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Konzeption und Charakterisierung von
Blended-Learning in der universitären
Experimentalausbildung von
Chemielehrkräften des Gymnasiums
Florian Scheffler
Online-Version
Konzeption und Charakterisierung von Blended-Learning in der universitarenExperimentalausbildung von Chemielehrkraften des Gymnasiums
der Philosophischen Fakultat
der Friedrich-Alexander-UniversitatErlangen-Nurnberg
zurErlangung des Doktorgrades Dr. phil.
vorgelegt vonFlorian Hermann Scheffler
aus Arnstadt (Ilmkreis)
Als Dissertation genehmigtvon der philosophischen Fakultatder Friedrich-Alexander-Universitat Erlangen-Nurnberg
Tag der mundlichen Prufung: 13.02.2017
Vorsitzende des Promotionsorgans: Prof. Dr. Heike PaulGutachter/in: Prof. Dr. Andreas Kometz
Prof. Dr. Ekkehard Geidel
Kurzfassung
Starkere Praxis- und Berufsorientierung sind eine haufig genannte Forderung an Lehr-
amtsstudiengange. Die Forderung nach zeitlicher und ortlicher Flexibilitat fur Studierende
wird im Zuge des Ausbaus von elektronischen Lehrangeboten ebenfalls haufiger genannt.
Die vorliegende Arbeit beschaftigt sich mit der Frage, wie am Beispiel eines chemiedi-
daktischen Experimentalpraktikums fur das Lehramt Chemie am Gymnasium in einem
Blended-Learning-Konzept beide Forderungen umgesetzt werden konnen, wie sich dies auf
das Lernverhalten der Studierenden auswirkt und inwieweit Prasenzveranstaltungen und
virtuelle Lehre miteinander vergleichbar und miteinander kombinierbar sind.
Dazu wurden virtuelle Laboranwendungen konzipiert, ein online-basiertes Kursangebot er-
stellt und die Planung und Durchfuhrung einer experimentellen Schauvorlesung fur Schul-
klassen in die Lehrveranstaltung integriert, die von den Studierenden nach definierten Vor-
gaben zu entwickeln war. Die technische Umsetzung der virtuellen Lehrangebote erfolgte
uber die Lernplattform ILIAS. Darin eingebettet wurden online-basierte Lernmodule, die
zweckmaßig Video-, Audio- und Bildelemente sowie interaktive Lernobjekte, in diesem
Fall virtuelle Laboranwendungen, vorstrukturiert bereitstellen. Die inhaltliche Konzep-
tion orientierte sich an den Bedurfnissen eines experimental-chemisch ausgelegten, fach-
didaktischen Praktikums, welches integraler Bestandteil jedes Chemie-Lehramtsstudiums
ist. Zur Erhohung der Praxisorientierung wurde als Zielstellung der Lehrveranstaltung
die Durchfuhrung einer Experimentalvorlesung fur ein Schulerpublikum definiert, auf das
von den Studierenden hingearbeitet wurde. Die Organisation und Koordination mit den
eingeladenen Schulklassen erfolgte durch die Dozenten im Großraum Nurnberg.
Die wissenschaftliche Begleitung erfolgte durch mehrere explorative Studien und charakte-
risiert ganzheitlich-exemplarisch die konzipierte Lehrveranstaltung. Eine regelmaßige Be-
fragung der Studierenden wurde mit Fragebogen und Online-Erhebungen durchgefuhrt,
die jeweils offene und geschlossene Fragen enthielten. Antworten auf offene Fragen wur-
den durch Kategorienbildung systematisiert, Antworten auf geschlossene Fragen wurden
I
mithilfe geeigneter statistischer Verfahren ausgewertet. Die Verfahren beinhalteten den
direkten Vergleich zweier Korrelationsmatrizen sowie Vergleiche unterschiedlicher, zusam-
mengefasster Likert-Skalen, die mithilfe von t-Tests auf ihre Signifikanz gefpruft wurden.
Die Befragungen wurden anonym zu funf Zeitpunkten durchgefuhrt (Im Semester vor der
Lehrveranstaltung, zu Beginn der Lehrveranstaltung, zwei Mal wahrend der Lehrveran-
staltung sowie zum Abschluss der Lehrveranstaltung). Durch individuell verschlusselte
Codes konnten die funf Fragebogen einer Person in den meisten Fallen einander zugeord-
net werden, sodass zusammenhangende Ergebnisse ausgewertet werden konnten.
Beide Ansatze (elektronische Lehre sowie die praktische Durchfuhrung einer Schauvorle-
sung) wurden von den Studierenden angenommen und positiv bewertet. Die Durchfuh-
rung einer Experimentalvorlesung wurde deutlich starker angenommen als E-Learning-
Angebote. Es zeigte sich, dass elektronische Lehre ihre Starken im Bereich kurzfristi-
ger Instruktionsphasen aufweist wie z. B. zur hauslichen Vorbereitung, fur nachhaltigere
Lerninhalte jedoch weniger geeignet scheint. Beide Erganzungen scheinen auch unabhan-
gig voneinander geeignete Werkzeuge zu sein, die Berufsorientierung des Studienganges zu
steigern bzw. flexiblere Studienbedingungen zu schaffen. Dabei zeigte sich, dass Studieren-
de mit großeren Vorkenntnissen effizienter bei der Nutzung von Online-Angeboten lernen.
Weiterhin zeigte sich, dass die Zustimmung zu einer Schauvorlesung in der Kohorte, die
sie tatsachlich durchfuhrte deutlich großer war als in der Kohorte, die nur die theoretische
Moglichkeit bewerten sollte.
Die vorliegende Arbeit ist als Print-on-Demand -Ausgabe in gedruckter Form erhaltlich:
ISBN 978-3-943845-23-5
Druckmanufaktur Hartmut Holz e.K. www.stendaldruck.deNicolaistraße 28 [email protected] Stendal
II
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis 2
Abbildungsverzeichnis 3
1 Einleitung 5
2 Theoretische Grundlagen 7
2.1 Medien, Experimente, Lehren 7
2.1.1 Medientheorie und Lernen mit Medien 7
2.1.2 Experimente im Chemieunterricht 11
2.1.3 Die Entwicklung vom Lernstufenmodell zum Instructional Design 21
2.1.4 Instructional Design, E-Learning-Formate und Interaktivitat 23
2.1.5 Interaktivitat in Chemie-Lernprogrammen 28
2.1.6 Werkzeuge zur Erstellung von digitalen Lehr-Lern-Konzepten 32
2.2 Blended Learning in Chemie und Chemielehrerbildung 37
2.3 Chemielehrerausbildung 44
2.3.1 Drei Phasen der Chemielehrerbildung 44
2.3.2 Definition der Anforderungen an ein chemiedidaktisches
Experimentalpraktikum 45
2.4 Praxisorientierung in der Lehramtsausbildung 49
2.4.1 Praxisbezug wahrend des Studiums 49
2.4.2 Verknupfung der drei Phasen der Lehrerbildung durch den
außerschulischen Lernort 50
2.4.3 Betreuung von Schulerlaboren durch Lehramtsstudierende 51
III
2.4.4 Experimental- und Schauvorlesungen 52
2.4.5 Weitere Ansatze zur Praxisorientierung im Hochschulstudium Chemie 54
2.5 Ableitung von Maßnahmen fur die fachdidaktische Experimentalausbildung 55
3 Forschungsplan 61
3.1 Konkretisierung der Fragestellung und Definition der Arbeitsschritte 61
3.2 Konzeption der Lehrveranstaltung 63
3.2.1 Pilotbefragung der Vorgangerkohorte 63
3.2.2 Aufteilung der Inhalte und Aufgaben 64
3.2.3 Zeitlicher Ablauf und Verknupfung mit der Hauptbefragung 66
3.3 Konzeption und Erstellung von Medien fur das chemiedidaktische Studium 69
3.3.1 Konzeption interaktiver Browser-Applikationen 69
3.3.2 Konzeption und Ausgestaltung zweier E-Learning-Einheiten fur die
chemiedidaktische Experimentalausbildung 76
3.4 Befragung 87
3.4.1 Zusammenhang von Pilot-, Haupt-, und Nebenbefragungen 87
3.4.2 Hauptbefragung 89
3.4.3 Nebenbefragung und Datenverarbeitung 91
4 Ergebnisse und Auswertung 93
4.1 Auswertungsmethoden 93
4.2 Vergleich der Durchfuhrungsmodi E-Learning- und Prasenzveranstaltung 99
4.2.1 Quantitativer Vergleich der Korrelationsmatrizen 99
4.2.2 Eigenschaften beider Korrelationsmatrizen 109
4.2.3 Zusammenfassung mehrerer Aussagen zu Skalen 111
4.2.4 Messung des Lernzuwachses bei E-Learning- und Prasenzgruppe 111
4.2.5 Bearbeitungsdauer und Computeraffinitat 115
4.3 Charakterisierung der Interaktiven Browserapplikation 116
4.3.1 Vergleich der Korrelationsmatrizen 116
4.3.2 Zusammenfassung mehrerer Aussagen zu Skalen 118
IV
4.4 Befragung zur Schauvorlesung und Videoinstruktion 121
4.4.1 Einfache Korrelationen und Skalenbildung 121
4.4.2 Skalenvergleich mithilfe von t-Tests 123
4.4.3 Vergleich der Schauvorlesungs-Gruppen mithilfe des Streudiagramms 124
4.4.4 Lernzuwachs durch die Schauvorlesung 126
4.4.5 Vergleich des Lernzuwachses der Schauvorlesung mit den Erwartungen
der Studierenden an die Lehrveranstaltung 130
4.5 Wiederholung der Vorbefragung 133
5 Diskussion und Ausblick 135
5.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 135
5.2 Zusammenfassung der Konzepte 136
5.3 Schlussfolgerungen fur die didaktische Experimentalausbildung 137
Literaturverzeichnis 140
Anhang 155
Auf Datentrager enthaltene Medien 155
Korrelationsmatrizen zu den Browserapplikationen 156
Folien des E-Learnings mit Funktionsbeschreibung und Sprechertext 164
Fragebogen 196
Danksagung 204
V
Tabellenverzeichnis
2.1 Kategorisierungsmoglichkeiten fur Medien in der Chemiedidaktik 10
2.2 Interaktive Bausteine zum Chemielernen 32
2.3 Schulexperimente in der Fachliteratur, Mengenvergleich 46
3.1 Handlungsabhangige Ruckmeldungen der interaktiven Chlorgassynthese 74
3.2 Handlungsabhangige Ruckmeldungen der interaktiven Druckgasflasche 76
3.3 Seitenubersicht des Lernprogramms”Theoretische Grundlagen“ 82
3.4 Kontextualisierungsbeispiele zu den Versuchen aus der Videoinstruktion 84
3.5 Ubersicht der Befragungseinheiten 89
4.1 Korrelationen bei der Bewertung der Prasenzveranstaltung 1/2 102
4.2 Korrelationen bei der Bewertung der Prasenzveranstaltung 2/2 103
4.3 Korrelationen bei der Bewertung der E-Learning-Veranstaltung 1/2 104
4.4 Korrelationen bei der Bewertung der E-Learning-veranstaltung 2/2 105
4.5 Punkteverteilung der Testaufgabe 112
4.6 P-Werte der t-Tests 114
4.7 Korrelationen des Vor-, Nach- und Folgetests 115
4.8 Lerninhalte zur Experimentalvorlesung 128
4.9 Verteilung genannter Aspekte zur Schauvorlesung 129
4.10 Gruppenvergleich der Schauvorlesung 129
4.11 Erwartungen an die Lehrveranstaltung 131
4.12 Anzahlen genannter Erwartungen an die Lehrveranstaltung 132
1
5.1 Korrelationen bei der Bewertung CGS durch Lehrkrafte 1/2 158
5.2 Korrelationen bei der Bewertung CGS durch Lehrkrafte 2/2 159
5.3 Korrelationen bei der Bewertung CGS durch Studierende 1/2 160
5.4 Korrelationen bei der Bewertung CGS durch Studierende 2/2 161
5.5 Korrelationen bei der Bewertung DGF durch Studierende 1/2 162
5.6 Korrelationen bei der Bewertung DGF durch Studierende 2/2 163
2
Abbildungsverzeichnis
2.1 Funktionen des Experimentes (schematisch) 16
2.2 Das Medium Strukturformel 17
2.3 Lernanwendung und Lernaktivitat (schematisch) 29
2.4 Theoretische Grundlagen (schematisch) 59
3.1 Befragungsdesign (schematisch) 68
3.2 Die interaktive Chlorgassynthese (Screenshot) 71
3.3 Interaktives Bild - Themenubersicht (Screenshot) 78
3.4 Interaktives Bild - Teilchenmodelle (Screenshot) 80
3.5 Schema der Befragungsauswertung 88
4.1 Unterscheidungskorrelation E-Learning - Prasenz (Diagramme) 107
4.2 Unterscheidungskorrelationen CGS - DGF (Diagramme) 119
4.3 Schauvorlesung und Videoinstruktion (Diagramm) 125
4.4 Wiederholung der Vorbefragung (Diagramme) 134
5.1 Folienubersicht (Screenshot) 195
3
1 Einleitung
Die Anforderungen an Lehrer im Schul- sowie Dozenten im Hochschulbetrieb werden mit
fortschreitender Medialisierung unserer Gesellschaft in zunehmendem Maße komplexer
und vielschichtiger. Dies gilt insbesondere in solchen Disziplinen, in denen nicht sicht-
bare Modellvorstellungen vermittelt werden mussen und der Weg des Experiments oft
die einzige Moglichkeit zur Primarerfahrung bietet. Dieser Umstand erfordert einerseits
ein abrufbares Fachwissen, andererseits eine zeitgemaße fachdidaktische Ausbildung, die
unter Berucksichtigung der medialen Moglichkeiten ihrer Zeit die Brucke zwischen der
Fachwissenschaft, wie hier auf dem Gebiet der Chemie, und dem Schulfach schlagt.
Zu den Aufgaben der universitaren Lehrerausbildung gehort ebenso die Metaanalyse und
die Metalehre, d.h. Fragestellungen, die sich uber die Vermittlung chemischer Fachinhalte
hinaus mit der Vermittlung chemiedidaktischer Fachinhalte und Handlungsempfehlungen
beschaftigt. Dazu zahlt insbesondere der Einsatz chemischer Experimente im Chemieun-
terricht an allgemeinbildenden Schulen sowie die schulernahe und fachgerechte Thema-
tisierung experimental-chemischer Arbeitsweisen (Schween, 2016). Im Lehramtsstudium
werden die fachdidaktischen Grundlagen dafur geschaffen; diese unterliegen ebenfalls den
Einflussen der Medialisierung und mussen mithilfe der Fachdidaktik weiterentwickelt wer-
den (Friedrich, 2012).
Daraus leiten sich nun die Aufgabenstellungen der vorliegenden Arbeit und die Wege zu
deren Losung ab. Zunachst muss hinterfragt werden, ob sich Praxisanteil und Lehreffizi-
enz einer experimentell ausgerichteten, chemiedidaktischen Lehrveranstaltung durch den
5
Einsatz von E-Learning in Kombination mit experimentalchemischen Schauvorlesungen
steigern lassen.
Der konzeptionelle Ansatz verfolgt eine Ausweitung des fachdidaktischen Experimental-
praktikums in zwei unterschiedliche Richtungen:
1. Sollen uber den Einsatz von E-Learning effizient Theorie und Grundlagen vermit-
telt werden, die unabhangig von bestimmten Experimenten und Versuchen fur einen
großen Teil der experimentellen Schulchemie gelten,
2. Soll uber einen projektartigen Aufbau mit der Zielstellung, selbst ein Demonstra-
tionsexperiment vorzufuhren sinnstiftendes Lernen in dem Sinne realisiert werden,
die gelernten Theorien und Grundlagen selbst anzuwenden.
Daraus lassen sich folgenden Fragen ableiten:
1. Inwieweit sind Losungen fur beide Forderungen im Rahmen universitarer Lehre in-
tegrierbar?
2. Welche Unterschiede bei den gewahlten Lehrformen fuhren zu besonderem Hand-
lungsbedarf?
3. Wie lassen sich beide Lernformen effektiv ausschopfen und wo liegen ihre jeweiligen
Grenzen?
Zur Beantwortung dieser Fragen wurde ein Konzept erstellt, dass beide Handlungsalter-
nativen in einer universitaren Lehrveranstaltung vereint. Die Durchfuhrung wurde mit
mehreren Fragebogen begleitet, die qualitative und quantitative Auswertungen ermogli-
chen.
6
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Medien, Experimente, Lehren
2.1.1 Medientheorie und Lernen mit Medien
Allgemeine Medientheorien
Lehr- und Lernprozesse, wie auch jegliche andere Form der Kommunikation, lassen sich
eingehend unter mediendidaktischen Aspekten untersuchen. Es bestehen zahlreiche Defi-
nitionen des Begriffs Medium, die zum Teil fur unterschiedliche Disziplinen ihre Funktion
erfullen oder versuchen, eine allgemeine Bedeutung des Begriffs zu erklaren. McLuhan be-
schreibt Medien als Erweiterung des menschlichen Aktionsradius, ahnlich eines Werkzeugs
(McLuhan, 2001). Daruberhinaus charakterisiert er Medien als die Botschaft eines Senders
an einen Empfanger, wobei die hierarchischen Aspekte besonders hervorgehoben werden,
indem verdeutlicht wird, dass Medien vielfach ineinandner verschachtelt sein konnen. Dies
wird am Beispiel einer chemischen Strukturformel deutlich: Das Medium Formel kommt
nicht ohne ein weiteres Medium aus, in diesem Falle das Medium, das fur die Sichtbarma-
chung verantwortlich ist - eine Buchseite, ein Arbeitsblatt oder eine Overhead-Projektion.
Die Strukturformel enthalt weitere visuelle Medien, wie Buchstaben und Buchstaben-
kombinationen, die chemischen Elementen zugeordnet sind - auch als Elementsymbole
bezeichnet, Valenzstriche, die eine topologische Verknupfung der Elemente beschreiben
7
sowie Zahlen, die die quantitativen Beziehungen der Elemente oder ihrer Atome zueinan-
der verdeutlichen. Der Kernsatz von McLuhans Hauptwerk”
Understanding Media“ lautet
”The medium is the message“ (Das Medium ist die Botschaft) und wird als Grundstein
seiner Medientheorie angesehen, da der Fokus des Untersuchungsgegenstands ganzheitlich
gesehen wird und eine zu ubermittelnde Botschaft um die Form erweitert wird, in der sie
gesendet wird.
Fur den konkreteren Gebrauch des Begriffes Medium fur die Chemiedidaktik wird er aus
der allgemeinen Theorie McLuhans fur die vorliegende Arbeit und damit die spezielle
Anwendung wie den Chemieunterricht und das chemiedidaktische Studium abgeleitet. In
dieser didaktischen Arbeit steht er fur das Transportmittel der Botschaft (in aller Regel
Information uber einen chemischen Sachverhalt) eines Senders (Lehrender) an einen Emp-
fanger (Lernender), wobei jedes Medium weitere Medien enthalten kann bis sich der Kern
der Botschaft (im Folgenden: des Lerninhalts) offenbart, der nach McLuhan (McLuhan,
2001) ganzheitlich ebenfalls als Medium anzusehen ist. Vor dem Hintergrund der hier-
archischen Zusammensetzung von Medien wird in der vorliegenden Arbeit der Begriff
E-Learning im Sinne verschiedener E-Learning-Formate benutzt. Er bezeichnet je nach
Kontext eine virtuelle Laboranwendung (VL), ein Online- oder Offline-Lernmodul oder
Lernprogramm (synonym web-based oder computer-based training), eine elektronische
Kommunikationsform oder die Gesamtheit der genannten, digitalen Formate, die nicht
durch einen Dozenten in einer Prasenzveranstaltung genutzt werden. Als Oberbegriff fur
Organisationsformen, in denen E-Learning und nicht-digitale Lehrformen zusammenwir-
ken wird der Begriff Blended Learning verwendet. Er bezeichnet dem Wortursprung nach
eine Kombination von Lernformen und bezieht sich dabei auf Prasenz- sowie E-Learning-
Veranstaltungen. Auf den deutschen Begriff”integriertes Lernen“ wird hier aufgrund der
irrefuhrenden Ubersetzung verzichtet, da eine Verwechslung mit Begriffen aus der inte-
grativen Padagogik vermieden werden soll (Sauter & Sauter, 2002).
8
Medien in der Chemie
Im Sinne einer experimentellen Naturwissenschaft geht der Lerninhalt (Die Botschaft, die
durch ein Medium transportiert wird) immer aus den regelhaften Vorgangen eines oder
mehrerer Experimente hervor; sie beschreibt Modellvorstellungen auf der Ebene atomarer
Teilchen und enthalt z.B. den raumlich-strukturellen Aufbau der Teilchen, Reaktionsmog-
lichkeiten verschiedener Teilchen miteinander, Anziehungs- und Abstoßungskrafte, statis-
tische Verteilung vieler Teilchen in Bezug auf Bewegung, Energieinhalt, Wechselwirkungen
miteinander oder mit elektromagnetischer Strahlung.
Fur die Unterrichtung chemischer Lerninhalte, die aus experimentellen Erkenntnissen ge-
wonnen wurden, steht den Lehrenden eine stetig wachsende Zahl an Medien zur Verfu-
gung. Diese konnen unter mehreren Gesichtspunkten kategorisiert werden, um eine bessere
Ubersichtlichkeit zu erhalten. Tabelle 2.1 gibt drei mogliche Kategorisierungen wieder; ein
konkretes Beispiel einer Medienanwendung (Tabelle 2.1, jew. Zeile) findet in jeder Katego-
risierung (Tabelle 2.1, jew. Spalte) eine Beschreibung. Medien mit gleicher Codalitat, die
also im selben Code-System abgefasst sind, konnen dabei auf verschiedene technische Art
und Weise realisiert werden. Beispielsweise kann ein Kurzvideo (Videoclip) sowohl uber
einen Projektor als auch einen TV-Gerat demonstriert werden, eine Strukturformel kann
in allen visuellen Medien reprasentiert sein. Das codale Medium Sprache kann uber das
visuelle Medium Text oder das auditive Medium Tonaufnahme transportiert werden. Die
technische Umsetzung spielt bei der Mediennutzung oft eine zentrale Rolle, da durch sie
auf pragmatische Weise Kommunikationsprobleme gelost werden. Im Rahmen dieser Kate-
gorisierung wird der Unterschied zwischen dem Tragermedium (weitestgehend unabhangig
vom Inhalt, syn.: Medientrager) und dem Medieninhalt (fachliche Information) deutlich.
Als Beispiel hierfur dient die Sichtbarmachung eines visuellen Mediums fur ein großeres
Publikum durch eine Tafel, einen Tageslichtprojektor und eine Dokumentenkamera. Letz-
tere ermoglicht es, individuelle Medien, wie ein Buch oder personliche Aufzeichnungen,
schnell fur ein großeres Publikum zuganglich zu machen. Die gleichen Informationen las-
sen sich auf einer Tafel oder einem Tageslichtprojektor visuell darstellen, bedurfen jedoch
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mehr Zeit oder gesonderter Vorbereitung durch die Nutzung transparenter Folien und
dem Erstellen des Tafelbildes.
Tabelle 2.1: Verschiedene Kategorisierungsmoglichkeiten fur Medien des Chemie- oderchemiedidaktischen Unterrichtes
Beispiel Kategorisierungsmoglichkeitentechnische modale codale
Strukturformel auf einerOverheadfolie
Overhead(projiziertes Bild)
visuellwahrnehmbar
in Valenzstrichencodierte Struktur
Animation einer Reaktionauf Teilchenebene auf derLeinwand
Beamer(projiziertesBewegtbild)
visuellwahrnehmbar
z.B. inKalottenmodellencodierte Teilchen
(bewegtes,schematisches
Bild)
kommentierterInternet-Videoclip desThermitverfahrens zumVerschweißen vonEisenbahnschienen
PC-Bildschirm(fur großere
Gruppenungeeignet)
audio-visuellwahrnehmbar
reales, bewegtesBild mit
vertonter Sprache
Eine Nachweisreaktionunter derDokumentenkamera
Beamer undKamera
(projiziertesBewegtbild)
visuellwahrnehmbar
reales, bewegtesBild einesOriginals
Daruberhinaus ist es fur den Unterricht und die chemiedidaktische Ausbildung zweck-
maßig, personale Medien wie Stimme, Gestik und Mimik von apersonalen Medien zu
unterscheiden (Kometz et al., 2013). Letztere konnen nur durch methodisches Handeln
von Lehrenden und Lernenden in ihrem Einsatz bestimmt werden; im Gegensatz dazu
sind personale Medien durch die anwendende Person vollstandig beeinflussbar. Bei der
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Erstellung von apersonalen Medien spielen jedoch personale Medien der Beteiligten dann
eine Rolle, wenn sie aufgezeichnet werden wie beispielsweise der Sprechduktus in einem
vertonten E-Learning-Modul oder die Mimik und Gestik eines virtuellen Tutors in einer
interaktiven, virtuellen Laboranwendung.
2.1.2 Experimente im Chemieunterricht
Der handlungstheoretische Unterschied zwischen Versuch und Experiment
Experimente sind essentieller Bestandteil eines guten, naturwissenschaftlichen Unterrichts.
Zur Begriffsbestimmung fur die vorliegende Arbeit wird eine handlungstheoretische Ab-
grenzung des Begriffes”Experiment“ zum Begriff
”Versuch“ vorgenommen, die auf der
Tatigkeitstheorie von Leontjew beruht und im Sinne der Didaktik nach Galperin auf das
Lernen von Chemie und ihrer Didaktik angewendet wird (Galperin & Leontjew, 1974).
Die o.a. Tatigkeitstheorie beschreibt bewusstes menschliches Verhalten als
� hierarchischen Prozess (Operationen konnen zu Handlungen, Handlungen zu Tatig-
keiten zusammengefasst werden.)
� Wechselbeziehung geistiger (interner) und geistig-praktischer (externer) Prozesse.
� objektorientierte Tatigkeit
(Es ist stets an materielle oder ideelle Objekte gebunden.)
� eine kontinuierliche Entwicklung (Kreisprozess mit stetiger Anpassung)
� Nutzung von Hilfsmitteln (Veranderung der Objekte durch Medien und Werkzeuge)
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Unterschiedliche Charakteristika von Tatigkeitshierarchien werden wie folgt beschrieben
� Operationen dienen dem Erledigen von Aufgaben. Sie sind prinzipiell automatisier-
bar und wenig bewusst.
� Handlungen dienen dem Erreichen von Zielen, sie sind i.d.R. bewusst. Operationa-
lisierbare Aufgaben leiten sich aus der Zielvorgabe ab.
� Tatigkeiten werden von Motiven geleitet. Motive bestimmen die Zielvorgaben, Ziel-
vorgaben die Aufgaben.
Ein Lernender ubt also Lerntatigkeiten aus, die sich in einzelne Lernhandlungen un-
tergliedern lassen. Ein Experiment stellt dabei ein oder mehrere externe Objekte dar,
auf die sich die Lerntatigkeit bezieht. Indem Lernende oder Lehrende wechselseitig geis-
tig (intern) und geistig-praktische (extern) Handlungen im Rahmen dieses Versuches
vollziehen, findet Lehren und Lernen statt. Jede dieser Handlungen, die der Lerntatig-
keit dienen, lassen sich im Idealfall operationalisieren, also in einzelne, automatisierba-
re Operationen untergliedern, die dann uberpruf- und bewertbar sind. Die Lerntatigkei-
ten orientieren sich an den Lernobjekten, welche fur den Chemieunterricht in der Regel
auf Experimente zuruckgefuhrt oder in diese integriert werden konnen oder selbst aus
Experimenten bestehen. Experimente werden mit Hilfsmitteln durchgefuhrt, beobach-
tet und ausgewertet. Ihre Ergebnisse sind in der Regel Modellvorstellungen, die ihrer-
seits als Hilfsmittel fur das Verstandnis von Materie (Aufbau aus Atomen, Molekulen
und Ionen) und ihrer energetisch bedingten Umwandlungen (chemische Reaktionen) die-
nen.
Jeder chemische Vorgang, dem keine rein geistige Tatigkeit folgt, kann somit einen che-
mischen Versuch darstellen, ist jedoch nicht zwangslaufig ein Experiment. Ein Versuch
besteht ausschließlich aus geistig-praktischer Tatigkeit. Wird er um die rein geistige Ta-
tigkeit (im Sinne einer Auswertung oder Voruberlegung) erweitert, handelt es sich um
ein Experiment. Die Ubergange sind mitunter schwer zu definieren und fur die inhalt-
liche Beschaftigung mit einem bestimmten Experiment nicht immer relevant. Klassische
12
Bezeichnungen verwenden oft nur einen der beiden Begriffe (z.B.”der Streu-Versuch von
Rutherford“ oder die”Experimente am Doppelspalt“) wobei die genaue Bedeutung aus
dem jeweiligen Kontext hervorgeht.
Als illustrierendes Beispiel fur o.a. Unterscheidung sowie ihre handlungstheoretische Be-
deutung soll die Messung des pH-Wertes einer Essigsaurelosung mithilfe von pH-Papier
dienen. Die Hilfsmittel fur die geistig-praktische Tatigkeit sind hier pH-Papier, eine Pas-
teurpipette sowie die zu analysierende Losung. Die gezielte Durchfuhrung, also die be-
obachtbare praktische Handlung wird in der Regel simultan durch eine geistige (innere)
Handlung des Handelnden begleitet, womit gezielte Handlungen niemals als rein praktisch,
sondern immer als geistig-praktisch zu bezeichnen sind. Die geistig-praktische Handlung
ist auf die o.a. Objekte gerichtet (z.B. Essigsaure oder pH-Papier oder den Vorgang, bei-
des miteinander in Beruhrung zu bringen) und verbindet diese durch einzelne Operationen
wie folgt:
1. Abtrennen eines wenige Zentimeter langen Stuckes pH-Papier von der Vorratsrolle
2. Entnahme eines Tropfens der zu analysierenden Losung mithilfe einer Pasteurpipette
3. Auftropfen der zu analysierenden Losung auf das pH-Papier
4. Beobachten der Farbveranderung
5. schriftliches Notieren der Farbveranderung
Die hier aufgefuhrten Operationen bilden zusammen die Handlung”pH-Wert messen“,
welche Teil einer Tatigkeit ist. Diese Tatigkeit (z.B.”Untersuchen von Essig“ oder allge-
meiner”Messen verschiedener Eigenschaften“) ist legitimiert von einer Zielstellung, hier
einem Lehrinhalt. Diese Erweiterung der geistig-praktischen Handlungen (Versuche) um
weitere rein geistige Tatigkeiten zur Einordnung der Phanomene (Schlussfolgerungen, Mo-
dellabgleich, Abstraktion) erweitern diese zum Experiment. Anhand der letzten beiden
Punkte”Beobachten der Farbveranderung“ und
”schriftliches Notieren der Farbverande-
rung“ wird ersichtlich, dass eine scharfe Trennung zwischen Versuch und Experiment oft
schwierig und im Einzellfall mitunter unmoglich ist. Es erscheint jedoch evident, dass Un-
13
terschiede in der Auswertungstiefe von chemischen Versuchen bestehen und einen wich-
tigen Einfluss auf Chemieunterricht ausuben, somit also Lehrinhalt chemiedidaktischer
Ausbildung sind.
Das Experiment als Medium, Methode und Ziel der Chemie
Experimente nehmen eine zentrale Rolle im Chemieunterricht ein, die sich aus den Funk-
tionen des jeweiligen Experimentes ableitet. Ein beliebiges Experiment ist zugleich
� Unterrichtsgegenstand (”Das Experiment wird gelehrt.“),
� Erkenntnismethode (”Durch das Experiment wird eine Erkenntnis erlangt.“),
� Medium (”Mithilfe des Experimentes wurde ein Lerninhalt vermittelt.“) sowie
� Ziel (”Die Lernenden sollen selbst experimentieren konnen.“)
von Chemieunterricht. Schwerpunkte der genannten Funktionen variieren dabei nach der
jeweiligen, kurz- und mittelfristigen Zielsetzung.
Liegt der Schwerpunkt auf dem Experiment als Unterrichtsgegenstand, so steht ein de-
tailgetreuer Ablauf im Mittelpunkt, der eine moglichst genaue Reproduktion ermoglicht,
Erkenntnisgewinn und mediale Funktion sind in diesem Falle zweitrangig. Prinzipiell konn-
te ein solches Experiment unabhangig von weiteren Experimenten gelehrt werden, wobei
kaum vernetztes Denken gefordert wurde. Historisch bedeutende Experimente in episo-
discher Weise nacheinander abzuhandeln kann eine solche Schwerpunktwahl legitimieren.
Das Experiment ist hier Objekt der Lernhandlung.
Medialer sowie Erkenntnis-methodischer Einsatz hingegen konnen nicht mehr isoliert von
anderen Experimenten betrachtet werden. Das Medium Experiment dient zur Vermittlung
von Modellvorstellungen, die Methode Experiment zur Uberprufung und Entwicklung von
Modellvorstellungen. In beiden Fallen stellt es ein Werkzeug dar, dass auf der materi-
ellen Seite der Wechselbeziehung von geistiger und geistig-praktischer Tatigkeit steht.
14
Bei der Vermittlung oder Entwicklung chemischer Lerninhalte kann ein Experiment drei
verschiedene Funktionen erfullen (Legall, 1985): Verifizierung und Falsifizierung von zu-
vor aufgestellten Hypothesen sind Aufgaben eines Entscheidungsexperimentes. Werden
Experimente im Anfangsunterricht oder zu Beginn eines zuvor unbekannten Themenkom-
plexes durchgefuhrt, ohne dass beim Lernenden eine Theoriegrundlage besteht, so erfullt
das Experiment seine Funktion durch die Losung eines Ermittlungsproblems und wird
als Erkundungsexperiment durchgefuhrt. In diesem Fall findet die geistige Tatigkeit vor-
wiegend im Anschluss an das Experiment statt. Ist der Ausgang des Experimentes dem
Lernenden bereits bekannt, handelt es sich um ein Veranschaulichungsexperiment, bei dem
die geistigen Tatigkeiten dem Versuch vorwiegend vorgelagert sind. Der Unterschied zwi-
schen den drei Erkenntnis-Funktionen, die ein Experiment erfullen kann wird am Beispiel
der in Kapitel 2.1.2 beschriebenen Versuche deutlich:
Stellt das Experiment als Ziel den Schwerpunkt eines Chemieunterrichtes dar, so sind
die Lernhandlungen darauf ausgelegt, experimentelle Fahigkeiten und Fertigkeiten (Kom-
petenzen) des Werkzeugs Experiment (z.B. Variablenkontrolle, Hypothesenformulierung,
Messgenauigkeit, logische Deduktion, Beobachtungsbeschreibung) kontinuierlich zu ent-
wickeln. Abbildung 2.1 zeigt schematisch die vier o.a. Funktionen des Experimentes fur
Chemieunterricht und damit auch fur Chemiedidaktik sowie daraus abgeleitete Anwen-
dungsprinzipien.
Aus mediendidaktischer Sicht ist das Experiment also das zentrale Medium von Chemie-
unterricht und somit auch von Chemiedidaktik. Unabhangig vom Einsatz zu Forschungs-
oder Lehrzwecken - also unabhangig von der Bekanntheit des Ergebnisses - beinhaltet
ein Experiment einen geplanten Versuchsaufbau, aus dessen Beobachtung bei definierter
Variablenkontrolle ein Ergebnis formuliert wird. Beobachtung und ggf. geschlussfolgertes,
abstraktes oder allgemeines Naturgesetz werden fur die vorliegende Arbeit als geistiger Teil
eines Experimentes betrachtet, der mithilfe anderer Medien dargestellt, gespeichert und
kommuniziert wird. Die Durchfuhrung, bestehend aus Operationen, die zur Bearbeitung
des materiellen Untersuchungsgegenstandes dienen, werden geistig-praktische Tatigkeiten
15
genannt. Damit besteht auch das Medium Experiment stets aus einer Kombination mehre-
rer Medien, die nacheinander nacheinander bearbeitet werden, sich aufeinander beziehen
oder ineinander verschachtelt sind. Geistige Modelle der Chemie (seien sie prozeduraler
Natur, wie beispielsweise ein Reaktionsmechanismus oder statischer Natur, wie der raum-
liche Bau von Molekulen oder Kristallgittern) sind stets das Resultat chemischer Experi-
mente und werden mithilfe aller anderen zur Verfugung stehenden Medien kommuniziert.
Abbildung 2.1: Experimente haben im Chemieunterricht mehrere Funktionen - Als Unter-richtsmedium und Erkenntniswerkzeug lassen sich drei Experimentierkate-gorien ableiten, die sich aus dem Vorwissen der Lernenden ergeben (linkeSeite). Handelt es sich bei einem bestimmten Experiment um den Lernge-genstand selbst, so kann ein Stufenmodell die zu vermittelnden Kompeten-zen beschreiben (rechte Seite). Wird das Experiment zum Selbstzweck imUnterricht eingesetzt, so wird sein Einsatz als Werkzeug trainiert indemgrundlegende Experimentierfahigkeiten geschult werden (unten).
16
Als erstes Beispiel soll die konzentrationsabhangige elektrische Leitfahigkeit der Essigsau-
re erlautert werden: Eisessig, reine Essigsaure, zeigt keine elektrische Leitfahigkeit. Wird
er mit destilliertem Wasser verdunnt, so steigt die Leitfahigkeit auf Werte uber diejenigen
des destillierten Wassers an. Dieses Phanomen ist mit der Dissoziation der Essigsauremo-
lekule in wassriger Losung zu erklaren, die nur stattfinden kann, wenn Wassermolekule als
Protonenakzeptoren zugegen sind. Aufgrund ihrer dimeren Struktur (Vollhardt & Schore,
2000, 896) sind Essigsauremolekule nicht in der Lage, Ladungstrager beispielsweise uber
Wasserstoffbrucken zu transportieren, wie es in der sauren Losung der Fall ist. Sowohl
das Experiment als auch die Deutung auf Teilchenebene wurden hier mit dem Medium
Text, der das Medium Sprache enthalt wiedergegeben, konnen aber je nach Bedarf auch
uber Struktur- Summen- oder Verhaltnisformeln (siehe Abbildung 2.2) sowie als Anima-
tion erganzend zu einem Video oder dem realen Versuchsaufbau angeboten und illustriert
werden (vgl. Anhang 5.3 S. 174). Tiefergehende Untersuchungen zum Verstandnis von For-
meln und dem Zusammenhang mit zugehorigen Modellvorstellungen wurden von Wirbs
beschrieben (Wirbs, 2002).
Abbildung 2.2: Das Medium Strukturformel, hier in einer Dissoziationsgleichung mit ein-gezeichneten H-Brucken (gestrichelte Linien)
Ein weiteres Beispiel ist der Streuversuch nach Rutherford (Rutherford, 1911). Dieses hau-
fig thematisierte, kaum in der Schule durchgefuhrte Experiment demonstriert anschaulich
die Weiterentwicklung von einem Teilchenmodell zu seinem Nachfolger in der Geschichte
der Naturwissenschaft und damit den Erkenntnisgewinn durch die Auswertung eines Ver-
suchsaufbaus. Die medialen Darstellungen reichen von bebilderten Schulbuchtexten (z. B.
(Arnold & Dietrich, 2008)) uber Funktionsmodelle (Schmoldt, 1997) bis hin zu interak-
tiven Simulationen (Schmitz, 2005c). Bis zur Publikation der Versuchsergebnisse durch
Rutherford ging man davon aus, dass positive und negative Ladungen im Atom gleichma-
17
ßig verteilt seien, auch bezeichnet als das Thomsonsche Atommodell oder metaphorisch
”Rosinenkuchenmodell“ (Thomson, 1904). In der Versuchsanordnung von Rutherford, Gei-
ger und Marsden wurde ein Alphastrahler auf eine Goldfolie gerichtet und mithilfe eines
Zinksulfidschirms die Ablenkung der Strahlung sichtbar gemacht (vgl. Anhang 5.3, S. 193).
Das erhaltene Strahlungsmuster wich deutlich vom erwarteten ab, sodass die Modellvor-
stellung des Atoms mithilfe von Atomkern und Atomhulle verfeinert werden musste. Statt
einer gleichmaßigen Streuung der Alphastrahlen, die aus einer gleichmaßigen Verteilung
von positiver und negativer Ladung im Atomkern verursacht worden ware, wurde haupt-
sachlich gar keine Streuung mit wenigen abgelenkten Strahlen verzeichnet. Daraus deutete
Rutherford eine ebenfalls ungleiche Verteilung positiver Ladungen in der Mitte des Atoms,
dem Atomkern, und einer negativ geladenen Hulle.
Als drittes Beispiel dient der haufig vorgefuhrte Versuch”die schwimmende Kerze“, der
in alterer Literatur oftmals nicht korrekt ausgewertet wird (Reiners, 2002) (vgl. Anhang
5.3, S. 178). Dabei wird die Luftzufuhr eines auf Wasser schwimmenden, angezundeten
Teelichtes mithilfe eines durchsichtigen Gefaßes durch uberstulpen unterbrochen. Es wird
beobachtet, dass der Wasserpegel innerhalb des Gefaßes, indem die Kerze nun schwimmt,
zunachst sinkt. Die Kerze erlischt, anschließend steigt der Wasserpegel uber den ursprung-
lichen Pegel beim uberstulpen des Gefaßes an. Die Beobachtung des zunachst sinkenden
und danach steigenden Wasserpegels ist auf verschiedene chemische, physikalische und
physikochemische Prozesse zuruckzufuhren. Durch die bei der Verbrennung entstehen-
de Erwarmung dehnt sich das Luftgemisch unter dem Glasgefaß aus. Die Umsetzung
des Kerzenwachses mit Sauerstoff setzt in aquimolarer Menge Kohlenstoffdioxid frei, das
sich teilweise in Wasser lost. Bei ca. 15 % Sauerstoffanteil findet keine Verbrennung mehr
statt, die Reaktion ist nicht quantitativ. Nach Beendigung der Reaktion wird der Gasraum
durch die Umgebung gekuhlt. Oftmals wird jedoch das verringerte Gasvolumen nach ge-
stiegenem Flussigkeitspegel falschlicherweise als Sauerstoffanteil des Stoffgemisches Luft
ausgewertet, da der Pegel bei geschickter Wahl der Große der Glasglocke um etwa ein
funftel ansteigt (Blume, 2004).
18
Alle drei genannten Beispiele sind durch ihren Versuchsaufbau in ihrer geistig-praktischen
Tatigkeit beschrieben. Die Auswertung als Veranschaulichungs-, Entscheidungs- oder Er-
kundungsexperiment ist abhangig vom Vorwissen der Lernenden:
1. Leitfahigkeit von Essigsaure in Abhangigkeit von der Konzentration: Ist kein Vor-
wissen uber die Ursachen von Saure-Base-Eigenschaften als Resultat der Protonen-
konzentration vorhanden, so kann der Versuch nur im Rahmen eines Erkundungs-
experimentes stattfinden. Der Mechanismus der elektrischen Leitfahigkeit uber die
Wasserstoffbrucken kann dann nicht als logisch zwingende Auswertung stattfinden
und muss als Zusatzinformation gelten. Sind Protolysereaktionen bereits bekannt,
kann aus dem Versuchsergebnis, der steigenden Leitfahigkeit bei Verdunnung von
Eisessig, der Mechanismus logisch abgeleitet werden. Ist das Phanomen der Di-
merisierung niedermolekularer Carbonsauren bekannt, fungiert dieser Versuch im
Rahmen eines Veranschaulichungsexperimentes als ein Beispiel.
2. Streuversuch von Rutherford: Ohne die Vorkenntnis des Thomsonschen Atommo-
dells, konnte mit dem Streuversuch nur das Ablenkungsverhalten als Wechselwir-
kung zwischen Alphastrahlung und Goldfolie beschrieben werden. Erst mit dem
Wissen um massereiche positive Teilchen, aus denen die Alphastrahlung besteht
(Zweifach positiv geladene Heliumkerne) und massearme, negative Teilchen in neu-
tral geladener Materie, kann mithilfe des Versuchs der Aufbau von Atomen aus Kern
und Hulle abgeleitet werden. Ist dieses Modell bereits bekannt, veranschaulicht der
Versuch den Erkenntnisweg.
3. Schwimmende Kerze: Ohne Vorwissen uber die Bestandteile des Gasgemisches Luft
stellt das Versuchsergebnis, Erloschen der Kerze und Veranderung des Wasserpegels,
den Lernenden vor ein Ratsel, dass er zwar beschreiben kann, jedoch nicht korrekt
zu erklaren vermag.
Die geistige Tatigkeit von Lernenden bei der Auswertung eines Experiments kann nicht
ohne mindestens ein weiteres Medium kommuniziert werden. Um sich mithilfe des gewahl-
ten Mediums nun auf den Versuchsaufbau beziehen zu konnen, muss dieser innerhalb des
19
Mediums reprasentiert werden und sich in der Dokumentation eines Experimentes wieder
spiegeln. Im Bereich der Fachwissenschaft zeigt sich dies bei Veroffentlichungen in den
Fachzeitschriften, im Chemieunterricht durch die schriftliche Fixierung im Schulheft. Es
konnen jedoch nicht alle, als gesichert geltende Erkenntnisse in der chemischen Ausbildung
der Schule experimentell verifiziert werden wie beispielsweise das Kern-Hulle-Modell, das
aus dem Streuversuch von Rutherford resultiert.
Aus der Diskussion der vorgenannten Beispiele folgt nun die Notwendigkeit, weitere Medi-
en fur den chemienahen Unterricht sowie ihr Wechselspiel mit Experimenten wissenschaft-
lich zu untersuchen. Unter den chemienahen Unterricht fallt im Sinne der Betrachtung auf
der Meta-Ebene auch die Fachdidaktik im Rahmen der Chemielehrerausbildung (die Leh-
re von der Lehre der Chemie), auf die sich die vorliegende Untersuchung beschrankt und
an deren Beispiel die Fragestellung bezuglich einer Mischform aus online-gestutzten und
Prasenzlehrformen verfolgt werden soll.
Es folgt der zwingende Schluss, dass Chemielehrkrafte zum Zwecke der Kommunikation
chemischer Inhalte mit dem Medium ,Versuch’ (geistig-praktische Tatigkeit) auf der einen
Seite, sowie den verschiedenen Medien zur Vermittlung der gangigen Modellvorstellungen
(geistige Tatigkeiten und ihre Kommunikation) auf der anderen Seite vertraut sein mus-
sen. Bei mangelnder Praktikabilitat eines Realversuches ist es mitunter zweckmaßig, einen
Versuchsaufbau in virtuellen Modellen zu simulieren oder zu animieren. Die Moglichkeit
der realen Durchfuhrung eines Versuches sollte in jedem Fall eingehend gepruft werden.
Ein simulierter oder animierter Versuch (inklusive geistiger Auswertung auch als Experi-
ment) muss dabei zwingend einen funktionierenden Realversuch zum Vorbild haben.
20
2.1.3 Die Entwicklung vom Lernstufenmodell zum Instructional
Design
Der Einsatz und die Auswahl von Medien und damit auch von Experimenten werden
durch verschiedene Zwecke bestimmt, die der Einflussnahme auf den Lehr-Lernprozesses
durch den Lehrenden zum Zwecke der Optimierung dienen. Dabei spielt die Strukturie-
rung des Lehrprozesses (Und damit indirekt auch des Lernprozesses) eine entscheidende
Rolle. Aus den drei großen psychologischen Theoriestromungen, die sich zu Beginn des 20.
Jahrhunderts mit dem Lernbegriff auseinandergesetzt haben (Behaviorismus, Kognitivis-
mus und Konstruktivismus), entstanden Mitte des 20. Jahrhunderts pragmatischere und
weniger abstrakte Beschreibungen des Lernprozesses, aus denen nun Lehr-Lernkonzepte
wissenschaftlich begrundet, also nicht mehr rein intuitiv abgeleitet werden konnen.
Gagne formulierte dazu ein operationalisierbares Lernstufenmodell, dessen Stufen aufein-
ander aufbauend, komplexer werdendes Verhalten bzw. komplexer werdende Handlungen
beschreiben (Gagne, 2005). Diese Stufen konnen als Referenz fur eine Zustandsbeschrei-
bung, fur ein gewunschtes Ziel oder zur Aufgabenstellung und Lernstandserhebung her-
angezogen werden. Bei den Stufen handelt es sich um:
1. Lernen durch klassische Konditionierung,
2. Lernen durch Erfolg und Misserfolg,
3. Lernen am Modell,
4. Lernen von sprachlichen Assoziationen,
5. Lernen von Begriffen und Regeln, sowie
6. Lernen durch Losen von Problemen.
Auf dieser Basis entwickelte Gagne das erste Instructional Design, das als Handlungsmus-
ter fur die effiziente Gestaltung von Lehr- Lernprozessen zu verstehen ist und sich in neun
zeitlich aufeinander folgende Phasen fur eine Unterrichtseinheit gliedert:
21
1. Aufmerksamkeit wecken,
2. Lernziele verdeutlichen,
3. Vorwissen aktivieren,
4. Lernmaterial zur Verfugung stellen,
5. Lernanleitung geben,
6. Verhalten ausfuhren lassen,
7. Ruckmeldung geben,
8. Leistung beurteilen und
9. Transfer fordern.
Ausgehend von den sechs Stufen Gagnes fand eine Weiterentwicklung des Instructional
Design fur den programmierten Unterricht statt, der mit der Einfuhrung des Computers in
digitaler Form umgesetzt werden konnte. Die Didaktik fur das Fach Chemie entwickelte
konkrete Unterrichtskonzepte bzw. Unterrichtsverfahren, die einen ahnlichen, zeitlichen
Ablauf aufeinanderfolgender Phasen aufweisen und dabei, von der Schwerpunktsetzung
verschiedener Lehrziele, Methoden oder Lernstufen ausgehend, diese Phasen variieren oder
konkretisieren. Als Beispiele hierfur dienen das an Schulervorstellungen orientierte Unter-
richtsverfahren (Petermann et al., 2008a), Chemie im Kontext (Huntemann et al., 1999),
oder das Phanomenologisch-Integrative Netzwerkkonzept (Harsch & Heimann, 1998).
Das bekannte chemiedidaktische Unterrichtsverfahren, der forschend-entwickelnde Unter-
richt nach Schmidkunz und Lindemann, (Schmidkunz & Lindemann, 2003) artikuliert
Lernvorgange als Kreisprozess zwischen Hypothese und experimenteller Uberprufung. Un-
ter Berucksichtigung der von Gagne formulierten Phasen wird hierbei die Lernstufe des
Problem losens in den Mittelpunkt gestellt. Lernziele folgen damit den gleichen Regeln,
nach denen Ergebnisse historischer Experimente mit dem jeweils aktuellen Stand der
Theorie in Einklang gebracht werden oder Anlass geben, Modellvorstellungen anzupas-
sen, wenn Ergebnisse die bisherige Theorie falsifizieren. Bereits im Unterrichtsverfahren
des forschend-entwickelnden Unterrichts wurde die Anwendung computergestutzter Lern-
programme, (auch Computerbased Trainings, CBT) beschrieben. CBTs sind Vorlaufer
22
der in Kapitel 2.1.4 beschriebenen Online-Lernmodule (Web Based Training, WBTs) und
wurden zunachst fur Computer ohne Netzwerkanschluss programmiert.
2.1.4 Instructional Design, E-Learning-Formate und Interaktivitat
Der Begriff E-Learning bezeichnet das Spektrum von digitalen Dokumenten als einfachste
Auslegung bis hin zu interaktiven Animationen und Simulationen, die dem Lerner automa-
tisierte Ruckmeldungen geben sowie einer Zusammenstellung mehrerer solcher digitalen
Objekte mit dem Ziel des Wissens- und Konnenserwerbs des Anwenders. Im Idealfall ist
diese Zusammenstellung auf die konkreten Anforderungen der Zielstellung abgestimmt
und alle vorkommenden digitalen Bausteine erfullen im Zusammenspiel ihre didaktische
Funktion optimal, sind also im Hinblick auf Interaktivitat und Funktionalitat weder uber-
trieben, noch unterhalb des Potentials zur Wissensvermittlung, sondern den Lernaktivi-
taten angemessen. In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff E-Learning sowohl fur die
Gesamtheit elektronischer Lehre als auch fur einzelne Zusammenstellungen interaktiver
Medien benutzt, seine Bedeutung geht aus dem jeweiligen Kontext hervor. Zur internet-
gestutzten Umsetzung von E-Learning dienen Lernplattformen, die als proprietare oder
gemeinfreie Softwarepakete erhaltlich sind. Verbreitete Beispiele fur gemeinfreie Platt-
formen sind die netzwerkfahigen Softwarepakete moodle (Dougiamas, 1999) oder ILIAS
(Leidhold, Wolfgang, 1998), auf denen die Lernplattformen vieler Universitaten basie-
ren. Es handelt sich dabei um content management Systeme (zu deutsch etwa: Inhalts-
Verwaltungs-Programme), die zur Strukturierung von Daten vielfaltiger Formate sowie
zur Verwaltung von Teilnehmern mit unterschiedlichen Rollen optimiert sind. Unter dem
Begriff Rollen sind hier verschiedene Berechtigungen fur den Datenzugriff zu verstehen, die
es Lehrenden ermoglicht, auf die Daten ihrer Kursteilnehmer zuzugreifen, die fur Lernen-
de nicht einsehbar sein sollen z. B. den Bearbeitungsstand von automatisierten Aufgaben
oder die Zugriffsberechtigung auf die bereitgestellten Lehr- und Lernmedien.
23
Auspragungen von E-Learning
Lernplattformen verfugen in der Regel uber eine Vielzahl an Funktionen, aus denen sich
auch soziale Netzwerke zusammensetzen. Deren primares Ziel ist der zwischenmenschliche
Austausch ohne zielgerichteten Wissens- und Konnenserwerb. Beispiele hierfur sind:
� Wikis (digitale Nachschlagewerke),
� Chatrooms (sofortige, personliche Kurznachrichten)
� Online-Foren (langerfristig angelegte Diskussionen mit mehreren Teilnehmern)
� Podcasts (abrufbare Audio-Aufzeichnungen)
� Videoclips (abrufbare Kurzfilme)
Daruber hinaus besteht auf Lernplattformen die Moglichkeit, Online-Lernmodule einzu-
binden, mit denen Lernprozesse vorstrukturiert und die Lernenden instruiert werden. Der
Lernende, der ein Online-Modul absolviert, ist in der Lage, den vorstrukturierten Lern-
prozess im Hinblick auf die Geschwindigkeit selbst zu steuern; dies geschieht uber Navi-
gationsschaltflachen, die durch GUI-Funktionen (z. B. Mausklick, Touchpad; engl.: Gene-
ral User Interface; zu deutsch: Benutzeroberflache) auf weitere Seiten verlinken. Weitere
Moglichkeiten der Selbststeuerung bestehen in der mehr oder weniger freien Wahl der Be-
arbeitungsreihenfolge von Lernobjekten. Man unterscheidet somit zwischen linearem und
verzweigtem Aufbau eines Lernprogramms. Bei linearem Aufbau ist den Lernenden die
Reihenfolge vorgegeben und ist vergleichbar mit dem durchlesen eines Buches von Beginn
bis Ende oder dem Verfolgen einer Vorlesung. Bei verzweigtem Aufbau besteht Flexibili-
tat in der Reihenfolge verschiedener Kapitel, die fur sich wiederum linear aufgebaut sind.
Vernetzte Lernprogramme weisen im Vergleich zu den Vorgenannten den geringsten Anteil
an Linearitat auf und sind vergleichbar mit einem Lexikon, dessen Eintrage an vielen Stel-
len durch Querverweise miteinander verbunden sind. Lineare, verzweigte und vernetzte
Bauweise von Lernprogrammen variieren je nach Zielstellung und Lerninhalt (Eilks et al.,
2004).
24
Ein Mehrwert von Web Based Trainings gegenuber dem gedruckten und elektronischen
Medium Buch besteht in der Moglichkeit, Bewegtbilder darzustellen, Audiosequenzen zu
implementieren und Interaktivitat zu ermoglichen. Die automatische Auswertung von
Multiple-Choice-Fragen, Zuordnungsfragen, Bildbereichs-Auswahlfragen oder automati-
scher Texterkennung einzelner Worter bieten dem Lernenden eine handlungsabhangige
Ruckmeldung. Automatisch auswertbare Fragen konnen zur eigenstandigen Uberprufung
erlernter Inhalte dienen oder unter definierten Rahmenbedingungen zur Unterstutzung
des Leistungsnachweises herangezogen werden.
Unabhangig vom Einsatz in elektronischen Lernumgebungen oder als Bestandteil von Pra-
senzlehre finden virtuelle Laboranwendungen (VL) zunehmendes Interesse in der inter-
nationalen chemiedidaktischen Forschung (Srisawasdi, 2012) (Tatli & Ayas, 2010) (Bılek
et al., 2009). Eine Abgrenzung zu virtuellen Teilchenmodellen, schematischer Darstellung
und Auswertungen eines Versuches ist dabei nicht immer moglich, was eine Definition er-
schwert. Charakteristisch fur eine virtuelle Laboranwendung ist der makroskopische Auf-
bau eines Versuches, dessen sichtbares Ergebnis bereits festgelegt ist und im Verlauf der
Bearbeitung der Anwendung beobachtet werden kann. Beispiele hierzu finden sich auf der
Homepage der Chemiedidaktik der Universitat Wuppertal unter anderem fur die Ermitt-
lung einer Spannungsreihe oder die Natriumchloridsynthese (Schmitz, 2005b) sowie bei
Bılek zum Umgang mit einem pH-Meter (Bılek et al., 2009). Die technische Umsetzung
reicht dabei von einfchen Schemazeichnungen bis zu integrierten Videoclips.
Bei der Erstellung und Weiterentwicklung elektronischer Lernunmgebungen (Plattfor-
men), Web-based-trainings (Lernprogramme) und virtueller Laboranwendungen sollten
die beschriebenen medien- und lerntheoretischen Grundlagen Berucksichtigung finden
(vgl. Kap. 2.1.1, S.7 sowie Kap. 2.1.3, S.21). Alle drei E-Learning-Formate konnen in
Verbindung mit Prasenzlehrveranstaltungen genutzt, in diese integriert und damit fur
den Lernenden strukturiert werden; in diesem Fall handelt es sich um Blended Learning.
25
Bedeutung des Instructional Designs fur Web based trainings und Virtuelle
Laboranwendungen
Die historische Abfolge psychologischer Lerntheorien ist laut Wedekind kompatibel mit
Interaktionsniveaus, die interaktive Computeranwendungen bieten und reichen von be-
havioristischem Click and response bis zu konstruktivistischen Lernmodellen wie dem
entdeckenden und problemlosenden Lernen (Wedekind, 2007).
Ahnlich dem Vier-Ohren-Modell nach Schulz von Thun (z. B. (Schulz von Thun, 1981))
fur menschliche Interaktion bzw. Kommunikation enthalt jede interaktive Lernanwendung
laut Tergan vier Grundkomponenten, die mit den Komponenten nach Schulz von Thun
vergleichbar, jedoch nicht vollkommen identisch sind (Tergan, 1992).
Wedekind fasst diese wie folgt zusammen (Wedekind, 2007):
”[...] Grundkomponenten [...], die in einer integrativen Beziehung zueinander
stehen[...]
� Lernerkomponente: Diese betrifft die Art der Lernvoraussetzungen, die
fur effektives Lernen erforderlich sind. Die Anforderungen konnen je nach
dem individuellen psychologischen Kontext, in dem die Auseinanderset-
zung mit den Lerninhalten erfolgt, unterschiedlich sein (kognitive, moti-
vationale, situative Faktoren).
� Inhaltskomponente: Diese betrifft die Lerninhalte, d. h. das Wissen und
die Fertigkeiten, die von einem System vermittelt bzw. im Rahmen des
Lernprozesses erworben werden konnen. Die Offenheit der Lerninhalte
gegenuber einem freien Zugriff der Lernenden ist abhangig von Komple-
xitat, Strukturierung und Art der Inhalte sowie der didaktischen Aufbe-
reitung, die die kognitive Erschließung durch die Lernenden bestimmt.
26
� Padagogisch-didaktische Komponente: Grundlegende Anforderungen an
diese Komponente betreffen Konzeptionen und Annahmen daruber, wel-
che Formen von Anleitungen, Hilfen und Anpassungen der Lerninhalte
fur das Erreichen der angestrebten Ziele angemessen sind.
� Informationstechnologie-Komponente: Diese betrifft das Vorhandensein
adaquater Hard- u. Softwarevoraussetzungen. Darin sollten sich idealer-
weise der padagogisch-didaktische Ansatz sowie die Anforderung von Sei-
ten der Lernenden und der Lerninhalte widerspiegeln.“
Daruber hinaus konkretisiert Wedekind die padagogisch-didaktische Komponente in wei-
tere vier Lernaktivitaten, fur die hier Beispiele aus dem Bereich interaktiver, chemischer
Anwendungen gegeben werden.
� Expositorische Lernaktivitat: Der Lerninhalt ist stark vorstrukturiert, die Lernob-
jekte und die Navigation in der Lernumgebung geben die Gedankengange fur den
Lerner vor, beispielsweise in einem linearen Ablauf von Aufgabestellungen. Die Ler-
naktivitaten bestehen im Abrufen und rezipieren von Informationen mithilfe der
dargebotenen Medien. Denkbar fur chemische Inhalte ware ein Beobachtungsauftrag
fur den Videoclip einer Versuchsdurchfuhrung mit anschließender Beantwortung von
Multiple-Choice-Fragen zur Selbstkontrolle.
� Erarbeitende Lernaktivitat: Der Lerninhalt wird mit mittlerer Vorstrukturierung
angeboten. Der Austausch zwischen der Lernsoftware (oder dem Lehrer, hier uber
soziale Medien) und dem Lerner ist das maßgebliche Kriterium. Wird beispielswei-
se ein Versuchsaufbau zur Synthese dargestellt und der Lerner ist aufgefordert, die
Bestandteile der Apparatur anzuklicken, um weitere Informationen zu erhalten, han-
delt es sich um erarbeitende Lernaktivitat. Als Beispiel dient hier die Synthese von
Methyl-tertiar-Butylether (MTBE) aus (Woock & Tausch, 2001).
27
� Explorative Lernaktivitat: Lerner untersuchen angebotene Expertenvorstellungen,
die von den eigenen Vorstellungen zum Teil stark abweichen konnen. Die Atom-
modelle nach Thomson (Thomson, 1904), Rutherford (Rutherford, 1911) und Bohr
(Bohr, 1913a), (Bohr, 1913b) dienen hier als Beispiel. Zur Erklarung verschiede-
ner Phanomene sind unterschiedliche Komplexitatsgrade erforderlich. Der Lerner
konnte z. B. aufgefordert sein, das passende Atommodell zur Erklarung der Beob-
achtungen beim Rutherford’schen Streuversuch zu beschreiben und seine Wahl mit
Argumenten zu belegen. Auf diesem Prinzip der Korrektur von Prakonzepten beru-
hen chemiedidaktische Unterrichtsverfahren wie die von Barke (Barke, 2006) oder
Petermann (Petermann et al., 2008b).
� Expressive (=artikulative) Lernaktivitat: Lerner drucken ihre eigenen Vorstellungen
aus und bringen diese in eine Diskussion mit anderen Lernenden ein. Bei chemischen
Inhalten kann dies mithilfe von Strukturformel-Editoren, z. B. (ACD, 2015) oder
Molecular Modelling Tools geschehen. Bei einer reinen Online-Lehre bedarf diese
Lernaktivitat weiterer Programme wie solchen fur chatrooms oder Online-Foren, in
denen die Ergebnisse aus den vorgenannten Programmen an die Lerngruppe kommu-
niziert werden konnen. Eine denkbare Aufgabe ware in diesem Zusammenhang die
Erstellung moglicher Strukturformeln eines Molekuls mit bekannter Summenformel.
Die vier Grundkomponenten interaktiver Anwendungen sowie die padagogisch-didaktischen
Lernaktivitaten sind in Abbildung 2.3 schematisch dargestellt. Letztere unterscheiden sich
stark im Grad der Vorstrukturierung durch den Lehrenden und gehen fließend ineinander
uber, wobei eine hohere Stufe der Lernaktivitaten die Aktivitaten einer niedrigeren Stufe
beinhaltet und voraussetzt.
2.1.5 Interaktivitat in Chemie-Lernprogrammen
Fur die vorliegende Arbeit dienen die Taxonomien von Schulmeister (Schulmeister, 2005)
und von Wedekind (Wedekind, 2007) als Beschreibungsgrundlage zur Erstellung von
28
Online-Materialien. Demnach gilt eine strenge Unterscheidung der Begriffe Navigation,
Interaktivitat und Interaktion wie folgt: Der Begriff Interaktion ist fur Handlungen, ins-
besondere die Kommunikation, zwischen zwei oder mehr Menschen reserviert und bildet
die Grundlage, von der aus Interaktivitat als Kommunikation oder Manipulation mit dem
Computer bzw. seinen Programmteilen anzusehen ist. Interaktivitat muss im Hinblick
auf Lernsysteme strikt vom Begriff der Navigation getrennt werden, der Art von Hand-
lungen, die zum”...Steuern des Ablaufs, zum Wechseln des Displays oder zur Auswahl
der betrachteten Seite“ (Wedekind, 2007) dienen. Die Benutzerschnittstelle zur Softwa-
re bietet noch keine Handlungsmoglichkeiten zur interaktiven Auseinandersetzung mit
dem Lernobjekt selbst (Schulmeister, 2004). Der Grad der Interaktivitat wird mit Blick
Abbildung 2.3: Komponenten von interaktiven Lernanwendungen nach Tergan (Tergan,1992), padagogisch-didaktische Lernaktivitaten nach Wedekind (Wede-kind, 2007)
29
auf”Die Multimedia-Komponente“ (=Lernobjekte/Inhalt) in sechs Stufen gegliedert; die
erlauternden Beispiele wurden an chemische bzw. chemiedidaktische Inhalte angepasst:
� Betrachtung und Rezeption von Objekten:
Hierzu zahlen implementierte Texte, Bilder, Videos, Audiosequenzen oder Animatio-
nen, die der Nutzer beim rezipieren nicht beeinflussen kann z. B. Videos chemischer
Experimente oder Bilder, Animationen und nicht-manipulierbare Darstellungen von
Molekulen. Das Maß an Interaktivitat ist gering. Der Start bewegter Medien bzw.
Aufrufen unbewegter Medien zahlt zur Navigation.
� Multiple Darstellungen betrachten und rezipieren:
Kann der Nutzer verschiedene Darstellungen eines Objektes auswahlen (meist mit-
hilfe der Navigation) so handelt es sich um multiple Darstellung. Beispielhaft fallt
hierunter die Moglichkeit, zwischen Kalottenmodell-, Strukturformel- oder Oberfla-
chenpotentialdarstellung frei zu wahlen. Der Wechsel zwischen fotographischer und
schematischer Dokumentation in bewegter oder unbewegter Form eines Experimen-
tes ist ebenso denkbar wie die Ergebnisse einer Titration, die tabellarisch oder mit
Hilfe eines Diagramms darstellbar sind.
� Variation der Reprasentationsform:
Lassen sich dreidimensionale, virtuelle Modelle frei rotieren, sodass die Sichtbarkeit
verschiedener Details von der Perspektive abhangt, wird der Einfluss, den der Nut-
zer auf das Programm ausubt, also das Maß der Interaktivitat weiter gesteigert. In
Molekul-Editoren ist diese Funktion oft gegeben; navigiert wird in der Regel mit
dem Mauszeiger. Einen Experimentieraufbau derart betrachten zu konnen ist eben-
so denkbar, er spielt in Schulischer und wissenschaftlicher Praxis vermutlich eine
untegeordnete Rolle. Uber die Zusammenhange zwischen raumlichem Vorstellungs-
vermogen und chemischem Modelldenken berichtete Saborowski (Saborowski, 2000).
Ebenfalls kann hier die zeitliche Steuerung eines Prozesses eingeordnet werden, z. B.
die Kalottenmodelldarstellung des Auflosungsprozesses, bei dem die Konzentration
des Stoffes in der Losung uber die Zeit verlangsamt, angehalten oder beschleunigt
werden kann.
30
� Daten- oder Parametervariation zur Beeinflussung des Inhalts der Lernobjekte:
Diese Stufe stellt den Ubergang zur Simulation dar. Der Nutzer kann anhand ei-
nem oder mehrerer Freiheitsgrade die Darstellung der Komponenten abrufen, die
durch das Programm mithilfe des programmierten Modells generiert werden. In
der Molecular-Modelling-Software entspricht dies beispielsweise der Berechnung von
Atomabstanden, der Raumgeometrie oder des Molekulargewichts.
� Konstruktion eines Objektes oder seines Inhalts, Prozessgenerierung:
Als hochste Stufe der Interaktivitat wird das Konstruieren von Inhalten in Form
von Prozessablaufen oder Objekten angesehen. Diese Funktion bildet die Grundlage
aller Strukturformeleditoren, von denen viele nicht nur Molekule zu generieren son-
dern auch Versuchsaufbauten mit Laborgeraten zu konstruieren ermoglichen. Dies
impliziert auch die freie Wahl der Reihenfolge des Vorgehens eines Nutzers.
� Konstruktive und manipulierende Handlungen mit situationsabhangigen Ruckmel-
dungen:
Alle vorgenannten Stufen konnen eine handlungsabhangige Ruckkopplung enthal-
ten. Auf der niedrigsten Stufe, der Betrachtung und Rezeption von Objekten, kann
die Ruckmeldung mithilfe der Navigation auf eine entsprechende Seite ermoglicht
werden, so zum Beispiel als direkte Auswertung einer Single- oder Multiple-Choice-
Aufgabe. Die einfachste Ruckmeldung ist hier eine richtig/falsch-Bezeichnung in
Abhangigkeit von der Nutzereingabe. Erweiterungen zu ja/neutral/nein-Feedbacks,
metrischen Auswertungen (z.B. 3,45 % richtig) oder Handlungs-Strang-abhangige,
Kontext-sensitive Hinweise wie z. B. in Adventure-Computerspielen eroffnen hier
ein weites Feld an Optionen. Da keine direkte Interaktion mit Menschen stattfindet,
die interaktive Beschaftigung mit dem Gerat jedoch Relevanz fur einen Lernfort-
schritt aufzeigt, werden hier Ubergange oder Zusammenhange zwischen Medium
und Methode vermutet.
Das beschriebene Stufenmodell von Schulmeister dient der Kategorisierung interaktiver
Anwendungen, wobei die Stufen zwar nach dem Rang sortiert, jedoch nicht zwangslaufig
kumulativ sind (Schulmeister, 2005). Eine hohere Stufe der Interaktivitat bei einer kon-
31
kreten Anwendung kann Funktionen niedrigerer Stufen enthalten, muss dies jedoch nicht.
Dies wird anhand der Beispiele in Tabelle 2.2 deutlich.
Nach der chemiedidaktischen Medieneinteilung besitzen interaktive Medien verschiede-
nen Modell-, Abbildungs-, Nachbildungs oder Symbolcharakter, wobei die verschiedenen
Aspekte sowohl ineinander geschachtelt als auch sich erganzend, nebeneinander auftreten
(vgl. Kap. 2.1.1, S. 9).
Tabelle 2.2: Interaktive Bausteine zum Chemielernen unter dem Gesichtspunkt der sechsStufen der Interaktivitat nach Schulmeister (Schulmeister, 2005). Die Aus-wahl steht stellvertretend fur die derzeit im deutschsprachigen Internet zurVerfugung stehen Interaktiven Anwendungen. Fur eine detaillierte Ubersichtzum Thema chemische Gleichgewichte siehe (Schmitz, 2012)
Anwendung Interaktivitatsstufen Bemerkung1 2 3 4 5 6
Titrationstrainer AK Kap-penberg (Kappenberg,2005)
X X Bestandteil eines großerenPaketes fur mobile Endgera-te auf Android-Basis
LCD Pixel, Funktions-weise von Flussigkristall-Bildschirmen (Merck, 2013)
X X vgl. Interaktives Bild in Ka-pitel 3.3.2 S. 78
Strukturformel-Editor undMolecular-Modelling-Tool
”Chemsketch“
X X X X X im weitesten Sinne ein kom-plettes Kommunikationspa-ket fur chemische Inhalte
Streuversuch von Ruther-ford auf Chemie interaktiv
X X X
Interaktive Chlorgassynthe-se
X X X X Vorgestellt auf Seite 71
2.1.6 Werkzeuge zur Erstellung von digitalen Lehr-Lern-Konzepten
Das Decision-oriented-Instructional-Design-Modell
Zur Gestaltung von Lernmedien sollten die theoretischen Grundlagen in systematisierter
Form Beachtung finden, so dass Medien zum Zeitpunkt ihrer Entstehung auf dem aktuellen
Stand der Forschung ihren optimalen Nutzen entfalten konnen. Zur systematischen Erstel-
32
lung der E-Learning-Bausteine fur die didaktische Experimentalausbildung fiel die Wahl
auf das Modell von Niegemann et. al.. Das decision-oriented instructional-design Mo-
dell (DO-ID-Modell) stellt einen effektiven Leitfaden zur Erstellung elektronischer Lehr-
angebote dar (Niegemann, 2004). Es strukturiert den Erstellungsprozess mithilfe eines
Schemas, das aus einer mehrschichtigen Bedarfsanalyse die optimalen Entscheidungen fur
eine Realisierung von E-Learning-Projekten ableitet. Fur die Erstellung der Lerneinheiten
in der chemiedidaktischen Experimentalausbildung wurden folgende Analyseschritte aus
dem DO-ID-Modell ubernommen und in Gestaltungsentscheidungen (im Original:”
De-
sign“ -Entscheidungen) uberfuhrt.
� Zielgruppencharakterisierung erfolgt durch Altersangaben, Lerngewohnheiten,
Lernvoraussetzungen. Weiterhin spielt die Homogenitat der Zielgruppe in Bezug auf
die vorgenannten Punkte, die ortliche Verteilung, die Kontaktmoglichkeiten und die
Bekanntheit der Teilnehmer untereinander eine wichtige Rolle.
� Lehrzieldefinition leitet sich in der Regel aus den benotigten Qualifizierungen
der Teilnehmer ab. Der Rahmen, in dem das Lehrangebot umgesetzt wird, z.B. als
externes Angebot, als firmeninterne Auftragsarbeit oder als Studienbestandteil in
der Hochschule, ubt einen starken Einfluss auf diesen Punkt aus.
� Ressourcen zur Erstellung insbesondere von E-Learning-Angeboten bestehen aus
vorhandenen Software- und Hardwarestrukturen zur Verwaltung und Bereitstellung
der entsprechenden Dateien sowie den Qualifizierungsmoglichkeiten fur Dozenten
und Tutoren der jeweiligen Lernangebote.
� Designentscheidungen sollten stets das Ergebnis der vorgenannten Analyse sein
und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Dabei bezieht sich Design auf
das grundlegende Konzept und lasst gestalterisch ein gewisses Maß an Freiraumen.
33
Didaktische Entwurfsmuster
Das Didaktische Entwurfsmuster (DEM) ist ein aus der Architektur entlehnter Begriff, der
zur Beschreibung wiederkehrender Vorgange in einem (Online-)Lehrgang dient. Es erfullt
die gleichen Funktionen wie Methodenbausteine eines Prasenzunterrichts und kann von ei-
nem kleinen Aufgabenformat bis hin zur Gesamtstruktur eines Lernprogramms ausgepragt
sein. Somit zahlen bereits die von technischen Vorgaben gemachten Aufgabenformate wie
Einfach-Auswahl-, Mehrfach-Auswahl- oder Luckentext-Fragen zu den DEMs. Zur Qua-
litatssteigerung sollten sie deutlich uber die technischen Vorgaben hinaus charakterisiert,
definiert und didaktisch begrundet werden. Charakterisierung kann z. B. uber Formulie-
rungsmuster des Textes, eine Abfolge von Aufgaben oder ein Layout erfolgen. Die DEMs
fur die hier beschriebene Aufgabe sind in Kapitel 3.3.2 auf Seite 77 beschrieben.
Die Lernplattform ILIAS
Die Friedrich-Alexander-Universitat Erlangen-Nurnberg (FAU) verfugt, wie die meisten
deutschen Universitaten uber eine Online-Lernplattform, die sich fur die Distribution
und Administration des Lernangebotes eignet, aber in Bezug auf Interaktivitat fur die
Gestalter und fur die Lernenden Grenzen setzt. Diese Grenzen konnen durch Einbindung
programmierter Applikationen deutlich verschoben werden.
Die Lernplattform der FAU (StudOn) basiert auf der gemeinfreien Software ILIAS (Leid-
hold, Wolfgang, 1998) und wird vom Institut fur Lern-Innovation, das an der FAU be-
heimatet ist, betreut und gepflegt (ILI, 2013). StudOn bietet alle in Kapitel 2.1.4 be-
schriebenen Moglichkeiten zur Gestaltung von Online-Lehre und hat zum Vorteil, dass
Studierende bei ihrer Einschreibung an der FAU automatisch mit einem Zugang aus-
gestattet werden. Die Benutzerzugange sind so strukturiert, dass sie Dozenten erlauben
Administrationsaufgaben wahrzunehmen. Fur jeden virtuellen Kurs konnen die Lese- und
Schreibrechte der verschiedenen Benutzergruppen unterschiedlich definiert werden. Stan-
34
dardmaßig wird zwischen Teilnehmern, Tutoren und Administratoren unterschieden. Der
Benutzerstatus bestimmt die Rechte im jeweiligen Kurs. Ein Kursersteller kann den betei-
ligten Personen ihre jeweilige Rolle zuweisen, wobei Administratoren uber Schreibrechte
verfugen, Teilnehmer uber Leserechte. Tutoren konnen teilweise Administrationsrechte
eingeraumt werden, sodass beispielsweise die Mitgliederverwaltung eines Kurses einem
Tutor ubertragen werden kann, ohne dass dieser volle Administrationsrechte in diesem
Kurs erhalt.
Die Struktur der Lernplattform ILIAS ist vergleichbar mit einem Dateibaum, sodass
tiefer liegende Objekte in den ubergeordneten Objekten enthalten sind. Zur erleichter-
ten Bedienung wird der Dateipfad zum aktuellen Objekt am oberen Seitenrand unterhalb
der Browserkommandozeile angezeigt. Die ubergeordneten Objekte sind per Brotkrumen-
Navigation, also durch Anklicken des jeweiligen Knotens auf dem Dateipfad, ansteuerbar;
das bedeutet, jedes ubergeordnete Objekt wird als Link dargestellt und kann durch einen
Mausklick aufgerufen werden.
Die detaillierte Darstellung aller Funktionen wurde hier den Rahmen dieser Arbeit spren-
gen, daher wird nur auf die verwendeten Objektkategorien eingegangen. Diese sind in
erster Linie Kurs, ILIAS-Lernmodul, Gruppe und Test (Leidhold, Wolfgang, 1998).
� Lernmodule verfugen uber einen Satz von Gestaltungselementen wie unterschiedlich
formatierbarem Text, Navigationselementen zur Bereitstellung von Text- und Bild-
bausteinen per Mausklick (Akkordeon), Werkzeugen zur Erstellung von Auswahl-
und Zuordnungsfragen zur Selbstuberprufung sowie interaktiven Bildern. Bei inter-
aktiven Bildern werden vom Anwender durch Mausklick oder Mausbewegung uber
verschiedene Bildbereiche weitere Bildelemente oder Text sichtbar gemacht. Hier
bezieht sich der Begriff interaktiv auf die informations-technologische Sichtweise.
Interaktivitat im Sinne der in Kapitel 2.1.5, S. 28 gegebenen Definition ist abhangig
vom dargestellten Bild und den zusatzlich aufzurufenden Informationen.
35
� Gruppen konnen zur Einteilung und zum Austausch auch von Nutzern ohne Dozen-
tenzugang erstellt und verwaltet werden und verfugen nicht uber den vollen Funkti-
onsumfang wie ein Kurs. Datenaustausch und Diskussionen sind uber die weiteren
Funktionen, die innerhalb einer Gruppe hinzugefugt werden, moglich, z.B. uber Fo-
ren, Chatrooms oder Wikis.
� Tests konnen nur von Dozenten gestaltet werden und dienen der restriktiven Verwal-
tung von offenen, teilautomatisierten und vollautomatisierten Testaufgaben in ver-
schiedenen Formaten. Multiple-Choice-Fragen, Luckentexte oder Zuordnungsaufga-
ben konnen im System so programmiert werden, dass eine automatische Auswertung
durch das System erfolgt. Alle Antworten konnen vom Dozenten abgerufen werden.
Eine vollautomatisierte Notenvergabe unterliegt den jeweiligen Bestimmungen der
ILIAS-nutzenden Hochschule und ist im Einzelfall rechtlich zu prufen.
Bei allen vier Kategorien handelt es sich um Containerobjekte, deren Funktionen darauf
ausgelegt sind, Lerninhalte fur Lernende und Lehrende zu verwalten und zu strukturie-
ren. Sie konnen ineinander verschachtelt werden, sodass beispielsweise ein Kurs mehre-
re Gruppen oder Tests enthalt. Kurse, Gruppen und Tests verfugen uber verschiedene
Mitgliederverwaltungsoptionen. Lernmodule dienen zur seitenweisen Strukturierung von
weiteren Multimediaobjekten, z. B. von Text, Bildern, Videos, Tonaufzeichnungen oder
interaktiven Anwendungen.
Aufgrund der Vielzahl der Funktionen des ILIAS-Systems ist es zweckmaßig, ein E-
Learning-Angebot, das mehrere Module enthalt, einheitlich zu strukturieren und dem
Lerner zu Beginn die implementierten Funktionen zu erlautern. Das kann z. B. auf der
ersten Seite des ersten Lernprogramms erfolgen.
Internet-Animationsformat FLASH
Die proprietare Software Creative Suite 5 (CS5) der Firma Adobe Systems Inc. (San Jose,
CA, USA) ermoglicht die Erstellung graphik-basierter, interaktiver Browserapplikationen
36
mithilfe der Programmiersprache Actionskript im Format FLASH. Durch die wesentlich
komplexeren Moglichkeiten, interaktive Funktionen zu programmieren, ist FLASH als
Werkzeug geeignet, Lernobjekte zu erstellen, die in die zuvor vorgestellte Lernumgebung
ILIAS integriert werden konnen. Eine Vielzahl FLASH -basierter Animationen fur den
Chemieunterricht ist in (Schmitz, 2005a) zu finden.
Zum Zeitpunkt der Browserapplikationen, die im Rahmen dieser Arbeit angefertigt wur-
den war die Version CS5.5 aktuell. Um Flash-Programme abspielen zu konnen, stellt
Adobe unentgeltlich ein Browser-Plug-in namens Flashplayer zur Verfugung, auf dessen
Grundlage ebenfalls Videoclips im Flash-format direkt aus dem Internet abgespielt werden
konnen. Das Plug-in ist weltweit verbreitet, fur Browser aller Betriebssysteme erhaltlich
und steht jederzeit uber dieverse Plattformen in der aktuellen Version zum herunterladen
von autorisierten Internetseiten zur Verfugung.
Die technische Beschreibung zur Erstellung der hier vorgestellten interaktiven Laboran-
wendungen in FLASH wurde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, daher sei an dieser
Stelle auf die Literatur verwiesen, z.B. (Weigend, 2011).
2.2 Blended Learning in Chemie und
Chemielehrerbildung
Hochschullehre mit Unterstutzung durch E-Learning-Systeme
Mithilfe von lizenzfreien Lernplattformen wie moodle oder ILIAS stellen die meisten Uni-
versitaten bereits standardmaßig alle notwendigen Voraussetzungen fur die Entwicklung
von Online-Lernangeboten bereit. Nach Hoppe werden in großerem Umfang Potentiale
dieser geschaffenen Voraussetzungen nicht oder noch nicht genutzt (Hoppe, 2005), was
nach Getto hauptsachlich durch die Faktoren monetarer Anreiz und Selbstbestimmung
37
umgesetzt werden kann und die Entwicklung universitatsubergreifender Angebote erfor-
dert, die im Rahmen von Veranderungsprozessen von der Universitatsleitung begleitet
werden (Getto, 2013).
E-Learning in Industrie und Universitaten in der Fachwissenschaft Chemie
Es existieren unterschiedliche Ansatze, mithilfe von E-Learning vorbereitend fur Labor-
praktika tatig zu werden. Der Inhalt dieser Ansatze wird nachfolgend kurz erlautert.
Daubenfeld et.al. konnten zeigen, dass Laborpraktika mithilfe von Videos und elektroni-
schen Tests im Rahmen von E-Learning effizientere Vorbereitungen sowie eine effektivere
Verbindung von Theorie und Praxis ermoglichen (Daubenfeld, 2012). Die Ruckmeldung
der Studierenden ließ deutlich erkennen, dass die elektronischen Medien als Addendum
hilfreich waren, jedoch keinen Ersatz fur Papier basierte Skripte darstellten.
Dalgarno et.al. implementierten ein dreidimensionales Modell des Labors in ihre Prakti-
kumsvorbereitung, um den Studierenden eine Vorentlastung fur Standorte von Geraten
und Chemikalien und somit an den Prasenztagen effizienteres Arbeiten zu ermoglichen
(Dalgarno et al., 2009). Hintergrund fur die Studie ist das große territoriale Einzugsgebiet
der Charles Sturt University in Wagga Wagga, Australien und die damit verbundenen
langen Anreisewege. Untersucht wurden zunachst zwei Gruppen im Vergleich, von denen
eine das Labor nur virtuell kennenlernte und die andere physisch prasent war. Letztere
zeigten geringfugig verbesserte Kenntnis des Labors, was sich im t-Test als nicht signifikant
erwies. In einer weiteren Untersuchung wurde den Studierenden angeboten, das Prakti-
kum auf freiwilliger Basis virtuell vorzubereiten. Weniger als ein Drittel der 95 Probanden
nahm dieses Angebot wahr. Zusatzlich wurde die Angstlichkeit bzw. die Zuversicht ge-
messen, mit der die Studierenden das Praktikum begannen. Die Autoren konnten keinen
signifikanten Zusammenhang zwischen der freiwilligen Labor-Vorbereitung und dem Grad
an Zuversicht oder Angstlichkeit finden; virtuelle Praktikumsvorbereitung und virtuelle
Laborkenntnis wurden als nutzliche Werkzeuge charakterisiert.
38
Generell fallen Effekte und Meinungen der Lernenden bei virtuellen Laboranwendungen
unterschiedlich aus, wie Tatli und Ayas in einem Vergleich von 11 Studien zur E-Learning-
Implementation chemischer Labor-Simulationen zeigten (Tatli & Ayas, 2010). Uberwie-
gend konnte festgestellt werden, dass besseres Lernen theoretischer Inhalte moglich war,
da manuelle Tatigkeiten bei Beobachtungen nicht storten oder ein besseres Verstandnis
der Inhalte forderten. Nicht alle Studien bestatigten einen gleichen oder starkeren Lern-
oder Motivationseffekt im Vergleich zur reinen Prasenzlehre, sodass noch keine generellen
Aussagen daruber getroffen werden konnen, unter welchen Bedingungen virtuelle Laboran-
wendungen einen Mehrwert bedeuten bzw. wie sie methodisch einzusetzen sind, um das
bestehende Lehrangebot zu erganzen.
E-Learning-Angebote der Chemieausbildung, die keine Labortatigkeiten berucksichtigen,
sind vergleichsweise einfacher zu realisieren und demnach bereits starker etabliert. Meis-
tens vermitteln sie anerkannte Modellvorstellungen auf Teilchenebene und orientieren sich
stark an der Fachsystematik. Die folgenden Beispiele dienen stellvertretend fur die Viel-
zahl an Angeboten mit unterschiedlicher Zielsetzung:
� Auf der Homepage www.ptable.com (Dayah, 1997) kann der Lernende per Naviga-
tion mit dem Mauszeiger gezielt Informationen uber die Elemente des Periodensys-
tems abrufen. Dies kann vergleichend geschehen, wie beispielsweise beim Anzeigen
der Aggregatszustande in Abhangigkeit von der Temperatur, die mithilfe eines Schie-
bereglers vom Anwender selbst eingestellt werden kann. Informationen aus anderen
Internetseiten zu einzelnen Elementen konnen ebenfalls direkt abgerufen werden, so
z. B. die Wikipediaeintrage und die zuvorgenannten Videclips.
� Die Periodic Table of Videos ist eine Sammlung von Videoclips der University of
Nottingham, GB (Haran, 2013). Die dargestellten Videoclips sind den jeweils ver-
wendeten Elementen im Periodensystem zugeordnet, werden von der Arbeitsgruppe
um Martyn Poliakoff erlautert und sind online frei verfugbar uber die Homepage
sowie die Plattform Youtube.com (Hurley et al., 2005) zuganglich.
39
� Chemgaroo ist eine Lernplattform, die im Rahmen des Projektes”Vernetztes Studi-
um Chemie“ zur Intensivierung und Effizienzsteigerung der universitaren Lehre un-
ter Mitarbeit von 16 Hochschulen und unter Fuhrung des Fachinformationszentrums
Chemie eingerichtet wurde (Heike Kreutzer, 2005) und vom Lehrbuchverlag Wiley
VCH, Weinheim weiterbetrieben wird (FIZ, 1981). Die Lernplattform enthalt uber
kostenpflichtige Online-Module hinaus frei verfugbare Lernangebote (Chemgapedia,
2013). Das Gesamtangebot beinhaltet lineare und verzweigte Lernprogramme, Nach-
schlagewerke sowie mehrere, animierte Visualisierungen und deckt die angrenzenden
Fachgebiete Biochemie, Physik, Pharmazie und Mathematik mit ab.
� www.chemicum.com(Arold et al., 2016) ist eine Homepage, die von der estnischen
Universitat in Tartu betrieben wird. Zentrales Medium dieser Website sind ebenfalls
Videoclips, die aus verschiedenen Vorlesungsreihen mitgeschnitten wurden. Diese
sind in chemische Themenblocke eingeteilt, z. B. Versuche zu Elektrochemie, Metal-
len und Nichtmetallen oder Gleichgewicht und Reaktionsrate.
� E-Learning fur Chemieberufe, ELCH wurde speziell fur die Vermittlung betrieb-
licher Aufgaben fur die chemische Industrie entwickelt (ELCH, 2013). Das Medi-
enangebot verbindet chemische Grundlagen mit pragmatischen Anforderungen wie
Qualitatsmanagement, systemtechnischer Umsetzung oder Betriebsanalytik.
Aus den oben beschriebenen Beispielen lassen sich verschiedene Gesichtspunkte ableiten,
unter denen Online-Medienangebote betrachtet werden konnen. Es ist zwischen kosten-
freien und kostenpflichtigen Angeboten sowie dem Grad der Vorstrukturierung, z.B. in
Einzeldarstellungen, vernetzten Lexikoneintragen und linear gefuhrten Lernprogrammen
zu unterscheiden (Eilks et al., 2004). Zielgruppen konnen eingeteilt werden in Schuler und
Studierende fur Grundlagenchemie, Teilnehmer interner Firmenschulungen beispielsweise
zur Sicherheitsunterweisung oder Geschaftspartner im Rahmen externer Produktprasen-
tationen z. B. bei Wirkstoffmechanismen in der Pharmaindustrie.
40
E-Learning als Teil der Ausbildung von Chemielehrern
Erste Versuche, E-Learning in der fachdidaktischen Chemielehrerbildung des Hochschul-
studiums zu integrieren wurden von Wolf et. al. berichtet (Wolf et al., 2012). Aus den posi-
tiven Ruckmeldungen der Studierenden wurde der Wunsch nach einem breiteren Angebot
in diesem Format identifiziert. Auf der ILIAS basierten Lernplattform der Justus-Liebig-
Universitat Gießen, D wurden Praktikumsteilnehmern zusatzlich zu einer schriftlichen
Vorbereitung des Praktikums Videoclips angeboten, die jeweils eine Versuchsdurchfuh-
rung zeigten, die im Labor umgesetzt werden sollte (JLU Gießen, 2013).
Bılek (Bılek et al., 2009) untersuchte die Akzeptanz von virtuellen Laboranwendungen
bei angehenden Chemielehrkraften mit dem Ergebnis, dass VLs zwar angenommen wer-
den, die geistig-praktische Labortatigkeit jedoch bevorzugt wird. Studierende schatzten
ein, dass geistig-praktische Tatigkeiten die Voraussetzung fur den Erwerb experimenteller
Laborerfahrungen sind.
Srisawasdi (Srisawasdi, 2012) untersuchte die Akzeptanz von VLs in Verbindung mit
geistig-praktischen Laborubungen bei Lehramtsstudierenden in Abhangigkeit von der Selbst-
einschatzung bezuglich der Haltung gegenuber dem Computer. Dabei wurden die Studie-
renden in den drei Gruppen high attitude, medium attitude und low attitude auf ihre
Akzeptanz zu durchgefuhrten VLs befragt und die Lehrzielerreichung mit dem Ergebnis
uberpruft, dass alle Teilnehmer unabhangig von der Gruppenzugehorigkeit das Lehrziel
erreichten. Dem Computer starker zugeneigte Studierende erzielten dabei bessere Resul-
tate bei der VL und dem Computer maßig zugeneigten Studierenden erzielten die besten
Resultate in den geistig-praktischen Laborubungen im Vergleich mit weniger und starker
dem Computer zugeneigten Studierenden.
Tatli (Tatli & Ayas, 2010) verglich in einer Metastudie 13 Untersuchungen zu virtuellen
Laboranwendungen mit unterschiedlichen Ergebnissen. Die Menge der Befragten variierte
von 14 bis 464, im Durchschnitt wurden 144 Probanden befragt. Ein Teil der Studien
41
schien eine Tendenz zu hoherem Lernerfolg von VLs gegenuber der geistig-praktischen
Labortatigkeit zu belegen, was unter anderem daran liegt, dass weniger Fokus auf die Ge-
ratschaften gelegt wird, die zwar fur eine geistig-praktische Durchfuhrung eines Versuches
notwendig sind, jedoch nichts zu solchen Lehrzielen beitragen, die das Verstandnis chemi-
scher Prozesse beinhalten. Dem entgegen stehen die Ergebnisse anderer Studien, die man-
gelnde, geistig-praktische Erfahrungen der Teilnehmer der Studien aufzeigen. Haptische
sowie Temperatur- und Geruchswahrnehmungen konnen nicht mithilfe eines Computers
vermittelt werden. Vorschlage, VLs zur Vor- oder Nachbereitung sowie zur Wiederholung
einzusetzen, belegen ihren generellen Nutzen. Daraus folgt, dass VLs als Spezialfall von
interaktiven Lernobjekten nicht nur durch ihre Inhalte charakterisierbar sind (vgl. (Wede-
kind, 2007)), sie mussen daruber hinaus methodisch mit dem jeweiligen Realexperiment
in Verbindung gebracht werden.
Blended-Learning in der beruflichen Weiterbildung von Chemielehrern
Aljanazrah und Bader (Aljanazrah & Bader, 2006) konzipierten am Chemielehrerfortbil-
dungszentrum Frankfurt (GDCh, 2013b) eine Fortbildungsveranstaltung, die eine Onli-
ne-Vorbereitung zu einem praktischen Labortag voraussetzte. Durchgefuhrt und evalu-
iert wurde diese Veranstaltung in Frankfurt (Main) , Wurzburg, Mainz, Dortmund und
Nurnberg jeweils fur die zwei Themenkomplexe Kunststoffe und Metalle. Verglichen mit
anderen angebotenen Kursen der beteiligten Fortbildungsinstitutionen stieß diese Art der
Durchfuhrung bei den Teilnehmern auf weniger Resonanz; bei 17 durchgefuhrten Fort-
bildungen und 116 Teilnehmern ergab sich eine Durchschnittliche Teilnehmerzahl von
6,8 fur die Wahrnehmung des Online-Angebots, wahrend die Teilnehmerzahl bei anderen
Kursen etwa 15 betrug. Grunde hierfur werden in der Abweichung des gewohnten Sche-
mas Einfuhrungsvortrag - Praktikum - Abschlussbesprechung sowie in der Zuruckhaltung
der Lehrer in Bezug auf neue Medien gesehen. Inhaltlich wurde der Kurs vergleichbar
zu anderen Veranstaltungen bewertet, die Methode des Blended Learning wurde nicht in
Frage gestellt, da sich die Teilnehmer selbst fur diese Fortbildung entschieden hatten. Die
42
Moglichkeit der Kommunikation mithilfe von Chatrooms, Foren oder E-Mail zwischen den
Teilnehmern wurde in der Online-Phase nicht genutzt.
Multimediaangebote fur den Chemieunterricht
Zu den fachdidaktischen Aufgaben gehoren neben der Untersuchung von Wirkung und
Nutzen multimedialer Lehrangebote auch die Entwicklung und Weiterentwicklung von
Lehrmaterial, was digitale Unterrichtsmedien einschließt. Dabei bietet das gesamte Spek-
trum des Lehrplans unzahlige Moglichkeiten, Modellvorstellungen und Versuchsanordnun-
gen fur den digitalen Gebrauch abzubilden. Durch unterschiedlich starke Auspragungen
von Interaktivitat werden die Handlungsalternativen bei der Gestaltung von Lehrmaterial
weiter potenziert. Daraus lasst sich ableiten, dass diese Thematik integraler Bestandteil
der Aus- und Weiterbildung von Chemielehrkraften sein sollte, um den Umgang mit digi-
talem Unterrichtsmaterial zu vermitteln.
Fur die Suche nach digitalem Unterrichtsmaterial eignen sich thematische Gesichtspunk-
te. Schmitz stellte zehn frei uber das Internet zugangliche Programme zu chemischen
Gleichgewichten vor und erlauterte die jeweiligen Vor- und Nachteile fur ein konzeptuelles
Verstandnis des chemischen Gleichgewichtes (Schmitz, 2012).
Ein weiteres Suchkriterium fur digitales Unterrichtsmaterial stellt das angebotene For-
mat dar und ist im Wesentlichen identisch mit den vorgenannten Auspragungen von E-
Learning in Universitat und Industrie (vgl. Kap. 2.2 S. 40). Als Beispiel eines linear
vorstrukturierten Moduls fur den Chemieunterricht am Gymnasium dient das Lernpro-
gramm CHEMNet des Leibniz-Instituts fur die Padagogik der Naturwissenschaften und
Mathematik (IPN) Kiel (Nick & Andresen, 2005),(CHEMnet, 2013).
Umfangreiche Visualisierungen zu ausgewahlten Schulversuchen finden sich auf der Home-
page der Chemiedidaktik der Universitat Wuppertal Chemie interaktiv (Schmitz, 2005a).
43
2.3 Chemielehrerausbildung
2.3.1 Drei Phasen der Chemielehrerbildung
Die Chemielehrerbildung wird deutschlandweit in drei Phasen gegliedert (Sekretariat der
Standigen Konferenz der Kultusminister der Lander in der Bundesrepublik Deutschland,
2013) und im Freistaat Bayern durch die Lehramtsprufungsordnung I (LPO I, universitarer
Ausbildungsteil) und die Lehramtsprufungsordnung II (LPO II, Vorbereitungsdienst an
der Schule) sowie die Lehrerdienstordnung (LDO, Fortbildungsverpflichtung) verbindlich
und zentral geregelt. Die ersten beiden Phasen werden mit dem ersten (LPO I) bzw.
zweiten Staatsexamen (LPO II) abgeschlossen (KM Bayern, 2013). Bereits der universitare
Teil nach LPO I sieht eine experimental-didaktische Lehrveranstaltung vor, deren Inhalt
die Kompetenzbereiche sein sollen, die in den Einheitlichen Prufungsanforderungen in
der Abiturprufung Chemie (EPA Chemie) 2004 von der Kulusministerkonferenz (KMK)
festgelegt wurden (EPA, 2004).
Die”folgenden fachspezifischen und allgemeinen Kompetenzen [sind] erfor-
derlich:
� Fachkenntnisse (Chemisches Wissen anwenden) [...]
� Fachmethoden (Erkenntnismethoden der Chemie nutzen) [...]
� Kommunikation (in Chemie und uber Chemie kommunizieren) [...]
� Reflexion (uber Bezuge der Chemie reflektieren) [...]“
(EPA, 2004) In der Regel werden fachdidaktische Lehrveranstaltungen fur Studierende
des gymnasialen Lehramtes erst nach dem Grundstudium der Fachwissenschaft besucht,
sodass im Anschluss mit dem erworbenen Fachwissen eine Verknupfung zu didaktischen
Konzepten erfolgen kann. Eine umgekehrte Reihenfolge, die eine Integration des Fach-
wissens in zuvor erlernte fachdidaktische Zusammenhange verfolgt ware ebenso denkbar,
wird jedoch weniger praktiziert.
44
Fur die chemiedidaktische Ausbildung gelten die gleichen Grundsatze wie sie in Kapi-
tel 2.1 an mehreren Beispielen mit chemischem Lerninhalt dargestellten sind (S. 7ff).
Lerngegenstande (Objekte der Lernhandlung) sind hier nicht mehr nur chemischer Art,
sie werden erganzt durch Lehr-Lernprozesse mit chemischem Inhalt. Der Charakter der
Chemiedidaktik als Metalehre (Lehre der Lehre der Chemie) wird hierbei deutlich.
Die geistig-praktische Tatigkeit, einen Versuch durchzufuhren, kann nicht durch ein vir-
tuelles Lehrangebot ersetzt werden: Primarerfahrungen sind auf der makroskopischen,
materiellen Ebene grundsatzlich einer Sekundarerfahrung vorzuziehen und es ist davon
auszugehen, dass dies fur Studierende in der Lehramtsausbildung in gleichem Maße gilt
wie fur Schuler. Die vorliegende Arbeit beschaftigt sich daher auch mit der Frage, ob eine
Aufteilung geistig-praktischer Tatigkeiten der chemiedidaktischen Lehrinhalte auf virtu-
elle Lernphasen (rein geistig) und psychomotorischer Anteile auf Prasenzphasen (geistig-
praktisch) sinnvoll sein kann und wie eine solche Aufteilung in der Lehrpraxis umsetzbar
ist. Wiederholungseffekte bei der Durchfuhrung eines zuvor virtuell thematisierten Versu-
ches bzw. bei der virtuellen Nachbereitung eines zuvor durchgefuhrten Versuches konnten
hier einen eigenen Beitrag zur Nachhaltigkeit der gelernten Sachverhalte leisten oder zur
effizienteren Nutzung von Laborkapazitaten beitragen.
2.3.2 Definition der Anforderungen an ein chemiedidaktisches
Experimentalpraktikum
Nach Niegemann et.al. ist vor der Konzeption von Lehre, insbesondere elektronischer
Lehrangebote, eine mehrschichtige Analyse notwendig, die u.a. auf die Adressaten, die
Lehrziele sowie die zur Verfugung stehenden Ressourcen fokussieren (Niegemann, 2004)
(vgl. Kap. 2.3.1, S. 44).
Der Adressatenkreis ergibt sich aus Studierenden des Lehramtes Chemie fur Gymnasien
und stellt somit eine vergleichsweise homogene Zielgruppe in Bezug auf Alter, Vorwissen
45
Tabelle 2.3: Mengenvergleich beschriebener Schulexperimente aus der Fachliteratur, inKlammern angegebene Werte gehen uber die reine Darstellung von Versuchs-anleitungen hinaus.
Buch Erscheinungsjahr Themengebiete Experimente SeitenHausler (Hausleret al., 1991)
1991 45 (46) 438 315 (350)
Schmidkunz(Schmidkunz,2011)
2011 31 532 540
Keune (AC)(Boeck, 1998),
1998 12 91 336
Keune (OC)(Just, 1999),
1999 13 101 320
Keune (PC)(Bohland, 2002)
2002 8 94 336
Schmidkonz(Schmidkonz,2012)
2012 15 (20) 70 + 30 140 (210)
und Zukunftsperspektive dar. Die Teilnehmer der Untersuchung kennen sich untereinan-
der, die Akzeptanz gegenuber E-Learning und damit eine Eignung fur das Curriculum
der Chemielehrer in Ausbildung ist Bestandteil der wissenschaftlichen Fragestellung.
Zur Lehrzielbestimmung fur ein chemiedidaktisches Praktikum in Phase eins der Lehr-
amtsausbildung ist eine Anzahl verschiedener Schulexperimente zur teilweisen Quantifi-
zierung und Vergleichbarkeit verschiedener Lehrbucher mit Einschrankungen hilfreich, je-
doch nicht ausreichend. Publikationen weisen eine Vielzahl verschiedener Anleitungen fur
chemische Schulversuche meist mit nur einer von mehreren moglichen Auswertungen aus.
Aus den publizierten Schulexperimenten muss exemplarisch eine Auswahl fur die Lehrver-
anstaltung getroffen werden. Tabelle 2.3 zeigt einen Vergleich von drei Werken der che-
miedidaktischen Experimental-Literatur mit dem veroffentlichten Praktikumsskript von
Schmidkonz (Schmidkonz, 2012), dass als Anleitung fur eine 14-tagige Lehrveranstaltung
fungiert. Diese fokussiert auf eine zusammenhangende Durchfuhrung der Versuche unter
verschiedenen chemischen Gesichtspunkten und verlangt die Beantwortung didaktischer
Fragen.
46
Neben gedruckter Literatur stehen zahlreiche Internetseiten mit Versuchs-Sammlungen
bereit, die ebenso diverse Auswertungen zur Ausdifferenzierung von Versuchen zu Expe-
rimenten dokumentieren, z. B. (Blume, 2002).
Aus der Anzahl der in (Schmidkonz, 2012) beschriebenen Experimente, von denen nicht
alle obligatorisch sind, wird deutlich, dass eine Lehrveranstaltung, die den Einsatz che-
mischer Schulversuche thematisiert, unterschiedliche Zielsetzung haben kann. Um nach
erfolgreichem Abschluss des Praktikums in der Lage zu sein, eigenen Schulern mehr als
die kennengelernten Versuche und Experimente zu vermitteln, muss eine solche Lehrver-
anstaltung den Teilnehmern Gelegenheit bieten sich selbst Einsatzmoglichkeiten unter-
schiedlicher Versuchsanordnungen und Experimente zu erarbeiten. Dies kann durch ent-
sprechende Arbeitsauftrage geschehen, setzt jedoch ein Mindestangebot an beschriebenen
Versuchen und deren Ausarbeitung zu Experimenten voraus.
Die angrenzend verwandte Literatur zu Experimentier- oder Versuchsvorschriften lasst
sich in groben Zugen wie folgt kategorisieren:
� Sammlungen mit uberwiegend effektvollen Schauexperimenten, z. B. (Roesky & Mo-
ckel, 1996), (Kreissl & Kratz, 2008)
� Sammlungen mit Versuchen und Experimenten mit detaillierter Anleitung und Er-
klarung, z. B.
– Chemie mit Alltagsprodukten, z. B. (Schwedt, 2007)
– Chemie entlang narrativer Zusammenhange, z. B. (Schwedt, 2004).
Einen exemplarischen Leitfaden zur Veranschaulichung chemischer Fachmethoden mithilfe
geeigneter Schulversuche gibt Sommer in (Sommer, 2007). Eine grundlegende Kategorisie-
rung chemischer Experimente fur die Einbindung in den Unterricht in Abhangigkeit vom
Vorwissen der Schuler gibt Kometz in (Kometz et al., 2013).
Erste Ansatze zur Systematisierung chemischer Schulexperimente in verschiedenen, fach-
didaktischen Kategoriensystemen finden sich bei Kratz (Kratz, 1994). Versuchsbeschrei-
47
bungen werden in aller Regel jedoch vorwiegend mit einer, als beispielhaft anzusehenden
Auswertungsmoglichkeit publiziert anstatt verschiedene, mogliche Gedankengange zu be-
schreiben. In großeren Sammlungen finden sich viele Versuchsvorschriften mit einer mehr
oder weniger weiterentwickelten Auswertungsmoglichkeit wieder, z. B. (Andre et al., 2012).
In der Literatur wird eine Vielzahl von chemischen Schulversuchen beschrieben. Beson-
ders die Beschreibung von einzelnen Sachverhalten zur Auswertung der meisten Versu-
che, bereitet dabei immer wieder Schwierigkeiten, geeignete Experimente fur die geistig-
praktische Ausgestaltung der Lehre auszuwahlen, sodass sie in einen großeren Themen-
block des Unterrichtsgangs passen. Schmidkonz (Schmidkonz, 2012) zeigt hier einen Weg
auf, der uber die Aneinanderreihung chemischer Schulversuche mit beschrankt festgeleg-
ten Auswertungen hinausgeht. Er orientiert sich dabei an Michael Faradays offentlichen
Schauvorlesungen uber die Naturgeschichte einer Kerze (Faraday, 1861) und setzt die
Experimente in einen gemeinsamen Kontext. Sommer (Sommer, 2007) beschreibt den um-
gekehrten Weg, der entlang den Regeln allgemeiner chemischer Arbeitsweisen Versuchs-
beispiele zur Verdeutlichung heranzieht. Beiden gemein ist das Zusammenspiel deduktiver
und induktiver Gedankengange, was die Wissenschaftlichkeit dieser Ansatze demonstriert.
Sie erfullen besonders die Forderungen aus dem Kompetenzbereich Erkenntnisgewinnung
von dem ausgehend die drei weiteren Kompetenzbereiche Fachwissen, Kommunikation
und Bewertung gefordert werden (EPA, 2004). Die Betrachtung eines Versuches in unter-
schiedlichen Kontexten, also als unterschiedliche Experimente mit den denselben geistig-
praktischen Tatigkeiten, fordert hierbei das vernetzte Denken. Es soll in diesem Zusam-
menhang von unterschiedlicher Kontextualisierung eines Versuches oder Experimentes
gesprochen werden.
Das Scientific Discovery as Dual Search-Modell (SDDS-Modell) nach Klahr versteht den
naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinn als Abgleich zwischen zwei Suchraumen: dem
Hypothesen-Suchraum, der den kognitiven Aspekt der Erkenntnis beinhaltet und dem
Experiment-Suchraum, der Erkenntnisse validiert (Klahr, 2002). Dieser Abgleich besteht
aus drei Komponenten: die Suche im Hypothesenraum (ggf. basierend auf bereits durchge-
48
fuhrten Experimenten), das Testen aufgestellter Hypothesen mit Hilfe eines oder mehrerer
Experimente sowie die Analyse von Evidenzen. Der immer wiederkehrende Wechsel zwi-
schen beiden Raumen ist vergleichbar mit dem Wechselspiel von induktivem und deduk-
tivem Vorgehen. Erste Ansatze, diese Prozesse bei Lehrkraften zu Modellieren kommen
aus der Physikdidaktik und schaffen eine Grundlage, Qualitatsmerkmale zu definieren
(Woitkowski et al., 2011).
Die Integration experimenteller Schulchemie in fachdidaktische Modelle guter, wissen-
schaftlicher Praxis steht noch am Beginn und konnte durch erste Untersuchungen mit-
hilfe des SDDS-Modells in einem gesamtwissenschaftlichen Kontext deduktiv erarbeitet
werden (Klahr, 2002). Biologie- und Physikdidaktik bieten hier erste Ansatze, z.B. in
(Koster, 2010). Vorgenannte chemiedidaktische Beitrage wie der Vergleich verschiedener
Durchfuhrungsvarianten eines Versuches (Schmidkonz, 2012), die kritischen Momente wis-
senschaftlicher Beweisfuhrung (Sommer, 2007) oder die erkenntnistheoretischen Zusam-
menhange zwischen geistigen und geistig-praktischen Tatigkeiten (Kometz et al., 2013)
konnen hierfur als Grundlage dienen. Die Entwicklung der experimentellen Schulchemie
tragt ebenso zu einem systematischeren Verstandnis gangiger Schulversuche bei, die dann
bei Bedarf effizienter zu Schulexperimenten ausgearbeitet werden konnen. Als Beispiele
hierfur publizierten Habelitz-Tkotz et.al. mehrere Varianten des Springbrunnen-Versuches
(Habelitz-Tkotz & Hornig, 2013) bzw. Reiners eine fachdidaktische Reflexion uber natur-
wissenschaftliche Arbeitsweisen zu weit verbreiteten Schulversuchen (Reiners, 2002).
2.4 Praxisorientierung in der Lehramtsausbildung
2.4.1 Praxisbezug wahrend des Studiums
Ein haufiger Kritikpunkt in Phase I der Lehrerausbildung ist mangelnder Praxisbezug zu
spateren Lehraufgaben in der Schule (Gabriele Hornung, 2010). Dieser zieht sich durch die
49
fachwissenschaftliche wie fachdidaktische und erziehungswissenschaftliche Ausbildung und
konnte die zunachst scheinbar gegensatzliche These unterstutzen, dass E-Learning Kon-
zeptionen einer Steigerung fachdidaktischer Anwendungsaspekte widerspricht z.B. durch
verminderte soziale Interaktion oder die Isolation der Theorie von der Praxis.
Frese untersuchte die Moglichkeit, mangelnden Praxisbezugs in der vorangehenden, fach-
wissenschaftlichen Ausbildung zu kompensieren, indem schultaugliche Experimente in das
Grundpraktikum des Fachstudiums integriert wurden. Die Befragung der teilnehmenden
Studierenden ergab eine hohe Akzeptanz des Vorgehens. Berufsorientierung durch die
Auswahl in der Schule einsetzbarer Experimente und Unterrichtsmethoden wurden von
den Studierenden besser bewertet als von einer Vergleichsgruppe, die aus Referendaren
bestand, die ihr eigenes Studium in der Retrospektive bewertet hatten. Die fachwissen-
schaftliche Ausbildung konnte dadurch nicht mehr in gleichem Maße gewahrleistet werden
(Frese, 2001).
2.4.2 Verknupfung der drei Phasen der Lehrerbildung durch den
außerschulischen Lernort
Der uberwiegende Teil des Unterrichtes findet in den Klassenraumen der Schulgebaude
statt. Schulveranstaltungen, bei denen sich Lehrende und Lernende außerhalb des Schul-
gelandes aufhalten werden unter dem Begriff des außerschulischen Lernortes zusam-
mengefasst und finden ihre Auspragung beispielsweise in Studienfahrten, Exkursionen,
Betriebsbesichtigungen sowie durch Besuche von Schulerlaboren oder universitaren Ver-
anstaltungen.
Im regularen Ausbildungsablauf eines Lehrers in den drei Phasen Studium - Referendariat
- Fortbildung im Berufsalltag ist zunachst wenig Kontakt zwischen Studierenden (Pha-
se eins) und Referendaren (Phase zwei) oder beruflich praktizierenden Lehrern (Phase
drei) sowie Erfahrungen mit Schulern vorhanden (Parchmann, 2012). Der Umgang mit
50
Akteuren aus dem spateren Berufsfeld beschrankt sich auf wenige Praktika bei denen
Studierende in der Schule tatig sind oder personliche Kontakte pflegen. Die Institutionen
Universitat und Schule bieten hier noch wenig Moglichkeit, sich personlich zu vernetzen.
Diese Moglichkeiten, bereits wahrend des Studiums mit Schulern und Lehrern in Kon-
takt zu kommen bestehen in der Integration universitarer Lehrveranstaltungen in au-
ßerschulische Lernangebote fur Schuler oder Lehrer. Ein Beispiel hierfur sind Fortbil-
dungsveranstaltungen fur praktizierende Lehrer, die ebenfalls von Studierenden besucht
werden konnen. Solche werden am Chemielehrerfortbildungszentrum Erlangen-Nurnberg
(Erlangen-Nurnberg, 2013) und weiteren Lehrerfortbildungszentren, die von der Gesell-
schaft Deutscher Chemiker (GDCh, 2013a) unterstutzt werden, angeboten. Im Folgenden
werden weitere Moglichkeiten zur Vernetzung der Phasen I und II der Chemielehrerbil-
dung, die bereits Thema fachdidaktischer Entwicklungen sind, exemplarisch erlautert.
2.4.3 Betreuung von Schulerlaboren durch Lehramtsstudierende
Urbanger verfolgte mit dem Schulerlabor”NESSI-Lab“ an der Friedrich-Alexander-Uni-
versitat Erlangen-Nurnberg, D (FAU) den Ansatz, die Ausbildung von Studierenden des
Lehramtes Chemie in die Arbeit eines Schulerlabors zu integrieren (Urbanger, 2010). Dies
ermoglicht es Studierenden, eigene Erfahrungen zu sammeln, die das Anleiten zum Expe-
rimentieren sowie die Gewahrleistung von Hilfestellungen fur kleine Schulergruppen beim
selbsttatigen Lernen beinhalten. Das Angebot des NESSI-Lab richtet sich an die Jahr-
gangsstufen 1 bis 6 der Metropolregion Nurnberg, D und beinhaltet Experimente fur den
Anfangsunterricht vorwiegend mit solchen Stoffen, die den Kindern aus dem Alltag be-
kannt sind. Ziel ist es, bei ihnen Interesse an den Naturwissenschaften zu wecken und erste
Erfahrungen im Durchfuhren von Experimenten zu vermitteln. Die Studierenden nehmen
dabei die Rolle des Betreuers ein und fuhren eine Gruppe von drei bis sechs Kindern
an die Experimentierstationen heran, helfen bei der Formulierung von Problemstellung,
Versuchsdurchfuhrung, Beobachtung und Auswertung. Es wird nur dann Hilfe angeboten,
51
wenn die Kinder mit den geistigen oder geistig-praktischen Tatigkeiten uberfordert sind.
Im Rahmen mehrerer Transferprojekte wurden die Inhalte fur die Forderschule (Schmitt-
Sody & Kometz, 2013) sowie Schulen in Tschechien (Kometz & Urbanger, 2009) und
Agypten (Kometz et al., 2010) aufbereitet.
Boymans verfolgte ein ahnliches Konzept fur die Rheinisch-Westfalische Technische Hoch-
schule Aachen, D (RWTH) und eroffnete dort”Die (Chemie-AG)2“, ein Schulerlabor, in
dem Schuler der Jahrgangsstufen 8 und 9 wochentlich uber einen Zeitraum von 9 Wo-
chen von Lehramtsstudierenden betreut wurden (Boymans, 2012). Thematisch wurden
zwei Themenkomplexe konzipiert -”Zeitreise durch die Welt der Farben“ und
”Alles rund
ums Papier“ - die zunachst durch Experimente im Lernort Labor und abschließend mit ei-
ner Betriebsbesichtigung durchgefuhrt wurden. Die wissenschaftliche Untersuchung ergab
eine deutliche Steigerung des Interesses der teilnehmenden Schuler fur die Naturwissen-
schaften. Studierende gaben die Ruckmeldung, viele Erfahrungen sammeln zu konnen und
sprachen sich dafur aus, die Mitarbeit im Schulerlabor als verpflichtenden Bestandteil fur
das Lehramtsstudium mitaufzunehmen.
Beide Projekte - NESSI-Lab und Die (Chemie-AG)2 - leisten einen essenziellen Beitrag
zur praxisbezogenen Kompetenzforderung kunftiger Chemielehrer und bieten daruber hin-
aus die Moglichkeit, Kontakte zu Personen des zukunftigen Berufsfeldes zu knupfen. Die
wissenschaftlichen und praxis-bezogenen Erkenntnisse beider Projekte wurden in jeweils
eigenstandigen Lehrerfortbildungen fur ein großeres Fachpublikum zuganglich gemacht.
2.4.4 Experimental- und Schauvorlesungen
Die Mitwirkung in Schulerlaboren ist weniger geeignet, die Handhabung gefahrlicher oder
komplexer Demonstrationsexperimente zu vermitteln oder nach wissenschaftlichen Regeln
fur ein Laienpublikum auszuwerten. Im Rahmen von Experimentalvorlesungen konnen sol-
che Demonstrationsexperimente gebundelt werden. Diese Experimente konnen folglich mit
52
weniger Ressourcen einem großeren Publikum zuganglich gemacht werden. Methodisch
existieren hierfur bisher einige Edutainment-fokussierende Ansatze, die sowohl in aktiver
Zusammenarbeit mit den Lernenden (z.B. (Lucas & Scheuer, 2007)) als auch rezeptiv
fur die Lernenden konzipiert sind (z.B. (Schiessl et al., 2007)) und von locker organisier-
ten Vorbereitungen fur das Schulfest (z. B. (Czieslik, 2008)) bishin zu eigenstandigen,
gymnasialen Projekt-Seminaren reichen (KAG Erding, 2004).
Schießl et. al. untersuchten die Erlanger Zaubervorlesung (Schiessl et al., 2007) (Schiessl
et al., 2006) auf ihre Wirkung bei den Rezipienten. Hierfur wurde ein breites Publikum
mithilfe von Fragebogen im Anschluss an die Zaubervorlesung nach Ihrer Meinung befragt.
Die Vorlesung fand in den Raumen der Universitat statt und stellte fur Schuler einen
außerschulischen Lernort dar. Wichtigste Ergebnisse waren:
� Die Haupterwartung der Zuschauer liegt auf dem Unterhaltungsaspekt.
� Die Zaubervorlesung hat geringen Einfluss auf Studien- und Berufswahl.
� Diesbezuglich sind Mittelstufenschuler unentschlossener als Oberstufenschuler.
� Erklarungen der Experimente werden mit zunehmendem Alter der Teilnehmer als
besser bewertet.
Beeken (Beeken, 2010) untersuchte das Potenzial, das Schauvorlesungen zur Motivation
fur den Chemieanfangsunterricht in Jahrgangsstufe 5 bieten und konnte zeigen, dass seine
Schauvorlesung”
Ein Tag im Leben eines Chemikers“ die Motivation der Schuler steigerte.
Die Veranstaltung wurde von den Schulern als Einstiegsmotivation verstanden, was sich
daraus ableiten lasst, dass die Mehrheit der Schuler nicht davon ausging, dass der Großteil
des Unterrichtes in gleicherweise fortgefuhrt wurde.
Ergebnisse aus einer Befragung mit offenen Fragebogen bei der Schauvorlesung Chemie
ist keine Hexerei legen nahe, dass eine chemische Schauvorlesung von Kindern unter
verschiedenen Gesichtspunkten wahrgenommen wird (Scheffler et al., 2013). Dabei gaben
die meisten der teilnehmenden Kinder Antworten zu jeweils ahnlichen Gesichtspunkten.
Nur wenige betrachteten die Schauvorlesung aus verschiedenen Perspektiven. Dabei zeigte
53
sich die Tendenz, dass Kinder mit zunehmendem Alter die Sicherheitsaspekte der chemisch
experimentellen Arbeit als wichtigste Information der Schauvorlesung empfanden.
Die Umsetzung eines Transfers von Inhalten einer unterhaltenden Schauvorlesung in den
Chemieunterricht des Gymnasiums zeigte Berg mit der Konzeption von Unterrichtsse-
quenzen auf der Basis der offentlichen Experimentalvorlesungen Michael Faradays (Berg,
2006). In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe Schau- und Experimentalvorlesung
synonym verwendet. Es wird davon ausgegangen, dass eine minimale Auswertung (geistige
Tatigkeit) in jedem Fall statt findet.
2.4.5 Weitere Ansatze zur Praxisorientierung im Hochschulstudium
Chemie
Blank, Waitz und Wurtele zeigten, dass die Einbindung von Oberstufenschulern als Pu-
blikum eines wissenschaftlichen Symposiums in die Hochschullehre der Justus-Liebig-
Universitat Gießen, D einen Mehrwert fur die uberfachliche Qualifikation von Studieren-
den aus der Fachwissenschaft bietet (Blank et al., 2012). Hierbei hatten die Studierenden
die Aufgabe, im Rahmen einer Seminarveranstaltung zur Bioanorganik ein Symposium zu
organisieren, das von Schulern der umliegenden Gymnasien besucht wurde. Schuler und
Studierende konnten nach eigener Einschatzung in hohem Maße von der Veranstaltung
profitieren. Die ausrichtenden Studierenden empfanden dieses Lehrformat als abwechs-
lungsreichen Bestandteil ihres Studiums und begrundeten die positive Resonanz mit der
zielgerichteten Aufgabe, die Lerninhalte fur die Besucher des Symposiums aufzubereiten.
Qualifikationsnachweise wie Zulassungs- oder Bachelorarbeiten mit speziellen Fragestel-
lungen zur Lehrpraxis bieten fur Studierende die Moglichkeit, bereits wahrend des Hoch-
schulstudiums Einblicke in die Berufspraxis des Lehrers zu erhalten. Ausprobieren eigener
Unterrichtsentwurfe oder die Erstellung von Materialien sowie die Durchfuhrung von Leh-
rerfortbildungsveranstaltungen bieten dafur eine adaquate Zielstellung. Als Beispiel sei die
54
Arbeit von Blodt genannt, in der er das Thema Farbstoffe mithilfe von schultauglichen Ex-
perimenten und erlauternden Animationen fur den Schulbetrieb umsetzte (Bloedt, 2013).
Hornung schlug ein Konzept vor, bei dem in konsekutiven Bachelor/Master-Studiengangen
die Master-Studierenden Lehrerfahrung sammeln, indem sie Schulexperimente fur klei-
ne Gruppen von Bachelor-Studierenden aufbereiten (Gabriele Hornung, 2010). Ziel war
es, die gegebenen Unterschiede im Studienfortschritt zu nutzen, um naturlichere Lehrer-
Lerner-Verhaltnisse zu schaffen, die bei Demonstrationsexperimenten vor Kommilitonen
des eigenen Jahrgangs eher kunstlich wirken.
2.5 Ableitung von Maßnahmen fur die fachdidaktische
Experimentalausbildung
Zusammenfassung der theoretischen Grundlagen
Aus den theoretischen Grundlagen der Kapitel 2.1 bis 2.4 folgen die Kriterien, nach denen
ein E-Learning fur die fachdidaktische Ausbildung von Chemielehrern zu konzipieren ist.
Dieses gilt es in Kombination mit einer ebenfalls zu konzipierenden Experimentalvorlesung
fur Schuler zu evaluieren. Die fur die Umsetzung des Konzepts zu berucksichtigenden
Einflussfaktoren lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Medientheorie
Ein Lehr-Medium dient dem Transport einer Botschaft (hier dem Lehrinhalt) von einem
Sender (Lehrender) zu einem Empfanger (Lernender) und kann weiter in hierarchisch in-
einander verschachtelte Medien unterteilt werden. Eine Kategorisierung der Medien nach
Modalitat, Codalitat, technischer Umsetzung und Beeinflussbarkeit ist fur den Gebrauch
in der Fachdidaktik Chemie zweckmaßig. Das Zusammenwirken verschiedener Medien zur
55
Vermittlung von chemischen Botschaften folgt den Regeln eines Instructional Designs zur
Fuhrung der Lernenden. Fortschreitende Medialisierung eroffnet durch Interaktivitat neue
Zugange zu komplexen Lerninhalten, Modellvorstellungen sowie Automatismen zur sofor-
tigen Ruckmeldung und ermoglicht damit einen hoheren Grad an Selbststeuerung fur den
Lernenden. Interaktivitat bezeichnet dabei weitreichendere Moglichkeiten, einen Lernge-
genstand zu verandern als nur die Navigation am elektronischen Endgerat. Navigation und
Interaktivitat erhohen die Zahl an Gestaltungsmoglichkeiten von digitalen Lehrmedien.
Sie erfordern eine wissenschaftliche Untersuchung der Ursache-Wirkungs-Zusammenhange
fur eine zielgerichtetere Gestaltung dieser Medien. Gestaltungsfaktoren sowie die Akzep-
tanz dieser Lehrformen durch die Lernenden sind stark vom Fachgebiet beeinflusst, in
dem sie angewendet werden. Das Medium E-Learning fur den Zweck der fachdidakti-
schen Experimentalausbildung von Chemielehrern ist auf dieser Basis zu erstellen und als
Bestandteil eines Blended-Learning-Konzeptes zu verstehen.
E-Learning als Teil von Blended Learning in der Chemie
Die fortschreitende Entwicklung digitaler Medien beeinflusst Aus- und Weiterbildung in
allen gesellschaftlichen Bereichen, sodass fur den Bereich der Chemielehrerausbildung die
Aufgabe abgeleitet wurde, den bestehenden Studienbereich der Chemiedidaktik unter dem
Gesichtspunkt dieser Medialisierung zu uberarbeiten und die Nutzungsmoglichkeiten fur
E-Learning im Rahmen eines Blended-Learning-Konzeptes zu prufen. Bestehende Kon-
zepte aus den angrenzenden Bereichen wurden dafur in Kap. 2.2 naher betrachtet. Es
liegt die Vermutung nahe, dass sich Uberschneidungen und Synergieeffekte ergeben, die
fur verwandte Bildungsbereiche von Relevanz sind wie beispielsweise VLs, die fur den
Chemieunterricht am Gymnasium und fur die Chemielehrerausbildung an der Universitat
mit unterschiedlichen Lehr- und Lernzielen genutzt werden konnen.
56
Experimentalausbildung von Chemielehrern im universitaren Studium
Aufgrund der Notwendigkeit, im Bereich der Fachdidaktik Chemie auch geistig-praktische
Tatigkeiten zu vermitteln, ist ein Ersatz von Einheiten des fachdidaktischen Studiums in
der Chemie durch E-Learning nicht trivial. Nach Nick et.al. (Nick et al., 2007) stoßt ein
umfassender Ersatz von Lehrbuchern durch virtuelle Medien auf wenig Akzeptanz unter
Studierenden. Dementgegen stehen zahlreiche Studien, die einem Einsatz virtueller Leh-
re großes Potential einraumen (Srisawasdi, 2012) und eine weite Verbreitung virtueller
Lehre in Form von Weiterbildungsprogrammen, insbesondere fur Beschaftigte in der In-
dustrie, aufzeigen (Getto, 2013). Es muss untersucht werden, wie ein Zusammenwirken
aus E-Learning und bisher genutzten Medien und Organisationsformen erfolgen kann und
zu einem schlussigen (Blended Learning)-Konzept fuhren kann.
Praxisorientierung der Lehramtsausbildung
Der Anspruch an die Wissenschaftlichkeit chemischer Schulversuche steht oft im Wider-
spruch zur Praktikabilitat. Grunde hierfur liegen vorwiegend in den zeitlichen und mate-
riellen Ressourcen des Chemieunterrichtes sowie in zu erfullenden Sicherheitsauflagen. Die
Konsequenz daraus soll jedoch nicht der Verzicht auf Versuche sein, sondern eine gezielte
und schulergerechte Thematisierung dieser Problematik mit theoretischen und teilprakti-
schen Losungsansatzen; diese Haltung muss in der Lehrerbildung vermittelt werden.
Eine Integration praxisorientierter Anwendung der erlernten fachdidaktischen Inhalte
durch anwesende Schuler konnte einen Beitrag dazu leisten, gezielter auf den Beruf des
Chemielehrers vorzubereiten. In Kapitel 2.4 wurden bisherige Ansatze zur Praxisorien-
tierung der universitaren Chemielehrerausbildung vorgestellt. Zur Erweiterung dieses Re-
pertoires wird ein weiteres Konzept eingefuhrt, das als Teilziel der fachdidaktischen Expe-
rimentalausbildung die Durchfuhrung einer Experimentalvorlesung fur Schulklassen defi-
niert.
57
Somit ergeben sich daraus zwei Aspekte, die in die bisherige Durchfuhrung der experimen-
tellen, fachdidaktischen Lehrveranstaltung zu integrieren und aufeinander abzustimmen
sind. Beide Aspekte mussen sowohl einzeln als auch im wechselseitigen Zusammenhang
untersucht werden.
Umsetzung der Maßnahmen an der Friedrich-Alexander-Universitat
Im Freistaat Bayern wird universitare Online-Lehre durch die virtuelle Hochschule Bayern
(vhb), einer Verbundeinrichtung der bayerischen Universitaten, fur alle Fachrichtungen ge-
fordert (vhb, 2000). Die angebotenen Lehrveranstaltungen richten sich an Studierende der
bayerischen Hochschulen und konnen kostenfrei von diesen genutzt werden, Gegen eine
Nutzungsgebuhr haben auch universitatsfremde Personen die Moglichkeit, Lehrangebo-
te der vhb wahrzunehmen. Das Lehrangebot wird von den Tragerhochschulen konzipiert
und betreut und zentral uber die virtuelle Hochschule Bayern (vhb) (vhb, 2000) online
zur Verfugung gestellt. Dabei kommen Lernplattformen wie ILIAS (Leidhold, Wolfgang,
1998) und moodle zum Einsatz (vgl. Kap. 2.1.6, S. 2.1.6), die neben dem Selbststudium
mithilfe der angebotenen Medien eine Betreuung durch die Kursadministratoren mithilfe
der Kommunikationswege sozialer Netzwerke ermoglichen, z.B. Online-Foren, personliche
Nachrichten, Wikis, etc. (ILI, 2013) Fur die Umsetzung des Projektes”Das chemische
Schulexperiment im Unterricht“ (CSE) wurde eine Forderung durch die vhb bewirkt und
das Projektmanagement bei der Konzeption begleitet. Die Konzeption orientierte sich
an bereits bestehenden Lehrangeboten, indem die Grundidee, Laborpraktika mithilfe von
E-Learning vorzuentlasten, ubernommen wurde. Die Experimente sowie didaktischen Auf-
gabenstellungen wurden komplett neu konzipiert und anhand der Anforderungen an Che-
mielehrkrafte ausgestaltet. Der Einsatz fand in Kooperation mit der chemiedidaktischen
Experimentalausbildung der Universitat Wurzburg statt.
Das zentrale erste Staatsexamen im Freistaat Bayern lasst zudem begrundet Fragen
nach vereinheitlichter Lehre auf diesem Gebiet aufkommen, die mithilfe von E-Learning-
58
Angeboten uber eine zentrale Institution wie die virtuelle Hochschule Bayern (vhb) un-
terstutzt werden konnte.
Zusammenfassend sind in Abbildung 2.4 die Theoretischen Grundlagen fur die vorliegende
Arbeit dargestellt. Die oberste Zeile stellt dabei die Lehrinhalte fur das Praktikum dar,
die linke Spalte zeigt die Experimental- Lern- und Medientheorien aus denen mithilfe der
Werkzeuge (mittlerer Block) der Forschungsplan (rechte Spalte) abgeleitet wird, der das
konkrete Vorgehen (untere Zeile) bestimmt.
Abbildung 2.4: Theoretische Grundlagen (hellblau) und gangige Praxis (mittlere Farbto-ne), die zur Konzeption der Lehrveranstaltung und ihrer wissenschaftli-chen Untersuchung (dunkelblau) fuhren.
59
3 Forschungsplan
3.1 Konkretisierung der Fragestellung und Definition der
Arbeitsschritte
Die Einbindung von verschiedenen E-Learning-Modulen sowie einer Experimentalvorle-
sung in das fachdidaktische Studium geschieht zum Zwecke der Einflussnahme auf den
Lernprozess der Studierenden durch den Dozenten und soll den Studierenden ermoglichen,
den eigenen Lernprozess selbst zu steuern. Diese Einflusse konnen verschiedene Folgen ha-
ben, die durch die gezielte Befragung der Studierenden erfasst werden mussen. Folgende
Fragen sollen durch diese Untersuchung beantwortet werden. H0 bezeichnet dabei die je-
weils statistisch zu widerlegende Hypothese, die im Rahmen der jeweiligen Auswertung
detaillierter, angepasst an das Antwortformat, ausformuliert wird:
� Ergeben sich Unterschiede im Lernerfolg bei E-Learning- und Prasenzveranstaltung?
H0(Leistungsmittel): Lernzuwachs ist in beiden Durchfuhrungsmodi gleich.
� Wenn ja, wie lassen sich diese Unterschiede charakterisieren?
H0(Leistungszuwachs): Lernzuwachs zu den Zeitpunkten T2 und T3 (T2 und T5) sind
gleich.
61
� Lasst sich eine hohere Akzeptanz des Mediums E-Learning fur theoretisch vorberei-
tende Inhalte nachweisen?
H0(Videoinstruktion): Ablehnung und Zustimmung zur Methode E-Learning sind im Mit-
tel gleich.
� Lasst sich eine hohere Akzeptanz der Zielvorgabe, eine Experimentalvorlesung mit
Schulklassen durchzufuhren nachweisen?
H0(Schauvorlesung): Ablehnung und Zustimmung zur Methode Schauvorlesung sind im
Mittel gleich.
� Sind Einstellungen zu den beiden Methoden voneinander abhangig?
H0(Methodenunterschied): Ablehnung und Zustimmung zu beiden Methoden unterschei-
den sich nicht.
� Wie außert sich das Lernverhalten durch beide Komponenten in Bezug auf:
– Selbsteinschatzung des Lernzuwachses im Vergleich zu den Erwartungen,
– Situiertes, authentisches Lernen durch Experimentalvorlesung,
– Unterstutzung durch virtuelle Laboranwendungen?
Aus der Fragestellung leiten sich folgende Arbeitsschritte ab:
1. Vorbefragung der Vorgangerkohorte
2. Erstellung eines einfuhrenden E-Learning-Moduls sowie
virtueller Laboranwendungen (VL)
3. Erarbeitung eines Fragebogensystems fur die Evaluierung
durch die teilnehmenden Studierenden
4. Umsetzung und Integration der neuen Komponenten
innerhalb der Lehrveranstaltung
5. Befragung der Hauptkohorte
62
3.2 Konzeption der Lehrveranstaltung
3.2.1 Pilotbefragung der Vorgangerkohorte
Um die Erstellung eines E-Learning-Kurses zielgerichteter auf die Bedurfnisse eines Stu-
dierenden des Lehramtes Chemie ausrichten zu konnen, wurde eine Befragung in der
Vorgangerkohorte der Zielgruppe durchgefuhrt.
Die Vorbefragung fand im Studienjahrgang vor der Hauptbefragung, nach Abschluss der
Lehrveranstaltung”Chemische Schulexperimente“ (CSE) statt. Sie diente der Pilotierung
fur die geplante Einfuhrung verpflichtender E-Learning-Module und Schauvorlesungsver-
anstaltungen. Die sechs enthaltenen Fragen wurden ebenfalls der Hauptkohorte der Stu-
dierenden am Ende der Hauptbefragung gestellt. Sie beinhalteten zwei komplett offene
Fragen davon eine zur vorangegangenen Lehrveranstaltung, die andere zu einem Blended
Learning-Szenario der betroffenen Lehrveranstaltung sowie vier geschlossene Fragen zu
den Themen Experimentieren vor Schulklassen, Nutzung der Online-Plattform, Nutzung
von Internet-Foren sowie Erfahrung mit E-Learning. Die geschlossenen Fragen konnten
teils begrundet oder erganzt werden. Die Formulierung der Fragen lautete wie folgt:
1. Bitte schreiben Sie eine Stellungnahme zur Lehrveranstaltung”Chemische Schulex-
perimente an Gymnasien“. Diese sollte nach Moglichkeit folgende Punkte enthalten:
Was soll beibehalten werden? Was haben Sie personlich aus der Lehrveranstaltung
mitgenommen? Was hat Ihnen gefehlt? Was ist Ihnen wichtig, was weniger wichtig?
2. Ich halte es fur sinnvoll, ein Demonstrationsexperiment im Rahmen der Lehrver-
anstaltung vor einer Schulklasse zu prasentieren. (ja,unbedingt/tendenziell schon/
weiß nicht/ eher nicht/ auf gar keinen Fall, anschl. Begrundung/Erganzung)
3. Schriftliche Ausarbeitungen uber das Kursforum zu verteilen halte ich fur sinnvoll.
(Ja/ eher ja/ weiß nicht/ eher nicht/ gar nicht, anschl. Begrundung/Erganzung)
4. Ich habe (außerhalb dieser Lehrveranstaltung) bereits Erfahrung mit Internetforen.
(nie/ bisher ein bis funf Mal/ etwa monatlich/ etwa wochentlich/ haufiger)
63
5. Ich habe (außerhalb des CSE) schon einmal an einer E-Learning-Veranstaltung teil-
genommen. (Nein/ Ja + Anzahl, anschl. Schilderung von Vor- und Nachteilen aus
eigener Sicht)
6. Was halten Sie von folgendem Szenario? Die o.g. Lehrveranstaltung findet nur alle
zwei Wochen statt, dafur erfolgt eine Vorbereitung der Inhalte in gleichem Zeit-
umfang uber ein E-Learning. Ihre Antwort sollte nach Moglichkeit folgende Fragen
beantworten: Unter welchen Bedingungen konnen Sie sich dieses Szenario vorstellen?
Was sollte Ihrer Meinung nach unbedingt beachtet werden? Welche Schwierigkeiten/
Nachteile und Starken/Vorteile sehen Sie dabei?
In Voraussicht auf die geplante Implementierung von zwei E-Learning-Modulen im Fol-
gejahrgang wurden die Angaben aus der Pilotstudie zur Gestaltung der beiden Lern-
programmeinheiten genutzt und sind nach dem DO-ID-Modell Teil der Zielgruppenana-
lyse. Die Ergebnisse sind im Folgenden kurz dargestellt:
1. Wenige Teilnehmer hatten demnach bisher Erfahrungen mit E-Learning, unter denen
mit Erfahrung haufig nur ein einziges Mal.
2. Internetforen stellten fur die Mehrheit kein neues Medium dar.
3. Das Kursforum fur die Lehrveranstaltung, umgesetzt in ILIAS, wurde uberwiegend
als sinnvoll erachtet.
4. Schulklassen zu adressieren hielt die Mehrheit fur sinnvoll.
3.2.2 Aufteilung der Inhalte und Aufgaben
Das vorangegangene Kapitel 2 zeigt den gegenwartigen Stand der Technik in Bezug auf E-
Learning mit den Schwerpunkten Online-Lernprogramme und Virtuelle Laboranwendun-
gen sowie die Praxisorientierung der Chemielehrerausbildung. Mithilfe der Vorbefragung
wurde ermittelt, welche Vorkenntnisse in Bezug auf E-Learning bei den Studierenden zu
erwarten sind und wie die Durchfuhrung einer Experimentalvorlesung eingeschatzt wird.
64
Daraus ergab sich die folgend beschriebene Lehrveranstaltung, die eine Kombination aus
Online-Modulen mit virtuellen Laboranwendungen, Experimentierstationen in der Labor-
prasenzphase sowie der Konstruktion und Durchfuhrung einer chemischen Experimental-
vorlesung bestehen.
Als Synthese aus den beiden in Kapitel 2.2 und 2.4 beschriebenen Ansatzen (E-Learning,
und Experimentalvorlesung) wurde eine bestehende Lehrveranstaltung, die schulrelevante
Experimente vermittelt, modifiziert. Die geistig-praktische Tatigkeit an Experimentiersta-
tionen wurde um zwei Online-Module und eine Experimentalvorlesung fur Schuler erwei-
tert. Dabei wurden Theoretische Grundlagen vermittelt, bevor gangige Schulversuche im
Rahmen von Stationenarbeit im Labor zum kennen lernen oder vertiefen bereit standen.
Die Halfte der Kohorte bekam die Gelegenheit, diese Grundlagen per Web Based Trai-
ning vorzubereiten, wahrend die andere Halfte dafur zeitgleich eine Prasenzveranstaltung
besuchte. Beide Durchfuhrungsmodi bedienten sich also unterschiedlichen Medientragern,
unterschieden sich in den Medieninhalten jedoch nicht (Gleiche Folien, gleiche Aufga-
ben, gleiche Reihenfolge, siehe Anhang 5.3). Zum Abschluss wurde auf eine praxisnahe
Anwendung der experimentell-didaktischen Fahigkeiten im Rahmen einer Experimental-
vorlesung fur Schuler hingearbeitet, wobei die Aufgabenstellung mithilfe eines weiteren
Online-Lernmoduls durch Videoinstruktion der zu zeigenden Versuche stattfand. Die Auf-
gabe fur die Studierenden bestand darin, ein Mindest-Lern-Angebot in Form einer Ver-
suchsauswertung unabhangig vom Lehrplan zu gestalten, das in die Gesamtthematik der
Schauvorlesung zu integrieren war. Die Studierenden konzipierten selbst anhand der zuge-
teilten Versuche das Thema ihrer Vorlesung. Jedem Studierenden wurde dabei ein Versuch
zugewiesen, den er oder sie zum Experiment ausarbeitete und im Rahmen des gemein-
sam erarbeiteten Gesamtkontextes den jeweils eingeladenen Schulklassen prasentierte und
auswertete. Mogliche Kontexte wurden in der instruierenden E-Learning-Einheit vorge-
schlagen, waren jedoch nicht bindend. Diese Lehrveranstaltung wurde in einer explorativen
Studie durch die Ruckmeldungen der Studierenden charakterisiert.
65
3.2.3 Zeitlicher Ablauf und Verknupfung mit der Hauptbefragung
Unter Berucksichtigung der Pilotbefragung der Vorgangerkohorte folgt zunachst die Do-
kumentation der Konzepterstellung. In den zeitlichen Ablauf der Lehrveranstaltung wurde
die Befragung der Teilnehmer zu den Befragungszeitpunkten T1 - T5 integriert und ist in
Abbildung 3.1 dargestellt.
Die aus den Voruntersuchungen resultierende Lehrveranstaltung ist in drei Hauptdurch-
fuhrungsphasen wie folgt unterteilt:
1. Die Vorbereitende Einheit (Online-Modul bzw. Prasenz-Einheit) diente zur Vermitt-
lung theoretischer Grundlagen des Einsatzes von Experimenten in der Lehre. Darauf
bezugnehmend folgte die Befragung T3.
2. Die geistig-praktische Stationenarbeit mit chemischen Schulversuchen wurde in ver-
schiedene Thementage eingeteilt und diente zum beispielhaften Kennenlernen ver-
schiedener chemischer Schulversuche und -experimente. Eine gesonderte Befragung
fand nicht statt, da dieser Teil bereits fester Bestandteil der Lehrveranstaltung war.
3. Die Vorbereitung und Durchfuhrung einer experimentellen Schauvorlesung fur Schu-
ler der Jahrgangsstufen 5-7 in den Schulformen Realschule und Gymnasium wurde
als Abschluss der Lehrveranstaltung durchgefuhrt und mithilfe der Befragung T5
charakterisiert.
Abbildung 3.1 gibt den zeitlichen Verlauf der Lehrveranstaltung von oben nach unten wie-
der. Die Kohorte durchlief alle Stationen von Beginn bis Ende wobei eine Einteilung in zwei
Gruppen fur die Grundlagenveranstaltung ausgelost wurde (Randomisierung der Stich-
proben). Fur die Experimentalvorlesung fand eine erneute, durch die Studierenden selbst
bestimmte Einteilung in sechs Gruppen statt. Fur die geistig-praktische Vorbereitung der
Schauvorlesung (Ausprobieren der vorzutragenden Versuche, Absprache mit den Kommili-
tonen zu einem gemeinsamen Leitthema und Generalprobe) wurden aus organisatorischen
Grunden jeweils zwei der sechs Gruppen zusammengefasst. Der Vorbereitungstermin fand
66
nach einer fur alle Teilnehmer gleichermaßen verpflichtenden E-Learning-Einheit statt,
in der die Schauversuche durch Videoinstruktion vorgestellt wurden. Fur die Arbeit an
den Experimentierstationen wurden ebenfalls sechs Gruppen eingeteilt, diese Einteilung
war unabhangig von den Gruppen fur die Schauvorlesung. Die Praktikumsphase an den
Experimentierstationen verlief im Wesentlichen so wie in den Vorjahren etabliert. Neben
dem Kennenlernen und Vertiefen von Schulexperimenten dient diese Phase ebenfalls zum
Einuben der theoretischen Grundlagen, die fur alle Schulexperimente gelten.
67
Abbildung 3.1: Der zeitliche Verlauf der Lehrveranstaltung (grun) mit den zugehorigenBefragungszeitpunkten (orange)
68
3.3 Konzeption und Erstellung von Medien fur das
chemiedidaktische Studium
3.3.1 Konzeption interaktiver Browser-Applikationen
Die Erstellung interaktiver Versuchsaufbauten zur Bearbeitung am Computer (Virtuelle
Laboranwendungen, im Folgenden: VL), hier fur die Lehre in der Chemiedidaktik, ist ein
zentraler Bestandteil der E-Learning-Entwicklung der vorliegenden Arbeit. Sie dient zur
Ausschopfung der Moglichkeiten des Computers in diesem Anwendungsgebiet. Erst die
interaktive Handlung mit Lernobjekten auf dem Bildschirm und einer davon abhangigen
Reaktion erweitert die Optionen des Lerners, anstatt das Umblattern eines Buches zu
virtualisieren oder audiovisuelle Medien in verschiedener Reihenfolge aneinanderzureihen.
Nach Wedekind sind fachspezifische Kontexte ausschlaggebend fur die Gestaltung inter-
aktiver Lernobjekte (Wedekind, 2007). Die Grundsatzuberlegungen bei der Auswahl der
chemischen Schulversuche, nachfolgend angefuhrt, aus chemiedidaktischer Sicht waren je-
weils die gleichen:
� Gefahrenpotential des Realexperimentes - hohes Gefahrenpotential eines Realexpe-
rimentes dient der Legitimation der Umsetzung in ein virtuelles Experiment, da bei
gefahrlosen Experimenten dem Realexperiment grundsatzlich der Vorzug zu geben
ist und Fehler beim Ausprobieren nicht verhindert werden mussen (Primarerfahrung
vor Sekundarerfahrung).
� erste bisherige Anwendung dieser Art - Aufgrund der hohen Anzahl animierter und
simulierter Web-Angebote (Schmitz, 2005b),(Bılek et al., 2009) soll ein Experiment
programmiert werden, das bisher nicht interaktiv existiert, um einen Beitrag zur
Vielfalt des Lehr-Lernangebotes zu leisten.
69
� Relevanz fur den Chemieunterricht - Es wurden Versuche ausgewahlt, die in Deutsch-
land im Chemieunterricht weite Verbreitung finden, sodass ihr Nutzen von Beginn
an gegeben ist.
� angemessene Komplexitat des Realexperimentes - Fehlermoglichkeiten sollen bei der
interaktiven Applikation gegeben sein, um Lerneffekte zu steigern und die Aufmerk-
samkeit des Anwenders auszulasten.
Die Bedienung durch den Nutzer folgte weiteren Kriterien der Interaktivitat (vgl: Defini-
tionsvorschlag von Wedekind und Schulmeister Kap. 2.1.5, S. 28):
� Objekte sollen interaktiv bedient werden (Drag and Drop der einzelnen Objekte
statt Steuerung uber Buttons),
� Bedienung soll Moglichkeiten fur Fehler zulassen (Mogliche Zielszenarien: Erfolgrei-
che Durchfuhrung, Game-Over durch gefahrliche Fehler, Ressourcenverbrauch ohne
brauchbares Ergebnis),
� Ruckmeldung wird durch einen virtuellen Assistenten in Abhangigkeit der Hand-
lungen des Lerners gegeben.
Die beste Entsprechung der zuvor gesetzten Kriterien fand sich in den Anwendungen”In-
teraktive Chlorgassynthese“ (CGS) sowie der”Interaktiven Druckgasflaschenbedienung“
(DGF). Beide verstehen sich als handlungsabhangige Reprasentation eines haufig ge-
nutzten Versuchsaufbaus fur ein Lehrerdemonstrationsexperiment. Durch die Ruckmelde-
Texte und Gesten des virtuellen Assistenten sowie der Moglichkeit, durch Fehler eine
Game-Over -Situation zu erzielen, weisen beide Anwendungen Parallelen zum serious ga-
ming auf, einer vergleichsweise jungen Sparte aus dem Uberlappungsbereich von Spiele-
und Lernprogrammentwicklung (Lampert et al., 2009).
Die Umsetzung der Programmierung erfolgte durch Dritte. Dazu wurde ein Anforderungs-
profil erstellt und die Grafiken mit einer Beschreibung der gewunschten Funktionen an das
Unternehmen Britta Gainey - IT-Entwicklung und Schulung, Munchen, D geliefert. Dabei
fiel die Wahl auf eine Umsetzung der konzipierten Funktionen mit dem Softwareformat
70
FLASH der Firma Adobe Systems Inc., Ca, USA, die eine breite Anwendungsmoglichkeit
in nahezu allen Internet-Browsern ermoglicht (vgl. 2.1.6 S.36). Nachfolgend werden beide
Applikationen in ihrer Funktionalitat und der technischen Umsetzung erlautert.
Interaktive Chlorgassynthese
Abbildung 3.2: Die interaktive Chlorgassynthese - Der Anwender soll durch Drag andDrop die Apparatur zur Synthese von Chlorgas aufbauen und bedienen.Wird der Abzug nicht eingeschaltet, kann es zum Game-over kommen,der virtuelle Assistent kommentiert mit insgesamt 5 verschiedenen Gestendie Tatigkeiten des Anwenders.
Mithilfe einer Gasentwicklungsapparatur soll der Anwender aus den beiden Chemikalien
Salzsaure (HCl) und Kaliumpermanganat (KMnO4) Chlorgas herstellen. Abbildung 3.2
zeigt die Benutzeroberflache der Anwendung. Es stehen verschiedene Labor-Gerate am
linken Bildschirmrand bereit, die per Drag and Drop im Abzug auf der rechten Seite plat-
ziert werden konnen. Dabei schnappen Bereiche, die aneinander gehoren, wie z. B. der
71
Schliff eines Erlenmeyerkolbens in die Halterung der Stativklemme, beim nahen platzieren
ein. Gefaße konnen mit den Chemikalien befullt werden, indem die Vorratsflaschen einige
Sekunden uber das entsprechende Gefaß gehalten werden. Sobald beide Chemikalien mit-
einander in Beruhrung kommen startet die Reaktion und die Bildung von Chlorgas wird
sichtbar.
Ziel der Anwendung ist die Uberfuhrung des entstandenen Chlorgases in einen Kolben,
sodass das Produkt isoliert von den Ausgangsstoffen vorliegt. Ist dies erreicht und ein
beliebiges Gefaß ist zu mehr als 4/5 mit Chlorgas gefullt, verandert sich die Gestik des
virtuellen Assistenten und der Erfolg wird mittels Text unterhalb des Abzuges kommen-
tiert. Ist der Abzug nicht eingeschaltet und die Chemikalien kommen miteinander in Be-
ruhrung, erscheint zunachst eine schimpfende Gestik des Assistenten. Wird der Abzug
in dieser Zeit noch eingeschaltet, kann der Nutzer weiterarbeiten. wartet er jedoch zu
lange und aus einem Teil der Apparatur tritt Chlorgas aus, wird die Anwendung mit
Game-Over beendet und muss neu gestartet werden. Wurde zwar Chlorgas hergestellt,
aber nicht mithilfe der Apparatur in einem Gefaß isoliert, erscheint eine fragende Gestik
des virtuellen Assistenten und im Text wird erkart, dass zwar Chlorgas vorliegt, es aber
fur weitere Reaktionen ungeeignet ist, da es nicht isoliert wurde. Wahrend der Nutzer die
Apparatur aufbaut, werden uber eine weitere Geste Hinweise, wie z. B. die Notwendigkeit,
Gerate mit Klemme und Muffe am Stativ zu fixieren oder die Klemmen und Muffen durch
Mausklick zu befestigen, erteilt.
Die Navigation der Interaktiven Chlorgassynthese findet ausschließlich mit der Maus statt:
Objekte werden per Drag and Drop positioniert und per Drag and Hold befullt, durch
einen Mausklick werden Teile von Objekten bedient, im Konkreten: die Schrauben der
Muffen und Klemmen sowie der Hahn des Tropftrichters.
Nach Schulmeister wurden die interaktiven Handlungsoptionen in den sechs Stufen wie
folgt umgesetzt (Schulmeister, 2005):
72
� Betrachtung und Rezeption von Objekten:
Im Fenster der Anwendung ist eine Laborszene dargestellt, die die Voraussetzungen
fur das Interaktive Experiment erfullt, indem die benotigten Materialien”aufge-
raumt“ in einem Regal stehen und als Arbeitsflache der Abzug zur Verfugung steht.
Laborgerate und Chemikalien sind zweidimensional schematisch dargestellt, wobei
Laborglas Transparenz aufweißt.
� Multiple Darstellungen betrachten und rezipieren:
spielt eine untergeordnete Rolle, wurde jedoch in der Programmierung der Gerat-
schaften berucksichtigt: Fur das handlungsabhangige Ruckmeldung ist es beispiels-
weise egal, ob ein Standzylinder, ein Erlenmeyerkolben oder die Saugflasche befullt
werden. Es ist jedoch nicht egal, ob die Apparatur durch die Verwendung von Schliff-
geraten dicht ist oder nicht.
� Variation der Reprasentationsform:
Die Freiheitsgrade der Reprasentationsform sind durch die freie Platzierung der Ge-
ratschaften im Abzug gegeben, werden aber durch ein automatisches Einschnappen
der Gerate ineinander soweit erleichtert, dass eine umstandliche, pixelgenaue Posi-
tionierung erspart bleibt.
� Daten- oder Parametervariation zur Beeinflussung des Inhalts der Komponente:
sind durch die Variation der Fullmenge, der Reihenfolge des Aufbaus der Apparatur
sowie durch die Wahl der Gerate gegeben.
� Konstruktion eines Objektes oder seines Inhalts und Prozessgenerierung:
ist durch die Gasentwicklung gegeben, die einsetzt, sobald die Ausgangsstoffe Ka-
liumpermanganat und Salzsaure in einem der dargestellten Gerate miteinander in
Beruhrung kommen.
� Konstruktive und manipulierende Handlungen mit situationsabhangigen Ruckmel-
dungen:
Es werden zwei verschiedene Arten des Feedbacks generiert: 1. ist die Menge des
entstehenden Chlorgases abhangig von der Menge der eingesetzten Edukte, sodass
je nach Chemikalieneinsatz unterschiedliche Mengen an Chlorgas hergestellt werden
73
Tabelle 3.1: Handlungsabhangige Ruckmeldungen der interaktiven Chlorgassynthese
Voraussetzung Ruckmeldende GesteEdukte kommen zusammen und derAbzug ist nicht eingeschaltet
Schimpfen
Abzug ist nicht eingeschaltet undChlorgas tritt aus der Apparatur
Game-over
Edukte kommen zusammen, Chlor-gas wird aber nicht in ein separatesGefaß uberfuhrt
Fragende Geste, erneuter Versuchist notig
Klemmen und Muffen sind positio-niert, aber noch nicht fixiert
Hinweis-Geste mit entsprechendemText
Kaliumpermanganat wird in denTropftrichter gefullt
Hinweis-Geste mit entsprechendemText
Sehr große Chemikalienmengen wer-den verwendet
Hinweis-Geste mit entsprechendemText
Chlorgas wurde erfolgreich in einanderes Gefaß uberfuhrt, diesesaber noch nicht verschlossen
Alles-Okay-Geste mit Hinweistext
Aufgabe wurde komplett erledigt Alles-Okay-Geste mit Abschluss-Lob
konnen. 2. gibt der virtuelle Assistent mit verschiedenen Gesten Ruckmeldung uber
die Handlungen, wie in Tabelle 3.1 dargestellt.
Die hier beschriebene virtuelle Laboranwendung wurde mit dem Ziel erstellt, als interak-
tiver Lerngegenstand zu fungieren. Sie kann in Online-Module auf verschiedenen Lern-
plattformen integriert werden und dort mit unterschiedlichen Fragestellungen verknupft
werden. Einige Vorschlage werden im Folgenden gemacht:
� Die VL dient der Vorbereitung verschiedener Praktikumsversuche, in denen Chlor-
gas benotigt wird und soll zur Vorbereitung online durchgefuhrt werden, damit die
Chlorgassynthese als vorbereitende Arbeit effizienter abgehandelt werden kann.
� Die VL dient der Nachbereitung des Versuches, der zunachst real durchgefuhrt wur-
de, Lernende konnen ihn so oft sie wollen uben.
� In Ausnahmefallen kann die VL als Ersatz dienen, wenn kein Abzug vorhanden ist,
um den Versuch real durchzufuhren.
74
� Die VL dient dem Transfer, nachdem die Funktion einer Gasentwicklungsapparatur
mithilfe anderer Chemikalien allgemein eingefuhrt wurde (z.B. anhand der Wasser-
stoffsynthese mit Zink und Schwefelsaure oder angand der Kohlendioxidsynthese mit
Salzsaure und Kalk)
In einer zweiten Version der Applikation wurde eine Druckfunktion integriert, die es dem
Lernenden ermoglicht, einen Screenshot des erreichten VL-Zustandes (z. B. erfolgreich
hergestelltes Chlorgas oder Game-over) mit einem Kommentar zu versehen und auszu-
drucken. Dies ermoglicht es dem Lehrenden, zu kontrollieren, ob die virtuelle Laboranwen-
dung vom Lernenden durchgefuhrt wurde und eine schriftliche Aufgabe dazu bearbeitet
wurde.
Interaktive Druckgasflasche
Zum direkten Vergleich zweier interaktiver Applikationen wurde dem gleichen Teilneh-
merkreis ebenfalls die Interaktive Druckgasflasche zur Bearbeitung aufgegeben und an-
schließend anhand der Ergebnisse der Befragung charakterisiert und verglichen. Wie auch
bei der interaktiven Chlorgassynthese stand hier ein virtueller Assistent zur Seite, der
mithilfe von Gestik und Mimik unterstutzt die Handlungen des Lerners kommentiert. Ziel
der Applikation war das Befullen eines Luftballons mit Wasserstoffgas durch die korrekte
Bedienung der drei Ventile einer Druckgasflasche. Abschließend konnte der Luftballon mit
einem Feuerzeug entzundet und zur Explosion gebracht werden. Game-Over trat bei zu
langem Gasaustritt ein. Die Gesten des virtuellen Assistenten waren die gleichen wie bei
der virtuellen Chlorgassynthese, sie sind in Tabelle 3.2 dargestellt.
Weitere Applikationen
Im Rahmen der weiteren konzeptionellen Arbeiten wurden weitere interaktive Experimen-
te erstellt, wie z. B. die Bromierung von Hexen und Hexan mit der Moglichkeit, direkt von
75
Tabelle 3.2: Handlungsabhangige Ruckmeldungen der interaktiven Druckgasflasche
Voraussetzung Ruckmeldende GesteWasserstoffgas tritt aus SchimpfenWasserstoffgas ist langer als 5s aus-getreten
Game over
Luftballon wurde so stark gefullt,dass er geplatzt ist
Fragende Geste, erneuter Versuchist notig
Luftballon wurde mit dem Feuer-zeug statt dem Holzstab entzundet
Hinweis-Geste mit entsprechendemText
Luftballon wurde gefullt, aber nochnicht von der Flasche gelost
Hinweis-Geste mit entsprechendemText
Aufgabe wurde komplett erledigt Alles-Okay-Geste mit Abschluss-Lob
der Simulation des Versuches auf die Teilchenebene zu vergroßern um dort die Reaktion
in Strichformel- und Balls-and-Sticks-Darstellung modelliert zu beobachten.
3.3.2 Konzeption und Ausgestaltung zweier E-Learning-Einheiten fur
die chemiedidaktische Experimentalausbildung
Zur Bedeutung und Erstellung von E-Learning-Material bestehen zahlreiche Ansatze,die
zur Neukonzeption herangezogen werden konnen und berucksichtigt werden sollten. Ob-
wohl es in Industrieunternehmen bereits gangige Praxis fur Unterweisungen und Schu-
lungen aller Art ist, findet sich E-Learning in Form von Online-Lernprogrammen gerade
im Hochschulbereich verstarkt bisher nur in der Medizin wieder und scheint auf großere
Hindernisse bei der Implementierung in anderen Fachrichtungen zu stoßen. Die meisten
Universitaten verfugen uber Lernplattformen, jedoch werden die Moglichkeiten gerade in
Bezug auf elektronische Kurse und interaktive Lernobjekte noch nicht ausgeschopft (Get-
to, 2013). Durch die Diskrepanz zwischen den schnell wachsenden Moglichkeiten, gerade
im Open-Source-Bereich auf der einen Seite und der großteils geringen Implementati-
onsgeschwindigkeit und -bereitschaft auf der anderen Seite entsteht eine enorme Vielfalt
unzusammenhangender Lehr-Lernangebote. Es bestehen unterschiedliche Herangehens-
76
weisen, die es bei der Neukonzeption von Online-Kursen zu beachten gilt, insbesondere
wenn es sich um Blended-Learning-Konzepte handelt, die geistig-praktische Tatigkeiten
vermitteln sollen.
Als Leitfaden zur Entwicklung der Lernprogrammeinheiten fur die Experimentalausbil-
dung von Chemielehrern wurde die Bedarfsanalyse nach Niegemann et.al. (Niegemann,
2004) herangezogen.
Mithilfe der Lernplattform ILIAS (Kap. 2.1.6, S. 34) wurden zwei E-Learning-Einheiten
erstellt, deren Inhalte Grundlage fur das weitere Praktikum darstellten. Dabei wurde der
Fokus auf die Moglichkeiten der interaktiven Auseinandersetzung mit dem Lerninhalt ge-
legt. Uber die Virtualisierung visueller und audiovisueller Medien hinaus sollte damit eine
Prasenz-Seminareinheit simuliert werden. Diese beinhaltet die Simulation eines Dozen-
ten, was in erster Linie durch die Vertonung der Lehrtexte gegeben war, die bei Bedarf
durch die Seminarteilnehmer auch in schriftlicher Form abrufbar war und im Sinne des
programmierten Lernens durch automatisierte Auswahl-Aufgaben zur Selbstkontrolle ver-
folgt wurde. Dabei wurden die theoretischen Inhalte aus dem gesamten Lehrangebot des
Praktikums so ausgewahlt, dass ein Prasenztermin ersetzt werden konnte. Die Virtualisie-
rung der Seminareinheit hatte zur Folge, dass geistig-praktische Tatigkeiten kein Lehrziel
darstellen konnten, sondern als Bezug zu den geistigen Tatigkeiten wahrend der Beschaf-
tigung mit der Lerneinheit vorkamen. Im Folgenden ist die Konstruktion der zwei Lernein-
heiten”theoretische Grundlagen“ und
”Vorbereitung einer Schauvorlesung“ beschrieben,
von denen die”theoretischen Grundlagen“ gleichzeitig parallel als Prasenzeinheit durch-
gefuhrt wurde.
Didaktische Entwurfsmuster
Mithilfe des DO-ID-Modells (vgl. Kapitel 2.1.6, S. 32) (Entscheidungsorientiertes Instruk-
tionsdesign) nach Niegemann et.al. (Niegemann, 2004), der Taxonomie zu Interaktivitat
nach Schulmeister (Schulmeister, 2005)(Kapitel 2.1.5, S. 28) und den Standard-Funktionen
77
in ILIAS (Leidhold, Wolfgang, 1998) lassen sich Didaktische Entwurfsmuster (DEM) mit
technischem und didaktischem Charakter kategorisieren, die im E-Learning-Angebot zum
Einsatz kamen.
Als didaktische Entwurfsmuster fur das vorliegende E-Learning-Projekt wurden einige
Leitlinien definiert: Die sprachlichen Formulierungen sollten die Teilnehmer durch direk-
te Anrede mit aufforderndem Duktus und Einstiegsbeispielen zu eigenen Uberlegungen
anregen, bevor eindeutig beschriebene Lehrziele prasentiert wurden.
Abbildung 3.3: Screenshot der Themenubersicht des zweiten Kapitels im Grundlagen-Lernprogramm; Durch Mausklick auf eines der 5 sichtbaren Objekte er-scheint der zugehorige Erlauterungstext in der Mitte.
Durch Interaktive Bilder sollte bei großeren Themenblocken zunachst ein Uberblick uber
die Teilaspekte geschaffen werden, die der Lernende nacheinander in beliebiger Reihen-
folge mit der Maus aufruft. Interaktive Bilder konnen direkt mit ILIAS erstellt werden.
Dem Lerner wird eine Ansicht prasentiert, die je nach Position des Mauszeigers oder an-
78
geklickten Bereichen zusatzliche Informationen im Bild aufzeigt. Im ILIAS-Modul wurden
diese Bilder konsequent mit der direkten verbalen Aufforderung an den Lerner zur weite-
ren Untersuchung des Bildes eingesetzt. Zwei Beispiele aus dem Einfuhrungs-E-Learning
sollen dies verdeutlichen.
� Eine Themenubersicht des zweiten Kapitels des Einfuhrungs-Lernprogramms (Sie-
he Abb. 3.3): Die Themen”Dokumentation von Experimenten“,
”Fachsystematische
Einordnung“,”Teilchenebene“,
”Formelsprache“ und
”Lebensweltnahe Einordnung“
sind durch die Abbildungen in der Szene symbolisiert. Der Lernende kann kurze In-
formationstexte durch Anklicken der funf Themen-Symbole in der Mitte des Bildes
aufrufen. Im Audiokommentar und somit auch im begleitenden Text wird der Ler-
nende dazu aufgefordert, sich die entsprechenden Informationen selbst abzurufen.
� Der Vergleich von acht verschiedenen Teilchenmodellen (siehe Abb. 3.4): Durch die
Mausbewegung uber das jeweilige Textfeld im oberen Teil der Szene erscheinen die
zugehorigen Teilchenmodelle im unteren Teil. Hierbei sind Uberblendungen mog-
lich, sodass intuitiv deutlich wird, welche Gemeinsamkeiten die Modelle haben und
dass sie verschiedene Eigenschaften (das jeweilige Modell) des gleichen Gegenstands
(Atome in der oberen Reihe bzw. Molekule in der unteren Reihe) abbilden. Hierfur
wird ebenfalls eine Anleitung durch den Audiokommentar gegeben.
Die beiden beschriebenen, interaktiven Bilder entsprechen den Stufen zwei bzw. drei ge-
maß der Interaktivitatskategorisierung nach Schulmeister (Schulmeister, 2005).
Wiederkehrende Aspekte wurden mit wiederkehrenden Piktogrammen verdeutlicht, die
aus der kostenfreien Clipartsammlung der Microsoft corp., Redmond, WA, USA entnom-
men wurden. Dies betraf insbesondere die dreigliedrige Einteilung eines Experimentes in
Durchfuhrung, Beobachtung und Auswertung sowie die die funf Gesichtspunkte Fachsys-
tematik, Alltagsbezug, Teilchenmodell und Formelschreibweise, unter denen jedes Expe-
riment betrachtet werden kann. Jeder der funf Gesichtspunkte kann in unterschiedlicher
79
Auspragung Teil der Versuchsauswertung, also der zum Versuch gehorenden, geistigen
Tatigkeit sein.
Abbildung 3.4: Screenshot der Ubersicht uber verschiedene Teilchenmodelle; durch diePositionierung des Mauszeigers auf den Namen eines Modells erscheintdie Darstellung eines Ethanolmolekuls bzw. eines Atoms. Die Navigationvon Ton, Text und Seitenanzeige ist am unteren Bildrand dargestellt.
Theoretische Grundlagen des Experimentes zur Wissensgenerierung
Zur einleitenden Thematisierung der theoretischen Grundlagen wurden die Teilnehmer
einer von zwei Gruppen (P) und (E) zugelost. Beide Gruppen absolvierten im Anschluss
zeitgleich entweder die Prasenzveranstaltung (P) oder das E-Learning-Modul (E). In bei-
den Fallen wurden die gleichen bildlichen und audiovisuellen Medien in der gleichen Rei-
henfolge eingesetzt. Die Vertonung des Lernprogramms erfolgte durch den Dozenten, der
auch die Prasenzgruppe unterrichtete, sodass Stimme und Sprache zumindest mit großt-
80
moglicher Ahnlichkeit prasentiert wurden. Handlungs-abhangige Interaktionen wie z. B.
die im Lernprogramm enthaltenen Fragen zur Selbstkontrolle wurden ebenfalls in der
Prasenzgruppe eingesetzt. Dies erfolgte mit dem Ziel, bei der anschließenden Befragung
moglichst gleiche Ergebnisse zu erhalten.
Kap. 2.3.2, S. 45 stellt den Ausgangspunkt fur die Grunduberlegungen zur Gestaltung
des E-Learning- bzw. Prasenz-Moduls dar, hat aber aufgrund der dort angesprochenen
Problematik der wenig ausdifferenzierten Experimentiergrundsatze noch Entwicklungspo-
tential.
Die in Kapitel 2.1.2, S. 17 beispielhaft beschriebenen Versuche”die schwimmende Ker-
ze“,”Streuversuch von Rutherford“ sowie die
”elektrische Leitfahigkeit konzentrierter und
verdunnter Essigsaure“ dienten hier als Verdeutlichung fachdidaktischer Inhalte. Die nach-
folgend angefuhrten Punkte wurden damit thematisiert:
� Unterscheidung von Experiment und Versuch durch kognitive Nachbereitung,
� Dokumentationsmoglichkeiten zur Ausdifferenzierung eines Versuches hin zum Ex-
periment,
� Zulassigkeit bestimmter Aussagen aufgrund beobachteter Phanomene,
� Zusammenspiel verschiedener Effekte, aus denen ein beobachtbares Phanomen re-
sultiert,
� Kontextualisierung in fachlicher Hinsicht (Basiskonzepte und Leitlinien) und
� Kontextualisierung in Lebensweltlicher Hinsicht (historische, alltagliche oder tech-
nische Anwendungen von Chemikalien oder Vorkommen chemischer Phanomene).
Die Seiten des Lernprogramms sind im Anhang 5.3 auf S. 164 mit Funktionsbeschreibung
und gedrucktem Audiokommentar zu finden. Eine Seitenubersicht ist in Tabelle 3.3 dar-
gestellt. Auf der Ilias-basierten Lernplattform StudOn kann das Lernprogramm in seiner
Gesamtheit von Personen mit Zugangsberechtigung absolviert werden (StudOn, 2014).
Der Programmiercode liegt der Arbeit auf CD in den Varianten html, SCORM und XML
bei. Die Funktionsfahigkeit ist ohne Lernplattform jedoch stark eingeschrankt. Eine gra-
81
phisch angepasste offline-Variante wurde mithilfe von Powerpoint erstellt und liegt als
CBT ebenfalls auf CD bei.
Tabelle 3.3: Seitenubersicht des E-Learnings theoretische Grundlagen, auf jeder Seite gabes zusatzlich einen vertonten Audiokommentar.
Seite didaktische Funktion DEM nach MedientypusStartseite Funktionserklarung des
ModulsStandbild
Versuch vs. Experi-ment
Definition Standbild
Ubung Selbsttest Zuordnungsaufgabe
Beispiel Uberleitung StandbildKapitelubersicht Vorbereitung interaktives Bild mit 5 Text-
boxenDokumentation Verknupfung von Versuch
mit Modell und Formel-schreibweisen
interaktives Bild mit 4 Bo-xen, dabei Videoclip, Ani-mation, Text
schwimmende Kerze Beispiel Durchfuhrung VideoclipSchematisierung desVersuchs
Beispiel Beobachtung Standbild
chemische Ursachenfur die Effekte
Beispiel Auswertung Standbild
Teilchenebene Teilchenmodelle im Ver-gleich
interaktives Bild mit 8 wei-teren Bildern
Aufgabe zu Formel-sprache
inhaltliche Auseinander-setzung
Text im Standbild
Fachsystematik Ubersicht schematisches Standbild
Lebensweltbezug Ubersicht schematisches Standbild
Zusammenfassung Ubersicht schematisches Standbild mitPiktogrammen
Streuversuch von Ru-therford
Transfer schematischer Versuchsauf-bau mit Piktogrammen
82
Vorbereitung einer Schauvorlesung
Als weitere Neuerung in der Lehrveranstaltung CSE wurde neben der Verwendung von
Online-Lernprogrammen (Web-based-Trainings, WBT) fur die geistige Lerntatigkeit ei-
ne Experimentalvorlesung von den Studierenden fur eingeladene Schulklassen konzipiert
und durchgefuhrt. Zur Vorbereitung und Instruktion fur die Erstellung der Schauvorle-
sung wurde fur die Teilnehmer ein weiteres Lernprogramm online zur Verfugung gestellt.
Dieses war innerhalb von zwei Wochen vor einem festgesetzten Prasenztermin, an dem
die Vorbereitungen und Generalprobe der Vorlesung stattfanden, zu bearbeiten. Hierzu
wurden hauptsachlich Videoclips von bekannten Demonstrationsexperimenten angefertigt,
um die Teilnehmer zu instruieren (Videoinstruktion). Nach jedem Videoclip wurden Bei-
spiele fur die fachliche Kontextualisierung und die Verknupfung mit Lebensweltbezugen
in Form von Text prasentiert. Es bestand die Aufgabe, das prasentierte Video als Basis
aufzufassen, auf der eigene Ideen, methodische Vorstellungen und Lehrziele aufgebaut wer-
den sollten und diese altersgerecht zu prasentieren. Die Bearbeitung des Lernprogramms
Videoinstruktion dauerte mit individuellen Schwankungen zwischen 30 und 45 Minuten.
Tabelle 3.4 gibt einen Uberblick der Versuche mit fachlicher Einordnung und den Vorschla-
gen zur Anknupfung an die Lebenswelt der Schuler. Bei der Auswahl und der Reihenfolge
der Versuche wurde darauf geachtet, Versuche mit ahnlichen Beobachtungsmoglichkei-
ten nacheinander durchzufuhren und eine Steigerung der Effekte uber den zeitlichen Ab-
lauf der Vorlesung zu erzielen. So sind samtliche Farbumschlage im flussigen Medium zu
Beginn, gefolgt von der leuchtenden Flussigkeit im Luminol-Versuch vor den Gas- und
Schaumbildenden Reaktionen demonstriert und ausgewertet worden.
Zusatzlich wurden organisatorische Voraussetzungen wie Ablauf, Uhrzeiten und Bewer-
tungsgrundlagen durch das Lernprogramm vermittelt. Videoclips und Kontextvorschlage
waren nicht vertont, organisatorische Hinweise wurden vertont, der Sprechertext konnte
bei Bedarf per Mausklick am unteren Seitenrand zugeschaltet werden.
83
Tabelle 3.4: Kontextualisierungsbeispiele zu den Versuchen aus der Videoinstruktion
Kurzbezeichnung desVersuches
fachlicher Kontext vorgeschlagene Alltags-kontexte
Chemische Ampel Sauerstoff und Glucosereduzieren und oxidierenwechselweise den FarbstoffIndigocarmin
Indigocarmin ist ein Le-bensmittelfarbstoff z.B. inblauen Gummibaren, Glu-cose kennt man in Formvon Traubenzucker
Landoldt’sche Ioduhr Durch unterschiedlicheAusgangskonzentrationenvon Iodat und Thiosulfatwird Iodat uber einenmehrstufigen Mecha-nismus unterschiedlichschnell zu Iod reduziert
Iodat (IO−3 ) als Zusatz
im Speisesalz, Iod-Starke-Reaktion zur besserenSichtbarkeit
Briggs-Rauscher Reaktion oszillierende Reaktion mitIodat, Wasserstoffperoxidund Malonsaure
Wasserstoffperoxid alsBleichmittel beim Frisor
Luminol-Reaktion Chemolumineszens kriminaltechnische Metho-de zum Auffinden vonBlutspuren
chemischer Flaschengeist Wasserstoffperoxid undKaliumpermanganat rea-gieren zu Braunstein undWasserdampf
Wasserdampf, Kaliumper-manganat als Desinfekti-onsmittel beim Tierarzt
Kerzen aus“gießen“ mitKohlenstoffdioxid
Kohlenstoffdioxid-entstehung beim Aufloseneiner Brausetablette, feu-erloschende/ -erstickendeWirkung des Kohlenstoff-dioxids
Brausetablette als Che-mikaliengemisch, weiteresVorkommen von CO2 inder Natur
Elefantenzahnpasta undGlimmspanprobe
katalytischer Zerfallvon Wasserstoffperoxid,Charakterisierung desentstandenen Sauerstoffesmit der Glimmspanprobe
Schaum als StoffgemischGas/Flussigkeit, oxidieren-de Wirkung d. Sauerstoffs,Bestandteile d. Luft
Styropor lost sich in Ace-ton
Schaum aus Gas und Fest-stoff
Verpackungsmaterial
Wasserstoffschaum wirdentzundet
Schaum aus dem brennba-ren Gas Wasserstoff
fruher als Tragmittel inLuftschiffen, Zeppelin-Katastrophe der Hinden-burg
84
Durchfuhrung der experimentellen Schauvorlesung
Um die Vergleichbarkeit zwischen den durchgefuhrten Experimentalvorlesungen zu erho-
hen und ein Maß fur ihre Reproduzierbarkeit abzuschatzen, wurden die durchzufuhrenden
Versuche und ihre Reihenfolge vom Dozenten festgelegt und waren in allen sechs Gruppen
identisch. Die Schauvorlesung fand an sechs verschiedenen Terminen statt und wurde von
unterschiedlichen Schulergruppen der Jahrgangsstufen 5 bis 7 besucht. Freiheiten hatten
die Studierenden bei der Wahl des mit dem Versuch verbundenen Lehrangebotes sowie
bei der Abstimmung der Versuche untereinander, um ein schlussiges verbindendes Thema
wahlen zu konnen, in das sich die Versuche einfugen.
Die Kohorte der Studierenden wurde auf sechs Gruppen aufgeteilt, von denen jeweils eine
Gruppe die experimentelle Veranstaltung fur zwei bis drei Schulklassen auf einmal durch-
fuhrte und jeder Versuch von je einer Person durchgefuhrt wurde. Die Teilnehmer hatten
die Moglichkeit, die Versuche innerhalb der Gruppe zu verteilen oder auslosen zu lassen.
Die Reihenfolge wurde vom Dozenten festgelegt. Alle Gruppen fuhrten die Versuche in
der gleichen Reihenfolge durch. Als verbindendes Thema zwischen den einzelnen Versu-
chen sollte in groben Zugen der Zusammenhang von flussigen Stoffgemischen zu festen
und flussigen Schaumen als roter Faden dienen. Die konkrete Ausgestaltung wurde den
Kursteilnehmern uberlassen, es waren hochstens zwei Powerpoint-Folien pro Versuch zur
Unterstutzung zugelassen.
Weitere Module online-gestutzter Lernprogramme
Im Rahmen des Projektes mit der virtuellen Hochschule Bayern (vhb) wurden bisher vier
weitere Online-Module konzipiert, die als gesamter Kurs uber die vhb gebucht werden
konnen. Eine detaillierte Beschreibung wurde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Eine
thematische Kurzzusammenfassung wird im Folgenden gegeben; die beschriebenen Medien
befindenden sich auf dem Datentrager im Anhang der Arbeit:
85
� Das Modul Halogene und Alkalimetalle enthalt Videoclips sowie die in Kapitel 3.3.1
auf Seite 71 beschriebene interaktive Chlorgassynthese. Es ist in drei Kapitel nach
der Stoffsystematik Halogene-Alkalimetalle-Alkalihalogenide gegliedert.
� Im Modul Saure-Base-Chemie und der Wasserstoff werden am Beispiel bekannter
Saure-Base-Versuche unterschiedliche Durchfuhrungsvarianten und Moglichkeiten
thematisiert. Beispielsweise werden per Videoclips sechs verschiedene Versuchsauf-
bauten der Reaktion von Chlorwasserstoffgas mit Ammoniak miteinander vergli-
chen und zu unterschiedlichen Lehrzielen in Verbindung gesetzt. Weiterhin werden
die Versuchsformen Microscale und overhead-projizierte Versuche vorgestellt. Die
Interaktive Druckgasflasche ist Bestandteil dieses Lernprogramms.
� Chemie im technischen Kontext ist ein Modul, das die Lebensweltbezuge zu ver-
breiteten Versuchen wie der schwarz-weiß-Fotographie, dem Gipskreislauf oder dem
Thermitverfahren herstellt. Letzteres wurde in seiner technischen Anwendung vor
Ort beim Schweißen von Eisenbahnschienen in einem Filmclip kommentiert und
festgehalten. Ein Animationsfilm zum Aufbau eines Zeolith A und seiner Ionenaus-
tauschfunktion wurde fur dieses Lernprogramm in Auftrag gegeben.
� Das Thema Nutzung von Molekuldarstellungen zur Unterstutzung experimentellen
Unterrichts zeigt in einem weiteren Modul Wege auf, die makroskopischen Beobach-
tungen mit Modellvorstellungen auf der Teilchenebene zu verbinden und fordert zur
Modellkritik auf. Hierfur wurde eine VL ohne virtuellen Assistenten in Auftrag gege-
ben, deren Ziel die Halogenierung von Hexan und Hexen ist bei der die Moglichkeit
besteht, auf die Teilchenebene zu zoomen und dort die Reaktion zu verfolgen. Der
Anwender kann zwischen der Valenzstrichschreibweise und einer Balls-and-Sticks-
Darstellung frei wahlen.
86
3.4 Befragung
3.4.1 Zusammenhang von Pilot-, Haupt-, und Nebenbefragungen
Die in Kapitel 3.2.1, Seite 63 beschriebene Pilotbefragung der Vorgangerkohorte diente zur
Vorbereitung der Hauptbefragung im Folgesemester (T0, sowie Teil von T5). Die Neben-
befragung der Lehrer (T1L) diente zur Unterstutzung und Vergleichbarkeit der erzielten
Ergebnisse. Die begleitende Hauptbefragung der Studierenden zur Lehrveranstaltung CSE
zum Zwecke der Charakterisierung dieser Blended-Learning-Konzeption wurde so ange-
legt, dass die zugehorigen Antworten zu den Erhebungszeitpunkten T1-T5 hauptsachlich
vom gleichen Teilnehmerkreis, den Studierenden eines Jahrgangs, stammt. Es wurde ei-
ne gesamte Kohorte der Studierenden des Lehramtes Chemie fur Gymnasium uber zwei
Semester hinweg per Fragebogen mit offenen und geschlossenen Fragen zur Lehrveran-
staltung und den dabei eingesetzten Medien um Einschatzungen gebeten (vgl. Abb. 3.1,
S. 68). Zur anonymen Zuordnung von Antworten verschiedener Befragungszeitpunkte der
gleichen Person wurde dazu ein individueller Zuordnungscode genutzt, der durch Geburts-
monate und Endbuchstaben der jeweiligen Eltern-Vornamen anonym aber eindeutig zu-
zuordnen war. Die Vorbefragung der Vorgangerkohorte ohne E-Learning-Angebot wurde
zum Abschluss (T5) mit der Hauptkohorte wiederholt. Zur Bewertung und zum Vergleich
der virtuellen Chlorgassynthese dienten zwei Teilnehmerkreise einer Chemielehrerfortbil-
dung als Vergleichsgruppe, die zur Befragungseinheit T1L zusammengefasst wurden.
Das Untersuchungsdesign und seine Verknupfung mit der konzipierten Lehrveranstaltung
ist in Abbildung 3.1 auf Seite 68 schematisch dargestellt. Die Befragungszeitpunkte werden
in Tabelle 3.5 erlautert. Abbildung 3.5 verdeutlicht die differenzierten Auswertungsschrit-
te, ihren Zusammenhang mit den Befragungszeitpunkten sowie den Inhaltsbausteinen der
Lehrveranstaltung.
87
Abbildung 3.5: Schema der Befragungsauswertung - Die einzelnen Auswertungsziele sindgrun dargestellt, Befragungszeitpunkte orange, vgl. Abb. 3.1, S. 68
88
Tabelle 3.5: Ubersicht der Befragungseinheiten, zur grafischen Darstellung und Verknup-fung mit der gesamten Lehrveranstaltung siehe Abbildung 3.1 auf Seite 68
Nr. Inhalt Format und ZeitrahmenT0 Lehrveranstaltung der Vorgangerko-
hortePapier, Teil allg. Evaluation
T1 Interaktive Chlorgassynthese online, etwa eine WocheT1L Interaktive Chlorgassynthese, Ne-
benbefragung der Chemielehrkraftezwei Fortbildungstermine
T2 Erwartungen, Einfuhrungs-Modul,Vortest
Papier
T3 Nachtest Papier, mit einer Woche Abstand zuT2
T4 Interaktive Druckgasflasche online, etwa eine WocheT5 Schauvorlesung, Instruktions-
Modul, Folgetest, VorbefragungPapier, 6 Zeitpunkte nach der jew.Schauvorlesung
3.4.2 Hauptbefragung
Fur die Hauptbefragungen zu den Zeitpunkten T1 bis T5 wurden fur eine mathematisierte
Darstellung Fragen mit funf- bzw. sechsstufigen Antwortmoglichkeiten (Im Folgenden:
Items) entworfen, die den Hauptaspekten der Befragungsinhalte zugeordnet sind. Die
Auswahl der Fragen erfolgte nach intuitiv-erfahrungsgeleitetem Ansatz (Buhner, 2011)
und wurden aus den Kriterien zur Konzeption von E-Learning-Einheiten hergeleitet und
formuliert (Wedekind, 2007), (Schulmeister, 2005), (Niegemann, 2004).
Da bei der Ausgestaltung der interaktiven Browserapplikationen (T1 und T4) die ergan-
zende Nutzung zum Realexperiment sowie die Interaktivitat im Vordergrund standen,
sollten neben der individuellen Wirkung auf die Probanden speziell die Interaktivitat in
Form der Bedienbarkeit und die Einschatzung der Applikation in Verbindung zum Real-
experiment abgefragt werden.
Konkret handelte es sich um funf Fragen zur Bedienung und Funktionalitat der Browser-
applikation, die mit acht Fragen zur individuellen, affektiven Wahrnehmung kombiniert
wurden. Es schlossen sich sieben Items mit Fragen zur Verbindung mit dem Realexperiment
89
an. Da die Browserapplikationen nicht als Alternative zum Realexperiment konzipiert
wurden, wurden funfstufige Antwortmoglichkeiten konstruiert, um”weder-noch“-Entschei-
dungen zu ermoglichen.
Zum Vergleich der Prasenz- mit der Online-Lehre und bei der Abschlussbefragung wurden
sechsstufigen Antwortmoglichkeiten gewahlt, um”weder-noch“-Entscheidungen moglichst
zu vermeiden, da sich die Fragen mitunter auf eine Einschatzung der jeweils anderen
Lehrform bezogen.
Fur den Vergleich zwischen Prasenz- und E-Learning-Einfuhrung (T3) wurde mit 23 sechs-
stufigen Antwortmoglichkeiten nach Lerntempo, Informationsdichte, Einschatzung zur je-
weils anderen Lernform, einzelnen Medien sowie Medienzusammenstellungen gefragt. Es
wurde davon ausgegangen, dass durch die intensive, chemiedidaktische Thematisierung des
Medienbegriffes in der Seminarveranstaltung des vorangegangenen Semesters ein uberwie-
gend gleiches Grundverstandnis unter den Befragten zum Begriff Medium bestand.
Zur vergleichenden Beurteilung des Nutzens der E-Learning- und der Prasenzeinheit wur-
de in beiden Gruppen vor der Bearbeitung eine Aufgabe gestellt, die eine Woche spater
(T3) und zum Abschluss des Semesters (T5) erneut gestellt wurde (Vor-, Nach- und
Folgebefragung bestehend aus T2, T3 und T5). Der durch die Aufgabe abgefragte Sach-
verhalt wurde beispielhaft am Streuversuch von Rutherford in beiden Gruppen erlautert.
Der Streuversuch wurde im weiteren Verlauf des Semesters nicht weiter thematisiert, so-
dass der Einfluss auf die Antworten der Aufgabe zum Befragungszeitpunkt T5 (Folge-
Befragung) minimiert wurde.
Die Abschlusserhebung (T5) wurde ebenfalls mithilfe sechsstufiger Antwortmoglichkeiten
gefuhrt, da auch hier”weder-noch“-Entscheidungen vermieden werden sollten, wenn es
sich um Vergleiche der Medien untereinander oder die konkrete Durchfuhrung der Lehr-
veranstaltung handelte. Sie enthielt funf Fragen zu den Videodemonstrationen aus dem
vorbereitenden Lernmodul, funf Fragen zur generellen Einstellung zu Online-Videoclips,
drei Fragen zur Nutzung schulerbezogener Demonstrationsexperimente, zwei Fragen zu
90
den Vorgaben der Experimentalvorlesung, zwei Fragen zum Kennenlernen und Auswerten
weiterer Versuche anstelle der Schauvorlesung, sowie funf Fragen zu veranderten Durch-
fuhrungsbedingungen der Schauvorlesung und ihrer Demonstrationsversuche. Die Mog-
lichkeit, Anmerkungen zu machen war gegeben; in ausgewahlten Fragen wurde dazu ex-
plizit aufgefordert. Die Zusammenstellung der Fragen ist im Anhang 5.3, S. 196 zu finden.
Die Formulierungen ergaben sich aus den Forschungsfragen (vgl. Kap. 3.1 S. 61).
3.4.3 Nebenbefragung und Datenverarbeitung
Nebenbefragung
Um zusatzliche, vergleichbare Ergebnisse zu erhalten, wurde die Interaktive Chlorgassyn-
these Chemielehrern bei zwei Fortbildungsveranstaltungen zum Ausprobieren angeboten
und anschließend anhand der selben Fragen wie in der Hauptbefragung bewertet (Zeit-
punkt zusammengefasst als T1L). Ein Unterschied bestand darin, dass es sich bei der
Befragung der Chemielehrer um eine schriftliche statt einer Online-Variante des Fragebo-
gens handelte.
Datenverarbeitung
Alle manuell ausgefullten Fragebogen wurden digitalisiert und die digitalen Erhebungen
(bei CGS und DGF) wurden entsprechend formatiert. Statistische Kennzahlen wurden
mit der Open-Source Software”R“ berechnet (Sachs & Hedderich, 2006), Graphiken mit
”R“ sowie Microsoft-Excel und Microsoft-Powerpoint (beide Microsoft corp., Redmond,
WA, USA) erstellt.
91
4 Ergebnisse und Auswertung
4.1 Auswertungsmethoden
Der explorative Charakter der vorliegenden Arbeit ist stark ausgepragt, was deutliche
Einflusse auf die gewahlten Auswertungsmethoden hat. Die erhobenen Daten die dieser
Arbeit zugrunde liegen bestehen aus zwei verschiedenen Antwortformaten, die sich aus
offenen und geschlossenen Fragen ergeben. Wo notig, wurden sie durch erganzende Beob-
achtungen vervollstandigt. Nachfolgend werden die genutzten Auswertungsmethoden mit
einer kurzen Erlauterung aufgefuhrt. Darauf aufbauend erfolgt eine detaillierte Beschrei-
bung der jeweiligen Auswertungen in den zugehorigen Kapiteln.
Kategorienbildung
Bei offenen Fragen erfolgt die Auswertung in Anlehnung an die Qualitative Inhaltsanalyse
nach Mayring (Lamnek, 2005), wird jedoch durch die Kurze der Antworten und den
eindeutigen Entstehungskontext in reduzierter Form wie folgt durchgefuhrt: Es werden
die Kategorien aus den Bezugnahmen der jeweiligen Antworten gebildet. Der Aspekt, auf
den sich eine Aussage bezieht wird als Kategorie formuliert. Jede weitere Aussage, die sich
den zuvor gebildeten Kategorien zuordnen lasst wurde eben diesen zugeordnet. Stellt eine
Aussage einen zuvor nicht vorkommenden Aspekt dar, wird eine neue Kategorie formuliert
93
und hinzugefugt. Dies macht es notwendig, jede Aussage ein zweites Mal darauf zu prufen,
ob sie nicht ebenfalls einen Bezug zu einer spater hinzugekommenen Kategorie darstellt.
Im Anschluss werden die identifizierten Kategorien zu Hauptkategorien zugeordnet und
so zusammengefasst. Die so identifizierten Kategoriensysteme ermoglichen es in einem
weiteren Auswerteschritt, unterschiedliche Haufigkeiten der genannten Unterkategorien
in den Hauptkategorien zu summieren und zu bestimmen, wieviele Aspekte von jeweils
einem Studierenden genannt wurden.
Korrelation und Korrelationsmatrizen
Geschlossene Fragen werden in funf- bzw. sechsstufigen, geschlossenen Fragen erfasst, in
Zahlen von 1 bis 5 und 1 bis 6 codiert und mit dem Pearson’schen Korrelationskoeffizien-
ten r auf Abhangigkeiten untereinander untersucht (Quatember, 2008). Der Pearson’sche
Korrelationskoeffizient r kann fur zwei intervallskalierte Merkmale eines Messgegenstan-
des berechnet werden und nimmt Werte zwischen -1 und 1 an. Die Berechnung von r fur
zwei normalverteilte Variablen x und y erfolgt mithilfe ihrer Mittelwerte x und y und
stellt die normierte, gemeinsame Streuung (Kovarianz) der beiden Merkmale dar. Der
Korrelationskoeffizient wird wie folgt berechnet:
rx,y =1n
∑ni=1(xi − x)(yi − y)
1n
√1n
∑ni=1(xi − x)2
√1n
∑ni=1(yi − y)2
wobei gilt: x,y = codierter Wert der gemessenen Variablen, n = Anzahl der Befragten
Vereinfacht lasst sich aus dem Vorzeichen von r die Richtung des Zusammenhangs formu-
lieren. Maß fur die Starke des Zusammenhangs ist der Betrag von r:
� negatives Vorzeichen: je mehr x, desto weniger y
� positives Vorzeichen: je mehr x, umso mehr y
94
� hoher Betrag (maximal 1): starker Zusammenhang
� niedriger Betrag (minimal 0): schwacher Zusammenhang
In der vorliegenden Arbeit wird jeweils ein Wert r fur zwei Antwortverteilungen aus al-
len gegebenen Antworten einer Likert-Skala berechnet. Die Korrelationskoeffizienten aller
Antwortpaare eines Fragebogens sind in Korrelationsmatrizen dargestellt.
Zusammenfassung mehrerer Aussagen zu Skalen, Validitat, Reliabilitat und
Signifikanz
Wenn moglich, werden mehrere Antworten zu Likert-Skalen zusammengefasst. Zur Er-
mittlung ihrer Messzuverlassigkeit (Reliabilitat) wird der Kennwert Cronbachs α berech-
net (Buhner & Ziegler, 2009). Zur Ermittlung von α werden die Korrelationen von min-
destens drei (inhalts)validen Antworten nach folgender Vorschrift auf ihre gemeinsame
Aussagekraft hin gepruft.
α =N · r
1 + (N − 1) · r
wobei gilt: r = Korrelationskoeffizient, N = Anzahl der Befragten
Aus dem Wert von α lasst sich eine Aussage dazu ableiten, inwieweit die Daten der min-
destens drei Skalen gegenseitig einen Zusammenhang in Form einer Korrelation stutzen.
Die Werte von 0 bis 1 sind ein dimensionsloses Maß fur die Messzuverlassigkeit (Relia-
bilitat); je großer α ist, desto zuverlassiger messen die drei Antworten indirekt dieselbe
Große und werden zu einer Likert-Skala zusammengefasst. Die standardisierten, statis-
tischen Maße r und α werden zur besseren Unterscheidbarkeit von anderen erhobenen
Zahlenwerten in der statistischen Schreibweise ohne Null und mit Punkt statt Komma
angegeben.
Die Mess-Gultigkeit (Validitat) der ermittelten Skalen ist durch die Zusammengehorigkeit
der erfragten Antworten gegeben (Inhaltsvaliditat). Die Objektivitat ist bei geschlossenen
Fragen durch das Antwortformat gegeben.
95
Die Bestimmung von α ist Voraussetzung fur die Durchfuhrung eines t-Tests zur Untersu-
chung der Signifikanz p der durch die Skalen identifizierten Abhangigkeit. Alle Signifikanz-
werte wurden mit der gemeinfreien Software R automatisch errechnet (Sachs & Hedderich,
2006).
Bei den verschiedenen Varianten des T-Tests handelt es sich um standardisierte, statis-
tische Verfahren zur Beurteilung von Mittelwerten, die aus einer Zufallsstichprobe ei-
ner Grundgesamtheit errechnet wurden. Dabei wird unterschieden zwischen dem Ein-
Stichproben-T-Test; dem Zwei-Stichproben-T-Test fur unabhangige und fur abhangige
Variablen (Paardifferenztest) sowie weiteren Spezialanwendungen. T-Tests konnen gerich-
tet (einseitig) oder ungerichtet (beidseitig) durchgefuhrt werden
Vereinfacht gesagt, gibt der errechnete Signifikanzwert p die Wahrscheinlichkeit an, mit
der die Abweichung eines gemessenen Mittelwertes einer Zufallsstichprobe von einem hy-
pothetisch angenommenen Mittelwert der Grundgesamtheit noch durch den Zufall erklart
werden kann. Liegt p uber dem festgelegten Signifikanzniveau, ist das Ergebnis nicht signi-
fikant, die Nullhypothese (also die Annahme, das Ergebnis kann durch Zufall entstanden
sein) wurde nicht widerlegt. Liegt p unter dem festgelegten Niveau, so ist die Abweichung
des gemessenen Mittelwertes durch den Zufall hochst unwahrscheinlich, die Nullhypothese
gilt dann als widerlegt und die komplementare Alternativhypothese wird angenommen.
In der Auswertung der vorliegenden Arbeit wurden ausschließlich Zweistichproben-T-Tests
berechnet. Die Messdaten und Hypothesen bestimmen den Einsatz fur abhangige und un-
abhangige Stichproben und sind bei der jeweiligen Auswertung begrundet. Die Berechnung
erfolgte automatisch mit der gemeinfreien Software R und einem zuvor festgelegten Signi-
fikanzniveau von p = .001, was einem sehr strengen Niveau entspricht (Widerlegung der
Nullhypothesen ist erschwert) um keine voreiligen Schlusse zu ziehen.
96
Unkonventioneller Vergleich von Korrelationsmatrizen
Fur gewohnlich werden fur Vergleichsuntersuchungen von Online- und Prasenzlehre Kreuz-
korrelationsanalysen verwendet. Dabei werden zwei Befragungsgruppen (z.B. zufallig zu-
geloste Teilnehmergruppen) uber zwei ahnliche Befragungsgegenstande (z.B. zwei chemi-
sche Versuchsaufbauten) in zwei unterschiedlichen Durchfuhrungsmodi (z.B. als Online-
und Prasenzlehre) befragt, wobei beide Gruppen beide Gegenstande in umgekehrter Rei-
henfolge in unterschiedlichen Durchfuhrungsmodi absolvieren (vgl. (Wolf et al., 2012)).
Unter folgenden Pramissen sowie aus folgenden Grunden war dies fur die vorliegende
Arbeit nicht sinnvoll:
� Das Einfuhrungsmodul kann zwar in beiden Durchfuhrungsmodi stattfinden, nicht
jedoch der experimentelle Teil.
� Alle digitalen Lernangebote sind stets als Unterstutzung, niemals als Ersatz fur die
korrespondierende geistig-praktische Tatigkeit konzipiert.
� Die klassischen, statistischen Auswertungsmethoden gehen von der Pramisse aus,
dass es sich bei allen erhobenen Daten um eine Stichprobe aus einer quasi-unendlich
großen Grundgesamtheit handelt, dies ist jedoch anzuzweifeln, da die Grundgesamt-
heit aller gymnasialen Chemielehramtsstudenten
1. an der FAU in verschiedenen Jahrgangen unterschiedlichen Bedingungen un-
terworfen ist.
2. an allen bayerischen Universitaten leicht unterschiedliche Curricula durchlauft.
3. aus allen Bundeslandern unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden muss.
Eine Matrix ist daher als kollektive Aussage einer Gesamtgruppe uber den thematisier-
ten Gegenstand zu verstehen und nicht, wie ublich, als das Mittel mehrerer Aussagen
einer Zufallsstichprobe. Die hier verwendete Vergleichsmethode ist daher nur sinnvoll fur
Matrizen, die entweder von der selben Gruppe uber zwei ahnliche, zu vergleichende Gegen-
stande oder uber denselben Gegenstand von zwei vergleichbaren Gruppen erfragt wurden.
Dies ermoglicht es, die berechneten Korrelationen auch bei geringen Gruppengroßen als
97
Beschreibungsgrundlage zu verwenden, schrankt jedoch die Generalisierbarkeit der geta-
tigten Aussage ein. Dort, wo es sinnvoll erscheint, werden Korrelationsmatrizen mitein-
ander in Bezug auf die Haufigkeit von Korrelationen verglichen. Dazu zahlen die zwei
Matrizen der Befragung T2, die aufgrund der ausgelosten Zuordnung zur Prasenz- bzw.
E-Learning-Gruppe entstanden sind und die beiden Durchfuhrungsmodi charakterisie-
ren, die Matrizen der virtuellen Chlorgassynthese von Studierenden und Lehrern (T1 mit
T1L) sowie die Matrizen der Studierenden zu den beiden virtuellen Laboranwendungen
Chlorgassynthese und Druckgasflasche (T1 mit T4).
Der Vergleich zweier Korrelationsmatrizen fand aufgrund der geringen Teilnehmerzahl un-
ter der Annahme statt, dass die berechneten Korrelationen der erfragten Antworten nur
mit großer Unsicherheit als aussagekraftig angenommen werden konnen, alle Korrelationen
zusammen jedoch eine sehr wahrscheinliche Tendenz widerspiegeln und eine Interpreta-
tion in Bezug auf die Ahnlichkeit zweier Matrizen zulassen. Daher wurden Diagramme
erstellt, die eine Anzahl an Korrelationen in Abhangigkeit eines zu wahlenden Unterschei-
dungskorrelationswertes u kategorisieren. Der Vergleich zweier Korrelationen der jeweils
gleichen Antwortpaare wird als eines von funf moglichen Ergebnissen kategorisiert:
� Beide Korrelationen werden als gering und damit nicht aussagekraftig eingestuft.
� Beide Korrelationen werden als aussagekraftig eingestuft und geben den gleichen
Zusammenhang wieder.
� Beide Korrelationen werden als aussagekraftig eingestuft und geben den gegensatz-
lichen Zusammenhang wieder.
� Die Korrelation der einen Gruppe ist aussagekraftig.
� Die Korrelation der anderen Gruppe ist aussagekraftig.
Es ergeben sich daraus funf Kurven. Die Summe der y-Werte (Anzahl der Korrelationen)
ergeben uber jedem x-Wert (zu wahlende Unterscheidungskorrelation) die Anzahl der zum
Vergleich herangezogenen Items. Aufgrund des Betrags der Unterscheidungskorrelation u
von 0 bis 1 und der jeweils gleichen Anzahl berechneter Korrelationen einer Matrix er-
98
geben sich in den funf Kurven uber jedem x-Wert jeweils ganzzahlige Werte, die auch in
Prozentzahlen ausgedruckt werden konnen. Aus den Kurven werden Aussagen uber die
Ahnlichkeit der Korrelationsmatrizen und damit uber die verglichenen Untersuchungsge-
genstande abgeleitet.
Erganzende Beobachtungen
Als nicht-standardisiertes Verfahren erganzen teilnehmende Beobachtungen der Dozenten
die parametrierten Daten, sodass methodisch aus drei verschiedenen Perspektiven argu-
mentiert wird: statistisch-korrelativ, inhaltlich-kategorisiert und teilnehmend-beobachtet.
Letztgenannte Perspektive spielt in dieser Arbeit nur eine untergeordnete Rolle, sodass
nur schriftlich erfasste Fakten eingebracht wurden, die in der Diskussion lediglich erganzt
werden.
4.2 Vergleich der Durchfuhrungsmodi E-Learning- und
Prasenzveranstaltung
4.2.1 Quantitativer Vergleich der Korrelationsmatrizen
Es handelte sich bei dem E-Learning-Modul bzw. der Prasenzveranstaltung (Befragungs-
zeitpunkt T3) um eine einfuhrende Einheit, auf der nicht-online-vermittelbare, geistig-
praktische Tatigkeiten aufbauen. Die Ergebnisse der zugehorigen Befragungen mussen
vor dem Hintergrund der verschiedenen Gruppeneinteilungen gesehen werden, was die
Suche nach Gemeinsamkeiten und Ahnlichkeiten als geeigneter erscheinen lasst als die
Suche nach Unterschieden.
99
Erwartungsgemaß traten bei der unterschiedlichen Durchfuhrung der gleichen Lernein-
heit trotz identischer Medien Unterschiede auf. Diese lassen sich durch den Vergleich der
resultierenden Korrelationsmatrizen beider Gruppen quantifizieren und benennen. Die
Matrizen sind in den Tabellen 4.1 bis 4.4 dargestellt und geben Auskunft uber den Zu-
sammenhang zweier Antworten an ihrem jeweiligen Kreuzungspunkt. Sie sind wie folgt zu
lesen: Aussage aus der Zeile korreliert (Vorzeichen) (Betrag) schwach/stark mit Aussage
aus der Spalte. Als Beispiel: Die Aussage”Die verwendete Sprache war hilfreich“ weist in
der Spalte mit der Aussage”Die Informationsdichte war angemessen“ einen wert von .52
auf. Dies bedeutet, dass beide Aussagen in einem positiven Zusammenhang stehen. Sie
treten gehauft miteinander auf, wobei jedoch keine Kausalitat ersichtlich ist.
Zur ubersichtlicheren Darstellung der Matrizen in den Tabellen 4.1 bis 4.4 wurden die zu
bewertenden Aussagen wie folgt abgekurzt:
� LT schnell”Das Tempo der Lerneinheit war zu schnell.“
� LT angem.”Das Tempo der Lerneinheit war angemessen.“
� LT langsam”Das Tempo der Lerneinheit war zu langsam.“
� ID hoch”Die Informationsdichte der Lerneinheit war zu hoch.“
� ID angem.”Die Informationsdichte der Lerneinheit war angemessen.“
� ID gering”Die Informationsdichte der Lerneinheit war zu gering.“
� Fragen”Ich hatte/hatte Fragen gehabt, die das E-Learning nicht beantworten konn-
te/konnte.“
� SeSt angem.”Das Maß an selbstgesteuertem Lernen war angemessen.“
� zH”Ich hatte diese Vorbereitung lieber zu Hause durchgefuhrt.“
� PS>EL”In einer Prasenz-Sitzung beim Dozenten/In einer E-Learning-Einheit hatte
ich schlechter gelernt.“
� EL>PS”In einer Prasenz-Sitzung beim Dozenten/In einer E-Learning-Einheit hatte
ich besser gelernt.“
� EL-Erf”Ich habe bereits E-Learning Angebote wahrgenommen (ohne heute).“
� Bilder”Die verwendeten Bilder waren hilfreich.“
100
� Sprache”Die verwendete Sprache (gesprochen) war hilfreich.“
� Text”Die Niederschrift der gesprochenen Sprache war/ware hilfreich.“
� Videos”Die Videos waren Hilfreich“
� Bi-St”Die verwendeten Bilder haben zur Strukturierung der Inhalte beigetragen.“
� MD Zus”Die Zusammenstellung der Medien war angemessen.“
� Konz. MD”Ich habe mich manchmal nicht auf ein Medium konzentrieren konnen.“
� uberfordert”Die Zusammenstellung der Medien hat mich uberfordert.“
� unterfordert”Die Zusammenstellung der Medien hat mich unterfordert.“
� MD > EL”Die Medien hatten in einer E-Learning/Prasenz-Einheit besser gepasst.“
� MD = EL”Die Medien hatten in einer E-Learning/Prasenz-Einheit genausogut
gepasst.“
� MD < EL”Die Medien hatten in einer E-Learning/Prasenz-Einheit schlechter ge-
passt.“
101
Tabelle 4.1: Korrelationen bei der Bewertung der Prasenzveranstaltung - zur besserenLesbarkeit wurden die Item-Bezeichnungen in den Zeilen abgekurzt.
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LT schnell 1LT angem. .39 1LT langsam -.23 -.83 1ID hoch .56 .25 .05 1ID angem. -.08 .48 -.25 .05 1ID gering .25 -.49 .34 .11 -64. 1Fragen -.16 .06 .05 .03 .12 .21 1SeSt angem. .03 .31 -.20 -.03 .42 -.38 -.31 1zH .05 -.03 -.06 .05 -.51 .28 -.14 -.04 1PS>EL .12 .16 -.13 .14 .22 -.12 .77 -.09 -.21 1EL>PS -.38 -.02 .04 -.06 -.05 -.05 -.12 -.41 .39 -.35 1EL-Erf -.24 .00 .00 .24 .19 -.04 .26 -.14 .27 .41 .05 1Bilder .00 .24 -.16 .11 .39 -.38 -.10 .44 .15 -.06 -.19 .06Sprache -.04 .29 -.25 -.11 .52 -.43 -.01 .47 -.04 .10 -.30 .04Text .25 .34 -.27 .12 .31 -.11 .09 .23 -.05 -.02 -.25 -.04Videos -.40 .00 .09 -.03 .13 -.35 .07 .28 .36 -.27 .51 .00Bi-St -.15 .27 .18 .17 .08 -.23 .23 .24 .12 .22 .27 -.02MD Zus -.06 .24 -.17 .05 .18 -.45 .25 .57 -.21 .16 -.48 -.24Konz. MD .14 .16 -.07 .34 -.12 -.06 -.26 .06 .22 -.50 .03 .10uberfordert .65 .15 .09 .23 -.02 .12 -.23 .04 -.09 -.17 -.17 -.16unterfordert -.01 -.34 .26 -.23 -.30 .35 -.26 -.18 .07 -.29 .22 .05MD > EL -.13 -.22 .17 .08 -.19 .34 -.19 .09 .71 -.24 .24 .29MD = EL .04 .02 -.08 .22 -.19 .20 -.08 -.16 .48 -.04 .01 .22MD < EL -.04 .02 .12 .06 .35 -.02 -.06 .12 -.23 .28 .17 .29
102
Tabelle 4.2: Teil 2 Korrelationen bei der Bewertung der Prasenzveranstaltung; Ausformu-lierung der Fragen sind auf S.100 aufgelistet.
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LT schnellLT angem.LT langsamID hochID angem.ID geringFragenSeSt angem.zHPS>ELEL>PSEL-E
1 Bilder.69 1 Sprache.09 .24 1 Text.40 .22 .23 1 Videos.23 .04 .38 .59 1 Bi-St.23 .20 .07 .02 .16 1 MD Zus.00 -.33 .10 .06 .10 .19 1 Konz. MD-.09 -.23 .20 -.11 -.07 -.01 .20 1 uberfordert-.49 -.53 .12 -.06 -.06 -.1 .22 .43 1 unterfordert.19 -.08 .17 .56 .38 -.26 .29 -.16 .03 1 MD > EL.11 -.09 .20 .27 .27 -.04 .38 .12 .27 .51 1 MD = EL-.25 -.12 .08 -.06 .36 .09 .15 .14 .30 .02 -.01 1 MD < EL
103
Tabelle 4.3: Korrelationen bei der Bewertung der E-Learning-Veranstaltung - zur besserenLesbarkeit wurden die Item-Bezeichnungen in den Zeilen abgekurzt.
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ing-E
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LT schnell 1LT angem. -.36 1LT langsam -.05 -.41 1ID hoch .25 .26 -.02 1ID angem. .23 .42 -.49 -.39 1ID gering -.12 .00 .35 -.22 .17 1Fragen .42 .21 .02 -.01 .19 .23 1SeSt angem. .08 .04 -.02 .11 -.16 -.11 .30 1zH .20 -.21 .22 .01 -.31 -.39 .03 -.08 1PS>EL -.53 .42 -.30 -.21 .08 .17 .24 .14 -.37 1EL>PS -.20 .15 .37 .39 -.20 .05 -.19 -.21 .33 -.47 1EL-Erf .24 .32 -.26 .03 .33 .15 .27 -.01 -.35 .24 -.41 1Bilder -.37 -.06 -.12 -.20 -.13 .00 -.04 .52 -.46 .53 -.61 -.08Sprache -.08 .56 -.49 -.08 .41 -.13 .18 .12 .09 .09 -.02 .04Text .04 -.35 .26 -.23 -.05 .43 .05 -.09 -.18 -.05 .07 -.15Videos -.57 .18 -.07 .28 -.24 -.13 -.13 .47 -.30 .25 -.31 .00Bi-St .12 .18 -.65 .00 .28 -.42 -.05 .32 -.19 .05 -.23 .19MD Zus -.20 -.11 -.37 -.15 -.18 -.38 -.13 -.10 .18 -.02 -.01 -.24Konz. MD .07 -.32 .12 -.27 .02 -.21 -.18 -.20 .28 -.22 .35 -.26uberfordert .15 -.13 -.04 .30 -.11 -.30 -.06 .03 -.06 .10 -.15 .21unterfordert .09 -.36 .58 .10 -.32 .44 .14 -.36 -.08 -.07 .14 .09MD > EL .06 .22 .16 .57 -.09 .15 .12 .01 -.29 -.04 .38 -.23MD = EL .11 .22 -.22 -.06 .24 -.38 .07 .44 .20 -.45 .37 -.40MD < EL -.11 -.30 .43 -.21 -.16 .53 -.03 -.11 -.26 .26 -.15 .49
104
Tabelle 4.4: Teil 2 Korrelationen bei der Bewertung der E-Learning-Veranstaltung; Aus-formulierung der Fragen sind auf S.100 aufgelistet.
Ver
wen
det
eB
ilder
hilfr
eich
Ver
wen
det
eSpra
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eich
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ien
fur
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LT schnellLT angem.LT langsamID hochID angem.ID geringFragenSeSt angem.zHPS>ELEL>PSEL-E
1 Bilder-.21 1 Sprache-.12 -.20 1 Text.50 .09 -.21 1 Videos.26 .30 .05 .08 1 Bi-St.09 .24 -.12 .00 .37 1 MD Zus-.16 -.11 .20 -.72 -.03 .19 1 Konz. MD.14 -.36 -.20 .18 .00 -.03 .02 1 uberfordert-.16 -.56 .13 -.30 -.73 -.27 .22 .33 1 unterfordert.39 -.03 -.31 .05 -.11 -.06 -.15 -.10 .12 1 MD > EL.11 .57 -.23 .13 .36 .29 .31 -.26 -.36 .07 1 MD = EL.20 -.74 .23 .05 -.31 -.26 -.09 .35 .61 -.19 -.51 1 MD < EL
105
Inwieweit beide Veranstaltungsmodi aufgrund der gestellten Fragen als grundlegend ver-
schieden oder prinzipiell gleichartig betrachtet werden konnen, hangt von der gewahlten
Unterscheidungskorrelation u ab, d.h. bei demjenigen Betrag der Korrelation, bei dessen
Uberschreitung ein Zusammenhang zwischen den beiden Aussagen angenommen werden
kann bzw. bei dessen Unterschreitung ein Zusammenhang als zufallig oder nicht aussage-
kraftig erachtet werden muss. Wird in beiden Matrizen die jeweils entsprechende Korrela-
tion miteinander verglichen, ergeben sich daraus funf Moglichkeiten als Vergleichsergebnis:
1. f(0) Der Betrag beider Korrelationen liegt unterhalb des gewahlten Schwellwertes
der Unterscheidungskorrelation (Null-Unterschiedskurve),
2. f(E) Der Betrag der Korrelation der E-Learning-Gruppe liegt uber dem gewahlten
Schwellwert, derjenige der Prasenz-Gruppe liegt darunter (Unterscheidungskurve E-
Learning),
3. f(P ) Der Betrag der Korrelation der Prasenz-Gruppe liegt uber dem Schwellwert,
derjenige der E-Learning-Gruppe liegt darunter (Unterscheidungskurve Prasenzsit-
zung),
4. f(1) Die Betrage beider Korrelationen liegen daruber und haben das gleiche Vorzei-
chen (Erganzungskurve) und
5. f(−1) Die Betrage beider Korrelationen liegen daruber und haben unterschiedliche
Vorzeichen (Widerspruchskurve)
Eine x-y-Auftragung der Anzahl der Korrelationskoeffizienten, die nach der Unterschei-
dungskorrelation den funf Fallen f(0), f(E), f(P ), f(1) und f(−1) zugeordnet werden
(y-Achse) gegen die gewahlte Unterscheidungskorrelation (x-Achse) beginnt bei u = 0 mit
f(0) = 0 mit den Funktionen f(1) und f(−1) und endet bei u = 1 außschließlich mit (0).
Zu beachten ist, dass die Gesamtheit aller betrachteten Korrelationsmoglichkeiten in der
Summe konstant bleibt und Korrelationskoeffizienten mit den Werten 1 oder 0 nicht oder
sehr selten auftraten.
106
Abbildung 4.1: Anzahl der gefunden Korrelationen in Abhangigkeit von der gewahltenUnterscheidungskorrelation, Werte der Korrelationsmatrizen dargestellt inTab. 4.1 bis 4.4
107
Allgemein gilt: Je kleiner die Unterscheidungskorrelation u gewahlt wird, umso starker
treten Unterschiede und Gemeinsamkeiten fur die entsprechenden Items hervor (entge-
gengesetzte vs. gleiche Vorzeichen sowie unterschiedlich starke Korrelationen). Diese Un-
terschiede sind jedoch umso zufalliger und somit weniger aussagekraftig. Daraus folgt
im Umkehrschluss, dass bei genugend hohem Wert von u nur die starken Korrelationen
sichtbar werden bzw. kein Unterschied mehr als relevant erachtet wird.
Die Funktionen f(E) und f(P ) (Unterscheidungskurven der jeweiligen Durchfuhrungs-
modi) konnen somit Maxima zwischen u = 0 und u = 1 aufweisen. Diese entsprechen
denjenigen Unterscheidungskorrelationen, bei denen sich die jeweilige Durchfuhrungsform
am meisten unterscheidet, ohne damit zwangslaufig der anderen Durchfuhrungsvariante
durch entgegengesetzte Korrelation eines Antwortpaares zu widersprechen. Mit anderen
Worten: Ein Maximum der Unterscheidungskurve zeigt die Unterscheidungskorrelation,
bei der die meisten Zusammenhange auftreten, die nicht ebenso und auch nicht wider-
spruchlich in der anderen Durchfuhrungsform auftraten.
Die Funktionen f(−1) und f(1) (Widerspruchs- und Erganzungskurve) sinken jeweils auf
den Wert 0 ab, der auf der X-Achse (gewahlte Unterscheidungskorrelation) mehr oder
weniger weit von 1 entfernt liegt. Bei der vorliegenden Matrix erreicht die Funktion f(−1)
den Wert 0 bei einer Korrelation von .36. Daraus kann geschlossen werden, dass bei einer
Unterscheidungskorrelation von > .36 die Bewertungen der Items beider Durchfuhrungs-
modi widerspruchsfrei sind und alle Korrelationen mit unterschiedlichen Vorzeichen sind
irrelevant. Die Erganzungskurve f(1) erreicht den Wert 0 bei einer Korrelation von .54, was
bedeutet, dass oberhalb dieser Betrachtungsgrenze keine gemeinsamen Zusammenhange
mehr in beiden Durchfuhrungsmodi als ausreichend angesehen werden konnen. Damit liegt
die Erganzungskurve uber der Widerspruchskurve, was gleichbedeutend damit ist, dass
sich beide Durchfuhrungsvarianten in ihren Zusammenhangen mehr ahneln als unterschei-
den. Da beide Funktionen den Wert 0 aufweisen, bevor die Nullunterschiedskurve f(0) ihr
Maximum erreicht hat, mussen die Funktionen f(E) und f(P ) uber .54 hinausgehen
und beinhalten hier diejenigen Zusammenhange, die starker sind als die Zusammenhange,
108
die in beiden Durchfuhrungsmodi gemeinsam auftreten. Diese Korrelationen geben am
besten daruber Auskunft, worin sich beide Modi bei zusammenhangender Betrachtung
unterscheiden.
Damit sind drei hypothetische Extremfalle denkbar:
1. Gleichheit aller Item-Korrelationen oder deutlicher Widerspruch aller Item-Korrelationen;
in diesen Fallen hatten nur die Funktionen f(+1), f(−1) und f(0) Werte großer Null
und die Funktionen f(E) und f(P ) hatten durchgehend den Wert Null.
2. Nur bei einer der beiden Matrizen liegen Korrelationen vor, bei der anderen Matrix
liegt jedoch keine Korrelation vor, was zur Folge hatte, dass weder f(+1) noch f(−1)
Werte großer Null annehmen wurden. Eine der beiden Unterscheidungskorrelationen
musste dann stetig gegen Null abfallen, wahrend die Funktion f(0) stetig gegen 1
steigt.
3. Dieser Extremfall beschreibt die Moglichkeit, dass in beiden Varianten f(E) und
f(P ) Korrelationen auftreten, die sich weder Widersprechen noch erganzen. Das
ware daran erkennbar, dass beide Unterscheidungsfunktionen von Null verschieden
sind, Widerspruchskurve und Erganzungskurve jedoch konstant den Wert Null auf-
weisen.
4.2.2 Eigenschaften beider Korrelationsmatrizen
Im Allgemeinen wird bei Korrelationswerten zwischen 0,3 und 0,6 von einer mittleren
linearen Korrelation ausgegangen (Quatember, 2008). Die beiden Funktionen f(−1) und
f(1) erreichen den Wert Null in etwa in diesem Bereich. Daraus kann der Schluss gezogen
werden, dass im Bereich der mittleren Korrelationen zumindest keine widerspruchlichen
Zusammenhange in den beiden Durchfuhrungsvarianten bestehen. Jedoch bestehen die
mittleren und starken Korrelationen zwischen den Items nicht gleichermaßen bei beiden
Durchfuhrungsformaten. Die Unterschiede in diesen Bereichen konnen gegenubergestellt
109
werden, um erste wichtige Gestaltungsfaktoren fur diese Art von E-Learning/ Prasenz-
veranstaltung abzuschatzen. Nach (Sachs & Hedderich, 2006) hangt die Wahl der Unter-
scheidungskorrelation von der Menge der befragten Teilnehmer ab und kann nach den dort
tabellierten Werten fur die Prasenzgruppe ab einem Betrag von > .355 (nahe des Null-
punkts fur die Widerspruchsfreiheit beider Korrelationen) und fur die E-Learning-Gruppe
von > .413 als signifikant korreliert angesehen werden. Stochastisch resultieren diese Daten
aus der Ablehnung der Nullhypothese, d.h. mit einer Wahrscheinlichkeit von < 5 % ist die
jeweilige Verteilung zufallig. Diese Sichtweise gilt nur unter der Annahme, dass es sich bei
den Studierenden um eine Zufallsstichprobe aus einer unendlich großen Grundgesamtheit
handelt. Gruppendynamische Einflusse werden damit allerdings außer acht gelassen und
mussten durch Messwiederholung mit identischer Durchfuhrung in mehreren Jahrgangen
und mehreren Universitaten erfasst werden.
Oberhalb eines Wertes von .54 (Erganzungskurve) bestehen weiterhin Korrelationen in den
Unterscheidungskurven, jedoch korrelieren die Antworten”E-Learning-Erfahrung“ und
”geschriebener Text“ mit keiner weiteren Antwort. Dies bedeutet, dass beide Faktoren bei
der Konzeption einer Lerneinheit, unabhangig davon, ob elektronisch oder in Prasenz, eher
eine unabhangige Rolle spielen oder mit nicht erfassten Parametern in Zusammenhang
stehen.
Bei der E-Learning-Gruppe stehen Lerntempo, die Struktur verwendeter Bilder und die
verwendeten Videos miteinander in Zusammenhang, wobei letztere mit der Konzentrati-
onsfahigkeit auf einzelne Medien korrellieren.
Die Aussage”
Das Maß an selbstgesteuertem Lernen war angemessen“ korreliert in der E-
Learning-Gruppe negativ (-.4) mit der Aussage”
Die Zusammenstellung der Medien hat
mich unterfordert“ und korreliert quasi nicht mit der Aussage”
Die Zusammenstellung
der Medien hat mich uberfordert“ (.03). Die ahnliche Tendenz besteht bei der Prasenz-
gruppe, fur die ein Wert von -.2 zwischen”Selbststeuerung“ und
”Unterforderung“ sowie
.04 zwischen”Selbststeuerung“ und
”Uberforderung“ gefunden wurde.
110
Die weiteren Korrelationen scheinen in beiden Gruppen weitestgehend unabhangig oder
schwach korreliert und sollen deshalb nicht weiter beleuchtet werden. Insgesamt kann die
Durchfuhrung der beiden Lehrformate als grundlegend ahnlich mit einigen Ausnahmen
bewertet werden.
4.2.3 Zusammenfassung mehrerer Aussagen zu Skalen
Gemaß der Fragen-Einteilung aus Kap. 3.4.2, S.89, wurden mehrere Antworten zu konsis-
tenten Skalen zusammengefasst. Dabei wurde ein maximales Cronbach’s α von .59 errech-
net, das die funf Aussagen Verwendete Bilder, Geschriebener Text, Verwendete Videos,
Bilderstruktur und Medienzusammenstellung enthielt und die Antworten beider Gruppen
berucksichtigte. Hinzunahme oder Auslassen weiterer Items sowie die alleinige Betrach-
tung der E-Learning-Gruppe fuhrten zu kleineren Werten von α.
4.2.4 Messung des Lernzuwachses bei E-Learning- und
Prasenzgruppe
Zur Uberprufung des Lernzuwachses wurde allen teilnehmenden Studierenden die gleiche
Aufgabe aus dem Themenkomplex”Das chemische Schulexperiment im Unterricht“ zu
drei verschiedenen Zeitpunkten gestellt:
1. eine Woche vor der einfuhrenden Einheit zu Beginn des Semesters (T1, Vortest),
2. direkt nach der einfuhrenden Einheit (Erhebungszeitpunkt T3, Nachtest),
3. zum Abschluss des Semesters, nach der Schauvorlesung (Erhebungszeitpunkt T5,
Folgetest)
111
Die Aufgabe lautete wie folgt:”Nennen Sie drei allgemeine Schritte, in denen ein Experi-
ment mindestens gegliedert sein sollte und ordnen Sie zu diesen Schritten konkrete Inhalte
des Streuversuchs von Rutherford zu.“ Die Bearbeitung der Aufgaben ging aufgrund der
Anonymisierung der Befragung in keine Bewertung mit ein. Bei der Auswertung waren
maximal 9 Punkte nach folgendem Erwartungsorizont erreichbar:
� Je 1 Punkt fur: Durchfuhrung - Beobachtung - Erklarung
� Je 1 Punkt fur:
– Beschuss von Goldfolie mit α-Teilchen
– Ablenkungsmuster der Strahlung auf einem Detektor
– Kernhulle-Modell als resultierende Modellvorstellung
� Je 1 Punkt fur eine korrekte Zuordnung.
Die Bepunktung erfolgte auch auf alternative Losungen wie z. B. fur Hypothese, Ver-
such und Auswertung sowie die entsprechenden Zuordnungen. In Tabelle 4.5 sind die
Gesamtpunkte, Mittelwerte und Punktdifferenzen der beiden Gruppen zu den drei Be-
fragungszeitpunkten dargestellt. Die Punktdifferenzen zwischen Vor- und Nachtest sowie
Vor- und Folgetest charakterisieren die Veranderungen in den Antworten der Teilnehmer.
Tabelle 4.5: Punkteverteilung der Testaufgabe
Erreichte Punkte Punkt-DifferenzenVor Nach Folge Vor - Nach Vor - Folge
gesamt (N=47) 164 295 166 131 2Mittelwert 3,49 6,28 3,53 2,79 0,04
E-Learning (N=21) 73 126 6 53 -9Mittelwert 3,48 6 3,05 2,52 -0,43
Prasenz (N=26) 91 169 102 78 11Mittelwert 3,5 6,5 3,92 3 0,42
Im Vortest erreichten beide Gruppen durchschnittlich etwa 3,5 von 9 Punkten mit sehr
geringen Unterschieden. Im Nachtest zeigten sich etwas starkere Unterschiede von durch-
schnittlich etwa 0,5 Punkten, wobei beiden Gruppen eine durchschnittliche Steigerung
um 3 Punkte (Prasenzgruppe) und 2,5 Punkte (E-Learning-Gruppe) gelang. Im Folgetest
112
sanken die Punktzahlen beider Gruppen. Mit durchschnittlich 3,05 Punkten erzielte die
E-Learning-Gruppe somit ein schlechteres Ergebnis als im Vortest im Unterschied zur
Prasenzgruppe, die mit 3,92 Punkten im Schnitt etwa um einen Punkt besser war als die
E-Learning-Gruppe.
Mithilfe des Zweistichproben-t-Tests fur unabhangige Stichproben wurden die unterschied-
lichen Mittelwerte des Vor-, Nach- und Folgetest beider Gruppen miteinander verglichen
und auf ihre Signifikanz gepruft. Dabei galt jeweils folgende NullhypotheseH0(Leistungsmittel)
mit der komplementaren Alternativhypothese H1(Leistungsmittel) (vgl. Kap. 3.1, S. 61):
H0(Leistungsmittel) = Die Mittelwerte erreichter Punktzahlen beider Gruppen (E-Learning-
und Prasenz-) zum jeweiligen Zeitpunkt (Vor-, Nach- und Folgetest) sind gleich.
H1(Leistungsmittel) = Die Mittelwerte erreichter Punktzahlen beider Gruppen (E-Learning-
und Prasenz-) zum jeweiligen Zeitpunkt (Vor-, Nach- und Folgetest) sind nicht gleich.
Der geringste P-Wert mit 0,0991 trat bei einseitiger Testung der Mittelwerte 3,05 und 3,92
(siehe Tabelle 4.5) beim Vergleich der erreichten Punkte der beiden Gruppen im Folgetest
auf und zeigt damit noch keinen signifikanten Unterschied zwischen beiden Gruppen an,
die Unterschiede konnen als zufallig erachtet werden.
Eine Berechnung der P-Werte fur den Vergleich der erreichten Punktzahlen zu den ver-
schiedenen Zeitpunkten erfolgte mithilfe des Paarvergleichstest (Einstichproben-t-Tests
fur abhangige Stichproben) fur beide Gruppen sowie die Gesamtgruppe jeweils einseitig
und beidseitig. Dabei galten Nullhypothese und Alterntivhypothese wie folgt:
H0(Leistungszuwachs) = Die Mittelwerte einer Stichprobe zu den Vergleichszeitpunkten
(T2 und T3 sowie T2 und T5) sind gleich.
H1(Leistungszuwachs) = Die Mittelwerte einer Stichprobe zu den Vergleichszeitpunkten
(T2 und T3 sowie T2 und T5) sind nicht gleich.
113
Die Signifikanz wird mithilfe des P-Wertes nach folgendem Zusammenhang beurteilt: Je
kleiner der P-Wert, desto hoher die Signifikanz. Der P-Wert gibt die Wahrscheinlichkeit
an, mit der der Unterschied der erreichten mittleren Punkte beider Gruppen nicht auf
dem Zufall beruht, wenn beide Gruppen den gleichen Mittelwert erreichen mussten. Die
P-Werte sind in Tab. 4.6 dargestellt. Damit ist eine signifikante Steigerung des Ergebnisses
der Testaufgabe beider Gruppen im Nachtest nachgewiesen, fur beide Gruppen wird die
komplementare Alternativhypothese angenommen: Die Mittelwerte einer Stichprobe sind
im Nachtest hoher als die Mittelwerte im Vortest. Fur den Folgetest gilt dies in keiner
der beiden Gruppen, was darauf zuruckzufuhren ist, dass die Experimente”Streuversuch
von Rutherford“ und”Flammenfarbung“ im weiteren Verlauf der Lehrveranstaltung keine
weitere Bedeutung hatten.
Tabelle 4.6: P-Werte der t-Tests
P-Werte E-Learning Prasenzlehre Gesamteinseitig zweiseitig einseitig zweiseitig einseitig zweiseitig
Vor-Nach(abhangig)
0,00039 0,00079 0,00012 0,00024 2, 6 · 107 5, 2 · 107
Vor-Folge(abhangig)
0,17 0,34 0,26 0,52 0,46 0,92
Aus den P-Werten lassen sich keine generalisierbaren Unterschiede zwischen einfuhrenden
E-Learning- und Prasenzveranstaltungen nachweisen, wohl aber weiterzuprufende Hypo-
thesen aufstellen. Die aus den t-Tests ermittelten P-Werte fur die Signifikanz gelten unter
der Annahme, dass es sich bei den befragten Teilnehmern um eine Stichprobe aus einer
Grundgesamtheit handelt. Wird jedoch davon ausgegangen, dass die befragten Teilnehmer
die Grundgesamtheit darstellten (Mit der Annahme, der betroffene Jahrgang ist weder mit
anderen Jahrgangen der FAU noch mit Jahrgangen anderer Universitaten vergleichbar),
so kann die Korrelation zwischen den erreichten Punktzahlen zu den drei verschiedenen
Zeitpunkten als weiteres Unterscheidungskriterium von E-Learning- und Prasenzgruppe
zumindest in diesem Jahrgang herangezogen werden. Die Korrelationen sind in Tab. 4.7
dargestellt. Dabei ist ersichtlich, dass die erreichten Punktzahlen im Vor-, Nach- und Fol-
getest in der E-Learning-Gruppe starker miteinander korrelieren (.23 und .53) als in der
114
Prasenzgruppe (jeweils -.06). Die Veranderungen (Punktdifferenzen zwischen Vor- und
Nachtest sowie zwischen Vor- und Folgetest) korrelieren starker in der Prasenzgruppe.
Tabelle 4.7: Korrelationen zwischen den erreichten Punkten zum Vor- und Nach- sowieVor- und Folgetest, sowie die daraus resultierenden Korrelationen fur die Ver-anderung der Punkte zwischen den drei Befragungen
Vor-Nach Vor-Folge Punktdifferenzengesamt (N=47) .05 .17 .46E-Learning (N=21) .23 .53 .23Prasenz (N=26) -.06 -.06 .55
4.2.5 Bearbeitungsdauer und Computeraffinitat
Unterschiede in der Bearbeitungsdauer
Durch die selbstgesteuerte Bearbeitung des Lernprogramms entstanden Unterschiede in
der Bearbeitungszeit der einzelnen Teilnehmer. Diese wurden ebenfalls erfragt und betru-
gen mit ca. 25 Minuten bis ca. 45 Minuten durchschnittlich 36 Minuten im Vergleich zu
festgesetzten 45 Minuten in der Prasenzveranstaltung.
Unterschiede in der Computeraffinitat
In fruheren Arbeiten wie der von Srisawasdi werden die Probanden nach dem Grad der
Einstellung zum Computer in Meider, Nutzer und Enthusiasten (high, medium und low-
attitude) kategorisiert (Srisawasdi, 2012). Aus den Befragungen der vorliegenden Untersu-
chung ließen sich geschlossene Fragen auswahlen, die moglicherweise eine Kategorisierung
erlauben. Es sind dies solche Fragen, die sich auf den generellen Umgang mit dem Com-
puter beziehen. Dazu gehoren:
� T2: ich habe bereits E-Learning-Erfahrung
� T5: ich habe einen Youtube-account ;
115
� ich nutze Videoclips generell selten bis gar nicht;
� Vorbefragung: Erfahrung mit Internetforen;
� Bereits an E-Learning-Veranstaltungen teilgenommen
Ein Versuch, durch verschiedene Verrechnungsverfahren der Items eine Kategorisierung
post-hoc anhand einer Punkteverteilung zu erstellen verlief nicht zufriedenstellend. Es
konnten Unterschiede generiert werden, die nach einer Sortierung der Teilnehmer anhand
der errechneten Punkte mehr oder weniger linear zueinander verliefen. Da die Punktdif-
ferenzen ahnliche Werte hatten, ohne eine erkennbare Lucke zwischen zwei Teilnehmer-
gruppen, erschien eine Unterteilung der Teilnehmer in Nutzer und Meider aufgrund der
gestellten Fragen nicht sinnvoll. In der untersuchten Kohorte der vorliegenden Arbeit muss
von einer Gleich- oder Normalverteilung ausgegangen werden.
Dies wirft die Frage nach der Art der Verteilung von Praferenzen zum Computer als
Lern- und Arbeitsmedium auf. Unter der Annahme dass diese Praferenz bei einer weiter
gefassten Gruppe als der untersuchten Kohorte normal- oder t-verteilt ist, lasst sich die
hier gefundene Gleichverteilung als Teil dieser Verteilung verstehen. In diesem Fall wa-
re die Ursache der Gleichverteilung und ihre Lage innerhalb einer großeren Verteilung,
z.B. im Vergleich mit Lehramtsstudenten anderer Facher oder Chemiestudenten ohne das
Abschlussziel Lehramt zu untersuchen.
4.3 Charakterisierung der Interaktiven
Browserapplikation
4.3.1 Vergleich der Korrelationsmatrizen
Die Befragung zur Interaktiven Chlorgassynthese (CGS) fand im Semester vor der Lehr-
veranstaltung CSE statt und wurde online uber die Evaluationsfunktion der Lernplattform
116
StudOn durchgefuhrt. Die Applikation CGS wurde von 54 Studierenden genutzt die eine
Ruckmeldung dazu gaben. Einer Vergleichsgruppe wurde die Applikation zu Beginn ei-
ner Chemielehrerfortbildung zum Thema E-Learning im Chemieunterricht zur Verfugung
gestellt und mit den gleichen Fragen in einer Papiervariante des Fragebogens beurteilt.
Die gleiche Gruppe der Studierenden gab ihr Feedback zu einer weiteren interaktiven
Applikation, bei der als Aufgabe die Bedienung einer Druckgasflasche (DGF) formuliert
war.
Bei der Untersuchung der virtuellen Laboranwendungen findet also ein Vergleich
1. zwischen zwei ahnlichen Anwendungen (CGS und DGF) durch die gleiche Zielgruppe
(Studierenden), sowie
2. zwischen zwei Zielgruppen (Studierenden und Lehrern) anhand der gleichen VL
(CGS) statt.
In allen drei Fallen wurden aus den Antworten auf geschlossene Fragen Korrelationsmatri-
zen mit jeweils 190 Korrelationen erstellt und analog der Methode in Abschnitt 4.2, S. 99
verglichen. Die Matrizen sind in Anhang 5.3 auf Seite 156 aufgefuhrt, Die ausformulierten
Fragen in Anhang 5.3 auf Seite 196.
Eine Auftragung der Widerspruchs-, Zustimmungs und Unterscheidungskurven gegen die
gewahlte Unterscheidungskorrelation u ergab zwei Schaubilder entsprechend der Verglei-
che der virtuellen Chlorgassynthese der Studierenden f(Stu) mit der der Lehrergruppe
f(Lehr) (Abbildung 4.2, oben) sowie der interaktiven Chlorgassynthese der Studierenden
f(CGS) mit der interaktiven Druckgasflasche der gleichen Gruppe f(DGF ) (Abbildung
4.2, unten). Die Funktionen f(1) und f(−1) stellen wiederum die Anzahl solcher Korrela-
tionen dar, die jeweils in beiden Fallen einen gleichen bzw. gegensatzlichen Zusammenhang
anzeigen.
Die Widerspruchskurve f(−1) verlauft in beiden Vergleichen ahnlich und weist weniger
als 100 Korrelationen bei u = 0 bis zum Erreichen des Wertes Null bei etwa u = .35
117
und u = .225 auf. In beiden Fallen verlauft die Zustimmungskurve oberhalb der Ableh-
nungskurve und enthalt im Vergleich der verschiedenen Applikationen durch die gleiche
Studentengruppe mehr Korrelationen als im Vergleich der gleichen Applikation durch die
unterschiedlichen Gruppen. Die Maxima der Unterscheidungskurven liegen in allen vier
Kurven bei u ≈ .15. Sie unterscheiden sich im Vergleich der verschiedenen Applikationen
nur wenig und liegen bei 52 Korrelationen fur CGS und bei 56 Korrelationen fur DGF.
Die Unterscheidungskurve der evaluierenden Lehrer weist ein hoheres Maximum von 73
Korrelationen im Unterschied zu dem der Studierenden mit 33 auf. Beide Kurven weisen
ein Plateau um ihr Maximum auf, das von u ≈ .05 bis u ≈ .25 reicht.
4.3.2 Zusammenfassung mehrerer Aussagen zu Skalen
Die drei Items
�
”...wurde ich mit mehr Selbstvertrauen an das Realexperiment herangehen.“
�
”...ware ich besser auf das Realexperiment vorbereitet, als durch eine schriftliche
Versuchsbeschreibung.“
�
”...wurde ich motivierter an das Realexperiment herangehen.“
konnen zu einer Skala mit einem Cronbachs α von .63 zusammengefasst werden. Hier
wird der Bezug zum zugrundeliegenden Realexperiment gemessen, jedoch verringert sich
α, wenn die weiteren Antworten, die sich auf die Verbindung zum Realexperiment be-
ziehen in verschiedenen Polungen einbezogen werden. Ein Vergleich der Skalenwerte der
Studierenden mit denen der Lehrer mithilfe eines Zweistichproben t-Tests fur unabhan-
gige Stichproben ergab keine signifikanten Unterschiede. Im Paarvergleichstest zwischen
den Antworten zur CGS und DGF der Studierenden konnten ebenfalls keine signifikanten
Unterschiede identifiziert werden. Jedoch korrelierten Skalenwerte mit einem Korrelati-
onskoeffizienten von -.025 fast nicht. Die identifizierte Schnittmenge der Studierenden,
die beide Applikationen bewertet hatten betrug 27 von 55 und 54 Studierenden. Weitere
118
Abbildung 4.2: Eingruppierung der Anzahl uberprufter Korrelationen n in Abhangigkeitvon der Unterscheidungskorrelation u aus den Korrelationsmatrizen zuCGS durch Lehrer und Studierende (oben) sowie zu CGS und DGF durchdie Studierenden (unten)
119
Skalen mit einem Wert fur Cronbachs α, der als konsistent (α > .6) gilt, konnte nicht
identifiziert werden. Lehrer und Studierende beurteilten die Browserapplikation CGS in
ahnlicher Weise positiv. Die Beurteilung von DGF und CGS durch die Studierenden kor-
relierte nicht miteinander. Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass der dargestellte
Lerninhalt beider Applikationen einen großen Einfluss auf die notwendigen Gestaltungs-
anforderungen hat.
120
4.4 Befragung zur Schauvorlesung und Videoinstruktion
4.4.1 Einfache Korrelationen und Skalenbildung
Die Auswertung des Fragebogens des Erhebungszeitpunktes T5 (Anhang 5.3, S. 200) kann
nach dem Untersuchungsdesign nicht vergleichend durchgefuhrt werden, da eine Unter-
scheidung der Teilnehmer in Gruppen mit grundlegend verschiedenen Eigenschaften nicht
moglich war. Daher wurde aus den Antworten auf die gestellten Fragen eine Korrelations-
matrix erstellt und diese zunachst auf einfache Zusammenhange hin untersucht.
Nach (Sachs & Hedderich, 2006) kann bei einer Grundgesamtheit von 55 befragten Perso-
nen ab einem Korrelationswert von .273 fur 5 % , von .354 fur 1 % und von .443 fur 0,1 %
davon ausgegangen werden, dass ein Zusammenhang nicht zufallig ist. Erwartungsgemaß
haben sich die Korrelationen zwischen Antworten, die sich auf den gleichen Aspekt be-
ziehen als signifikant herauskristallisiert (So werden beispielsweise Videos nicht als uber-
flussig betrachtet, wenn der Befragte durch diese wusste, wie er seinen Versuch durch-
fuhren soll. In einer weiteren Korrelation wurde gefunden, dass der Wunsch nach mehr
Demonstrationsversuchen fur Schulklassen positiv mit dem Wunsch, mehr Schauvorlesun-
gen mitzugestalten, korreliert.) Die hochsten Korrelationen zwischen den Antwort-Blocken
”Instruktions-Videoclips“ und
”Schauvorlesungs-Versuchen“ wurden in den folgenden drei
Zusammenhangen verbalisiert, wobei die großten Korrelationswerte bei .68 und .66 lagen:
Ich wurde im CSE gern mehrere...
� ...Demonstrationsexperimente vor Schulklassen zeigen.
� ...Demonstrationsexperimente vor Schulklassen erklaren.
� ...Schauvorlesungen fur Schulklassen mitgestalten.
Die drei Aussagen korrelierten erwartungsgemaß negativ (-.316, -.417, -.408) mit der Aus-
sage”Ich hatte lieber auf eine Schauvorlesung verzichtet“, alle vier Aussagen konnten
nach Umpolung der Letzten mit einem Cronbachs α von .80 zu einer reliablen Skala zu-
121
sammengefasst werden, deren Inhaltsvaliditat durch den Bezug zur Schauvorlesung mit
Demonstrationsexperimenten zustimmend gegeben ist. In weiteren Aussagen wurde nach
veranderten Durchfuhrungsbedingungen wie folgt gefragt:
”Durch die Videodemonstrationen wusste ich, wie ich meinen Versuch durchfuhren soll.“
Diese korreliert mit ausgewahlten Antworten folgendermaßen:
� schwach positiv (.320) mit”Ich wurde im CSE gern mehrere Demonstrationsexpe-
rimente vor Schulklassen erklaren“
� schwach negativ (-.328) mit”Ich hatte mir einen anderen Versuch zur Demonstration
gewunscht.“
� mittelmaßig negativ (-.430) mit”Ich wurde auf eine Schauvorlesung im CSE lieber
verzichten.“
Eine weitere Skala mit den folgenden 9 Items und einem Cronbachs α von 0,75 konnte
mit Inhalts-validem Bezug zur Videoinstruktion identifiziert werden:
�
”Durch die Videodemonstrationen wusste ich, wie ich meinen Versuch durchfuhren
soll.“
�
”Ohne Videodemonstrationen hatte ich mehr Zeit zur Vorbereitung benotigt.“
�
”Die Videodemonstrationen waren uberflussig.“ (umgepolt)
�
”Die Videodemonstrationen waren hilfreich.“
�
”Die Videodemonstrationen waren besser als bloße textuelle Beschreibungen.“
�
”Eine Datenbank mit Videodemonstrationen aller Schulversuche fande ich sinnvoll.“
�
”Ich sehe mir Videoclips mit chemischen Experimenten im Internet an z. B. zur
Vorbereitung oder um Ideen zu bekommen.“
�
”Das Erstellen von Videoclips mit chemischen Schulversuchen konnte mir beim Ler-
nen und Uben helfen.“
�
”Das Anschauen von Videoclips mit chemischen Schulversuchen konnte mir beim
Lernen und Uben helfen.“
122
4.4.2 Skalenvergleich mithilfe von t-Tests
Zur Beurteilung der Skalen hinsichtlich des theoretischen Mittelwertes der ursprungli-
chen Antwort-Skalen wurde jeweils ein Einstichproben-t-Test mit dem Erwartungswert
3,5 berechnet, was gleichbedeutend mit der Annahme ist, dass der jeweiligen Methodik
(Videoinstruktion sowie Schauvorlesung) in gleichem Maße zugestimmt oder widerspro-
chen worden ware. Die Nullhypothesen und ihr jeweiligen Alternativhypothesen lauten
dann:
H0(V ideoinstruktion) = Der wahre Mittelwert liegt bei 3,5.
H1(V ideoinstruktion) = Der wahre Mittelwert liegt nicht bei 3,5.
H0(Schauvorlesung) = Der wahre Mittelwert liegt bei 3,5.
H1(Schauvorlesung) = Der wahre Mittelwert liegt nicht bei 3,5.
Auf einem Signifikanzniveau von p = 4, 8∗10−5 fur die Videoinstruktion und p = 2, 2∗10−16
fur die Schauvorlesung unterscheiden sich die Skalen vom theoretisch moglichen Mittel-
wert 3,5 deutlich. Damit wird der Durchfuhrung der beiden Methoden hochsignifikant
zugestimmt.
Beide Skalen sind sechsstufig und konnen daher mithilfe eines zweiseitigen t-Tests fur
abhangige Stichproben (Paardifferenztest) verglichen werden (Sachs & Hedderich, 2006).
Dabei ist die Nullhypothese formuliert als:
H0(Methodenunterschied) = die Mittelwerte beider Skalen unterscheiden sich nicht
(Schauvorlesung = Videoinstruktion).
H1(Methodenunterschied) = die Mittelwerte beider Skalen unterscheiden sich.
(Schauvorlesung 6= Videoinstruktion).
Im zweiseitigen t-Test fur abhangige Stichproben betragt jedoch p = 7, 83 ∗ 10−9. Die
Zustimmung zur Schauvorlesung ist somit hochsignifikant großer als zur Videoinstruktion.
123
Der Pearson’sche Korrelationskoeffizient zwischen beiden Skalen betragt .29 und somit
konnen beide Skalen als unabhangig voneinander betrachtet werden: Studierende, die eine
Schauvorlesung bevorzugen, mussen nicht in gleichem Maße einer E-Learning-Instruktion
zustimmen und umgekehrt.
4.4.3 Vergleich der Schauvorlesungs-Gruppen mithilfe des
Streudiagramms
Im Streudiagramm in Abbilung 4.3 wurden die erzielten Skalenwerte aller Teilnehmer
gegeneinander aufgetragen. Die Schauvorlesung wurde in sechs verschiedenen Gruppen
(A-F) nacheinander durchgefuhrt. Die Gruppenzugehorigkeit ist durch die verschiedenen
Symbole gekennzeichnet. Fette, grau hinterlegte Symbole markieren die jeweiligen Mittel-
werte einer Gruppe.
Durch die geringen Gruppengroßen von 7 bis 10 Teilnehmern pro Gruppe sind die berech-
neten Kennwerte als nichtreprasentativ zu werten, ermoglichen jedoch in groben Zugen
einen Vergleich der sechs Gruppen untereinander und geben damit ein Maß fur die Re-
produzierbarkeit der Schauvorlesungen an.
Die Gruppen A, B, C und E weisen die hochste Zustimmung zur Schauvorlesung auf.
Die Gruppen C - F weisen mit einem Wert von etwa drei einen ahnlich hohen Grad an
Zustimmung zur Videoinstruktion auf. Aus diesen Daten lasst sich folgende Hypothese
formulieren, die es in weiteren Untersuchungen zu uberprufen gilt: Je großer die Zustim-
mung zu einer Schauvorlesung ist, desto breiter ist die Verteilung bei der Zustimmung zur
Videoinstruktion.
124
Abbildung 4.3: Streudiagramm zur Abhangigkeit zwischen Zustimmung zur Schauvorle-sung und Zustimmung zur Videoinstruktion - Je kleiner der Zahlenwert,desto großer die Zustimmung (Schulnoten)
125
4.4.4 Lernzuwachs durch die Schauvorlesung
Die Durchfuhrung einer Experimentalvorlesung mit Schulern als Publikum war mit der
Aufgabe verbunden, den anwesenden Schulern ein Lernangebot zu unterbreiten. Sie diente
den Studierenden zum reflektierten Sammeln von Erfahrungen im gleichzeitigen Um-
gang mit Demonstrationsexperimenten und Schulern. Eine Lernstandserhebung, wie sie
fur theoretische Inhalte in Kap. 4.2.4, S. 111 durchgefuhrt wurde, war aufgrund der an-
onymisierten Befragung und der geistig-praktischen Tatigkeiten der Studierenden nicht
moglich. Stattdessen wurde im Anschluss an die Schauvorlesung, nach einer gemeinsamen,
mundlichen Auswertung um eine Selbsteinschatzung der aufgenommenen Lerninhalte ge-
beten, in der die Studierenden die drei wichtigsten Erkenntnisse nennen sollten, die sie
in der Schauvorlesung gewonnen hatten (Befragung T4, Kap.3.4, S. 87). Die Antwor-
ten waren uberwiegend in Stichpunkten verfasst und wurden mithilfe einer qualitativen
Inhaltsanalyse ausgewertet (vgl. Kap. 4.1, S. 93) und im Kategoriensystem in Tab. 4.8
zusammengefasst. Die identifizierten Aspekte wurden in der Haufigkeit ihres Auftretens
in den verschiedenen Gruppen verglichen und sind in Tab. 4.10 dargestellt.
Da sich einige Aussagen mehreren Kategorien zuordnen ließen, andere Aussagen von je-
weils einer Person nicht ausreichend differenzierbar fur zwei verschiedene Kategorien wa-
ren sowie wenige Befragte keinerlei Angaben machten, ergab sich eine Verteilung von
null bis funf genannten Aspekten pro Person, die in Tab. 4.9 dargestellt wurde. Anhand
der anonymen Zuordnungscodes konnte eine Schnittmenge von 47 Teilnehmern mit der
Befragung zum Vor-, Nach- und Folgetest identifiziert werden. Mit den Ergebnissen wur-
de die Aspektanzahl anhand des Pearson’schen Korrelationskoeffizienten verglichen. Die
Korrelationskoeffizienten lagen im Bereich von -.07 bis .09. Daraus ist ersichtlich, dass
die Anzahl der identifizierten Aspekte einer Person bei der Schauvorlesung unabhangig
von deren Lernzuwachs in der Einfuhrungsveranstaltung war. Dies gilt fur den gesamten
Teilnehmerkreis wie fur die eingeteilten Gruppen, die mithilfe des E-Learning-Moduls und
der Prasenzveranstaltung unterwiesen wurden.
126
Aufgrund der geringen Gruppengroße wurden nur deutliche Unterschiede zwischen den
Gruppen betrachtet. Diese traten bei der Selbsteinschatzung der Lerninhalte in der Haupt-
kategorie”Eigene Kompetenzen“ zwischen den Gruppen A, B, C, E (jeweils mehr als 50 %
Bezugnahme auf diese Kategorie) und D, F (38 % und 29 % Bezugnahme) auf. Dieses
Ergebnis geht mit den ermittelten Skalen der Zustimmung zur Schauvorlesung einher: in
den Gruppen D und F waren die mittleren Skalenwerte niedriger als bei den vier anderen
Gruppen (vgl. Kap. 4.4.3, S. 124).
Aus den Gruppen A,B und F gaben die meisten Teilnehmer (89 %, 70 % und 100 %)
Antworten mit einem Bezug zu den zuschauenden Schulern. Gemeinsam mit Gruppe D, in
der die meisten Aussagen einen Bezug zu den weiteren Hauptkategorien aufwiesen, liegen
die Mittelwerte der Skala”Schauvorlesung“ eng beieinander (vgl. Kap. 4.4.3, S. 124).
127
Tabelle 4.8: Antwortkategorien zur Selbsteinschatzung der Lerninhalte durch die Experi-mentalvorlesung und die Anzahl n ihres Auftretens bei N=53 Befragten
Kategorien n Ankerzitat
Antwortkategorien bezogen auf eigene KompetenzenSprachliche Genauigkeit 13
”Sprache des Lehrers“,
”auf Sprache (angemes-
sen) zu achten“Didaktische Grundsatze 13
”SuS viel mit bei der Durchfuhrung der Versu-
che einbinden“,”immer auf Fragen seitens SuS
eingehen“Didaktische Reduktion 12
”auf das wichtigste kurzen“,
”Niveau anpassen“
Lehrerecho vermeiden 12”Wiedergabe vom Lehrer muss kein Schulere-cho sein“
Eigene Einstellung 7”offene und freundliche Art (...)“,
”ruhiger, ent-
spannter an den Versuch herangehen“Korpersprache 3
”Keine Hande in den Taschen“,
”Position beim
Experimentieren“Fachwissen 3
”Fachwissen vereinfacht darzustellen“
Antwortkategorien bezogen auf anwesende SchulerMotivation und Interesse 20
”wie S zu begeistern sind“,
”Kinder motivieren,
auch etwas zu lernen“Beobachtung an Schulern 10
”Ruckmeldungsarten der Schuler beobachtet “,
”Madchen benotigen mehr Aufmunterung (...)“
Prakonzepte & Leistungsniveau 8”Gas ist fur Schuler per se
”Luft““
Altersbezuge 6”Umgang mit sehr jungen Schulern“,
”Je alter
die Schuler, desto demotivierter sind sie“
Antwortkategorien bezogen auf ExperimenteWertung von Versuchen 7
”Schuler bei guten, anschaulichen Versuchen
gefesselt“Sicherheitsaspekte 6
”Kinder immer mit Schutzbrille und Kittel aus-
statten“Praxis-bezogene Tatigkeit 4
”wie man ’ne Gasdruckflasche bedient“
geistig-praktische Tatigkeit 4”Fachwissen vereinfacht darzustellen“
konkretes Beispiel 3”
Elefantenzahnpasta-Durchfuhrung Brauseta-bletten - auch CO2 gießen mogl.“
Allgemeiner gefasste EinzelkategorienErfahrung sammeln 8
”Umgang mit großeren Schulklassen“
Planung & Vorbereitung 6”vergleichende Experimente“
Alltagsbezuge 5”Alltag begeistert Kinder und hilft dem Ver-
standnis“Sonstige 4
”PP mit Text ist schwer zum Zuhoren“
128
Tabelle 4.9: Verteilung der Anzahl genannter Aspekte pro Person bezogen auf den Lern-erfolg bei der Schauvorlesung
Anzahl der genannten Aspekte 0 1 2 3 4 5
Haufigkeit der jeweiligen Anzahl 3 3 10 26 10 1
Tabelle 4.10: Gruppenvergleich nach dem Vorkommen der Hauptkategorien der Befragungnach der Schauvorlesung in den Antworten der Selbsteinschatzung
Anzahl Studierender mit Bezugnahme aufGruppe (Anzahl) Schuler Kompetenz Experiment WeitereA (9) 8 5 7 1B (10) 7 8 3 5C (9) 2 8 3 1D (8) 2 3 2 5E (10) 2 10 4 4F (7) 7 2 1 1
Anteil Studierender mit Bezugnahme aufGruppe (Anzahl) Schuler Kompetenz Experiment WeitereA (9) 89 % 56 % 78 % 11 %B (10) 70 % 80 % 30 % 50 %C (9) 22 % 89 % 33 % 11 %D (8) 25 % 38 % 25 % 50 %E (10) 20 % 100 % 40 % 40 %F (7) 100 % 29 % 14 % 14 %
Gesamt 27 36 20 17Gesamt 51 % 68 % 38 % 32 %
129
4.4.5 Vergleich des Lernzuwachses der Schauvorlesung mit den
Erwartungen der Studierenden an die Lehrveranstaltung
Vor Beginn der Lehrveranstaltung wurde durch eine offene Frage die Erwartungshaltung
der Studierenden an die Lehrveranstaltung”Das chemische Schulexperiment im Unter-
richt“ (CSE) abgefragt. Die Antworten der Studierenden waren großtenteils stichpunktar-
tig verfasst und wurden tabellarisch digitalisiert.
Die Auswertung erfolgte durch Kategorienbildung und -einordnung der Antworten, wo-
bei die Aussagen jedes Befragten teilweise in mehrere Kategorien einzuordnen waren. In
Tabelle 4.11 sind die funf Hauptkategorien dargestellt, die sich aus den Antworten der
Studierenden ergaben. Jede Hauptkategorie wurde aus drei bis vier Unterkategorien zu-
sammengefasst.
Die Kategorie mit den haufigsten Antworten bezieht sich auf Experimentiervorschriften
und spiegelt die Erwartung wider, einen Fundus an experimentellen Handlungsvorschrif-
ten angeboten zu bekommen. 40 Antworten bilden darin vier Unterkategorien, die zum
Thema chemisches Schulexperiment auf Erwartungen von vielen und neuen Handlungs-
vorschriften schließen lassen, die Anleitungen zur Durchfuhrung oder einzelne Tipps und
Tricks enthalten sollten.
Neben den Erwartungen aus dieser Hauptkategorie wurde der Fokus auf vier weitere
Aspekte chemischer Schulexperimente gelegt, die sich aus der Haufigkeit der weiteren
Hauptkategorien ergeben. Je 29 Antworten beziehen sich dabei auf die Einbindung von
Experimenten in den Unterricht sowie auf die beteiligten Akteure der unterschiedlichen
Phasen beim Lehren und Lernen von Chemie (Schuler, Lehrer, Dozenten, Staatsexamen,
Referendariat). In 28 Antworten konnte ein Bezug zur zugrundeliegenden Fachwissenschaft
Chemie gefunden werden und 24 Antworten enthielten einen Bezug zu institutionell ge-
regelten Verbindlichkeiten, wie beispielsweise zu Sicherheitsvorschriften und rechtlichen
Vorgaben.
130
Tabelle 4.11: Antwortkategorien zu den Erwartungen der Studierenden an die Lehrveran-staltung
”Das Chemische Schulexperiment im Unterricht“ und die Anzahl n
ihres Auftretens bei N=50 Befragten
Kategorien n AnkerzitatAntwortkategorien zu Experimentiervorschriften
Experimentier-Fundus aufbauen 15”viele Schulversuche“
Tipps und Tricks 12”hilfreiche Tipps zur erfolgreichen
Druchfuhrung“Anleitung zur Durchfuhrung 8
”Was man bei der Durchfuhrung vonSchulexperimenten beachten muss“
Neue Versuche kennenlernen 5”neue Versuche fur den Schulalltag
kennen lernen“Antwortkategorien zu Akteuren und Phasen im Bildungssystem
Umgang mit Schulern 19”Worauf muss man achten, wennman mit Schulern experimentiert“
Alter- Jahrgangsstufen bezogen 4”Schulerversuche fur versch. Alters-
stufen“Betreuung des Praktikums durch Dozenten 3
”Feedback uber die Unterrichtsweise
erfahren“Examen und Referendariat 3
”Vorbereitung auf Referendariat“
Antwortkategorien zur Einbindung von Experimenten in den Chemieunterricht
Anschaulichkeit 11”den richtigen
”Aha“-Effekt hervor-
rufen konnen“Kontext und Alltagsbezug 8
”Einbindung in Kontext“
vertiefte Didaktische Theorie 7”korrekte didaktische Anwendung“
Planung und Auswahl 3”Herangehensweise, Schulerexperi-
mente auszuwahlen“Antwortkategorien zur Fachwissenschaft Chemie
Rahmenbedingungen 16”Experimente, die furs Schulleben
geeignet sind“Gliederung in Themengebiet 7
”fur jedes große Chemie-Thema im
SU ein Experiment kennen“Wissenstransfer 5
”viele Schulerversuche zur Wissens-
uberprufung“Antwortkategorien zu institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen
Regeln zum Experimentieren 10”Vorgaben, Regeln, ... kennen undeinbeziehen“
Sicherheitsrichtlinien 9”Was mache ich bei Unfallen“
Fehler erkennen und vermeiden 5”Typische Fehlerquellen diskutie-
ren“
131
Aus der Mehrfachzuordnung von Antworten ergibt sich eine Verteilung der Teilnehmerzahl
uber die Anzahl genannter Aspekte; diese ist in Tabelle 4.12 dargestellt. Die Mehrheit der
Studierenden (13, 14 und 10 Studierende) bezog sich bei ihrer Antwort auf zwei, drei
oder vier Aspekte. Wenige Antworten beziehen sich auf maximal sechs Aspekte, zwei
Studierende gaben an, keine Erwartungen an die Lehrveranstaltung zu haben.
Tabelle 4.12: Verteilung der Studierendenantworten uber die Anzahl genannter Aspektenach der Zuordnung zu den gebildeten Kategorien.
Anzahl der genannten Aspekte 0 1 2 3 4 5 6
Anzahl der Antworten 2 4 13 14 10 3 4
Die Kategorien der individuellen Erwartungen an die gesamte Lehrveranstaltung (Tab.
4.11) sowie der individuellen Lerninhalte zur Experimentalvorlesung (Tab. 4.8) konnen
qualitativ miteinander verglichen werden. Erwartungsgemaß traten hierbei Unterschie-
de auf, da die gesamte Lehrveranstaltung deutlich mehr Lerninhalte bietet, als dies die
Experimentalvorlesung vermag. Der Vergleich ahnlicher Kategorien, die aus beiden Befra-
gungen hervorgingen sowie deren Verortung im jeweiligen Kategoriensystem spiegelt die
Schwerpunktsetzung der Studierenden wieder und damit die Funktion fur den Lernprozess:
� Schulerbezug wurde bei den Erwartungen als Unterkategorie der am zweithaufigs-
ten genannten (Akteure im Bildungssystem) eingeordnet und bildet bei der Frage
nach dem Lerninhalt der Experimentalvorlesung die am zweithaufigsten genannte
Hauptkategorie.
� Fachwissenschaft als Oberkategorie bei den Erwartungen findet sich als selten ge-
nannte Unterkategorie bei den eigenen Kompetenzen der Lerninhalte wieder.
� Bezugnahmen auf das Schuleralter, Planung und Vorbereitung und die Alltagswelt
der Schuler bleiben Unterkategorien und werden in beiden Befragungen in ahnlicher
Haufigkeit genannt.
� Abstraktere didaktische Forderungen werden konkreter und gehen großtenteils in
der Hauptkategorie”eigene Kompetenzen“ auf, die sich als solche nicht explizit in
den Erwartungen identifizieren ließ.
132
4.5 Wiederholung der Vorbefragung
Die Vorbefragung aus der Vorgangerkohorte wurde im Anschluss an den Fragebogen zur
Schauvorlesung zum Erhebungszeitpunkt T4 mit der Hauptkohorte durchgefuhrt. Die
Ergebnisse beider Jahrgange sind im Saulendiagramm in Abb. 4.4 graphisch dargestellt.
Bei der Frage nach Demonstrationsexperimenten im Rahmen der universitaren Lehrver-
anstaltung traten deutliche Unterschiede zugunsten der Schauvorlesung auf. Da der Un-
terschied beider Jahrgange darin bestand, eine Schauvorlesung durchgefuhrt bzw. nicht
durchgefuhrt zu haben, liegt die Vermutung nahe, dass die Durchfuhrung der Schauvorle-
sung selbst einen zustimmenden oder motivierenden Aspekt bewirkt, der bei einer theo-
retischen Abwagung weniger stark zum Tragen kommt. Diesen Zusammenhang gilt es in
weiterfuhrenden Arbeiten zu identifizieren und nachzuweisen, was aufgrund der geringen
Probandenzahl und den unterschiedlichen Jahrgangen in der vorliegenden Untersuchung
nicht als Beweis, sondern zunachst als Indiz herangezogen wurde.
Im Unterschied zur Frage nach Demonstrationsexperimenten waren die Ergebnisse in Be-
zug auf E-Learning- und Internetforennutzung in beiden Jahrgangen ahnlich.
133
Abbildung 4.4: Wiederholung der Vorbefragung und Vergleich mit der Vorgangerkohorte
134
5 Diskussion und Ausblick
5.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
Die Ausweitung des fachdidaktischen Experimentalpraktikums durch E-Learning-Kompo-
nenten und praktisch durchzufuhrende Schauvorlesungen erfolgte in enger Verknupfung
mit der explorativen Untersuchung durch regelmaßige Befragung der Studierenden. Die
Erkenntnisse aus Kap. 4 uber das Zusammenwirken einzelner Komponenten dieses ganz-
heitlichen Beispiels einer Blended-Learning-Lehrveranstaltung wurden in folgenden Ker-
naussagen zusammengefasst.
1. Geistige Lerntatigkeiten wurden in den Formaten Online-Lehre und Prasenz-Lehre
mit gleicher Zielstellung ermoglicht und wiesen ahnliche Resultate auf. Die Online-
Lehre war dabei weniger nachhaltig als die Prasenzlehre. Bei der E-Learning-Gruppe
korrelierte der Lernerfolg starker mit dem Vorwissen als bei der Prasenzgruppe
2. Chemielehrer und Lehramtsstudierende der Chemie erachteten virtuelle Laboran-
wendungen uberwiegend als sinnvolle Unterstutzung eines Realexperiments. Lehrer
betrachteten dieses Medium differenzierter als Lehramtsstudierende.
3. Die Zustimmung der Lehramtsstudierenden zu einer praxisnahen Schauvorlesung
sowie ihre Zustimmung zum E-Learning-Format”Videoinstruktion“ wurden festge-
stellt. Die Zustimmung zur Schauvorlesung war signifikant großer als diejenige zu
E-Learning-Formaten Je großer die Zustimmung einer Gruppe zur Schauvorlesung
war, desto breiter war die Verteilung bei der Zustimmung zur Videoinstruktion.
135
4. Der selbstgesteuerte Lernzuwachs wahrend der Schauvorlesung erfolgte uberwiegend
in vier Hauptkategorien, die bei sechsmaliger Durchfuhrung unterschiedlich oft auf-
traten. Die Selbsteinschatzung des Lernzuwachses bei der Schauvorlesung korrelierte
nicht mit den Ergebnissen der objektiven Leistungsmessung der geistigen Inhalte.
5. Eine Unterteilung des Teilnehmerkreises in”
computeraffine“ und weniger”
com-
puteraffine“ Studierende war moglich, jedoch nicht in einem Maße, bei dem eine
Unterscheidungsschwelle identifiziert werden konnte.
6. Einschatzungen zum Nutzen einer Schauvorlesung mit Schulerpublikum war in der
Kohorte der Studierenden, die eine solche Vorlesung mitgestalten konnte großer
als in der Kohorte, die diesen Nutzen nur theoretisch einschatzte. Fur den Einsatz
elektronischer Medien konnte dieser Unterschied nicht in gleichem Maße festgestellt
werden.
5.2 Zusammenfassung der Konzepte
Aus den Ergebnissen der Befragung gehen die Starken von E-Learning im Bereich der kurz-
fristigen Instruktion hervor. Daraus folgt, dass ein Blended-Learning Konzept im Idealfall
eine zeitlich vorgelagerte Online-Phase besitzt, die als instruktionale Grundlage fur eine
sich anschließende Prasenzphase dient (vgl. Kap. 2.1.3, S. 21). Fur die Experimental-
ausbildung des chemiedidaktischen Studiums bedeutet dies, Versuchsbeschreibungen im
weitesten Sinne (also auch Videoclips und virtuelle Laboranwendungen) kombiniert mit
Handlungsanweisungen fur die Prasenzphase online anzubieten. Die bis dahin rein geis-
tigen Tatigkeiten dienen als Planungsgrundlage, geistig-praktische Tatigkeiten in einer
Prasenzphase auszufuhren, hier also chemische Schulversuche und -experimente.
Die Starken einer Experimentalvorlesung fur Schuler im Rahmen der Lehrveranstaltung
liegen im Bereich der Motivation, erlernte Konzepte in einer authentischen Situation an-
zuwenden. Es wird eine Lernsituation geschaffen, die es den Studierenden ermoglicht,
solche Lerninhalte zu erwerben und zu uberprufen, die ohne Schuler aus rein geistigen
136
Tatigkeiten bestehen. Geistig-praktische Lerntatigkeiten bewirken in diesem Fall den Er-
werb didaktischer Kompetenzen, die im gleichzeitigen Umgang mit Versuchsaufbauten
und großeren Schulergruppen begrundet liegen.
5.3 Schlussfolgerungen fur die didaktische
Experimentalausbildung
Implementierung von E-Learning
Der zunehmende Einsatz elektronischer Medien in der chemischen Experimentalausbil-
dung bayerischer Lehramtsstudierenden wurde unter dem Gesichtspunkt der Akzeptanz
bei den Studierenden und dem Nutzen hinsichtlich des Lernerfolgs untersucht. Fur die Ex-
perimentalausbildung von Chemielehrkraften ware ein Lehrangebot optimal, das fur die
vorgelagerte Theorieausbildung zur experimentellen Schulchemie aus den zwei Formaten
E-Learning und Prasenzlehre aufgebaut ist. Die Wahl des Formats sollte den Studieren-
den uberlassen werden. Dafur sollten Werkzeuge zur Entscheidungsfindung bereitgestellt
werden. Da fur den Erfolg des E-Learnings das Vorwissen eine Rolle spielt, ware ein
Eingangstest denkbar, der zusammen mit der personlichen Praferenz des jeweiligen Stu-
dierenden daruber entscheidet, welches Lernformat empfohlen wird.
Durch die unterschiedliche Erwartungshaltung der Studierenden (siehe Kap. 4.4.5) sollte
bereits fur die Theorieausbildung sichergestellt sein, dass auf individuelle Lernbedurfnisse
der Studierenden vom Dozenten eingegangen wird, bevor die experimentelle Phase be-
ginnt. Im Sinne einer nachhaltigen Experimentalausbildung ist E-Learning ein Werkzeug,
das kurzfristige Instruktionen effizient vermitteln kann, sofern sich Lernaktivitaten offline
anschließen.
137
Die Wirkung virtueller Laboranwendungen auf Lehrer und Studierende wurde verglichen.
Die differenziertere Betrachtung der Applikation durch Lehrer mit abgeschlossener Be-
rufsausbildung im Unterschied zur weniger differenzierten Betrachtung durch die Studie-
renden weist auf eine starker vernetzte Sichtweise der Lehrer hin und liefert ein Indiz
dafur, dass bei Studierenden noch Entwicklungspotential fur den zielgerichteten Einsatz
dieser Medien besteht. Der Einsatz von virtuellen Laboranwendungen im Rahmen von
E-Learning-Modulen ist dann sinnvoll, wenn die praktische Durchfuhrung des dargestell-
ten Experiments oder Versuchs vor oder nach der Bearbeitung der Anwendung erfolgt,
sodass geistige und geistig-praktische Tatigkeiten mithilfe der virtuellen Laboranwendung
verknupft werden.
Implementierung von Schauvorlesungen fur Schulklassen
Haupterkenntnis dieser Studie ist, dass diese Art der Zielstellung einer einsemestrigen
Lehrveranstaltung auf Akzeptanz bei der Mehrheit der Studierenden stoßt und in hohe-
rem Maße die Moglichkeit der praxisnahen Anwendung der erlernten Inhalte bietet, als
dies mit anderen geistigen oder geistig-praktischen Tatigkeiten der Fall ist. Schuler und
Lehrer konnten die Veranstaltungen in Form eines außerschulischen Lernorts nutzen. Die
Veranstaltung bot uber die Lerneffekte fur Studierende hinaus die Moglichkeit, Schule
und Universitat zu vernetzen und zur naturwissenschaftlichen Grundbildung der Schuler
beizutragen. In diesem Zusammenhang scheint der Aufbau einer Lehrveranstaltung mit
semesterabschließender Experimentalvorlesung hilfreich. Die Zuordnung der Themen und
Altersstufen zu einer solchen Schauvorlesung kann somit Gegenstand weiterer Untersu-
chungen sein. Zu bedenken ist hierbei, dass fur die Durchfuhrung von Schauvorlesungen or-
ganisatorische Maßnahmen wie Einladung von und Terminabsprache mit praktizierenden
Chemielehrern sowie materielle und raumliche Ressourcen an der Universitat notwendig
sind.
138
Kombination aus E-Learning, Experimentierstationen und Schauvorlesung
Die Komponenten Schauvorlesung und E-Learning wirkten in der untersuchten Kohorte
aus den Perspektiven Akzeptanz und Lernzuwachs unabhangig voneinander. Somit kann
eine Implementierung beider Komponenten zur Optimierung der Lehrveranstaltung ein-
zeln, nacheinander oder gemeinsam im Rahmen der moglichen Ressourcen erfolgen.
Die Integration der beiden Komponenten in eine bereits bestehende Lehrveranstaltung,
ohne ihren zeitlichen Rahmen von zwei Semesterwochenstunden (SWS) zu erhohen, wurde
bedeuten dies auf Kosten der Zeit zu bewerkstelligen, in der sich die Studierenden einen
Fundus an schulrelevanten Experimenten aneignen konnen. In der vorliegenden Studie
betrug diese Zeit fur beide Komponenten zusammen etwa ein Drittel der oben erwahnten
zwei SWS. Eine Optimierung dieses Zeitraums wurde unter Einbeziehung der fachwis-
senschaftlichen Ausbildung versucht, was zu unbefriedigenden Resultaten aus Sicht der
Fachwissenschaftler fuhrte (Frese, 2001). Es bleibt zu prufen, ob ein kombinierter Ansatz
moglich ist und die Anforderungen an die Lehramtsausbildung effizienter erfullt werden
oder ob eine Erweiterung des Repertoires an schulrelevanten Experimenten in den Pha-
sen II und III der Chemielehrerbildung (Referendariat und Fortbildungsveranstaltungen)
ausreichend ist. In diesem Falle sollte eine enge Abstimmung zwischen den Entscheidungs-
tragern stattfinden, um die Anschlussfahigkeit zwischen den drei Phasen zu gewahrleisten.
Fur die Gestaltung der Ausbildung von Chemielehrern lasst sich zusammenfassend Folgen-
des festhalten: Die Grenzen und die Chancen von Blended-Learning-Konzepten im Lern-
prozess werden durch die Zielstellung, die in der jeweiligen Einsatzkomponente enthalten
ist, bestimmt. Dabei bieten E-Learning-Komponenten mit ihren effizienten Instruktions-
prozessen Vorteile bezuglich Zeit, Ort und individuellem Lerntempo; die Mitwirkung an
Schauvorlesungen als Konstruktionsprozess mit konkreter Zielstellung motiviert in beson-
derem Maße zum Erwerb praktischer Fahigkeiten, Fertigkeiten und Erfahrungen. Damit
liegt der Schlussel zum sicheren Umgang mit den Lehrinhalten in der Kombination beider
Bausteine.
139
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154
Anhang
Auf beiliegendem Datentrager enthaltene Medien
1. Elektronische Fassung der Dissertation
2. Offline-Lernprogramm
”Einfuhrung zur Lehrveranstaltung chemische Schulexperimente“
sowie Daten der Online-Version
3. virtuelle Laboranwendung”Interaktive Chlorgassynthese“
4. virtuelle Laboranwendung”Interaktive Druckgasflasche“
5. Videoclips des Lernprogramms zur Instruktion der Schauvorlesung
6. Weitere Medien
155
Korrelationsmatrizen zu den Browserapplikationen
Ausformulierung der Aussagen zu den Interaktiven Browserapplikationen
Zur ubersichtlicheren Darstellung der Matrizen wurden die zu bewertenden Aussagen wie
folgt abgekurzt:
�
”einfache Bedienung “ Die Bedienung war intuitiv einfach.
�
”lachen oder schmunzeln.“ Ich musste wahrend der Bearbeitung lachen oder schmun-
zeln.
�
”gelangweilt “ Ich habe mich wahrend der Bearbeitung gelangweilt.
�
”uber Fehler geargert “ Ich habe mich wahrend der Bearbeitung uber Fehler gear-
gert.
�
”Entspannung “ Ich fand die Bearbeitung entspannend.
�
”Help-Button “ Ich habe den Help-Button in Anspruch genommen.
�
”Reset-Button “ Ich habe den Reset-Button in Anspruch genommen.
�
”nicht Englisch “ Eine nicht-englische Beschriftung (Neustart/Hilfe/Spiel vorbei)
ware mir lieber gewesen.
�
”Du und Sie “ Es ware mir lieber gewesen wenn mich der virtuelle Assistent nicht
geduzt hatte.
�
”uberflussig “ Die Bearbeitung war uberflussig.
�
”Game-over “ Ich habe mindestens einmal mit ”Game-over”das Spiel verloren.
�
”Erfolg “ Ich habe in der Animation erfolgreich Chlorgas hergestellt.
�
”Empfehlen “ Ich wurde die Bearbeitung der Animation weiterempfehlen.
156
Durch das Bearbeiten der Flash-Animation...
�
”Selbstvertrauen “ ...wurde ich mit mehr Selbstvertrauen an das Realexperiment
herangehen.
�
”besser als schriftlich “ ...ware ich besser auf das Realexperiment vorbereitet, als
durch eine schriftliche Versuchsbeschreibung.
�
”Verzicht schriftlich “ ... konnte man eine schriftliche Versuchsbeschreibung weglas-
sen.
�
”Motivation “ ...wurde ich motivierter an das Realexperiment herangehen.
�
”Verunsicherung“ ...wurde ich mich verunsichert fuhlen, das Realexperiment durch-
zufuhren.
�
”Ersatz fur Realexperiment “ ...konnte man das Realexperiment in der Lehreraus-
bildung getrost ersetzen.
�
”Demotivation“ ...hatte ich weniger Motivation, das Realexperiment durchzufuhren.
157
Tabelle 5.1: Korrelationen bei der Bewertung der interaktiven Chlorgassynthese durchdie Lehrkrafte - zur besseren Lesbarkeit wurden die Itembezeichnungen inden Zeilen abgekurzt.
einfa
che
Bed
ienung
lach
enoder
schm
unze
ln.
gela
ngw
eilt
ub
erF
ehle
rge
arge
rt
Ents
pnnung
Hel
p-B
utt
on
Res
et-B
utt
on
nic
ht
Engl
isch
Du
und
Sie
ub
erfluss
ig
einfache Bedienung 1lustig .06 1gelangweilt -.13 -.18 1Fehler geargert .48 -.12 -.37 1Entspannung .33 -.13 -.05 .05 1Help-Button -.28 -.25 .15 -.02 .03 1Reset-Button -.11 -.25 -.37 .18 .17 .42 1nicht Englisch .27 -.02 .36 -.08 -.04 .15 .15 1Du und Sie -.32 -.15 .54 -.1 -.14 .53 .09 .29 1uberflussig -.3 -.37 .69 -.1 -.4 .33 -.29 -.01 .38 1Game-over .05 .19 -.31 .35 -.14 .27 .27 .01 .12 .07Erfolg .13 .11 .05 -.2 .15 -.33 -.05 .28 -.2 -.21Empfehlen .4 .29 -.54 .11 .03 -.73 -.17 -.13 -.8 -.49Selbstvertrauen .1 -.32 -.3 .31 .04 .08 .53 .19 .03 -.4besser als schriftl. -.02 .02 -.47 .02 .07 .21 .31 -.07 .02 -.53Ersatz schriftlich .35 -.49 -.25 .06 .44 .12 .39 .04 -.42 -.22Motivation .02 .04 -.27 .06 -.32 -.11 .02 .22 -.2 -.28Verunsicherung -.18 -.18 -.08 .11 -.25 .63 .45 .22 .41 .08Ersatz fur Real-E. .16 -.23 .63 -.24 .14 -.12 -.12 .01 .23 .27Demotivation .11 .26 -.17 -.03 -.42 .12 .12 .47 .17 -.1
158
Tabelle 5.2: Teil 2 Korrelationen bei der Bewertung der interaktiven Chlorgassynthesedurch die Lehrkrafte
Gam
e-ov
er
Erf
olg
Em
pfe
hle
n
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atz
fur
Rea
lexp
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ent
Dem
otiv
atio
n
einf. BedienunglustiglangweiligFehler geargertEntspannungHelp-ButtonReset-Buttonnicht EnglischDu und Sieuberflussig
1 Game-over-.15 1 Erfolg.01 .54 1 Empfehlen-.34 -.01 .02 1 Selbstvertrauen-.25 -.42 -.1 .67 1 besser als schriftlich-.31 -.05 .13 .45 .4 1 Verzicht schriftlich-.36 -.11 .22 .68 .67 .23 1 Motivation.29 -.52 -.62 .1 .26 -.03 -.02 1 Verunsicherung-.34 .01 -.25 -.07 -.29 -.02 -.32 -.16 1 Ersatz fur Real-E..48 .04 .05 -.12 -.02 -.34 .06 .52 -.28 1 Demotivation
159
Tabelle 5.3: Korrelationen bei der Bewertung der interaktiven Chlorgassynthesedurch dieStudierenden - zur besseren Lesbarkeit wurden die Item-Bezeichnungen inden Zeilen abgekurzt.
einfa
che
Bed
ienung
lach
enoder
schm
unze
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gela
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nic
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Sie
ub
erfluss
ig
einf. Bedienung 1lustig .36 1langweilig -.45 -.47 1Fehler geargert -.33 -.34 .25 1Entspannung .33 .03 -.04 -.06 1Help-Button -.35 -.11 -.08 .26 -.2 1Reset-Button .07 0 -.01 -.06 -.03 .1 1nicht Englisch .12 .07 -.07 -.32 -.16 -.19 .19 1Du und Sie -.12 -.03 .02 -.14 .23 -.15 -.33 .33 1uberflussig 0 .03 .2 .23 -.07 -.08 -.16 0 .13 1Game-over .07 .29 -.12 -.37 -.11 -.01 .23 0 -.04 -.05Erfolg .32 .08 -.07 -.13 .14 -.24 .09 .22 -.08 -.11Empfehlen .26 .19 -.48 -.09 .17 .09 .08 .1 .05 -.49Selbstvertrauen .06 .12 -.18 -.2 .01 .14 .1 .28 .06 -.22besser als schriftlich .25 .17 -.33 -.2 .02 .26 .16 .01 -.26 -.36Verzicht schriftlich -.01 .04 .16 .06 -.09 .12 .17 .01 -.07 .1Motivation .36 .3 -.21 -.4 .33 -.16 .02 .29 .08 -.25Verunsicherung -.45 -.22 .44 .24 .01 .06 -.02 -.01 .34 .28Ersatz fur Real-E. .18 .16 .04 .04 -.14 -.15 .05 .13 .02 .09Demotivation -.13 -.12 .16 -.05 -.14 .08 .04 .17 .1 .02
160
Tabelle 5.4: Teil 2 Korrelationen bei der Bewertung der interaktiven Chlorgassynthesedurch die Studierenden
Gam
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Erf
olg
Em
pfe
hle
n
Sel
bst
vert
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Ver
unsi
cher
ung
Ers
atz
fur
Rea
lexp
erim
ent
Dem
otiv
atio
n
einf. BedienunglustiglangweiligFehler geargertEntspannungHelp-ButtonReset-Buttonnicht EnglischDu und Sieuberflussig
1 Game-over.23 1 Erfolg.09 .41 1 Empfehlen.07 .05 .18 1 Selbstvertrauen.17 .09 .28 .3 1 besser als schriftlich-.04 .02 .08 .01 -.02 1 Verzicht schriftlich.07 .06 .05 .47 .33 -.09 1 Motivation.08 -.06 -.33 .02 -.21 -.09 -.04 1 Verunsicherung.1 .11 .08 .1 -.06 .11 .06 -.05 1 Ersatz fur Real-E.
-.14 -.12 -.09 -.05 -.23 .24 -.15 .19 -.01 1 Demotivation
161
Tabelle 5.5: Korrelationen bei der Bewertung der interaktiven Druckgasflasche durch dieStudierenden - zur besseren Lesbarkeit wurden die Item-Bezeichnungen inden Zeilen abgekurzt.
einfa
che
Bed
ienung
lach
enoder
schm
unze
ln.
gela
ngw
eilt
ub
erF
ehle
rge
arge
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Ents
pnnung
Hel
p-B
utt
on
Res
et-B
utt
on
nic
ht
Engl
isch
Du
und
Sie
ub
erfluss
ig
einf. Bedienung 1lustig -.21 1langweilig .2 -.43 1Fehler geargert -.31 -.07 .03 1Entspannung .26 -.09 -.03 -.08 1Help-Button -.05 -.22 .07 .21 .22 1Reset-Button -.02 .52 -.23 .16 -.08 -.06 1nicht Englisch .16 .04 .09 -.08 .18 .1 -.16 1Du und Sie .23 -.21 .36 .04 .14 .08 -.06 .29 1uberflussig -.09 -.2 .5 .1 -.03 -.02 -.27 .22 .34 1Game-over -.18 .28 -.14 .18 -.22 -.05 .43 -.14 -.16 -.26Erfolg .23 -.14 .09 -.05 .27 .05 .15 .06 .21 -.02Empfehlen .09 .09 -.25 -.02 .16 .03 .1 -.08 -.14 -.52Selbstvertrauen .26 -.07 -.25 .05 .31 -.02 -.1 .07 -.03 -.1besser als schriftlich .16 -.11 -.21 -.06 .26 -.12 -.11 .05 -.14 .09Verzicht schriftlich .09 -.22 -.02 -.25 .06 .17 -.19 -.01 .03 -.02Motivation .1 .1 -.46 -.16 .21 .12 .04 0 -.2 -.19Verunsicherung -.29 .01 .01 .26 0 .06 -.1 -.03 -.15 .06Ersatz fur Real-E. -.06 .13 -.06 -.17 .04 .14 .13 -.11 .08 -.18Demotivation -.24 .19 .26 .03 -.34 .1 .17 -.12 .02 .16
162
Tabelle 5.6: Teil 2 Korrelationen bei der Bewertung der interaktiven Druckgasflaschedurch die Studierenden
Gam
e-ov
er
Erf
olg
Em
pfe
hle
n
Sel
bst
vert
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cher
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Ers
atz
fur
Rea
lexp
erim
ent
Dem
otiv
atio
n
einf. BedienunglustiglangweiligFehler geargertEntspannungHelp-ButtonReset-Buttonnicht EnglischDu und Sieuberflussig
1 Game-over-.21 1 Erfolg.2 -.09 1 Empfehlen.03 -.04 .38 1 Selbstvertrauen.05 -.04 .32 .7 1 besser als schriftlich-.09 .03 .17 .47 .34 1 Verzicht schriftlich-.11 .15 .33 .4 .27 .23 1 Motivation-.09 -.02 -.01 -.16 -.1 -.19 .14 1 Verunsicherung.07 -.08 .24 .1 -.05 .22 0 -.14 1 Ersatz fur Real-E..13 -.05 -.13 -.28 -.31 -.05 -.19 -.02 .11 1 Demotivation
163
Folien des E-Learnings mit Funktionsbeschreibung und
Sprechertext
Anmerkung: Im folgenden sind die Bildschirmansichten des E-Learning-Moduls zur Ein-
fuhrung der Lehrveranstaltung”Chemische Schulexperimente“ (CSE) dargestellt. Auf eine
Bildschirmansicht folgt der Text des jeweiligen Audiokommentars und gegebenenfalls eine
Funktionsbeschreibung fur diejenigen Bildschirmansichten, die Interaktivitat beinhalten.
Der Quellcode befindet sich im beiliegenden digitalen Anhang. Fur die Darstellung oh-
ne die Lernplattform ILIAS ist eine Offline-Variante mithilfe von Microsoft Powerpoint
erstellt worden, diese befindet sich ebenfalls im digitalen Anhang und wurde ohne Funk-
tionseinschrankungen graphisch an das Powerpoint Format angepasst.
Einfuhrungsfolie mit Funktionserklarung des E-Learnings
Hallo und herzlich Willkommen zum Einfuhrungs-E-Learning des Praktikums ”chemische
Schulexperimente”! Dieses Web-Based-Training soll Sie in der Theorie auf das Praktikum
vorbereiten. In diesem Praktikum...
164
� ... lernen Sie klassische Schulversuche und mogliche Auswertungsmethoden kennen.
� ... werden Sie Versuche selbst ausgestalten und damit zu unterschiedlichen Experi-
menten erweitern.
� ... bekommen Sie Anregungen zur inhaltlichen Gliederung von Experimenten und
Versuchen.
� ... werden Sie verschiedene Experimente und Versuche nach maßgeblichen Kriterien
beurteilen.
� ... Lernen Sie Sicherheitsrichtlinien fur den experimentellen Schulunterricht kennen.
Auf den folgenden Seiten mochte ich Ihnen dafur das Vokabular nahebringen, dass wir im
Praktikum nutzen werden, um die verschiedenen Aspekte von Versuchen und Experimen-
ten im Chemieunterricht zu beleuchten. Da Sie bereits erweiterte chemische Grundkennt-
nisse besitzen, werde ich versuchen, Ihnen die Thematik mit sovielen konkreten Beispielen
wie moglich zu veranschaulichen und sie an den geeigneten Stellen dazu auffordern, selbst
Beispiele zu formulieren.
Auf dieser Seite sehen Sie in groben Zugen den Aufbau und die Funktionsweise dieses E-
Learnings skizziert. Sie konnen den Ton per Laufleiste steuern und den gesprochenen Text
mitlesen, der die Abbildung bzw. Seite kommentiert. Grun hinterlegte Flachen deuten auf
Interaktionsmoglichkeiten hin, die zu Ubungs- und Selbssteuerungszwecken dienen. Zum
Weiterblattern benutzen Sie einfach die Buttons uber oder unter der Abbildung.
Und nun viel Spaß bei der Bearbeitung dieser E-Learning-Einheit!
165
Unterscheidung Versuch vs. Experiment
Der Chemieunterricht wie auch die naturwissenschaftliche Disziplin Chemie, kommen
nicht ohne Versuche und Experimente aus, denn im Rahmen von Experimenten beschaftigt
sich der Mensch planmaßig und systematisch mit der Natur und ihren Gesetzmaßigkeiten.
Im Chemieunterricht konnen Versuche und Experimente als Primarerfahrungen, aber auch
etwas seltener als Modelle eingesetzt werden.
Dabei sind sie in jeder Hinsicht ein Unterrichtsmedium. Als solches spielen sie eine zentrale
Rolle.
Um diese Klasse an Unterrichtsmedien differenzierter betrachten zu konnen, mochte ich,
dass Sie zwischen VERSUCH und EXPERIMENT in folgender Weise unterscheiden:
166
Ein Experiment besteht immer aus:
1. einer materiell-praktischen Tatigkeit (= Versuch oder Versuchsdurchfuhrung) und
2. einer kognitiven Vor- und/oder Nachbereitung (=Versuchsauswertung).
Reine Demonstrationen von chemischen Effekten sind also durchaus Versuche, aber ohne
Auswertung keine Experimente.
Werfen wir dazu einen Blick in die Geschichte der offentlichen Schauvorlesungen:
Michael Faraday war es, der mit seiner”Chemical History of a Candle“ um 1848 eine
experimentelle Weihnachtsvorlesung fur Kinder gab. Er fuhrte dabei Versuche zum The-
ma ’Kerze’ vor. Durch seine verbalen Beobachtungen und wissenschaftlichen Erklarungen
machte er diese Versuche aus didaktischer Sicht zu Experimenten.
Auf der nachsten Seite konnen Sie diese Definitionen von”Versuch“ und
”Experiment“
erproben! Entscheiden Sie anhand der geschilderten Situationen, ob es sich dabei um ein
Experiment oder einen Versuch handelt!
167
Ubung - Versuch vs. Experiment
Anhand dieser funf Beispiele konnen Sie uberprufen, ob die Unterscheidung fur Sie deutlich
geworden ist und ob Sie die Definition von Versuch und Experiment anwenden konnen.
Wahlen Sie die richtigen Aussagen in den Drop-Down-Menus neben den geschilderten
Situationen aus und klicken Sie danach auf Auswerten!
168
Uberleitung zur Dokumentation, 6 Beispiele
Nun wissen Sie, dass ein Versuch ohne Auswertung nicht als Experiment gesehen werden
kann. Die Auswertung kann jedoch formal wie methodisch unterschiedlich ausfallen. Grei-
fen wir eines der Beispiele wieder auf: Die Schuler der 8b aus dem Marie-Curie-Gymnasium
testen den pH-Wert verschiedener Lebensmittel. Nehmen wir an, die Klasse hat diesen
Versuch in Zweier-Teams durchgefuhrt und jedes Team hat ein anderes Lebensmittel ge-
testet. Stellen Sie sich nun verschiedene Szenarien vor:
1. Lehrerin Agnes ruft die Klasse zur Ruhe und lasst von jedem Zweier-Team einen
Schuler das Ergebnis, also den pH-Wert des Lebensmittels, ansagen. Anschließend
beginnt Sie ein neues Thema, ohne dass die Ergebnisse oder die Versuchsdurchfuh-
rungen notiert wurden.
169
2. Lehrer Klaus sammelt die Ergebnisse an der Tafel und beauftragt die Kinder an-
schließend, diese in ihr Heft zu ubernehmen.
3. Lehrerin Franziska lasst die pH-Werte nennen und kommentiert dabei in etwa wie
folgt:”Aha, bei der Zitronensaure dissoziieren sehr viele Protonen, deshalb sinkt der
pH-Wert...’
4. Lehrer Arnold schreibt fur jeden getesteten Stoff eine Protolysegleichung auf.
5. Lehrerin Gesine vergleicht die pH-Werte mit den Laborchemikalien 1M Salzsaure,
1M Natronlauge, 1M Essigsaure usw.
6. Lehrer Rupert geht auf weitere Verwendungsmoglichkeiten ein, z.B. Essigessenz als
Kalkloser oder die Farbe des Rotkohls bzw. Blaukrauts.
In allen sechs Fallen hat eine Auswertung stattgefunden, es wurde also experimentiert.
Jedoch wurden Sie vermutlich auch Variante zwei fur sinnvoller halten als Variante 1,
oder? Aber warum? Die kognitiven Aspekte zum Versuch, also die Vorbereitung, der
Ablauf sowie die Auswertung wurden in Variante 1 nicht dokumentiert und sind damit
reine Erinnerung, die wenig stabil ist. Aber auch Varianten drei bis sechs scheinen unter
verschiedenen Gesichtspunkten sinnvoll zu sein (und schließen sich nicht zwangslaufig
gegenseitig aus!) Schauen wir uns auf der nachsten Seite funf verschiedene Gesichtspunkte
an, unter denen jedes einzelne Experiment im Schulunterricht beurteilt werden kann.
170
Interaktives Bild - Ubersicht 5 Aspekte zum chemischen Schulexperiment
Die praktischen Tatigkeiten eines Experimentes (der Versuch) lassen sich eher schlecht
am PC uben, daher fokussiert dieses E-Learning auf die geistig-praktischen Tatigkeiten
eines Experimentes: Die Vor- und Nachbereitung, also die Planung und Auswertung.
In diesem Bild sehen Sie eine Experimentiersituation des Unterrichts stilisiert dargestellt.
Klicken Sie auf die einzelnen Objekte, um eine Voransicht der funf Themen zu erhalten,
die ich heute mit Ihnen besprechen mochte. Danach fahren Sie in gewohnter Weise fort.
171
Funktionsbeschreibung
Durch anklicken eines der funf Objekte erscheint in der Mitte ein kurzer Infotext uber das
jeweilige Thema. Konkret sind dies:
Formelsprache Die Hochst-Abstraktion eines chemischen Vorgangs (und damit auch aller
Versuche) ist seine Beschreibung mithilfe der Formel-Sprache. Diese Darstellung ist
eine KOGNITIVE EBENE des Experiments. Als Gegenstuck und damit mit gleicher
Wertigkeit kann die KONTEXTUALISIERUNG betrachtet werden. Sie dient der
Vernetzung des konkreten Sachverhaltes mit Vor-, Alltags- und lebensweltlichem
Wissen.
Teilchenebene Ein Ziel oder Teilziel ist fast immer die Herausbildung einer Modellvor-
stellung der thematisierten chemischen Vorgange auf der Teilchenebene im Kopf des
Lernenden. Fur Verschiedene Lehrziele bieten sich dabei unterschiedliche Modelle
an. Diese Modelbildung stellt eine KOGNITIVE EBENE des Experiments dar. Ani-
mationen und Simulationen sind hilfreich, um diese Dimension der Chemie besser
als Standbilder oder Sprache darzustellen.
Fachlich systematische Einordnung Das Vernetzen der Erkenntnisse eines Experimen-
tes mit denen anderer Experimente ist eine Art der KONTEXTUALISIERUNG.
Dabei werden Ergebnisse immer wieder in den chemischen Gesamtzusammenhang
gesetzt. Im Schulunterricht werden diese auf sogenannte BASISKONZEPTE zuruck-
gefuhrt, deren Anzahl je nach Autor zwischen 4 und 7 variiert. In der Praambel des
G8-Lehrplans sind derzeit 5 Basiskonzepte verankert.
Lebensweltbezug KONTEXTUALISIERUNG meint im Zusammenhang mit dem Expe-
riment ein Vernetzen mit bereits vorhandenem Wissen. In groben Zugen lassen sich
dabei zwei Bereiche unterscheiden, von denen einer die LEBENSWELTLICHE Kon-
textualisierung ist (im Unterschied zur fachlich-systematischen K.). Sie ist wichtig,
172
um die gelernten Inhalte aus dem Experiment als relevant anzuerkennen und nicht
der irrigen Annahme zu verfallen, sie erfullten einen Selbstzweck.
Dokumentation Die Dokumentation ist eine Abbildung der KOGNITIVEN EBENEN
beim Experimentieren. Unabhangig davon, ob sie im Schulerheft (und zuvor an
der Tafel) oder auf einem Plakat die Prozesse protokolliert, stellt sie stets einen
MEDIENWECHSEL dar, bei dem Informationsverlust besondere Beachtung findet.
173
Interaktives Bild - Dokumentation eines Experimentes, 4 Betrachtungsweisen am
Beispiel der Leitfahigkeit von Eisessig und verdunnterer Essigsaure
Die Dokumentation eines Experiments ist die Nachbildung der wichtigsten kognitiven
Schritte. Sie sollte eine klare Verbindung zum zuvor gesetzten Lehrziel aufweisen sowie
den Weg zu diesem Ziel dokumentieren. Die Dokumentation hilft bei der Strukturierung
der verschiedenen kognitiven Schritte, die zu einem Experiment gehoren. Da der naturliche
Vorgang eines Schulexperimentes meist sehr schnell ablauft, ist es notwendig, mithilfe der
Dokumentation die verschiedenen kognitiven Schritte nacheinander ablaufen zu lassen und
zu fixieren, um z.B.
� eine stofflich wahrnehmbare Veranderung mit den zugehorigen
� Vorstellungen auf Teilchenebene und den zugehorigen
174
� Ausdrucken der chemischen Formelsprache
mental miteinander zu verbinden.
Stofflich wahrnehmbare Veranderungen sind z.B. Farbumschlage, Temperaturveranderun-
gen, Niederschlage, und Leuchterscheinungen. Vorstellungen auf der Teilchenebene be-
schreiben dabei z.B. Protolyse-, Redox-, und Umordnungsreaktionen von Atomen oder
ihre angeregten Zustande mithilfe von Kalotten-, Kugel-Stab-, oder Oberflachenpotenzial-
Darstellungen.
Ein an bayerischen Gymnasien haufig angewandtes Schema der Dokumentation im Schul-
heft ist der Dreischritt bestehend aus:
� Versuchsdurchfuhrung (Beschreibung)
� Beobachtung (Ergebnis)
� Erklarung (Deutung/Interpretation)
Der Vollstandigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass in anderen didaktischen Ansatzen
auch differenziertere Gliederungen existieren, so zum Beispiel ein Sechs-Schritt aus
� Fragestellung,
� Hypothesenbildung,
� Losungs-oder Versuchsplanung,
� Versuchsdurchfuhrung,
� Beobachtung und
� Interpretation.
Fur die weitere Vertiefung dieses Themas sei auf die Literatur verwiesen, in der psycholo-
gische Ansatze wie das SDDS-Modell nach KLAHR oder die Problemtypenklassifizierung
nach KOMETZ und LEGALL versuchen, moglichst viele Varianten des Experimentierens
umfassend zu thematisieren und zu kategorisieren.
175
Klicken Sie nacheinander auf die vier Filmleisten, um sich am Beispiel der Protolyse
von Essigsaure und einem zugeordneten Versuch die vier Punkte zu verdeutlichen. An-
schließend sehen wir uns auf den nachsten Seiten die Besonderheiten der Drei-Schritt-
Dokumentation an und versuchen, die unterschiedlichen Aspekte der Erkenntnisgewin-
nung zu berucksichtigen.
Funktionsbeschreibung
Durch Anklicken einer der vier Filmleisten erscheint ein weiteres Fenster in der Mitte des
Bildschirms mit weiterem Inhalt. Die Inhalte sind wie folgt mit den Filmleisten verknupft:
erste Filmleiste Videoclip der Versuchsdurchfuhrung
zweite Filmleiste zwei Animationen im Vergleich, unterstutzt durch folgende Beschrei-
bung: Hier sehen Sie zwei ahnliche Darstellungen, die ein dynamisches Protoly-
segleichgewicht zwischen einem Essigsaure- und einem Wassermolekul bzw. einem
Acetat- und einem Oxonium-Ion abbilden. Bereits diese ahnlichen Animationen wei-
sen einen hohen Unterschied an Informationsgehalt auf, hier bezuglich Bindungs-
vorstellungen und Raumausfullung. Wie bei jedem Modell fehlen auch hier weitere
Aspekte der Realitat, wie die temperaturbedingten Schwingungen der gebundenen
Atome oder eine große Menge an Teilchen. Welche Informationen fallen Ihnen ein,
die ebenfalls fehlen? Wurden Sie sich diese Gleichgewichtsreaktion anders vorstellen?
Wie?
dritte Filmleiste Vier verschiedene chemische Formelgleichungen, unterstutzt durch fol-
gende Beschreibung: Selbst diese denkbar einfache (nicht sichtbare) chemische Re-
aktion ist auf verschiedene Weisen in der chemischen Formelsprache darstellbar. Sie
kann mit unterschiedlichem Informationsgehalt kommuniziert werden. Eine Auswahl
zu treffen hangt davon ab, welches Maß an Information fur Ihren Unterricht opti-
176
mal ist. Zuviel Information verringert die Behaltensleistung durch Uberfrachtung,
zu wenig erhoht neben geringer Effizienz auch die lange Weile.
vierte Filmleiste Textfeld mit folgendem Inhalt:
1. Durchfuhrung: Die Leitfahigkeit von Eisessig (100% Essigsaure) wird gemessen.
Nach und nach wird mit (kleinen Portionen!) Wasser verdunnt. In regelmaßigen
Abstanden wird erneut die Leitfahigkeit gemessen.
2. Beobachtung: Mit zunehmender Verdunnung steigt die Leitfahigkeit an.
3. Erklarung: Essigsauremolekule geben Protonen an Wassermolekule ab. Es ent-
stehen Ionen, diese sind fur die Leitfahigkeit der sauren Losung verantwortlich.
H3C − COOH +H2O H3C − COO− +H3O+
So konnte eine kurze Dokumentation im Schulerheft aussehen. Es ist ersichtlich, dass
in diesem Beispiel der Ionenbegriff und sein Zusammenhang mit der elektrischen
Leitfahigkeit (Elektrolyt!) bereits bekannt sein muss. Dieser Versuch kann also mit
entsprechender Nachbereitung dazu dienen, den Saure-Base-Begriffe nach Bronsted
einzufuhren.
Im absoluten Vergleich mit der Leitfahigkeit Saure-Base-neutraler Elektrolyten (z.
B. mit Ammoniumacetat, da gleiches Anion!) konnen Sie mit diesem Versuch auch
den Mechanismus der elektrischen Leitfahigkeit uber Wasserstoffbruckenbindungen
thematisieren. In diesem Fall sollten jedoch erste Kenntnisse zu den Themen Kon-
zentration, Wasserstoffbruckenbindung und Protolyse vorhanden sein. Wie wurden
Sie in diesem Fall eine Drei-Schritt-Dokumentation formulieren?
177
weiteres Beispiel - die schwimmende Kerze
Die Protokollierung der Versuchsdurchfuhrung bedient sich verschiedener Medien:
In aller Regel finden sich SPRACHE , niedergeschrieben im SCHULERHEFT unter Zu-
hilfenahme von SCHEMATISCHEN SKIZZEN wieder. Als Lehrer bestimmen Sie den
Medieneinsatz und stellen sich pragmatischerweise einige Fragen, z.B. Wie kommt die
Beschreibung der Versuchsdurchfuhrung in das Schulerheft? (Arbeitsblatt? schlechtere
Behaltensleistung bei den Schulern, dafur geringerer Zeitaufwand) Wie ausfuhrlich sind
die Informationen festzuhalten?
Dabei sollten Sie einige, der Logik entsprechenden Grundsatze, im Hinterkopf haben wie:
178
� Auf welche (moglicherweise mehrere) Erklarungen ist ein beobachteter Effekt zu-
ruckzufuhren?
� Welche Variablen sollten dafur kontrolliert oder konstant gehalten werden?
� Handelt es sich bei Ihren erwunschten Beobachtungen um absolute Messungen oder
vergleichende Ergebnisse?
� Sind hier vielleicht Ruckstellproben hilfreich?
� Beweisen Sie mit Ihrem Experiment etwas, oder sammeln Sie lediglich Indizien?
Dies hat wiederum Auswirkungen darauf, welche Informationen bereits in der Versuchs-
durchfuhrung festgehalten werden mussen, damit Sie bei der Erklarung auf die relevanten
Rahmenbedingungen zuruckgreifen konnen.
Ein Beispiel dafur ist der extrem umstrittene Versuch”die schwimmende Kerze“.
Klicken Sie auf play, um sich den Videoclip anzusehen und blattern Sie anschließend
weiter!
179
Beobachtungen - schwimmende Kerze
Die Versuchsbeobachtung beschreibt ein Ergebnis wahrnehmbarer Art, kann aber durch-
aus in der Erklarung wieder aufgegriffen werden im Sinne von”Die [hier Beobachtung
Einsetzen] tritt auf, weil [hier Erklarung einsetzen]“ Fur eine gute, wissenschaftliche Ar-
gumentation MUSS sie von der Deutung (=Erklarung) deutlich abgegrenzt werden, das
bedeutet beispielsweise, dass NIEMALS auf die Teilchenebene oder den Energiebegriff
Bezug genommen werden darf, denn diese sind nicht sichtbar. Auch mit absoluten und
relativen Mengenangaben ist vorsichtig umzugehen, wie das gewahlte Beispiel zeigt. Zu
beobachten sind hier folgende Vorgange:
� Der Wasserpegel innerhalb des Becherglases sinkt zunachst.
� Die Kerze erlischt.
180
� Der Wasserpegel innerhalb des Glases steigt und ubersteigt den Pegel außerhalb.
Sie konnen zuruckblattern und den Clip erneut anschauen, wenn Sie diese Beobachtungen
noch einmal nachvollziehen wollen oder zum strittigen Punkt, der Erklarung, weiterblat-
tern.
181
kritische Auswertung der schwimmenden Kerze
Auf welche (moglicherweise mehrere) Erklarungen sind die beobachteten Effekte zuruck-
zufuhren? Hierzu einige bekannte Erklarungen:
� Die Kerze erlischt unter Luftabschluss bei weniger als 15 % Sauerstoff.
� Der Wasserpegel sinkt, weil sich die Luft im Becherglas bei Erwarmung ausdehnt.
� Das entstehende Kohlendioxid ersetzt teilweise den Sauerstoff, es lost sich besser in
Wasser. Deswegen steigt der Pegel durch den entstandenen Unterdruck, sowie durch
die sich abkuhlende Gasphase im Becherglas.
Achtung! Die beobachteten Effekte wurden mithilfe bekannter Theorien ERKLART, sie
wurden damit jedoch nicht BEWIESEN.
182
Dass der Pegel um ca. das gleiche Verhaltnis steigt, wie Sauerstoff in Luft vorhanden
ist, ist Zufall. Es andern sich mehrere Parameter gleichzeitig, sodass die sich andernden
Variablen nicht erfasst werden konnen (keine Variablenkontrolle moglich).
183
interaktives Bild - Teilchenebene
Ein Ziel oder Teilziel ist fast immer die Modellbildung der thematisierten chemischen Vor-
gange auf der Teilchenebene im Kopf des Lernenden. Fur verschiedene Lehrziele bieten sich
dabei unterschiedliche Modelle an. Diese Modellbildung stellt ebenfalls eine KOGNITIVE
EBENE des Experimentes dar. Gerade zu Beginn des Chemieunterrichtes sind Medien wie
Animationen und Simulationen hilfreich, um diese Dimension der Chemie besser darzu-
stellen, als mit Standbildern oder Sprache. Allerdings muss deutlich gemacht werden, dass
es sich bei allen Darstellungen um MODELL-Vorstellungen handelt, die fur den jeweiligen
Zweck Zusammenhange und Erklarungen liefern, aber mitunter verfeinert werden mussen,
wenn sie fur die Darstellung komplexerer Phanomene nicht mehr ausreichend sind.
184
Fahren Sie mit dem Mauszeiger uber die blauen Schaltflachen, um einige Darstellungen
von Atom- und Molekulmodellen sichtbar zu machen.
Behalten Sie dabei immer im Hinterkopf, dass es eine Vielfalt von Darstellungen gibt und
zwei Personen NIE exakt dieselbe Vorstellung in ihrem Kopf haben werden. Auch fur
Ihre Schuler ist wichtig, zu begreifen, dass die Art der Vorstellung zweckmaßig fur den zu
erklarenden und zu begrundenden Sachverhalt ist.
Ein Beispiel zur Entwicklung der Atommodelle mit seinen Experimentellen Methoden
folgt zur Festigung nach der Zusammenfassung.
spiel zur Entwicklung der Atommodelle mit seinen Experimentellen Methoden folgt zur
Festigung nach der Zusammenfassung.!
185
chemische Formelsprache - zwei Ubungsaufgaben
Die Hochst-Abstraktion eines chemischen Vorgangs (und damit auch aller Versuche bzw.
Experimente) ist seine Beschreibung mithilfe der Formel-Sprache. Diese Abstraktion stellt
eine KOGNITIVE EBENE des Experimentes dar. Als Gegenstuck und damit genauso
wichtig kann man die KONTEXTUALISIERUNG betrachten. Sie dient der Vernetzung
des konkreten Sachverhaltes mit Vor-, Alltags-, und lebensweltlichem Wissen.
Die Aneignung der chemische Formelsprache weist Ahnlichkeit zum Lernen von Voka-
beln auf und birgt somit ahnliche Gefahren, wie etwa trages Wissen und verstandnisloses
Auswendig-Lernen. Hier sehen Sie zwei Anregungen, sich dieser Thematik anzunahern, die
in der Herbst Ausgabe 2012 der CHEMKON, einer wichtigen fachdidaktischen Zeitschrift,
erschienen sind.
186
chemische (fachnahe) Kontextualisierung
Die systematische Kontextualisierung erleichtert ein Verstandnis der Fachinhalte durch
wiederkehrende Denkmuster (fachdidaktisch: Basiskonzepte). Sie vermindert damit un-
notiges Auswendiglernen. In den bekannten Lehrwerken wird z.B. entlang des Perioden-
systems der Elemente und seinen Hauptgruppen gelehrt. Sehen Sie sich”den Hollemann-
Wiberg“ oder”den Riedel“ doch mal unter diesem Gesichtspunkt an! Fur das Ordnen von
Experimenten konnte dies bedeuten, in Experimente...
� ...mit Alkalimetallen
� ...mit Halogenen
� ...mit Kohlenstoff(-verbindungen)
� ...mit Silicium(-verbindungen)
187
etc. einzuteilen oder alternativ uber Experimente...
� ...zur chemischen Energetik
� ...zur Reaktionsgeschwindigkeit
� ...zu Stoffeigenschaften
usw. zu referieren. Die Ubergange zwischen alltagsnaher Kontextualisierung und fachsys-
tematischer Einordnung sind fließend. So kann beispielsweise eine Gliederung, die sich an
historischen Ereignissen und Personen orientiert nicht immer klar einer der beiden Ka-
tegorien zugeordnet werden. Ein Beispiel hierfur stellt die Entwicklung der Atommodelle
dar. Die lebensweltliche Kontextualisierung funktioniert ahnlich, jedoch mit einer anderen
,ANORDNUNG‘ des Wissens. Dazu erfahren Sie mehr auf der nachsten Seite.
188
Lebensnahe (Alltagsnahe) Kontextualisierung
Der lebensnahen Kontextualisierung (syn.: Alltagsbezug) sind prinzipiell keinerlei Grenzen
gesetzt. Jeder lebensweltliche oder alltagliche Vorgang kann unter chemischen Gesichts-
punkten betrachtet werden, sei es das Kochen von Eiern oder Nudeln, das Waschen von
Handen und Kleidung oder das Entkalken von Wasserkocher und Kaffeemaschine. Alles
birgt Effekte, die mithilfe von chemischen Sachverhalten erklart und besser verstanden
werden konnen.
Die Art und Weise der Kontextualisierung lasst sich aber auch grob kategorisieren und
einige Unterrichtsverfahren orientieren sich an diesen Kategorien, so zum Beispiel an His-
torischer Kontextualisierung, wie etwa beim historisch-problemorientierten Unterrichts-
189
verfahren nach JANSEN et. al. Chemie mit Bezug zu Kuche, Technik oder Alltag, wie
etwa bei Chemie im Kontext nach PARCHMANN et. al.
Viele klassische Schulexperimente haben jedoch auf den ersten Blick mit der Lebenswirk-
lichkeit von Schulern oder einem anderen nicht chemisch-orientierten Publikum wenig
gemein. Es lassen sich aber meistens Bezuge dazu herstellen, zum Beispiel mit den ver-
wendeten Reaktanden.
Iodat, das bei der Oszillierenden Ioduhr als Edukt (Ausgangsstoff) verwendet wird, ist
iodiertem Speisesalz zugesetzt. Wasserstoffperoxid, ebenfalls an dieser Reaktion beteiligt,
findet sich als Bleichmittel zum Blondieren beim Frisor, oder in Oxireinigern als Addukt
im Percarbonat wieder.
Solche Hinweise konnen helfen, vernetztes Denken zu fordern, sollten aber je nach Konzept
nicht im Mittelpunkt stehen. Dennoch kann ein kurzer Einwurf dieser Informationen den
Unterricht auflockern, um danach konzentrierter fortzufahren.
190
Zusammenfassung allgemeiner Art (3-Schritt-Dokumentation und 5 Aspekte des
Experimentes)
Fassen wir die behandelte Lerneinheit zusammen:
� Erst eine AUSWERTUNG macht einen VERSUCH zum EXPERIMENT.
� Die DOKUMENTATION eines Versuches bildet diesen und die zugehorigen KO-
GNITIVEN SCHRITTE ab.
� Die BEOBACHTUNG muss deutlich von der weitergehenden INTERPRETATION
abgegrenzt werden.
� Uber TEILCHENMODELLE wird ein Sachverhalt bis zur FORMELSPRACHE ab-
strahiert.
191
� und schließlich legitimieren CHEMISCHE und LEBENSNAHE KONTEXTUALI-
SIERUNGEN die Lerninhalte und bringen sie in einen sinnstiftenden Kontext.
Betrachten wir zum Abschluss dieser E-Learning-Einheit ein historisches Experiment un-
ter den behandelten Gesichtspunkten:
Den Streuversuch von Rutherford. Blattern Sie dazu auf die nachste Seite!
192
Transfer am Beispiel des Rutherford’schen Streuversuches
Die gezeigte Abbildung ist eine der haufigsten Darstellungen des Versuchsaufbaus, die-
se hier ist aus der Wikipedia. Die (qualitative) Versuchsdurchfuhrung konnen wir wie
folgt beschreiben: Ein Alphastrahler wird auf eine Goldfolie gerichtet, um die ein alpha-
strahlsensitiver Film geschirmt ist. Dieser Film detektiert die Alphateilchen so, wie auf
der Skizze dargestellt. Eine hinreichend genaue Beobachtung (fur die folgende Erklarung)
konnte dann wie folgt lauten:
Der Film detektiert die meisten Alphateilchen in direkter Verbindung zur Strahlungs-
quelle, also hinter der Goldfolie. Einige wenige Alphateilchen werden abgelenkt und noch
weniger werden zuruckgeworfen und auf dem Schirm vor der Goldfolie detektiert, so wie
es die roten Linien in der Graphik andeuten. Die Erklarung baut auf dem vorhergehen-
193
den Atommodell von Thomson (Dem Rosinenkuchen Modell) auf und prazisiert damit
die Lokalisierung der positiven und negativen Anteile in den Atomen: Der wesentlich
kleinere Atomkern lenkt die Alphateilchen ab, wahrend sie durch die wesentlich großere
Atomhulle ungehindert hindurchtreten konnen. Reflektierte (zuruckgeworfene) Strahlung
resultiert aus direkten Stoßen zwischen Alphateilchen und Atomkernen der Goldfolie. Der
chemische Kontext liegt also im Aufbau der Atome begrundet. Ein fernerer Alltagskontext
scheint hier schwierig, kann aber mit kurzen Hinweisen auf Kernforschung und Radioakti-
vitat dennoch zumindest im weitesten Sinne hergestellt werden. Eine Teilchenvorstellung
dazu ist das Kern-Hulle-Atom-Modell, das aber beispielsweise fur die Betrachtung von
Temperatur als Teilchen-Bewegung zu detailliert, fur die Erklarung organischer Doppel-
und Dreifachbindungen nicht ausreichend detailliert ist. Eine chemische Formelsprache ist
hierbei sogar wenig zielfuhrend.
194
Inhaltsubersicht
Abbildung 5.1: Screenshot der Folienubersicht. Nachfolgende Ubungen dienen der Wie-derholung und Transfersicherung
Funktionsbeschreibung
Zum Schluss der Lerneinheit hat der Lernende die Moglichkeit durch Mausklick gezielt
Seiten zu wiederholen.
195
Fragebogen
Im folgenden sind die Formulierungen der Fragebogen aufgefuhrt. Zur besseren Ubersicht
wurde ein einheitliches Format gewahlt, welches von der Formatierung der Fragebogen
abweicht. Die Ankreuzmoglichkeiten wurden zugunsten besserer Lesbarkeit weggelassen.
Interaktive Chlorgassynthese und Druckgasflasche (T1, T1L und T4)
Bitte schildern Sie hier kurz mit eigenen Worten Ihren ersten Eindruck von der interakti-
ven Chlorgassynthese/ Druckgasflasche.
Bedienung der Flash-Animation - In wieweit stimmen Sie den Aussagen zu?
� Die Bedienung war intuitiv einfach.
� Ich musste wahrend der Bearbeitung lachen oder schmunzeln.
� Ich habe mich wahrend der Bearbeitung gelangweilt.
� Ich habe mich wahrend der Bearbeitung uber Fehler geargert.
� Ich fand die Bearbeitung entspannend.
� Ich habe den Help-Button in Anspruch genommen.
� Ich habe den Reset-Button in Anspruch genommen.
� Eine nicht-englische Beschriftung (Neustart/Hilfe/Spiel vorbei) ware mir lieber ge-
wesen.
� Es ware mir lieber gewesen, wenn mich der virtuelle Assistent nicht geduzt hatte.
� Die Bearbeitung war uberflussig.
� Ich habe mindestens einmal mit ”Game-over”das Spiel verloren.
� Ich habe in der Animation erfolgreich Chlorgas hergestellt/den Ballon gefullt und
ihn angezundet.
� Ich wurde die Bearbeitung der Animation weiterempfehlen.
196
Die Animation stellt ein Experiment dar, das klassischerweise auch in der Schule als
Realexperiment durchgefuhrt wird. Durch das Bearbeiten der Flash-Animation...
� ...wurde ich mit mehr Selbstvertrauen an das Realexperiment herangehen.
� ...ware ich besser auf das Realexperiment vorbereitet, als durch eine schriftliche
Versuchsbeschreibung.
� ...konnte man eine schriftliche Versuchsbeschreibung weglassen.
� ...wurde ich motivierter an das Realexperiment herangehen.
� ...wurde ich mich verunsichert fuhlen, das Realexperiment durchzufuhren.
� ...konnte man das Realexperiment in der Lehrerausbildung getrost ersetzen.
� ...hatte ich weniger Motivation, das Realexperiment durchzufuhren.
Erwartungen an die Lehrveranstaltung und Vorwissen (T2)
1. Bitte schreiben Sie die wichtigsten Dinge auf, die Sie sich von der Lehrveranstaltung
erwarten!
(schreiben Sie mindestens drei und hochstens acht”wichtigste Dinge“ auf!)
2. Nennen Sie drei allgemeine Schritte, in denen ein Experiment mindestens gegliedert
sein sollte und ordnen Sie zu diesen Schritten konkrete Inhalte des Streuversuchs von
Rutherford zu.
3. Skizzieren Sie ein Beispiel fur die fachnahe Kontextualisierung der Versuche zur Flam-
menfarbung!
4. Skizzieren Sie ein Beispiel fur die alltagsnahe Kontextualisierung der Versuche zur
Flammenfarbung!
197
Vergleich von E-Learning- und Prasenzgruppe (T3)
Die eben behandelten Inhalte wurden Ihnen mit einem E-Learning bzw. durch Prasenta-
tion eines Dozenten prasentiert (beides im Folgenden”Lerneinheit“ genannt), bitte geben
Sie uns ein Feedback anhand des vorliegenden Fragebogens: Es geht um Ihre personliche
Meinung, daher sind keine Antworten richtig oder falsch. Bitte antworten Sie spontan,
ohne Kommunikation mit anderen Teilnehmern der Lehrveranstaltung
Lehrveranstaltung/E-Learning
1. Bitte schreiben Sie die wichtigsten Dinge auf, die Sie soeben gelernt haben!
(schreiben Sie mindestens drei und hochstens acht”wichtigste Dinge“ auf!)
2. Nennen Sie drei allgemeine Schritte, in denen ein Experiment mindestens gegliedert
sein sollte und ordnen Sie zu diesen Schritten konkrete Inhalte des Streuversuchs von
Rutherford zu.
3. Skizzieren Sie ein Beispiel fur die fachnahe Kontextualisierung der Versuche zur Flam-
menfarbung!
4. Skizzieren Sie ein Beispiel fur die alltagsnahe Kontextualisierung der Versuche zur
Flammenfarbung!
Die eben behandelten Inhalte wurden Ihnen mit einem E-Learning bzw. durch Prasenta-
tion eines Dozenten prasentiert (im Folgenden ”Lerneinheit”genannt), bitte werten Sie die
Lehrveranstaltung aus durch Zustimmung/Ablehnung der folgenden Aussagen:
� Das Tempo der Lerneinheit war zu schnell.
� Das Tempo der Lerneinheit war angemessen.
� Das Tempo der Lerneinheit war zu langsam.
� Die Informationsdichte der Lerneinheit war zu hoch.
� Die Informationsdichte der Lerneinheit war angemessen.
� Die Informationsdichte der Lerneinheit war zu gering.
198
� Ich hatte Fragen gehabt, die das E-Learning nicht beantworten konnte.
� Das Maß an Selbstgesteuertem Lernen war angemessen.
� Ich hatte diese Vorbereitung lieber zu Hause durchgefuhrt.
� In einer Prasenz-Sitzung beim Dozenten (in einer E-Learning-Einheit) hatte ich
schlechter gelernt.
� In einer Prasenz-Sitzung beim Dozenten (in einer E-Learning-Einheit) hatte ich
besser gelernt.
� Ich habe bereits E-Learning-Angebote wahrgenommen (ohne heute).
Die eben behandelten Inhalte wurden Ihnen mit verschiedenen Medien prasentiert bit-
te werten Sie die Medien der Lerneinheit anhand der folgenden Fragen durch Zustim-
mung/Ablehnung der folgenden Aussagen aus:
� Die verwendeten Bilder waren hilfreich.
� Die verwendete Sprache (gesprochen) war hilfreich.
� Eine/Die Niederschrift der gesprochenen Sprache ware/war hilfreich.
� Die Videos waren hilfreich.
� Die verwendeten Bilder haben zur Strukturierung der Inhalte beigetragen.
� Die Zusammenstellung der Medien war angemessen.
� Ich habe mich manchmal nicht auf ein Medium konzentrieren konnen. Wenn ja, wo:
� Die Zusammenstellung der Medien hat mich uberfordert.
� Die Zusammenstellung der Medien hat mich unterfordert.
� Die Medien hatten in einer E-Learning (Prasenz-)Einheit besser gepasst.
� Die Medien hatten in einer E-Learning (Prasenz-)Einheit genausogut gepasst.
� Die Medien hatten in einer E-Learning (Prasenz-)Einheit schlechter gepasst.
199
Schauvorlesung und Videoinstruktion (T5)
Es geht um Ihre personliche Meinung, daher sind keine Antworten richtig oder falsch.
Bitte antworten Sie spontan, ohne Kommunikation mit anderen Teilnehmern der Lehr-
veranstaltung.
1. Bitte schreiben Sie spontan ihre ersten Gedanken zur gerade eben erlebten Schauvor-
lesung auf! Schauvorlesung vor dem Zielpublikum
1. Bitte schreiben Sie die wichtigsten Dinge auf, die Sie soeben gelernt haben! (schreiben
Sie mindestens drei und hochstens acht”wichtigste Dinge“ auf!) Wiederholung
2. Nennen Sie drei allgemeine Schritte, in denen ein Experiment mindestens gegliedert
sein sollte und ordnen Sie zu diesen Schritten konkrete Inhalte des Streuversuchs von
Rutherford zu.
3. Skizzieren Sie ein Beispiel fur die fachnahe Kontextualisierung der Versuche zur Flam-
menfarbung!
4. Skizzieren Sie ein Beispiel fur die alltagsnahe Kontextualisierung der Versuche zur
Flammenfarbung!
Die Fragen auf dieser Seite beziehen sich auf das E-Learning”Vorbereitung zur Schauvor-
lesung“ und auf Ihre allgemeine Nutzung von Internet-Video-Clip-Angeboten.
� Durch die Videodemonstrationen wusste ich, wie ich meinen Versuch vorfuhren soll.
� Ohne Videodemonstrationen hatte ich mehr Zeit zur Vorbereitung benotigt.
� Die Videodemonstrationen waren uberflussig.
� Die Videodemonstrationen waren hilfreich.
� Die Videodemonstrationen waren besser als bloße textuelle Beschreibungen.
� Eine Datenbank mit Video-Demonstrationen aller Schulversuche fande ich sinnvoll.
� Ich sehe mir Videoclips mit chemischen Schulexperimenten an z.B. zur Vorbereitung
oder um Ideen zu bekommen.
200
� Das Erstellen von Videoclips mit chemischen Schulversuchen konnte mir beim Ler-
nen und Uben helfen.
� Das Anschauen von Videoclips mit chemischen Schulversuchen konnte mir beim
Lernen und Uben helfen.
� ich besitze einen YouTube-Account (oder eine vergleichbare Moglichkeit, Videoclips
im Internet zu veroffentlichen).
� Ich habe selbst schon Videoclips mit chemischen Experimenten gedreht und/oder
veroffentlicht.
� Ich nutze Internet-Videoclip-Angebote generell selten bis gar nicht.
Die folgenden Fragen beziehen sich auf die Schauvorlesung, die Sie soeben mitgestal-
tet haben in Bezug auf die gesamte Lehrveranstaltung ”Chemische Schulexperimente an
Gymnasien”(CSE)
� Ich wurde im CSE gern mehrere Demonstrationsexperimente vor Schulklassen zei-
gen.
� Ich wurde im CSE gern mehrere Demonstrationsexperimente vor Schulklassen er-
klaren.
� Ich wurde im CSE gern mehrere Schauvorlesungen fur Schulklassen mitgestalten.
� Ich wurde mir mehr Freiheiten bei der Gestaltung der Schauvorlesung wunschen.
(Wenn ja, welche?)
� Ich wurde mir klarere Vorgaben bei der Gestaltung der Schauvorlesung wunschen.
(Wenn ja, welche?)
� Statt Demo-Experimente vorzufuhren, wurde ich lieber noch mehr Versuche kennen
lernen.
� Statt Demo-Experimente vorzufuhren, wurde ich lieber mehr uber das Auswerten
von Versuchen erfahren.
� Ich wurde mir ein konkreteres Thema fur eine Schauvorlesung wunschen (z. B.?)
� Ich hatte mir einen anderen Versuch zur Demonstration gewunscht (z. B.?)
� Ich wurde auf eine Schauvorlesung im CSE lieber verzichten.
201
Vorbefragung (T0)
Feedback-Bogen zur Weiterentwicklung der Lehrveranstaltung
Geschlecht: mannlich/weiblich (nicht zutreffendes streichen)
Es geht um Ihre personliche Meinung, es gibt keine falschen Antworten, der Fragebogen
ist anonym
1. Bitte schreiben Sie eine Stellungnahme zur Lehrveranstaltung ”Chemische Schulexpe-
rimente an Gymnasien”. Diese sollte nach Moglichkeit folgende Punkte enthalten:
Was sollte beibehalten und was verbessert werden? Was haben Sie personlich aus der
Lehrveranstaltung mitgenommen? Was hat Ihnen gefehlt? Was ist Ihnen wichtig was we-
niger wichtig? Etc.
................
Bitte kreuzen Sie die zutreffenden Antworten an
2. Ich halte es fur sinnvoll, ein Demonstrationsexperiment im Rahmen der Lehrveranstal-
tung vor einer Schulklasse zu prasentieren.
� ja, unbedingt
� tendenziell schon
� weiß nicht
� eher nicht
� auf gar keinen Fall
Weil/weil nicht/Erganzung:..................
3. Schriftliche Ausarbeitungen uber das Kursforum zu verteilen halte ich fur sinnvoll.
Ja - eher ja - weiß nicht - eher nicht - gar nicht
Weil/weil nicht/Erganzung:...................
202
4. Ich habe (außerhalb dieser Lehrveranstaltung)bereits Erfahrung mit Internet-Foren.
� nie
� bisher ein bis funf Mal (außerhalb dieser Lehrveranstaltung)
� etwa monatlich (außerhalb dieser Lehrveranstaltung)
� etwa wochentlich (außerhalb dieser Lehrveranstaltung)
� haufiger(außerhalb dieser Lehrveranstaltung)
5. Ich habe (außerhalb des CSE) schon einmal an einer E-Learning-Veranstaltung teilge-
nommen.
Nein - Ja, namlich an [Anzahl].... . Veranstaltungen
Falls Ja, schildern Sie bitte kurz Vor- und Nachteile aus eigener Sicht!
6. Was halten Sie von folgendem Szenario?
Die o.g. Lehrveranstaltung findet nur alle zwei Wochen statt, dafur erfolgt eine Vorberei-
tung der Inhalte in gleichem Zeitumfang uber ein E-Learning. Ihre Antwort sollte nach
Moglichkeit folgende Fragen beantworten: Unter welchen Bedingungen konnen Sie sich
dieses Szenario vorstellen? Was sollte Ihrer Meinung nach unbedingt beachtet werden?
Welche Schwierigkeiten/Nachteile und Starken/Vorteil sehen Sie dabei? Etc.
203
Danksagung
Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Prof. Dr. Andreas Kometz, der es mir
ermoglichte, im Rahmen meiner Lehrtatigkeit dieses Thema zu bearbeiten und mich bei
allen auftretenden Problemen unterstutzte. Ebenfalls mochte ich mich bei den Mitgliedern
der Arbeitsgruppe der Didaktik der Chemie der Friedrich-Alexander-Universitat bedan-
ken, allen voran bei Frau Hella Rieß, die fur jedes organisatorische Problem ein offenes
Ohr und oft die passende Losung parat hatte sowie bei Frau Dipl. Chem. Katrin Topfer,
die durch ihren unermudlichen Einsatz bei der Betreuung der Studierenden und Vorberei-
tung des Experimentalpraktikums maßgeblich zur angenehmen Atmosphare unter allen
Beteiligten beitrug.
Daruber hinaus gilt mein Dank den Studierenden, da sie bis zum letzten Fragebogen die
Geduld besaßen, Auskunft uber ihre Erfahrungen mit der untersuchten Lehrveranstal-
tung, mit den evaluierten Lehr-Lern-Formen und mit den Schulern zu geben sowie Herrn
Professor Ekkehard Geidel und seiner Arbeitsgruppe fur die angenehme Zusammenarbeit
im universitatsubergreifenden Projekt”Das Chemische Schulexperiment im Unterricht“.
Außerdem bedanke ich mich bei meiner Familie, die mich jederzeit unterstutzt, mir Mut
gemacht und mich bestarkt hat, auch wenn ich gelegentlich am Zweifeln war.
204
Florian Scheffler, Jahrgang 1984, legte 2010 das
Staatsexamen für ein Lehramt an Gymnasien in den
Fächern Chemie, Biologie und Philosophie an der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ab.
Bei der Merck KgaA, Darmstadt bearbeitete er seine
ersten E-Learning-Projekte und konnte dieses Thema in
seine Promotion integrieren, die er 2017 im Arbeitskreis
von Professor A. Kometz, Didaktik der Chemie,
ebenfalls an der FAU Erlangen-Nürnberg abschloss.
Sein Referendariat absolvierte er von 2014 bis 2016 in
Erlangen und Kempten und ist seit 2016 am
Winckelmann-Gymnasium in Stendal tätig.
Die vorliegende Dissertationsschrift befasst sich mit der Integrierbarkeit von
E-Learning-Bausteinen in das fachdidaktische Studium von Chemielehrkräften
des Gymnasiums sowie mit der projektartigen Konzeption von
Schauvorlesungen für Schulklassen zur zielgerichteten, schulchemischen
Experimentalausbildung der Studierenden.
Die im Rahmen dieser Arbeit entstandene virtuelle Laboranwendung
„virtuelle Chlorgassynthese“ ist unter folgendem Link frei zugänglich:
http.//www.gainey.de/portfolio/chlorgassynthese.htm
http://www.chemiedidaktik.fau.de/projekte/vhb-chlorgassynthese.shtml
Eine Print-on-Demand-Ausgabe der vorliegenden Arbeit mit der ISBN 978-3-943845-23-5 ist bei der Druckmanufaktur Stendal erhältlich:
www.stendaldruck.de [email protected]