt anderer Medikamente.
(vgl. Breuch, 2007, S.88)
Augrund der eingeschränkten Flüssigkeitszufuhr wird der Aspekt der Obstipation
zusätzlich forciert.
Im Falle einer Opiatvergiftung steht folgendes Antidot zu Verfügung:
Naloxon: i.v. ggf. Beatmung notwendig (vgl. Menche, 2004, S. 486)
6.2.1 schwache Opioide
Tramadol / Meptazinol
Wirkdauer: 2 -4 Std.
Regeldosis: 50 – 100mg oral, rektal, s.c., i.m., i.v.
Dialysabilität: ACHTUNG: Tramadol kumuliert bei Niereninsuffizienz , orale
Bioverfügbarkeit bei 60 – 75%, HWZ 6 Std. Prinzipiell ist
Tramadol dialysabel, es reichert sich allerdings in den Fettdepots an, obwohl
die Eiweißbindung nur 4% beträgt.
Protein-
Bindung: 4%
Diese Stoffe fallen nicht unter das Betäubungsmittelgesetz.
Die analgetische Potenz beträgt das 0,1 fache von Morphin.
28
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
6.2.2 starke Opioide (BTM)
Diese Substanzen fallen generell unter das Betäubungsmittelgesetz
und müssen entsprechend nach Richtlinie verwaltet werden.
Hier ein kurzer Überblick über häufig verwendete Wirkstoffe und deren Eigenschaften unter
Dialysebedingungen.
Tab.1
Handelsname
z.B.
Wirkstoff Protein
bindung
Kumulation Dialysabilität Sonstiges
Sevredol Morphin 35% Nein dialysierbar
Dolantin Pethidin 58% Ja mäßig
dialysierbarDipidolor Piritramid Keine
Angabe
Keine
Angabe
Keine
AngabeOxygesic Oxycodon 40% mäßig mäßig
dialysierbar
In
Kombi.mit
Naloxon
geringere
ObstipationPalladon Hydromorpho
n
8% Nein dialysierbar Wirkt in 30-
45 min.
vorsichtige
Dosierung
8mg=600mg
Tramadol
Temgesic
(transdermal
als Pflaster)
Buprenorphin 96% Ja nicht
dialysierbar
Kein Antidot
vorhanden
(Naloxon
29
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Transdec wirkt nicht)
50x stärker
als MorphinFentanyl TTS
Pflaster
Durogesic
Fentanyl 85% Ja nicht
dialysierbar
80x stärker
als Morphin,
lagert sich
im
Fettgewebe
ein
Hinweis: Eine gleichzeitige Gabe von Tramadol und Buprenorphin ist kontraproduktiv.
Die Wirkung beider Substanzen wird aufgehoben.
(vgl. Wellhöner, 1997)
(vgl. Fröhlich und Kirch, 2006)
www.rosenfluh.ch
7. Was kann Pflege leisten?
Um diese zentrale Frage zu beantworten, bedarf es vieler unterschiedlicher Blickwinkel und
Ansichtsweisen um eine unterstützende Schmerzbehandlung voranzutreiben. Ziel ist es,
insbesondere verschiedene Möglichkeiten und Behandlungsstrategien ins Bewusstsein des
nephrologischen Pflegepersonals zu rufen und diese entsprechend einzusetzen bzw. zu
vermitteln.
Unerlässlich für den Erfolg eines funktionierenden Schmerzmanagements ist eine qualifizierte
Schulung der Mitarbeiter.
Daher sollten folgende Handlungskompetenzen veranschlagt werden:
Fachkompetenz z.B. durch Weiterbildungsmaßnahmen (Algesiologische Fachassistenz/Pain
Nurse)
Methodenkompenz z.B. welche Behandlungsstrategie ist primär geeignet; wie kann ich
diese am besten vermitteln?
Soziale Kompetenz z.B. Einfühlungsvermögen bei der Schmerzanamnese, Kommunikation
mit Kollegen, Angehörigen und anderen Berufsgruppen.
30
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Eine Behandlung kann sowohl im physikalischen, als auch im psychologischen Sektor
durchgeführt und analysiert werden. Eine psychologische pflegerische Schmerzbegleitung
zielt auf viele emotionale und kognitive Faktoren, die das Schmerzerleben positiv
beeinflussen. (vgl. Menche, 2004, S. 482)
Das Ziel ist, Patienten und Betroffenen mit akuten oder chronischen Schmerzen, sowie zu
erwartenden Schmerzen, angemessene Maßnahmen zu gewähren, die dem Entstehen von
Schmerzen vorbeugen oder sie auf ein erträgliches Maß reduzieren bzw. beseitigen.
7.1 Fachassistenz Algesiologie (Pain Nurse)
Um die Beratungskompetenz zu erweitern und eine Qualitätssicherung in der Versorgung
sämtlicher Schmerzpatienten sicherzustellen, wurde eine Weiterbildung für Pflegekräfte nach
dem anerkannten Curricilum der DGSS (Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes)
in den vergangenen Jahren etabliert.
Diese Qualifizierungsmaßnahme wird von zahlreichen Bildungseinrichtungen und Kliniken
angeboten und kann auch alternativ als Fernlehrgang in Kombination mit Studienbriefen
absolviert werden.
Voraussetzungen: abgeschlossene Berufsausbildung (Krankenpflege, Altenpflege,
Physiotherapie) oder ein gleichwertig abgeschlossenes Studium.
Inhalte u.a. Physiologie des Schmerzes/Grundlagen
Schmerzerfassung und Dokumentation
Pharmakologische Grundlagen
Nicht medikamentöse Therapieformen
Medikamentöse Behandlungen
Schmerz aus psychotherapeutischer Sicht
Rechtliche Rahmenbedingungen
Postoperative Schmerztherapie
Schmerztherapie bei speziellen Patientengruppen:
� bei alten Menschen
� Schwangeren
� Chronische Schmerzpatienten mit akuten Beschwerden
31
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
� Bei Patienten mit Demenz
� Tumorschmerzen
Expertenstandard Schmerztherapie
Naturheilverfahren
Beratung, Schulung und Anleitung
Dauer/Std. abhängig vom Anbieter ca. 120 bis 150 Std.
Leistungs-
Nachweis: schriftliche Prüfung am Ende des Lehrgangs
Der Unterricht findet entweder als Präsenzphase in Form von Blöcken oder als Fernlehrgang
mit einer Lernplattform im Internet statt.
Anbei einige Anbieter:
Klinikum Nürnberg www.cekib.de/fernlehrgänge
Akademie für Gesundheitsberufe Heidelberg www.afg-heidelberg.de
Akademie für Wirtschafts- und Sozialmanagement Heidelberg www.fuu-ak-wiso.de
DRK Hamburg Bildungszentrum Schlump www.schwesternschaft-hamburg.drk.de
7.2. Expertenstandard Schmerzmanagement des DNQP
Im Mai 2005 wurde vom deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP)
ein Expertenstandard- Schmerzmanagement in der Pflege- bei akuten oder tumorbedingten
chronischen Schmerzen entwickelt.
Inhaltlich beschreibt dieser die Entwicklung und Konsentierung des Standards, den
Expertenstandard selbst, die Literaturstudie, die Dokumentation und eine Implementierung
des Standards in der Pflege.
Er ermöglicht den verschiedenen Einrichtungen, ihre Pflegequalität gezielt weiterzu-
entwickeln, den Wissenstransfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen zu fördern und bildet
die Grundlage für die Festlegung von Qualitätsindikatoren der Fachgruppe Pflege für die
externe stationäre Qualitätssicherung.
32
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Standardaussage/Ziel:
„Jeder Patient/Betroffene mit akuten oder tumorbedingten chronischen sowie zu erwartenden
Schmerzen erhält ein angemessenes Schmerzmanagement, das dem Entstehen von Schmerzen
vorbeugt, sie auf ein erträgliches Maß reduziert oder beseitigt.“
(Expertenstandard Schmerzmanagement des DNQP, 2005, S.25)
Entsprechend der formellen Struktur eines Pflegestandards werden Struktur, Prozess- und
Ergebniskriterien dargestellt und einzeln erläutert.
Im weiteren Ablauf werden z. B. Kriterien zur Schmerzeinschätzung, wahrnehmbare
Schmerzindikatoren, Prinzipien der medikamentösen Schmerztherapie oder Inhalte/Formate
von Patientenschulungsprogrammen näher beleuchtet.
In Ergänzung folgt eine Aufstellung verschiedener Fragebögen zur Schmerzeinschätzung
sowie eine Präsentation des Algorithmus pflegerisches Schmerzmanagement.
8. Komplemetärtherapien
Folgende nichtmedikamentöse Behandlungen und Strategien können hilfreich sein, die
Schmerzwahrnehmung zu verringern, den Betroffenen gleichzeitig zu helfen um mit den
Schmerzen im Alltag besser zurechtzukommen.
Positive Effekte dieser Methoden können außerdem sein:
� Die Stimulation des sympathischen Nervensystems wird erhöht
� Förderung der Muskelenstpannung
� Senken der Herzfrequenz
� Senken des Blutdrucks
� Verbesserung der Sauerstoffversorgung
� Freisetzung endogener Schmerz reduzierender Substanzen wird gesteigert
� Förderung des Wohlbefindens
Eine weitere positive Komponente sind die psychischen Auswirkungen der komplementären
Therapien. Eine Beeinflussung der Psychosomatik kann im Behandlungsschema eine große
Hilfe sein und führt im Sinne der ganzheitlichen Betrachtungsweise zu einer gesteigerten,
aktiven Mitarbeit des Patienten. Vorhandene Ressourcen können abgerufen werden und
optimieren die gesamtkörperliche Balance.
Folgende Effekte sind möglich:
33
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
� Reduktion der emotionalen Belastung
� Veränderung in der Wahrnehmung
� Abnahme der Müdigkeit
� Angstreduktion
� Veränderung von Erwartungen
� Zunahme von Aktivität
� Aktive Mitgestaltung fördert eine schnellere Heilung
� Verbesserung der Schlafqualität
� Verbesserung der Schmerzbewältigung
� Gesteigerte Kontrolle über den Schmerz
Folgende Methoden kommen in Frage:
� Therapeutische Lokalanästhesie (Oberflächen-,Quaddel-,Infiltrationanästhesie)
� Invasive Methoden (Nervenblockaden, Anlage von Schmerzkathetern, Implantation
von Schmerzpumpen etc.)
� „Alternative“ Methoden: wie z.B. Kryo- und Thermotherapie, Elektrotherapie z.B.
TENS: Transkutane elektrische Nervenstimulation, Magnetfeldtherapie,
Kinesiotaping, Reflexzonenmassage
� Physiotherapie: Krankengymnastik, Osteopathie, Manuelle Therapie, Pilates
� Psychotherapie und Verhaltensmodifikation (z. B. Biofeedback)
� Traditionelle Chinesische Medizin (TCM), Akupunktur, Akupressur,
� Naturheilverfahren (z.B. Homöopathie und Hypnose, Bachblüten, Phytotherapie,
Aromatherapie)
� Entspannungstherapie z.B. Progressive Muskelrelaxation
� Lagerung und Positionswechsel
Die Möglichkeiten sind vielfältig und hier sicher unvollständig, ein Patentrezept gibt es leider
nicht. Einige alternative und zusätzliche Methoden der Schmerzlinderung möchten wir kurz
vorstellen und zu häufigen, schmerzvollen und dialysespezifischen Folgeerkrankungen
Stellung nehmen.
34
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
8.1 Physiotherapien
Früher bekannt als "Krankengymnastik" umfasst die Physiotherapie Behandlungsmethoden
der Bewegungstherapie und der physikalischen Therapie. Sie ist eine Alternative oder
sinnvolle Ergänzung zur medikamentösen oder operativen Therapie. Körperliche Bewegung
stärkt die Muskulatur und schützt vor Schmerzen. Fehlhaltungen können aufgedeckt und
beseitigt werden. Wärme- oder Kältebehandlung und Massagen können helfen, Schmerzen zu
lindern. Aber auch allgemeine physikalische Therapien zur Verbesserung der Durchblutung
wie z.B. Wärmemaßnahmen, Wärmesack etc. (keine Hitze!), vorsichtige aktive
Bewegungsübungen (zur Stoffwechselgymnastik) können Schmerzen lindern.
8.2 K- / Chiro / Medi -Taping
Diese Form des Tapings findet in Deutschland zunehmend Anerkennung.
Mitte der 80er Jahre wurde diese Methode von einem japanischen Chiropraktiker entwickelt
und im Laufe der Jahre weiterentwickelt und entsprechend vermarktet.
Ziel dieser Behandlung ist, die Selbstheilungsprozesse des Körpers zu nutzen und die
Reizweiterleitung am Schmerzpunkt positiv zu beeinflussen.
Die Wirksamkeit dieser Methode ist allerdings umstritten und durch wissenschaftliche
Studien kaum belegbar, trotz guter Erfolge in der Praxis.
Die gesetzlichen Krankenkassen unterstützen diese Leistung nicht, im Gegensatz zu vielen
privaten Kassen.
Das Tape besitzt eine Dehnbarkeit von 180% und besteht aus einem Gemisch aus Baumwolle
und Acrylkleber, der unter Wärmezufuhr des Körpers aktiviert wird.
Im Handel sind verschiedene Farben erhältlich, die allerdings keinen Einfluss auf die Wirkung
haben.
Wirkungsweise:
Das Kleben von K- / Chiro Tape führt zur wellenförmigen Anhebung der Haut. Hierdurch
erfolgt eine Druckreduzierung im Gewebe durch Raumvergrößerung zwischen Haut und
Muskulatur. Dieses hat eine verbesserte Regulierung der Lymph- und Blutzirkulation sowie
eine Entlastung der Schmerzrezeptoren zur Folge.
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Durch die zusätzliche Stimulierung von Rezeptoren (propriorezeptive Reize) soll eine
Funktionsverbesserung der Gelenke sowie eine Stabilisierung des Muskeltonus erreicht
werden. Die Schmerzreduktion ist eine Folge der Druckentlastung im betroffenen Gewebe.
Durch Reizung bestimmter Rezeptoren der Haut (Mechanorezeptoren) werden die Schmerz-
rezeptoren gedämpft und so die körpereigene Schmerzregulation aktiviert.
Abb. 5 www.chirotape.com
Da die Muskulatur des Menschen nicht nur den Körper bewegt, sondern auch Einfluss auf das
Venen- und Lymphsystem sowie die Körpertemperatur hat, ist es von großem Vorteil, wenn
die Funktionalität der gesamten Muskulatur ohne Einschränkungen gegeben ist.
Für Dialysepatienten kann diese Behandlungsstrategie eine Alternative zur Linderung der
neuropathischen Schmerzen z. B. im Bereich des Shuntarms, der Schulter- und
Rückenmuskulatur oder zur Minderung von Kopfschmerzen sein.
Abb. 6 www.kinesiotaping.com
36
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
8.3 Elektrotherapie / TENS
Die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) ist eine Behandlungsmethode aus der
Naturheilkunde. Mit Hilfe eines Gerätes werden elektrische Impulse erzeugt und durch die
Haut auf das Nervensystem übertragen. Die Elektroimpulse regen die körpereigenen,
Schmerz hemmenden Systeme an und das überreizte Nervensystem kann sich harmonisieren.
Wenn die TENS-Behandlung mit einer hohen Stromfrequenz durchgeführt wird, hat dies zur
Folge, dass die schmerzleitenden Nerven nicht mehr in der Lage sind dem Gehirn die
Schmerzimpulse weiterzuleiten. Vereinfacht gesagt kommt es zu einer Erschöpfung und
Entladung der Weiterleitungsstation am Rückenmark. Die zweite Wirkmöglichkeit setzt bei
dem körpereigenen Schmerzmittel, den Endorphinen an. Bei einer Niederfrequenten TENS-
Anwendung wird die Ausschüttung dieser körpereigenen Schmerzmittel angeregt. Die
Endorphine besetzen dann Rezeptoren die dann nicht mehr von den Botenstoffen, die die
Schmerzimpulse weiterleiten, benutzt werden können. Hierbei ist positiv zu bemerken, dass
die schmerzstillende Wirkung nicht auf das Behandlungsgebiet
begrenzt ist. Grundsätzlich gibt es keine Schmerzen die nicht mit
TENS behandelt werden dürfen. TENS sollte jedoch nicht bei
Menschen mit Herzschrittmachern angewendet werden und
natürlich dürfen die Elektroden nicht direkt auf erkrankter oder
verletzter Haut angebracht werden. Vorsichtig sollten auch
Patienten sein, die unter Epilepsien leiden.
Die Krankenkasse bezahlt fast immer die TENS-Therapie.
Abb.7 Google TENS
Indikationen sind:
Nervenschmerzen wie Karpaltunnel-Syndrom
Trigeminusneuralgien
Phantomschmerz
Schmerzen bei PAVK
diabetische Neuropathie
alle Schmerzen bei Erkrankungen des Bewegungsapparates rheumatischen Erkrankungen
und alle Schmerzarten die durch Abnutzung, Überlastung, Reizung oder Entzündung der
Knochen und Gelenke entstehen.
Die Behandlungsdauer beträgt gewöhnlich 20-50 Minuten.
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Akute Schmerzen klingen oft nach wenigen Behandlungen ab, bei chronischen Erkrankungen
muss meist über viele Jahre die TENS in Form von Heimbehandlungen genutzt werden.
8.4 Oberflächenmassagen
kleine Massagen an Kopf, Händen oder Füßen haben eine entspannende und
schmerzlindernde Wirkung auch wenn die Schmerzen nicht unbedingt lokalisierbar sind.
(Steal-Syndrom, Restless Legs-Syndrom)
8.5 Lagerungen und Positionswechsel
Dies kann bei leichten Schmerzen Linderung verschaffen, die Zeit bis zum Einsetzen der
Medikamente überbrücken oder auch durch Zuwendung zur Befindlichkeitsbesserung der
Patienten beitragen. Dazu gehört z.B:
- das Hochlagern der Extremitäten bei Ödemen,
- das Tieflagern der Extremität und dabei den Druck minimieren, z.B. durch das Fernhalten
der Bettdecke bei pAVK
- Stufenbettlagerung bei Rückenschmerzen (z.B. Bandscheibenvorfall, renale Osteopathie)
- Mikropositionswechsel: kleine, aber dafür häufige Lagerungswechsel. Die Patienten werden
nicht mehr von „links nach rechts“ gedreht, sondern durchlaufen einen Lagerungswechsel von
Rückenlage in Seitenlage über einen längeren Zeitraum durch viele kleine Positionswechsel.
Dies ist schnell und komplikationslos durchzuführen und hilft Verspannungen und
Schonhaltungen bei z.B. schlecht laufenden Dialysekathetern oder quälenden Armhaltungen
bei „ungünstig“ liegenden Shunts zu vermeiden oder zu lockern. Zudem lässt es die Zeit an
der Dialyse vielleicht erträglicher machen.
8.6 Akupunktur
Akute und chronische Schmerzen gehören zu den wichtigsten Anwendungsgebieten der
Akupunktur. Hier hilft die chinesische Methode wie bei anderen Erkrankungen auch, indem
sie die Selbstheilungskräfte unseres Körpers weckt. „Die kleinen Nadeln bewirken, dass der
Körper Stoffe produziert, die Schmerzen nachhaltig und ohne große Nebenwirkungen
hemmen“, so die Erklärung westlicher Wissenschaftler, die die schmerzlindernde Wirkung der
Akupunktur erforscht haben. Chinesische Mediziner begründen die Anti- Schmerz-Wirkung
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
der Nadeln auf ihre Weise: „Schmerz ist ein Stau im Fluss der Lebensenergien, den die
Akupunktur lösen und harmonisieren kann.“
Fast alle Schmerzzustände lassen sich mit der Akupunktur lindern. (Polyneuropathie,
Karpaltunnel-Syndrom, Arthroseschmerzen….) Das wurde in der weltweitgrößten Studie, der
GERAC-Studie untersucht.
Aus einem Bericht im Internet ( Lifeline- Medizin im Internet) ist zu lesen:
„Dialyse-Juckreiz durch Nadeln lindern“:
„Leider gehören Blutwäsche und Juckreiz häufig zusammen, besonders bei Nierenschwäche
im Endstadium. Auf Medikamente können sich Patienten nicht verlassen. Mit begleitender
Akupunktur könnte dieses Problem jedoch gelindert werden. Das lassen Ergebnisse aus
Taiwan vermuten: Ärzten gelang es, den quälenden Juckreiz um mehr als die Hälfte zu
vermindern.(…..)
Aus den Ergebnissen ziehen die Forscher den Schluss, dass eine die Blutwäsche begleitende
Akupunkturtherapie am Punkt Quchi eine effektive, sichere und in der Anwendung einfache
Methode gegen den Juckreiz bei Nierenschwäche darstellt.“
(vgl. Che-Yi C et al: Acupuncture in haemodialysis patients at the Quchi (LI11) acupoint for
refractory uraemic pruritus. Nephrol Dial Transplant (2005).)
8.7 Homöopathie
Samuel Hahnemanns Ähnlichkeitsregel:
„Similia similibus curentur“ – Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt. So lautet der
Leitsatz des Meißener Arztes. Ein Beispiel: Die Küchenzwiebel, die eine laufende Nase und
tränende Augen verursacht, kann genau diese Beschwerden bei einem Kranken heilen. Die
Symptome, die eine homöopathische Arznei bei einem gesunden Menschen auslöst, sollten
denen des Kranken so ähnlich wie möglich sein. Denn so wird die bestmögliche und
schnellste Wirkung erzielt.
Die Arzneimittel und Substanzen werden bei der homöopathischen Arzneimittelprüfung an
gesunden Menschen getestet. Die Symptome, die sie bei diesen Probanden auslösen, werden
dokumentiert und nach einem bestimmten Schema geordnet. So entsteht das so genannte
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Arzneimittelbild. Je genauer dieses dem Beschwerdebild des kranken Patienten gleicht, umso
besser wirkt die Arznei. Die große Entdeckung Hahnemanns, die Homöopathie von allen
anderen Heilmethoden unterscheidet, war folgende:
Je häufiger eine Arznei potenziert wird, umso stärker ist ihre Wirkung. Durch die Verdünnung
des Wirkstoffs wird nicht nur die Wirkung vertieft, sondern es werden auch gleichzeitig
toxische Nebenwirkungen reduziert. Der Begriff "Homöopathie" stammt aus der griechischen
Sprache und kann mit "ähnliches Leiden" übersetzt werden.
Sie erweist eine gute Wirkung bei Gelenkerkrankungen und chronischen Zuständen.
z.B. Homöopathie bei Polyneuropathien:
- Verbascum bei: neuralgischer Gliederschmerz mit Gefühl der Lähmung, krampfartiger,
drückender Fußsohlenschmerz
- Magnesium phosphorikum bei: scharfer, einschießender, neuralgischer Schmerz(„wie mit
Messer“), plötzlich kommend und gehend…
oder z.B. Viscum album (Mistel)
Arthrosen, Bandscheibenschäden, Schulterarmsyndrom, Steifigkeit und Schmerzen in den
Muskeln des Nackens, des Brustkorbs und des Rückens. Ziehen und Reißen im Knie, im Arm,
Hüftnerv. Gefühl, als ob die Oberschenkelbeuger zu kurz wären….
(vgl. Augustin und Schmiedel, 2003)
9. Patientenbefragung zur Schmerzerfassung
Um eine aussagekräftige Bestandsaufnahme zum Thema Schmerzerfassung und
Schmerzbehandlung zu bekommen, wurden 110 Patienten der PHV – Zentren
in Minden und Herford befragt.
Die Befragung fand unter folgenden Bedingungen statt:
� Anonymisierte Frageform
� Es sind keine Rückschlüsse auf Personen möglich.
� Rückgabe in einer geschlossenen Sammelbox, die erst nach Beendigung des
Befragungszeitraums geöffnet wurde.
� Einige Bögen konnten nur mit Hilfe der beiden Autoren ausgefüllt werden, da keine
handschriftliche sondern nur eine mündliche Information möglich war.
� Die Autoren standen als Ansprechpartner bei Unklarheiten zu Verfügung.
40
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Ziele der Befragung:
� Statuserhebung zur Schmerzerfassung z.B. Priorität ermitteln
� Feststellung des Stellenwertes „Schmerzbehandlung bei Dialysepatienten“.
� Erfassung des Schmerzempfindens und des Schmerzerlebens bei Dialysepatienten
� Dokumentation der bisher durchgeführten Behandlungsschemata
� Einsatz und Wirkung von Schmerzmitteln erfragen
� Kenntnisse über bisheriges Wissen der Patienten zum Thema Schmerz erlangen und
Bewusstsein im Ungang damit feststellen
� Wo gibt es Verbesserungsbedarf in Bezug auf die Versorgung und Beratung der
Betroffenen durch das Pflegepersonal?
� Welche Strategien sind Ziel führend und optimieren das Bewusstsein der Patienten mit
Schmerzen umzugehen?
� Welche Behandlungspfade können vom Pflegepersonal zusätzlich dargestellt und
erläutert werden?
� Sind Alternativtherapien außerhalb der Schulmedizin bekannt? Besteht hier
Handlungsbedarf?
9.1 Darstellung der Auswertungsergebnisse
1. Altersstruktur der befragten Patienten
21-50 Jahre12%
51-70 Jahre22%
über 70 Jahre66%
Abb. 8 Kreisdiagramm: zeigt die Altersstruktur der befragten Patienten an
41
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
2. Geschlechtsverteilung
w eiblich47%
männlich53%
Abb. 9 Kreisdiagramm: zeigt die Geschlechtsverteilung der befragten Gruppe an
3. Dauer der bisherigen Dialysepflichtigkeit
0-2 Jahre32%
3-5 Jahre38%
6-10 Jahre22%
11-20 Jahre8%
Abb. 10 Kreisdiagramm: stellt die Dauer der Dialysepflichtigkeit der Befragten dar
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
4. Wie oft haben Sie Schmerzen zu Hause?
nie24%
manchmal56%
immer20%
Abb. 11 Kreisdiagramm: dokumentiert den Schmerzanteil zu Hause
5. Wie oft haben Sie Schmerzen während der Dialysebehandlung?
nie40%
manchmal47%
immer12%
keine Angabe1%
Abb. 12 Kreisdiagramm: beschreibt die Häufigkeit der Schmerzen während der Dialyse
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
6. Wo haben sie Schmerzen?
Kopf8%
Bauch5%
Beine15%
Hand4%
Finger5%
Rücken16%
Gesäß1%
Knochen5%
Fuß7%
Zehen3%
HWS5%
Amputat.stumpf0%
Becken/Hüfte5%
Arme4%
Schultern7%
Zähne1%
Shuntarm3%
Brust0%
keine Angabe4%
Abb. 13 Kreisdiagramm: demonstriert die vorwiegenden Schmerzpunkte
Problempunke bezüglich der Lokalisation sind insbesondere
� Rücken 16%
� Beine 15%
� Kopf 8%
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
7. Wann haben Sie Schmerzen?
nur w ährend der Dialyse
10%
Nur zu Hause23%
beides51%
keine Angabe16%
Abb. 14 Kreisdiagramm: stellt die zeitliche/örtliche Schmerzwahrnehmung der Befragten dar
8. In welches Zeitintervall ordnen Sie den Schmerz ein?
ganztags16%
bevorzugt tags13%
bevorzugt nachts9%
bevorzugt in Ruhe12%
bevorzugt bei Bewegung
24%
Anlaufschmerz11%
keine Angabe15%
Abb. 15 Kreisdiagramm: dokumentiert die Zeitintervalle der Schmerzempfindung
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
9. Lassen sich Ihre Schmerzen mit Schmerzmitteln lindern?
Ja36%
Nein17%
Manchmal26%
keine Angabe21%
Abb. 16 Kreisdiagramm: stellt die Wirksamkeit der Schmerzlinderung dar
10. Können die Schmerzen durch veränderte Körperlagerung gemindert werden?
immer13%
manchmal52%
nie16%
keine Angabe19%
Abb. 17 Kreisdiagramm: zeigt eine mögliche Schmerzlinderung durch Körperverlagerung an
46
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
11. Wie würden Sie Ihre Schmerzen auf einer Skala von 1 – 10 einordnen?
1 = leichte Schmerzen 10 = stärkste Schmerzen ( nicht/kaum auszuhalten)
114%
29%
313%
48%
515%
67%
75%
86%
95%
104%
keine Angabe14%
Abb. 18 Kreisdiagramm: zeigt die empfundene Schmerzintensität der Befragten an
Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass eine vorwiegende Intensität zwischen
Stärke 1-5 bei den Befragten zu erfahren ist.
Zwischen Stärke 6 – 10 ist eine lineare Absenkung der Antworten zu sehen, d.h. dass
tendenziell eine überwiegende Mehrzahl der Dialysepatienten nicht unter stärksten Schmerzen
zu leiden hat.
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
12. Nehmen Sie regelmäßig Schmerzmittel ein?
ja21%
nein74%
keine Angabe5%
Abb. 19 Kreisdiagramm: stellt eine Regelmäßigkeit der Schmerzmitteleinnahme dar
12.a Übersicht eingesetzte Schmerzmittel und Adjuvantien
keine Angabe13%
Tilidin11%
Paracetamol13%
Schmerzpflaster13%Tramal
3%
Novaminsulfon21%
Hydromorphon3%
Ibuprofen5%
ASS5%
Gabapentin5%
Dopamin5%
Pregabalin3%
Abb. 20 Kreisdiagramm: zeigt prozentuale Verteilung verschiedener Schmerzmittel an
48
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Zu Abb. 20 Wirkstoff Pregabalin z.B. Handelsname Lyrika
Wirkstoff Dopamin z.B. Handelsname Restex
13. Sind Sie mit der Schmerzbehandlung während der Dialyse zufrieden?
ja49%
nein4%
manchmal10%
keine Angabe37%
Abb. 21 Kreisdiagramm: stellt die Zufriedenheit der Schmerzbehandlung während der
Dialyse dar
49
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
14. Durch wen erfolgt die Schmerzmitteleinstellung?
Nephrologe32%
Hausarzt19%
Schmerzambulanz1%
sonstiger Arzt10%
keine Angabe38%
Abb. 22 Kreisdiagramm: zeigt an, durch wen die Schmerzmitteleinstellung erfolgt
15. Wann nehmen Sie Schmerzmittel ein?
routinemäßig im Tagesablauf
15%
nur dann, wenn der Schmerz
auftritt48%
keine Angabe37%
Abb. 23 Kreisdiagramm: zeigt den Zeitpunkt der Einnahme an
50
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
16. Haben Sie schon eine unterstützende/alternative Schmerzbehandlung versucht?
Ja31%
Nein54%
keine Angabe15%
Abb. 24 Kreisdiagramm: zeigt das Nutzungsverhältnis anderer Schmerzbehandlungen an
51
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
16.a Verteilungsübersicht der genutzten Alternativbehandlungen
Akupunktur5%
Tens3%
Kälte/Wärme13%
Massagen17%
Physiotherapie22%
autogenes Training1%
Aromatherapie1%
Reflexzonenmassage3%
Homöopathie3%
Bewegungstherapie4%
TCM1%
Fango1%
Osteopathie3%
Salben1%
keine Angabe22%
Abb. 25 Kreisdiagramm: Verteilungsübersicht der genutzten Alternativbehandlungen
52
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
17. Waren Sie schon in einer Schmerzambulanz eines Krankenhauses vorstellig?
Ja5%
Nein80%
keine Angabe15%
Abb. 26 Kreisdiagramm: zeigt Nutzungsverhältnis einer Schmerzambulanz bei den Befragten
an
18. Haben Sie schon einmal unerwünschte Nebenwirkungen nach Ihrer
Schmerzmitteleinnahme erfahren?
Ja27%
Nein50%
keine Angabe23%
Abb. 27 Kreisdiagramm: zeigt Häufigkeit der Nebenwirkungen an.
53
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
18.a Verteilungsübersicht Nebenwirkungen
Übelkeit16%
Erbrechen8%
Schwindel12%
Atemnot4%
Pruritus11%
Sehstörungen5%
Müdigkeit13%
Obstipation7%
Magenschmerzen9%
Ödeme0%
Kopfschmerzen4%
Blutdruckabfall5%
Farbänderung Stuhl/Urin
3%
Sonstige3%
Abb. 28 Kreisdiagramm: zeigt Übersicht der erfahrenen Nebenwirkungen an
54
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
19. Wie wichtig ist Ihnen eine optimale Schmerzbehandlung während der Dialyse auf
einer Skala von 1 (unwichtig) bis 5 (sehr wichtig)?
120%
28%
39%
48%
522%
keine Angabe33%
Abb. 29 Kreisdiagramm: zeigt die Präferenz einer optimalen Schmerzausschaltung während
der Dialyse an
20. Nutzen Sie bereits Möglichkeiten zur Schmerzerfassung? (Schmerztagebuch,
Schmerzskala o.ä.)
ja1%
Nein86%
keine Angabe13%
Abb. 30 Kreisdiagramm: zeigt Nutzungsverhältnis einer Schmerzerfassung an
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
21. Sind Sie in Ihren Lebensaktivitäten bzw. in Ihrem Alltag durch Schmerzzustände
beeinträchtigt?
ja27%
Nein28%
manchmal31%
keine Angabe14%
Abb. 31 Kreisdiagramm: zeigt Beeinträchtigung der Lebensaktivitäten an
22. Haben Sie für sich persönlich einen Weg gefunden, mit Ihren Schmerzen
umzugehen?
ja53%
Nein24%
keine Angabe23%
Abb. 32 Kreisdiagramm: zeigt an, ob die Betroffenen einen Weg gefunden haben, mit den
Schmerzen umzugehen.
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
22.a Verteilungsübersicht Schmerzbewältigung
Ruhe10%
Medikamente20%
Bewegung27%
Verdrängung13%
Ertragen20%
Sonstige10%
Abb. 33 Kreisdiagramm: dokumentiert inhaltliche Verteilung der Schmerzbewältigung
23. Sind Sie berufstätig, berentet, krank geschrieben?
berufstätig9%
berentet86%
krank geschrieben
0%
keine Angabe5%
Abb. 34 Kreisdiagramm: zeigt Beschäftigungs/Rentenstatus an
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Diskussion / Interpretation der Ergebnisse
Die Patientenbefragung zum Thema Schmerz zeigt, dass viele Dialysepatienten relativ häufig
Schmerzen haben. 56% der Befragten geben an in unregelmäßigen Abständen an
Schmerzsymptomatiken während der Dialyse zu leiden, 12% schildern sogar eine ständige
Belastung unter der Behandlung. Die Schmerzen äußern sich wie erwartet in den
unterschiedlichsten Körperregionen und in den verschiedensten Schmerzarten. Zudem hat
sich gezeigt, dass 22% der Schmerzpatienten eine Schmerzbehandlung während der Dialyse
sehr wichtig finden, 25 % dies eher wichtig bis mittelmäßig und 20% als unrelevant
empfinden.
Die Schmerzintensität zeigt eine Neigung im unteren Level zwischen Stärke 1 – 6 mit einigen
Spitzen im Bereich 9 – 10.
Die Hälfte aller Befragten ist mit der Schmerzbehandlung unter der Dialyse zufrieden. Nur
eine Quote von 4% findet die Behandlung nicht zufriedenstellend, 37% geben allerdings
keine Angabe an.
Die alternative Schmerzbehandlung wird von 31% der Patienten genutzt. Spitzenreiter sind
hier die Physiotherapie sowie Massagen.
Sowohl in dieser Sparte, als auch im Bereich der Schmerzerfassung liegt ein
Informationsdefizit vor.
Mit der umfassenden pflegerelevanten Bearbeitung des Themas zeigt sich ebenfalls, dass
beim Pflegepersonal ein Schulungsbedarf im Bereich der Schmerzbehandlung besteht. Dieses
ist durch Gespräche im Team, während der Befragung der Patienten, klassifiziert worden.
Gerade im Bereich der komplementären Behandlungen dienen viele Maßnahmen zur
fortschreitenden Linderung der Schmerzsymptomatiken.
Die Entwicklung eines ganzheitlichen Schmerzmanagements in Dialyseeinheiten ist
demzufolge vollkommen indiziert. In welchem Umfang dieses eingesetzt werden kann, hängt
von vielen Faktoren ab. Ein wichtiger Multiplikator ist das fachliche Wissen des
nephrologischen Pflegepersonals sowie eine adäquate Patientenberatung durch aller am
Pflegeprozess beteiligten Berufsgruppen.
Allein diese Maßnahmen können eine effiziente Unterstützung bieten, wie es in einigen
Patientengesprächen erörtert wurde.
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Fazit
� Schmerzmanagement ist eine Herausforderung an alle beteiligten Personen, sowohl
Professionelle als auch Betroffene.
� Schmerzeinschätzung ist der rote Faden der Therapiesteuerung für medikamentöse
und nicht- pharmakologische Maßnahmen.
� Die pharmakologische Therapie muss individuell adaptiert sein und ist die Basis des
Schmerzmanagements.
� Die nicht- pharmakologischen Maßnahmen sind eine sinnvolle Ergänzung und geben
den Betroffenen die Möglichkeit die Therapie aktiv mitzugestalten und die Situation
zu bewältigen.
� Die nicht- pharmakologische Maßnahmen sind individuell abzustimmen, dabei ist
wichtig: „Wovon profitiere ich persönlich am meisten?“
� Pflegepersonal bedarf zeitgemäßer Schulung im Bereich der Schmerzbehandlung.
� Schmerzmanagement ist ein komplexes Thema, Patientenschulungen runden eine
optimale Schmerzbehandlung ab.
� Durch Patientenschulungen kann die Ressource der Selbstpflege stärker aktiviert und
gefördert werden.
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Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Literaturverzeichnis
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Börold, Zettl (2006) Visite Die Gesundheitsbibliothek-Schmerz
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Thomm, Monika (2005) Schmerzpatienten in der Pflege S. 259-260
5. Auflage Stuttgart: Kohlhammer Verlag
Binggeli (1998) Schmerz Schmerztherapie: Theoretische Grundlagen und Erfahrungen
aus eigener und aus der Sicht der Betroffenen
Carr, Mann (2010) Schmerz und Schmerzmanagement
2. Auflage Bern Hans Huber Verlag
Dudel, et.al. (2001) Neurowissenschaft
2. Auflage Berlin Heidelberg New York Springer Verlag
Schmidt, Thews, Lang (2000) Physiologie des Menschen;
28. Auflage Berlin Heidelberg New York Springer Verlag
Handwerker, H.O (1998) Einführung in die Pathophysiologie des Schmerzes
1. Auflage Berlin Heidelberg New York Springer Verlag
Menche, Nicole (2004) Pflege heute
3.Auflage München Urban Fischer Verlag
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McCaffery, et.al (1997) Schmerz
München Urban Fischer Verlag
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Klinik Ebersbach Schmerzmanagement pdf.2008
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Breuch,Gerd (2008) Fachpflege Nephrologie und Dialyse
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www.wdr.de/tv/quarks/schmerz
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61
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
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www.physiotherapeuten.de
www.forum-schmerz.de
www.dosing.de
www.ärzteblattde
www.rosenfluh.ch
www.chirotape.com
www.kinesiotaping.com
www.dgss.org
62
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Anhang
1. Patientenfragebogen zur Schmerzbehandlung
Aufschlüsselung der einzelnen Beiträge:
Sonja Abeln: Einleitung
1. Schmerz
1.1 Warum gibt es Schmerz
1.2 Schmerzdefinition
1.4 Schmerzarten
1.5 Schmerzkomponenten
1.6 Schmerzerfassung
8.1 alle Komplementärtherapien ab 8.1 außer Medi-Taping
Oliver Vogler: 2. Probleme
3. Ziele
4. Voraussetzungen
5. Vorteile
6. Arten von Schmerzmitteln
7. Was kann Pflege leisten?
8. Komplementärtherapien
8.2 Medi-Taping
Layout
Beide: Methode der Facharbeit
9. Patientenbefragung
Diskussion/Interpretation
Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
63
Schmerzmanagement in der Nephrologie Sonja Abeln, Oliver Vogler
Eidesstattliche Erklärung
Hiermit versichern wir, dass wir die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne unerlaubte
Hilfe angefertigt und andere als die in der Arbeit angegebenen Hilfsmittel nicht benutzt
haben. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäß aus anderen Schriften und elektronischen
Quellen entnommen wurden, haben wir als solche kenntlich gemacht.
Wir versichern außerdem, dass die vorliegende Arbeit nicht in der gleichen Form oder
auszugsweise im Rahmen einer anderen Prüfung oder als Modulleistung vorgelegt wurde.
Ort, Datum und Unterschrift
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