für den b-plan poppenbüttel 44, „wentzelplatz“

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Dipl.-Biol. Karsten Lutz, Bebelallee 55d, 22297 Hamburg, Dipl . -Biol . Karsten Lutz Bestandserfassungen, Recherchen und Gutachten Biodiversity & Wildlife Consulting Bebelallee 55 d D - 22297 Hamburg 10. November 2017 Faunistische Potenzialanalyse und artenschutzfachliche Prüfung für den B-Plan Poppenbüttel 44, „Wentzelplatz“ Abbildung 1: Lage der untersuchten Fläche mit 1 km – Umkreis (Luft- bild aus Google-Earth™, Datenbasis nicht angegeben)

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Page 1: für den B-Plan Poppenbüttel 44, „Wentzelplatz“

Dipl.-Biol. Karsten Lutz, Bebelallee 55d, 22297 Hamburg,

D i p l . - B i o l . K a r s t e n L u t z

Bestandserfassungen, Recherchen und Gutachten Biodiversity & Wildlife Consulting

Bebelallee 55 d D - 22297 Hamburg

10. November 2017

Faunistische Potenzialanalyse und artenschutzfachliche Prüfung

für den B-Plan Poppenbüttel 44, „Wentzelplatz“

Abbildung 1: Lage der untersuchten Fläche mit 1 km – Umkreis (Luft-

bild aus Google-Earth™, Datenbasis nicht angegeben)

Page 2: für den B-Plan Poppenbüttel 44, „Wentzelplatz“

Dipl.-Biol. Karsten Lutz, Bebelallee 55d , 22297 Hamburg, Tel.: 040 / 540 76 11 2

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ........................................................................................................ 3

2 Potenzialanalyse zu Brutvögeln und Arten des Anhangs IV .......................... 3

2.1 Methode .......................................................................................................... 3

2.2 Gebietsbeschreibung ...................................................................................... 3

2.3 Potenziell vorhandene Brutvögel ................................................................... 5

2.4 Potenzielles Fledermausvorkommen ............................................................. 6

2.5 Haselmaus (Muscardinus avellanarius) ......................................................... 9

2.6 Potenzial für weitere Arten des Anhangs IV FFH-Richtlinie ......................... 9

3 Beschreibung der Wirkungen des Vorhabens ............................................... 10

3.1 Technische Beschreibung ............................................................................. 10

3.2 Wirkung auf Fledermäuse ............................................................................. 11

3.3 Wirkungen auf Brutvögel .............................................................................. 11

4 Artenschutzprüfung ....................................................................................... 13

4.1 Zu berücksichtigende Arten........................................................................... 14

4.2 Zu berücksichtigende Lebensstätten von europäischen Vogelarten ............ 14

4.3 Zu berücksichtigende Lebensstätten von Fledermäusen .............................. 15

4.4 Prüfung des Eintretens der Verbote nach § 44 ............................................. 15

4.5 Vermeidungsmaßnahmen und Hinweise für Kompensationsmaßnahmen . 17

5 Zusammenfassung ......................................................................................... 18

6 Literatur ......................................................................................................... 18

7 Artenschutztabelle (europäisch geschützte Arten) ....................................... 20

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Dipl.-Biol. Karsten Lutz – Artenschutzuntersuchung B-Plan Poppenbüttel 44 Kap. 1 Einleitung

Dipl.-Biol. Karsten Lutz, Bebelallee 55d , 22297 Hamburg, 3

1 Einleitung

Auf einem bereits bebauten Grundstück in Poppenbüttel soll eine neue Wohnbe-bauung errichtet werden. Dafür werden bereits versiegelte und bebaute, aber auch mit Gehölzen und anderer Vegetation bewachsene Flächen in Anspruch genom-men sowie Gebäude abgebrochen werden. Davon können Arten, die nach § 7 (2) Nr. 13 u. 14 BNatSchG besonders oder streng geschützt sind, betroffen sein. Daher wird eine faunistische Potenzialanalyse (FPA) für geeignete Artengruppen unter besonderer Berücksichtigung gefährdeter und streng geschützter Arten angefertigt.

Zunächst ist eine Relevanzprüfung vorzunehmen, d.h. es wird ermittelt, welche Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und welche Vogelarten überhaupt vor-kommen. Mit Hilfe einer Potenzialabschätzung wird das potenzielle Vorkommen von Vögeln und Fledermäusen sowie anderen Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie ermittelt (Kap. 2). Danach wird die Wirkung des Vorhabens prognosti-ziert (Kap. 3) und eine artenschutzfachliche Betrachtung des geplanten Vorhabens durchgeführt (Kap. 4).

2 Potenzialanalyse zu Brutvögeln und Arten des Anhangs IV

2.1 Methode

Es wurde am 02.11.2017 eine Begehung des Geländes durchgeführt. Dabei wurde insbesondere auf Strukturen geachtet, die für Fledermäuse und Vögel von Bedeu-tung sind. Die zum Abriss vorgesehenen Gebäude wurden begangen und auf Fle-dermausspuren untersucht.

Die Auswahl der potenziellen Arten erfolgt einerseits nach ihren Lebensrauman-sprüchen (ob die Habitate geeignet erscheinen) und andererseits nach ihrer allge-meinen Verbreitung im Raum Hamburg - Poppenbüttels. Maßgeblich ist dabei für die Brutvögel der aktuelle Brutvogelatlas Hamburgs (MITSCHKE 2012). Die Verbrei-tung von Fledermäusen und anderen Säugetieren verwendet die aktuellsten Anga-ben in SCHÄFERS et al. (2016).

2.2 Gebietsbeschreibung

Das Untersuchungsgebiet ist ca. 1 ha groß und umfasst damit den Geltungsbereich des B-Planes mit seinen Rändern. Es besteht aus zwei öffentlichen Bürogebäuden, dem dazu gehörenden Parkplatz und schmalen Ziergrünstreifen mit Gebüschen und Bäumen.

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Dipl.-Biol. Karsten Lutz – Artenschutzuntersuchung B-Plan Poppenbüttel 44 Kap. 2 Potenzialanalyse zu Brutvögeln und Arten des Anhangs IV

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Abbildung 2: Untersuchungsgebiet im Luftbild aus Google-Earth™, Da-tenbasis nicht angegeben

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2.3 Potenziell vorhandene Brutvögel

Die potenziell vorhandenen Brutvogelarten sind in Tabelle 1 dargestellt.

Alle potenziell vorhandenen Vogelarten haben ihre Brutplätze und ihren Lebens-raum in den Gehölzen. Die Grünflächen des Untersuchungsgebietes sind zu klein, um Vogelreviere allein unterhalten zu können. Alle Arten müssen weitere Flächen der Umgebung mitnutzen.

Tabelle 1: Artenliste der potenziellen Vogelarten Status : b = Brutvogel; ng: Nahrungsgast; Rote-Liste-Status nach MITSCHKE (2007) und GRÜNEBERG et al. (2015). - = ungefährdet; Trend = kurzfristige Bestandsentwicklung nach MITSCHKE (2012): -- = Rückgang, / = stabil, + = Zunahme

Art HH DE Trend Status

Amsel, Turdus merula - - / b Blaumeise, Parus caeruleus - - + ng Buchfink, Fringilla coelebs - - / b Elster, Pica pica - - -- ng Gimpel, Pyrrhula pyrrhula - - + ng Grünfink, Carduelis chloris - - / b Heckenbraunelle, Prunella modularis - - + b Kohlmeise, Parus major - - + ng Mauersegler Apus apus - - / b Misteldrossel, Turdus viscivorus - - / b Mönchsgrasmücke, Sylvia atricapilla - - + ng Rabenkrähe, Corvus corone - - + b Ringeltaube, Columba palumbus - - + b Rotkehlchen, Erithacus rubecula - - + b Singdrossel, Turdus philomelos / b Zaunkönig, Troglodytes troglodytes - - + b Zilpzalp, Phylloscopus collybita - - + b

Das südliche Gebäude weist im Dachüberstand einen Hohlraum auf, der für Mau-ersegler geeignet wäre. Kleine Spalten, die vom Boden aus nicht erkennbar sind, könnten hier Brutplätze ermöglichen.

Insgesamt besteht nur ein Potenzial für weit verbreitete Arten des verdichteten Siedlungsbereichs, die nicht alle gleichzeitig auftreten, sondern in der Realität in einer Auswahl, die jedoch nur durch eine Erfassung des realen Bestandes in der Brutzeit ermittelt werden könnte. Alle Vogelarten sind nach § 7 BNatSchG beson-ders geschützt.

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Dipl.-Biol. Karsten Lutz – Artenschutzuntersuchung B-Plan Poppenbüttel 44 Kap. 2 Potenzialanalyse zu Brutvögeln und Arten des Anhangs IV

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Gefährdete oder Arten der Vorwarnliste sind nicht zu erwarten. Alle Vogelarten sind nach § 7 BNatSchG als europäische Vogelarten besonders geschützt.

Die hier potenziell vorkommenden Arten, mit Ausnahme der Elster, gehören zu den in letzter Zeit in Hamburg zunehmenden oder im Bestand stabilen Arten (MIT-

SCHKE 2012). Der Bestand der Elster ist zwar derzeit rückläufig, jedoch liegt das nicht an einer Verschlechterung des Lebensraumes, sondern an der zunehmenden Konkurrenz und Prädation durch die Rabenkrähe (MITSCHKE 2012).

2.4 Potenzielles Fledermausvorkommen

Alle potenziell vorkommenden Fledermausarten sind im Anhang IV (streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse) der FFH-Richtlinie aufgeführt und damit auch nach § 7 BNatSchG streng geschützt.

2.4.1 Potenziell vorkommende Fledermausarten

Aufgrund der Verbreitungsübersichten in SCHÄFERS et al. (2016) können im Unter-suchungsgebiet alle in Hamburg vorkommenden Arten vorkommen. Alle potenziell vorkommenden Fledermausarten sind im Anhang IV (streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse) der FFH-Richtlinie aufge-führt und damit auch nach § 7 BNatSchG streng geschützt. Eine Auflistung der verschiedenen Arten ist demnach zunächst nicht erforderlich. Die folgenden Kapi-tel berücksichtigen die Anforderungen aller Arten.

2.4.2 Bewertungsschema für Lebensraumstrukturen (Biotope) für

Fledermäuse

Fledermäuse benötigen drei verschiedene wichtige Biotopkategorien: Sommer-quartiere (verschiedene Ausprägungen) und Winterquartiere als Fortpflanzungs- und Ruhestätten sowie Jagdreviere (Nahrungsräume). Zu jeder dieser Kategorien wird ein dreistufiges Bewertungsschema mit geringer, mittlerer und hoher Bedeu-tung aufgestellt.

• geringe Bedeutung: Biotop trägt kaum zum Vorkommen von Fledermäusen bei. In der norddeutschen Normallandschaft im Überschuss vorhanden.

• mittlere Bedeutung: Biotop kann von Fledermäusen genutzt werden, ist je-doch allein nicht ausreichend, um Vorkommen zu unterhalten (erst im Zu-sammenhang mit Biotopen hoher Bedeutung). In der norddeutschen Nor-

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mallandschaft im Überschuss vorhanden, daher kein limitierender Faktor für Fledermausvorkommen .

• hohe Bedeutung: Biotop hat besondere Qualitäten für Fledermäuse. Für das Vorkommen im Raum möglicherweise limitierende Ressource.

2.4.2.1 Winterquartiere

Winterquartiere müssen frostsicher sein und eine hohe Luftfeuchtigkeit aufweisen. Dazu gehören Keller, Dachstühle in großen Gebäuden, alte, große Baumhöhlen, Bergwerksstollen. Beheizte Gebäude sind nicht geeignet, denn dort ist die Luft zu trocken.

• mittlere Bedeutung: Altholzbestände mit Baumhöhlen; alte, nischenreiche Häuser mit großen Dachstühlen

• hohe Bedeutung: alte Keller oder Stollen; alte Kirchen oder vergleichbare Gebäude; bekannte Massenquartiere

2.4.2.2 Sommerquartiere

Sommerquartiere können sich in Gebäuden oder in Baumhöhlen befinden.

• mittlere Bedeutung: ältere, nischenreiche Wohnhäuser oder Wirtschaftsge-bäude (z.B. traditionelle Dachstühle); alte oder strukturreiche Einzelbäume oder Waldstücke.

• hohe Bedeutung: ältere, nischenreiche und große Gebäude (z.B. Kirchen, al-te Stallanlagen); Waldstücke mit höhlenreichen, alten Bäumen; bekannte Wochenstuben.

2.4.2.3 Jagdreviere

Fledermäuse nutzen als Nahrungsräume überdurchschnittlich insektenreiche Bio-tope, weil sie einen vergleichsweise hohen Energiebedarf haben. Als vergleichswei-se mobile Tiere können sie je nach aktuellem Angebot Biotope mit Massenvermeh-rungen aufsuchen und dort Beute machen. Solche Biotope sind i.d.R. Biotope mit hoher Produktivität, d.h. nährstoffreich und feucht (eutrophe Gewässer, Sümpfe). Alte, strukturreiche Wälder bieten dagegen ein stetigeres Nahrungsangebot auf hohem Niveau. Diese beiden Biotoptypen sind entscheidend für das Vorkommen von Fledermäusen in einer Region.

• mittlere Bedeutung: Laubwaldparzellen, alte, strukturreiche Hecken; Ge-büschsäume / Waldränder; Kleingewässer über 100 m2, kleine Fließgewäs-ser, altes strukturreiches Weideland.

• hohe Bedeutung: Waldstücke mit strukturreichen, alten Bäumen; eutrophe Gewässer oder Röhrichte über 1000 m2; größere Fließgewässer.

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2.4.3 Charakterisierung der Biotope des Gebietes im Hinblick auf ihre

Funktion für Fledermäuse

Bei der Begehung des Untersuchungsgebietes wurde nach den oben aufgeführten Lebensraumstrukturen gesucht. Die Dachböden und Keller der Gebäude wurden intensiv auf Fledermäuse und ihre Anwesenheitsspuren (z.B. Urinstreifen, Kot) durchsucht. Die Bäume wurden auf das Vorkommen von Baumhöhlen vom Boden aus mit dem Fernglas untersucht. Daraus wird die Bewertung der Lebensraumeig-nung für Fledermäuse abgeleitet.

2.4.3.1 Quartiere

Die meisten Bäume sind entweder zu jung und deren Stämme zu schmal, so dass dort Quartiere von Baumhöhlen bewohnenden Arten nicht vorkommen können, oder im Sinne der Verkehrssicherungspflicht gepflegt, so dass anbrüchige Stellen mit nennenswerten Höhlen nicht vorkommen. In einer Birke befand sich ein etwas ausgefaultes Astloch, das sich jedoch nicht zu einer Höhle entwickelt hat. Fleder-mausquartiere sind dort nicht zu erwarten.

Das nördlichere Gebäude steht leer und wird zurzeit nicht genutzt. Der Dachboden ist leer und das Dach nicht gedämmt. Es besteht nur die bloße Dachziegelschicht, so dass alle Winkel untersucht werden konnten. Der Keller und die ehemaligen Büros sind aus glatten Wänden ohne Löcher und versteckte Winkel aufgebaut. Die Fassade weist keine Verkleidungselemente auf, hinter denen Hohlräume vermutet werden können. Es wurden keine Hinweise auf Fledermausvorkommen im nördli-chen Gebäude gefunden.

Das südliche Gebäude wird noch voll genutzt. Ein Teil des Dachbodens war nach einer Beschädigung geöffnet, d.h. das Dämmmaterial vor kurzem entfernt. Dort wurden keine Fledermausspuren entdeckt. Der übrige Dachboden ist ausgebaut und das Dach von innen verkleidet. Dort bestehen Hohlräume, die von Fledermäu-sen genutzt werden können, jedoch nicht eingesehen und überprüft werden kön-nen. Hier ist ein Potenzial für Fledermausquartiere nicht auszuschließen.

Der Dachüberstand dieses Gebäudes bildet ebenfalls einen Hohlraum, der zwar durch eine Lochblende verschlossen ist, jedoch können hier kleine Öffnungen, die vom Boden aus nicht erkennbar sind, bestehen. Auch hier ist ein Potenzial für Fle-dermausquartiere vorhanden.

In den Büroräumen und im Keller wurden keine Hinweise auf Fledermausvor-kommen gefunden.

2.4.3.2 Jagdgebiete (Nahrungsräume)

Die Gehölzränder, die aus einheimischen Arten bestehen, können von ihrer Quali-tät mit mittlerer potenzieller Bedeutung eingestuft werden, jedoch können sie we-gen der geringen Größe der Fläche nur geringere potenzielle Bedeutung haben. In

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der Umgebung (Abbildung 1) sind weitaus bedeutendere potenzielle Jagdgebiete vorhanden (insbesondere Alsterlauf).

2.5 Haselmaus (Muscardinus avellanarius)

Poppenbüttel liegt nach SchÄFERS et al. (2016) nicht im Bereich, der zum Verbrei-tungsgebiet der Haselmaus in Hamburg zählen kann. Die Haselmaus besiedelt Wälder, Parklandschaften, Feldgehölze und Gebüsche (MEINIG ET AL. 2004, JUŠKAITIS & BÜCHNER 2010). Von besonderer Bedeutung sind sonnige und frucht-reiche Gebüschlandschaften. Sie benötigt, dichte, fruchttragende und besonnte Hecken, die hier nicht vorhanden sind (viel Rhododendron und Thuja). Das Vor-kommen von Haselmäusen ist demnach im Untersuchungsgebiet nicht anzuneh-men.

2.6 Potenzial für weitere Arten des Anhangs IV FFH-Richtlinie

Die Käferart Eremit (Osmoderma eremita) kann in mächtigen, alten Laubbäumen vorkommen. Die bis zu 7,5 cm großen Larven des Eremiten leben 3-4 Jahre im Mulm von Baumhöhlen, die z.B. von Spechten angelegt worden sind. Eine Larve benötigt zu ihrer Entwicklung mindestens 1 l Mulm. Brutstätte des Eremiten kann fast jeder Laubbaum sein, der einen Mindestdurchmesser von ca. 80 Zentimetern hat und große Höhlungen im Stamm oder an Ästen aufweist. Bevorzugt werden aber die ganz alten Bäume. Solch große Bäume mit großen Höhlungen sind hier nicht vorhanden.

Andere Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie sind ebenfalls nicht zu erwarten, da die übrigen Arten des Anhangs IV sehr spezielle Lebensraumansprüche haben (Moore, alte Wälder, spezielle Gewässer, marine Lebensräume, Trockenrasen und Heiden), die hier nicht erfüllt werden. Sie sind sämtlich ausgesprochene Biotop-spezialisten und benötigen sehr spezielle Habitate. Da keine geeigneten Gewässer vorhanden sind, können Lebensstätten von Amphibien, Mollusken, Krebsen und Libellen des Anhangs IV nicht vorhanden sein.

In Hamburg kommt nur der Schierlings-Wasserfenchel Oenanthe conioides als Pflanzenart des Anhangs IV ausschließlich im Tidebereich der Elbe vor (BSU 2014).

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Dipl.-Biol. Karsten Lutz – Artenschutzuntersuchung B-Plan Poppenbüttel 44 Kap. 3 Beschreibung der Wirkungen des Vorhabens

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3 Beschreibung der Wirkungen des Vorhabens

3.1 Technische Beschreibung

Auf dem Grundstück sollen Wohngebäude entstehen. Der nördliche Teil ist für Mischnutzung vorgesehen. Es liegt ein B-Plan-Entwurf vor, der in Abbildung 3 dargestellt ist.

Abbildung 3: B-Plan-Vorentwurf (Stand: April 2016, aus Präsentation

des Bezirksamtes zur öffentlichen Plandiskussion vom 09.05.2016).

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Dipl.-Biol. Karsten Lutz – Artenschutzuntersuchung B-Plan Poppenbüttel 44 Kap. 3 Beschreibung der Wirkungen des Vorhabens

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Die Vegetation (ca. 0,1 ha) wird nahezu vollständig beseitigt, während die Stra-ßenbäume zum weitaus größten Teil erhalten bleiben. Um die Flächen der neuen Gebäude werden nach Beendigung der Bauarbeiten neue Zierrabatten, Ziergebü-sche und Bäume angelegt.

Nach erfolgter Bebauung wird die Versiegelung der Flächen nicht größer sein als derzeit. Nach Errichtung der neuen Bebauung werden neue Ziergehölze in Zier-grünflächen im Umfeld der Gebäude und im neuen Park angelegt werden. Der Ge-hölzbestand wird langfristig ungefähr so groß wie derzeit sein.

Die Auswirkungen des Baubetriebes werden im Rahmen des im Hochbau üblichen und innerhalb eines Wohnumfeldes zulässigen liegen. Spezielle Arbeiten, die be-sonderen Lärm oder Schadstoffemissionen verursachen, sind nicht vorgesehen. Zum Brutvogelschutz wird der zu entnehmende Gehölzbestand gemäß der allge-mein gültigen Regelung des § 39 BNatSchG in der Zeit nach dem 30. September und vor dem 01. März beseitigt.

3.2 Wirkung auf Fledermäuse

Potenzielle Fledermausquartiere sind in den von der Planung betroffenen Bäumen nicht vorhanden und werden daher nicht beeinträchtigt (Kap. 2.4.3.1). Das gilt ebenso für den Abriss des nördlichen Gebäudes.

Wenn das südliche Gebäude abgerissen wird, würden potenzielle Fledermausquar-tiere verloren gehen. Dieser Verlust kann technisch zuverlässig durch die Bereit-stellung von künstlichen Nisthilfen an den verbleibenden Bäumen oder an Gebäu-den in der Umgebung oder den neuen Gebäuden vermieden werden. Zur Kompen-sation eines Dachstuhl-Quartiers müssten vorsorglich drei Großraumquartiere in-stalliert werden.

Dabei kann es dann auch zu Verletzungen oder Tötungen von Individuen kommen.

Zur Vermeidung von Tötung von Individuen muss vor Abriss des südlichen Ge-bäudes mit Quartierpotenzial eine Überprüfung auf aktuellen Besatz durch Fle-dermäuse vor der baulichen Maßnahme durchgeführt werden.

3.3 Wirkungen auf Brutvögel

Wenn das südliche Gebäude abgebrochen wird, können potenzielle Brutplätze von Mauerseglern verloren gehen. Diese Brutplätze können technisch einfach mit der Installation neuer Mauerseglerkästen kompensiert werden, so dass die ökologi-schen Funktionen erhalten bleiben.

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Dipl.-Biol. Karsten Lutz – Artenschutzuntersuchung B-Plan Poppenbüttel 44 Kap. 3 Beschreibung der Wirkungen des Vorhabens

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Durch den Verlust der mit Gehölzen bestandenen Flächen verlieren die Brutvogel-arten Teile ihres Lebensraumes. Der Verlust an nutzbarem Vogellebensraum be-trägt ungefähr 0,1 ha und ist damit viel kleiner als ein typisches Vogelrevier.

Arten der Tabelle 1 mit großen Revieren oder Arten, die hier nur Nahrungsgebiete haben, können in die Umgebung (Abbildung 1) ausweichen, denn sie verlieren nur geringe Anteile ihrer Streifgebiete. Die Arten mit sehr großen Revieren, wie die Rabenvögel und Tauben verlieren nur einen kleinen Teil ihres Brut- und Nah-rungsreviers. Die Tauben- und Rabenvogelarten gehören zu den anpassungsfähi-gen Arten, die nahezu überall in der Stadt vorkommen und dort im Bestand zu-nehmen. Sie können in Anbetracht ihrer großen Reviere in die Umgebung auswei-chen. Die ökologischen Funktionen im Sinne des § 44 (5) BNatSchG bleiben damit im räumlichen Zusammenhang erhalten.

Die übrigen Arten mit kleineren Revieren (Amsel – Zilpzalp) verlieren zwar relativ bedeutendere Anteile ihrer Reviere als die Arten mit großen Revieren. Es handelt sich allerdings um Arten, deren Bestände in Hamburg in den letzten Jahrzehnten mit der Zunahme der Gehölze im Siedlungsraum zugenommen haben (MITSCHKE 2012). Langfristig bleiben die Funktionen der betroffenen Lebensstätten daher im räumlichen Zusammenhang1 erhalten bzw. entstehen neu. Alle betroffenen Arten sind ungefährdet. Auch der Verlust einzelner Brutreviere würde nicht den Erhal-tungszustand dieser Arten gefährden. Ein eventueller Verlust der Reviere wird nicht zu einem ungünstigen Erhaltungszustand und damit Gefährdung der Arten im Raume Hamburgs führen. Die kurzfristige Bestandsverminderung bis zur Neu-entwicklung von Gehölzen können diese Arten mit ihren großen Populationen überstehen, ohne dass es zu einem Bestandseinbruch kommt.

Eine intensivere Auseinandersetzung mit den artenschutzrechtlichen Verbotstat-beständen ist nach BSU (2014) für die Arten des Anhangs IV der FFH - Richtlinie und den in Anlage 2c der Handreichung BSU (2014) aufgeführten Vogelarten er-forderlich. Solche Arten sind hier, mit Ausnahme des Mauerseglers, der oben be-handelt wurde, nicht vorhanden (Tabelle 1). Keine weitere der potenziell vorkom-menden Arten ist dort aufgelistet.

Die hier vorkommenden Vögel gehören sämtlich zu den im Hinblick auf diskonti-nuierlichen Lärm störungsunempfindlichen Arten. Baumaßnahmen in der Um-grenzung des Plangebietes werden kaum weiter reichen als seine Grenzen. Es kommt also nicht zu nennenswerten Störungen über den Bereich, in dem gebaut wird, hinaus.

1 Da Vögel vergleichsweise mobil sind, ist anzunehmen, dass die in Norddeutschland vorkommen-den Individuen der betreffenden Arten eine zusammenhängende Population bilden. Der räumliche Zusammenhang dieser Population ist demnach sehr weit.

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Dipl.-Biol. Karsten Lutz – Artenschutzuntersuchung B-Plan Poppenbüttel 44 Kap. 4 Artenschutzprüfung

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Die hier mit Brutrevieren vorkommenden Arten bauen in jedem Jahr ein neues Nest, so dass außerhalb der Brutzeit keine dauerhaft genutzten Fortpflanzungsstät-ten vorhanden sind.

4 Artenschutzprüfung

Ein Bebauungsplan kann selbst nicht gegen die Zugriffsverbote des § 44 BNatSchG verstoßen, sondern nur dessen Vollzug. Er verstößt jedoch gegen § 1 Abs. 3 BauGB, wenn bei der Beschlussfassung absehbar die Zugriffsverbote des § 44 unüberwind-liche Hindernisse für die Verwirklichung darstellen. Es ist also festzustellen, ob eventuelle Verletzungen der Zugriffsverbote auftreten und ggf. überwunden wer-den können. Im Abschnitt 5 des Bundesnaturschutzgesetzes sind die Bestimmun-gen zum Schutz und Pflege wild lebender Tier- und Pflanzenarten festgelegt. Ne-ben dem allgemeinen Schutz wild lebender Tiere und Pflanzen (§ 39) sind im § 44 strengere Regeln zum Schutz besonders und streng geschützter Arten festgelegt.

In diesem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag werden die Bestimmungen des be-sonderen Artenschutzes nach § 44 Abs. 1 BNatSchG behandelt.

Nach § 44 Abs. 1 BNatSchG ist es verboten (Zugriffsverbote) 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu

fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,

2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vo-gelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinte-rungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,

3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,

4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwick-lungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu be-schädigen oder zu zerstören.

Sofern die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätte oder der Standorte wild lebender Pflanzen im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt werden kann, führt dies zu einer Teil-freistellung von den Verboten des § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG. Ein Verstoß gegen das Verbot liegt nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Ein-griff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird (§ 44 (5) BNatSchG). Von Bedeutung ist, dass die Funktion der Lebensstätte für die Populationen der betroffenen Arten

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Dipl.-Biol. Karsten Lutz – Artenschutzuntersuchung B-Plan Poppenbüttel 44 Kap. 4 Artenschutzprüfung

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kontinuierlich erhalten bleibt. Kann dies bestätigt werden oder durch Vermei-dungsmaßnahmen oder vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen erreicht werden, ist keine Ausnahmegenehmigung erforderlich. Geht die Funktion der Lebensstätte dauerhaft verloren oder wird sie zeitlich begrenzt derart unterbrochen, dass dies für die Populationen der relevanten Arten nicht tolerabel ist, ist von einem Ver-botstatbestand auszugehen. Kann die Lebensstätte als solche ihre Funktion bei einer Beschädigung weiter erfüllen, weil nur ein kleiner, unerheblicher Teil einer großräumigen Lebensstätte verloren geht ohne dass dieses eine erkennbare Aus-wirkung auf die ökologische Funktion bzw. auf die Population haben wird, ist der Verbotstatbestand nicht erfüllt.

4.1 Zu berücksichtigende Arten

Im BNatSchG ist klargestellt, dass für nach § 15 BNatSchG zulässige Eingriffe so-wie für Vorhaben in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 BauGB, während der Planaufstellung nach § 33 BauGB und im Innenbereich nach § 34 BauGB die artenschutzrechtlichen Verbote nur noch bezogen auf die europäisch geschützten Arten, also die Arten des Anhang IV der FFH-Richtlinie und die europäischen Vo-gelarten, gelten. Im hier vorliegenden Fall betrifft das Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie (Fledermäuse) und alle Vogelarten (Tabelle 1). Eine Rechtsverord-nung nach § 54 (1) Nr. 2 BNatSchG, die weitere Arten benennen könnte, ist bisher nicht erlassen.

4.2 Zu berücksichtigende Lebensstätten von europäischen Vogelar-

ten

Nach § 44 BNatSchG ist es verboten, europäischen Vogelarten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen, zu töten, sie erheblich zu stören oder ihre Entwicklungsfor-men, Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Der Tatbestand des Tötens, Verletzens oder der Entnahme von Individuen sowie des Störens wird durch die Wahl des Rodungszeitpunktes von Gehölzen im Winterhalbjahr vermieden. Es verbleibt in dieser Untersuchung die Frage nach der Beschädigung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten.

Fortpflanzungsstätten sind die Nester der Vögel incl. eventueller dauerhafter Bau-ten, z.B. Spechthöhlen. Für Brutvögel, die sich jedes Jahr einen neuen Nistplatz suchen, ist das Nest nach dem Ausfliegen der letzten Jungvögel funktionslos ge-worden und eine Zerstörung des alten Nestes somit kein Verbotstatbestand. In die-sen Fällen ist das gesamte Brutrevier als relevante Lebensstätte heranzuziehen: Trotz eventueller Inanspruchnahme eines Brutplatzes kann von der Erhaltung der Brutplatzfunktion im Brutrevier ausgegangen werden, wenn sich innerhalb des

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Dipl.-Biol. Karsten Lutz – Artenschutzuntersuchung B-Plan Poppenbüttel 44 Kap. 4 Artenschutzprüfung

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Reviers weitere vergleichbare Brutmöglichkeiten finden, an denen die Brutvögel ihr neues Nest bauen können. In diesem Fall ist die Gesamtheit der geeigneten Strukturen des Brutreviers, in dem ein Brutpaar regelmäßig seinen Brutplatz sucht, als relevante Lebensstätte (Fortpflanzungs- und Ruhestätte) anzusehen. Soweit diese Strukturen ihre Funktionen für das Brutgeschäft trotz einer teilweisen Inanspruchnahme weiter erfüllen, liegt keine nach § 44 relevante Beschädigung vor. Vogelfortpflanzungs- und Ruhestätten sind also dann betroffen, wenn ein gan-zes Brutrevier, indem sich regelmäßig genutzte Brutplätze befinden, so beschädigt wird, dass es seine Funktion verliert.

Zu betrachten ist also, ob Brutreviere von europäischen Vogelarten komplett besei-tigt werden. Diese Frage wird in Kap. 3.3 (S. 11) beantwortet: Mit dem Abriss des südlichen Gebäudes können Mauersegler potenzielle Brutplätze verlieren. Die an-deren potenziell vorkommenden Arten verlieren keine Lebensstätten bzw. können in die Umgebung ausweichen, so dass die Funktionen der Fortpflanzungsstätten dieser Arten im räumlichen Zusammenhang erhalten bleiben.

4.3 Zu berücksichtigende Lebensstätten von Fledermäusen

Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Fledermäusen sind ihre Quartiere. Die po-tenziellen Tagesquartiere von Spalten bewohnenden Arten gelten nach der derzei-tigen Diskussion nicht als zentrale Lebensstätten und damit nicht als Fortpflan-zungs- und Ruhestätten im Sinne des § 44, denn sie sind i.d.R. so weit verbreitet, dass praktisch immer ausgewichen werden kann. Jagdgebiete gehören nicht zu den in § 44 aufgeführten Lebensstätten, jedoch können sie für die Erhaltung der ökolo-gischen Funktion der Fortpflanzungsstätten Bedeutung erlangen. Das trifft dann zu, wenn es sich um besonders herausragende und für das Vorkommen wichtige limitierende Nahrungsräume handelt.

Mit dem Abriss des südlichen Gebäudes gehen potenzielle Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Fledermäusen verloren (Kap. 3.2). Es gehen keine Nahrungsräu-me in so bedeutendem Umfang verloren, dass es zum Funktionsverlust eventuell vorhandener, benachbarter Fortpflanzungsstätten kommt.

4.4 Prüfung des Eintretens der Verbote nach § 44

Die zutreffenden Sachverhalte werden dem Wortlaut des § 44 (1) BNatSchG stich-wortartig gegenübergestellt.

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Nach § 44 Abs. 1 BNatSchG ist es verboten (Zugriffsverbote) 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu

fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,

a. Dieses Verbot wird im Hinblick auf Vögel nicht verletzt, wenn die die Fällung der Gehölze außerhalb der Brutzeit der Vögel stattfindet (01.März – 30. September; allgemein gültige Regelung § 39 BNatSchG). Fledermäuse könnten beim Abriss des südlichen Gebäudes verletzt oder getötet werden. Vor Abriss müsste daher dieses Gebäude auf ak-tuellen Besatz überprüft werden und ggf. spezielle Maßnahmen er-griffen werden.

2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vo-gelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinte-rungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,

b. Dieses Verbot wird nicht verletzt, da die Arbeiten zur Baufeldräu-mung (z.B. Rodung von Gehölzen) vor der Brutzeit der Vögel begin-nen. Der Baubetrieb führt nicht zu erheblichen Störungen der umge-benden Tierwelt, da es sich um störungsgewohnte Arten des Sied-lungsbereichs handelt. Die lokalen Populationen haben im Übrigen einen so guten Erhaltungszustand, dass selbst ein zeitweiliger Verlust eines Brutpaares nicht zu einer Verschlechterung und damit zu einer erheblichen Störung im Sinne des § 44 führen würde. Störungstatbe-stände nach § 44 (1) Nr. 2 BNatSchG treten durch das Bauvorhaben für die Fledermausfauna nicht ein.

3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,

c. Potenzielle Fortpflanzungsstätten des Mauerseglers werden beim Ab-riss des südlichen Gebäudes zerstört. Potenzielle Fortpflanzungs- o-der Ruhestätten der übrigen Vogelarten werden nicht beschädigt, denn sie können in die Gehölze der benachbarten Umgebung auswei-chen, so dass deren Funktionen im räumlichen Zusammenhang er-halten bleiben (Kap. 3.3). Potenzielle Fortpflanzungs- oder Ruhestät-ten von Fledermäusen werden mit dem Abriss des südlichen Gebäu-des zerstört, können aber technisch einfach kompensiert werden (Kap. 3.2).

4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwick-lungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu be-schädigen oder zu zerstören.

d. trifft hier nicht zu, da keine Pflanzenarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie vorkommen.

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Bei einer Verwirklichung des Bebauungsplanes kommt es demnach nicht zum Ein-treten eines Verbotes nach § 44 (1) BNatSchG, wenn Kompensationsmaßnahmen für Vögel (Bereitstellung künstlicher Nisthilfen für Mauersegler) und Fledermäuse (Bereitstellung künstlicher Quartiere) durchgeführt werden. Es wird dann durch Ausgleichsmaßnahmen sichergestellt, dass die ökologischen Funktionen der be-troffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten kontinuierlich erhalten bleiben. Ent-sprechend ihrer Zielsetzung werden diese Maßnahmen als CEF-Maßnahmen2 (Continuous Ecological Functionality) bezeichnet. Sie sind in der Regel zeitlich vorgezogen zu realisieren, um zum Zeitpunkt der Beeinträchtigung wirksam sein zu können. Bei nicht gefährdeten Arten, wie hier vorliegend, kann ein zeitlich vo-rübergehender Verlust der Funktionen der betroffenen Lebensstätte hingenom-men werden, wenn langfristig keine Verschlechterung der Gesamtsituation im räumlichen Zusammenhang damit verbunden ist. Der Ausgleich muss also im hier vorliegenden Fall nicht vorgezogen verwirklicht werden. Er wäre dann einer typi-schen Ausgleichsmaßnahme vergleichbar (Artenschutzrechtliche Ausgleichsmaß-nahme).

Mit der Schaffung von neuen Nisthöhlen für Mauersegler und Fledermausquartie-ren sind die ökologischen Funktionen der Vögel und Fledermäuse zu erhalten.

4.5 Vermeidungsmaßnahmen und Hinweise für Kompensations-

maßnahmen

Es ergeben sich somit aufgrund der Prüfung des Eintretens der Verbote nach § 44 BNatSchG folgende notwendige Maßnahmen:

− Keine Rodung von Gehölzen und Beginn der Bauarbeiten in der Brutzeit (01. März bis September - allgemein gültige Regelung § 39 BNatSchG).

− Bereitstellung neuer Mauerseglerkästen., wenn das südliche Gebäude abgeris-sen wird. Diese Maßgabe entfällt, wenn durch eine Untersuchung ein Mauer-seglervorkommen ausgeschlossen werden kann.

− Kein Abriss des Gebäudes mit Fledermausquartierpotenzial (Kap. 3.2) ohne Suche nach Fledermäusen im betreffenden Gebäude, um ein Vorkommen aus-zuschließen bzw. spezielle Maßnahmen zu konzipieren.

− Bereitstellung von künstlichen Quartieren für Fledermäuse in Gebäuden, falls sie beseitigt werden.

2 CEF = vor Beginn des Verlustes wirksame Ausgleichsmaßnahme (continuous ecological functiona-lity: Artenschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme oder FCS = Maßnahmen zur Sicherung des Erhal-tungszustandes (favourable conservation status), die erst nach dem Verlust wirksam werden.

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5 Zusammenfassung

In Hamburg-Poppenbüttel soll auf einer derzeit bereits intensiv genutzten Fläche eine neue Bebauung geplant werden.

Eine Potenzialanalyse ergibt das potenzielle Vorkommen von anpassungsfähigen Vogelarten des dichteren Siedlungsbereichs (Tabelle 1). Fledermäuse haben poten-zielle Quartiere im südlichen Gebäude (Kap. 2.4.3.1, S. 8). In den übrigen Gehölzen bestehen keine potenziellen Fledermausquartiere, da keine geeigneten Höhlen vorhanden sind.

Für die Arten, die nach den europäischen Richtlinien (FFH-RL, Anh. IV [Fleder-mäuse und europäische Vogelarten]) geschützt sind, wird eine artenschutzrechtli-che Betrachtung vorgenommen.

Mauersegler können mit dem südlichen Gebäude Brutplätze verlieren. Mit der Be-reitstellung künstlicher Nisthilfen können die ökologischen Funktionen erhalten bleiben. Die anderen im Untersuchungsgebiet potenziell vorkommenden Brutvo-gelarten sind nicht vom Verlust ganzer Brutreviere und damit einer Zerstörung oder Beschädigung ihrer Fortpflanzungsstätte im Sinne des § 44 BNatSchG durch das Vorhaben betroffen. Die ökologischen Funktionen bleiben erhalten. (Kap. 3.3).

Bei potenziell im Dachstuhl des südlichen Gebäudes vorhandenen Fledermäusen sind potenzielle Fortpflanzungs- und Ruhestätten nicht betroffen, wenn der even-tuelle Verlust von potenziellen Quartieren in Gebäuden durch die Bereitstellung künstlicher Fledermauskästen kompensiert wird (Kap. 3.2).

Einer Verwirklichung des Bebauungsplans stehen keine unüberwindlichen Hin-dernisse entgegen.

6 Literatur

BSU – Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt - Abteilung Naturschutz (2014): Hinweise zum Artenschutz in der Bauleitplanung und der baurechtlichen Zulas-sung

GRÜNEBERG, C., H.- G. BAUER, H. HAUPT, O. HÜPPOP & T. RYSLAVY & P. SÜDBECK (2015): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands. Berichte zum Vogelschutz 52:19-67

JUŠKAITIS, R. & S. BÜCHNER (2010): Die Haselmaus. Neue Brehm Bücherei 670. Hohenwarsleben 182 S.

KÜHNEL, K.-D., A. GEIGER, H. LAUFER, R. PODLOUCKY & M. SCHLÜPMANN (2009): Rote Liste und Gesamtartenliste der Lurche (Amphibia) Deutschlands – Stand Dezember 2008. Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (1):259-288

Page 19: für den B-Plan Poppenbüttel 44, „Wentzelplatz“

Dipl.-Biol. Karsten Lutz – Artenschutzuntersuchung B-Plan Poppenbüttel 44 Kap. 6 Literatur

Dipl.-Biol. Karsten Lutz, Bebelallee 55d , 22297 Hamburg, 19

MEINIG, H, P. BOYE & S. BÜCHNER (2004): Muscardinus avellanarius. In: PETERSEN, B., G. ELLWANGER, R. BLESS, P. BOYE, E. SCHRÖDER & A. SSYMANK (2004): Das eu-ropäische Schutzgebietssystem Natura 2000 – Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Bd. 2 – Wirbeltiere. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69/2:453-457

MITSCHKE, A. (2007): Rote Liste der gefährdeten Brutvögel in Hamburg, 3. Fas-sung 2006. Hamburger avifaunistische Beiträge 34:183-227

MITSCHKE, A. (2012): Atlas der Brutvögel in Hamburg und Umgebung. Hamburger avifaunistische Beiträge 39:5-228

SCHÄFERS, G., H. EBERSBACH, H. REIMER, P. KÖRBER, K. JANKE, K. BORGGRÄFE & F. LANDWEHR (2016): Atlas der Säugetiere Hamburgs. Artenbestand, Verbreitung, Rote Liste, Gefährdung und Schutz. Behörde für Umwelt und Energie, Amt für Naturschutz

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Dipl.-Biol. Karsten Lutz – Artenschutzuntersuchung B-Plan Poppenbüttel 44 Kap. 7 Artenschutztabelle (europäisch geschützte Arten)

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7 Artenschutztabelle (europäisch geschützte Arten)

Art / Arten-gruppe

Schutzsta-tus

Verbotstatbestand BNatSchG

Vermeidungs- / Aus-gleichsmaßnahme

Rechtsfolge

Fledermäuse Anhang IV, streng ge-schützt

Verlust von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im Gebäude (Kap. 3.2, S. 11)

Bereitstellung künstlicher Quartiere

Verbotstatbestand nicht verletzt wenn Kompensa-tionsmaßnahme durchge-führt wird

Mauersegler

europäische Vogelarten

Verlust von Fortpflanzungsstät-ten im Gebäude (Kap. 3.3)

Bereitstellung künstlicher Nisthilfen

Übrige Brutvo-gelarten der Ta-belle 1

Maximal geringer zeitweiliger Verlust des Brut- und Nah-rungshabitats. Ausweichen in Umgebung möglich (Kap. 3.3): § 44 (1) Nr. 3 in Verb. mit § 44 (5) Satz 5

-

Verbotstatbestand nicht verletzt wegen § 44 (5) Satz 5