fischglashaus - eine innovationsinitiative zur energie ... · 1 1. allgemeine angaben 1.1...
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Universität Rostock
Abschlussbericht zu einem Forschungsprojekt
mit Mitteln aus dem EFF (Europäischen Fischereifonds)
Europäischer Fischereifonds
Thema:
FischGlasHaus - Eine Innovationsinitiative zur
energie- und nährstoffeffizienten
Nahrungsmittelproduktion
Ausführende Stelle:
Universität Rostock, vertreten
durch den Rektor,
Ulmenstraße 69, 18051 Rostock
Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät
Lehrstuhl für Aquakultur und Sea-Ranching Prof.
Dr. Harry W. Palm
Datum des Abschlussberichtes: 31.10.2015
Inhaltsverzeichnis
1. Allgemeine Angaben ............................................................................................ 1
1.1 Berichtszeitraum .............................................................................................. 1
1.2 Zusammenfassung .......................................................................................... 1
1.2.1 Zielstellung ................................................................................................ 2
1.2.2 Zusammenfassung der Aufgabenstellung ................................................ 3
2. Durchgeführte Arbeiten im Projektzeitraum ......................................................... 4
2.1 Personal im Projekt ....................................................................................... 4
2.1.1 Personalstellen ......................................................................................... 4
2.1.2 Neubesetzungen/Änderung der Personalstellen ...................................... 4
2.2 Stand der Forschungsarbeiten ........................................................................ 6
2.2.1 Aquakultur & Sea-Ranching...................................................................... 6
2.2.2 Lehrstuhl für Tierschutz und Tiergesundheit .......................................... 41
2.2.3 Agrobiotechnologie ................................................................................. 53
2.2.4 Pflanzenbau ............................................................................................ 62
2.2.5 Landschaftsökologie und Standortkunde ................................................ 74
3. Koordinations- und Öffentlichkeitsarbeit ............................................................ 84
3.1 Koordinationstätigkeiten ................................................................................ 84
3.1.1 Arbeitstreffen ........................................................................................... 84
3.1.2 Berichte ................................................................................................... 84
3.2 Öffentlichkeitsarbeit ....................................................................................... 84
3.2.1 Projektvorstellung ................................................................................... 84
3.2.2 Wissenschaftliche Veröffentlichungen .................................................... 85
1
1. Allgemeine Angaben
1.1 Berichtszeitraum
01.06.2013-31.10.2015
1.2 Zusammenfassung
Das Pilotprojekt „FischGlasHaus - Eine Innovationsinitiative zur energie- und
nährstoffeffizienten Nahrungsmittelproduktion“ - konnte erfolgreich im
Bearbeitungszeitraum abgeschlossen werden. Federführend war der Lehrstuhl
Aqquakultur und Sea-Ranching an der Universität Rostock. Die Vorarbeiten zur
aquaponischen Fisch- und Pflanzenproduktion wurden anhand von Experimenten in
zwei „small-scale“ Kiessubstrat-Aquaponik-Systemen durchgeführt. Die gewonnen
Daten wurden zum Aufbau einer größeren Pilotanlage, dem „FischGlasHaus“,
verwendet, um dort über sogenannte „up-scaling“ Versuche die gewonnenen
Erkenntnisse in einem wirtschaftlich umsetzbaren Maßstab zu verifizieren. Nach
umfangreichen Planungsarbeiten begann der Bau des Gebäudes für die
gemeinschaftliche Fisch und Pflanzenproduktion im Sommer 2014. Die Fertigstellung
des ersten Bauabschnitts erfolgte Ende Februar 2015 und der zweite Bauabschnitt
wurde am 28.05.2015 beendet. Die Übergabe der Fischanlage erfolgte im Juli 2015
mit einem ersten Fischbesatz bereits nach einer kurzen Einlaufphase. Alle
involvierten Lehrstühle der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät (AUF)
führten Experimente als Vorarbeiten bzw. Untersuchungen in der Versuchsanlage
durch. Die Ergebnisse dienen der Wissensfindung zum Thema „Ökologisch
nachhaltige, aquaponische Fisch- und Pflanzenproduktion“ und wurden teilweise
bereits international publiziert. Insgesamt wurden fünf Masterarbeiten und vier
Bachelorarbeiten erfolgreich abgeschlossen. Drei Promotionsarbeiten befinden sich
in Bearbeitung. Auf Grundlage der erhobenen Daten wurden erste
Wirtschaftlichkeitsberechnungen durchgeführt, methodisch entwickelt, und stehen
nun für projektspezifische Berechnungen und spätere Vermarktungskonzepte zur
Verfügung.
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1.2.1 Zielstellung Die Zielstellung des Pilotprojektes „FischGlasHaus“ war die Kombination von
Warmwasser-Aquakultursystemen mit verschiedenen Agrarprodukten in einem
Standard-Produktionsgewächshaus unter einem Dach. Dieses Ziel wurde während
der Projektlaufzeit erfüllt. Die Experimentalanlage „FischGlasHaus“ kombiniert
verschiedene Einheiten zur Haltung von Warmwasserfischarten (Aquakultur-
Einheiten) unterschiedlicher Besatzdichten (intensiv, semi-intensiv und extensiv),
welche über ein Fischprozesswasser-Leitsystem mit den sechs Hydroponik-Kabinen
zur erdelosen Pflanzenkultivierung verbunden sind. Das Prozesswasser kann von
jeder Hydroponikkabine zurück in die Aquakultureinheiten geleitet werden. Hierbei
kommt es zum Einen zu Effekten der Wasserreinigung über den Nährstoffentzug der
Pflanzen (Pflanzenwachstum) sowie zum Anderen zu synergetischen Beziehungen
zwischen Pflanzen und Fischen durch Verwendung des selben Prozesswassers mit
ihren spezifisch ausgebildeten Bakteriengruppen (und gelösten, noch nicht näher
identifizierten Inhaltsstoffen) hinsichtlich des Gesamtsystems (Aquaponik). Die
Wiederverwendung des Haltungswassers hat positiven Einfluss auf die
Wasseraustauschrate und fördert gleichzeitig die Fischgesundheit durch den
Nährstoff-Reinigungseffekt der Pflanzen. Die technische Machbarkeit der
Experimentalanlage „FischGlasHaus“ ist damit bewiesen. Spezifische Nährstoffflüsse
(„nutrient dynamics“) befinden sich in der Verifizierungsphase. Hierfür wurden zwei
Experimente durchgeführt: A – Einfluss unterschiedlicher Fischprozessabwässer
(intensiv, extensiv) des Afrikanischen Raubwelses (Clarias gariepinus) auf das
Wachstum der Marokkanischen Minze (Mentha spicata) ohne Verwendung von
Flüssigdünger in der Kabine 1_04; und B – Einfluss unterschiedlicher
Hydroponiksubsysteme (Kies-Substrat, Schwimmkultur – RAFT, und „Nutrient film
technique“) auf das Wachstum der Gurke mit partieller Düngung in Kabine 1_05. Die
Wirtschaftlichkeitsberechnung der Aquaponikanlagen aus den Vorversuchen mit „up-
scaling“ – Effekten (Produktionsflächenvergrößerung) auf das größere System des
„FischGlasHaus “ erfolgte durch den Lehrstuhl Agrarökonomie, und ist erst mit
Beendigung der angegliederten Masterarbeit abgeschlossen. Zurzeit befindet sich
die Verifikation der Testung verschiedener Organismenkombinationen für jede
einzelne Anlage in Bearbeitung. Ein Vermarkungskonzept schließt sich nach
eingehender wirtschaftlicher Analyse an. Während des Projektes wurden insgesamt
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fünf Masterarbeiten und vier Bachelorarbeiten erfolgreich abgeschlossen. Zwei
Promotionsarbeiten zum Thema Aquaponik und Fisch-Welfare sowie eine
Masterarbeit in Kooperation mit der Agrarökonomie befinden sich noch in
Bearbeitung, da die kurze Projektlaufzeit keine Beendigung der Arbeiten im
Projektzeitraum erlaubte. Eine weitere Promotionsarbeit in Kooperation mit dem
Leibnitz-Wissenschafts-Campus Phosphorforschung ist in Bearbeitung. Der Ausbau
einer nachhaltigen Aquakulturproduktion am Standort MV geschieht mit
landesansässigen Unternehmen der Fischproduktion und des Pflanzenbaus
aufbauend auf den in diesem Projekt erzielten Ergebnissen.
Zukünftige Untersuchungen konzentrieren sich auf die Erprobung unterschiedlicher
Fisch-Pflanze-Kopplungen hinsichtlich einer effizienten, nachhaltigen Produktion
unter aquaponischen Bedingungen. Die weitere Analyse der Wirtschaftlichkeit zeigt
Vermarktungsmöglichkeiten unter realen Produktionsbedingungen im Sinne eines
technisch modularen Systemaufbaus auf. Energieproduzierende Module sollen in
zukünftigen Folgearbeiten integriert und verifiziert werden.
1.2.2 Zusammenfassung der Aufgabenstellung
Das Pilotprojekt „FischGlasHaus - Eine Innovationsinitiative zur energie- und
nährstoffeffizienten Nahrungsmittelproduktion“ - integrierte verschiedene Aufgaben
der beteiligten Lehrstühle an der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät
(AUF). Der Lehrstuhl Aquakultur & Sea-Ranching entwickelte federführend den
Entwurf und den Bau der Experimentalanlage und begleitete in Zusammenarbeit mit
dem Betrieb für Bau und Liegenschaften Mecklenburg-Vorpommern (BBL), PAL
Anlagenbau GmbH (Abtshagen, MV) und GEFOMA GmbH (Großbeeren bei Berlin)
das Baugeschehen. Ziel war der Aufbau einer modernen Aquaponikanlage unter
Standard-Produktionsbedingungen für die Pflanzenkultivierung in Modulbauweise.
Zusätzlich zum Baugeschehen sollten wissenschaftliche Untersuchungen
durchgeführt werden. Alle involvierten Lehrstühle haben entsprechend ihrer
Ausrichtung Experimente durchgeführt (Lehrstuhl für Tierschutz und Tiergesundheit,
Agrobiotechnologie und Begleitforschung zur Bio- und Gentechnologie, Pflanzenbau,
Landschaftsökologie und Standortkunde, Polykultur). Der Lehrstuhl Aquakultur &
Sea-Ranching arbeitete zusätzlich wissenschaftlich an der Hauptthematik
„aquaponische Fisch- und Pflanzenproduktion“ im Rahmen einer Promotionsarbeit.
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Die gewonnen Erkenntnisse des Systemaufbaus unter aquaponischen
Produktionsbedingungen und der wissenschaftlichen Ergebnisse sollten
interessierten Investoren zur Verfügung gestellt werden. Kooperationspartner zur
Vermarktung der Produkte wurden bereits gewonnen. In einem Folgeprojekt sollen
die Kundenpräferenz und Akzeptanz im Vergleich von aquaponisch produzierten
Pflanzen und Fischen zu herkömmlich produzierten Agrarprodukten getestet werden.
2. Durchgeführte Arbeiten im Projektzeitraum
2.1 Personal im Projekt
2.1.1 Personalstellen
Im Projekt wurden 2013 zwei wissenschaftliche Mitarbeiter zu je 50% der regulären
Arbeitszeit angestellt, Dipl. Biologe Herr Baßmann (10 und 4) und Dipl. agr. Ing. Herr
Knaus (4 und 10). Herr Baßmann wurde mit der Untersuchung von Welfare-Aspekten
bei Fischen im Vergleich zwischen Aquaponik und solitärer intensiver Fischhaltung
beauftragt, während Herr Knaus an der Koordinierung und Planung der neuen
Gewächshausbauanlage (folgend benannt als „FischGlasHaus “) mitwirkte sowie die
technischen Modifikationen der bereits bestehenden low-tech Aquaponikanlage
durchführte. Eine Stelle als Hilfswissenschaftler (HIWI) für die Betreuung der Anlage
wurde durch Herrn B.Sc. Bissa besetzt, wobei alle Mitarbeiter abwechselnd und an
Wochenenden die Betreuung übernahmen.
2.1.2 Neubesetzungen/Änderung der Personalstellen
Bezüglich der ursprünglichen Personalplanung ergaben sich vier wesentliche
Änderungen. Die von der Fakultät eingebrachte Personalstelle 1 war wie beantragt
zunächst mit Herrn Borchert besetzt (1.6.2013 bis 31.01.2014), welcher im Rahmen
der ersten Planungsmaßnahmen für das Bauvorhaben beteiligt war. Da der BBL die
weiteren Planungsarbeiten in Kooperation mit dem Dezernat Bau der Universität
übernommen hat, wurde die Haushaltsstelle 738 ab dem 01.02.2014 mit einer
Wissenschaftlerin besetzt, welche die Arbeiten in der Professur Agrobiotechnologie
unterstützte (Personal 2). Am Lehrstuhl für Aquakultur und Sea-Ranching wurde ein
Techniker eingestellt, welcher zu einem Anteil seiner Stelle (25%) bei den
notwendigen Tierschutzgenehmigungen sowie der Wartung und Pflege der
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Aquaponikanlage mitarbeitet (Personal 4a). Ebenfalls wurden in 2014/15 zwei halbe
Wissenschaftlerpositionen sowie verschiedene wissenschaftliche Hilfskräfe für
experimentellen Arbeiten an den Aquaponik-Anlagen in der Satower Straße sowie
die Arbeiten am und im Fischglashaus besetzt (Personal 3, 11) Zudem wurde
aufgrund von Zeitvertragsvorgaben ein Personalwechsel der Personen auf den
Personalstellen 4 und 10 erforderlich (Wechsel der Stellen von Herrn Baßmann und
Herrn Knaus). Am Lehrstuhl für Tierschutz und Tiergesundheit (Haushaltsstelle 843)
wurden die Arbeiten bereits direkt nach Projektbeginn begonnen (Personal 5).
Weitere Details zu den beteiligten Personen an den Forschungsarbeiten finden sich
im Teil mit den Ergebnisberichten der einzelnen Professuren.
Aufgrund des notwendigen Änderungsantrags zur Finanzierung des zweiten
Bauabschnitts stieg die gesamte Bewilligungssumme und es erfolgte eine
außerplanmäßige Verzögerung der Übergabe der Forschungsflächen an die
Universität. Es wurden jedoch sämtliche Baumaßnahmen und wissenschaftlichen
Arbeiten wie geplant umgesetzt, auch wenn für die tatsächlichen Arbeiten im
FischGlasHaus nur sehr wenig Zeit zur Verfügung stand (Fertigstellung im Juli 2015,
Bericht der Tätigkeiten siehe unten).
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2.2 Stand der Forschungsarbeiten
2.2.1 Aquakultur & Sea-Ranching
Prof. Harry W. Palm, U. Knaus, B. Baßmann (Personal 4, 10)
Der Lehrstuhl Aquakultur & Sea-Ranching betreute das Projekt FischGlasHaus
federführend. Im Allgemeinen wurden durch den Projektleiter Prof. H.W. Palm und U.
Knaus (Stellennummer 4/10) die Vorarbeiten im alten Gewächshaus (Satower
Straße) durchgeführt. Ebenfalls beteiligt waren Dr. Bischoff-Lang (Personal 3) und
Frau Melanie Kubitz (Personal 11) in 2014/2015 sowie verschiedenen
Hilfswissenschaftler zwecks Unterstützung beim Anlagenbetrieb.
Abb. 1: Experimentalgebäude „FischGlasHaus“ im Bauzustand und nach der
Fertigstellung im Sommer 2015 auf dem Campus der AUF mit
Innenansichten der Kabine 1_04, der Aquakultur-Einheit und der
Gewächshaus-Steuerung, Universität Rostock.
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In Zusammenarbeit mit dem Betrieb für Bau und Liegenschaften Mecklenburg-
Vorpommern (BBL), PAL Anlagenbau GmbH (Abtshagen, MV) und der GEFOMA
GmbH (Großbeeren bei Berlin) wurde der Bau des Experimentalgebäudes im
Sommer 2015 abgeschlossen (Abb. 1). Während PAL Anlagenbau GmbH für die
Installation der Aquakultureinheiten zuständig war, wurde der Gewächshaustrakt von
GEFOMA errichtet. Die Bauarbeiten begannen im Sommer 2014 und wurden im Juli
2015 abgeschlossen. Die Arbeiten wurden in Bauabschnitt 1 (Aquakultureinheit +
Gewächshauskabinen 1_01, 1_02, 1_03 und 1_04) und Bauabschnitt 2 (Kabinen
1_05 und 1_06) unterteilt. Die Innenausstattungen der Kabinen (1_01, 1_02, 1_04
und 1_05) wurden durch den Lehrstuhl für Aquakultur und Sea-ranching bearbeitet
(Palm & Knaus) und hinsichtlich der Erfüllung des Projektzieles
(Wirtschaftlichkeitsnachweis der Aquaponik für MV) aufgestellt.
Abb. 2: Ausschnitt der Aquakultureinheit (semi-intensive, intensive und extensive
Anlage) aus dem Plan der Innenausstattung der Experimentalanlage
„FischGlasHaus“ (PAL Anlagenbau GmbH, 2014, schematisch).
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PAL Anlagenbau GmbH hat anhand der Anforderung des Projektes die
Aquakultureinheit in drei unterschiedliche Bereiche, die semi-intensive, intensive und
extensive Anlage, aufgeteilt (Abb. 2).
Für die Wirtschaftlichkeitsberechnung der Produktion des afrikanischen Raubwelses
(Clarias gariepinus) in Kombination mit Nutz- oder Zierpflanzen wurde primär die
intensive Aquakulturanlage genutzt. Hier wurden die Raubwelse unter
standardisierten Produktionsverhältnissen nach praxisgerecht entwickeltem
Wachstumsprotokoll der Firma PAL GmbH aufgezogen. Dabei sind Besatzdichten
von bis zu 200 kg m-3 nicht unüblich. Das nährstoffangereicherte Prozesswasser aus
den Aquakultureinheiten wurde in die Hydroponikkabinen geleitet und stand dort für
die Experimente zu Verfügung. Bei Bedarf kann der Wasserkreislauf geschlossen
werden und das durch Pflanzen nährstoffgereinigte Wasser wieder der
Aquakultureinheit über den Wasserübergabepunkt zurückgeführt werden. Speziell in
der Pflanzkabine 1_04 wurden die Nutzpflanzen (z.B. Minze) oder Zierpflanzen (z.B.
Efeu) auf Wachstumsparameter untersucht. Abbildung 3 zeigt exemplarisch die
Innenausstattung der Pflanzkabine 1_04. Auf 9 Pflanztischen (standardisiert, OTTE
Metallbau GmbH), in „triplikate groups“ wurden die Nutz- und Zierpflanzen kultiviert.
Abb. 3:
Innenausstattung der Pflanzenkabine 1_04 mit 10 Pflanztischen zur
Überprüfung der aquaponischen Kultivierung von Nutz- und Zierpflanzen in
Kombination mit der intensiven Haltung des Afrikanischen Raubwelses
(Clarias gariepinus, Zeichnung Knaus, 2014).
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Gleichzeitig wurde direkt am Auslauf der intensiven Aquakultureinheit das Wasser
analysiert, um einen von den Pflanzen noch nicht beeinträchtigten Nährstoffgehalt
bestimmen zu können.
Die Pflanzkabine 1_03 wurde vom Lehrstuhl Agrobiotechnologie (Prof. Broer)
betrieben. Hier werden verschiedene Möglichkeiten der hydroponischen Kultivierung
von Nutzpflanzen unter differierenden Kultivierungstechniken erprobt. Der Lehrstuhl
Agrobiotechnologie verwendete Erbse, Tabak und Kartoffel zur Evaluierung von
Pflanzwachstumsparametern unter aquaponischen Produktionsverhältnissen,
während der Lehrstuhl Pflanzenbau (Prof. Uptmoor) in der Kabine 1_05_ und 1_06
Gurken oder Tomaten als Nutzpflanzen unter Verwendung von Hydroponikrinnen
kultivierte.
Polykultur
Die Thematik Polykultur wurde zu Projektbeginn von Prof. D. Schories bearbeitet und
später vom Lehrstuhl Aquakultur & Sea-ranching übernommen. In der
Experimentalanlage „FischGlasHaus“ wurden zwei separate Kabinen (1_01 und
1_02; je 50 m²) für Untersuchungen zur gemeinsamen Haltung von unterschiedlichen
aquatischen Organismen (Fische, Shrimps, Krebse, Muscheln) unter aquaponischen
Bedingungen geplant und eingerichtet.
In der Polykulturkabine 1_01 wurde teilweise das Material der Aquaponikanlagen aus
der Satower Straße 48 weiterverwendet. Die beiden Fischtanks der alten Anlagen
wurden in Kabine 1_01 in Reihe geschaltet und können mit unterschiedlichen
Fischarten (C. gariepinus, O. niloticus, alternativ C. carpio) besetzt werden (Personal
4/10). Es wurde ein autarker Aquaponikkreislauf aufgebaut, wobei die
Hydroponikeinheit als Schwimmkultur (floating raft aquaponics, RAFT) installiert
wurde. Die Entwürfe und Koordination der technischen Umsetzung erfolgte in 2014
durch den Lehrstuhl Aquakultur (Palm & Knaus). In den RAFT-Rinnen können
zusätzlich aquatische Organismen direkt unter den schwimmenden Pflanzen
gehalten werden. Durch die Verwendung der alten Materialien und einer
vergleichbaren Größe der Hydroponikeinheit mit dem bereits vorhandenen System in
der Satower Straße lassen sich Vergleiche im Fisch- und Pflanzenwachstum zur
„Monokultur“ vorheriger Versuche ziehen (Abb. 4).
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Abb. 4: Innenausstattung der Polykulturkabine 1_01 mit 9 „floating RAFT“ Rinnen,
zwei Fischtanks, einem Sedimenter und einem Moving Bed Biofilter.
In der Polykulturkabine 1_02 soll das Pflanzenwachstum mehrerer Fischarten (z.B.
C. gariepinus & C. carpio oder C. gariepinus & O. niloticus) in Kombination
(Polykultur) und im Vergleich zur „Basislinie“ von O. niloticus mit denselben
Pflanzenarten verglichen werden (B. Baßmann, Personal 10/4). Hierfür wurden 3
Aquaponiksysteme installiert, die getrennt oder zusammengeschaltet betrieben
werden können (Triplikate). Die Fischhaltung besteht aus handelsüblichen Aquarien
(Abb. 5), die Hydroponikeinheit aus einem RAFT-System mit der Pflanzenkultivierung
auf Flößen. Die Anlage wurde für Versuche zum Thema Animal Welfare
(Fischwohlbefinden) geplant und errichtet.
Abb. 5: Innenausstattung der Polykulturkabine 1_02 mit „floating RAFT“ Rinnen und
Aquarien.
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Dipl. agr. Ing. Ulrich Knaus (Personal 4/10) Im Bearbeitungszeitraum 2014-2015 wurden die Untersuchungen zur Aquaponik im
alten Gewächshaus mit Verwendung zweier identischer Aquaponiksysteme
abgeschlossen. Die Ergebnisse dieser Arbeiten wurden bzw. werden im Anschluss
international publiziert:
1. Palm, H. W., Seidemann, R., Wehofsky, S., & Knaus, U. (2014a). Significant
factors affecting the economic sustainability of closed aquaponic systems.
Part I: system design, chemo-physical parameters and general aspects.
AACL Bioflux, 7(1), 20-32.
2. Palm, H. W., Bissa, K., & Knaus, U. (2014b). Significant factors affecting the
economic sustainability of closed aquaponic systems. Part II: Fish and
plant growth. AACL Bioflux, 7(3), 162-175.
3. Palm H. W., Nievel M. & Knaus U. (2015). Significant factors affecting the
economic sustainability of closed aquaponic systems. Part III: plant units.
AACL Bioflux 8(1):89-106.
In Vorbereitung sind drei weitere Publikationen zum System-Design und den Effekten
der Fischbiologie auf das Pflanzenwachstum in Aquaponiksystemen.
Knaus, U. & Palm, H. W. (eingeschickt) Effects of fish biology on ebb and flood
aquaponical cultured herbs under suboptimal conditions.
Knaus, U. & Palm, H. W. (in Vorbereitung) Effects of the fish biology on aquaponical
cultured vegetables under optimal conditions.
Knaus, U. & Palm, H. W. (in Vorbereitung) Effects of fish biology on ebb and flood
aquaponical cultured herbs under optimal conditions.
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Im Jahr 2014 wurden in insgesamt drei Experimenten (Publikationen eingeschickt
und in Vorbereitung, Knaus & Palm) Vergleichsarbeiten zu der ersten
Experimentalanlage (Palm et al. 2014a, b, 2015) in der Satower Straße mit einem
modifizierten Anlagendesign durchgeführt. Zum einen wurde der Biofilter (60 l
Biocarrier) in jeder Anlage entfernt und eine weitere Pflanzenkiste dem System
hinzugefügt (n=5, +20 %). Weiterhin wurde der vorher zentrale Nährstoffeinfluss am
Pflanzenkistenanfang geändert in ein überirdisch hängendes, dezentrales
Bewässerungssystem (Doppel-T-Schema, „overhead irrigation“).
Im Winter 2013/2014 wurde das Wachstum von Basilikum (Ocimum basilicum),
Petersilie (Petroselinum crispum) und Majoran (Origanum majorana) in Kombination
mit dem Nilbuntbarsch (Oreochromis niloticus) und dem Afrikanischen Raubwels
(Clarias gariepinus) unter suboptimalen Bedingungen (Winter) bei kontinuierlich
steigendem Fischfuttermittelinput untersucht. Generell zeigte sich aufgrund einer
reduzierten Wassertemperatur und winterlichen Lichtverhältnissen ein nur moderates
Wachstum der Kräuter (Abb. 6), wobei das Wachstum der Fischarten nach genetisch
fixiertem Wachstumspotential erfolgte.
Abb. 6: Aquaponik System der University Rostock in der Satower Straße 48 , A:
Kräuter im Kiessubstratsystem mit PVC Test-tubes und dem Auslauf als
Glockensiphon, B: Doppell -´T´ hängendes Bewässerungssystem, C: Kräuter
von Kreislauf I Box III, D: Kräuter von Kreislauf II Box I nach 70 Tagen (aus
Knaus & Palm, eingeschickt).
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Abb. 7: Wachstum von O. niloticus (Aquaponik System I) und C. gariepinus
(Aquaponik System II) über 70 Tage (aus Knaus & Palm, eingeschickt).
Der Afrikanische Raubwels (C. gariepinus) zeigte gegenüber dem Niltilapia (O.
niloticus) ein besseres Wachstum (Abb. 7). Zusätzlich zu den Fisch-Pflanze
Wachstumsparametern wurden die physikalischen Wasserparameter täglich und die
chemischen Wasserparameter 2 x wöchentlich aufgenommen. Wie bereits in Palm et
al. (2014a) beschrieben, konnte eine dreiteilige Sauerstoff-Phasen-Entwicklung als
Indikator für die Systemstabilität der Aquaponiksysteme beobachtet werden, jedoch
unter einer etwa 2-fach reduzierten Experimentaldauer mit 70 Tagen (Abb. 8). Die
Phaseneinteilung beruhte dabei auf Beobachtungen des Verlaufes sich jeweils
ändernder O2-Werte („upper peak“). Hierdurch konnte der maximale tägliche
Futterload (gilt als wichtigster Faktor bei Aquaponiksystemen) für die beiden
Aquaponiksysteme bestimmt werden, der bei 150 g Tag-1 liegt und zwischen Phase II
und III identifiziert wurde. Die statistische Analyse der physikalischen
Wasserparameter zeigte weiterhin technisch komplett identische Verhältnisse der
beiden Aquaponiksysteme, erkennbar durch nichtsignifikante physikalische
Parameter in Phase I und II (Tabelle 1).
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Abb. 8: Verlauf des Sauerstoffgehaltes [mg l-1] in Abhängigkeit zum kontinuierlich
steigenden Futtermittelinput [g] pro Tag (70-450 g) unterteilt in 3
verschiedene Phasen (I: steigender O2-Gehalt, II: stagnierender O2-Gehalt
und III: fallender O2-Gehalt) der Sauerstoffentwicklung (aus Knaus & Palm,
eingeschickt).
Alle Wasserparameter waren in Phase I und II nichtsignifikant (Abb. 8, Tabelle 1),
zeigten jedoch im Sauerstoffgehalt und der Sauerstoffsättigung signifikante
Differenzen in Phase III. Die Ursachen liegen bei der Verwendung unterschiedlicher
Fischarten. Während O. niloticus auch mit geringen Sauerstoffverhältnissen
auskommt, erhöht C. gariepinus als obligater Luftatmer indirekt den O2-Gehalt im
System (hier Aquaponiksystem II, gestrichelte Linie Abb. 8). Der Anteil des
Sauerstoffs, den die Afrikanischen Welse über das Luftatmen nicht verbrauchen, wird
im System belassen und entwickelte sich ab einer bestimmten Fischgröße im
Vergleich zum Aquaponiksystem mit O. niloticus ab Phase III signifikant (erhöhter O2-
Wert). Dieser Anteil des nichtverbrauchten Sauerstoffs kann bei Verwendung von
afrikanischen Raubwelsen (C. gariepinus) in der Fischhaltung oder in der
aquaponischen Produktion eingespart werden. Da Sauerstoff einer der teuersten
fixen Faktoren bei der Fischhaltung ist, hat dieses Ergebnis nachhaltige Relevanz
hinsichtlich der Betriebswirtschaftlichkeit von Aquaponiksystemen.
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Tab. 1: Physikalische Parameter als Vergleich zwischen beiden identisch erbauten
Aquaponiksystemen in den Phasen I, II und III mit nur signifikanten
Differenzen (p<0,05) im Sauerstoffgehalt („dissloved oxygen) und der
Sauerstoffsättigung („oxygen saturation“) in Phase III bei C. gariepinus (fett
markiert, aus Knaus & Palm, eingeschickt).
Parameters
O. niloticus
(Kreislauf I)
C. gariepinus
(Kreislauf II)
Phase I (Tag 0 until 8)
Sauerstoff (mg l-1) 7.72a±0.34 7.92a±0.28
Sauerstoff Sättigung (%) 91.54a±1.89 93.27a±0.99
Temperatur (°C) 23.73a±0.91 23.41a±0.89
pH 8.19a±0.08 8.23a±0.05
Leitfähigkeit (µs cm-1) 898.44a±19.58 891.89a±18.21
Redoxpotential (mv) 241.23a±10.11 241.09a±10.80
Phase II (Tag 9 until 18)
Sauerstoff (mg l-1) 8.06a±0.19 8.11a±0.22
Sauerstoff Sättigung (%) 92.85a±1.48 92.52a±2.29
Temperatur (°C) 22.58a±1.33 22.10a±1.37
pH 8.15a±0.10 8.10a±0.12
Leitfähigkeit (µs cm-1) 869.08a±126.48 863.75a±124.22
Redoxpotential (mv) 205.39a±16.71 207.91a±15.94
Phase III (Tag 19 until 70)
Sauerstoff (mg l-1) 6.59a±0.73 7.24b±0.55
Sauerstoff Sättigung (%) 77.20a±7.49 84.51b±5.14
Temperatur (°C) 23.12a±1.33 22.82a±1.28
pH 7.51a±0.35 7.63a±0.28
Leitfähigkeit (µs cm-1) 885.51a±112.03 864.60a±114.87
Redoxpotential (mv) 204.72a±25.76 204.59a±23.60
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Eine weitere Veränderung ergab sich durch die Entfernung des Biofilters (Rieselfilter,
gefüllt mit 60 l Biocarrier-Substrat) im Vergleich zu den Ergebnissen des vorherigen
Aquaponikanlagenaufbaues. Die Reduzierung von Substratvolumen für die
Nitrifikation (Nitrosomonas spec, Nitrobacter spec.) von Ammonium (als
Stoffwechselendprodukt der Fische) zu Nitrat führte zu einer Verminderung des
maximalen Futterloads um 25 % (= 50 g pro Tag an Futter) im Vergleich zum
vorherigen Aquaponiksystemaufbau. Dies entspricht einer Reduzierung der
maximalen täglichen Futtervergabe von 200 g (wie festgestellt in Palm et al., 2014a)
auf 150 g im vorliegenden Experiment. Schlussfolgernd kann davon ausgegangen
werden, dass die Aquaponiksysteme sensibel auf Veränderungen der Futtergabe
reagieren, mit entsprechenden Konsequenzen auf unterschiedliche physikalische
und chemische Wasserparameter, die gleichfalls Grundlage für ein gutes
Pflanzenwachstum sind.
Im Allgemeinen wurde hinsichtlich des Pflanzenwachstums ein signifikant besserer
Ertrag von Basilikum und Petersilie in Kombination mit dem Niltilapia (O. niloticus)
festgestellt. Das Wachstum von Majoran war in beiden Aquaponiksystemen dagegen
sehr schlecht. Majoran (O. majorana) ist nicht für die aquaponische Produktion zu
empfehlen. Die Ursachen liegen offensichtlich bei einer verminderten
Adaptationsfähigkeit von O. majorana an hydroponische, wassergesättigte
Verhältnisse.
Für eine bessere Vergleichbarkeit der Wachstumsraten wurden die
Biomasseentwicklungen der Fisch- und Pflanzenarten als Abweichung vom idealen
Wachstumswert („ideal growth factor“, DFIGF) als „Aquaponic growth factor (AGF)“
dargestellt (Abb. 9). Die zugrunde liegende Berechnung ist der Quotient aus dem
Fischwachstum (oder des Pflanzenwachstums) von Aquaponiksystem 1 (als End-
Biomasse [g]) und der Biomasse des Fischwachstums von Aquaponiksystem 2 =
Faktor I (sowie umgekehrt = Faktor II) sowie der Subtraktion mit 1. Die Differenz zeigt
den AGF, welcher im Falle von O. niloticus (Faktor I) ein schlechteres Wachstum
gegenüber C. gariepinus zeigt, jedoch mit dem Nilbuntbarsch gleichzeitig ein
signifikant verbessertes Wachstum der Kräuter aufweist.
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Abb. 9: „Aquaponic growth factor (AGF)“ als Abweichung vom idealen
Wachstumsfaktor („ideal growth factor, DFIGF) von O. niloticus (Faktor I)
und C. gariepinus (Faktor II) sowie zwischen Basilikum (basil), Petersilie
(parsley) und Majoran (marjoram) zwischen zwei identischen
Aquaponiksystemen (aus Knaus & Palm, eingeschickt).
Das Wachstum der Fisch- und Pflanzenarten in den vorliegenden
Aquaponiksystemen (Kreislauf I & II) konnte somit als disparat beschrieben werden.
Während der Afrikanische Raubwels (C. gariepinus) ein besseres Fischwachstum
aufwies, war der Pflanzenertrag reduziert (Kreislauf II) im Vergleich zum Niltilapia (O.
niloticus) mit einem besseren Wachstum der Kräuter und vermindertem
Fischwachstum (Kreislauf II). Die Ursachen liegen offensichtlich in einer
divergierenden Fisch-Verdauungsphysiologie bei Verwendung unterschiedlicher
Fischarten (als einziger variierender Faktor, ceteris paribus Prinzip) im vorliegenden
Experiment mit unterschiedlicher Phylogenie. Der Niltilapia, mit einer starken
Tendenz zur Herbivorie (Pflanzenfresser) ist physiologisch besser adaptiert an
pflanzliche Nahrung mit offensichtlich wachstumsfördernden Stoffwechselend-
produkten für ein verbessertes Pflanzenwachstum. Der Afrikanische Raubwels
hingegen ist als Prädator mehr spezialisiert auf tierische Nahrung mit einer besseren
Nahrungsverwertung und höherem Wachstumspotential. Diese Ergebnisse konnten
durch Analyse des AGF in einem vorherigem Experiment (Palm et al., 2014b)
bestätigt werden (Abb. 10). Auch in dieser Untersuchung zeigte sich ein besseres
18
Fischwachstum bei C. gariepinus in Kombination mit einem reduzierten
Pflanzenwachstum von Salat, Gurke, Tomate und Basilikum. Während das
Fischwachstum von O. niloticus reduziert war, zeigte sich ein verbessertes
Wachstum der kultivierten Pflanzenarten. Dieser synergetische Effekt wurde bisher
noch nicht untersucht und soll Gegenstand zukünftiger Experimente sein.
Abb. 10: „Aquaponic growth factor (AGF)“ als Abweichung vom idealen
Wachstumsfaktor („ideal growth factor, DFIGF) von C. gariepinus (Faktor
I) und O. niloticus (Faktor II) sowie zwischen Salat (lettuce), Gurke
(cucumber), Tomate (tomato) und Basilikum (basil) zwischen zwei
identischen Aquaponiksystemen (aus Palm et al., 2014b).
Ein weiteres Experiment wurde im Frühjahr 2014 (unter optimalen Bedingungen) mit
dem Gemeinen Karpfen (Cyprinus carpio) in Kreislauf I und dem Niltilapia
(Oreochromis niloticus) in Kreislauf II in Kombination mit Gurke (Cucumis sativus),
Tomate (Lycopersicon lycopersicum) und Salat (Lactuca sativa) durchgeführt (Abb.
11, Knaus, U. & Palm, H. W. in Vorbereitung: Effects of the fish biology on
aquaponical cultured vegetables under optimal conditions). Die tägliche Futtermenge
wurde mit 200 g d-1 konstant gehalten, wie beschrieben in Palm et. al (2014a). Für
diesen Versuch wurden über jede Pflanzenkiste künstliche Lichtquellen angebracht
(Gro-Lux 129 58 W/T8, wavelength 350-700 nm, Osram Sylvania, USA), die für das
19
Pflanzenwachstum ein günstiges Spektrum aufwiesen und in der Nacht eingeschaltet
waren. Das Fischwachstum des Niltilapia war signifikant besser als beim Karpfen.
Die Karpfen stammten aus einer biologischen Teichhaltung mit Naturnahrung und
hatten bei Experimentbeginn Probleme mit der Adaptation an das künstliche
Futtermittel, welches speziell für Tilapia entwickelt wurde (Schwimmfutter, Aller Aqua
Float 37/10). Im Verlauf des Experimentes glichen sich jedoch die Wachstumsraten
der Karpfen den Tilapien an (Abb. 12). Das Pflanzenwachstum zeigte im Vergleich
bei der Gurke keinen signifikanten Unterschied bei allen
Pflanzenwachstumsparametern (Tabelle 2) zwischen den Fischarten. Allgemein war
das Wachstum der Gurken in beiden Aquaponikkreisläufen über den Erwartungen
mit Pflanzenwuchshöhen bis zum Gewächshausdach (Abb. 11 A, D). Dagegen
konnte bei der Frischbiomasse der Tomaten ein signifikant besseres Wachstum
(etwa 2-fach höher, p<0,05) in Kombination mit dem Niltilapia festgestellt werden.
Abb. 11: Aquaponik Systeme der Universität Rostock (AUF) mit A: Gurkenwachstum
in Kreislauf II, B: Pflanzenkisten von Kreislauf I mit dem obenliegendem
Bewässerungssystem in der Nacht, C: Wurzelentwicklung von Gurken und
Tomaten und D: dem Pflanzenwachstum von Kreislauf I und II während der
Nacht (aus Knaus & Palm, in Vorbereitung).
20
Abb. 12: Wachstum von O. niloticus und C. carpio über eine Dauer von 70 Tagen
(aus Knaus & Palm, in Vorbereitung).
Tabelle 2: Pflanzenwachstumsparameter von Gurke und Tomate in Kombination mit
O. niloticus (Kreislauf I) und C. carpio, p<0,05 (Kreislauf II, aus Knaus &
Palm, in Vorbereitung).
Kreislauf I Kreislauf II
Parameter O. niloticus C. carpio
Mittelwert ± SD N Mittelwert ± SD N
Gurke Frischbiomasse [kg] 11.27a±2.84 5 12.81a±1.46 5
Gurke Fruchtmasse [kg] 1.06a±1.08 5 0.64a±0.32 5
Gurke Blattlänge [cm] 21.79a±2.40 35 21.49a±1.98 35
Gurke Blattbreite [cm] 24.46a±2.34 35 24.79a±2.18 35
Tomate Frischbiomasse [kg] 6.60a±2.54
5 3.12b±0.89
5
Tomate Fruchtmasse [kg] 0.14a±0.08 5 0.11a±0.06 5
Tomate Blattlänge [cm] 42.50a±6.08 35 41.04a±6.62 35
Tomate Blattbreite [cm] 37.96a±8.02 35 35.07a±8.20 35
Die Ergebnisse des vorherigen Experimentes hinsichtlich des AGF‘s („Aquaponic
growth factor“) mit einem besseren Pflanzenwachstum kombiniert mit dem Niltilapia,
konnten bestätigt werden. Zudem war das Gurkenwachstum im Karpfen-Kreislauf
leicht erhöht, jedoch nicht signifikant. Dieses Ergebnis ist ein Indiz für
pflanzenartspezifische Synergien hinsichtlich der Verdauungsphysiologie der
21
verwendeten Fischarten im geschlossenen Aquaponiksystem. Der Niltilapia (O.
niloticus) scheint einen positiven Einfluss auf das Pflanzenwachstum ausüben zu
können („Booster-Effekt“), ausgehend von der spezifischen Verdauungsphysiologie
für herbivore Fischarten. Der Karpfen scheint als Zooplankton, Benthos und
Pflanzenfresser ähnliche Tendenzen aufzuweisen.
Das Wachstum von Salat war in beiden Kreisläufen stark unter den Erwartungen. Die
Mortalität war sehr hoch, so dass es kaum zu einer Pflanzenentwicklung kam. Die
Ursache der sehr schlechten Entwicklung ist in der Abschattung durch die anderen
Pflanzen (Gurke & Tomate) zu finden.
Ein drittes Experiment wurde im Sommer 2014 (unter optimalen Bedingungen) als
Vergleichsuntersuchung zum Winterexperiment mit unterschiedlichen Kräutern
(Basilikum [Ocimum basilicum], Petersilie [Petroselinum crispum], Pfefferminze
[Mentha × piperita]) in Kombination mit dem Karpfen (Kreislauf I) und dem Niltilapia
(Kreislauf II) durchgeführt (Knaus, U. & Palm, H. W., in Vorbereitung: Effects of fish
biology on ebb and flood aquaponical cultured herbs under optimal conditions). Wie
im vorherigen Experiment (und im Unterschied zum Winter-Experiment) war der
tägliche Futtermittelinput stabil mit 200 g d-1. Durch die sommerlichen Verhältnisse
waren die physikalischen Parameter wie Lichtstärke und Wassertemperatur im
Vergleich zum Winter stark erhöht und führten zu einem allgemein besseren
Pflanzenwachstum. Das Wachstum von C. carpio war im Vergleich zu O. niloticus
erhöht (Abb. 13).
Abb. 13: Wachstum von C. carpio und O. niloticus über 70 Tage (aus Knaus & Palm,
in Vorbereitung).
22
Die Karpfen hatten sich offensichtlich im Laufe des vorherigen Experimentes an das
Schwimmfuttermittel (Aller Aqua, 37/10 Float) gewöhnt und zeigten in der
vorliegenden Untersuchung eine Kompensation des Wachstums. Dieser Effekt ist
aus der Literatur bekannt (z.B. Qian et al., 2000, Ali et al., 2003) und zeigt bei
Fischen, die eine Zeit lang nicht optimal gefüttert wurden, bei wiederkehrendem
gutem Futterangebot eine vergleichsweise schnellere Erholung der Fischmasse,
welche zum Teil auch über der „normalen“ Wachstumskurve liegen kann.
In diesem Experiment war die Varianz der Pflanzenbiomasse der Kräuter bei
Versuchsende sehr hoch, zeigte aber einen signifikanten Unterschied (p<0,05) bei
der Minze mit einem etwa doppelt so hohem Ertrag in Kombination mit dem Niltilapia
(O. niloticus), während das Wachstum von Basilikum zwischen beiden Fischarten
nicht signifikant war (Abb. 14, Tabelle: 3). Dieses Ergebnis bestätigt wiederum den
positiven Einfluss der Haltung des Niltilapia auf das Pflanzenwachstum (mit
gleichzeitig reduziertem Fischwachstum), wie bereits beobachtet in den
vorhergehenden Experimenten und ausgedrückt als AGF („Aquaponic growth
factor“). Das Wachstum von Petersilie war dagegen stark reduziert und ist, obwohl
signifikante Unterschiede zwischen den Kreisläufen bestehen (besseres Wachstum
bei C. carpio), vernachlässigbar. Petersilie zeigte Nährstoffmangelerscheinungen in
Form von Chlorose und Nekrose und ist nicht für die aquaponische Produktion zu
empfehlen.
Abb. 14: Biomasse von Basilikum, Minze und Petersilie im Vergleich der beiden
Aquaponiksysteme besetzt mit C. carpio (Kreislauf I) und O. niloticus
(Kreislauf II, aus Knaus & Palm, in Vorbereitung).
23
Tabelle 3: Pflanzen-Wachstumsparameter von Basilikum, Minze und Petersilie in
Kombination mit dem Karpfen (C. carpio, Kreislauf I) und dem Niltilapia
(O. niloticus, Kreislauf II, p<0.05, aus Knaus & Palm, in Vorbereitung).
Kreislauf I Kreislauf II
Parameter C. carpio O. niloticus
Mittelwert ± SD Mittelwert ± SD
Basilikum Frischbiomasse [g] 22.11a±17.49 16.13a±13.76
Basilikum Länge [cm] 30.72a±17.15 22.89a±13.39
Minze Frischbiomasse [g] 11.27a±8.30 20.76b±17.98
Minze Länge [cm] 59.21a±15.11 63.22a±13.94
Petersilie Frischbiomasse [g] 1.22a±1.14 0.50b±0.53
Petersilie Länge [cm] 11.42a±4.14 7.64b±3.51
Experimente im „FischGlasHaus“ (Palm, Strauch, Knaus, in Vorbereitung)
Nach Fertigstellung des FischGlasHauses im Sommer 2015 wurde ein Experiment
mit der Marokanischen Minze und der extensiven sowie intensiven Aquakultureinheit
durchgeführt: „Einfluss von Fischprozesswässern (extensiv, intensiv) des
Afrikanischen Raubwelses (Clarias gariepinus) auf das Wachstum der
Marokkanischen Minze (Mentha spicata var. Crispa)‟ ohne Flüssigdüngung im
geschlossenen Kreislauf“.
Das Experimentaldesign bestand aus einer Kontrollgruppe mit Basisdüngung,
Fischprozessabwasser aus der extensiven Haltung (35 Fische pro Becken) sowie der
intensiven Haltung mit (140 Fische pro Becken) des Afrikanischen Raubwelses C.
gariepinus in Triplikaten (Abb. 15). Die Nährstoffkonzentration von Stickstoff (N) und
Phosphat (P) war in den Experimentalgruppen signifikant unterschiedlich mit einem
höheren Anteil in der Gruppe mit dem intensiven Wasser des Afrikanischen
Raubwelses (Abb. 15). Es ergab sich ein 1,5 mal höherer Gehalt an N sowie ein 2,4
mal höherer Gehalt an P gegenüber der Gruppe mit dem extensiven Fischwasser.
24
Abb. 15: Experimentaldesign der Überprüfung von Wachstumsparametern der
Marokkanischen Minze (Mentha spicata var. Crispa) in aquaponischer
Produktion unter extensiven und intensiven Fischprozessabwasser von
C. gariepinus (Kontrolle Basisdüngung) im FischGlasHaus (2015). Die Pflanzen wurden während des Versuches einmal gestutzt, jedoch wurde jeweils
ein Anteil von 11 Pflanzen pro Tisch (n=33 pro Gruppe) nicht geschnitten. Abbildung
36 zeigt die Marokkanische Minze während des Versuches in Kabine 1_04 des
Fischglashauses.
Abb. 16: Marokkanischen Minze (Mentha spicata var. Crispa) in Kabine 1_04 auf
Ebbe-und-Flut Tischen unter aquaponischer Produktion im FischGlasHaus
(2015).
25
Während die initialen Pflanzenwachstumsparameter keinen signifikanten Unterschied
aufwiesen, konnten bei Versuchsende signifikant höhere Wachstumsergebnisse bei
der Gruppe mit intensiver Haltung von C. gariepinus nachgewiesen werden (Tabelle
4). Insbesondere zeigte sich ein etwa 2-mal höherer Anteil an geschnittener
Frischmasse [g] der Minze bei Verwendung des Wassers aus intensiver Haltung von
C. gariepinus gegenüber der extensiven Haltung (Abb. 17).
Tab. 4: Initial und finale Wachstumsparameter der Marokkanischen Minze (Mentha
spicata var. Crispa) kultiviert unter aquaponischen Bedingungen als
Vergleich der Kontrollgruppe (Basisdüngung) sowie extensivem und
intensivem Fischprozessabwasser bei der Haltung des Afrikanischen
Raubwelses C. gariepinus. Unterschiedliche Buchstaben zeigen signifikant
unterschiedliche Versuchsgruppen mit p<0,05 (ANOVA, post hoc Tukey-
HSD, Dunnett-T3).
Parameter
Kontrolle
(Dünger)
extensiv
intensiv
Initiale Frischbiomasse [g Pflanze-1] 2,67a±1,02 2,29a±0,57 2,80a±0,77
Initiale Pflanzenhöhe [cm] 8,50a±1,73 9,67a±1,97 11,23a±2,42
Initiale Blatt-Länge [cm] 3,43a±0,64 4,00a±0,46 3,67a±1,53
Initiale Blatt-Breite [cm] 2,17a±0,31 2,27a±0,32 2,40a±0,66
Sprossanzahl [Stk.] 1,61a±0,66 1,56a±0,62 2,25b±1,16
Blatt-Fläche [cm²] 5,74a±2,20 5,63a±2,14 10,91b±2,46
Blatt-Länge [mm] 5,45a±1,42 5,42a±1,39 8,61b±1,64
Fischmasse ungeschnitten [g] 120,56a±51,77 165,46b±71,67 190,66b±105,57
Frischmasse geschnitten [g] 11,16a±5,26 17,38b±4,66 31,83c±13,83
Somit ist nachgewiesen, dass ohne Flüssigdüngung eine kommerzielle
aquaponische Produktion der Marokkanischen Minze (Mentha spicata var. Crispa) in
Kombination mit der Intensivhaltung von C. gariepinus möglich ist. Zukünftige
Untersuchungen sollten die Verwendung weitere Pflanzenarten hinsichtlich der
Effektivität unter aquaponischen Produktionsverhältnissen testen.
26
Abb. 17: Anteil der geschnittenen Frischmasse [g] bei der Marokkanischen Minze
(Mentha spicata var. Crispa) als Vergleich der drei Nährstoffgruppen
Dünger (Kontrolle), extensiv und intensiv. FischGlasHaus (2015).
Zusammenfassung:
Die Experimentalanlage „Fischglashaus“ wurde im Sommer 2015 fertiggestellt.
Vorher durchgeführte Experimente wurden international publiziert (siehe Anhang I,
Zwischenberichte). Alle drei Untersuchungen zur Aquaponik, die an den modifizierten
Anlagen (Entfernung Biofilter, Erweiterung auf 5 Pflanzenkisten, Installation eines
dezentralen Bewässerungssystems) in der Satower Straße (Versuchsstation
Phytomedizin) im Jahr 2014 durchgeführt wurden, konnten experimentell
abgeschlossen werden. Drei weitere Publikationen sind zu Zeit in Bearbeitung. Alle
Experimente zur Haltung des Niltilapia (O. niloticus), Afrikanischen Raubwelses (C.
gariepinus) und des Karpfens (C. carpio) zeigten ein signifikant besseres
Pflanzenwachstum in Kombination mit O. niloticus. Das beste Fischwachstum wurde
bei dem Afrikanischen Raubwels (C. gariepinus) beobachtet, während das
Pflanzenwachstum in Kombination mit dieser Fischart signifikant reduziert war. Für
die aquaponische, wirtschaftliche Produktion unter Praxisbedingungen ist die
kombinierte Haltung der Fischarten von besonderem Interesse (Polykultur), da der
Afrikanische Raubwels in höheren Maßen für das Fischwachstum eingesetzt werden
kann und der Karpfen als auch der Niltilapia als „Booster“ für ein besseres
Pflanzenwachstum verwendet werden können. Dem Produzenten stehen somit
insgesamt drei Fischarten für die Vermarktung zur Verfügung (Risikostreuung), wobei
das Pflanzenwachstum von der spezifischen Verdauungsphysiologie der Fischarten
27
profitieren kann („win-win-Situation“). Diese These gilt es für zukünftige
Untersuchungen zur Polykultur wissenschaftlich zu hinterlegen. Weiterhin zeigte ein
Wachstumsexperiment mit der Marokkanischen Minze (Mentha spicata var. Crispa)
im FischGlasHaus die Möglichkeit einer kommerziellen Produktion bei Verwendung
von Fischprozessabwasser aus der Intensivhaltung des Afrikanischen Raubwelses
(C. gariepinus) ohne Zudüngung. Zukünftige Untersuchungen sollten die
kommerzielle Produktion weiterer Pflanzenarten in Kombination mit C. gariepinus
verifizieren.
Literatur:
Ali, M., Nicieza, A., & Wootton, R. J. (2003). Compensatory growth in fishes: a
response to growth depression. Fish and fisheries, 4(2), 147-190.
Knaus, U. & H.W. Palm (eingeschickt). Effects of fish biology on ebb and flow
aquaponical cultured herbs under suboptimal conditions. in Vorbereitung.
Knaus, U. & Palm, H. W. (in Vorbereitung): Effects of the fish biology on aquaponical
cultured vegetables under optimal conditions. in Vorbereitung.
Knaus, U. & Palm, H. W. (in Vorbereitung): Effects of fish biology on ebb and flood
aquaponical cultured herbs under optimal conditions. in Vorbereitung.
Palm, H. W., Seidemann, R., Wehofsky, S., & Knaus, U. (2014a). Significant factors
affecting the economic sustainability of closed aquaponic systems. Part I:
system design, chemo-physical parameters and general aspects. AACL
Bioflux, 7(1), 20-32.
Palm, H. W., Bissa, K., & Knaus, U. (2014b). Significant factors affecting the
economic sustainability of closed aquaponic systems. Part II: Fish and plant
growth. AACL Bioflux, 7(3), 162-175.
Palm H. W., Nievel M. & Knaus U. (2015). Significant factors affecting the economic
sustainability of closed aquaponic systems. Part III: plant units. AACL Bioflux
8(1):89-106.
Qian, X., Cui, Y., Xiong, B., & Yang, Y. (2000). Compensatory growth, feed utilization
and activity in gibel carp, following feed deprivation. Journal of Fish Biology,
56(1), 228-232.
28
Dipl. Biol. Björn Baßmann (Personal 10/4) Die Fisch-Welfare-Debatte startete bereits 1979 mit dem sog. „Farm Animal Welfare
Council“ und den damals beschriebenen Grundlagen für eine tiergerechte
Haltungsform. Doch nach zahlreichen Lebensmittelskandalen und Problemen in der
(Massen-)Tierhaltung wird in den letzten Jahren - auch in der Forschung - wieder
verstärkt Wert auf das Wohlergehen (engl.: welfare) von Nutztieren in der
Lebensmittelproduktion gelegt. Dies betrifft neben populären Nutztieren wie
Schweinen, Rindern oder Geflügel auch Fische in der Aquakultur. Darüber ist leider
noch recht wenig bekannt (Braithwaite & Boulcott, 2008; Chandroo et al., 2004).
Bewiesen ist heute, entgegen einer noch weit verbreiteten Meinung, dass Fische
empfindungsfähige Wesen sind (Braithwaite & Huntingford, 2004). Daraus ergibt sich
ein ethischer Blickwinkel, welcher die Relevanz des Themas erheblich erhöht. Zudem
müssen bei Fischen andere Maßstäbe angesetzt werden als bei anderen Nutztieren,
denn Fische leben in völlig anderer Umgebung, einem aquatischen Milieu in einem
dreidimensionalen Raum. Hier spielen Faktoren wie die Wasserbeschaffenheit, also
z.B. die Temperatur, der pH-Wert, der Sauerstoffgehalt oder die Wasserhärte eine
Rolle (abiotische Faktoren), jedoch auch z.B. die Besatzdichte oder die Verteilung
und Art des Futters (biotische Faktoren) oder auch anthropogene Einflüsse, wie das
Sortieren und der Umgang mit Fischen (engl.: sorting & handling). Diese und viele
andere Faktoren wirken sich auf das Wohlbefinden von Fischen aus (Ashley, 2007;
Barber, 2007; van de Nieuwegiessen et al., 2008, 2009).
Um das Wohlergehen von Fischen adäquat einschätzen und bewerten zu können,
wurden entsprechende Experimente entworfen und in speziell dafür gebauten
Versuchsanlagen durchgeführt. Im Rahmen des Projektes wurden zwei Anlagen für
Welfare-Untersuchungen konzipiert und gebaut - angefangen mit einer Anlage in der
Versuchsstation der Phytomedizin, Satower Str. 48 (Zeitraum: 2013 – 2014), in der
Vorversuche stattfanden, sowie einer komplexeren Anlage im Fischglashaus, Justus-
von-Liebig-Weg (ab 2015), in der auch anschließend die Welfare-Forschung
fortgesetzt werden soll (Kammer 1_02).
Die erste Anlage in der Satower Str. (Abb. 18 - 21) bestand aus zwei voneinander
unabhängigen Kreislaufsystemen, jeweils bestehend aus drei Haltungsaquarien
(100x50x50cm), einem Sedimenter, einem Moving-Bed-Filter und einem
29
Pumpensumpf. Die Aquarien wurden größtenteils mit Styroporplatten verkleidet, um
den Einfluss von Geräuschen und Vibrationen auf die Versuchsfische zu minimieren,
da dies zu Veränderungen in den Ergebnissen führen kann. Einer dieser Kreisläufe
wurde an eine hydroponische Einheit gekoppelt, in welcher eine sog. „Raft“-Kultur mit
Gurkenpflanzen betrieben wurde. Nach diesem Konzept sollten
Stoffwechselprodukte der Fische, die sich in höheren Konzentrationen negativ auf
Fische auswirken können, herausgefiltert und gleichzeitig, wie in aquaponischen
Systemen üblich, den Pflanzen als Nährstoffe zur Verfügung gestellt werden (Endut
et al., 2011; Graber & Junge, 2009; Rakocy et al., 2006). Der zweite Kreislauf
fungierte als Kontrollsystem und war nicht mit einer solchen Hydroponik-Einheit
ausgestattet. Beide Kreislaufsysteme wurden mit Afrikanischen Raubwelsen besetzt
(Abb. 18).
Die zweite Anlage (Abb. 22 - 24) wurde in Kabine 1.02 des Fischglashauses
aufgebaut. Ähnlich wie zuvor wurden die Aquarien (100x50x50cm) in Triplikaten
gruppiert, dieses Mal jedoch in drei separaten Kreislaufsystemen, nicht wie zuvor in
lediglich zwei. Weiterhin wurden auch die Hydroponik-Einheiten in Triplikaten
aufgebaut - beides wesentliche Verbesserungen im Vergleich zu der vorläufigen
Anlage, denn Triplikate gelten in der Aquakulturforschung als ein weitverbreiteter
Standard. Hier wurde pro Kreislauf ein sog. Vortex-Reihenfilter mit drei
Filterkammern direkt vor den hydroponischen Einheiten eingebaut. Dies ermöglicht
eine effektive Sedimentation von Schwebstoffen durch den sog. Vortex-Effekt,
anschließend wird das Prozesswasser durch die drei Filterkammern geleitet, wo es
über verschiedene Filtermedien fließt und die Nährstofffracht mit Hilfe spezifischer
Bakterienkulturen, die darauf siedeln, entsprechend aufbereitet wird (Abb. 24).
30
Abb. 18 - 21: oben links: Afrikanische Raubwelse (Clarias gariepinus) in der Anlage
Satower Str. (oben rechts) mit aquaponischem Kreislauf und
Kontrollgruppe; unten links: Gurken während des Versuchs; unten
rechts: Wurzelstöcke im Prozesswasser der Hydroponik-Einheit.
Abb. 22: Aquarien-Anlage im Fischglashaus, Kabine 1.02, geeignet für Welfare-
Untersuchungen von Fischen im Rahmen von Polykultur-
Versuchsvorhaben, wie z.B. der Aquaponik.
31
Abb. 23: Langstrombecken in triplikaten Gruppen für die hydroponische Kultur von Pflanzen (oft auch als „Raft“-Kultur oder „Deep Water Hydroponics“ bezeichnet) im Fischglashaus, Justus-von-Liebig-Weg.
Abb. 24: Vortex-Reihenfilter mit drei Filterkammern.
In den Experimenten war die Gewinnung von Blutproben des Afrikanischen
Raubwelses ein Aufgabenschwerpunkt. Anhand von Blutproben lassen sich
physiologische Stressparameter untersuchen, welche im Rahmen von Welfare-
Untersuchungen relativ weit verbreitet und wissenschaftlich anerkannt sind (Conte,
2004). Physiologische Stressparameter, die hier verwendet wurden, sind das
Stresshormon Cortisol und Blutglukose, die vielfach als metabolischer Indikator für
Stress verwendet wird (Barton & Iwama, 1991). Glukose wird als Reaktion auf eine
stressige Situation verstärkt in den Blutkreislauf eines Organismus abgegeben. So ist
gewährleistet, dass stets genügend Energie für eine Flucht o.ä. verfügbar ist. Ein
erhöhter Cortisolgehalt kann als Beleg für Langzeitstress herangezogen werden. Im
Vergleich dazu wären z.B. Adrenalin oder Noradrenalin Indikatoren für kurzzeitigen
Stress – diese wurden allerdings nicht gemessen. Allein anhand der beiden
Parameter - Cortisol und Blutglukose - lassen sich bereits Aussagen über den
grundsätzlichen Stresszustand eines Fisches treffen. Und genau das war auch Ziel
der Experimente. Es sollte der sogenannte „Basis-Stress“ (engl.: baseline stress)
analysiert werden, denn es war bislang unbekannt, ob sich das Vorhandensein von
32
Pflanzen - im Falle des aquaponischen Systems - positiv auf das Wohlbefinden von
Fischen auswirkt oder ob dies keinen Effekt hat. Dies wurde konkret am Beispiel des
Afrikanischen Raubwelses untersucht. Man setzt dabei voraus, dass Stress das
Wohlbefinden eines Tieres negativ beeinflusst (Conte, 2004). Zusätzlich wurden
auch äußere Verletzungen an den Fischen dokumentiert. Diese kommen bei
schuppenlosen Fischen, wie dem Afrikanischen Raubwels, beispielsweise während
eines Transportes, aber auch aufgrund intraspezifischen Territorialverhaltens der
Tiere untereinander, relativ schnell vor. Dies ist normalerweise kein größeres
Problem, da Fische solche Verletzungen schnell regenerieren können. Äußere
Wunden sind jedoch auch potentielle Eintrittspforten von Krankheitserregern, mit
denen dann das Immunsystem der Fische zurechtkommen muss. Dies kann auch als
eine Form von Stress, nämlich als sog. Immun-Stress, angesehen werden (Bowden,
2008).
Da die Fische in derartigen Experimenten „zu Schaden kommen“ - Blutentnahmen
als auch Narkosen gelten tierschutzrechtlich als Eingriffe in den unversehrten Körper
-, musste eine entsprechende Tierversuchsgenehmigung beim Veterinär- und
Lebensmittelüberwachungsamt MV beantragt werden. Es gelang die
Prüfungskommission von der Wichtigkeit des Experimentes zu überzeugen, so dass
die Versuche wie geplant starten konnten.
Im März 2014 wurden die ersten Afrikanischen Raubwelse von der PAL-Anlagenbau
GmbH bezogen und in die Kreislaufsysteme in der Satower Str. eingesetzt. Zunächst
galt es herauszufinden, welche Besatzdichten die Kreislaufsysteme vertragen
können; oder anders ausgedrückt: es war fraglich, ob die Filterkapazitäten
ausreichen würden, um ein stabiles Klima beibehalten zu können. Die Besatzdichten
sollten jedoch so hoch wie möglich gewählt werden, um die erarbeiteten Daten
später mit Daten aus der kommerziellen Aquakultur, in der gerade im Fall des
Afrikanischen Raubwelses ebenfalls mit hohen Besatzdichten gearbeitet wird,
vergleichen zu können. Nach zwei gescheiterten Versuchen mit zu hohen
Besatzdichten (feststellbar an zu hohen Ammoniumgehalten im Haltungswasser)
gelang es, die Besatzdichte anzupassen. Dies wurde gepaart mit einer Reduzierung
der täglichen Fütterungsmenge. Die Kreisläufe liefen dadurch relativ stabil mit je 54
Fischen und einer Fütterungsmenge von 75 Gramm pro Tag.
33
Bei der Blutprobenentnahme war es wichtig, keinen zusätzlichen Stress zu
induzieren, weil der bereits erwähnte „baseline stress“ gemessen werden sollte. Dies
war allerdings nicht einfach, denn schon der Prozess des Einfangens mittels eines
Keschers bedeutet für einen Fisch Stress, der nach wenigen Minuten zu erhöhten
Cortisolgehalten führt. Erschwerend kam hinzu, dass auch die anderen
Beckeninsassen gescheucht werden bzw. merken, wenn ein anderer Fisch gefangen
wird. Es war aus diesem Grund nur möglich, täglich eine geringe Anzahl Fische pro
Becken einzufangen, möglichst ohne die anderen Beckeninsassen allzu sehr
aufzuschrecken. Direkt nach dem Einfangen sollten sie schnellstmöglich betäubt
werden, um anschließend ca. 1,5 ml Blut zu entnehmen. Anästhesie an sich führt
ebenfalls zu Stress, ist jedoch ein gleichbleibender Faktor bei jedem Fisch. Hier
wurde eine Anästhesie mit Eugenol (60 mg/l) gewählt, einem Phenylpropanoid, das
natürlich in Nelkenöl vorkommt, schnell abbaubar ist und nicht zu längeren
Beeinträchtigungen führt. Der Blutzucker konnte mittels eines üblichen Blutzucker-
Messgerätes direkt vor Ort gemessen werden. Für die Cortisolanalyse wurde das
entnommene Blut mit einem Gerinnungshemmer versetzt, da die Untersuchung
später im Labor stattfinden sollte. Dazu musste zunächst das Blutplasma durch
Zentrifugieren von den Blutzellen befreit werden. Mit dem sogenannten ELISA
(Enzyme Linked Immunosorbent Assay), einem Antikörper-basierten
Nachweisverfahren für Proteine oder Hormone, war es möglich, die jeweilige
Cortisolkonzentration in den Blutproben festzustellen. Die beschriebenen
Vorgehensweisen benötigen insgesamt viel Zeit und Sorgfalt, weil etliche Faktoren
zu verfälschten Daten führen können. Zur Kontrolle wurden am Ende des
Experiments noch einmal alle Fische nacheinander abgefischt, um ihnen
nacheinander Blutproben zu entnehmen. Dieser Prozess führte zu deutlich erhöhten
Cortisolwerten, so dass die anfangs beschriebene Vorgehensweise als richtig
eingestuft werden konnte.
Die ermittelten Werte wurden einerseits mit Literaturdaten verglichen, anderseits
aber auch mit Daten, die wir mit freundlicher Unterstützung unseres
Kooperationspartners PAL-Anlagenbau gewinnen konnten. Dazu wurden ebenfalls
Blutproben von Fischen in der Welszucht Abtshagen entnommen und, wie zuvor
beschrieben, analysiert. Diese Fische hatten ein vergleichbares Alter, eine
34
entsprechende Größe und stammten aus identischer Besatzdichte - Faktoren, die
sich prinzipiell auch auf den Cortisolspiegel auswirken können.
Auch wurden in den Versuchen Daten zu den Gurkenpflanzen erhoben. Dabei wurde
das Spross- und Blattflächenwachstum (mittels einer Formel nach Cho et al., 2007)
bestimmt (Abb. 25 und 26), außerdem das Frischgewicht der produzierten Gurken
dokumentiert, welches insgesamt 22,07 kg betrug.
Abb. 25: Sprossentwicklung der Gurkenpflanzen (C. sativus).
Abb. 26: Blattflächenwachstum der Gurkenpflanzen (C. sativus).
500
450
400
350
300
250
200
150
100
50
0
1 2 3 4 5
Week
6 7 8 9
900
800
700
600
500
400
300
200
100
0
1 2 3 4 5 6 7 8
Week
Cucumber leaf area [cm²]
Cucumber stem length [cm
]
35
Wasserparameter, die über den Untersuchungszeitraum dokumentiert wurden, waren
Sauerstoffkonzentration und -sättigung, pH-Wert, Temperatur, elektrische
Leitfähigkeit, RedOx-Potenzial, Ammonium, Nitrit, Nitrat, Phosphat sowie
Mikronährstoffe wie Natrium, Calcium und Kalium. Phosphat sowie die genannten
Mikronährstoffe wurden dabei von Mitarbeitern des Lehrstuhls für Pflanzenbau,
Professur Uptmoor analysiert und ausgewertet. Exemplarisch wird in Abb. 27
dargestellt, wie unterschiedlich sich Wasserparameter in aquaponischer Haltung im
Vergleich zu der des Kontrollsystems entwickeln können.
Abb. 27: Verlauf des Nitratgehaltes in aquaponischer Haltung im Vergleich zur
Kontrollgruppe.
Es wird der Verlauf der Nitratkonzentration während des gesamten
Untersuchungszeitraums gezeigt. Die Pflanzen im aquaponischen System helfen
dabei, ein gutes Wassermilieu länger beizubehalten, indem sie Abbauprodukte des
Stoffwechsels der Fische aufnehmen.
Die Welfare-Parameter Cortisol und Blutglukose zeigten insgesamt ähnliche Werte
(Abb. 28 und 29) und ließen keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der
Haltungsform erkennen. Selbst suboptimale Wasserparameter gegen Ende des
Versuchs führten nicht zu einer Steigerung der Cortisolwerte. Es ist bekannt, dass
der Afrikanische Raubwels sehr tolerant gegenüber Umwelteinflüssen ist. Dies
konnte hiermit bestätigt werden. Allerdings fiel auf, dass die Fische in aquaponischer
Haltung stets deutlich seltener äußere Verletzungen an Haut und Flossen aufwiesen
als die Fische in der Kontrollhaltung (Abb. 30) - hier wurden signifikante Unterschiede
NO3‐N (nitrate)100
80
60
40
20
0
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Culture Period (week)
Aquaponics Control
NO
3‐N [mg l‐1]
36
festgestellt. Aufgenommen wurden alle tieferen Läsionen der Haut, größere
Beschädigungen der Flossen und Barteln, die sich noch nicht länger im
Regenerationsprozess befanden. Bereits im Heilungsprozess befindliche Wunden -
sichtbar an erneuerten epidermalen Zellschichten über einer Läsion - oder kleinere
„Kratzer“ (epidermale Erosionen) wurden nicht gewertet (Abb. 31).
Ähnliche Beobachtungen wurden auch beim Vergleich von Fischen aus
aquaponischer Haltung und Fischen aus der kommerziellen Aquakultur von PAL-
Anlagenbau gemacht. Das vermehrte Auftreten von Verletzungen kann ebenfalls
nicht mit sich verändernden Wasserparametern während eines bestimmten zeitlichen
Versuchsabschnittes zusammenhängen: Sowohl zu Versuchsbeginn, sprich bei
gleichen Ausgangsbedingungen, als auch mitten im Versuch oder gegen
Versuchsende, wurden identische Beobachtungen gemacht. Dies ist ebenfalls durch
die hohe Toleranz des Afrikanischen Raubwelses gegenüber verschiedenen
Umwelteinflüssen zu erklären. In natürlichen Habitaten sind diese Fische zeitweilig
starken Schwankungen der Wasserqualität unterworfen und sie können selbst unter
den schlechten Bedingungen eines austrocknenden Tümpels in großer Zahl die
Trockenzeit überdauern. Auch konnte kein direkter Zusammenhang zwischen
Verletzungen und Cortisol- bzw. Blutglukosekonzentration nachgewiesen werden.
Weitere Forschungen sind jedoch nötig, um den Einfluss von Verletzungen auf den
Stress beim Afrikanischen Raubwels abschließend zu klären. Die neuen
Erkenntnisse dieser Welfare-Forschung im Rahmen der Aquaponik werden publiziert.
37
Abb. 28: Glukosegehalt der Versuchsgruppen in aquaponischen Haltungssystemen
im Vergleich zur Kontrollgruppe. Man kann erkennen, dass die
verschiedenen Versuchsgruppen ähnliche Blutglukosegehalte aufweisen -
es wurde kein signifikanter Unterschied festgestellt -, was die hohe
Toleranzschwelle des Afrikanischen Raubwelses gegenüber
Umweltbedingungen darstellt. In jeder Versuchsgruppe wurde außerdem
festgestellt, dass jeweils die männlichen Tiere tendenziell etwas höhere
Blutglukosewerte aufwiesen als die weiblichen.
38
Abb. 29: Cortisolgehalt der Versuchsgruppen in aquaponischen Haltungssystemen
im Vergleich zur Kontrollgruppe. Es wurden keine signifikanten
Unterschiede festgestellt. Auch dies ist durch die hohe Toleranzschwelle
des Afrikanischen Raubwelses gegenüber Umweltbedingungen zu
erklären.
Abb. 30: Häufigkeit von äußeren Verletzungen. In aquaponischer Haltung treten
signifikant weniger Verletzungen auf.
39
Abb. 31: Heteromorphe Hautverletzungen des Afrikanischen Raubwelses; A: Offene
Wunde, die bis in tiefere Gewebeschichten reicht, möglicherweise Ursache
von Territorialkämpfen; B: Abschürfung der oberen Hautschichten. Foto
bearbeitet mit Kontrastverstärker (+20 %).
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41
2.2.2 Lehrstuhl für Tierschutz und Tiergesundheit
Prof. Dr. med. vet. habil. Elmar Mohr & Dr. Regina Dibbert (Personal 5) Projekthintergrund:
Im Rahmen des Projektes werden Fische und Pflanzen unter synergistischer
Nutzung von Ressourcen in einem weitestgehend geschlossenen Wasserkreislauf
gehalten. Grundsätzlich ist ein solches System anfällig für Anreicherungen von nicht
verwertbaren Stoffen und Mikroorganismen im Wasser, den Biofiltern und in der
Verrohrung. Dies gilt umso mehr, wenn es sich wie hier geplant um ein System
handelt, das bei 26°-28°C betrieben wird. Entscheidend für einen erfolgreichen
Betrieb ist deshalb eine Überwachung der Wasserzusammensetzung und vor allem
der Wasserhygiene. Im Vordergrund stehen dabei nicht nur Untersuchungen zur
Vermeidung und Anreicherung von fischpathogenen Mikroorganismen sondern auch
Probleme, die möglicherweise aus einer potentiellen Anreicherung von
humanpathogenen Keimen (z.B. Legionellen) in Warmwasserkreisläufen entstehen
können. Insbesondere durch die Produktionsbedingungen bei hoher Luftfeuchtigkeit
kann es zu Keimanreicherungen (Pilze, zoophile Bakterien) kommen, die akzidentell
in das System eingebracht wurden. Es wurden deshalb regelmäßig Untersuchungen
insbesondere zur mikrobiellen Wasserhygiene durchgeführt. Neben der
Gesamtanzahl koloniebildender Einheiten wurde im Rahmen der Wasserhygiene-
Überwachung auch das Vorkommen von potentiellen Pathogenen im System
untersucht. In einer regelmäßigen Kontrolle der Anlagengesundheit wurde im Zulauf,
im Ablaufbereich der Fischbecken sowie in den nachgeschalteten Systemen
(Sedimenter, Biofilter und angeschlossener Pflanzenbereich) routinemäßig die
Bakteriendichte bestimmt.
Theoretische Arbeiten:
Die laufenden Literaturrecherchen bezogen sich auf relevante Erreger, die mit
Aquakulturen assoziiert sind oder für den Humanbereich (Pflanzen- und
Fischfleischerzeugung, Tier-LMHV, LMZoonoseV, Arbeitsschutz, BioStV) bzw. den
Tierbereich (bakterielle Krankheitserreger bei Fischen, TierGesG) von Bedeutung
sind.
42
Weiterer Schwerpunkt waren die einzusetzenden Methoden. Erste Anhaltspunkte für
die durchzuführenden Untersuchungen lieferte die Trinkwasserverordnung. Davon
ausgehend sind Gesamtkeimzahlbestimmungen bei verschiedenen Temperaturen,
sowie Nachweise von potenziell pathogenen Erregern (u.a. Salmonellen,
Legionellen, Pseudomonaden) vorzunehmen. Die Methodenauswahl speziell für
fischpathogene Erreger gestaltete sich schwieriger, da nur sporadisch Hinweise auf
Kulturbedingungen der Erreger aufzufinden waren; standardisierte Verfahren standen
nicht zur Verfügung.
Zeitgleich mit der Methodenfindung und -etablierung wurden die Kosten kalkuliert, bei
denen aufgrund von Wiederholbarkeit, Zuverlässigkeit und Richtigkeit der Ergebnisse
bestimmte Voraussetzungen unabdingbar sind. Es erfolgten mehrere Verhandlungen
mit potentiellen Lieferfirmen, Abfragen zu Kostenvoranschlägen und die Auswahl der
Lieferanten. Einmal sorgfältig ausgewählte und schließlich festgelegte Lieferanten
können im laufenden Vorhaben nicht mehr gewechselt werden, da sich mit den
Herstellern die Zusammensetzungen und u.U. Herstellungsverfahren der benutzten
Chemikalien und Nährmedien ändern, die eine Vergleichbarkeit mit
vorangegangenen Versuchsreihen so nicht mehr möglich machen.
Gesetzliche Voraussetzungen Tierschutz / Biostoffe / Arbeitssicherheit:
Jegliche Tierhaltungen und Vorhaben, bei denen das Versuchsziel mittelbar oder
unmittelbar auf Tiere ausgerichtet ist unterliegen dem Tierschutzgesetz. Frau Dr.
Dibbert betreute die Anlagen als Tierschutzbeauftragte der Universität Rostock
(Hochschulbereich). Die Aquarienanlage (Satower Str. 48) wurde als
Versuchstierhaltung unter der Leitung von Frau Dr. Dibbert bei der zuständigen
Behörde angemeldet. Auch beim Gewächshausneubau waren Aspekte der
Versuchstierhaltung (höhere Anforderungen als „normale“ Tierhaltungen) zu
berücksichtigen. Sowohl bei der Planung sowie Ausführung der Anlagen stand und
steht Frau Dr. Dibbert beratend zur Seite. So konnte rechtzeitig vor Einbau der
Anlagen der Bodengrund entsprechend der Anforderungen an Versuchstierhaltungen
angepasst werden. Entsprechende Beschriftungen, z.B. Reihenfolge des
Lichteinschaltens zur Stressreduktion bei den Tieren, sowie Zutrittsregelungen für
Personen, Unterweisung vor Personenzutritt wurden etabliert.
43
Bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen (hier Tiere, Futtermittel, Fäkalien) ist
die Biostoffverordnung (BioStV) zu beachten. Sind die Tätigkeiten auf
Mikroorganismen direkt ausgerichtet, sind neben der BioStV noch das
Infektionsschutzgesetz (IFSG) und die Tierseuchenerregerverordnung gültig. Frau
Dr. Dibbert ist Inhaber der Erlaubnis nach §44 IFSG und ist Beauftragte für
biologische Arbeitsstoffe (nach IFSG) an der Universität und daher
Ansprechpartnerin für alle Fragen hinsichtlich Gesundheits- und Umweltschutz. Als
Beauftragte für Arbeitssicherheit der Fakultät steht sie für alle dahingehenden
Anliegen zur Verfügung. Auch hier wurden bereits Spritzschutze an den
Fischtankeinläufen (Aerosolverminderung) initiiert.
Praktische Arbeiten:
Anlagen, Probeentnahmestellen, Probenahmen:
Die festgelegten Probeentnahmestellen der beiden von Herrn Knaus (Aquakultur)
geführten Aquaponikanlagen in der Satower Str. 48 wurden beibehalten. Diese
waren jeweils der Zulauf zum Fischtank, der Fischtank selbst, der Sedimenter, der
Auslauf in das Pflanzenbecken „Sprinkler“ und der Ablauf des Pflanzbeckens.
Im Berichtszeitraum wurde eine zweite Anlage als Aquarium-Anlage mit (Aquaponik-
Raft) bzw. ohne Pflanzbecken (Aquakultur) durch Herrn Baßmann aufgebaut, die
ebenfalls in das mikrobiologische Monitoring einbezogen wurde. Entsprechend
wurden auch hier die Probeentnahmestellen gewählt: Zulauf zum Aquarium, das
Aquarium selbst, der Sedimenter, der Biofilter direkt und der Ablauf des
Pflanzbeckens. Hier bot sich die Möglichkeit unter gleichen Bedingungen geführte
Aquakultur und Aquaponik direkt zu vergleichen.
Je Versuchsreihe waren 3 Entnahmezeitpunkte (Beginn der Bepflanzung, ca. Mitte
der Versuchszeit, Ende der Versuchszeit) geplant. Für die ersten beiden Entnahmen
wurden Keimzahluntersuchungen nach TrinkwasserV und der Nachweis anaerober
Schwefelwasserstoffbildner vorgesehen, für den letzten Termin wurden zusätzlich die
human- und fischpathogenen Erreger einbezogen. Die Probennahmen sind in
Tabelle 1 einzeln benannt.
44
Der Neubau des Fischglashauses bot die Möglichkeit, das „Anfahren“ einer
Fischhaltung mikrobiologisch zu begleiten, zu beschreiben und wenn erforderlich zu
intervenieren.
Drei Anlagewurden installiert, die mit unterschiedlichen Besatzdichten
Intensiv mit 100 kg Fisch je m³
Semi-Intensiv mit 50 kg Fisch je m³ und
Extensiv mit 10 kg Fisch je m³ Wasservolumen betrieben wurden und sich zusätzlich in der Anzahl der Sedimenter und der Größe
des Biofilters unterschieden.
Bei der Neuetablierung der Fischhaltung im Fischglashaus wurden die ersten Proben
(Nullproben) vor Fischeinsatz genommen. Die Anlagen wurden schrittweise in
Betrieb genommen, d.h. zum ersten Termin wurden 3 von 9 Fischtanks besetzt, zum
2. Termin die nächsten 3 (6 von 9 besetzt) und ab dem 3 Termin waren alle 9 Tanks
besetzt. Hier wurden zu jedem Termin die pathogenen Erreger mit erfasst.
Die Probennahmen erfolgten einen Tag nach Fischeinsatz und 9-10 Tage nach
Fischeinsatz. Die genauen Daten sind in Tabelle 5 aufgeführt.
Die Aquaponikanlage im Ebbe-Flut-System wurde im Berichtszeitraum 7-mal
untersucht. Damit standen für 2014 die Daten aus zwei Versuchsreihen zur
Verfügung.
Die Aquaponik-Raft / Aquakultur-Anlage wurde im Zeitraum von Febr. 2014 bis Juni
2014 3 mal untersucht, damit wurde eine Versuchsreihe (1 Vorversuch und 2
Probennahmen) absolviert.
Die semiintensive Anlage wurde 7x, die Intensive sowie die Extensive Anlage jeweils
5x mikrobiologisch kontrolliert. In diesen Anlagen wurde das Hochfahren jeweils
einmal begleitet.
Durchführung der mikrobiologischen Untersuchungen
Die mikrobiologischen Untersuchungen bedürfen der Vorbereitung. Hierzu zählen
das Bereitstellen steriler Utensilien, die termingerechte Beschaffung und teilweise
Eigenproduktion von Kulturmedien (nur kurze Haltbarkeit). Der Probenansatz
beinhaltet das Herstellen von Verdünnungsreihen sowie das Beimpfen von
verschiedensten Nährmedien (zur Keimzahlbestimmung ca. 45 Petrischalen +
mindestens 25 Selektivmedien für Pathogene je Einzelprobe).
46
Die Ablesung / Auswertung beinhaltete für die ersten beiden Termine die
Auszählung der Bakterien auf je 450 Petrischalen bei 10 Proben (durchschnittlich
wachsen 150 Kolonien pro Petrischale). Dazu kommt die Auswertung von 250
Selektivmedien. Letzteres beinhaltete u.a. das Isolieren verdächtiger Kolonien zur
Gewinnung von Reinkulturen, das Anlegen von Präparaten sowie entsprechende
Mikroskopie und die Vorbestimmung der Erreger durch Überimpfung auf weitere
Nährmedien mit bestimmten Eigenschaften. Die Bestätigung der Differenzierungen
erfolgte extern mit Hilfe des MALDITOFF-Verfahrens. Dafür sind die Kulturen
vorzubereiten (erneute Anzucht und danach Beimpfung von Transportmedien,
Verpackung gemäß IATA-und GGVSE-Vorschriften) und der Versand zu
organisieren (Transportunternehmen mit entsprechender Beförderungserlaubnis).
Die zeitaufwendige Nachbereitung umfasst die Dekontamination aller benutzen
Utensilien, Sammlung und Entsorgung der Chemikalien entsprechend der
Kategorien, Reinigung und Sterilisation der wiederverwendbare Utensilien.
Datenaufbereitung
Die Datenaufbereitung umfasste Berechnungen der Gesamtanzahl der
koloniebildenden Einheiten aus den Rohdaten, vergleichende Statistik, und die
Visualisierung der Ergebnisse.
Ergebnisse Gesamtkeimzahl Ebbe-Flut-System
Im Ebbe-Flut-System schwankten die Anzahlen koloniebildender Einheiten bei allen
Inkubationstemperaturen bei den Niltilapien zwischen den Lg-Stufen 3 und 5, bei den
Afrikanischen Raubwelsen und den Karpfen zwischen den Lg-Stufen 2 und 5.
Die in der ersten Versuchsreihe (Niltilapien, Afrikanischer Raubwels) festgestellte
Änderung des Mikrobioms im Wasser (die stark sauerstoffzehrenden Bakterien sowie
die Gesamtkeimzahl der aeroben Bakterien nahmen in der Versuchszeit anteilmäßig
ab) korrespondierte mit den Ergebnissen der anderen Arbeitsgruppen. Aufgrund des
Versuchsdesigns kam es zur maximalen Last an organischem Material (massive
Futtermittelgabe) mit dem Ergebnis, dass die Wassersauerstoffsättigung über den
Versuchszeitraum tendenziell abnahm. In der Zweiten Versuchsserie (Niltilapien,
47
Karpfen) wurde mit normaler Fütterungsintensität gearbeitet. Hier blieben die
Bakterienarten weitestgehend identisch, d.h. das makroskopische Bild der
Koloniemorphologien änderte sich nicht. Auch bei den Keimzahlen gab es keine
wesentlichen Veränderungen. Deutlich wird die Funktion der Pflanzbecken als
Biofilter, welches sich in den höchsten Keimzahlen im System niederschlägt. Der
Biofilter weißt eine große belüftete feuchte Oberfläche auf, auf der Mikroorganismen
siedeln und sich vermehren. Dementsprechend ist die Anzahl der dort
vorkommenden aeroben Bakterien in der Regel höher als im „Unterwasserbereich“.
Diese können wieder abgespült und im Ablaufwasser erfasst werden.
Als fakultativ pathogene Mikroorganismen wurden vereinzelt Fäkalkeime (coliforme
Bakterien und Enterokokken) registriert, die aufgrund der Fischhaltung ins Wasser
gelangten. Diese Keime sollten sich jedoch nicht anreichern. Bakterien der
Pseudomonasgruppe traten mäßig häufig auf (darunter auch vereinzelt Ps.
aeruginosa). Pseudomonaden gelten als fakultativ pathogen, daher können sich bei
Fischen, deren Immunreaktion verringert ist, Erkrankungen ausbilden (u.a. Ps.
putida, Ps fluorescens). Keime aus der Gruppe der Enteritiserreger (Clostridium
perfringens, Salmonellen, Yersinien, hämolysierende E. coli), die Fisch- und
humanpathogenen Vibrionen sowie die Auslöser der Legionärskrankheit wurden
nicht nachgewiesen. Die mit Gattung und Art benannten Erreger wurden mit Hilfe des
MALDITOFF-Verfahrens bestätigt. Die einzelnen Ergebnisse sind in Tabelle 6
dargestellt.
Tabelle 6: mikrobiologische Ergebnisse des Ebbe-Flut-Systems.
48
Aquaponik-Raft / Aquakultur
Es ergab sich die Möglichkeit, eine gleichartig geführte Anlage (Aquakultur vs.
Aquaponik) zu untersuchen und direkt zu vergleichen. Der Vorversuch zeigte die
Anlage während des „Einfahrens“. Hier kamen nur zwei Entnahmeorte –Aquarien
selbst und Biofilter in die Auswertung. Erwartungsgemäß stiegen die Keimzahlen
nach Fischbesatz (Afr. Raubwels) an. Hier wurde gesondert ein Biofilter betrieben
(auch hier die höchsten Keimzahlen im System). Im Pflanzbecken (Pflanzen als
SchwimmkulturRaft) glichen sich die Keimzahlen wieder dem übrigen System an,
so dass nach ersten Ergebnissen die Siedlungsorte für die Bakterien in dieser Art
Pflanzbecken (noch?) nicht in dem Maße vorhanden waren. Ob die Fischbiomasse
(gleicher Besatz auf unterschiedlichen Wassergesamtvolumina) einen Einfluss auf
die Keimzahl hatte, kann nur durch Wiederholungen in solchen Systemen ermittelt
werden. Die Anzahlen koloniebildender Einheiten beliefen sich in beiden Systemen
(Aquaponik-Raft, Aquakultur) zwischen Lg-Stufe 3 und Lg-Stufe 5. Hinsichtlich der
fakultativ pathogenen Erreger gelten die gleichen Feststellungen wie im Ebbe-Flut-
System (Tabelle 7).
Tabelle 7: mikrobiologische Ergebnisse des Aquaponik-Raft / Aquakultur-Systems.
Der Vergleich zwischen den beiden Anlagen (Ebbe-Flut-System) und Aquaponik-Raft
/-kultur) zeigten insgesamt keine wesentlichen Unterschiede. FischGlasHaus-Neubau
Im Neubau des Gewächshauses bot sich die Möglichkeit, von Beginn an 3 Anlagen
(3x Aquaponik unterschiedlicher Bewirtschaftungen extensiv, semiintensiv, intensiv)
in die mikrobiologische Überwachung zu nehmen und die einzelnen Schritte
(Frischwasser in der Anlage, nach Beimpfung mit Starterkulturen, nach Fischbesatz)
und im Weiteren die Versuchsverläufe nicht nur zu dokumentieren sondern auch
49
Empfehlungen für den Praxisbetrieb solcher Anlagen abzuleiten. Die für die
Mikrobiologie verwendeten Inkubationstemperaturen wurden beibehalten, um die
Systeme miteinander vergleichen zu können.
In allen drei Anlagen pegelten sich die Anzahlen aerober koloniebildender Einheiten
(KBE) zwischen den Lg-Stufen 2 und 5 ein. Die semiintensive Anlage wurde einen
Monat vor den anderen in Betrieb genommen, hier waren die Nullwerte eine Lg-Stufe
niedriger als die der intensiven und extensiven Anlage. Allerdings war die Zeit der
Etablierung des Biofilters zu kurz bemessen, welches sich in dem Anstieg um 2 Lg-
Stufen der gesamt aeroben KBE nach Fischbesatz zeigte. In der Extensiven Anlage
erfolgte kein, in der intensiven Anlage nur ein geringer Anstieg der aeroben Anzahl
der KBE. Hier hatte der Biofilter hinreichend Zeit sich auszubilden. Bei dem Vergleich
der drei Anlagen unterschieden sich bei der Inkubationstemperatur 37 °C die
Intensive nicht von der semi-intensiv und extensiv betriebenen Anlage. Die semi-
intensiv betriebene Anlage lag hinsichtlich der Anzahl der aeroben KBE jedoch
signifikant unter der der extensiven Anlage. Eine Ursache könnte in der
regelmäßigen Abscheidung der Feststoffe aus dem System liegen. Bei 12 °C
Inkubationstemperatur wurden zwischen der extensiven und intensiven Anlage
Unterschiede registriert. Hier wäre ein Einfluss der Besatzdichte möglich. Siehe Abb.
32.
Abb. 32: Vergleich der drei Anlagen bei verschiedenen Inkubationstemperaturen.
50
Ab Oktober wurden die Pflanzenkreisläufe für die intensiv und extensiv besetzte
Anlage in Betrieb genommen. In diesem Bereich kam es zum massiven Anstieg der
aeroben Anzahl KBE und der Fäkalkeime (coliforme Bakterien, Enterokokken), die in
fast allen Fällen statistisch als signifikant ausgewiesen wurde (Abb. 33).
Abb. 33: Vergleich der Entnahmeorte „Fischkreislauf“ vs Entnahmeorte
„Pflanzenkreislauf“. Bei näherer Betrachtung fiel auf, dass die Proben der Pflanzenseite sehr starke
Trübungen und Flockungen aufwiesen, die eine Ursache für den Anstieg (Bakterien
sind häufig an Partikel gebunden) darstellt. Eine zweite Möglichkeit besteht
insbesondere bei der Betrachtung der Coliformen darin, dass es zu „Standzeiten“
kam, d.h. das Wasser wurde über längere Zeit (1-2 Tage) in den
Pflanzenvorratstanks nicht umgewälzt, was zu einem Vermehrungsvorteil für
fakultative und obligate Anaerobier führt. Nach den ersten Reinigungsmaßnahmen
und Managementänderungen (keine Standzeiten mehr) konnten die Coliformen
deutlich (jedoch noch nicht statistisch geprüft, Datenmenge war nicht ausreichend)
reduziert werden.
Hinsichtlich der fakultativ pathogenen und pathogenen Erreger gilt im Wesentlichen
das unter Ebbe-Flut/ Aquaponik-Aquakultur Beschriebene. Zusätzlich wurden hier
jedoch neben anderen Aeromonas Arten auch Ae. punctata und Ae. salmonicida
51
identifiziert. Die detaillierten Nachweise sind Tabelle 4 zu entnehmen. Zusätzlich sind
in Tabelle 8 die Daten des Transportwassers der Firma PAL enthalten.
Tabelle 8: Mikrobiologische Ergebnisse der drei Anlagen des FischGlasHauses.
Fazit:
Die Intensitätsstufe (10/50/100 kg je m³) scheint keinen Einfluss auf die
aerobe Anzahl Koloniebildender Einheiten (37°, 23°C) zu haben.
Es stellt sich ein mikrobiologisches Gleichgewicht ein.
Empfehlungen
Einlaufzeit der Anlage beachten, sie sollte mindestens 7, besser 14 Tage
andauern.
Management und Technologie haben einen erheblichen Einfluss auf die
Gesamtzahl koloniebildender Einheiten.
Feststoffentfernung
Wasserwechsel
Reinigung / Desinfektion hier durch Trocknen
Förderung von aeroben Bakterien über Sauerstoffzufuhr z.B.
Wasser ständig in Bewegung halten,
In den Tanks Lufteinströmer installieren,
52
welches zur Verringerung fakultativ anaerober unerwünschter Bakterien führt. Die Mikrobiologische Überwachung (37° C insbesondeere Kontrolle der
fakultativ und pathogenen Arten) ist in regelmäßigen Zeitabständen notwendig
Hälterungswasser
u.U. auch Pflanzenprodukte je nach Bewässerungssystem Alle Maßnahmen haben das Ziel:
die Tiergesundheit zu erhalten
die Produktsicherheit der tierischen Lebensmittel und
die Produktsicherheit der pflanzlichen Lebensmittel
zu gewährleisten und die Auswirkungen evtl. akzidentieller
Mikroorganismeneinträge zu minimieren
53
2.2.3 Agrobiotechnologie
und Begleitforschung zur Bio- und Gentechnologie
Prof. Dr. Inge Broer & Dr. Nausch (Personal 2), S. Konopka (Personal 6) In der Professur Agrobiotechnologie wurden bzw. werden in dem Projekt drei
Fragestellungen bearbeitet, die den kommerziellen Pflanzenanbau im Gewächshaus
mit der Fischzucht in Aquakultursystem verbinden sollen:
1. Etablierung eines Aquaponikssystems – Nutzung verschiedener Kulturarten
zur Reinigung von Fischprozesswasser aus der Aquakultur
2. Substitution von konventionellem Fischfuttermittel durch Pflanzen
3. Reduktion des Düngemitteleinsatzes beim kommerziellen Anbau von
Nutzpflanzen im Gewächshaus durch den Einsatz von Fischprozesswasser
Neben den beiden Kulturarten Tabak (Nicotiana tabacum) und Kartoffel (Solanum
tuberosum) stand v.a. die Erbse (Pisum sativum) im Vordergrund. Diese eignen sich
für die Produktion wirtschaftlich, insbesondere pharmazeutisch, relevanter
Verbindungen in Gewächshäusern. Darüber hinaus kann die Erbse mit ihrem
proteinhaltigen Samen als Futtermittel eingesetzt werden. Als Modellarten wurden
der afrikanische Raubwels (Clarias gariepinus) sowie der Nilbuntbarsch
(Oreochromis niloticus) ausgewählt.
1. Etablierung eines Aquaponiksystems – Nutzung verschiedener Kulturarten
zur Reinigung von Fischprozesswasser aus der Aquakultur-Nutzung von
Pflanzen in der Aquakultur
Ein Problem der Aquakultur stellt der Wasserverbrauch dar. Da die Fische
kontinuierlich Ammonium ausscheiden, eine für Fische toxische Verbindung, muss
das Fischprozesswasser ständig ausgetauscht werden. Dies führt nicht nur zu einem
hohen Bedarf an Frischwasser, sondern auch zum Anfall großer Mengen belasteten
Abwassers. Bei der Aquaponik handelt es sich um die Verbindung von Aquakultur
(Fischproduktion) und Hydrokultur (Pflanzenproduktion in substratfreier Kultur). Da
die Pflanzen in der intensiven Pflanzenproduktion – v.a. in der Gewächshauskultur –
große Mengen an Nährstoffen benötigen, können durch Aquaponiksysteme prinzipiell
54
zwei Probleme gelöst werden: (1) Einerseits kann die Ammoniumbelastung und
damit der Wasseraustausch / -gebrauch deutlich reduziert werden. (2) kann der
Düngemitteleinsatz in der Pflanzenproduktion im Gewächshaus, der mit hohen
Kosten verbunden ist, deutlich gesenkt werden. Dadurch würden beide Systeme
nachhaltiger und Ressourcen-schonender gestaltet.
Die Etablierung eines Erbsen-basierenden Aquaponik-Systems wurde am Beispiel
des afrikanischen Raubwelses (Clarias gariepinus) durchgeführt. Die Erbse wurde
gewählt, weil sie sich durch ihren proteinhaltigen Samen sowie ihrem äußerst
geringen Gehalt anti-nutritiver oder schwer verdaulicher Inhaltsstoffe auszeichnet.
Damit eignet sich die Erbse prinzipiell als Futterbeimischung in der Aquakultur und
kann so denn Verwendung von Wildfischen in der Futtermittelproduktion verringern.
Darüber hinaus ist die Produktion pharmazeutisch-relevante Stoffe in der Erbse im
Gewächshaus etabliert.
Der Versuchsaufbau umfasste drei Aquarien (Triplikate Gruppen). Jedes der drei
Aquarien wurde in drei Kompartimente untereilt. In zwei Kompartimenten erfolgte die
Erbse/Wels-Kokultur. Die Erbsen wurden auf Styroportabletts (Abb. 34a) angezogen
und im Alter von zwei Wochen in die Fischbecken eingesetzt (Versuchsstart). Das
dritte Kompartiment, in dem ein konventionelles Biofilm-basierendes Filtersystem das
Wasser reinigte, diente als Vergleich (Abb. 34b).
Wie in Abbildung 34 dargestellt, führen beide Systeme nach einer kurzen
Adaptationszeit zu einer deutlichen Verminderung des Ammoniumgehalts.
Demgegenüber ist der konventionelle Biofilter nicht in der Lage, das anfallende Nitrit
zuverlässig und/oder hinreichend aus dem System zu eliminieren (Abb. 34d). Die
gemessenen Werte liegen deutlich über dem Richtwert für Trinkwasser von 0,5 mg/L.
Auf der anderen Seite bildeten die Erbsenwurzeln in Hydrokultur keine Knöllchen
aus. Bei dieser sogenannten Nodulation handelt es sich aus einer Symbiose von
Erbsenwurzeln und Bodenbakterien, den Rhizobien, wobei letztere die Pflanze durch
die Assimilation von Luftstickstoff (N2) mit diesem Makroelement versorgen. Da die
Erbsen in Hydrokultur dennoch keine Beeinträchtigung von Wachstum- und
Entwicklung zeigten, und allein das Ammonium aus dem Fischprozesswasser als
Stickstoffverbindung zur Verfügung stand, ist davon auszugehen, dass die Erbsen
die anorganischen Stickstoffverbindungen aufnehmen und für ihr Pflanzenwachstum
einsetzen, wodurch sie das Fischprozesswassser effektiv reinigen.
55
r
onik I
onik II
C D
3,5 40,0
3,0 35,0
30,0
2,5
25,02,0
Biofilte
Aquap
Aquap
20,0
1,5
15,0
Biofilter
Aquaponik I
Aquaponik II
1,0 10,0
0,5 5,0
0,0 0,01 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29
Versuchstage [d] 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29
Versuchstage[d]
Es konnte durch die Mitarbeiter der Prof. Aquakultur kein Unterschied in der
Biomassezunahme (Gewicht/Länge) der Welse beider Gruppen festgestellt werden.
Daher ist davon auszugehen, dass die Erbse keine sich auf die Welse negativ
auswirkenden Substanzen in das Prozesswasser abgeben. Diese Ergebnisse konnte
in einer zweiten, unabhängigen Wiederholung bestätigt werden.
A B
Abb. 34: Aquaponiksystem aus Erbse und Wels. (A) Aquarium mit Erbse/Wels-
Kokultur; (B) Aquarium mit konventionellem Biofilter; (C) Ammonium- und
(D) Nitritkonzentration in den verschiedener Gruppen.
2. Substitution von konventionellem Fischfuttermittel durch Pflanzen
Die Bereitstellung adäquater Futtermittel ist eine der größten Herausforderungen in
der intensiven Fischproduktion, die bis zu 70 % der Kosten der Aquakultur
ausmachen. Dabei müssen zwei Aspekte gewährleistet sein: (1) die Versorgung mit
wichtigen, essentiellen Nährstoffen, wie Amino- und Fettsäuren, um eine effektive
Mast und Tier- bzw. Fischgesundheit zu sichern. Deshalb basiert das Futter
gegenwärtig auf Fischmehl und –öl, für dessen Herstellung Wildfische gefangen
werden. (2) die nachhaltige Produktion der Futtermittel, um eine konstante
Verfügbarkeit sicherzustellen: Auf Grund ihrer begrenzten Verfügbarkeit können
Wildfische allein den Bedarf der stetig wachsenden Aquakulturwirtschaft nicht
Ammoniumkonzentration [m
g NH
4 /L]
+
Nitritkonzentration [m
g NO
2 /L]
‐
56
Alter [Wochen] )
TG)
decken. Pflanzen wie Soja oder Leguminosen stellen eine attraktive Alternative als
Protein- und Öllieferant dar.
Der Nilbuntbarsch (O. niloticus) wurde als Modellart ausgewählt, da er als omnivorer
Fisch natürlicherweise auch Pflanzenmaterial frisst. Die Erbse eignet sich als
Futtermittelersatz, da sie im Vergleich zu anderen Pflanzenarten nur geringe Mengen
sogenannter antinutritiver Verbindungen enthält und für die Fische leicht verdaulich
ist. Des Weiteren ist die Anzucht der Erbsen unter Gewächshausbedingungen gut
etabliert.
In einem Vorversuch wurde zunächst der Protein- und Zuckergehalt der Erbsen
(Sorte Greenfeast) zu unterschiedlichen Entwicklungsphasen bestimmt (Abb. 35), um
den optimalen Zeitpunkt der Verfütterung zu ermitteln. Im Alter von 6 Wochen
besitzen die Erbsen die ideale Kombination aus Blattbiomasse (Abb. 35b), Protein-
(Abb. 35c) und Zuckergehalt (Abb. 35d).
Abb. 35: Biomasse und Nährstoffgehalt der Erbse ‚Greenfeast‘ in unterschiedlichen
Entwicklungsphase. (A) Fotos der unterschiedlichen Entwicklungsphasen;
(B) Blatt-Biomasse-Entwicklung; (C) Blatt-Proteingehalt und (D) Blatt-
Zuckergehalt der unterschiedlichen Entwicklungsphasen.
Der Versuchsaufbau umfasste drei Aquarien (Triplikate Gruppen). Jedes der drei
Aquarien wurde in drei Kompartimente untereilt. Bei der täglichen Futtermenge
D Erbse var. Greenfeast Blatt‐Zuckergehalt
40
35
30
25
20
15 Zucker/FG
10 Zucker/TG
5
0
4 6 8 10
Alter [Wochen]
A Erbsevar. Greenfeast
C Blatt‐Proteingehalt
6
5
4
3 Protein/FG
2 Protein/TG
1
0
4 6 8 10
BErbse var. Greenfeast
Blatt‐Biomasse
30
25
20
15 Frischgewicht (FG
10 Trockengewicht(
5
0
4 6 8 10
Alter [Wochen]
Blatt‐Biomasse [g]
Zuckergehalt [%
] Proteingehalt [%]
57
wurde sich an die Angaben des Herstellers des konventionellen Futtermittels (Aller
37/10 Float) orientiert. Wie in Tabelle 9 dargestellt, erhielt pro Aquarium jeweils eine
Gruppe ausschließlich das konventionelle Futtermittel bzw. Erbsenblätter. Die dritte
Gruppe wurde mit beidem in gleichem Verhältnis gefüttert. Die
Nährstoffzusammensetzung des konventionellen Futtermittels und der Erbsen
unterscheidet sich v.a. im Proteingehalt (Tab. 10)
Tab. 9: Zusammensetzung des Futters der verschieden Nilbuntbarsch-Gruppen.
Futterart Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3
Futtermittel [%]
100
0
50
Erbsenblätter [%]
0
100
50
Tab. 10: Vergleich des Proteingehalts des konventionellen Futtermittels Aller 37/10
Float und Erbsenblättern der Sorte ‚greenfeast‘.
Proteingehalt
Futtermittel [%]
37%
Erbsenblätter [%/TG]
3,9%
[6 Wochen]
Im Rahmen des Versuchs sollte drei Fragen geklärt werden: (1) Welche Gruppe frisst
am meisten, (2) Gibt es eine Präferenz zwischen Standardfuttermittel und Erbsen,
und (3) gibt es Unterschiede in der Massezunahme der Fische? Wie in Abbildung
36a dargestellt, wird das Futtermittel vollständig gefressen, die Erbsenblätter aber
nur zum Teil. Dementsprechend zeigte die Gruppe, die ausschließlich
konventionelles Futtermittel erhielt, den höchsten spezifischen
Wachstumskoeffizienten (SGR; Abb. 36d; Tab. 11). Allerdings gewöhnten die Fische
sich mit der Zeit an das Blattmaterial und fraßen im Verlauf des Versuchs immer
mehr (Abb. 36b). Des Weiteren ist hervorzuheben, dass das Protein der Erbsen
wesentlich effektiver in Biomasse umgesetzt wird (Abb. 36c, Tab. 12). Die hohe
Mortalitätsrate der Gruppe, die zu 100 % mit Erbsenblättern gefüttert wurde, weist
58
C
Tage [d]
E
aber darauf hin, dass diese auf Grund des vergleichsweise geringen Proteingehalts,
als alleiniges Futtermittel bzw. Proteinquelle nicht ausreicht.
Die Ergebnisse dieses Versuches können wie folgt zusammengefasst werden: (1)
100 % Erbse ist nicht zu empfehlen für O. niloticus, (2) 50 % Erbse und 50 % FM ist
möglich mit geringen Wachstumseinbußen. Demzufolge sind Erbsenblätter als
Ergänzungsfuttermittel geeignet.
Abb. 36: Futterverwertung und Überlebensrate der Nilbuntbarsch-Gruppen. (A)
verzehrte Gesamtfuttermenge; (B) verzehrte Erbsen-Blattmenge; (C)
Proteinverwertungskoeffizient (PER); (D) spezifischer
Wachstumskoeffizient (SGR) & (E) Überlebensrate der Nilbuntbarsche.
Protein‐Verwertungskoeffizient(PER)
100
80
60
40
20
0
100% Erbse 50% Erbse / 50% FM 100% FM
spezifischer Wachstumskoeffizient (SGR)
3
2
1
0
100% Erbse 50% Erbse / 50% FM 100% FM
[%] 100
90
80
70
60
50
Ø 100% Erbse 40
Ø 50%Erbse / 50% FM
30
20
10
0
1 8 15 22 29 36 43 50
Tage [d]
verzerrte Erbsen‐ & Futtermittelmenge
A Trockengewicht [absolut] 100
90
80
70
60
50 Ø 100% Erbse
40 Ø 50%Erbse / 50% FM
Ø 100% Futtermittel 30
20
10
0
1 8 15 22 29 36 43 50
B von Tilapien verzerrte Erbsen‐Blattmenge D
Überlebensrate 120
100
80
60
40
20
0Wo
2 Wo
4 Wo
6 Wo
8Wo
0
100% Erbse 50% Erbse / 50% FM 100% FM
lebende Nilbuntbarsche [%]
verzerrte Erbsen‐Blattmenge
[%]
verzerrte Futtermen
ge [%]
PER [%]
SGR [% d
‐1]
59
Tab. 11: Spezifischer Wachstumskoeffizient (SGR) der verschiedenen
Fütterungsgruppen.
100% Erbse 50% Erbse
50% FM 100% FM
spezifische Wachstums- koeffizient
[% d-1]
0,73 0,8
1,39 0,2
2,27 0,1
Tab. 12: Proteinverwertungskoeffizient (PER) der verschiedenen Fütterungsgruppen.
100% Erbse 50% Erbse
50% FM 100% FM
Protein- Verwertungs- koeffizient
[% ]
67,3 11,2
13,9 5,2
16,4 1,5
3. Reduktion des Düngemitteleinsatzes beim kommerziellen Anbau von
Nutzpflanzen im Gewächshaus durch den Einsatz von Fischprozesswasser
In Zusammenarbeit mit der Professur Aquakultur (Prof. Dr. Palm) sowie Pflanzenbau
(Prof. Dr. Uptmoor) wurden Versuche durchgeführt, in der die Nutzung des
Fischprozesswassers als Düngemittelersatz im Vordergrund stand. Das Ziel war die
Kostenreduktion der Pflanzenproduktionskosten im Gewächshaus.
Unter Verwendung des Fischprozesswassers des afrikanischen Raubwels (Clarias
gariepinus) aus semi-intensiver Fischzucht (100 kg Fisch/m3) als Düngemittelersatz
wurden die drei Kulturarten Tabak, Kartoffel und Erbse einerseits auf konventionelle
Weise bewässert und gedüngt und andererseits mit Fischprozesswasser bewässert.
Diesem wurde stufenweise Düngerkonzentrat zu gesetzt, da die Erde, die für die
Anzucht verwendet wurde, über einen Grundgehalt an Nährstoffen verfügt. In den
ersten vier Wochen wurde dem Fischprozesswasser kein Düngersubstrat, in den
zweiten vier Wochen 50 % der Düngerkonzentration im Vergleich zur Kontrollgruppe
und nach acht Wochen 75 % zugesetzt. Der Versuchsaufbau ist in Abbildung 37
schematisch abgebildet.
60
Um bewerten zu können, inwieweit das Fischprozesswasser zur Düngung geeignet
ist, wurden bzw. werden folgende Messparameter erfasst:
o Ertrag (Biomasse) o Samenertrag (Gewicht, Größe) o Samenqualität (Keimfähigkeit, Proteingehalt, Vitalität der Nachkommen) o Knollenertrag (Gewicht, Größe) o Knollenqualität (Keimfähigkeit, Lagerfähigkeit, Stärkegehalt,
Proteingehalt, Stressparameter , Vitalität der Sprosse) o Proteinexpression in Pflanze und Samen anhand von Markerproteinen
Damit die Vergleichbarkeit der Daten gewährleistet ist, wurden alle drei Kulturarten in
der gleichen Gewächshauskabine angezogen und der Versuchsaufbau randomisiert,
um den Einfluss externer, nicht-beeinflussbarer Parameter zu minimieren (Abb. 37).
Zudem wurden für jede Kulturart verschiedene Linien untersucht.
Als Markerproteine für Tabak und Kartoffel dient dabei Cyanophycin (CP), ein
proteinogenes Polymer. Dieses eignet sich auf der einen Seite zur Substitution von
Erdöl für die Herstellung von Polyacrylaten, und auf der anderen Seite für die
Produktion ernährungsphysiologisch hochwertiger Dipeptide. Letzteres ist die in der
Humanmedizin sowie in der Tierzucht für die Versorgung mit essentiellen
Aminosäuren sehr gefragt. Zur Inhaltsstoffanalyse Erbse wird das Protein CTB::VP60
verwendet, dass in der Tiermedizin zur Behandlung der hämorrhagischen
Kaninchenkrankheit RHDV eingesetzt wird. Für beide Modellproteine gibt es bereits
zahlreiche Daten aus Freilandversuchen sowie aus der konventionellen Anzucht im
Gewächshaus, die ebenfalls zum Vergleich herangezogen werden können.
Der Versuch konnte nur in dem neu errichteten Fischglashaus durchgeführt werden,
das erst Ende August 2015 bezugsfertig war. Daher befinden sich die Pflanzen noch
in der vegetativen Wachstumsphase und die Samen- bzw. Knollenausbildung ist
nicht abgeschlossen. Es liegen zurzeit also noch keine Ergebnisse zu diesem
Versuch vor.
61
A
B Tabak
176 1 ‐ 10
157 21 ‐ 30
157 1 ‐ 10
157 31 ‐ 40
157 11 ‐ 20
8 7 6
Tisch 2
5 4 Tisch 4
3 2 1 Tisch 6
Kartoffel Erbse
23 12 12 23
1 ‐ 15 31 ‐ 45 16 ‐ 30 46 ‐ 60
8 7 6 5 4 Tisch 3
3 2 1 Tisch 7
8 7 6 Tisch 5
5 4 Tisch
3
1
2 1 Tisch 8
Abb. 37: Versuchsaufbau der Kabine 1.03 des FischGlasHaus zur Pflanzenanzucht
mit Fischprozesswasser. (A) schematische Übersicht über den
Versuchsaufbau in Kabine 1.03: rechtes Kompartiment: Versuchsaufbau
der Professur Agrtobiotechnologie zur Kultivierung von Tabak, Kartoffel
und Erbse mit und ohne Fischprozesswasser; linkes Kompartiment:
Anzucht von Gurken durch die Professur Pflanzenbau; Zahlen:
Tischnummerierung für die Versuchsrandomisierung; (B) Übersicht über
die Versuchsrandomisierung: obere Zahl: Pflanzenlinie, untere Zahl:
Individuum / Geschwister.
8 7 6 5 4 3 2 1
Erbse
Erbse
Kartoffel
Tabak
Tabak
Erbse
Erbse
Erbse
Tabak
Kartoffel
Tabak
Kartoffel
Erbse
Tabak
Kartoffel
Tabak
Tabak
Erbse
Erbse
128 1 ‐ 10
128 21 ‐ 30
Erbse
Kartoffel
128 11 ‐ 20
176 21 ‐ 30
Erbse
Tabak
Kartoffel
176 11 ‐ 20
128 31 ‐ 40
Tabak
Erbse
176 31 ‐ 40
12 1 ‐ 15
23 31 ‐ 45
Kartoffel
Tabak
Erbse
23 16 ‐ 30
12 46 ‐ 60
Tabak
Kartoffel
Tabak
arc
phas7‐82b‐2‐8 5‐44c‐20‐1 1 ‐ 15 31 ‐ 45
phas
arc 5‐44c‐20‐1 7‐82b‐2‐8
1 ‐ 15 31‐45
phas
arc 5‐44c‐20‐1 7‐82b‐2‐8 16 ‐ 30 46 ‐ 60
arc
phas 7‐82b‐2‐8 5‐44c‐20‐1 16 ‐ 30 46 ‐ 60
62
2.2.4 Pflanzenbau
Prof. Uptmoor, Frau Claus (Personal 8) Versuch Satower Straße 2014
Nährstoffgehalte Wels/Gurke Aquaponik
Im Zeitraum vom 02. Juni 2014 bis zum 01. September 2014 wurden in der
Aquaponikeinheit zur Erarbeitung des Animal Welfare Nährstoffanalysen am Einlass
zur mit Gurken bestückten Schwimmhydroponikeinheit sowie an den Auslässen der
Hydroponikeinheit und am Auslass Aquakultureinheit/Einlass Sedimenter gemessen
(Abbildung 38). Die Messungen wurden wöchentlich durchgeführt. Zusätzliche
Analysen wurden am Sediment vorgenommen. Ein Vorversuch wurde im Zeitraum
März bis Mai durchgeführt. Ergebnisse des Vorversuchs werden an dieser Stelle
nicht aufgeführt. Gemessen wurden Nitrat (NO3), Nitrit (NO2) und Ammonium (NH4),
der Gesamtgehalt an organischem und anorganischem Phosphor (P), sowie die
Gehalte an Kalium (K), Kalzium (Ca) und Natrium (Na). Der Gesamtgehalt an
mineralischem Stickstoff (Nmin) wurde als Summe der drei anorganischen N-
Fraktionen berechnet, der Gehalt an organischem Phosphor als Differenz aus
Gesamt-P und Pmin. Die Bestimmung von Magnesium-Gehalten (Mg) steht noch aus.
Neben den genannten Nährelementen wurde der Gehalt an Natrium (Na) gemessen.
Na ist für Pflanzen nicht essentiell. In geringen Konzentrationen wirkt Na sich jedoch
positiv z.B. auf den Wasserhaushalt aus, indem K-Funktionen übernommen werden.
In hohen Konzentrationen führt Na im Bewässerungswasser zu osmotischem Stress
und kann zu toxischen Reaktionen in der Pflanze führen. Detaillierte Messprotokolle
finden sich in der Abschlussarbeit Paschen (2014).
Nährstoffkonzentrationsvergleiche wurden zu einer an die Hoagland-Nährlösung
angelehnten Lösung, die seit Jahrzehnten als Standard in der Wissenschaft genutzt
wird und auch zur Produktion von Tomaten geeignet ist, sowie zu einer optimierten
Nährlösung zur Fertigation von Gurken vorgenommen. Die Hoagland-Nährlösung
enthält 210 mg l-1 N, 35 mg l-1 P, 235 mg l-1 K, 65 mg l-1 S, 200 mg l-1 Ca und
50 mg l-1 Mg sowie die Mikronährstoffe Bor, Eisen, Mangan, Zink, Kupfer und
Molybdän. Die Nährlösung zur Fertigation von Gurken enthält neben den genannten
Mikronährelementen 239 mg l-1 N, 50 mg l-1 P, 352 mg l-1 K, 38 mg l-1 S, 148 mg l-1
Ca, und 34 mg l-1 Mg. Der EC-Wert der Nährlösung sollte bei ca. 2,0 mS cm-1 liegen,
63
die Verhältnisse der Nährelemente zueinander (N:P:K:S:Ca:Mg) liegen bei ca.
1:0,2:1,5:0,2:0,6:0,15. Der ertragswirksame untere Grenzwert kann deutlich von den
genannten Nährlösungen abweichen. Zur Produktion qualitativ hochwertiger
Tomaten ist ein relativ hoher EC-Wert im Wurzelraum notwendig. Anspruchslose
Kulturarten wie Eisbergsalat oder Basilikum können mit deutlich niedrigeren
Nährstoffgehalten im Bewässerungswasser auskommen.
Abb. 38: Schematische Darstellung einer Aquaponikanlage mit den Messpunkten zur
Nährstoffanalyse Auslass Fischbecken (A1), Einlass Hydroponik (E1, E2)
und Auslass Hydroponik (A2, Paschen, 2014).
In Tabelle 13 sind die NO3, NO2, NH4 und Gesamt-Nmin Gehalte des aquaponischen
Systems aufgeführt. Die Gesamtgehalte sind für Nährlösungen relativ niedrig. Ein
Teil des von den Fischen ausgeschiedenen Ns war offenbar im Sediment verblieben
und stand der Ernährung der Pflanzen somit nicht zur Verfügung. Die NO3-Gehalte
im Sediment lagen zwischen 40 und 131 mg l-1.
Pflanzen nehmen N sowohl in Form von NH4 als auch in Form von NO3 auf. Obwohl
Pflanzen NH4 nutzen, um es in Aminosäuren einzubauen kann gleichermaßen NO3
oder NH4 aufgenommen werden. NO3 wird dabei in der Pflanze zu NH4 reduziert. In
den meisten Böden überwiegt der NO3-Anteil bei der N-Aufnahme und auch in
hydroponischer Kultur ist der NO3-Anteil in der Fertigationslösung i.d.R. deutlich
höher als der Anteil an NH4. Aufgrund des Biofilters in der Aquaponikanlage waren
die NH4-Werte im System durchweg niedrig und lagen außer am Messpunkt A1
unterhalb des messbaren Bereichs. Der Messpunkt A1 liegt am Auslass des
Fischbeckens bevor das mit Nährstoffen angereicherte Wasser den Biofilter passiert.
64
Tab. 13: NO3, NO2, NH4 und Gesamt-Nmin Gehalte in einem aquaponischem System
mit afrikanischem Wels und Salatgurke.
*A1: Auslass Fischbecken, E1, E2: Einlass Hydroponik, A2: Auslass Hydroponik.
In Tabelle 14 sind die Gehalte an Pmin, Porg, K, Ca und Na aufgeführt. Die
Nährstoffkonzentrationen zwischen Ein- und Auslass unterschieden sich kaum, was
weniger an der fehlenden Nährstoffaufnahme durch die im System befindlichen
Pflanzen gelegen haben mag als am raschen Durchfluss des Wassers.
Augenscheinlich sind die besonders niedrigen Pmin-Gehalte im Wasser. Die Gehalte
an Porg liegen deutlich über den Pmin-Gehalten. Pflanzen können zwar kein Porg direkt
aufnehmen, durch die Ausscheidung Wurzelexsudaten, insbesondere der sauren
Phosphatase, kann der Gehalt an verfügbarem P jedoch erhöht werden. Saure
Phosphatasen spalten als Hydrolasen organische Phosphate. Sehr hohe Mengen an
P wurden im Sediment gemessen. Der Gehalt an Porg lag zwischen 11,2 und 34,5 mg
l-1. Der Gehalt an Pmin war im Sedimenter ebenfalls vergleichsweise hoch und
erreichte 2,2 mg l-1.
Die K-Gehalte im Aquaponiksystem lagen weit unterhalb dessen, was als Optimum in
Nährlösungen angesehen wird. Die Na Werte lagen deutlich über den Grenzwerten
für Gurkenproduktion in Hydrokultur (30 mg l-1, Abbildung 39). Da Na+-Ionen ebenso
wie K+-Ionen stark quellend wirken, können Na+-Ionen die Funktion von K+ in der
Pflanze teilweise übernehmen. Allerdings ist K+ aufgrund der größeren Hydrathülle
weniger mobil in der Pflanze.
Nährstoff Probenahme* Mittelwert Standardabw. Maximum Minimum
NO3 (mg l-1) A1 45.5 16.0 63,9 11,1
E1/E2 43,4 15,6 63,8 11,7
A2 42,9 16,7 64,2 11,5
NO2 (mg l-1) A1 0,2 0,2 0,8 0,1
E1/E2 0,2 0,2 0,8 0,0
A2 0,2 0,2 0,8 0,1
NH4 (mg l-1) A1 0,01 0,03 0,12 0,00
E1/E2 0,00 0,00 0,01 0,00
A2 0,00 0,00 0,00 0,00
Nmin (mg l-1) A1 45,6 15,9 64,4 11,9
E1/E2 43,6 15,5 63,6 12,0
A2 43,1 16,6 64,2 12,2
65
Im Vergleich zu den anderen Elementen/Molekülen kamen die Ca-Gehalte in der
Aquaponikeinheit den Gehalten in Standardnährlösungen am nächsten. Niedrige Ca-
Gehalte können bei der Produktion von Tomaten in Verbindung mit klimatischen
Bedingungen, welche die Transpiration stark fördern, zu einem verbreiteten
Mangelsymptom in der Frucht, der Blütenendfäule führen. Da Ca mit dem
Transpirationsstrom im Xylem transportiert wird und ein aktiver Membrantransport
kaum stattfindet, wird unter solchen Bedingungen zwar genügend Ca aufgenommen,
der Transport erfolgt jedoch an der Frucht vorbei in die Blätter.
Tab. 14: Gehalte an organischem (Porg), mineralischem P (Pmin), K, Ca, Na in einem
aquaponischem System mit afrikanischem Wels und Salatgurke.
*A1: Auslass Fischbecken, E1, E2: Einlass Hydroponik, A2: Auslass Hydroponik.
Bezogen auf die maximal gemessenen Werte hatte die Nährlösung eine N:P:K:Ca
Zusammensetzung von 1:0,02:0,25:1,55 und wich damit deutlich von optimalen
Nährlösungen ab (Abbildung 39).
Nährstoff Probenahme* Mittelwert Standardabw. Maximum Minimum
Pmin (mg l-1) A1 0,1 0,3 1,0 0,0
E1/E2 0,1 0,1 0,5 0,0
A2 0,1 0,1 0,5 0,0
Porg (mg l-1) A1 0,3 0,4 1,3 0,0
E1/E2 0,3 0,3 1,2 0,0
A2 0,3 0,3 1,3 0,0
K (mg l-1) A1 5,4 6,1 16,3 0,1
E1/E2 4,8 5,2 15,7 0,1
A2 4,7 6,1 15,6 0,1
Ca (mg l-1) A1 79,5 24,1 98,3 21,4
E1/E2 82,1 18,9 98,3 42,8
A2 83,1 15,4 97,4 48,2
Na (mg l-1) A1 43,0 6,6 50,0 27,0
E1/E2 43,1 6,2 50,0 30,0
A2 42,7 6,7 50,0 27,0
66
Abbildung 39: Vergleich zwischen dem Soll- und dem Istzustand der Nährelemente
N, P, K, Ca, Mg und SO4 zueinander sowie der Na-Grenzwert für die
Fertigation von Gurken. Die Berechnung des Istzustandes basiert auf
maximalen Messwerten aus den Tabellen 1 und 2.
Pflanzenanalysen
Pflanzenanalysen wurden am Ende des Wels/Gurke Aquaponikversuchs sowie am
Ende eines Versuchs mit Tilapien und Karpfen in der Aquakultur und
Tomate/Gurke/Salat in einer Kiesbettpflanzanlage durchgeführt. Gemessen wurden
Gehalte an N, P, K, Ca und Na in den Blättern der Gurkenpflanzen. Nährstoffgehalte
der Tomaten und des Salats wurden nicht ermittelt. Mg-Analysen stehen noch aus.
Die Aufnahme von Nährstoffen in Hydrokulturen ist von der Nährstoffkonzentration
und der Menge verfügbaren Wassers abhängig. Nährstoffkonzentration und Menge
an mit Nährstoffen angereichertem Wasser ergeben die absolute Menge an
verfügbaren Nährstoffen. Eine günstige Nährstoffzusammensetzung ist weiterhin für
die optimale Ernährung der Pflanzen von Vorteil. Die Nährstoffgehalte
unterschiedlicher Pflanzenteile können ebenso variieren, wie die Nährstoffgehalte
derselben Organe unterschiedlichen Alters. Alle in Tabelle 15 gemachten Angaben
beziehen sich auf Werte, die in jungen, voll entwickelten Blättern gemessen wurden,
der physiologische Zustand bzw. das physiologische Alter waren somit vergleichbar.
67
Tab. 15: Mittlere Nährstoffgehalte und Standardabweichungen von Gurkenblättern
aus Aquaponikanlagen mit verschiedenen Fischarten sowie den
Pflanzsystemen Kiesbett (Tilapia und Karpfen) und Schwimmhydroponik
(Wels).
Nährelement Welse Tilapien Karpfen
N (mg / 100 g) Mittelwert 3387 4281 3817
Standardabw. 334 389 963
P (mg / 100 g) Mittelwert 188 400 393
Standardabw. 60 111 136
K (mg / 100 g) Mittelwert 1257 1451 1281
Standardabw. 387 346 224
Ca (mg / 100 g) Mittelwert 5360 4490 6294
Standardabw. 2922 453 2031
Mg (mg / 100 g) Mittelwert
Standardabw.
Na (mg / 100 g) Mittelwert 118 81 71
Standardabw. 47 0 0
Obwohl die gemessenen Nitrat und Ammonium Gehalte in den
Bewässerungswassern relativ niedrig waren, lagen die N-Gehalte im Blatt in
Bereichen, in denen bei den meisten landwirtschaftlichen Kulturen nicht mit
Ertragseinbußen zu rechnen ist. Hier ist allerdings zu bedenken, dass gerade mobile
Nährstoffe wie N in Pflanzen an die Orte des größten Bedarfs transportiert werden
und somit höchste Gehalte in den jüngsten voll entwickelten Blättern zu erwarten
sind. Die Pflanzen der Gurke/Welsanlage zeigten ausgesprochene Mangelsymptome
(Chlorosen, Nekrosen) an den älteren Blättern.
Die P-Gehalte waren in der Welsanlage deutlich zu niedrig, lagen in den beiden
Anlagen mit Kiesbettkultur jedoch im akzeptablen Bereich. Die gemessenen
Kaliumwerte waren in allen drei Anlagen sehr niedrig. Die Ca-Gehalte lagen
oberhalb dessen, was im Regelfall als Normal- bzw. Optimalbereich angegeben wird.
Die Ergebnisse entsprechen somit den bereits in der Nährlösung festgestellten,
vergleichsweise hohen Ca-Gehalten. Da von Ca keine Toxizität ausgeht, sind die
Gehalte unbedenklich.
68
Gurkenertragsleistung der Gurke/Wels Aquaponikanlage
Aufgrund der relativ niedrigen Nährstofffrachten in Fischabwässern ist die klassische
Hydrokultur mit inerten Substraten wie Steinwolle zur Produktion von Gemüsearten
wie Gurke, Tomate, Aubergine oder Paprika wahrscheinlich nur mit zusätzlicher
Düngung ohne Ertrags- und Qualitätseinbußen möglich. Schwimmhydroponiks und
evtl. auch die Nährstofffilmtechnik (NFT) stellen erfolgversprechendere Alternativen
dar. Aufgrund der sehr großen Wassermenge, die Pflanzen in Schwimmhydroponiks
zur Verfügung stehen, werden sich niedrige Gehalte an Nährstoffen u.U. weniger
negativ auswirken als bei anderen Kulturverfahren. Im Vergleich zum NFT-System ist
bei gut belüfteten Schwimmhydroponiks mit niedrigerem Krankheitsdruck zu rechnen.
Die gemessenen Erträge lagen in der Anlage bei ca. 2,8 Gurken/lfdm. Das
Ertragsziel liegt bei 200 Gurken je lfdm im Jahr, was in der Hauptertragszeit einer
wöchentlichen Ernte von 8 Gurken/lfdm entspricht. Zwar können die Erträge in den
ersten Monaten nach Produktionsbeginn deutlich darunter liegen, die Ertragsziele
konnten in der Versuchsanlage jedoch nicht erreicht werden, was wahrscheinlich an
den niedrigen Nährstoffgehalten im Bewässerungswasser lag.
Obwohl Fische zwischen 30 und 65 % der über das Futter zugeführten N-Menge und
bis zu 40 % des zugeführten Ps wieder ausscheiden (Buzby & Lin, 2014), sind
niedrige Gehalte an den Makronährstoffen K, P und S sowie den Mikronährstoffen
Eisen und Mangan in Aquaponiksystemen aus der Literatur bekannt (Graber &
Junge, 2009, Roosta & Hamidpour, 2013, Vergote & Vermeulen, 2010). Die
fehlenden Nährstoffe konnten teilweise durch Blattgaben ersetzt werden (Roosta &
Hamidpour, 2011; Roosta, 2014a). Eine Alternative stellt die Produktion
anspruchsloser Kulturen dar, allerdings konnten auch dort keine Maximalerträge
erzielt werden, solange die Bewässerung ausschließlich über Aquakulturabwasser
erfolgte (Roosta, 2014b). Neben den niedrigen Nährstoffgehalten ist auch die in
dieser Studie beobachtete schwankende Nährstoffzusammensetzung in der Literatur
beschrieben (Buzby & Lin, 2014; Hussain et al., 2014a, Hussain et al., 2014b).
69
Versuch Justus von Liebig Weg 2015 (FischGlasHaus)
Nährstoffgehalte in der Aquaponikanlage
Während der Versuchsdauer in der Kammer 1_05, in welcher verschiedene
Aquaponiksysteme miteinander verglichen wurden (s.u.), wurden einmal wöchentlich
Makronährstoffgehalte aus der intensiven Aquakulturanlage bestimmt. Die
Nährstoffgehalte waren zunächst stark schwankend, haben dann aber ein
gleichmäßig hohes Niveau erreicht. Die genaue Analyse der Daten steht noch aus,
erste Ergebnisse sind in Abb. 40 dargestellt. Auffällig ist, dass besonders der Kalium
(K) Gehalt im Mittel über die Messtermine sehr niedrig ausfällt. Die Phosphor (P)
Gehalte waren im Vergleich zu den Vorversuchen in der Satower Straße deutlich
erhöht. Besonders die Calzium (Ca) aber auch Schwefel (S) und Magnesium (Mg)
Gehalte waren vergleichsweise hoch.
Abb. 40: Mittlere prozentualer Anteile der Makronährstoffe an den Gehalten einer für
Gewächshausgurke optimierten Nährlösung.
Neben den Makronährstoffgehalten wurden an drei Terminen Mikronährstoffgehalte
gemessen. Bislang wurde erst ein Analysetermin ausgewertet. Die Ergebnisse sowie
mittlere Natrium (Na) Gehalte im Prozesswasser sind in Abb. 41 dargestellt. Die Na-
Gehalte übersteigen tolerierte Gehalte um ca. 50 %, es besteht aber noch keine
Gefahr für toxische Effekte oder ertragsrelevante Stresseffekte. Mangan (Mn) und
Molybdän (Mo) Gehalte sind besonders niedrig und müssen für ein optimiertes
Wachstum zugedüngt werden. Die Kupfer (Cu) Gehalte übersteigen das Optimum,
sind aber ebenfalls noch nicht als problematisch zu betrachten. Es wurden relativ
70
hohe Eisen (Fe) Werte festgestellt, die Zink (Zn) Gehalte waren niedriger als
erwartet.
Abb: 41: Natrium und Mikronährstoffgehalte im Prozesswasser der Aquakultureinheit.
Abb. 42 zeigt ausgewählte Nährstoffe der aufgedüngten Nährlösung, die zur
Fertigation von Gurken benutzt wurde. Ziel war eine sehr moderate Düngung, es
wurde ein Fertigdünger genutzt, da zu Beginn des Versuchs noch nicht bekannt war,
wie hoch die Nährstoffgehalte im Prozesswasser sind. Auffällig ist, dass besonders
die P-Gehalte nicht das gewünschte Maß erreicht haben. Unter Umständen hat eine
Festlegung stattgefunden, die genauere Datenanalyse wird hier nähere
Informationen liefern.
Abb. 42: Mittlere Makronährstoff- und Natriumgehalte im Prozesswasser (blau) sowie
in der Nährlösung (rot), die für die Bewässerung genutzt wurde.
71
Pflanzenentwicklung und Erträge
Es wurden drei verschiedene Kulturverfahren miteinander verglichen:
Kiesbettkultur
Schwimmhydroponiks
Nutrient film technique (NFT)
Das Kiesbett hatte eine Höhe von ca. 16 cm und wurde mit einem Ebbe-Flut-System
bewässert. Die Wasserstandshöhe im Schwimmhydroponik betrug ebenfalls ca. 16
cm. Die NFT-Rohre hatten einen Durchmesser von 10 cm und ein Gefälle von ca. 1
%. Der Versuch wurde mit drei Wiederholungen angelegt, der Wasserzulauf war für
alle Systeme gleich.
Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Blattflächenentwicklung im Kiesbett und
Schwimmhydroponik in etwa gleich war (Abb. 43). Im NFT-System wurde eine
deutlich geringere Blattflächenentwicklung festgestellt. Ein ähnliches Bild zeigt sich
bei der Anzahl der Blätter. Auch hier wurden im NFT-System deutlich weniger Blätter
gebildet als in den beiden anderen Systemen (Abb. 44).
Abb. 43: Blattflächenentwicklung im Kiesbett (blau), Schwimmhydroponik (rot) und
NFT-System (grün).
72
Abb. 44: Pflanzenentwicklung im Kiesbett (A), Schwimmhydroponik (B) und NFT-
System (C).
Erträge wurden 63 bis 68 Tage nach der Verpflanzung der Gurken gemessen. Nach
dem 68. Tag war aufgrund einer Welkeerkrankung ein starker Abwurf von Blüten und
sehr kleinen Gurken zu beobachten. Die Welke hat aufgrund des einfachen
Wasserkreislaufs zwar alle Varianten und Wiederholungen erfasst, trotzdem waren
die Abwürfe nicht an allen Pflanzen gleich hoch, so dass eine weitere Erhebung von
Ertragsdaten wenig Sinn gemacht hätte. Die Erträge lagen - gefolgt vom
Schwimmhydroponik - im Kiesbett am höchsten. Die Erträge im NFT-System fielen
deutlich niedriger aus (Tab 16). Ein Grund für die niedrigen Erträge und die schlechte
Entwicklung im NFT-System kann der hohe Wasserstand im System gewesen sein.
Hier sind weitere Untersuchungen mit stärkerer Neigung der NFT-Rohre notwendig.
Tab. 16: Ertragszahlen für Gurken in drei Hydroponiksystemen.
Gurken/Pflanze Länge (cm)
Durchmesser (cm)
Gewicht (g)
Kiesbett 1,9 ±0,3 24,1 ±0,2 3,6 ±0,1 177 ±5
Schwimmhydroponik 1,5 ±0,8 24,6 ±1,2 3,8 ±0,2 204 ±36
NFT-System 0,5 ±0,5 22,3 ±0,7 3,1 ±0,2 126 ±7
73
Literatur Buzby, K.M., Lin, S.L. (2014) Scaling aquaponic systems: Balancing plant uptake
with fish output. Aquacultural Engineering 63: 39-44.
Graber, A., Junge, R. (2009) Aquaponic systems: Nutrient recycling from fish
wastewater by vegetable production. Desalination 246: 147-156.
Hussain, T., Verma, A.K., Tiwari, V.K., Prakash, C., Rathore, G., Shete, A.P., Nuwan,
K.K.T. (2014a) Optimizing koi carp, Cyprinus carpio var. koi (Linnaeus, 1758),
stocking density and nutrient recycling with spinach in an aquaponic system.
Journal of the World Aquaculture Society 45: 652-661.
Hussain, T., Verma, A.K., Tiwari, V.K., Prakash, C., Rathore, G., Shete, A.P.,
Saharan, N. (2014b) Effect of water flow rates on growth of Cyprinus carpio
var. koi (Cyprinus carpio L., 1758) and spinach plant in aquaponic system.
Aquaculture International 23: 369-384.
Paschen, O. (2014) Analyse relevanter Nährstoffgehalte bei der Vergesellschaftung
von Cucumis sativus mit Clarias gariepinus im Rahmen eines Aquaponic-
Systems. BSc-Abschlussarbeit Universität Rostock.
Roosta, H.R. (2014a) Effects of foliar spray of K on mint, radish, parsley and
coriander plants in aquaponic system. Journal of Plant Nutrition 37: 2236-
2254.
Roosta HR (2014b) Comparison of the vegetative growth, eco-physiological
characteristics and mineral nutrient content of basil plants in different irrigation
ratios of hydroponic: aquaponic solutions. Journal of Plant Nutrition 37:11,
1782-1803
Roosta, H.R., Hamidpour, M. (2011) Effects of foliar application of some macro- and
micro-nutrients on tomato plants in aquaponic and hydroponic systems.
Scientia Horticulturae 129: 396-402.
Roosta, H.R., Hamidpour, M. (2013) Mineral nutrient content of tomato plants in
aquaponic and hydroponic systems: effect of foliar application of some macro-
and micro-nutrients. Journal of Plant Nutrition 36: 2070-2083.
Vergote, N., Vermeulen, J. (2010) Recirculation aquaculture system (RAS) with
tilapia in a hydroponic system with tomatoes. Acta Horticulturae 927: 67-74.
74
2.2.5 Landschaftsökologie und Standortkunde
Dr. Gerald Jurasinski, Dr. Uwe Buczko (Personal 7)
Gemeinsam mit dem Lehrstuhl Aquakultur co-betreute Bachelorarbeiten
Von der AG Landschaftsökologie und Standortkunde wurden in 2013 zwei
Bachelorarbeiten co-betreut:
(1) Bachelorarbeit Karl Bissa („Das Wachstum von afrikanischen Buntbarschen und
afrikanischen Welsen in einem ressourcenminimierten Aquaponiksystem“). In dieser
Bachelorarbeit wurden die Auswirkungen der unterschiedlichen Nährstoffverwertung
zweier Warmwasserfischarten in identischen Aquaponiksystemen (Ebbe-Flut-
System) untersucht und Wachstumsunterschiede von in dem System kultivierten
Pflanzen (Kopfsalat - Lactuca sativa, Gurke - Cucumis sativus, Tomate - Solanum
lycopersicum, Basilikum - Ocimum basilicum) und Fischen (Tilapia - Oreochromis
niloticus und Afrikanischer Wels - Clarias gariepinus) gegenübergestellt und
Ursachen dafür aufgezeigt.
Abb. 45: Darstellung des Wasserkreislaufs im verwendeten Ebbe-Flut-
Aquaponiksystem (Bissa, 2013).
(2) Bachelorarbeit Madeline Nievel („Räumliche Verteilung des Pflanzennährstoffs
Phosphor (Orthophosphat) in einem Ebbe-Flut-Aggregatsystem einer Warmwasser-
Aquaponikanlage“). In dieser Bachelorarbeit wurde untersucht, ob sich in einem
Ebbe-Flut Aggregatsystem einer Warmwasser-Aquaponikanlage unterschiedliche
Phosphorkonzentrationen finden und wie groß der Gradient der Phosphat-
Konzentration zwischen Zu- und Ablauf ist. Es wurde untersucht, ob ein
Zusammenhang zwischen der Phosphor-Konzentration und dem
75
Sauerstoffgradienten im Kiesbett sowie zwischen der Phosphor-Konzentration und
der Wassertemperatur besteht, ob die Phosphor-Konzentration im Kiesbett des
Aggregatsystems pH-Wert abhängig ist und ob sich die gemessenen
Phosphorkonzentrationen bei der Analyse von gefilterten oder ungefilterten
Wasserproben unterscheiden.
Aufbau und Betrieb eines Prototyps einer Schilfkläranlage
Zur Klärung der Fragestellung, in welchem Ausmaß mit Schilf (Phragmites australis)
bewachsene und mit sandigem Substrat gefüllte Behälter in der Lage sind,
nährstoffreiche (Ammonium, Nitrat, Phosphat) Restabwässer aus der Aquaponik-
Anlage des Lehrstuhls Aquakultur zu reinigen, wurde im Juli 2014 ein Prototyp einer
Schilfkläranlage errichtet. Diese Anlage wurde daraufhin vom September 2014 bis
November 2014 sowie im Juli 2015 mit Restabwässern zunächst der bisherigen
Aquaponikanlage in der Satower Str. 48 (Vorversuch), und dann mit Restabwässern
der neu errichteten Aquaponikanlage im Fischglashaus (Hauptversuch) beschickt.
Zu diesen Untersuchungen trugen sowohl studentische Arbeiten, welche im Rahmen
des Moduls „Wissenschaftliches und experimentelles Arbeiten“ des
Bachelorstudienganges Agrarwissenschaften sowie innerhalb des
Forschungsseminars im UIW Studiengang (WS 2014/15) angefertigt wurden
(Vorversuch), als auch eine an letztere anknüpfende Master-Arbeit (UIW Student
Steffen Wagner; Hauptversuch) bei. Für beide Versuche wurde dieselbe
Versuchsanlage verwendet, deren Aufbau im August 2014 abgeschlossen wurde.
Die getestete Schilfkläranlage besteht aus in drei Ebenen angeordneten Behältern
(Behälterkaskade), die im Batch-Verfahren beschickt und nacheinander durchströmt
wurden (Abb. 46). Dieser Aufbau wurde mehrfach mit Bewuchs (6 mit Schilfpflanzen
bepflanzte Behälterkaskaden) sowie ohne Bewuchs (3 Behälterkaskaden) wiederholt
und die Behälter in verschiedenen Versuchen mit unterschiedlichen Fischabwässern
beschickt. Dabei erfolgte zuerst die Befüllung der obersten Ebene I mit
Fischabwässern. Von dort wurden die Abwässer nach einer Aufenthaltszeit von 24h
in die tiefer gelegenen Behälter der Ebenen II und nach 24h-stündigem Aufenthalt
dort weiter in die Ebene III geleitet (Abb. 47, 49). Wasserproben wurden jeweils im
Ablauf der Versuchsbehälter entnommen beim Übergang des Wassers in den
nächsten Behälter bzw. in das Abwassersystem. Die Proben wurden auf Phosphat-P,
Nitrat-N, Ammonium-N und pH-Wert analysiert.
76
Abb. 46: Schema des kaskadenartigen Versuchsaufbaus im Querschnitt (H x B (m):
1,8 x 2). Dargestellt ist eine Behälterkaskade mit drei Behältern.
Abb. 47: Schematische Aufsicht auf die gesamte Versuchsanlage, bestehend aus 9
Behälterkaskaden mit je 3 Ebenen.
77
Als Einzelbehälter wurden Plastikkanister von etwa 60 l Volumen verwendet. Diese
wurden seitlich aufgesägt, sodass bei liegender Stellung des Kanisters die mit einem
Schraubverschluss versehene Kanisteröffnung den unteren Behälterauslass bilden
konnte. Die aufgesägte Kanisterseite zeigte dann im aufgebauten Versuch nach
oben und wurde von dort jeweils zunächst mit etwa 50 kg gewaschenem Mittelsand
und dann mit 25 kg Kies befüllt (Abb. 48). In dieses Substrat wurden im September
2014 jeweils drei durch einen Garten-Versandhändler (Stauden-Stade, Borken /
Westf.) bezogene Schilfpflanzen (Phragmites australis) von etwa 25 cm Höhe
gepflanzt. Der Kanisterauslass wurde mit einem Stück Geotextil gegen
Ausschwemmung geschützt und mit einem Auslasshahn versehen.
Abb. 48: Schematischer Querschnitt durch einen bepflanzten Versuchsbehälter
(Breite: 65 cm; Höhe: 40 cm).
78
Abb. 49: Ansicht des Versuchsaufbaus kurz nach Fertigstellung (September 2014).
Die Schilfkläranlage wurde von September bis November 2014 in mehreren
Durchläufen mit Abwässern aus der bisherigen Aquaponikanlage in der Satower Str.
48 beschickt. Im Sommer 2015 erfolgten dann Versuche mit Fischabwässern aus
der neu errichteten Aquaponikanlage im Fischglashaus. In beiden Fällen wurden die
in Chargen anfallenden Abwässer (pro Tag 20 l im Vorersuch, pro Tag 300 l im
Hauptversuch) zunächst in Vorratsbehältern (150 l Regentonnen, abgedeckt)
gesammelt. Die gemessenen Konzentrationsverläufe unterscheiden sich zwischen
Vorversuch (Fischabwässer der alten Aquaponikanlage; Abb. 50) und Hauptversuch
(Fischabwässer der errichteten Aquaponikanlage; Abb. 51). Im Jahr 2014 wiesen die
Fischabwässer Phosphat-P Konzentrationen von 3-3,5 mg / l auf (Abb. 50). Diese
gingen bereits nach Durchlauf der ersten Ebene auf nahezu 0 zurück, jedoch war der
Rückgang der Phosphat-Konzentrationen in den mit Schilf bewachsenen
Behälterkaskaden etwas größer als in den unbewachsenen. Die
Nitratkonzentrationen in den Fischabwässern waren bei diesem Vorversuch extrem
79
gering (< 1 mg Nitrat-N / l). Vermutlich ist ein Großteil des in den ursprünglichen
Abwässern vorhandenen Nitrats bereits während des Aufenthalts in den
Vorratsbehältern durch Denitrifikation in gasförmiger Form entwichen. Der Anstieg
der Nitratkonzentration nach Durchlauf der ersten Ebene ist durch Nitrifikation des
Ammonium-N erklärbar. Der Anstieg war in den unbewachsenen Behältern deutlich
größer als in den bewachsenen. Dies ist sehr wahrscheinlich darin begründet, dass
Nitrat von den Schilfpflanzen aufgenommen wurde. Die Ammoniumkonzentrationen
sind zu Beginn hoch (etwa 4 mg Ammonium-N / l), fallen aber bereits nach Durchlauf
der ersten Ebene sehr stark ab. Der Abfall der Ammoniumkonzentrationen war in den
bewachsenen Behältern stärker als in den unbewachsenen. Dies ist sowohl durch
eine Pflanzenaufnahme von Ammonium-N als auch durch eine stärkere Nitrifikation
in den bepflanzten Behältern aufgrund einer besseren Sauerstoffversorgung durch
die Schilfwurzeln erklärbar.
Sowohl Nitrifikation als auch Aufnahme von Ammonium-N durch Pflanzen sind
versauernde Prozesse. Dies spiegelt sich in der deutlichen Abnahme der pH-Werte
nach Durchfließen der Behälter wieder. Zudem war die Abnahme in den bepflanzten
Behältern stärker ausgeprägt als in den unbepflanzten.
Gehalte an pflanzenverfügbarem Phosphat-P im Substrat, die nach Abschluss der
Versuchsreihen im Frühjahr 2015 mit der DL-Extraktionsmethode gemessen wurde,
zeigen Werte im Bereich von 5 bis 10 mg Phosphat-P / kg Substrat (Abb. 50,
unterste Reihe). Diese Werte liegen deutlich unter den für eine ausreichende P-
Versorgung in Ackerböden als ausreichend erachteten Gehalten, was darauf hin
deutet, dass das Sorptionsmaximum des Substrats noch nicht erreicht ist.
80
Abb. 50: Gemessene Konzentrationsverläufe der untersuchten Abwasserproben.
Fischabwässer des Jahres 2014 (Tilapia, Karpfen). Boxplots mit Minima,
Maxima, Medianen und Quartilen. n je Box in den bewachsenen
Behälterkaskaden = 6, in den unbewachsenen = 3.
81
In den Aquaponik-Abwässern des Hauptversuchs wurden im Vergleich mit
denjenigen des Vorversuchs (3 – 3,5) deutlich geringere Phosphat-P Gehalte der
Inputwässer (1,5 bis 2 mg Phosphat-P / l) gemessen (Abb. 51). Auffällig ist, dass die
Phosphatkonzentrationen im Hauptversuch nach Durchlauf durch die Behälter zwar
abnehmen, aber bei weitem nicht so deutlich wie im Vorversuch (selbst unter
Berücksichtigung der niedrigeren Input-Konzentrationen im Hauptversuch),
insbesondere in den unbepflanzten Behältern. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die
Sorptionskapazität des Substrates sich zumindest ihrem Maximum annäherte.
Wahrscheinlich geschieht dies nicht linear, sondern nicht-linear in Form einer
Langmuir-artigen Sorptionsisotherme (z.B., Karstens et al., 2015). Um weitergehende
Aussagen darüber zu treffen, wären detaillierte Labormessungen der
Sorptionseigenschaften des Substrates erforderlich, die den Rahmen des Projekts
gesprengt hätten. Die deutlich stärkere Abnahme der Konzentrationen an Phosphat-
P in den Behälterkaskaden mit den bewachsenen Behältern verglichen mit den
unbewachsenen ist ein Hinweis auf P-Aufnahme durch die Schilfpflanzen. Hier
könnten Untersuchungen der P-Konzentrationen in der geernteten Biomasse der
Behälter die Vermutung bestätigen. Allerdings wurde bislang von der Ernte
abgesehen, weil noch nicht über einen Weiterbetrieb der Anlage entschieden wurde.
Die Input-Nitratkonzentrationen in den Aquaponikabwässern des Hauptversuchs
waren mit mehr als 30 mg Nitrat-N / l deutlich höher als in den Aquaponikabwässern
des Vorversuchs. Nichtsdestotrotz war nach Durchlauf durch die Substratbehälter
eine deutliche Abnahme der Nitratkonzentrationen zu beobachten, jedoch war die
Elimination des Nitrates nach Durchfluss der ersten Ebene bei weitem noch nicht
vollständig. Dies gilt insbesondere für die unbewachsenen Behälter, in denen selbst
nach Durchfluss der dritten Ebene die Nitrat-N Konzentrationen noch nahe bei 10 mg
/ l lagen. Dagegen gingen die Nitrat-N Konzentrationen in den bewachsenen
Behältern nach Durchfluss durch alle drei Ebenen auf nahezu null zurück. Dies
spricht für eine große Bedeutung der Nitrataufnahme durch die Schilfpflanzen,
während die Nitratelimination in den unbewachsenen Behältern wahrscheinlich
größtenteils durch Denitrifikation erfolgte. Verglichen mit den Nitratkonzentrationen
waren die Ammoniumkonzentrationen in den Aquaponikabwässern im Hauptversuch
mit etwa 1 mg Ammonium-N / Liter sehr gering. Die Elimination von Ammonium-N
82
war sowohl in den bewachsenen als auch den unbewachsenen Behältern sehr
effektiv.
Abb. 51: Gemessene Konzentrationsverläufe der untersuchten Abwasserproben.
Fischabwässer aus 2015. Boxplots mit Minima, Maxima, Medianen und
Quartilen. n je Box in den bewachsenen Behälterkaskaden = 6, in den
unbewachsenen = 3.
83
Fazit und Ausblick
Die durchgeführten Versuche zur Filter- und Reinigungswirkung von mit Schilf
bewachsenen Substratbehältern im Sinne einer Schilfkläranlage haben gezeigt, dass
ein solches System sehr effektiv in der Lage sein kann, die in Aquaponikabwässern
enthaltenen Nährstoffe Phosphat, Nitrat und Ammonium zu eliminieren. Es hat sich
gezeigt, dass der Bewuchs mit Schilf im Vergleich mit unbewachsenen
Substratbehältern die Reinigungsleistung, insbesondere für Phosphat und Nitrat,
deutlich verbessern kann. Die maßgeblichen Prozesse dabei sind
höchstwahrscheinlich Sorption und Aufnahme durch die Schilfpflanzen im Falle von
Phosphat sowie Denitrifikation und Pflanzenaufnahme im Falle von Nitrat.
Um dies quantitativ nachweisen und bewerten zu können wären jedoch
weitergehende Prozessforschungen und Analysen erforderlich. In zukünftigen
Untersuchungen sollten die Nährstoffgehalte im Pflanzenmaterial analysiert sowie die
Sorptionseigenschaften des Substrats detailliert untersucht werden. Dies würde eine
quantitative Bilanzierung und Modellierung der Nährstoffströme und eine genauere
Charakterisierung der ablaufenden Prozesse erlauben.
Literatur
Bissa, Karl (2013): Das Wachstum von afrikanischen Buntbarschen und
afrikanischen Welsen in einem ressourcenminimierten Aquaponiksystem.
Bachelorarbeit im Studiengang Agrarökologie, AUF, Universität Rostock.
Nievel, Madeline (2013): Räumliche Verteilung des Pflanzennährstoffs Phosphor
(Orthophosphat) in einem Ebbe-Flut-Aggregatsystem einer Warmwasser-
Aquaponikanlage. Bachelorarbeit im Studiengang Agrarwissenschaften, AUF,
Universität Rostock.
Karstens, S., Buczko, U., Glatzel, S. (2015): Phosphorus storage and mobilization in
coastal Phragmites wetlands: Influence of local-scale hydrodynamics.
Estuarine, Coastal and Shelf Science, 164: 124-133.
Wagner, Steffen (2015): Reinigungswirkung von mit Schilf bewachsenen
Bodenfilterkaskaden für Abwässer aus einer Aquaponikanlage im Hinblick auf
Phosphor und Stickstoff. Masterarbeit im Studiengang
Umweltingenieurwissenschaften, AUF, Universität Rostock.
84
3. Koordinations- und Öffentlichkeitsarbeit
3.1 Koordinationstätigkeiten
3.1.1 Arbeitstreffen
Während der Projektlaufzeit wurden insgesamt sieben Arbeitstreffen mit den
beteiligten Lehrstühlen durchgeführt. Es wurden die laufenden Forschungsarbeiten
diskutiert und interne Kooperationen besprochen. Das Ministerium für Landwirtschaft,
Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Mecklenburg Vorpommern war vertreten
durch Herrn Schmietendorf sowie bei größeren Veranstaltungen auch durch Herrn
Martin. Zusätzlich zu den Arbeitstreffen fanden während der Bauphase des
FischGlasHauses wöchentliche Bauberatungen mit dem BBL, GEFOMA, beteiligten
Handwerksfirmen und dem Dezernat 3 Uni Rostock (Herr Kotermann) statt. Dabei
war insbesondere der Lehrstuhl Aquakultur und Sea-ranching durch Prof. Palm
regelmäßig anwesend, um den Baufortschritt zu begleiten und eventuell notwenige
Anpassungen vorzunehmen (siehe regelmäßige Bauprotokolle, Anwesenheitslisten).
3.1.2 Berichte
Zu jedem Arbeitstreffen wurde eine Präsentation zum Stand der Forschung
angefertigt und dem Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz
des Landes Mecklenburg Vorpommern übermittelt. Die Arbeitstreffen wurden
protokolliert. Jährlich (2013-2014) wurde ein Zwischenbericht angefertigt, der dem
Ministerium in pdf-Form übermittelt wurde.
3.2 Öffentlichkeitsarbeit
3.2.1 Projektvorstellung In Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und
Verbraucherschutz des Landes Mecklenburg Vorpommern wurden Internetauftritte
und Imagefilme erstellt (Herr Martin, Frau Niese). Ein Artikel in der Fachzeitschrift
„Fischerei & Fischmarkt in Mecklenburg-Vorpommern“ folgt im Jahr 2016. Zudem
wurde das Projekt auf verschiedenen Öffentlichkeitsveranstaltungen genannt und
Teilergebnisse vorgestellt.
3.2.2 Wissenschaftliche Veröffentlichungen Während des Projektes wurden folgende Arbeiten international publiziert:
Knaus, U. & H.W. Palm eingeschickt. Effects of fish biology on ebb and flow
aquaponical cultured herbs under suboptimal conditions. in Vorbereitung. Knaus, U. & Palm, H. W. in Vorbereitung. Effects of the fish biology on aquaponical
cultured vegetables under optimal conditions. Knaus, U. & Palm, H. W. in Vorbereitung. Effects of fish biology on ebb and flood
aquaponical cultured herbs under optimal conditions.
Palm, H. W., Seidemann, R., Wehofsky, S., & Knaus, U. (2014a). Significant factors affecting the economic sustainability of closed aquaponic systems. Part I: system design, chemo-physical parameters and general aspects. AACL Bioflux, 7(1), 20-32.
Palm, H. W., Bissa, K., & Knaus, U. (2014b). Significant factors affecting the economic sustainability of closed aquaponic systems. Part II: Fish and plant growth. AACL Bioflux, 7(3), 162-175.
Palm H. W., Nievel M. & Knaus U. (2015). Significant factors affecting the economic sustainability of closed aquaponic systems. Part III: plant units. AACL Bioflux 8(1):89-106.
Während des Projektes wurden verschiedene Vorträge gehalten, wobei zudem
Vertreter aus Politik und Wirtschaft über das Projekt informiert wurden (z.B. Land MV
Projekt Gemini 23.09.2014, die Grünen 29.05.2015, Rotary Club Wismar
19.10.2015):
Palm H.W. Aquaponische Produktionsverfahren auch in Deutschland? 31.01.2015. Triesdorfer Fischereitag, Triesdorf.
Palm H.W. Aquaponic research at University of Rostock. 16.04.2015. E-Cost Action
meeting, Las Palmas, Gran Canaria
Während des Projektes wurden folgende Poster erstellt:
Palm, H.W. & Knaus, U. (2013): Das FISCHGLASHAUS - ein interdisziplinäres Projekt an der Universität Rostock. Poster.