flockung und entwässerung von klärschlamm mit hilfe von polyelektrolyten

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Die Angewandte Makromolekulare Chemie 250 (1997) 15-30 (NK 4350) Institut fur Technische und Makromolekulare Chemie, Universitat Hamburg, BundesstraBe 45,20146 Hamburg, Deutschland Universitat Potsdam, Institut fur Physikalische und Theoretische Chemie Fraunhofer Institut fur Angewandte Polymerforschung Teltow Flockung und Entwasserung von Klarschlamm mit Hilfe von Polyelektrolyten Sylvia Parker, Werner-Michael Kulicke*, Nicolai Bohm, Joachim Kotz', Werner Jaeger2 (Eingegangen am 24. September 1996) ZUSAMMENFASSUNG: Es wurde untersucht, wie ein ausgefaulter Klarschlamm durch eine optimale Flockungshilfsmittelzugabe zu mechanisch stabilen Flocken umgesetzt werden kann, so daB bei moglichst geringem Eintrag eine bestmogliche Entwasserung er- zielt wird. Um dam aussagekraftige, auf grol3technische Anlagen ubertragbare Er- gebnisse zu erhalten, wurde die Effektivitat der Flockungshilfsmittel und der un- terschiedlichen Flockungsverfahren in einer patentierten, mobilen, rechnergestutzten Flockungs- und Entwasserungsapparatur getestet. Der Klarschlamm wurde im Mono- und Dualverfahren mit bezuglich ihrer che- mischen Struktur, Molmasse und Ladungsdichte (LD) eingehend charakterisierten kationischen (LD: 25-55 mol-%; M,: 1,5 - 106-12,9 * lo6 g mol-') und einem an- ionischen (LD: 36 mol-%; M,: 7,6 * lo6 g mol-') Flockungshilfsmittel konditio- niert. Im Gegensatz zu anderen bereits untersuchten Triiben konnte beim Klars- chlamm weder eine Verbesserung der ohnehin sehr guten Entwasserbarkeit mittels kationischer Monoflockung (Laborversuch: 95 Gew.-% Filtratausbeute nach 4 s), noch eine Veningerung der optimalen Einsatzmengen durch die Anwendung des Dualverfahrens erzielt werden. Dariiber hinaus konnte gezeigt werden, daB die che- mische Struktur und die Molmasse der untersuchten kationischen Polyelektrolyte ei- nen weit groBeren EinfluB auf die Entwasserungseffektivitat besitzen als die La- dungsdichte in einem Bereich zwischen 25 und 55 mol-%. Ferner erwies sich, daB die Konditionierungseffektivitat der Polyelektrolyte mit steigender Molmasse zu- nimmt und die chemische Struktur hauptsachlich durch die Position der ladungstra- genden Gruppe einen EinfluB auf das Entwasserungsergebnis zeigt. SUMMARY An investigation was performed with the aim of ascertaining how a digested sew- age sludge could be converted into mechanically stable flocs through the addition of * Korrespondenzautor. 0 1997, Hiithig & Wepf Verlag, Zug CCC 0003-3 146/97/$07.00 15

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Page 1: Flockung und Entwässerung von Klärschlamm mit Hilfe von Polyelektrolyten

Die Angewandte Makromolekulare Chemie 250 (1997) 15-30 (NK 4350)

Institut fur Technische und Makromolekulare Chemie, Universitat Hamburg, BundesstraBe 45,20146 Hamburg, Deutschland

Universitat Potsdam, Institut fur Physikalische und Theoretische Chemie Fraunhofer Institut fur Angewandte Polymerforschung Teltow

Flockung und Entwasserung von Klarschlamm mit Hilfe von Polyelektrolyten

Sylvia Parker, Werner-Michael Kulicke*, Nicolai Bohm, Joachim Kotz', Werner Jaeger2

(Eingegangen am 24. September 1996)

ZUS AMMENFASSUNG: Es wurde untersucht, wie ein ausgefaulter Klarschlamm durch eine optimale

Flockungshilfsmittelzugabe zu mechanisch stabilen Flocken umgesetzt werden kann, so daB bei moglichst geringem Eintrag eine bestmogliche Entwasserung er- zielt wird. Um dam aussagekraftige, auf grol3technische Anlagen ubertragbare Er- gebnisse zu erhalten, wurde die Effektivitat der Flockungshilfsmittel und der un- terschiedlichen Flockungsverfahren in einer patentierten, mobilen, rechnergestutzten Flockungs- und Entwasserungsapparatur getestet.

Der Klarschlamm wurde im Mono- und Dualverfahren mit bezuglich ihrer che- mischen Struktur, Molmasse und Ladungsdichte (LD) eingehend charakterisierten kationischen (LD: 25-55 mol-%; M,: 1,5 - 106-12,9 * lo6 g mol-') und einem an- ionischen (LD: 36 mol-%; M,: 7,6 * lo6 g mol-') Flockungshilfsmittel konditio- niert. Im Gegensatz zu anderen bereits untersuchten Triiben konnte beim Klars- chlamm weder eine Verbesserung der ohnehin sehr guten Entwasserbarkeit mittels kationischer Monoflockung (Laborversuch: 95 Gew.-% Filtratausbeute nach 4 s) , noch eine Veningerung der optimalen Einsatzmengen durch die Anwendung des Dualverfahrens erzielt werden. Dariiber hinaus konnte gezeigt werden, daB die che- mische Struktur und die Molmasse der untersuchten kationischen Polyelektrolyte ei- nen weit groBeren EinfluB auf die Entwasserungseffektivitat besitzen als die La- dungsdichte in einem Bereich zwischen 25 und 55 mol-%. Ferner erwies sich, daB die Konditionierungseffektivitat der Polyelektrolyte mit steigender Molmasse zu- nimmt und die chemische Struktur hauptsachlich durch die Position der ladungstra- genden Gruppe einen EinfluB auf das Entwasserungsergebnis zeigt.

SUMMARY An investigation was performed with the aim of ascertaining how a digested sew-

age sludge could be converted into mechanically stable flocs through the addition of

* Korrespondenzautor.

0 1997, Hiithig & Wepf Verlag, Zug CCC 0003-3 146/97/$07.00 15

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S. Parker, W.-M. Kulicke, N. Bohm, J. Kotz, W. Jaeger

a flocculating agent, while achieving the best possible dewatering efficiency with the lowest possible dosage of flocculation agent. In order to obtain conclusive results which can be transferred to large-scale plants, the effectiveness of the flocculating agents and the various flocculation procedures were tested in a patented, mobile, computer-assisted flocculation and dewatering apparatus.

The sewage sludge was conditioned with flocculating agents which had previously been thoroughly characterized in terms of their chemical structure, charge density and molar mass. The cationic flocculating agents had charge densities ranging from 25-55 mol-% and molar masses from 1.5 - 106-12.9 * lo6 g mol-', whereas the an- ionic flocculating agent had a charge density of 36 mol-% and a molar mass of 7.6 * lo6 g mol-'. In contrast to other suspensions already investigated, for sewage sludge it was found that no improvement can be achieved in the already very high dewatering level when cationic monoflocculation is used (laboratory trial: 95% fil- trate yield by mass after 4 s). Nor was it possible to reduce the optimum dosage by using the dual procedure. In addition, it was possible to show that the chemical structure, i.e. the nature of the polyelectrolyte, and the molar mass of the cationic polyelectrolytes investigated exert a by far larger influence on the dewatering effi- ciency than the charge density in a range between 25 and 55 mol-%. Furthermore, it has also been observed that the conditioning efficiency of the polyelectrolytes in- creases as the molar mass rises and the chemical structure influences the dewatering result primarily through the position of the charge-bearing group.

1 Einleitung

In Zeiten wachsenden Umweltbewuljtseins stellt die quantitative Abtren- nung von Schwebeteilchen aus Triiben, wie sie bei der kommunalen und in- dustriellen Abwa~serreinigung'-~, der Freihaltung von Hafen und Wasser- stral3enG", der Bodensanierung' ', l2 und der Offset-Druckplatten-Produk- tion anfallen, ein aktuelles Problem dar. So fielen 1991 in der Bundesrepu- blik Deutschland rd. 14,9 Mrd. m3 Abwasser aus Industrie und privaten Haushalten an13. Davon wurden ca. 7,1 Mrd. m3 in offentlichen oder priva- ten Abwasserbehandlungsanlagen geklart. Die nach der Reinigung des Ab- wassers verbleibenden 74,9 Mio. m3 Klkschlamm mussen vor ihrer Ver- wertung moglichst weitgehend von Wasser befreit werden.

Im allgemeinen ist die Feststoffabtrennung aus Triiben problematisch. Fur laminar umstromte Partikeln in stark verdunnten Systemen kann eine kon- stante Absetzgeschwindigkeit nach dem Stokes'schen Gesetz berechnet werden. Wie Schema 1 jedoch zeigt, hangt die Sedimentationsgeschwindig- keit stark von der GroBe, der Form und der Dichte der Partikeln sowie dem Stromungszustand im Absetzbecken, d.h. der Reynolds-Zahl, ab14. Dariiber hinaus wird die Abtrennung aufgrund von AbstoBungen zwischen den in na-

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Flockung und Entwasserung von Klarschlamm

Schema 1. Schematische Darstellung des Absetzverhaltens von Partikeln mit: v, = Absetzgeschwindigkeit, p = Dichte, d = Partikeldurchmesser, g = Gravitationskonstante, q = Viskositat, cp = Formfaktor.

turlichen Triiben hauptsachlich negativ geladenen Partikeln erschwert. Es bildet sich ein stabiler Schwebez~stand'~, der durch Ladungsneutralisation uberwunden werden mu13. Als geeignetes Verfahren zur Abtrennung von in Wasser fein suspendierten Partikeln hat sich daher die mechanische F e d Flussig-Trennung unter Einsatz von polymeren Flockungshilfsmitteln er- wiesen.

1n.modemen Anlagen wie der METHA (mchanische Trennung von Ha- fensedimenten, Amt Strom- und Hafenbau, Hamburg) und der KETA (Kliir- schlamm Entwasserungs- und Trocknungssnlage, Klarwerk Kohlbrandhoft, Hamburg) werden Flockungshilfsmittel bereits erfolgreich eingesetzt. Bei den am haufigsten verwendeten Flockungshilfsmitteln handelt es sich um wasserlosliche, synthetische Polymere, deren Einsatz aufgrund ihrer hohen Wirksamkeit schon bei geringen Konzentrationen (im ppm:Bereich) immer mehr an Bedeutung gewinnt.

In vorangegangenen Untersuchungen zum Flockungs- und Entwasse- rungsverhalten von Hamburger Hafensedimenten konnte mit Erfolg gezeigt werden, da13 durch den Einsatz sowohl von kationischen als auch von anio- nischen Polyelektrolyten im Dual-Verfahren eine Verbesserung des Entwas- serungsverhaltens auf bis zu 60% bei gleichzeitiger Scherfestigkeit der Se-

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dimente von groBer 20 kN m-2 erzielt werden kann6. Der kombinierte Ein- satz von Flockungshilfsmitteln im Dualverfahren und Doppel-Dualverfah- ren fuhrte somit zu einem synergetischen Effekt, wodurch die Entwasse- rungseffektivitat weiter gesteigert und die Einsatzmenge an Flockungshilfs- mittel (GroBenordnung 0,l Gew.-%) um bis zu 10% reduziert werden konnte6. 16. Desweiteren konnte auch bei wechselnden Eigenschaften der Triibe die Betriebssicherheit der Anlage METHA (Durchsatzvolumen: 2 Mio. m3 a-’) gewahrleistet werden, so dal3 diese seit ihrer Inbetriebnahme im Miirz 1993 storungsfrei arbeitet.

Da naturliche Triiben unterschiedlicher Herkunft stark in ihren stofflichen und chemischen Zusammensetzungen variieren, ist es schwierig, die an Ha- fensedimenten erzielten Optimierungen auf andere Triiben zu ubertragen bzw. Ergebnisse vorauszusagen. Bohm und Kulicke konnten zeigen, daB dieses unter gewissen Voraussetzungen unter Zuhilfenahme von elektroki- netischen Methoden moglich ist”. Fur einen Vergleich verschiedener Trii- ben ist die Kenntnis der Schlammkennwerte, wie z. B. Trockensubstanzge- halt, Gluhverlust, Korngrol3enverteilung und Ladungscharakter unerlal3lich. Dabei zeigt sich, dal3 es sich bei den eingehend untersuchten Hafensedimen- ten um eine Triibe mit geringem organischen Anteil und daher mit zeitlich stabilen Eigenschaften handelt6. 16.

In dieser Arbeit sol1 nun eine Triibe mit hohem organischen Anteil unter- sucht werden. Es handelt sich dabei um einen ausgefaulten, anerob vorstabi- lisierten Kliirschlamm aus dem Kliirwerk Kohlbrandhoft, Hamburg.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, durch die Charakterisierung der Triibe und die genaue Kenntnis der molekularen Parameter der eingesetzten Flockungshilfsmittel Optimierungswege fur eine bestmogliche Entwasse- rung bei moglichst geringer Zugabe an Polyelektrolyten zu finden.

2 Experimenteller Teil

2. I Rechnergestiitzte Flockungs- und Entwasserungsapparatur

In grofitechnischen FestFlussig-Trennungsanlagen werden haufig Siebbandfilter- pressen als Entwasserungseinheit eingesetzt. Unter Druck wird dabei das Suspen- sionswasser aus dem Material herausgeprefit. Ein geeigneter Labortest, bei dem der PreBvorgang simuliert wird, ist die Druckfiltration.

Zur einfachen und zuverlassigen Bestimmung des optimalen Einsatzes von Flok- kungshilfsmitteln bezuglich chemischer Natur, Einsatzkonzentration, Molmasse und Ladungsdichte wurde eine mobile, rechnergestutzte Flockungs- und Entwasserungs-

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apparatur entwickelt, wie sie in Schema 2 gezeigt i d 8 . Es handelt sich dabei um eine patentierte Druckfiltrationsappatur, in deren Drucktopf gleichzeitig geriihrt werden kann. Dadurch ist es moglich, die Flockungshilfsmittel unter standigem Ruhren zuzugeben und die so konditionierte Triibe sofort nach der Agglomeration der Partikeln unter Druck zu filtrieren. Die Druckluft laBt sich uber einen Druckmin- derer variieren. Das anfallende Filtrat wird durch eine mit dem Computer verbun- dene Waage detektiert, wodurch dessen Masse als Funktion der Zeit durch eine groBe Anzahl von MeBpunkten bestimmt werden kann.

Schema 2. Schematische Darstellung der patentierten, mobilen, rechnergestutzten Flockungs- und Entwasserungsapparatur18.

2.2 Charakterisierung der Triibe

Der in dieser Arbeit untersuchte Klkschlamm stammte aus dem Hamburger Klk- werk Kohlbrandhoft. Diesem Klkwerk flieBen 85-90% des in Hamburg entstehen- den kommunalen Abwassers zu. Pro Tag fallen bei Trockenwetter, also ohne Nie- derschlagswasser, uber 400 Mio. Liter Abwasser an19. Diese Menge entspricht etwa dem Inhalt der Binnenalster.

Im Klarwerksverbund KohlbrandhofVDradenau wird das Abwasser in zwei me- chanisch-biologischen Abwasserbehandlungsanlagen geklw, wobei ca. 80 bis 90% der organischen Schmutzstoffe entfemt werden. Die aus dem mechanisch-biologisch gereinigten Abwasser abgeschiedenen Schmutzstoffe bilden den sogenannten Frischschlamm. Dieser besteht uberwiegend aus Wasser (Wassergehalt bis zu 98%) und geht schnell in den Zustand stinkender Faulnis uber. Er 1aBt sich nur schwer ent- wassem.

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Um eine selbstiindige Faulung mit unerwunschter Geruchsbelastigung zu unter- driicken, wird der Frischschlamm durch kontrollierte ,,Schlammfaulung" stabilisiert. Im Kliirwerk Kohlbrandhoft wird daher der Frischschlamm nach Voreindickung (von 1,5 auf ca. 5 Gew.-% Trockensubstanz (TS)) in 10 eifonnigen Faulbehaltern (Gesamtvolumen 80000 m3) anerob ausgefault. Der nach etwa 25 Tagen ausgefaulte Schlamm (Faulschlamm) besitzt einen durchschnittlichen Feststoffgehalt von 3 Gew.-%. Pro Tag fallen ca. 4000 t des auf diese Weise ausgefaulten Klarschlamms an. Das bei der Faulung entstehende Gas wird aufgefangen und dient als Heizgas fur die in der Schema 3 gezeigte Klarschlammentwasserungs- und Trocknungsanlage ( Zur Reduzierung der anfallenden Reststoffmengen wird der Faulschlamm in der KETA mit einem kationischen Flockungshilfsmittel versetzt und in Vollman- telzentrifugen auf einen mittleren Feststoffgehalt von rd. 22 Cew.-% entwassert. In dampfbeheizten Kontakttrocknern wird anschlieliend der Trockensubstanzgehalt des Schlamms auf 55 Gew.-% erhoht. Mit diesem Verfahren konnte die Reststoffmenge von ca. 250000 t ad auf ca. 80000 t a-' reduziert werden.

Schema 3. FlieBbild der KlZrschlammentwasserungs- und Trocknungsanlage (KETA) im Klarwerk Kohlbrandhoft.

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Flockung und Entwasserung von Klarschlamm

Bei der hier untersuchten Kliirschlammprobe handelt es sich um einen ausgefaul- ten Klarschlamm, der aus der Leitung vom Faulschlammbehalter zur Vollmantelzen- trifuge noch vor Zugabe des Flockungshilfsmittels entnommen wurde. Da selbst der ausgefaulte Klarschlamm eine biologische Restaktivitat aufweist, wurde die Triibe nach ihrer Entnahme weitere funf Monate bei Raumtemperatur gelagert, um Veran- derungen der Triibe uber die MeBzeit von einigen Wochen zu minimieren.

Als Schlammkennwerte wurden die in Tab. 1 angegebenen GroRen ermittelt. Da- bei wurden der Trocken- und der Gluhriickstand nach den DIN-Normen 38.414 T2 und DIN 38.414 T3 fur Schlamme bestimmt21. Die so erhaltenen Klarschlamm- Kennwerte werden in der Tab. 1 mit denen der Hamburger Hafensedimente vergli- chen.

Tab. 1. Schlammkennwerte der untersuchten Klkschlamm-Probe im Vergleich mit denen der Hamburger Hafensedimente.

Trocken- Gluh- pH-Wert Zeta-Potential KomgroBe riickstand verlust Anteil < 63 pm (Gew.-%) (Gew.-%) (mV> (%)

Klarschlamm 3,21 48,08 8,41 -17.2 bis -17,6 81,4 Hafensedimente 5,7 16,6 7 3 -11,3 bis-13,35 85

2.3 Eingesetzte Flockungshilfsmittel

Bei den am haufigsten eingesetzten organischen Flockungshilfsmitteln handelt es sich um wasserlosliche, hochmolekulare Polymere synthetischen U r ~ p r u n g s ~ ~ . ~ ~ . Copolymere auf Acrylamidbasis werden dabei bevorzugt eingesetzt. Diese Copoly- merisate aus ionischen und nichtionischen Monomereinheiten konnen durch Copo- lymerisation oder polymeranaloge Umsetzungen sowohl als anionische als auch als kationische Copolymere hergestellt werden2428. Sie besitzen den groRen Vorteil, dal3 sie fur spezielle Anwendungen individuell hergestellt und somit ihre Ei- genschaften dem Trennproblem optimal angepaRt werden konnen.

Da das Flockungsverhalten synthetischer Flockungshilfsmittel maRgeblich von ihrer chemischen und sterischen Struktur bestimmt wird, ist die eingehende Charak- terisierung dieser Substanzen bezuglich chemischer Zusammensetzung, Ladungs- Charakter, Ladungsdichte (LD), Molmasse (MJ, Knaueldurchmesser (d) und kri- tischer Konzentration (c*) wichtig. Fur die Bestimmung dieser GroBen steht eine Reihe von Methoden zur Verfugung.

Die in dieser Arbeit eingesetzten Polymeren wurden mittels Lichtstreuung, 13C- NMR-Spektroskopie, IR-Spektroskopie, Polyelektrolyt-Titration und Viskosimetrie charakterisiert.

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Die handelsublichen kationischen Flockungshilfsmittel gehoren uberwiegend zur Gruppe der Poly(acry1amid-co-acry1at)e. Ihre ladungstragende Gruppe ist ein quater- niires Stickstoffatom. Die chemischen und sterischen Strukturen wurden mittels der oben angegebenen Methoden bestimmt und sind in Schema 4 und Tab. 2 angegeben. Bei dem Flockungshilfsmittel A4 handelt es sich um ein kationisches Flussigpoly- meres mit einem Wirksubstanzgehalt von 22 Gew.-%. Wie nahezu alle in dieser Form vorliegenden Polymeren weist auch dieses Homopolymere eine sehr hohe La- dungsdichte und eine niedrige Molmasse auf.

Neben den kationischen Flockungshilfsmitteln wurde bei der Dualflockung der anionische Polyelektrolyt B2 eingesetzt. Wie Tab. 2 und Schema 4 zeigen, handelt es sich dabei um ein hochmolekulares Poly(acry1amid-co-natriumacrylat).

Schema 4. Strukturformeln von (a) Poly[acrylamid-co-(N,N,N-trimethyl-N-[2- methacryloylethyl]ammoniumchlorid)] (PTMAC), (b) Poly[acrylamid- co-(N,N,N-trimethyl-N-[2-acryloylethyl]ammoniumchlorid)] (PTAC), (c) Poly[acrylamid-co-(N,N,N-trimethyl-N-[3-acrylamidopropyl]ammo- niumchlorid)] (PTCA), (d) Poly[N,N,N-trimethyl-N-(2-methacryloyl- ethyl)ammoniumchlorid] (PMAC), (e) Poly(acry1amid-co-natriumacry- lat) (PAARAAM).

3 Ergebnisse und Diskussion

Da die Entsorgung der in Deutschland jahrlich anfallenden 50 Mio. m3 Kliirschlamm immer schwieriger wird, ist eine moglichst gute Entwasserung des Schlamms aus okologischer und okonomischer Sicht notwendig. Von den rund 3 Mio. t TS a-' werden 9% in sogenannten Monoklaschlammver-

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Flockung und Entwasserung von Klarschlamm

Tab. 2. Molekulparameter der eingesetzten Flockungshilfsmittel.

Derivat Code Ladungsdichte [q] M;104 d Chll* (mol-%) ( m ~ g - ’ ) (g mo1-l) (nm)

PTMAC W 32434 W 32533 W 32534 W 32535

PTAC c 3 c1 c 2

PTCA W 34255 W 34259 W 34260

PMAC A4 PAARAAM B2

25 50 50 50 30 50 55 25 50 50

100 36

72 1 7,7 516 5,4 73 1 8,6 963 12,8

1265 12,4 1293 12,o 1157 12,9 936 8,l 585 5,4 716 7,1 126

3 405 7,6

192 0,35 152 0,48 200 0,32 250 0,26 27 1 0,20 270 0,19 267 0,22 213 0,27 159 0,43 186 0,35

1,98 320 0,07

brennungsanlagen, aber auch in Hausmiillverbrennungsanlagen und Stein- kohlekraftwerken thermisch venvertetZ9. Damit eine wirtschaftliche Ver- brennung, d.h. eine Verbrennung mit Energiegewinn moglich ist, mu13 der Klarschlamm einen Trockensubstanzgehalt von mindestens 33 Gew.-% auf- weisen3’. Wie kurzlich bei der Fachtagung “Perspektiven der Klarschlamm- entsorgung” berichtet, wird bei einem geringeren Trockensubstanzgehalt mehr Energie zur Trocknung des Schlamms benotigt, als dieser durch Ver- brennung abgibt3’. Damit die benotigten 33 Gew.-% TS auch ohne Vor- trocknen des Schlamms erreicht werden, wird eine Erhohung des Trocken- substanzgehaltes nach der mechanischen FesWlussig-Trennung durch eine verbesserte Konditionierung angestrebt.

Daher sollte das Entwasserungsverhalten eines stabilisierten Klar- schlamms (s. Kap. 2.2) nach Konditionierung mit kationischen Polyelektro- lyten unterschiedlicher chemischer Struktur in Monoflockungen und nach Zugabe von anionischen und kationischen Flockungshilfsmitteln im Dual- verfahren getestet werden.

Zur Bestimmung der Konditionierungseffektivitat wird haufig ein soge- nannter Flockungstest durchgefuhrt, wie er z.B. in3’ beschrieben ist. Danach wird eine 0, Iproz. Polymerlosung in eine 2proz. Kaolinsuspension einge- riihrt. Aus der Zeit, die die Oberflache des Hockungsbettes zum Absinken um 4 cm benotigt, wird dann die Flockungsgeschwindigkeit errechnet. Wie die Praxis jedoch zeigt, hat die auf diese Weise bestimmte Konditionie-

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rungseffektivitat nur wenig mit der tatsachlichen Entwasserbarkeit des kon- ditionierten Systems gemeinsam. Dies liegt unter anderem an der Verwen- dung einer Kaolinsuspension als Testtriibe. Es handelt sich dabei um eine Modelltriibe, in der die komplizierten realen Verhaltnisse einer naturlichen Triibe mit organischem Anteil vernachlassigt werden. Dariiber hinaus bleibt bei diesem Test die Stabilitat der gebildeten Flocken vollig unbeachtet. Da- her haben sich Labortests als am erfolgreichsten erwiesen, bei denen das op- timale Flockungshilfsmittel, bzw. dessen optimale Konzentration, unter Be- riicksichtigung der Flockenstabilitat und unter realitatsnahen Bedingungen durch Entwasserungsversuche bestimmt wird. Die nachfolgend beschriebe- nen Untersuchungen wurden aus diesem Grund an der in Abschnitt 2.1 gezeigten patentierten, mobilen, rechnergestutzten Flockungs- und Entwas- serungsanlage durchgefuhrt.

3.1 Dualflockungen

Beim Einsatz von anionischen und kationischen Flockungshilfsmitteln fuhren verschiedene Wirkmechanismen zur Koagulation. Am Beispiel der Hafensedimente konnte gezeigt werden, da13 durch die Kombination beider Polyelektrolyte ein synergetischer Effekt erzielt wird, wodurch die Kondi- tionierung verbessert und die Trennleistung erhoht wird. Die beiden Wirk- mechanismen konnen in der als Dualverfahren bezeichneten Flockung kom- biniert werden. Dabei gibt es grundsatzlich zwei Arten des Dualverfahrens, die sich durch die Zugabereihenfolge der Flockungshilfsmittel unterschei- den.

Beide Verfahren, das anionisch-kationische und das kationisch-anionische Dualverfahren, wurden an einer 1 : 8 verdunnten Klarschlammprobe gete- stet, urn die Versuchsbedingungen den parallel dazu durchgefuhrten Zetapo- tential-Bestimmungen, wie sie in32333 beschrieben sind, so gut wie moglich anzupassen. Der Vergleich dieser Ergebnisse ist in33 publiziert. Dabei wurde zunachst die Konzentration des niedermolekularen, stark kationischen Flok- kungshilfsmittels A4 bei einer konstanten Konzentration (1 000 ppm) des hochmolekularen anionischen Polyelektrolyten B2 im anionisch-kationi- schen und kationisch-anionischen Dualverfahren optimiert. Zur Beurteilung der Ergebnisse und deren hertragbarkeit auf grofitechnische Anlagen wer- den Filtrationskurven betrachtet, die bei optimaler Konditionierung auf- grund der kurzen Verweilzeit in der Zentrifuge bzw. auf der Vorseihzone ei- nen moglichst steilen Anstieg und ein relativ hohes Plateauniveau aufweisen

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Flockung und Entwasserung von Klarschlamm

100

80

20

0

I

-I 1 .

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

Zeit, s Abb. 1. Zusammenfassung der optimalen Filtrationskurven nach Mono- und Dual-

Konditionierung von KlLschlamm (1 : 8 verdunnt) mit A4 und B2; (0 )

20000 ppm A4 + 1000 ppm B2, (0) 1000 ppm B2 + 20000 ppm A4, (0) 20000 ppm A4, (A) 500 ppm B2, ( x ) unkonditioniert.

mussen. In Abb. 1 sind die optimalen Ergebnisse der anionischen und katio- nischen Monoflockungen sowie die optimalen Filtrationskurven beider Dualverfahren vergleichend zusammengefaBt. Wie Abb. 1 zeigt, wird durch die anionische Konditionierung mit B2 das Entwasserungsverhalten des Klarschlamms nicht beeinfluBt. Bei Zugabe des niedermolekularen kationi- schen Polyelektrolyten A4 hingegen laBt sich das Entwasserungsverhalten erheblich verbessern. Fur den Polyelektrolyten A4 wird eine Konzentration von 20000 ppm als optimal bestimmt. Werden im anionisch-kationischen Dualverfahren zu den 1000 ppm des anionischen Polyelektrolyten B2 20000 pprn des kationischen Flockungshilfsmittels A4 dosiert, so lafit sich die Entwasserungseffektivitat soweit verbessern, daB anstatt nach 28 s Fil- trationszeit bereits nach 17 s 50 Gew.-% Filtratausbeute erhalten werden. Bei Umkehr der Zugabereihenfolge werden bei gleichen Konzentrationen 90 Gew.-% Filtratausbeute 14 s schneller erreicht als bei der anionisch-ka- tionischen Dualflockung. Somit erweist sich fur diese Flockungshilfsmittel- Kombination das kationisch-anionische Dualverfahren als am geeignetsten.

Betrachtet man nun die Flockungshilfsmittel-Kombination C2 eines hoch- molekularen kationischen Polyelektrolyten mittlerer Ladungsdichte mit dem hochmolekularen anionischen Flockungshilfsmittel B2, so findet man Verhaltnisse, wie sie in Abb. 2 dargestellt sind. Bei dieser Kombination er- weist sich die kationische Monoflockung mit einer optimalen Konzentration

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S. Parker, W.-M. Kulicke, N. Bohm, J. Kotz, W. Jaeger

Abb.

8 8 8 8 8 8 8 a 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 * * * I , 1

I 1 1

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

&it, s 2. Zusammenfassung der optimalen Filtrationskurven nach Mono- und Dual-

Konditionierung von Klkschlamm (I : 8 verdunnt) mit C2 und B2; (0 )

15000 ppm C2, (0) 1000 ppm B2 + 15000 ppm C2, (0) 15000 ppm C2 + 1000 ppm B2, (A) 500 pprn B2, ( x ) unkonditioniert.

von 15000 ppm C2 als am effektivsten. Die erhaltene Filtrationskurve ent- spricht nahezu der des reinen Wassers. Mittels Dualflockung konnen ver- gleichbar gute Ergebnisse erzielt werden, wobei jedoch ein negativer Ein- flulj des anionischen Polyelektrolyten festgestellt wird. Bei dieser Kombina- tion liefert die anionisch-kationische Dualflockung ein geringfugig besseres Ergebnis als die Konditionierung in umgekehrter Reihenfolge.

Da die bei diesen Laboruntersuchungen mittels kationischer Monoflok- kung erzielten optimalen Entwasserungsergebnisse auljerordentlich gut sind, sol1 im weiteren diese Art der Konditionierung im Hinblick auf die chemi- sche und sterische Struktur der einzusetzenden Flockungshilfsmittel naher untersucht werden.

3.2 Monofockungen

Wie mittels Zetapotential-Messungen durch elektrophoretische Licht- streuung (Zetasizer, Malvern@) bestimmt wurde, tragen die Klkschlamm- partikeln, wie in den meisten naturlichen Triiben, hauptsachlich negative Oberflachenladungen. Der Vergleich des Klkschlamm-Potentials mit dem der Hafensedimente zeigt (Tab. l), daB Klkschlamm eine geringfugig nega-

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Flockung und Entwasserung von Klarschlamm

tivere Gesamtladung aufweist, worauf der negative Einflurj anionischer Flockungshilfsmittel bei der dualen Konditionierung des Kliirschlamms, wie in 3.1 beschrieben, zuriickgefuhrt werden konnte.

Da sich die kationische Monoflockung zur Konditionierung von verdunn- tem Kliirschlamm als am effektivsten erwiesen hat, sol1 nun in weiteren Un- tersuchungen am Originalschlamm gezeigt werden, daB neben dem La- dungscharakter (Polyanion bzw. Polykation) des zugegebenen Flockungs- hilfsmittels auch dessen chemische Struktur, Molmasse und Ladungsdichte einen EinfluB auf das Entwasserungsverhalten des konditionierten Klar- schlamms besitzen. Dazu wurden in ihrer chemischen Struktur unterschied- liche Polyelektrolyte in Monoflockungen eingesetzt und die jeweils optima- len Entwasserungen bestimmt. Wie Tab. 2 zeigt, stand ein Probensatz von Poly[acrylamid-co-(N,N,N-t~methyl-N-[Zmethacryloylethyl]ammoni- umchlorid)] (PTMAC), Poly[acrylamid-co-(N,N,N-trimethyl-N-[2-acryloyl- ethyl]ammoniumchlorid)] (PTAC), und Poly[acrylamid-co-(N,N,N-trime- thyl-N-[3-acrylamidopropyl]ammoniumchlorid)] (PTCA) zur Verfugung, der es gestattete, die Entwasserungseffektivitat in Abhangigkeit von den Parametern Ladungsdichte (LD), chemische Struktur und Molmasse (M,) vergleichend zu untersuchen.

Zunachst wurde der Einflul3 der Ladungsdichte auf das Entwasserungs- verhalten gepriift. Wie Abb. 3 zeigt, kann nach Konditionierung mit einer

I I 100 1

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

%it, s Abb. 3. Vergleich der optimalen Filtrationskurven der Polyelektrolyte PTMAC

PTCA 50% (W 34260) und PTAC 30% (C3) - PTAC 50% (Cl) bei ver- gleichbarer Molmasse; ( x ) W 32434, (-) W 32534, (0) W 34255, (0) W 34260, (0) C3, (A) C1, (+) unkonditioniert.

25% (W 32434) - PTMAC 50% (W 32534), PTCA 25% (W 34255) -

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S. Parker, W.-M. Kulicke, N. Bohm, J. Kotz, W. Jaeger

hoheren Ladungsdichte bei allen drei Substanzgruppen (PTMAC (50 mol-% statt 25 mol-%), PTAC (50 mol-% statt 30 mol-%) und PTCA (50 mol-% statt 25 mol-%)) kein signifikanter Unterschied im Entwasse- rungsverhalten festgestellt werden. Dieser Vergleich veranschaulicht dar- iiber hinaus auch den EinfluB der chemischen Struktur. Die vergleichende Betrachtung der Filtrationsergebnisse nach Konditionierung mit den PTMAC- und PTAC-Derivaten zeigt, dal3 die zusatzliche Methylgruppe als Substituent an der Polymerhauptkette die Effektivitat der Entwasserung kaum beeinfluat. Wird nicht die Hauptkette, sondern der Spacer derart ver- andert, daB sich die ladungstragende Gruppe weiter von der Hauptkette ent- fernt, als es bei den PTCA-Derivaten der Fall ist, so wird wider Erwarten eine Verschlechterung des Entwasserungsergebnisses festgestellt. Dal3 diese Verschlechterung tatsachlich auf der chemischen Struktur und nicht etwa auf geringen Unterschieden in der Molmasse beruht, zeigt der deutliche Un- terschied zwischen den beiden Filtrationskurven nach Konditionierung mit W 32533 und W 34259 in Abb. 4. In dieser Abbildung werden die Entwas- serungsergebnisse der verschiedenen Substanzen bei gleicher Ladungs- dichte und ahnlicher Molmasse verglichen.

Den EinfluB der Molmasse innerhalb einer Substanzklasse auf das Ent- wasserungsverhalten macht Abb. 5 deutlich. Im allgemeinen nimmt bei al- len Flockungshilfsmitteln die Entwasserungseffektivitat mit steigender Mol-

100 ---

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

Zeit, s Abb. 4. Vergleich der optimalen Filtrationskurven der Polyelektrolyte PTMAC 25%

- FTCA 25%, PTMAC 50% - PTCA 50% und FTMAC 50% - PTAC 50% bei gleicher Ladungsdichte und vergleichbarer Molmasse; ( x ) W 32434, (0 ) W 34255, (-) W 32533, (0) W 34259, (0) W 32535, (A) C1, (+) unkon- ditioniert.

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Flockung und Entwasserung von Klarschlamm

0 2 4 6 8 10 12 14

Molmasse, lo6 g/mol

Abb. 5. Entwasserungsergebnisse von PTMAC 25%, PTMAC 50%, PTCA 25%, PTCA 50% und PTAC 50% in Abhangigkeit von der Molmasse; (0 )

PTMAC 25%, (0) PTMAC 50%, (17) PTCA 25%, (A) PTCA 50%, ( X )

PTAC 50%.

masse zu. Das Verhalten gleicher Substanzen unterschiedlicher Ladungs- dichte ist vergleichbar. Weiterhin ist erkennbar, daB durch Konditionierung mit Flockungshilfsmitteln der PTCA-Substanzgruppe etwa die gleiche Ent- wasserung erzielt werden kann wie mit PTMAC-Derivaten, wenn die Mol- masse der PTCAs etwa doppelt so groB ist wie die der PTMACs. Wie be- reits beschrieben, ist die Effektivitat von PTMAC- und PTAC-Derivaten als Konditionierungsmittel vergleichbar. Wie zu vermuten, ist daher auch die Molmassenabhangigkeit gleichartig.

Wir mochten uns beim Forschungszentrum Karlsruhe, Technik und Um- welt, Projekttragerschaft des BMBF fur Wassertechnologie und Schlamm- behandlung (PtWt), fur die finanzielle Unterstutzung bedanken.

Weiterhin danken wir Herrn Dip1.-Ing. R. Moller, Leiter des Klarwerkes Kohlbrandhoft, Hamburg, fur die Bereitstellung der Kliirschlammproben so- wie seine freundliche Diskussionsbereitschaft.

I W.-M. Kulicke, R. Budirahardjo, M. Prescher, Chem.-1ng.-Tech. 61 (1989) 828 J. M. Reuter, Chem.-1ng.-Tech. 48 (1976) 389 H. Bennoit, Chem.-1ng.-Tech. 57 (1985) 158

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Kliirschlammentsorgung", Garching bei Munchen, 14.09.1995

980

Hydrochim. Hydrobiol. 25 (1997) 27

30