geschäftsbericht 2006

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GESCHÄFTSBERICHT 2006

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Die Geschäftsberichte erscheinen jährlich und berichten umfassend über die Arbeitsschwerpunkte der BDA des vergangenen Jahres. Hier werden alle wichtigen Veränderungen in der nationalen und europäischen Sozialpolitik, im Arbeitsrecht, in der Arbeitsmarkt-, Tarif- und Bildungspolitik sowie der allgemeinen Wirtschaftspolitik analysiert und bewertet.

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GESCHÄFTSBERICHT 2006

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Vorwort

ArbeitsmArkt

Arbeitsrecht

tArifpolitik

soziAle sicherung

bildung / berufliche bildung

europäische und internAtionAle soziAlpolitik

gesellschAftspolitik

presse- und öffentlichkeitsArbeit

bdA-mitgliedsVerbände

präsidium und VorstAnd

in memoriAm

bdA-orgAnigrAmm

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SEHR GEEHRTE DamEn unD HERREn,

das vergangene Jahr hat durch einen wirtschaftlichen Aufschwung überrascht, mit dem auch konjunkturexperten und alle prognostiker nicht gerechnet hatten. es stand unter dem Vorzeichen einer deutlich veränderten politischen land-schaft und einer inneren, organisatorischen sowie konzeptionellen erneuerung der bdA.

die bdA hat sich als dienstleister für ihre mitgliedsverbände, als programmatischer und konzeptioneller motor not-wendiger reformprozesse und in der zusammenarbeit mit anderen wirtschaftsverbänden weiterentwickelt und neu aufgestellt. Am 1. november haben sich die präsidenten von bdA und bdi auf eine engere zusammenarbeit der bei-den Verbände verständigt. kern der kooperationsvereinbarung ist die bildung eines gemeinsamen präsidiums und die zusammenlegung wichtiger teile unserer organisationen, um die zusammenarbeit zu intensivieren, die organisation zu straffen und die Effizienz der Arbeit zu verbessern. Ziel ist, die Schlagkraft der wirtschafts- und sozialpolitischen interessenvertretung unserer mitglieder durch ein verstärktes zusammenwirken zu erhöhen. wir werden ressourcen bündeln, die gemeinsame kommunikation gegenüber der politik und öffentlichkeit intensivieren und beide Verbände werden in brüssel gemeinsam und einheitlich auftreten.

die erfreuliche wirtschaftliche Aufhellung im Jahre 2006 ist vor allem auf die beständigen Anstrengungen der unterneh-men zurückzuführen. sie haben ihre wettbewerbsfähigkeit in den letzten Jahren durch konsequente strukturverände-rungen und durch eine moderate, innovative tarifpolitik erheblich gesteigert. zwar gab es auch aus der politik positive signale, etwa mit der föderalismusreform, ersten vernünftigen Ansätzen beim bürokratieabbau oder mit sozialpoli-tischen entscheidungen, wie der Anhebung des renteneintrittsalters. dennoch blieben die reformanstrengungen der großen koalition hinter dem zurück, was für eine nachhaltige Verbesserung der wirtschafts- und beschäftigungsentwick-lung notwendig ist. es gab keinen konsens für grundlegende strukturreformen in den sozialversicherungen, insbeson-dere keinen einzigen schritt zur entkopplung von sozialer sicherung und Arbeit, keine bereitschaft zur neuordnung der Arbeitsmarktverfassung, keine nennenswerten impulse zur reform des Arbeitsrechts.

um für die zukunft die strukturellen probleme in deutschland wirklich in den griff zu bekommen, müssen die rahmen-bedingungen konsequent auf wachstum und beschäftigung ausgerichtet werden. zu diesen notwendigen reformmaß-nahmen hat die bdA auch dieses Jahr neue oder aktualisierte konzepte in allen bereichen der sozialpolitik vorgelegt. der geschäftsbericht 2006 informiert sie über die wichtigsten politischen schwerpunkte unserer Arbeit in diesem Jahr.

Dr. Reinhard Göhnerhauptgeschäftsführer und mitglied des präsidiums

berlin, im dezember 2006

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EnTSpannunG am aRBEITSmaRKT FüR REFoRmEn nuTzEn

2006 war endlich wieder einmal ein besseres Jahr für den Arbeitsmarkt. so ist die zahl der Arbeitslosen im Jahres-durchschnitt gegenüber dem Vorjahr um mehr als 350.000 zurückgegangen und die sozialversicherungspflichtige beschäftigung hat nach ersten hochrechnungen um gut 300.000 zugenommen. damit eine wirklich dauerhafte und nachhaltige trendwende am Arbeitsmarkt eintre-ten kann, sind jetzt begleitende reformen unerlässlich. trotz aller freude über besserungstendenzen: Anlass zur euphorie gibt es nicht. das traurige rekordergebnis der Arbeitslosigkeit im Jahre 2005 konnte verringert und die massive Abwärtsbewegung der letzten Jahre bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung gestoppt und in eine Aufwärtsbewegung umgekehrt werden. Von nach-haltiger entspannung am Arbeitsmarkt kann keine rede sein. die beschäftigungsverluste der vergangenen Jahre sind noch nicht einmal kompensiert und die zahl der re-gistrierten Arbeitslosen liegt immer noch bei 4,5 mio.

zugleich muss aber auch den ewigen schwarzmalern entschieden widersprochen werden, die aus der noch immer viel zu hohen Arbeitslosigkeit schlussfolgern, dass jenseits des ersten Arbeitsmarktes ein zweiter oder gar dritter entwickelt werden müsse. deutschland belegt selbst mit dem diesjährigen wachstum von über 2 % im europäischen Vergleich nur einen hinteren platz. Außer-dem haben die gewaltigen wachstumsverluste in den Jahren 1991 bis 2004 gemessen am durchschnitt der europäischen union der damaligen 15 mitgliedstaaten auch am deutschen Arbeitsmarkt tiefe spuren hinterlas-sen. während die eu-länder in dieser zeit insgesamt ein reales wachstum von fast 30 % erzielt haben, wurde in deutschland mit mageren 14 % noch nicht einmal die hälfte erreicht. der internationale Vergleich zeigt klar, dass die probleme am deutschen Arbeitsmarkt nicht folge internationaler entwicklungen oder nur der globalisierung sind, sondern ganz wesentlich auf eigenen fehlern und Versäumnissen beruhen. für deutschland besteht – an-gesichts anhaltend hoher Arbeitslosigkeit – weder grund zur resignation noch – angesichts guter konjunktur – zur selbstzufriedenen tatenlosigkeit. der handlungsdruck am Arbeitsmarkt ist unverändert hoch. die politik darf sich nicht auf die gut laufende weltwirtschaft verlas-sen. sie muss vielmehr die wärmende konjunktursonne

nutzen, um strukturreformen voranzubringen und so die Auftriebskräfte am Arbeitsmarkt zu stärken.

dass dies möglich ist und dabei erhebliche potenziale freigesetzt werden können, zeigen die fortschritte im be-reich der Arbeitslosenversicherung. hier wird mit der Ab-senkung des beitragssatzes von 6,5 auf 4,2 % zum beginn des nächsten Jahres ein großer schritt getan. damit wird erstmals seit bestehen der bundesrepublik nach einer zeit ständig steigender beitragssätze in der sozialversicherung der beitrag in einem sozialversicherungszweig um mehr als ein drittel reduziert. würde dieser erfolg nicht durch unnötige beitragssatzsteigerungen an anderer stelle kon-terkariert, wären nach wissenschaftlichen schätzungen allein hieraus über 300.000 zusätzliche Arbeitsplätze möglich. die beitragssenkung in der Arbeitslosenversi-cherung in so hohem Ausmaß ist begünstigt durch die gute konjunkturelle entwicklung und wird ermöglicht durch Mittelzufluss aus der Mehrwertsteuer. Aber wir ernten mit der beitragssatzsenkung auch die früchte des reformprozesses in der bundesagentur für Arbeit (bA). hier ist es seit einführung der neuen steuerungslogik nach wirkung und wirtschaftlichkeit in den letzten vier Jahren gelungen, einen konsolidierungsbeitrag von fast 15 Mrd. € zu erwirtschaften, ohne dass dies mit Einbu-ßen bei den integrationen in den Arbeitsmarkt verbunden gewesen wäre. diese grundlinie haben bA-Vorstand und Verwaltungsrat in breitem einvernehmen auch für 2007 wieder bestätigt , indem sie einen realistischen haushalt verabschiedet haben, bei dem für Arbeitsmarktpolitik nur ausgegeben wird, was tatsächlich nach wirkung und wirtschaftlichkeit vertretbar ist.

geradezu tragisch wäre es, den rückwärtsgang ein-zulegen und in die sackgasse der früheren verfehlten Arbeitsmarktpolitik zurückzufahren: sei es durch wie-der verlängerte bezugszeiten beim Arbeitslosengeld, die nicht in beschäftigung, sondern nur in die früh-rente führen, sei es durch neue Abm für angeblich hunderttausende nicht mehr in den Arbeitsmarkt Ver-mittelbare oder sei es durch breite lohnsubventionen, die nicht brücken für Arbeitslose in den Arbeitsmarkt bauen, sondern nur beschäftigung als strohfeuer ent-fachen. falsch wäre es auch, durch mindestlöhne beschäftigungs- und damit teilhabechancen für men-schen ohne oder mit nur geringer beruflicher Quali-fikation am ersten Arbeitsmarkt zu versperren. Dies würde sie im dauerhaften fürsorgebezug regelrecht

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einmauern. stattdessen muss das mit dem sgb ii einge-führte kombi-einkommen aus eigenem erwerbseinkom-men, ergänzender fürsorgeleistung „Arbeitslosengeld ii“ und anreizsteigernden freibeträgen so weiterentwickelt werden, dass derjenige, der sich in einem Vollzeitjob anstrengt und die solidargemeinschaft entlastet, nicht der dumme ist. die größte reformbaustelle am Arbeits-markt bleibt die fürsorgeleistung „Arbeitslosengeld ii“. Dass hier noch lange nicht flächendeckend das notwen-dige „fordern und fördern“ von hilfebedürftigen mit häufig mehreren Vermittlungshemmnissen gelungen ist, offenbart sich allein schon darin, dass von ca. 3,5 mio. erwerbsfähigen hilfebedürftigen, die dem Arbeitsmarkt faktisch zur Verfügung stehen, noch nicht einmal je-der dritte einer beschäftigung nachgeht, während über zwei drittel mit keinem einzigen selbst erarbeiteten euro die steuerzahler von der an sie zu zahlenden fürsorge-leistung wenigstens geringfügig entlasten.

die bdA hat zu allen reformbaustellen detaillierte baupläne auf den tisch gelegt. wir werden uns weiter entschieden dafür einsetzen, dass die von der regie-rungskoalition für das nächste Jahr angekündigten re-formmaßnahmen mehr flexibilität und dynamik am Arbeitsmarkt ermöglichen und nicht alte blockaden für wachstum und beschäftigung in deutschland be-standsschutz erhalten oder gar neue hinzukommen.

EnTwICKlunG am aRBEITSmaRKT GESTalTEn

die lage am Arbeitsmarkt hat sich insbesondere in der zweiten Jahreshälfte 2006 aufgehellt: die zahl der Ar-beitslosen ist deutlich zurückgegangen, im november wurde zum ersten mal seit vier Jahren die 4-millionen-marke leicht unterschritten. der ungewöhnlich milde herbst hat dazu ebenso beigetragen wie die spürbar bessere konjunktur. erfreulich ist, dass die Arbeits-losenzahlen im laufe des Jahres auch bereinigt um saisonale Einflüsse gesunken sind, im Monatsdurch-schnitt um knapp 40.000. bei der sozialversicherungs-pflichtigen Beschäftigung wurde nach Jahren massiven beschäftigungsabbaus seit mai dieses Jahres die trend-wende zum Aufbau geschafft. im herbst wurde nach hochrechnungen der bundesagentur für Arbeit (bA) das Vorjahresniveau um über 300.000 überschritten. besonders dynamisch entwickelten sich dabei die zeitarbeitsbranche und sonstige unternehmensnahe dienstleistungen, aber selbst im baugewerbe, das jahrelang Arbeitsplätze abbauen musste, liegt die zahl der beschäftigten im herbst erstmals wieder auf Vorjah-resniveau. Auch die zahl der offenen stellen ist 2006 gestiegen. Von Januar bis november 2006 wurden bei den Arbeitsagenturen rund 150.000 bzw. gut 7 % mehr

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Jobangebote am ersten Arbeitsmarkt gemeldet als im entsprechenden Vorjahreszeitraum.

trotz dieser positiven Vorzeichen bleibt die entwick-lung am Arbeitsmarkt gespalten. Von den gesamt-wirtschaftlichen Aufschwungtendenzen 2006 haben am Arbeitsmarkt vor allem diejenigen profitiert, die ohnehin bessere beschäftigungschancen haben. die zahl der kurzzeitig Arbeitslosen ging im Verlauf des Jahres bis auf den Juli monat für monat zurück und lag zuletzt um fast 540.000 unter dem novemberwert vor einem Jahr. seit April 2006 ist auch die Arbeits-losigkeit bei den „hartz-iV“-empfängern im monats-verlauf gesunken, aber deutlich schwächer. haupt-grund für diese entwicklung ist aber weniger, dass die wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung endlich auch zur Überwindung der strukturell verfestigten lang-zeitarbeitslosigkeit beiträgt. maßgeblich beruht der rückgang offenkundig auf intensiverer betreuung von langzeitarbeitslosen sowie systematischerer Überprü-fung, ob diese tatsächlich für die Vermittlung zur Ver-fügung stehen. so erfreulich es ist, dass die notwen-dige Aktivierungsstrategie bei Arbeitsgemeinschaften und optionskommunen offenbar endlich anläuft – innerhalb des vergangenen Jahres ist der Anteil der arbeitslosen fürsorgeempfänger an den Arbeitslosen

aber insgesamt weiter gewachsen. er lag ende 2006 bei rund 65 %.

bei relativ stabiler konjunktur rechnen die wirtschafts-forscher für 2007 mit einem erneuten plus bei der so-zialversicherungspflichtigen Beschäftigung um rund 250.000, etwa in gleichem umfang soll die registrierte Arbeitslosigkeit sinken. damit würde der Jahresdurch-schnitt der Arbeitslosen 2007 aber immer noch knapp 4,3 mio. betragen. dies zeigt, dass die politik noch viel mehr tun muss, um den deutschen Arbeitsmarkt wieder in ordnung zu bringen.

BEITRaGSSEnKunG: REFoRmKuRS DER BunDESaGEnTuR TRÄGT FRüCHTE

im Jahre 2006 ist die bundesagentur für Arbeit (bA) in ihrem reformprozess ein gutes stück weitergekommen. greifbare ergebnisse lieferte auch 2006 das seit rund vier Jahren praktizierte steuerungssystem, das die mittelver-wendung in der Arbeitsmarktpolitik auf wirkung und wirtschaftlichkeit ausrichtet. die bA konnte 2006 erst-mals seit 20 Jahren wieder einen deutlich positiven Jah-resabschluss aufweisen. so können die beitragssätze zur

lanGzEITaRBEITSloSIGKEIT BlEIBT 2006 auF HoHEm nIvEau

in mio.

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Jan 05 mrz 05 mai 05 Jul 05 sep 05 nov 05 Jan 06 mrz 06 mai 06 Jul 06 sep 06

Arbeitslose im sgb ii

Arbeitslose im sgb iii

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Quelle: Bundesagentur für Arbeit

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Arbeitslosenversicherung ab Januar 2007 unter anderem deshalb auf 4,2 % und damit stärker gesenkt werden als ursprünglich vom gesetzgeber beschlossen, weil die mit-tel gerade auch für Arbeitsmarktpolitik möglichst effektiv und sparsam eingesetzt werden. Vor dem hintergrund der von der bA vorsichtig geschätzten künftigen entwicklung der zahl der beitragszahler und der leistungsempfänger ist diese massive beitragssenkung auch mittelfristig solide finanziert.

mit der deutlichen entlastung beim Versicherungsbeitrag wird eine langjährige forderung der bdA umgesetzt. die bdA war im laufe des Jahres allen Versuchen entschie-den entgegengetreten, die Überschüsse der bA teilweise zur sanierung des bundeshaushaltes zu missbrauchen. sie hatte sich dafür eingesetzt, den beitragszahlern das zu viel gezahlte geld über eine höhere als ursprünglich von der großen koalition geplante Absenkung des bei-tragssatzes zurückzugeben. die bdA wird weiter darauf drängen, auch alle sich darüber hinaus ergebenden po-tenziale zur senkung des beitragssatzes zu nutzen. dabei darf die bundesagentur jedoch nicht wieder in ein struk-turelles Dauerdefizit gebracht werden. Vielmehr muss die politik den reformkurs in der bA durch nachhaltige Strukturreformen auch auf der Ausgabenseite flankieren und voranbringen. dies ist umso wichtiger, als in den

anderen sozialversicherungszweigen die beiträge sogar noch weiter ansteigen werden.

die bdA hat zu beginn des Jahres 2006 mit dem positionspapier „marktnähe und wirtschaftlichkeit“ eckpunkte für die neuausrichtung der Arbeitslosen-versicherung und der bundesagentur für Arbeit veröf-fentlicht und darin wege aufgezeigt, wie die Arbeits-losenversicherung nachhaltig weiter entlastet und auf ihre kernaufgaben konzentriert werden kann. dazu gehört, die bezugsdauer beim Arbeitslosengeld – wie bis 1985 – auf maximal zwölf monate festzulegen und auch eine wartefrist von vier wochen vor dem bezug von Arbeitslosengeld einzuführen. dies setzt mehr An-reize, schnell eine neue beschäftigung zu suchen und zeiten der Arbeitslosigkeit so kurz wie möglich zu hal-ten. Überdies gilt es, die bA und beitragszahler von versicherungsfremden Ausgaben zu entlasten. nach wie vor werden aus mitteln der beitragszahler erheb-liche gesamtgesellschaftliche Aufgaben und Ausgaben geleistet. diese müssen wie etwa der systemwidrige Aussteuerungsbetrag ganz gestrichen bzw., falls grund-sätzlich sinnvoll und notwendig, wie zum beispiel besondere hilfen zur erstmaligen eingliederung von behinderten Jugendlichen in den Arbeitsmarkt, konse-quenterweise aus Steuermitteln finanziert werden.

BEITRaGSlaST auS aRBEITSloSEnvERSICHERunG SInKT SpüRBaR

1.825

Jahresbeitrag pro Versichertem (in €)

1.958

inkl. 13. monats-beitrag

1.190

-768 €

Quelle: Bundesagentur für Arbeit

2006(einschätzung bundesagentur für Arbeit)

2007(eckwerte bundesregierung)

2006

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trotz des erheblichen gesetzgeberischen reformbedarfs und trotz der Überfrachtung mit der neuen fürsorgeleistung seit beginn des Jahres 2005 haben die bA und ihre Agen-turen gute Voraussetzungen für ihre weiterentwicklung zu einem kundenorientierten Arbeitsmarkt-dienstleister geschaffen. ein meilenstein war der umbau der Agen-turen zu modernen kundenzentren. Auch die neuen Handlungsprogramme, mit denen verbindliche Qualitäts-standards in der Arbeitsvermittlung eingezogen werden, weisen grundsätzlich den richtigen weg. tatsache ist aber auch, dass von der bA in wichtigen bereichen noch regelrechte leistungssprünge zum besseren erbracht wer-den müssen. so muss die bA nach den umgesetzten re-formschritten 2007 nun endlich durch ein systematisches Profiling der Stärken und Schwächen auf der Bewerber-seite und einen professionellen Arbeitgeberservice bei der besetzung freier stellen überzeugen. die unterneh-men erwarten zu recht eine intensivere und qualitativ erheblich bessere unterstützung bei der suche nach ge-eigneten bewerbern für offene stellen. dabei muss die bA eng mit privaten dienstleistern kooperieren. die Ar-beitsagenturen dürfen in den privaten dienstleistern nicht konkurrenten sehen, sondern müssen sie als partner zur möglichst optimalen erfüllung ihrer Aufgabe einbinden. der Vermittlungserfolg der privaten kann dann auch der eigene erfolg sein und muss als solcher verstanden und angestrebt werden. die gestiegene zahl offener stellen, die oft vergebliche suche von unternehmen nach geeig-neten fachkräften – der bedarf wird 2007 anhalten und steigen – werden die bA in der nächsten zukunft vor neue große bewährungsproben stellen.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „Arbeits-losenversicherung“ veröffentlicht. er ist über www.bda- online.de zugänglich.

auSSTEuERunGSBETRaG aBSCHaFFEn

den Aussteuerungsbetrag muss die bA aus beitrags-mitteln an den bundeshaushalt abliefern, wenn inner-halb von drei monaten nach Auslaufen des Arbeitslo-sengeldes der Arbeitslose „Arbeitslosengeld ii“ bezieht. die belastung der beitragszahler summiert sich seit der einführung des Aussteuerungsbetrags im Jahre 2005 auf weit über 7 Mrd. €. Im Jahre 2007 ist dies mit geplanten 4 Mrd. jeder achte Euro der voraussichtlich 31 Mrd. € Bei-

tragseinnahmen. die begründung, wonach der Aussteue-rungsbetrag ein Anreiz für die bA sein soll, den Übertritt eines Arbeitslosengeld-empfängers nach „Arbeitslosen-geld ii“ zu vermeiden, ist politisch vorgetäuscht. es gehört zu den kernaufgaben der bA, ihre Versicherungsnehmer nach besten kräften dabei zu unterstützen, Arbeitslosig-keit zu verhindern bzw. zu verkürzen. falls dies nicht oder erst spät gelingt, muss die bA umso mehr Arbeitslo-sengeld zahlen. Sie hat also ein direktes eigenes finanzi-elles interesse. der Aussteuerungsbetrag ist deshalb nicht nur unnötig, er ist auch kontraproduktiv, weil er eine im Einzelfall sinnvolle Weiterbildung und Qualifizie-rung sogar erschwert und verhindert. geradezu absurd ist es, dass der Aussteuerungsbetrag sogar dann von der bA bezahlt werden muss, wenn ältere Arbeitslose von der 58er-regelung gebrauch machen und deshalb für eine Vermittlung ausdrücklich nicht zur Verfügung ste-hen. der Aussteuerungsbetrag ist deshalb nichts anderes als ein instrument zur finanzierung des bundeshaushalts durch die beitragszahler. dies offenbarten auch jüngste Versuche, durch einen drastisch erhöhten Aussteuerungs-betrag einen weiteren erheblichen teil der Überschüsse der BA zur Reduzierung des Defizits in den Bundeshaus-halt umzuleiten.

die bdA hat sich von Anfang an gegen diesen griff in die tasche der beitragszahler gewandt. leider hat die politik die chance vertan, mit dem haushaltsbegleit-gesetz 2006 und der damit verbundenen erhöhung der mehrwertsteuer zu einer sinnvollen, für bund und län-der kostenneutralen lösung zu kommen und das in die Verantwortung der steuerzahler zu überführen, was nicht sache der beitragszahler ist. hier bestand nämlich die möglichkeit, den Aussteuerungsbetrag zumindest mit den der BA zufließenden Mehrwertsteuereinnahmen zu verrechnen und damit abzuschaffen, ohne finanzielle Zu-satzprobleme für den bund zu schaffen.

nachdem alle bisherigen politischen gespräche erfolg-los geblieben sind, hat die selbstverwaltung der bA auf initiative der Arbeitgebergruppe beschlossen, ein gut-achten zur Verfassungsmäßigkeit des Aussteuerungsbe-trages in Auftrag zu geben. die Vergabe dieses für die meinungsbildung zur Arbeitsmarktpolitik wichtigen gut-achtens hat das bundesministerium für Arbeit und sozi-ales als rechtsaufsicht untersagt. der Verwaltungsrat der bA hat entschieden, sich gegen den Versuch, die selbst-verwaltete Arbeitslosenversicherung in ihren rechten

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einzuschränken und an das gängelband des ministeriums zu legen, mit allen rechtlichen mitteln zu wehren. um weitere zeitliche Verzögerungen zu vermeiden, werden BDA und DGB das Gutachten nötigenfalls vorfinanzie-ren. sollte das gutachten die Verfassungswidrigkeit des Aussteuerungsbetrags feststellen, wird die bdA mit mus-terklagen beitragszahler beim gerichtlichen Vorgehen gegen die ungerechtfertigte belastung mit dem Aussteu-erungsbetrag unterstützen. es handelt sich immerhin um einen betrag von rund einem halben prozentpunkt des beitrags zur Arbeitslosenversicherung.

„aRBEITSloSEnGElD II“: GEnERalüBERHolunG BlEIBT ERFoRDERlICH

trotz der zwischenzeitlichen gesetzlichen korrekturen bleiben schwerwiegende konstruktionsfehler bei der neuen fürsorgeleistung „Arbeitslosengeld ii“ bestehen. sie führen zu einer anhaltend hohen zahl von leistungs-empfängern, weiter über dem plan liegenden kosten und einer insgesamt noch völlig unzureichenden Aktivierung von langzeitarbeitslosen. erfreulicherweise zeichnen sich immerhin erste erfolge bei der Aktivierung junger

Arbeitsloser ab, deren zahl im Verlauf des Jahres um rund 80.000 und damit ein Viertel auf 240.000 zurückgegan-gen ist.

die bdA hat im Juli einen 10-punkte-plan zur general-überholung von „hartz iV“ vorgelegt, in dem der fortbe-stehende dringende nachbesserungsbedarf aufgezeigt wird. grundvoraussetzung für insgesamt bessere ergeb-nisse beim „Arbeitslosengeld ii“ bleibt eine klare Aufga-ben- und Verantwortungszuweisung: die mischzustän-digkeit zwischen Arbeitsagenturen und kommunen in den so genannten Arbeitsgemeinschaften ist und bleibt völlig verunglückt. Vieles liegt jetzt am goodwill zu reibungsloser kooperation vor ort, wenn die politik nicht die Kraft zur klaren Verantwortungszuweisung findet. Wichtig ist überdies, auch im steuerfinanzierten Für-sorgebereich vollständige transparenz über kosten und wirkungen der maßnahmen herzustellen, um erstmalig auch einen validen Überblick zu erhalten, mit welchen maßnahmen und mitteleinsätzen welche integrationswir-kungen für langzeitarbeitslose erzielt werden.

das „Arbeitslosengeld ii“ muss auf eine zügige beschäf-tigungssuche und Arbeitsaufnahme ausgerichtet werden. leistungen, die über den existenzsicherungsbedarf des hilfebedürftigen hinausgehen, konterkarieren dieses ziel.

auSSTEuERunGSBETRaG: BISHER 7,8 mRD. € zwECKEnTFREmDET

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1. Quartal 05 2. Quartal 05 3. Quartal 05 4. Quartal 05 1. Quartal 06 2. Quartal 06 3. Quartal 06 4. Quartal 06

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dies gilt zum beispiel für die systemwidrigen zuschlä-ge, die ehemalige empfänger von Arbeitslosengeld teil-weise noch bis ins vierte Jahr der Arbeitslosigkeit hinein zusätzlich zum „Arbeitslosengeld ii“ erhalten. die höhe von „Arbeitslosengeld ii“ muss nach objektiven kriterien festgelegt und auch entsprechend den regional sehr unter-schiedlichen lebenshaltungskosten differenziert werden. deshalb war die bundesweite Angleichung des regel-satzes auf das höhere Westniveau von 345 € falsch. Über-prüfungsbedürftig anhand objektiver kriterien ist auch die gesamthöhe des freigestellten Vermögens, das „Arbeits-losengeld-ii“-empfänger nicht einzusetzen brauchen. die Vervielfachung der Vermögensfreibeträge gegenüber der früheren sozialhilfe ist einer der gründe für den Anstieg der zahl der leistungsbezieher. die politisch diskutierte weitere Anhebung von freibeträgen ist gerade unter dem gesichtspunkt der belastung gering verdienender Arbeit-nehmer mit steuern sozial nicht zu rechtfertigen. dringend korrigiert werden muss auch die mit „hartz iV“ weitge-

hend aufgegebene Verantwortung innerhalb der familie, die eine weitere ursache für die enorm gestiegene zahl der leistungsbezieher ist. wie in der früheren sozialhilfe muss die gegenseitige unterstützung von eltern und kin-dern wieder Vorrang vor staatlicher fürsorge erhalten.

positiv ist hingegen, dass der gesetzgeber die von der bdA lange geforderte beweislastumkehr für das Vorlie-gen einer eheähnlichen gemeinschaft eingeführt hat. nach bisheriger rechtslage konnte ein zusammenleben-des paar durch die bloße behauptung, nicht füreinander einstehen zu wollen, eine Anrechnung von partnerein-kommen verhindern. dringend erforderlich war es wei-ter, dem mit „Arbeitslosengeld II“ finanzierten Auszug junger menschen aus der elterlichen wohnung einen riegel vorzuschieben. zu begrüßen sind auch die ver-besserten möglichkeiten zur missbrauchsbekämpfung, wie sie unter anderem durch den Abgleich von konten erreicht werden sollen.

10-punKTE-plan DER BDa zuR REFoRm von „HaRTz Iv“

gewaltige konstruktionsfehler bei der neuen fürsorge-leistung „Arbeitslosengeld ii“ haben statt weniger langzeitarbeitslosen, weniger kosten für den steuer-zahler und weniger Verwaltungsaufwands bislang das genaue gegenteil bewirkt. die nachbesserungen des gesetzgebers haben keine grundlegende wende zum besseren gebracht, sondern lediglich einige fehler beseitigt, teilweise jedoch sogar neue gebracht. die bdA hat einen 10-punkte-handlungskatalog zur gen-eralüberholung erarbeitet:

organisationschaos durch klare Aufgaben- und Ver-antwortungszuweisung beseitigen

leistungsfeindliche zuschläge abschaffenleistungsniveau nach objektiven kriterien festlegen.„Arbeitslosengeld ii“ ohne Arbeitsbereitschaft für äl-

tere (so genannte 58er-regelung) abschaffengegenseitige unterstützung von eltern und kin-

dern wie in der früheren sozialhilfe auch beim „Arbeitslosengeld ii“ durch einen unterhaltsrück-griff wiederherstellen

keine einrichtung eines so genannten dritten Ar-beitsmarktes mit mehreren 100.000 sozialversiche-rungspflichtigen Arbeitsgelegenheiten für angeblich nicht mehr Vermittelbare

Öffentliche Arbeitsgelegenheiten („1-€-Jobs“) zur Überprüfung der kooperationsbereitschaft nur bei voller transparenz und ausreichender kontrolle und nicht gegen das Votum der Vertreter der regio-nalen wirtschaft einrichten

50%iger regelsatz für Jugendliche, die alle ein Angebot etwa in form einer Ausbildung, einer be-schäftigung, eines praktikums oder notfalls auch einer Arbeitsgelegenheit erhalten und bei Annah-me den vollen regelsatz bzw. bei entlohnung ein kombi-einkommen mit aufstockendem „Arbeitslo-sengeld ii“ beanspruchen können

kombi-einkommen aus eigenem lohn und ergän-zendem „Arbeitslosengeld ii“ weiterentwickeln und auf Überwindung der hilfebedürftigkeit aus-richten und nicht auf optimale kombination voller fürsorgeleistung mit geringem hinzuverdienst

strafzahlung der bA an den bund in form des Aus-steuerungsbetrages beenden

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die bdA hat zu diesem thema den kompakt „Arbeitslo-sengeld ii“ veröffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

KomBI-EInKommEn KonSEquEnT nuTzEn

Vor dem hintergrund der im koalitionsvertrag verein-barten regelungen zur belebung des niedriglohnsek-tors ist 2006 die diskussion über die einführung von „kombilöhnen“ für mehr beschäftigungschancen von Langzeitarbeitslosen und geringer Qualifizierten wie-der aufgelebt. richtig ausgestaltet – als kombination aus eigenem Arbeitseinkommen und ergänzender staatlicher unterstützung bei bedürftigkeit – leisten kombi-einkommen einen beitrag zur dringend not-wendigen belebung des niedriglohnsektors, der insbe-sondere erwerbsfähigen hilfebedürftigen die chance zum (wieder-)einstieg in den Arbeitsmarkt und damit auch zum beruflichen Aufstieg gibt. Was viele in der diskussion vergessen: es gibt seit der einführung von „hartz iV“ bereits ein kombi-einkommen in form von

aufstockendem „Arbeitslosengeld ii“. dieses ist zwar noch verbesserungsfähig, grundsätzlich aber richtig. es kann daher nicht um die einführung eines neuen kombi-einkommens gehen, sondern nur darum, mit diesem Ansatz insgesamt mehr Anreize zur Arbeitsauf-nahme und zur Überwindung der hilfebedürftigkeit zu setzen.

die bdA hat in ihrem diskussionspapier „mehr be-schäftigung für gering Qualifizierte und Langzeit- arbeitslose“ aus dem februar 2006 wege zur belebung des niedriglohnsektors und zur weiterentwicklung des kombi-einkommens vorgestellt. darin wurde noch ein-mal verdeutlicht, dass staatliche zuschüsse in jedem fall an die individuelle hilfebedürftigkeit des Arbeit-nehmers gekoppelt sein müssen und nur dann gezahlt werden dürfen, wenn das eigene erwerbseinkommen nicht zur deckung des lebensunterhalts ausreicht. zu-schüsse jenseits der bedürftigkeit sind kontraproduktiv und völlig unvertretbar. fälschlicherweise als kombi-Einkommen deklarierte flächendeckende Lohnsubven-tionen führen zu massiven mitnahmeeffekten, kosten viel geld und entfalten keine positive wirkung am Ar-beitsmarkt. statt die zu hohen Arbeitskosten mit steuer-

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finanzierten Subventionen punktuell zu senken, müssen endlich strukturreformen in Angriff genommen werden, um die kosten für die schaffung von Arbeitsplätzen insgesamt zu reduzieren. Viele der zum teil erneut in die diskussion eingebrachten Vorschläge wie zum bei-spiel die so genannte „magdeburger Alternative“ oder der kombilohn nordrhein-westfalen sind deshalb strikt abzulehnen. Auch die bislang von den unionsparteien vorgestellten pläne für einen „Job-bonus“ gehen in die falsche richtung, ebenso wie die im rahmen der „initi-ative 50plus“ geplante Ausweitung der lohnkosten-zuschüsse für ältere Arbeitslose.

Verbesserungsbedarf gibt es dagegen bei der Abstim-mung von fürsorgeleistung und steuersystem. es macht keinen sinn, von einem geringen einkommen zunächst steuern einzubehalten, um dann an dieselbe person wegen bedürftigkeit aus steuermitteln staatliche zu-schüsse auszuzahlen. damit das kombi-einkommen am Arbeitsmarkt besser wirken kann, müssen vor allem auch die nach wie vor bestehenden fehlanreize wie die zuschläge zum „Arbeitslosengeld ii“, die einer schnel-len Jobsuche entgegenstehen, konsequent beseitigt werden. ziel aller maßnahmen muss überdies immer die Überwindung der hilfebedürftigkeit sein. dabei ist jeder einstieg in beschäftigung – auch über einen mi-nijob – grundsätzlich richtig. es ist aus ökonomischen und sozialen gründen aber nicht hinnehmbar, dass der-zeit offenbar viele hilfebedürftige bei viel freizeit nur ein „großzügiges taschengeld“ hinzuverdienen wollen und sich dauerhaft im leistungsbezug einrichten: Von den knapp 1 mio. kombi-einkommensbeziehern hat die hälfte nur ein erwerbseinkommen im minijob-um-fang, rund ein drittel sogar nur von monatlich unter 200 €.

grundsätzlich richtige und sehr begrüßenswerte Vor-schläge für mehr Arbeitsanreize kamen im spätsommer 2006 vom sachverständigenrat. so haben die wirt-schaftsweisen vorgeschlagen, die reine fürsorgeleis-tung ohne gegenleistung in form von Arbeit abzusen-ken und dafür den zuschuss bei eigener Arbeit stark zu erhöhen. eine vollständige und schnelle umsetzung dürfte allerdings schwierig und aufgrund der kurzfris-tig notwendigen zusätzlichen öffentlichen Arbeitsge-legenheiten mit erheblichen Verdrängungsgefahren am ersten Arbeitsmarkt verbunden sein. die bdA hat deshalb vorgeschlagen, dass zunächst jedem jungen

menschen unter 25 Jahren, der „Arbeitslosengeld ii“ beantragt, zum einstieg in das berufsleben ein Angebot in form einer Ausbildung, einer beschäftigung, eines praktikums oder notfalls auch einer Arbeitsgelegenheit gemacht wird. wer dieses Angebot annimmt, erhält den vollen regelsatz (100 % „Arbeitslosengeld ii“) bzw. bei geringer entlohnung ein kombi-einkommen mit aufsto-ckendem „Arbeitslosengeld ii“. dieses Angebot recht-fertigt es, für alle Jugendlichen den „Arbeitslosengeld- ii“-regelsatz auf 50 % der vollen leistung festzusetzen. mit dem einstieg bei Jugendlichen könnte das notwen-dige umdenken zur vorrangigen eigenverantwortung vor subsidiärer staatlicher hilfe vorangebracht werden. kein Jugendlicher in unserer gesellschaft soll die erfah-rung machen, dass er nach ende seiner schulzeit auch ohne irgendeine eigene leistung vom staat vollständig versorgt wird.

nicht nachvollziehbar ist, dass das kombi-einkom-men in der öffentlichen debatte im zusammenhang mit dem thema „mindestlohn“ diskutiert wird. denn beide Ansätze verhalten sich zueinander wie feuer und wasser. die idee, mit hilfe von kombi-einkom-men mehr beschäftigungsdynamik im bereich ein-facher tätigkeiten zu entfalten, setzt denknotwendig niedrige, an der geringeren produktivität orientierte löhne voraus. mindestlöhne hingegen würden eine produktivitätsorientierte entlohnung ausschließen, die Arbeitskosten künstlich in die höhe treiben und viele „einfache“ beschäftigungsmöglichkeiten für nicht oder schlecht Qualifizierte verhindern. Die Politik muss sich entscheiden, ob sie über kombi-einkommen mehr beschäftigungschancen für langzeitarbeitslose und geringer Qualifizierte schaffen will oder ob sie über mindestlöhne langzeitarbeitslosigkeit mit dauerhaftem fürsorgebezug regelrecht zementiert. noch absurder ist die Vorstellung, Menschen mit geringer Qualifika-tion über mindestlöhne erst vom ersten Arbeitsmarkt auszusperren, um sie dann im so genannten dritten Arbeitsmarkt, einem dauerhaft geförderten, sozialversi-cherungspflichtigen öffentlichen Beschäftigungssektor, genau die tätigkeiten ausführen zu lassen, die sich am ersten Arbeitsmarkt wegen des vorgeschriebenen min-destlohnes nicht mehr rechnen.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „kombi-ein-kommen“ veröffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

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„InITIaTIvE 50pluS“: HoHE KoSTEn BEI FRaGwüRDIGER wIRKunG

mit der „initiative 50plus“, die von der bundesregierung auf den weg gebracht wurde, soll mehr beschäftigung für ältere geschaffen werden. inhalt ist neben der neu-gestaltung der befristungsmöglichkeiten von Arbeitsver-hältnissen mit älteren Arbeitslosen die Ausweitung be-stehender förderinstrumente. die so genannte entgelt-sicherung für ältere Arbeitslose zur Abfederung eines lohnverlusts bei der Aufnahme einer niedriger bezahl-ten beschäftigung soll massiv auf zwei Jahre ausgeweitet werden. beim eingliederungszuschuss für ältere Arbeits-lose soll es nicht mehr auf das erfordernis individueller Vermittlungshemmnisse ankommen. die aus beitrags-mitteln gezahlte förderung der weiterbildung älterer soll schon für 45-Jährige in betrieben bis zu 250 be-schäftigten möglich sein. bei allen förderinstrumenten werden die grenzen einer sinnvollen eingliederungs-unterstützung durch die Arbeitslosenversicherung zu einer subventionierung von beschäftigung und zu einer allgemeinen weiterbildungsförderung zum teil massiv überschritten.

damit kann das ziel, mehr beschäftigung für ältere Ar-beitnehmer, nicht erreicht werden. statt neuer instru-mente zur subventionierung der beschäftigung älterer ist vielmehr eine widerspruchsfreie gesamtstrategie für mehr wachstum und beschäftigung notwendig. nur so können sich die erkennbaren ersten erfolge beim An-stieg der beschäftigung älterer zu einem wirklichen durchbruch entwickeln. die bdA hat zu beginn des Jahres 2006 ein diskussionspapier vorgelegt, in dem handlungsfelder für mehr beschäftigung älterer und die Bewältigung der demografischen Herausforderung aufgezeigt werden: dazu zählen insbesondere eine Ver-besserung der rahmenbedingungen für mehr beschäf-tigung insgesamt, die beseitigung der fortbestehenden frühverrentungsanreize im Arbeitsförderungsrecht, ein flexibleres Arbeitsrecht, die Beseitigung von Senioritäts-privilegien in tarifverträgen und der erhalt der beschäf-tigungs- und Arbeitsfähigkeit.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „ältere Ar-beitnehmer“ veröffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

ERwERBSBETEIlIGunG ÄlTERER Im vERGlEICH zuR ERwERBSBETEIlIGunG InSGESamT (1993 – 2005 *)

Ältere

gesamt

70,0

60,0

50,0

40,0

30,0

20,01993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

in %

65,1 63,765,8 65,4

35,838,1 37,6

45,4

* Aufgrund von änderungen bei der datenerhebung im Jahre 2005 ist der Vergleich mit den Vorjahreswerten nur eingeschränkt möglich. die daten für 2006 liegen noch nicht vorQuelle: Eurostat; eigene Darstellung der BDA

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BESCHÄFTIGunG SCHwERBEHInDERTER mEnSCHEn – wEnIGER REGulIERunG unD BüRoKRaTIE

mehr beschäftigung für schwerbehinderte menschen ist weiterhin ein wichtiges ziel der bdA. sie beteiligt sich deshalb unter anderem auch an der initiative der bundesregierung „Jobs ohne barrieren“, mit der die teil-habe behinderter und schwerbehinderter menschen am Arbeitsleben gestärkt werden soll. mit dieser kampagne werden vorbildliche initiativen und bemühungen von Unternehmen finanziell unterstützt und einer breiten öffentlichkeit als nachahmenswerte beispiele zugäng-lich gemacht. Auch an diesen beispielen wird deutlich, dass sich viele Arbeitgeber unabhängig von gesetz lichen Vorgaben, ja geradezu trotz der gesetzlichen lasten mit großem persönlichen engagement für die be-rufliche Integration von Menschen mit Behinderungen einsetzen.

umso mehr kommt es darauf an, vorurteilsfrei auch die beschäftigungshemmnisse im deutschen schwer-behindertenrecht zu analysieren. denn auch gut ge-

meinte gesetzliche Vorschriften können menschen von beruflicher Teilhabe ausgrenzen. Im Dialog mit der politik setzt sich die bdA mit nachdruck dafür ein, das schwerbehindertenrecht von Überregulierung und unnötigen bürokratischen Vorgaben zu befreien. die in den letzten Jahren erfolgten novellierungen des schwerbehindertenrechts haben die Verbürokrati-sierung größtenteils noch verstärkt und zusätzlich zu erheblicher rechtsunsicherheit in den unternehmen geführt. dies gilt ganz besonders für die stetige Auswei-tung und Verschärfung der präventionsvorschrift. die zuletzt vorgenommene einführung des so genannten „betrieblichen eingliederungsmanagements“ hat mehr fragen und streitigkeiten aufgeworfen als klarheit geschaffen. sie hat die Verrechtlichung der präven-tion unnötig und überhastet vorangetrieben, anstatt die bereits bestehenden erfolgreichen betrieblichen modelle anderen unternehmen als Vorbild anzubieten und diese zu eigenen lösungen anzuregen. die Ver-rechtlichung fördert nicht eine sinnvolle prävention, sondern lenkt geradezu vom gemeinsamen interesse al-ler beteiligten in der betrieblichen praxis an einer wirk-samen prävention ab. sie wirkt kontraproduktiv. die bdA konnte bisher glücklicherweise verhindern, dass –

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wie im bundesministerium für Arbeit und soziales an-gedacht – schon wieder eine erneute Verschärfung der präventionsvorschrift eingeleitet wurde.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „beschäf-tigung schwerbehinderter menschen“ veröffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

DEuTSCHlanD muSS FüR HoCHqualIFIzIERTE zuwanDERER aTTRaKTIvER wERDEn

bei der evaluation des zuwanderungsgesetzes zu be-ginn des Jahres schienen sich im ergebnis alle einig zu sein, dass das gesetz zwar eine reihe von posi-tiven neuerungen enthält, die neuen regelungen aber insgesamt immer noch zu bürokratisch und zu sehr auf bloße Verhinderung von zuwanderung anstelle ei-ner zielgerichteten steuerung im deutschen interesse ausgerichtet sind. Insbesondere für hochqualifizierte ausländische Arbeitskräfte und selbstständige bleibt es aufgrund viel zu hoher einkommens- bzw. investitions-anforderungen nach wie vor wenig attraktiv, mit län-gerfristiger perspektive nach deutschland zu kommen. leider hat sich die koalition bisher immer noch nicht dazu durchgerungen, den zuzug gut ausgebildeter Ausländer durch Absenkung der festgelegten minde-steinkommensgrenze von derzeit ca. 85.000 € pro Jahr zu erleichtern. dies ist eine folgenschwere fehl-entscheidung. denn wer die besten köpfe der welt haben will, darf sie nicht aussperren. Vielmehr er-fordern der zunehmende internationale wettbewerb, eine wachsende zahl nicht besetzbarer Arbeitsplätze und der demografisch bedingte Rückgang der inlän-dischen erwerbsbevölkerung eine konsequente weiter-entwicklung des deutschen zuwanderungsrechts. die hohe Einkommensanforderung für Hochqualifizierte entspricht dem rund dreifachen des deutschen durch-schnittseinkommens und kann insbesondere selbst von höchstqualifizierten jungen Nachwuchskräften nicht erreicht werden. europäische nachbarländer mit vergleichbaren einkommenswerten lassen für den zugang zum Arbeitsmarkt ein Jahreseinkommen von 45.000 € ausreichen. Und gerade die jungen, hoch-qualifizierten und hochmotivierten, sich leicht in-tegrierenden zuwanderer benötigen wir doch. Auch

die regelungen für das zuzugs- und Aufenthaltsrecht von selbstständigen sind viel zu restriktiv. dabei leisten gerade selbstständige ernorme beiträge für mehr wirtschaftliche dynamik in deutschland, denn sie beschäftigen zumeist nicht nur sich selbst, sondern schaffen weitere Arbeitsplätze.

die Abschottung des Arbeitsmarktes gegen auslän-dische Arbeitnehmer und selbstständige hat weder in der Vergangenheit das problem der viel zu hohen Arbeitslosigkeit in deutschland verhindert noch wird es in zukunft dazu führen, die strukturell verfestigte Arbeitslosigkeit gerade von gering Qualifizierten zu reduzieren. erforderlich hierfür sind mehr Arbeitsan-reize im fürsorgesystem und ein umfassendes reform-konzept für mehr beschäftigung und wirtschaftliches wachstum insgesamt. gesteuerte, arbeitsmarktorien-tierte zuwanderung kann hierbei ein wichtiger impuls sein. die bdA setzt sich für die einführung eines punkte-systems ein, um die zuwanderung im deutschen interes-se nach bestimmten persönlichen Qualifikationen wie Ausbildung, berufserfahrung und sprachkenntnissen zu steuern. im rahmen enger kontingente könnten dann diejenigen schnell, unbürokratisch und flexibel aus-gewählt werden, die hier gebraucht werden und von denen eine schnelle integration zu erwarten ist.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „zu-wanderung und integration“ veröffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

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aRBEITSRECHT

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pRIvaTauTonomIE Im GRIFF DER anTIDISKRImInIERunG

mit dem am 18. August 2006 in kraft getretenen All-gemeinen gleichbehandlungsgesetz (Agg) hat die Überregulierung des Arbeitsrechts im Jahre 2006 einen neuen höhepunkt erreicht. darüber hinaus wird das ge-samte zivilrecht mit dem mehltau von bürokratie und rechtsunsicherheit belastet. das Allgemeine gleich-behandlungsgesetz ist einer der schwerwiegendsten eingriffe in die privatautonomie seit Jahrzehnten. dieser eingriff wird gestalt und inhalt der Vertragsfreiheit, die in deutschland durch das grundgesetz geschützt ist und die die wesentliche grundlage jeder freien gesellschaftsordnung darstellt, massiv beeinträchtigen und ist geeignet, diese Vertragsfreiheit an vielen stellen auszuhöhlen.

die vier so genannten Antidiskriminierungsrichtlinien, auf denen das Agg basiert und über die das Agg auch noch hinausgeht, hätten auf europäischer ebene verhin-dert werden können. dass dies nicht erfolgt ist, ist be-reits ein schwerwiegendes Versäumnis der politik. die

richtlinien verstoßen nicht nur gegen den auch in europa verankerten grundsatz von Vertragsfreiheit und rechts-sicherheit, sie widersprechen auch dem mittlerweile von der kommission aufgegriffenen ziel des bürokratieabbaus und der besseren rechtsetzung. kommission und europä-isches parlament bleiben aufgefordert, die richtlinien zu überarbeiten und überflüssige Regelungen rückgängig zu machen.

die bdA hat sich seit 1999 zuerst auf europäischer ebene und danach auf der ebene des deutschen ge-setzgebers und der deutschen politik mit ganzer kraft gegen das inkrafttreten der richtlinien und ge-gen die verfehlten zu ihrer umsetzung vorgesehenen gesetzentwürfe gewendet. die ersten Überlegungen aus dem bundesjustizministerium im Jahre 2001, die sich allerdings auf das zivilrecht beschränkten, konn-ten zwar ebenso verhindert werden wie der erste An-lauf eines eigenständigen Antidiskriminierungsrechts in form des so genannten Antidiskriminierungsgesetzes (Adg), das zwar noch im Jahre 2005 vom deutschen bundestag verabschiedet wurde, mangels abschlie-ßender beratung im bundesrat aber nicht mehr in kraft treten konnte.

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gemeinten bewerbungen und bewerbern zu sichern. sol-che so genannten „Agg-hopper“ bewerben sich bereits seit einiger zeit und verstärkt seit inkrafttreten des Agg initiativ oder gezielt auf stellenausschreibungen, insbe-sondere solche stellenausschreibungen, die tatsächliche oder vermeintliche fehler aufweisen, obwohl sie weder an der Tätigkeit interessiert noch nach ihrer Qualifikation für die tätigkeit geeignet sind. das eigentliche ziel ist die Ablehnung der bewerbung, um im Anschluss daran von dem Arbeitgeber eine entschädigungszahlung zu verlan-gen. erkennt das gericht den missbrauch nicht, können dem Arbeitgeber entschädigungszahlungen bis zu drei monatsgehältern drohen.

diskriminierungen in wirtschaft und beruf sind nicht ak-zeptabel. die Arbeitgeber unterstützen ein leben und Ar-beiten in Vielfalt (diversity). keinesfalls aber darf solche berechtigte förderung von unterschiedlichen kulturen und lebensentwürfen in unternehmen und gesellschaft durch gesetzliche zwangsregelungen bürokratisiert wer-den. so muss beispielsweise jedes unternehmen für sich selbst entscheiden können, ob es jährliche „diversity-be-richte“ abgeben will. Eine Pflicht hierzu darf es nicht ge-ben. unternehmen müssen entsprechend ihren eigenen Vorstellungen Vielfalt fördern können. es ist schon in sich unschlüssig, die förderung von Vielfalt durch einheits- regelungen erzwingen zu wollen.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „Antidiskri-minierung“ veröffentlicht. er ist unter www.bda-online.de abrufbar.

EIn BESCHÄFTIGunG FöRDERnDES aRBEITSvERTRaGSGESETz KoDIFIzIEREn

das Agg ist auch ein musterbeispiel für die un-übersichtlichkeit und die fehlende gesamtsystematik des deutschen Arbeitsrechts. um die richtlinien in deutsches recht umzusetzen, hätte es ausgereicht, einige bestehende regelungen in einzelnen gesetzen zu ergänzen. denn den schutz vor ungerechtfertigten benachteiligungen hat das deutsche recht lange vor dem Agg und auch lange vor den für die umset-zung maßgeblichen europäischen richtlinien gewähr-leistet, wie beispielsweise im bgb oder im rahmen des schwerbehindertenrechts. es hätten systematische

leider ist das nun wirksam gewordene Agg kein durch-greifender schritt zu einer besserung, auch wenn es gelungen ist, einige regelungen zu entschärfen, wie zum beispiel das klagerecht von gewerkschaften und betriebsräten.

die fehlende kohärenz des gesetzes wird auch daran deutlich, dass das gesetz bereits wieder geändert werden musste und dabei erste systemfehler aufgehoben wurden. Auch diese systematische Anpassung ändert aber nichts an der gesamtbewertung, dass es sich um ein verfehltes, über die europäischen richtlinien hinausreichendes gesetzeswerk handelt, das eben gerade keine system-gerechte einfügung der europäischen Vorgaben in das deutsche recht darstellt. Allzu oft vergisst der deutsche gesetzgeber, dass richtlinien nicht einfach abgeschrie-ben werden müssen und können, sondern im gegensatz zu europäischen Verordnungen systemgerecht in die na-tionalen rechte übertragen werden müssen.

im laufe des gesetzgebungsverfahrens hat die bdA in zahlreichen gesprächen mit politischen entscheidungs-trägern auf bundes- und landesebene, mit Abgeordne-ten, ministerpräsidenten und ministern auf eine Ver-besserung des gesetzes hingewirkt. eine umfangreiche öffentlichkeitsarbeit mit zwei großen symposien un-ter Vertretung von wissenschaft, rechtsprechung und gesetzgebung hat das engagement der bdA für die deutsche wirtschaft unterstützt. die bdA wird weiter auf eine Veränderung der richtlinien auf europäischer ebene wie auch auf eine Anpassung der deutschen um-setzung im Agg hinwirken.

um den unternehmen zu helfen, mit dem gesetz um-zugehen, rechtsunsicherheit entgegenzuwirken und unterstützung zu leisten, hat die bdA unmittelbar nach inkrafttreten des gesetzes auf zahlreichen Veranstal-tungen über die Auswirkungen des Agg auf die be-triebliche praxis und erste erfahrungen mit dem gesetz informiert. wir haben im gesamten bundesgebiet schu-lungen von Verbands- und unternehmensvertretern zum umgang mit dem Agg durchgeführt. in einem ersten Handlungsleitfaden haben wir Hinweise zu Pflichten und risiken aus dem Agg und Vorschläge zur umsetzung der neuen Pflichten in die Praxis zusammengefasst.

wir planen, unternehmen und Verbände durch geeig-nete maßnahmen vor rechtsmissbrauch von nicht ernst

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ergänzungen vorgenommen werden müssen, anstatt ein weiteres einzelgesetz zu schaffen, das auf bereits beste-hende gesetze, wie das kündigungsschutzgesetz, bezug nehmen muss und sich nicht sauber in das bestehende Arbeitsrecht eingliedert. Anstatt diese systematik herzu-stellen, unternimmt der gesetzgeber demgegenüber Ver-suche, die noch bestehende systematik im allgemeinen zivilrecht zu untergraben.

die bdA tritt für ein systematisches, stringentes und be-schäftigung förderndes Arbeitsrecht ein. Arbeitsrecht ist sonderprivatrecht für das Arbeitsleben. es muss sich da-her in das gesamtgefüge der privatautonomie im rahmen des deutschen zivilrechts einpassen. dies ist schon lange nicht mehr gewährleistet.

ein einheitliches Arbeitsvertragsgesetz kann ein wich-tiger baustein zur Vereinfachung und flexibilisierung des Arbeitsrechts werden. Verfehlte Vorschriften, wie sie im Agg zuhauf für rechtsunsicherheit sorgen, können durch eine solche Gesamtkodifikation stark vermindert werden. Viele einzelgesetze, normenkomplexe und einzelnormen in anderen gesetzen könnten durch ein solches gesamt-werk in sich systematisch aufeinander bezogen und der dschungel des deutschen Arbeitsrechts gelichtet werden. die bdA tritt daher für ein einheitliches Arbeitsvertrags-gesetz ein, das sich allerdings nicht in einer kompilation von Vorschriften und Kodifikationen von Rechtsprechung erschöpfen darf.

eine systematisierung und Vereinheitlichung des gel-tenden Arbeitsvertragsrechts muss vielmehr mit einer beschäftigungswirksamen inhaltsreform verbunden wer-den. nur so kann ein schritt zu mehr rechtssicherheit und mehr Beschäftigung geleistet werden. Eine Kodifika-tion des Arbeitsvertragsrechts kann darüber hinaus zum musterbeispiel für bürokratieabbau werden.

dafür sind inhaltliche reformen unumgänglich: die bestehenden, zersplittert normierten regelungen müs-sen sämtlich auf ihren sinn und zweck, vor allem aber auf ihre Auswirkungen auf beschäftigung hin überprüft und nötigenfalls geändert werden. besondere bedeutung kommt den beschäftigungsrelevanten bereichen kündi-gungsschutz- und befristungsrecht, den regeln in be-stehenden Arbeitsverhältnissen sowie der umsetzung europäischer richtlinien mit beschäftigungspolitischer implikation zu. Übererfüllungen bei der umsetzung eu-

ropäischer Vorgaben in deutsches Arbeitsrecht müssen im Rahmen der Kodifikation auf die Richtlinienvorgaben zurückgeführt werden.

mit blick auf die bisherigen ergebnislos gebliebenen Ver-suche einer Kodifikation ist davon auszugehen, dass ein allseitiger konsens bei der schaffung eines einheit-lichen beschäftigungsfreundlichen Arbeitsvertragsrechts nicht Voraussetzung für eine Kodifikation sein kann. Sich allein auf eine zusammenfassende Kodifikation des gel-tenden rechts beschränken zu wollen wäre wegen der fehlenden beschäftigungsimpulse aber nicht ausreichend und wegen der klar divergierenden einzelfallrechtspre-chung auch teilweise willkürlich. Vielmehr wird ein ent-sprechendes Vorhaben nur Aussicht auf erfolg haben kön-nen, wenn das einheitliche Arbeitsvertragsgesetz als eine zentrale gesetzgeberische reformmaßnahme für mehr beschäftigung verstanden wird.

die bdA wird die entwicklung der initiative der ber-telsmann-stiftung, mit der ein einheitliches Arbeitsver-tragsgesetz geschaffen werden soll, beobachten und kri-tisch begleiten. hierzu wird am 23. Januar im haus der deutschen wirtschaft ein symposion mit hochkarätiger Besetzung stattfinden. Auch wenn die bisher vorlie-genden entwürfe noch nicht allen erfordernissen eines modernen Arbeitsrechts entsprechen, ist der Ansatz der stiftung wie auch der sie begleitenden wissenschaftler, der professoren henssler und preis aus köln, zu begrü-ßen und hat den Anstoß zu zahlreichen konstruktiven diskussionen gegeben.

zIElSETzunG DES aRBEITSvERTRaGSGESETzES

rechtssicherheit und transparenz durch ein ausgewogenes Arbeitsvertragsgesetz

VereinheitlichungVereinfachung

kalkulierbarkeiteuropakonformität

mittelstandsförderungbeschäftigungsförderung

zukunftsfähiges Arbeitsrecht

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BESCHÄFTIGunGSHInDERnISSE FüR ÄlTERE BESEITIGEn

besonders betroffen von beschäftigungslosigkeit und da-mit abhängig von einem beschäftigung fördernden Ar-beitsvertragsrecht sind ältere Arbeitnehmer. Ein flexibles befristungsrecht, mit dessen hilfe Arbeitslosigkeit be- endet werden kann, ist gerade für diese beschäftigten-gruppe von überragender bedeutung. im koalitionsver-trag ist angekündigt, die vom europäischen gerichtshof (eugh) zu unrecht für diskriminierend erklärte regelung der erleichterten befristung mit älteren Arbeitnehmern neu zu fassen. in verfassungsrechtlich hochbedenklicher weise ist das bundesarbeitsgericht (bAg) dem eugh hier unmittelbar gefolgt. der gesetzgeber ist daher zum handeln im sinne älterer Arbeitnehmer aufgerufen.

mit der vorgesehenen neuregelung der älterenbefristung im regierungsentwurf der „initiative 50plus“ wird jedoch der falsche weg beschritten. so sollen ältere Arbeitneh-mer nach dem entwurf künftig bis zu fünf Jahre ohne sachlichen grund befristet eingestellt werden dürfen, wenn sie zuvor mindestens vier monate beschäftigungs-los gewesen sind, transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten beschäftigungsmaßnahme teilgenommen haben. eine solche enge neuregelung wäre unter arbeitsmarktpolitischen gesichtspunkten wir-kungslos und europarechtlich nicht gefordert.

ein von Arbeitslosigkeit bedrohter Arbeitnehmer müsste – obwohl er die chance auf eine unmittelbar anschließende befristete beschäftigung und damit die Vermeidung von Arbeitslosigkeit hat – zunächst für vier monate arbeits-los werden und damit leistungen der Arbeitslosenversi-cherung in Anspruch nehmen. gerade der eintritt von Arbeitslosigkeit soll aber nach dem dritten sozialgesetz-buch verhindert werden. er ist auch nach der rechtspre-chung des eugh nicht notwendig. das ziel muss daher sein, ihn bereits zu verhindern. es ist nicht ausreichend, allein auf das Alter des Arbeitnehmers abzustellen. der deutsche Gesetzgeber kann aber Tatbestände definieren, die dem eintritt von Arbeitslosigkeit gleichstehen. dies hat er bereits im sgb iii unternommen. es ist danach aus-reichend, dass der eintritt der Arbeitslosigkeit droht.

die rechtsprechung des eugh sieht auch keine begren-zungen für die maximaldauer einer solchen befristung

vor. hält man dennoch eine grenze für geboten, muss sie mit rücksicht auf die schwierige lage für ältere Ar-beitnehmer am Arbeitsmarkt über die schon heute gel-tende befristungsmöglichkeit für existenzgründer von vier Jahren hinausweisen. nimmt man diese befristungsmög-lichkeit als Anhaltspunkt, sind acht Jahre ein absolutes minimum.

die bdA fordert daher, dass die befristung eines Arbeits-verhältnisses möglich sein muss, wenn

der Arbeitnehmer bei beginn des befristeten Arbeits-verhältnisses das 52. lebensjahr vollendet hat,

arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht ist undkein enger sachlicher zusammenhang zu einem vor-

herigen Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber be-standen hat. ein solcher enger sachlicher zusammen-hang ist allenfalls anzunehmen, wenn zwischen den Arbeitsverträgen ein zeitraum von weniger als sechs monaten liegt.

das bundesarbeitsgericht hat in seiner entscheidung vom 26. April 2006 in verfassungsrechtlich hochpro-blematischer weise die Anwendung des § 14 Abs. 3 satz 4 tzbfg verweigert und sogar den Vertrauens-schutz für bestehende Verträge versagt. daher muss der gesetzgeber eine Übergangsvorschrift schaffen, die auf der grundlage des geltenden rechts geschlos-sene befristungsabreden heilt. Von einer solchen rege-lung zum Vertrauensschutz müssen zumindest solche Abreden erfasst werden, die bis zum bekanntwerden der entscheidung des bundesarbeitsgerichts getroffen worden sind. Alles andere würde den grundsätzen transparenter gewaltenteilung widersprechen.

die rechtsprechung des eugh erweist sich – nicht nur im Recht der Älterenbefristung – immer häufiger als problem des deutschen Arbeitsrechts. wie in keinem anderen fall zuvor hat der eugh mit seiner entschei-dung in dieser sache aber eine grenze überschritten, die – wenn auch nur in einem regelungsausschnitt – die entscheidungs- und kontrollzuständigkeit des deut-schen bundestags sinnentleert. die bundesregierung muss auf europäischer ebene dafür sorgen, dass ein durchgriff auf klar formulierte gesetzesbeschlüsse in solcher weise unterbleibt, zumindest aber muss sie für Vertrauensschutz sorgen. dies ist ein gebot der rechtsstaatlichkeit.

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KünDIGunGSSCHuTz loCKERn, BEFRISTunGEn ERlEICHTERn

der rigide Arbeitsplatzschutz in deutschland ist generell eine wesentliche barriere für die entstehung neuer Ar-beitsplätze. Auftragsschwankungen kann nicht mit der betriebswirtschaftlich erforderlichen flexibilität be-gegnet werden. Neueinstellungen werden häufig so weit wie möglich hinausgeschoben oder unterbleiben ganz.

notwendig ist über eine reform des rechts der älte-renbefristung hinaus daher eine gesamtreform von kündigungsschutz und befristungsrecht. die ausdrück-lich im koalitionsvertrag versprochene „befreiung der Arbeitgeber vom kündigungsschutz“ kann nur erreicht werden, wenn Arbeitgebern und Arbeitnehmern wahl-weise befristungen und vertragliche optionen im kün-digungsschutzrecht angeboten werden:

das Verzugslohnrisiko für den Arbeitgeber muss vermindert werden. hierzu eignet sich die gesetz-liche Festschreibung einer vertraglichen Abfindungs-option. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten die möglichkeit erhalten, auch zu beginn eines Arbeits-verhältnisses einen Vertrag mit dem inhalt zu schlie-ßen, dass der Arbeitnehmer gegen die zusage einer Abfindung auf die Erhebung der Kündigungsschutz- klage verzichtet.

Neben der Möglichkeit, Abfindungen vertraglich zu vereinbaren und an die stelle des bestehenden

bestandsschutzes zu setzen, sollten ferner die beste-henden beschränkungen vermindert werden, das Ar-beitsverhältnis durch gerichtsbeschluss gegen zah-lung einer Abfindung zu beenden.

die so genannte wartezeit, also die dauer der be-triebszugehörigkeit, ab der das kündigungsschutz- gesetz gilt, sollte von heute sechs auf 36 monate aus-gedehnt werden.

das kündigungsschutzgesetz sollte nur für betriebe mit mehr als 20 beschäftigten gelten. dadurch wür-den kleinere unternehmen spürbar entlastet.

Auch im befristungsrecht gilt, was für den kündigungs-schutz gilt. es muss von verfehlten Überregulierungen befreit werden. befristete Arbeitsverhältnisse sind ein beschäftigungsmotor des deutschen Arbeitsmarktes, der Arbeitssuchenden einen erfolg versprechenden weg für einen erst- oder wiedereinstieg in den ersten Arbeits-markt bietet. zur flexibilisierung des befristungsrechts sind folgende schritte notwendig:

derzeit kann ein Arbeitnehmer nur dann ohne sach-lichen grund befristet eingestellt werden, wenn er vorher noch nie im selben unternehmen tätig war. dies führt faktisch zu einem beschäftigungsverbot. dieses verfehlte ersteinstellungsgebot bei sachgrund-losen befristungen muss abgeschafft werden. statt-dessen sollte eine frist von maximal sechs monaten eingeführt werden, nach deren Ablauf ein Arbeit-nehmer erneut befristet in einem betrieb eingestellt werden kann, in dem er zuvor schon einmal beschäf-tigt war. eine solche frist zwischen zwei sachgrund-

mEHR REGulIERunG – mEHR lanGzEITaRBEITSloSIGKEIT

Stand: Regulierungsindex 2005, Langzeitarbeitslose 2004; Langzeitarbeitslose: länger als ein Jahr ohne JobUrsprungsdaten: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, OECD

Arbeitsmarktregulierung: 0 = geringe Regulierung, 100 = hohe Regulierung

Langzeitarbeitslose in % aller Arbeitslosen

11 1625 28 29 33 40 47 47 50

55 58 58 62 64 65 6673 74 76 76 8112,7 9,5 11,7

33,521,4 22,6 20,7

34,3 33,745,1

9,2

49,6

23,432,5

18,9

49,7

27,641,6

54,7

43,2 37,7

51,8

USA CDN NZ CH UK DK AUS IRL J H N B FIN NL S I A F GR P E D

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los befristeten Arbeitsverhältnissen ist ausreichend, um so genannte „kettenbefristungen“ zu verhindern, und ist damit mit europäischen gesetzen vereinbar.

die maximale dauer einer sachgrundlosen befristung ist auf fünf Jahre auszudehnen. gleichzeitig muss die Anzahl der möglichen Verlängerungen erhöht werden.

zu dem thema hat die bdA den kompakt „kündigungs-schutz“ veröffentlicht. er ist unter www.bda-online.de abrufbar.

unTERnEHmEnSmITBESTImmunG moDERnISIEREn!

der in der letzten legislaturperiode eingesetzten kom-mission unter leitung von herrn professor biedenkopf ist es nicht gelungen, einen ihrem Auftrag entsprechenden Vorschlag zur grundlegenden modernisierung der unter-nehmensmitbestimmung vorzulegen. die Vertreter der wissenschaft in der kommission werden am 20. dezem-ber einen bericht vorlegen, der in weiten teilen entgegen dem Auftrag der kommission noch Ausweitungen gesetz-licher unternehmensmitbestimmung fordert. die Vertre-ter der wirtschaft in der kommission haben dem bericht

FünF KERnauSSaGEn DES BERICHTS, DIE DEm auFTRaG DER KommISSIon wIDERSpRECHEn, unD DIE voRSCHlÄGE DER DEuTSCHEn aRBEITGEBER

Bericht der Wissenschaftler

1. grundsätzlicher reformbedarf der mitbestimmung wird verneint.

2. mitbestimmung soll nur unter strengen kautelen für Vereinbarungen geöffnet werden, als Auffangrege-lung soll das geltende recht greifen.

3. Ausweitung der mitbestimmung hinsichtlich einbe-ziehung des faktischen konzerns und der gmbh & co. kg in das drittelbeteiligungsgesetz und Auswei-tung der GmbH-Berichtspflichten

4. bestimmung der mitglieder eines besonderen Ver-handlungsgremiums zur Aushandlung von mit-bestimmungsvereinbarungen durch vorhandene betriebsratsgremien

5. bestimmung des katalogs von geschäften, die der zustimmung des Aufsichtsrates bedürfen, als gegen-stand von mitbestimmungsvereinbarungen

Forderung der Wirtschaft

die entwicklung des europäischen gesellschaftsrechts und der internationalen corporate governance er-fordert eine umfassende modernisierung, um mitbe- stimmung zukunftsfähig zu machen.

grundsätzliche öffnung der mitbestimmung für Ver- einbarungen und schaffung einer ausgewogenen Ver-handlungsbalance durch festschreibung der drittel-beteiligung als Auffangregelung

Jegliche Ausweitung von mitbestimmung widerspricht dem Auftrag der kommission, führt noch weiter weg von den europäischen Vorgaben und macht mitbestim-mung zum wettbewerbsnachteil.

optionale bestellung des besonderen Verhandlungs- gremiums durch urwahl, um weitere nachteilige Ver-mischung der betriebsverfassungsrechtlichen mit der ebene der unternehmensmitbestimmung zu vermeiden

fragen des gesellschaftsrechtlichen statuts und der kompetenzen des Aufsichtsrates können nicht durch die Verhandlungspartner einer mitbestimmungsverein-barung geregelt werden.

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ein eigenes umfangreiches sondervotum beigefügt, in dem sie den dringenden handlungsbedarf für die unter-nehmensmitbestimmung, der sich aus der europäischen entwicklung und internationalen Vorstellung zu guter unternehmensführung ergibt, herausgearbeitet und ei-gene Vorschläge unterbreitet haben, wie die deutsche mitbestimmung modernisiert werden kann.

der bericht der wissenschaftler weist in die vollständig falsche Richtung; statt Modernisierung wird die Mitbe-stimmung noch ausgeweitet, statt sie der europäischen entwicklung zu öffnen, wird der Versuch der Abgren-zung unternommen. zwar weisen die Vorschläge der wissenschaftler auch positive elemente auf. so werden Vereinbarungslösungen auch über die intensität der mit-bestimmung vorgeschlagen. diese sind jedoch mit so vielen kautelen versehen, dass faktisch keine flexibilität und keine modernisierung der mitbestimmung festzu-stellen ist.

der bericht der wissenschaftler liefert damit keine durchgreifenden empfehlungen, die verhindern, dass die unternehmensmitbestimmung zum nachteil für den deutschen holding- und investitionsstandort wird. der gesetzgeber sollte den wandel, in dem sich die deut-sche mitbestimmung aufgrund der entwicklungen des europäischen gesellschaftsrechts, der internationalen

corporate governance und der Verschärfung des wett-bewerbs der Gesellschaftsrechtssysteme bereits befin-det, aktiv mitgestalten, statt ihm tatenlos zuzusehen. die unternehmensmitbestimmung muss in das europäische system eingepasst werden.

EnTwICKlunG DES EuRopÄISCHEn GESEllSCHaFTSRECHTS

das gesetz über die mitbestimmung bei grenzüber-schreitenden Verschmelzungen von kapitalgesell-schaften tritt zum 1. Januar 2007 in kraft. es lehnt sich eng an die mitbestimmungsregelungen bei der grün-dung einer europäischen gesellschaft an. der gesetz-geber betreibt wiederum eine überobligatorische um-setzung („gold-plating“), die dem europäischen Anlie-gen besserer rechtsetzung widerspricht. er schafft re-gelungen, die über das von der richtlinie Vorgegebene hinausgehen, und nutzt vorhandene flexibilitätsspiel-räume in der richtlinie nicht aus. so wird zum beispiel dadurch über die richtlinie hinausgegangen, dass ein zwang zur beteiligung externer gewerkschafter im be-sonderen Verhandlungsgremium zur Aushandlung der mitbestimmung vorgesehen wird. trotz der vorhan-denen mängel besteht künftig neben der europäischen

ERGEBnISSE DER unTERnEHmEnSBEFRaGunG DES InSTITuTS DER DEuTSCHEn wIRTSCHaFT Köln unD DES InSTITuTS FüR RECHT unD FInanzEn, FRanKFuRT

Prozentsatz der Kapitalgesellschaften, die Unternehmensmitbestimmung im Einzelfall für eher hinderlich oder sehr hinderlich halten:

Anlagebereitschaft von eigenkapitalanlegern wie etwa Aktionären 43,4Übernahme von bzw. zusammengehen mit ausländischen unternehmen 45,6grenzüberschreitende fusion mit ausländischer kapitalgesellschaft 52,2Übernahme von bzw. zusammengehen mit deutschen unternehmen 42,1einrichtung einer europäischen Aktiengesellschaft 36,9beschaffung von fremdkapital 21,7beurteilung durch ratingagenturen 22,5

Außerdem klagen rund fünf von zehn belegschaftsstarken kapitalgesellschaften, dass die Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten entscheidungen verzögern.

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Aktiengesellschaft ein zweites rechtsinstrument, das die Aushandlung einer mitbestimmungsvereinbarung ermöglicht. dies ist zwar grundsätzlich positiv zu be-werten, als negativer faktor für das deutsche gesell-schaftsrecht fällt aber die deutsche mitbestimmung ins gewicht, nach der sich beim scheitern der Verhand-lungen die mitbestimmung in der fusionierten gesell-schaft richtet, wenn vor der fusion mindestens ein drittel aller Arbeitnehmer der an der Verschmelzung beteiligten gesellschaften einem mitbestimmungssy-stem unterlagen.

Auf der Agenda der deutschen eu-ratspräsident-schaft steht die Vorstellung einer europäischen sitz-verlegungsrichtlinie. hiermit soll eine einheitliche europäische regelung zur Verlegung des sitzes von kapitalgesellschaften innerhalb europas geschaffen werden. wegen der grundsätzlichen unterschiede zur europäischen Aktiengesellschaft und zu grenz- überschreitenden Verschmelzungen muss dabei si-chergestellt werden, dass kein zwangsweiser export von Mitbestimmungsregeln über die Grenzen stattfin-det. der vom europäischen gerichtshof aufgrund der niederlassungsfreiheit aufgestellte grundsatz, dass eine gesellschaft, die in einem mitgliedstaat wirksam gegründet wurde, ihren sitz ohne beschränkungen in einen anderen mitgliedstaat verlegen kann, muss zum tragen gebracht werden.

ebenfalls auf der europäischen Agenda steht die euro-päische privatgesellschaft, das europäische parlament hat hierzu einen initiativbericht vorgelegt. hiermit soll eine europäische unternehmensform insbesondere für kleine und mittlere gesellschaften geschaffen werden. zu begrüßen ist die empfehlung des rechtsausschusses des europäischen parlaments, wonach grundsätzlich das mitbestimmungsrecht des landes zur Anwendung gelangen soll, in dem die europäische privatgesell-schaft ihren sitz hat. diese empfehlung muss in den von der kommission vorzulegenden Verordnungsent-wurf über das statut der europäischen privatgesell-schaft einfließen.

die bdA hat zu dem thema den kompakt „unter-nehmensmitbestimmung“ veröffentlicht. er ist unter www.bda-online.de abrufbar.

BüRoKRaTIEaBBau auF DaS aRBEITSRECHT auSDEHnEn

die ersten gesetze zum bürokratieabbau sind mittlerwei-le in kraft getreten. das gesetz regelt die einsetzung des normenkontrollrats sowie die durchführung des stan-dardkostenmodells. die deutsche wirtschaft wird jähr-lich mit Bürokratiekosten in Höhe von 80 Mrd. € belastet. das erste mittelstandsentlastungsgesetz soll den durch bürokratische regelungen besonders strapazierten mittel-stand entlasten. damit hat die regierung zum Ausdruck gebracht, dass sie ihre ziele zum bürokratieabbau um-setzt. die bdA unterstützt dieses Vorhaben.

mit dem normenkontrollrat wird die forderung der bdA nach der schaffung eines bürokratie-tÜVs aufgegriffen. bürokratieabbau darf sich nicht auf bestehende gesetze beschränken. Vor allem bei neuen gesetzentwürfen müssen bürokratische lasten von Anfang an vermieden werden. das Agg war das absolute gegenbeispiel zu solcher bürokratievermeidender gesetzgebung. der nor-menkontrollrat hat die Aufgabe, die gesetzesentwürfe des kabinetts auf bürokratische belastung hin zu unter-suchen. dieses Vorhaben ist grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings sollte die kompetenz des normenkontroll-rats ausgeweitet werden. der normenkontrollrat muss für sämtliche gesetzentwürfe empfehlungen abgeben können.

mit dem standardkostenmodell (skm) hat die bundes-regierung ein interessantes instrument zur senkung von bürokratischen kosten eingeführt. das skm wird bereits in anderen europäischen ländern durchgeführt. mit dem Beginn der Kostenmessung von Informationspflichten, die per gesetz der wirtschaft auferlegt werden, wird 2007 begonnen. die Ankündigung der bundeskanzlerin, eine Abbauquote von 25 % festlegen zu wollen, ist ein erster konsequenter und ehrgeiziger schritt. bei einem Abbau von bürokratischen lasten in höhe von 25 % würden Kosten in Höhe von bis zu 20 Mrd. € eingespart werden. Je schneller und effektiver das skm durchgesetzt wird, desto eher wird die wirtschaft sich wieder auf ihr kernge-schäft konzentrieren können.

zu begrüßen ist der Ansatz der bundesregierung, im rahmen der eu-ratspräsidentschaft das skm auf euro-päischer ebene einführen zu wollen. europäische rege-

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lungen verursachen eine Vielzahl bürokratischer be-lastungen. da bereits zahlreiche europäische länder den weg des skm eingeschlagen haben, ist es sinnvoll, ein europäisches skm einzuführen. dadurch könnte sichergestellt werden, dass sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene überflüssige bürokra-tische regelungen abgesenkt werden.

das erste mittelstandsentlastungsgesetz ist ein weiterer schritt in die richtige richtung, jedoch bleibt es eben-falls weit hinter den Anforderungen an eine gesetzliche entbürokratisierung zurück. der mittelstand wird durch Überregulierungen im bereich des Arbeitsmarktes und Arbeitsrechts belastet. dieser bereich wurde jedoch vom ersten mittelstandsentlastungsgesetz weitgehend ausgespart. nur der schwellenwert für die bestellung eines datenschutzbeauftragten wurde auf zehn mit-arbeiter heraufgesetzt. dies allein kann keine wesent-liche erleichterung bringen. der entwurf eines zweiten mittelstandsentlastungsgesetzes ist hierzu ebenfalls kein beitrag. er muss umfassend für einen Abbau büro-kratischer Verfahren im Arbeitsrecht geöffnet werden. ohne deregulierung des materiellen Arbeits- und so-zialrechts wird es keine spürbare erleichterung für den mittelstand geben.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „bürokratie-abbau“ veröffentlicht. er ist unter www.bda-online.de abrufbar.

FInanzvERFaSSunG DuRCH FöDERalISmuSREFoRm II STÄRKEn

die föderalismusreform erster stufe geht in die rich-tige richtung. die bislang ausgesparte notwendige grundlegende reform der finanzverfassung muss jetzt in der geplanten föderalismusreform ii angegangen werden.

die bdA begrüßt den Abbau der zustimmungsrechte des bundesrats bei gesetzgebungsvorhaben des bundes. im hinblick auf die neuordnung der gesetzgebungs-kompetenzen ist die Abschaffung der intransparenz be- günstigenden rahmengesetzgebung zu begrüßen. die damit einhergehende stärkung der Verantwortung der länder in der bildungskompetenz war überfällig. diese müssen sich der herausforderung stellen, gesamtstaat-liche Verantwortung wahrzunehmen sowie leistungs-steigerung und Qualitätsverbesserung zu erzielen. Im Hinblick auf die notwendige Entflechtung der Misch- finanzierung ist leider kein vollständiger Durchbruch erzielt worden. richtigerweise wurde zwar die gemein-schaftsaufgabe Hochschulbau abgeschafft; die Misch-verantwortung und Mischfinanzierung im Bereich der förderung von einrichtungen und Vorhaben der wissen-schaftlichen forschung besteht jedoch fort, hier ist eine deutlichere konzentrierung der grundlagenforschung beim bund wünschenswert.

FöDERalISmuS – waS BRInGT DIE REFoRm?

die länder bekommen in diesen bereichen

weniger Rechte:

auf eu-ebene (Ausnahmen: schulische bildung, kultur, rundfunk)

Gesetzentscheidungenbisher: ca. 60 % aller gesetzentwürfe bedürfen der zustim-mung der länder

Bund übernimmtzuständigkeiten bei der terrorismusbekämpfung, kompetenzen bei Naturschutz und Landschaftspflege, sämtliche Zuständig-keiten beim melde- und Ausweiswesen, schutz deutschen kulturgutes, waffen- und sprengstoffrecht, kriegsfolgenrecht, kernenergie

mehr Rechte:

Beamtenrechtkünftig von land zu land unterschiedliche besoldung möglich

Bildungweitgehend eigenständige regelung des schul- und hochschul-bereichs

neue Kompetenzen beimdemonstrationsrechtstrafvollzugnotarrechtheimrechtladenschlussrechtgaststättenrecht

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bedenken begegnet die Ausnahme des Arbeitsrechts und zahlreicher anderer materien des katalogs kon-kurrierender zuständigkeiten von der Anwendung der erforderlichkeitsklausel.

dadurch erfährt der bund einen fragwürdigen zuwachs an kompetenz. den ländern sollte die notwendige fle-xibilität eingeräumt werden, gerade in wirtschaftsrele-vanten bereichen, wie dem Arbeitsrecht, aufgrund von länderöffnungsklauseln regional neue wege erproben zu können.

die bdA tritt dafür ein, dass der bund auf europäischer ebene gestärkt wird. deutschland muss nach außen mit einer stimme sprechen. nach den änderungen des grundgesetzes verliert dagegen die bundesregierung in den bereichen schulische bildung, kultur und rundfunk ihre Verhandlungsführerschaft in brüssel an einen vom bundesrat benannten Vertreter der länder. die ände-rungen werden die europatauglichkeit des grundgesetzes mindern.

ohne eine reform der finanzverfassung, nach der die Länder finanziellen Handlungsspielraum zurückgewin-nen müssen, wird die jetzige föderalismusreform schließ-lich ein torso bleiben. daher müssen bund und länder die angekündigte neuordnung der bund-länder-finanz-beziehungen baldmöglichst in Angriff nehmen.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „föderalis-musreform“ veröffentlicht. er ist unter www.bda-online.de abrufbar.

RECHTSBERaTunGSRECHT pRaxISTauGlICH REFoRmIEREn

in der zweiten Jahreshälfte ist das gesetzgebungsverfah-ren zur neuregelung des rechtsberatungsrechts weiter vorangeschritten. die bundesregierung hat im August einen gesetzentwurf vorgelegt. der bundesrat hat den regierungsentwurf im oktober beraten.

gegenüber dem vorhergehenden referentenentwurf des bundesministeriums der Justiz hat die bdA einige Verbes-serungen erreicht. diese gehen jedoch noch nicht weit genug. die aus Arbeitgebersicht verfehlte Vertretungs-

beschränkung für ehrenamtliche richter wurde entschärft. ehrenamtliche richter, die zugleich die prozessvertre-tung für ihren Arbeitgeber übernehmen (beispielsweise der syndikus eines unternehmens), sollen ganz vom Ver-tretungsverbot ausgenommen werden. damit ist die for-derung der bdA in diesem punkt vollständig umgesetzt worden. Alle anderen ehrenamtlichen richter – also zum beispiel die Verbandsvertreter – sollen nach dem re-gierungsentwurf nicht mehr vor dem spruchkörper, das heißt der kammer oder dem senat, auftreten dürfen, dem sie angehören. damit wird zwar im Vergleich zu früheren entwürfen, die das Vertretungsverbot noch auf das ge-samte gericht erstreckten, eine Verbesserung erreicht. diese greift in der praxis in vielen fällen jedoch nicht, weil an einer großen zahl an Arbeits- und sozialgerichten der ehrenamtliche richter keinem festen spruchkörper zugewiesen wird. An diesen gerichten würde auch ein Vertretungsverbot, das gesetzlich nur auf einen spruch-körper begrenzt ist, faktisch wie ein Vertretungsverbot für das gesamte gericht wirken.

wird diese regelung nicht nachgebessert, sind erheb-liche Auswirkungen auf die bereitschaft zu erwarten, ehrenamtlich in der Arbeits- und sozialgerichtsbarkeit tätig zu werden. dies hätte für die Arbeitsfähigkeit der Arbeits- und insbesondere der sozialgerichte ohne feste kammerzuweisung gravierende Auswirkungen. zudem sind ausreichend gesetzliche instrumente vorhanden, um in einzelfällen mit tatsächlichen oder vermeintlichen in-teressenkonflikten umzugehen.

die bdA hat sich deshalb beim federführenden rechtsaus-schuss des deutschen bundestags für eine streichung des Vertretungsverbots für ehrenamtliche richter eingesetzt.

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TaRIFpolITIK

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TaRIFjaHR 2006 – auFBRuCH zu nEuEn STRuKTuREn?

das tarifjahr 2006 war insbesondere durch qualitative weiterentwicklungen der tarifpolitik geprägt. einmal-zahlungen sind verstärkt an die stelle von tarifanhe-bungen getreten. mit neuen öffnungsklauseln, insbe-sondere für betrieblich abdingbare einmalzahlungen, haben die tarifparteien in vielen branchen zusätzliche neue gestaltungsspielräume für die unternehmen ge-schaffen. damit haben die tarifpartner auch in diesem Jahr die neue balance zwischen flächentarifvertrag und betrieblichen gestaltungsmöglichkeiten weiter ausgebaut.

beim entgelt konnten die tarifabschlüsse zumindest zu beginn des Jahres an die moderate lohnentwicklung der letzten Jahre anknüpfen. diese wertet die deutsche bundesbank inzwischen als eine Voraussetzung für die verbesserte wettbewerbsfähigkeit deutschlands. Auch das Jahresgutachten des sachverständigenrates bestätigt, dass die moderate lohnentwicklung der vergangenen Jahre zur Verbesserung der Arbeitsmarktlage beigetra-gen hat. leider konnte dieser kurs im weiteren Verlauf des Jahres nicht uneingeschränkt fortgeführt werden. die zum teil höheren entgeltsteigerungen waren aller-dings nicht nur der oftmals guten wirtschaftlichen lage der branchen geschuldet, sondern auch Ausdruck der gesamtwirtschaftlichen erholung in diesem Jahr. insge-samt bewegt sich die diesjährige tarifabschlussrate mit durchschnittlich 2,1 % noch in der bandbreite des ge-samtwirtschaftlichen produktivitätszuwachses. zudem konnten lange laufzeiten da tarifverträge von bis zu 36 monaten, monate ohne tabellenanhebung bis hin zu echten nullrunden sowie mehr flexibilität bei der entgeltstruktur zu einem stück entlastung der betriebe beitragen.

die tarifrechtliche diskussion wurde im berichtsjahr be-herrscht von der anhaltenden debatte über gesetzliche mindestlöhne und dem inkrafttreten des Allgemeinen gleichbehandlungsgesetzes.

waCHSTumSpRozESS ERFoRDERT FoRTSETzunG DER moDERaTEn loHnpolITIK

nach einer längeren konjunkturellen schwächephase ist der wachstumsmotor im Jahre 2006 endlich wieder angesprungen. die positive konjunkturelle entwick-lung der vergangenen monate steht jedoch auf dün-nem eis. für 2007 sind die Aussichten aufgrund des starken euros und der anstehenden mehrwertsteuer-erhöhung schon wieder gedämpft. umso entschei-dender ist für die betriebe in dieser situation eine ver-lässliche und moderate lohnpolitik, die ihnen auch im falle eines wieder sinkenden konjunkturbarometers ausreichend raum für beschäftigungsfördernde inves-titionen bietet.

aRBEITSKoSTEn: wEITERHIn KEIn GRunD FüR EnTwaRnunG

die moderate lohnentwicklung der letzten Jahre hat dazu beigetragen, dass die Arbeitskosten in deutsch-land zuletzt weniger stark gestiegen sind als in vie-len anderen wichtigen industrienationen. trotz die-ser fortschritte bleiben die hohen Arbeitskosten aber weiterhin ein gravierender nachteil für die unterneh-men am standort deutschland. lediglich in norwe-gen und dänemark liegen nach letzten erhebungen die industriellen Arbeitskosten noch höher als in westdeutschland. gegenüber dem durchschnitt der wichtigsten industrienationen ist die Arbeitsstunde in westdeutschland um ein drittel teurer. gerade die im internationalen Vergleich enorm hohen personalzu-satzkosten schränken den spielraum für entgelterhö-hungen stark ein.

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04/06 – 03/0704/07 – 08/076 nullmonate m.einmalzahlung (23 monate)

09 – 12/0603 – 06/07(regional unterschiedl. jew. 7 monate) 17 nullmonate m. einmalzahlungen (24 monate)

04/06 – 03/0704/07 – 03/0812 nullmonate m. einmalzahlung(36 monate)

06/06 – 03/073 nullmonate m.einmalzahlung(13 monate)

11/06 – 04/0705/07 – 02/086 nullmonate m. einmalzahlungen (22 monate)

laufzeitbeginn/nullmonate/ einmalzahlungen:regional unterschiedl.(12 monate)

09/06 – 11/0712/07 – 06/083 nullmonate m. einmalzahlung (25 monate)

08/06 – 07/0740 nullmonate (12 monate)

01/07 – 01/084 nullmonate m. einmalzahlungen (17 monate)

Einmalzahlung von 250 €erweiterung der möglichkeit zur Arbeitszeitverlängerung auf 42 std. durch Aufhebung der 10 %-Quote und durch Berücksichtigung bestehender teilzeitverhältnisse bei der gegenrechnung

Einmalzahlungen von insgesamt 275 €, bei ertragsabhängiger Gestaltung bis Ende 2008 insgesamt weitere 225 € vorgesehen, Verschiebung/Ab-senkung/entfallen der beträge durch freiwillige betriebsvereinbarung möglich, beschäftigungssicherungs-tV ermöglicht abweichende tarifstand-ards durch firmen-tV, keine entgeltsteigerung für Auszubildende

Einmalzahlung von 150 €Arbeitszeitvereinbarungen zurVerlängerung der wAz um 3 stunden ohne lohnausgleich durch freiwillige betriebsvereinbarung mit zustimmung von ver.diAbsenkung auf 30 stunden zur beschäftigungssicherung durch freiwillige betriebsvereinbarungeinrichtung von konten, Verteilung der wAz auf 5 tageErweiterung des Ausgleichszeitraums auf 18 Monate bei flexibler

gestaltungAbsenkung der samstags-/mehrarbeitszuschläge einheitlich auf jeweils 25 %, Verschiebung/Absenkung/entfallen von Jahressonderzahlung und zusätzl. urlaubsgeld durch freiwillige betriebsvereinbarung

pilotabschluss in nrwEinmalzahlung von 310 €, Öffnungsklausel ermöglicht abhängig von der wirtschaftlichen Lage Zahlungen zwischen 0 und 620 € durch freiwillige betriebsvereinbarungumwidmung der vermögenswirksamen leistungen für Altersvorsorge ab oktober 2006 Qualifizierungs-TV mit Arbeitnehmer-EigenleistungVerhandlungen über wettbewerbsfähige standards für produktionsferne tätigkeitsbereiche und Anreize zur beschäftigungsförderungModifizierte Erholzeiten-Regelung in Nordwürttemberg/Nordbaden

Einmalzahlungen von insgesamt 340 €, Öffnungsklausel ermöglicht abhän-gig von der wirtschaftlichen lage durch freiwillige betriebsvereinbarung Abweichen/entfallen/Verdoppelung, Appell zur erhöhung der Ausbildungs-bereitschaft und zur Übernahme Ausgebildeter

Einmalzahlungen regional unterschiedlich zwischen 80 und 350 € teilweise mit öffnungsklauseln zur variablen gestaltung durch freiwillige betriebsvereinbarung18 monate gesamtlaufzeit in schleswig-holsteinAbsenkung der Jahressonderzahlungen in baden-württemberg und rheinland-pfalz, variable gestaltung durch freiwillige betriebsvereinbarung

Einmalzahlung von 100 €erweitertes Variabilisierungsvolumen für entgelte und sonderzahlungeinstellmöglichkeit von 195 stunden/Jahr in ein langzeitkontosteigerung des Ausbildungsplatzangebots um 4 %

Vereinbarung nach 40 monaten ohne tarifanhebungArbeitszeitkonto auf Jahresbasis mit verstetigtem monatsentgeltost: stufenweise Absenkung der wochenarbeitszeit von 41 auf 39 stunden

2 Einmalzahlungen von insgesamt 1.250 €„Tarifvertrag zur Gestaltung des demografischen Wandels“ zur Behebung branchenspezifischer AltersstrukturproblemeÜbernahme der lernmittelkosten durch den Arbeitgeber

2,01,0

1,0

1,52,0

3,0

2,52,0

2,5

3,01,5

2,7

3,8

Versicherungswirtschaftwest + ost (22.12.05)240.000

einzelhandelwest + ost (ab 05.01.06)2.700.000

papierverarbeitungwest (01.03.06)95.000

metall-/elektroindustriewest + ost (ab 22.04.06)3.400.000

textil- und bekleidungs-industriewest (12.05.06)130.000

holz und kunststoffe verarb. industriewest (ab 17.05.06)140.000

privates bankgewerbewest + ost (22.06.06)240.000

garten-, landschafts- und sportplatzbauwest + ost (05.07.06)80.000

stahlindustriewest + ost (21.09.06)95.000

Weitere Vereinbarungen / BemerkungenLaufzeiten (Gesamtlaufzeit)Tariferhöhung in %

Tarifbereich/Beschäftigte

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InTERnaTIonalER vERGlEICH: aRBEITSKoSTEn jE aRBEITERSTunDE Im vERaRBEITEnDEn GEwERBE 2005 In € (DIREKTEnTGElT + pERSonalzuSaTzKoSTEn)

Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln (2006)

Polen

Portugal

Griechenland

Spanien

Ostdeutschland

Italien

Japan

USA

Vereinigtes Königreich

Frankreich

Österreich

Niederlande

Schweiz

Westdeutschland

Dänemark

Norwegen

5 10 15 20 25 30 350

19,88

21,20

15,67

16,83

13,93

11,99

11,07

14,01

13,31

10,53

9,07

10,53

9,33

6,62

4,21

2,42

9,56

7,12

12,20

8,73

11,52

10,17

10,31

6,46

5,96

7,37

8,65

6,83

7,92

4,49

3,16

1,38

29,45 €

28,33€

27,87 €

25,64 €

25,45 €

22,16 €

21,38 €

20,47 €

19,27 €

17,90 €

17,71 €

17,37 €

17,25 €

11,11 €

7,37 €

3,80 €

Direktentgelt

Personalzusatzkosten

TaRIFaBSCHlüSSE: mEHR BETRIEBSnÄHE BEI noCH zu HoHEn KoSTEn

der beginn der tarifrunde 2006 war zunächst von Ab-schlüssen in den ver.di-branchen geprägt. dabei ist auf-fällig, dass die gewerkschaft erst eine gewisse beweg-lichkeit zuließ, als die existenz des flächentarifvertrags auf dem spiel stand.

noch im dezember des vergangenen Jahres konnte die Versicherungswirtschaft einen tarifabschluss mit einer gesamtlaufzeit von 23 monaten vereinbaren. dieser sieht für die ersten sechs monate einmalzahlungen von 250 € sowie eine anschließende zweistufige Entgelt-anhebung von 2 % für zwölf monate und 1 % für die letzten fünf monate vor. des weiteren wurde die An-wendung des bereits bestehenden Arbeitszeitkorridors erleichtert.

nach über acht monate dauernden Verhandlungen erzielte der einzelhandel Anfang Januar einen pilotab-schluss in berlin. bei einer zweijährigen laufzeit wer-den für 17 monate einmalzahlungen von insgesamt 200 € gezahlt. Erst für die letzten sieben Monate erfolgt eine tabellarische entgeltanhebung von 1 %, kombi-niert mit einer weiteren Einmalzahlung von 75 €. Erst-mals in dieser branche können die einmalzahlungen rein betrieblich abbedungen werden. zusätzlich kann aufgrund einer neuen öffnungsklausel zur Vermeidung einer wirtschaftlichen notlage zeitlich befristet mit zu-stimmung der Tarifvertragsparteien von allen tariflichen regelungen abgewichen werden.

der tarifabschluss in der papierverarbeitung von An-fang märz hat eine laufzeit von 24 monaten. nach zwölf faktischen Nullmonaten erfolgt eine zweistufige tabellenanhebung von 1,5 und 2 % mit einer zusätz-lichen Einmalzahlung von 150 €. Nach überaus zähen

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und kommunen vereinbarten tarifreform mit länderspezi-fischen Abweichungen beim Entgelt und der Arbeitszeit geeinigt. Die tarifliche Wochenarbeitszeit wird nun regio-nal unterschiedlich von 38,5 auf bis zu 39,7 stunden angehoben. mit dem tarifabschluss der länder konnte der mehr als drei monate dauernde und damit längste Ar-beitskampf in der nachkriegsgeschichte des öffentlichen dienstes beendet werden.

ein ökonomisch und tarifpolitisch falsches signal geht auch von dem mitte Juni vereinbarten tarifabschluss für die ärzte an universitätskliniken mit einer steigerung der grundvergütungen von bis zu 20 % aus. ohne rücksicht auf die schlechte wirtschaftliche gesamtlage der kliniken sind hier mit über 13-wöchigem streikdruck berufsstän-dische partikularinteressen durchgesetzt worden. solche Abschlüsse konterkarieren die bemühungen um eine maßvolle und beschäftigungsorientierte lohn- und ta-rifpolitik. gleiches gilt für die nachfolgenden Abschlüsse mit ver.di, der dbb tarifunion und dem marburger bund für ärzte an den kommunalen krankenhäusern.

die tarifvertragsparteien im privaten und öffentlichen bankgewerbe einigten sich im Juni auf einen tarifver-trag mit 25-monatiger laufzeit, der nach drei monaten ohne tabellenanhebung und einer einmalzahlung von 100 € eine zweistufige Entgeltanhebung von 3,0 % für 15 monate und 1,5 % für weitere sieben monate vorsieht. darüber hinaus wurde die vor zwei Jahren beschlossene Ausbildungsinitiative ausgeweitet. in den Jahren 2006 und 2007 wird nun das Angebot an neuen Ausbildungs-plätzen in den privaten und öffentlichen banken gegen-über 2005 um 4 % erhöht.

im Juli gab es nach 40 leermonaten eine tarifeinigung im garten-, landschafts- und sportplatzbau. bei einer laufzeit von zwölf monaten erfolgte ab dem 1. August 2006 eine entgeltanhebung um 2,7 %. zum 1. April 2007 können betriebe Arbeitszeitkonten mit einjähri-gem Ausgleichszeitraum einführen. Voraussetzung für die nutzung der Jahresarbeitszeit ist die einführung einer insolvenzsicherung für Arbeitszeitkonten. die Ausgestal-tung des Arbeitszeitkontos ist der branche angepasst und betrieblich flexibel. In Ostdeutschland wird die Wochen-arbeitszeit in vier schritten à 0,5 stunden bis zum 1. April 2010 von derzeit 41 stunden auf das Arbeitszeitniveau in westdeutschland von 39 stunden reduziert – mit entspre-chender Absenkung des monatseinkommens.

Verhandlungen konnten auch öffnungsklauseln zur Ar-beitszeitverlängerung von 35 auf 38 wochenstunden sowie zur Absenkung der Jahressonderzahlungen ver-einbart werden, zum teil sogar mit neuen Verfahrens-erleichterungen bei der erforderlichen zustimmung der tarifvertragsparteien.

im April vereinbarte die metall- und elektroindustrie bei einer laufzeit von 13 monaten für die ersten drei monate einen Einmalbetrag von 310 €, der je nach Ertragslage im unternehmen ohne zustimmung der tarifparteien ganz oder teilweise gestrichen oder auch verdoppelt werden kann. mit der Vereinbarung einer rein betrieblich abding-baren einmalzahlung hat die ig metall für diese branche ebenso tarifpolitisches neuland betreten wie ver.di An-fang des Jahres im einzelhandel. die sich anschließende tabellenanhebung von 3 % ist allerdings sehr branchen-spezifisch. Sie ist vor allem der im Durchschnitt durch-aus robusten branchenkonjunktur und dem geplanten einstieg in einen insgesamt betriebsnäheren zuschnitt der lohnpolitik geschuldet. dennoch ist für viele betriebe da-mit eine erhebliche dauerbelastung verbunden, die im wesentlichen über das hinausgeht, was beschäftigungs-politisch erforderlich ist. demgegenüber bemerkenswert ist der in der branche neu vereinbarte rentenbaustein. danach können die Arbeitnehmer den als vermögens-wirksame leistung gezahlten betrag künftig nur noch für die kapitalgedeckte Altersvorsorge einsetzen. neben der entgeltumwandlung ist als gleichberechtigte Verwen-dungsmöglichkeit nun auch die riester-rente vorgese-hen. mit der integration der privaten riester-förderung ist eine weitere bedeutende Option in der tariflichen Alters-sicherung eröffnet worden. darüber hinaus wurde ein Qualifizierungstarifvertrag vereinbart, der Ansprüche auf konkrete Qualifizierungsmaßnahmen ausschließt und bei bestimmten Qualifizierungen einen Eigenbeitrag in Form von freizeit der mitarbeiter vorsieht.

die textil- und bekleidungsindustrie vereinbarte Anfang mai einen „dreigeteilten“ Abschluss: für die ersten sechs monate der 22-monatigen laufzeit gibt es zwei einmalbe-träge von insgesamt 340 €, die erneut rein betrieblich im Volumen von 0 bis 200 % variabilisierbar sind. sodann folgt für weitere sechs monate eine tabellenanhebung von 2,5 % und für die restliche laufzeit von 2 %.

mitte mai haben sich die länder im öffentlichen dienst mit ver.di im grundsatz auf die Übernahme der für bund

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für die zeitschriftenredakteure wurde im August mit ver.di und dem deutschen Journalistenverband ein Ab-schluss mit einer laufzeit von 26 monaten (ab 1. Juni 2006) vereinbart, der für die ersten sieben monate keine tabel-lenanhebung, sondern eine Einmalzahlung von 220 € zum 1. oktober 2006 vorsieht. für die übrigen 19 monate er-folgt eine tabellenanhebung um 2,2 % und eine weitere Einmalzahlung von 220 €. Zudem ist eine Strukturreform der berufsjahresstaffel vorgesehen. die zeitungsredakteure einigten sich im september mit ver.di und dem deutschen Journalistenverband auf einen tarifabschluss mit einer laufzeit von 36 monaten, rückwirkend zum 1. August 2005. für die ersten zwölf monate wurde eine einmalzah-lung von 350 € vereinbart, für die zweiten zwölf Monate eine tabellenanhebung um 1 % und für die dritten zwölf monate eine tabellenanhebung um 1,5 %. Auch hier wird die berufsjahresstaffel neu strukturiert.

für die 95.000 beschäftigten der stahlindustrie einigten sich die Arbeitgeber mit der ig metall im september auf einen tarifabschluss mit einer laufzeit von 17 monaten. danach erhalten die Arbeitnehmer für die ersten vier mo-nate eine Einmalzahlung von 500 € und eine Sonderzah-lung von 750 €. Ab Januar 2007 erfolgt eine Tabellenan-hebung um 3,8 %. diese außergewöhnlich hohe belas-tung ist der soliden branchenkonjunktur geschuldet und kann keinesfalls als Vorbild für die anstehende tarifrunde 2007 dienen. zusätzlich wurde eine Vereinbarung zum Abschluss eines tarifvertrags zur gestaltung des demo-grafischen Wandels getroffen. Danach ist neben einer betrieblichen Altersstrukturanalyse unter anderem die einvernehmliche einrichtung eines betrieblichen fonds vorgesehen, aus dem verschiedene maßnahmen für äl-tere Arbeitnehmer finanziert werden sollen.

mEHR BETRIEBSnÄHE DuRCH EnTGElTDIFFEREnzIERunG

im Jahre 2006 konnten beim Ausbau der betrieblichen gestaltungsspielräume vor allem im bereich der entgelt-differenzierung fortschritte erzielt werden. damit einher geht eine zunehmende Aufteilung von tarifanhebungen in tabellenerhöhungen und einmalzahlungen. Vorreiter dafür war vor allem die chemische industrie, die bereits in der Vergangenheit tariferhöhungen wiederholt in eine dauerhaft wirkende Anhebung von tarifentgelten und

variable einmalbeträge aufgeteilt hat. zur sicherung der zukunft des branchentarifvertrags gibt es zu ei-ner stärkeren differenzierung auch beim entgelt keine Alternative.

neue ertragsabhängige einmalzahlungen vereinbarten der einzelhandel, die metall- und elektroindustrie sowie einige regionen der holz- und kunststoffverarbeitenden industrie. erstmals konnte in diesen branchen auch ein Einstieg in die betriebliche Ausgestaltung tariflicher entgeltbestandteile ohne beteilung der gewerkschaft erzielt werden. entsprechend der wirtschaftlichen lage des unternehmens können durch freiwillige betriebs-vereinbarung die einmalzahlungen zeitlich verschoben, bis auf null reduziert oder verdoppelt werden. bislang gab es solche öffnungsklauseln vorwiegend nur in ig- bce-branchen wie der chemischen industrie und der papiererzeugung. Auch die kautschukindustrie (ost) konnte diese Form der Entgeltflexibilität dieses Jahr wie-derholt vereinbaren. die ig metall hatte rein betrieblich abdingbare einmalzahlungen bislang nur in der textil- und bekleidungsindustrie zugelassen, die in diesem Jahr diese öffnungsklausel erneut vereinbaren konnte. dabei ist neu, dass die einmalzahlungen erfolgsabhängig auch verdoppelt werden können. Ebenfalls mehr Entgeltflexi-bilität erzielte das bankgewerbe, indem es seine betrieb-liche option, leistungsorientierte Vergütung zu zahlen, von bisher 7,5 auf 8 % des tariflichen Jahresentgelts er-weitert hat.

Auch im bereich der sonderzahlungen erzielten einige branchen in diesem Jahr mehr betriebliche flexibilität. so können das urlaubsgeld und die Jahressonderzah-lung in der papierverarbeitung und den zeitschriften-verlagen bei Ausschluss betriebsbedingter kündigungen mit zustimmung der tarifvertragsparteien abgesenkt werden oder entfallen; eine Verschiebung kann in der papierverarbeitung rein betrieblich vorgenommen wer-den. eine betriebsvereinbarung genügt im metallhand-werk niedersachsen und in der holz- und kunststoffver-arbeitenden industrie rheinland-pfalz und baden-würt-temberg, um diese zahlungen ertragsabhängig in einer spanne von 50 bis 150 % bzw. 80 bis 120 % variieren zu können. im bankgewerbe wurde die spanne, inner-halb deren durch Betriebsvereinbarung die tarifliche sonderzahlung bislang zwischen 91 und 118 % er-folgsabhängig variiert werden kann, auf eine bandbreite von 90 bis 120 % erweitert.

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wEITERER auSBau DER aRBEITSzEITFlExIBIlITÄT

die dringend benötigte erweiterung der betrieblichen gestaltungsspielräume vor allem beim Arbeitszeitvo-lumen konnte in den letzten Jahren verstärkt in die tarifverträge aufgenommen werden. Auch in dieser tarifrunde wurden auf diesem wichtigen feld weitere fortschritte erzielt.

in der papierverarbeitung kann die wochenarbeitszeit mit zustimmung der gewerkschaft ohne lohnausgleich von 35 auf 38 stunden verlängert werden. gleichzeitig wurde das zustimmungsverfahren deutlich vereinfacht. ver.di erteilt die zustimmung, wenn im gegenzug rege-lungen zur beschäftigungssicherung getroffen werden. darüber hinaus können nunmehr durch freiwillige be-triebsvereinbarung Arbeitszeitkonten mit einem korri-dor von bis zu 220 plus- und 70 minusstunden ohne begrenzung des Ausgleichszeitraums eingeführt wer-den. der Verteilzeitraum bei ungleichmäßig verteilter

Arbeitszeit wurde von 12 auf 18 monate verlängert. in der Versicherungswirtschaft wurde die nutzung des bereits bestehenden Arbeitszeitkorridors erleichtert und wochenarbeitszeiten zwischen 20 und 42 stun-den ermöglicht. beim erforderlichen Ausgleich von Arbeitszeitverlängerung und Arbeitszeitverkürzung können bei bestimmten beschäftigten künftig auch die bestehenden teilzeitverhältnisse berücksichtigt werden. im bankgewerbe ist die höchstgrenze für das An- sparen von Arbeitsstunden für langzeitkonten von bis- her 175 auf 195 stunden pro Jahr ausgedehnt worden. in einigen bereichen der ernährungsindustrie konnten durch stufenweise streichung bzw. Absenkung freier tage sowie Altersfreizeiten auch generelle Verlänge- rungen der Jahresarbeitszeit erzielt werden. Auch in regionalen tarifabschlüssen sowohl der ernährungs-industrie als auch der steine- und erden-industrie wurden weitgehende öffnungsklauseln vereinbart. diese ermöglichen – unter einbeziehung der gewerk-schaften – den betrieben Abweichungen von tarifver-traglichen standards zur beschäftigungssicherung und wettbewerbsverbesserung.

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„Arbeitslosengeld II“ berücksichtigendas „Arbeitslosengeld ii“ sichert die existenz für jeden erwerbsfähigen hilfebedürftigen. die trans-ferleistung garantiert umgerechnet auf eine Vollzeit-stelle bereits einen „faktischen mindestlohn“ für Al-leinstehende in Höhe von 4,88 € und für Verheira-tete mit zwei Kindern von 9,30 € pro Stunde – selbst wenn der hilfebedürftige überhaupt keiner tätigkeit nachgeht. Jeder selbst verdiente euro erhöht diesen betrag.

Arbeitsplätze nicht gefährdenin deutschland verdienen etwa 1,3 mio. Vollzeitbe-schäftigte weniger als 1.000 € im Monat bzw. 6,00 € pro stunde. höhere gesetzliche mindestlöhne würden mindestens einen teil dieser Arbeitsplätze vernichten, in schwarzarbeit oder ins Ausland verdrängen.

Löhne stärker differenzierenArbeitsplätze entstehen bzw. bleiben nur dann er-halten, wenn die Arbeitskosten nicht höher sind als die erwirtschaftete produktivität. Voraussetzung für die schaffung von Arbeitsplätzen vor allem im bereich ein-facher tätigkeiten ist daher eine stärker produktivitäts-orientierte lohndifferenzierung.

Unnötige Arbeitskosten vermeidenBranchenspezifische Mindestlöhne würden insbeson-dere in ostdeutschland die Arbeitskosten in die höhe treiben und damit den wegfall von Arbeitsplätzen bewirken. Obwohl die Tariflöhne dort fast 95 % des

westniveaus erreicht haben, liegen die tatsächlich ge-zahlten löhne im durchschnitt ein fünftel darunter.

Kontrollbürokratie verhindernmindestlöhne auf tarifbasis würden bei der festset-zung und kontrolle weitere bürokratie nach sich zie-hen. in deutschland existieren über 3.000 lohn- und gehaltstarifverträge. nicht tarifgebundene betriebe müssten plötzlich ermitteln, unter welchen tarifvertrag sie fallen.

Tarifautonomie wahrennach dem grundgesetz müssen unternehmen die möglichkeit haben, ihre Arbeitsbeziehungen auch ohne tarifbindung gestalten zu können. diese nega-tive koalitionsfreiheit wird außer kraft gesetzt, wenn tarifliche Mindestlöhne per Zwangsverordnung für alle gelten.

Rahmenbedingungen beachtenViele beschäftigungspolitisch erfolgreiche länder wie österreich, dänemark und schweden haben keinen einheitlichen gesetzlichen mindestlohn. in ländern mit einem mindestlohn sind die gesamtwirtschaft-lichen rahmenbedingungen zudem nicht mit denen in deutschland vergleichbar. diese europäischen Nachbarländer haben wie auch die USA ein flexi-bleres Arbeitsrecht. zudem sind die Arbeitskosten niedriger. Außerdem sind die mindestlohnregelungen in diesen ländern oft an beitrags- und steuerentlas-tungen gekoppelt.

die bdA lehnt gesetzliche mindestlöhne ab. dies gilt für einen einheitlichen mindestlohn ebenso wie für branchenspezifische Mindestlöhne auf Tarifbasis.

GESETzlICHE mInDESTlöHnE – IRRwEG mIT FaTalEn FolGEn

mInDESTloHn vERHInDERn

entsprechend den Vereinbarungen im koalitionsvertrag läuft seit mitte des Jahres ein gesetzgebungsverfahren zur Aufnahme des gebäudereinigerhandwerks in den Anwen-dungsbereich des Arbeitnehmer-entsendegesetzes. da die

gebäudereiniger bereits über einen allgemeinverbind-lichen tarifvertrag verfügen und soziale Verwerfungen durch entsendearbeitnehmer in der branche vorgetragen wurden, hat sich die bdA in ihrer stellungnahme zum re-ferentenentwurf im grundsatz nicht gegen die Aufnahme dieser branche in den Anwendungsbereich des entsen-degesetzes geäußert. Allerdings wurden massive einwän-

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de gegen eine staatliche mindestlohnfestsetzung durch rechtsverordnung geltend gemacht, wonach der bun-desminister für Arbeit und soziales mindestentgelte ohne einvernehmen mit dem tarifausschuss auf die gesamte branche erstrecken kann. der gesetzentwurf hat im er-sten durchgang den bundesrat ohne einwendungen pas-siert, obwohl sich auch der mitberatende wirtschaftsaus-schuss in seiner beschlussempfehlung gegen die Verord-nungsermächtigung gewandt hatte. der bundestag hat am 9. november 2006 in erster lesung den gesetzesentwurf den Ausschüssen überwiesen.

gesetzliche mindestlöhne lösen keines der bestehen-den probleme auf dem Arbeitsmarkt, sondern schaffen nur zusätzliche. mindestlöhne verhindern die schaf-fung bzw. erhaltung von Arbeitsplätzen gerade für ge-ring Qualifizierte mit niedriger Produktivität. Arbeits-plätze, für die gesetzlich eine entlohnung oberhalb der jeweiligen wertschöpfung festgelegt wird, können von den unternehmen nicht erhalten werden.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „gesetz-licher mindestlohn“ veröffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

TaRIFvERTRaGlICHE REGElunGEn unD allGEmEInES GlEICHBEHanDlunGSGESETz

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) findet auch auf tarifverträge Anwendung. damit ist aber nicht jede tarifvertragliche differenzierung aufgrund eines der im Agg genannten merkmale unzulässig. Vielmehr ent-hält das gesetz zahlreiche rechtfertigungsgründe. zudem scheidet bei einer mittelbaren differenzierung bereits der tatbestand einer unzulässigen benachteiligung aus, wenn ein sachlicher grund dafür besteht und die mittel zur erreichung des zieles verhältnismäßig sind.

bei tarifverträgen gilt darüber hinaus die sogenannte „richtigkeitsgewähr“, wodurch sie nur einer einge-schränkten gerichtlichen kontrolle unterliegen. nach ständiger rechtsprechung ist es vor dem hintergrund der tarifautonomie nicht Aufgabe der gerichte zu überprüfen, ob tarifvertragsparteien die zweckmä-ßigste, vernünftigste und gerechteste lösung gefunden

alTERSDIFFEREnzIERunGEn In TaRIFvERTRÄGEn

die größte bedeutung kommt in tarifverträgen dem merkmal Alter zu. hierzu sieht das gesetz spezielle rechtfertigungsgründe für ungleichbehandlungen vor.

die beim kündigungsschutz zugunsten älterer Ar-beitnehmer bestehenden regelungen sind wegen des Vorrangs des kündigungsschutzgesetzes vor dem Agg weiterhin zulässig.

längere kündigungsfristen zugunsten älterer sind aus gleichem grund zulässig. sie sind darüber hi-naus sachlich gerechtfertigt, soweit damit die be-triebstreue honoriert werden soll.

entgeltstaffelungen und sonderzahlungen in Abhän-gigkeit von lebensalter und betriebszugehörigkeit können als honorierung der betriebstreue und ggf. der berufserfahrung gerechtfertigt werden.

zulässig sind regelungen, die das Arbeitsverhältnis automatisch und ohne kündigung mit erreichen des rentenalters enden lassen.

die nichtberücksichtigung von zeiten vor Vollen- dung eines bestimmten lebensalters oder Abschlä-ge, soweit ein bestimmtes Alter nicht überschrit-ten ist, kann gerechtfertigt sein, wenn durch diese regelungen die eingliederung junger menschen in ein beschäftigungsverhältnis erleichtert werden soll. der gesetzgeber geht mit § 622 Abs. 2 bgb bei den kündigungsfristen selbst von der zulässig-keit der entsprechenden regelung aus.

Verdienstsicherungsklauseln, welche vom bundes-arbeitsgericht anerkannt sind, können auch weiter-hin zum schutz älterer Arbeitnehmer gerechtfertigt werden. gleiches gilt für eine Arbeitszeitreduzie-rung oder andere erleichterungen ab einem be-stimmten lebensalter.

zu rechtfertigen sind letztlich auch regelungen in der hinterbliebenenversorgung wie Altersabstands- oder spätehenklauseln. schutzwürdiges interesse des Arbeitgebers sei, die aus der hinterbliebenen-versorgung folgenden risiken zu begrenzen und kalkulierbar zu machen. im Übrigen muss der Ar-beitgeber, der die hinterbliebenenversorgung frei-willig gewährt, auch deren Voraussetzungen und Ausschlusstatbestände festlegen können.

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haben. soweit die zulässigkeit bzw. rechtfertigung von differenzierungen insbesondere von interessen-abwägungen abhängig ist, haben die tarifvertrags-parteien einen beurteilungsspielraum, der nur ein-geschränkt überprüft werden kann. der gesetzgeber selbst hat die richtigkeitsgewähr von tarifverträgen mit der beschränkung der haftung bei der Anwendung eines tarifvertrags anerkannt.

sollte dennoch in einer tarifvertraglichen regelung eine unzulässige benachteiligung enthalten sein, ist diese unwirksam. die reichweite der unwirksamkeit und die folgen für die Ansprüche der unzulässig be-nachteiligten Arbeitnehmer aus dem tarifvertrag sind noch weitgehend ungeklärt. Aufgrund der bisherigen rechtsprechung des europäischen gerichtshofs und des bundesarbeitsgerichts kann insbesondere nicht grundsätzlich von einem Anspruch der unzulässig benachteiligten auf gleichbehandlung auch für die zukunft ausgegangen werden. An dieser stelle setzt die verfassungsrechtlich garantierte tarifautonomie deutliche grenzen. hinsichtlich möglicher schadens-ersatz- und entschädigungsansprüche besteht für den einzelnen Arbeitgeber ein gesetzliches haftungsprivi-leg, wonach bei der Anwendung von tarifverträgen

nur auf Vorsatz und grobe fahrlässigkeit gehaftet wird. eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Anwendung unzulässig benachteiligender tarifvertraglicher rege-lungen kommt jedoch nur bei eindeutigen Verstößen gegen diskriminierungsverbote oder bei einer bereits höchstrichterlich festgestellten unzulässigkeit in be-tracht. im Übrigen ist der Arbeitgeber aufgrund der normativen wirkung des tarifvertrags zu dessen An-wendung berechtigt und verpflichtet.

unzulÄSSIGKEIT von aRBEITSKÄmpFEn FüR TaRIFSozIalplÄnE KlaRSTEllEn

der flächentarifvertrag sichert die Arbeits- und wirt-schaftsbedingungen. er nimmt eine soziale befrie-dungsfunktion wahr und soll notwendige flexibilitäts-spielräume stärken und ausbauen. deutschland ist auf wirtschaftlich tragbare und sozial ausgewogene tarif-regelungen angewiesen.

die in Arbeitgeberverbänden organisierten unterneh-men müssen sich darauf verlassen können, dass die

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grundsätze des tarifrechts auch verwirklicht werden. Gewerkschaften nutzen jedoch immer häufiger die Tarif-fähigkeit einzelner Arbeitgeber aus, um diese auch dann zum Abschluss von haustarifverträgen zu zwingen, wenn der Arbeitgeber mitglied im Arbeitgeberverband ist und für ihn Verbandstarifverträge gelten. dieses Ver-halten der gewerkschaften ist rechtswidrig. der einzel-ne Arbeitgeber wird aus der solidarität seines Verbandes herausgebrochen. Die Friedenspflicht und damit das gesamtsystem des deutschen tarifrechts werden unter-graben. die tarifautonomie und die positive koalitions-freiheit drohen schaden zu nehmen.

Vor dem hintergrund der bestehenden rechtsunsicher-heit ist eine gesetzliche klarstellung notwendig, um die dem Tarifvertrag innewohnende Friedenspflicht zu be-wahren und damit die tarifautonomie zu schützen. es muss im tarifvertragsgesetz klargestellt werden, dass der streik gegen tarifgebundene verbandsangehörige Arbeit-geber ausgeschlossen ist. ebenso muss ausgeschlossen werden, dass es zu Arbeitskämpfen um Verbandstarife kommt, die sich ausschließlich auf das konkrete unter-nehmen beziehen. haus- oder unternehmensbezogene Verbandstarifverträge bleiben freiwillig möglich, dürfen jedoch nicht erstreikbar sein.

ferner muss im betriebsverfassungsgesetz der bereits bestehende Vorrang der betrieblichen einigung zwi-schen Arbeitgeber und betriebsrat in fällen der be-triebsänderung vor tarifverträgen festgeschrieben wer-den. der gesetzgeber hat mit interessenausgleich und sozialplan instrumente zur beilegung von streitigkeiten um betriebsänderungen bereitgestellt, die durch Ar-beitskämpfe um sozialpläne konterkariert werden. die betriebliche einigung ist aufgrund der größeren sach-nähe und umfassenderen information des betriebsrats und seiner Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusam-menarbeit zum wohle der Arbeitnehmer und des be-triebs vorrangig.

mITaRBEITERBETEIlIGunG

mit seinen Überlegungen für eine verstärkte mitarbeiter-kapitalbeteiligung hat der bundespräsident ende letz-ten Jahres eine lebhafte diskussion eröffnet. mit ihrem parteitagsbeschluss vom 28. november 2006 hat die

cdu deutlich gemacht, dass sie sich für eine verstär-kte mitarbeiterbeteiligung einsetzen will. Auch die spd hat mittlerweile eigene Vorschläge zum Ausbau der mitarbeiterkapitalbeteiligung angekündigt.

mit einem investivlohn werden ökonomische und nichtökonomische Vorstellungen verbunden. genannt werden:

Vermögensbildung in allen schichtenmehr kapital für die unternehmenwachsende einkünfte aus kapitalvermögen für die

Arbeitnehmerhaushaltebeteiligung der Arbeitnehmer an den

unternehmenserträgenbessere motivation der mitarbeite.

Allerdings haben sich die rahmenbedingungen gra-vierend geändert. Angesichts eines durchschnittlichen Nettogeldvermögens je Haushalt von 68.500 € ist eine allgemeine Vermögensbildung keine prioritäre Aufgabe mehr. die diskussionen über die freibeträge im rah-men des „Arbeitslosengelds ii“ haben vielmehr gezeigt, dass heute selbst solche haushalte über nennenswertes Vermögen verfügen. Auf der anderen seite existiert kei-ne kapitalknappheit mehr. für die kapitalbeschaffung stehen den unternehmen heute die kapitalmärkte rund um den globus zur Verfügung.

zur motivation und zur beteiligung der mitarbeiter an den unternehmenserträgen ist eine ertragsabhängige tarif- und Vergütungspolitik sehr viel besser geeignet. mitarbeiterbeteiligung als erfolgsbeteiligung, also als beteiligung am jeweiligen unternehmensergebnis, ist im Vergleich zur kapitalbeteiligung leichter und insbesondere auch in personenunternehmen umsetz-bar. immer mehr tarifverträge enthalten inzwischen regelungen, die spielräume für erfolgsabhängige ent-lohnung schaffen. diesen weg, bei der entlohnung stärker nach der unternehmensentwicklung zu diffe-renzieren, wird die tarifpolitik in den nächsten Jahren auch noch häufiger gehen müssen.

insbesondere sonderzahlungen wie das weihnachts-geld werden immer häufiger erfolgsabhängig ausge-staltet. das ist auch gut so, denn dadurch kann das unternehmen atmen, weil sich die personalaufwen-dungen ein stück weit an die ertragslage anpassen. in

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guten zeiten muss der Arbeitgeber dann mehr zahlen, wenn es einmal schlecht läuft, dagegen weniger. im ergebnis wird dadurch beschäftigung sicherer, weil sich unternehmen bei schlechter ertragslage weniger veranlasst sehen, ihre personalkosten zu reduzieren. die bdA weist in aller klarheit darauf hin, dass die einführung eines investivlohns den Verteilungsspiel-raum nicht vergrößert.

eine beteiligung der mitarbeiter am unternehmens-kapital kann sinnvoll und sowohl für die betriebe als auch für die beschäftigten vorteilhaft sein. Allerdings sind nicht alle unternehmensgrößen und rechtsformen gleichermaßen für mitarbeiterkapitalbeteiligung geeig-net. eine echte kapitalbeteiligung ist nur bei kapital-gesellschaften möglich, die jedoch in deutschland nur eine minderheit aller unternehmen ausmachen. dage-gen kommt bei einzel-personenunternehmen, die mehr als zwei drittel der unternehmen in deutschland dar-stellen und die sich typischerweise bei umsatz und be-schäftigung in unteren größenklassen bewegen, eine mitarbeiterkapitalbeteiligung kaum in betracht.

mitarbeiterkapitalbeteiligung bedeutet immer auch, in schlechten zeiten an Verlusten beteiligt zu werden. es gibt nun mal keine chancen ohne risiko. im extrem-fall riskiert der Arbeitnehmer sogar beides, nämlich seinen Arbeitsplatz und sein eingebrachtes Vermögen, zu verlieren. Als Altersvorsorge ist mitarbeiterkapital-beteiligung daher nur bedingt geeignet. die risiken der kapitalanlage werden nicht gestreut, sondern auf eine Anlage konzentriert.

eine insolvenzsicherung von wertverlusten widerspräche dem grundgedanken der mitarbeiterbeteiligung. denn damit würden weder die unternehmen zusätzliches risikokapital erhalten noch würden die mitarbeiter zu echten Anteilseignern, die sowohl an den gewinn-chancen als auch an den Verlustrisiken beteiligt sind. eine insolvenzsicherung verringert zudem die rendi-te und begrenzt die mit der mitarbeiterkapitalbildung eigentlich ja beabsichtigte verstärkte Identifikation der Arbeitnehmer mit dem unternehmen. diese ent-scheidung kann jedoch nur von den beteiligten getrof-fen werden. weder der gesetzgeber noch die tarif-vertragsparteien sind befugt, dem Arbeitnehmer die Verwendung seines erarbeiteten einkommens vorzu-schreiben. Auf der anderen seite darf kein unterneh-

mer gezwungen werden, einen bestimmten kapitalge-ber aufzunehmen. die cdu hat in ihrem jüngsten par-teitagsbeschluss dieses prinzip der doppelten freiheit zu recht betont.

eine Vermengung von mitarbeiterkapitalbeteiligung und betrieblicher Altersvorsorge lehnt die bdA grundsätz-lich ab. priorität sollte aus sicht der bdA der Ausbau der Altersvorsorge haben. Der demografische Wandel und das damit unweigerlich sinkende leistungsniveau der gesetzlichen rentenversicherung verlangen deut-lich mehr kapitalgedeckte Altersvorsorge. die betrieb-liche Altersvorsorge bietet ebenso wie die mitarbeiter-kapitalbeteiligung die chance, an der entwicklung der unternehmens- und kapitaleinkünfte teilzuhaben, nur ist hier die Anlage deutlich risikoärmer und vor allem insolvenzgesichert. bevor eine nachgelagerte besteu-erung im bereich der mitarbeiterbeteiligung einge-führt wird, muss daher zunächst einmal der erhalt der steuer- und beitragsfreien entgeltumwandlung über 2008 hinaus gewährleistet sein.

da die mitarbeiterkapitalbeteiligungen klar abgrenz-bar sind, sind sie ein guter einstieg in eine sukzessiv auszubauende nachgelagerte besteuerung investierter einkünfte. Auch in diesem punkt hat sich erfreulicher-weise die Auffassung der bdA nicht nur in der cdu durchgesetzt. hier bietet sich die chance für einen schritt in ein investitionsfreundliches steuersystem. die besteuerung soll erst dann erfolgen, wenn die geldanlage endgültig aufgelöst wird.

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REFoRmDRuCK BlEIBT HoCH

leistungsfähige soziale sicherungssysteme sind ein we-sentlicher bestandteil der sozialen marktwirtschaft. sie können aber nur dauerhaft finanziert werden, wenn ihr leistungsniveau ein angemessenes Verhältnis zur wirt-schaftskraft wahrt. dies ist jedoch zunehmend nicht mehr der fall. insbesondere sind die beitrags- und steuerlasten zur finanzierung der sozialversicherung kontinuierlich stärker gestiegen als die gesamtwirtschaftliche leistung. durch die zusätzliche Abgabenlast wurden nicht nur die nettoeinkommen der Arbeitnehmer geschmälert, son-dern vor allem die von den betrieben zu tragenden ge-setzlichen personalzusatzkosten erhöht. gleichzeitig sind möglichkeiten zum konsum, zum sparen und zur eigen-vorsorge bzw. zum investieren genommen worden.

die belastung des produktionsfaktors Arbeit durch sozial-versicherungsbeiträge ist eine der wesentlichen ursachen der anhaltenden wachstumsschwäche und hohen Ar-beitslosigkeit in deutschland. weniger wachstum und weniger beschäftigung schlagen wiederum unmittelbar auf das beitrags- und steueraufkommen durch und lösen so weitere beitragssatzerhöhungen aus. dieser teufels-kreis muss durchbrochen werden.

die fehlentwicklungen in der Vergangenheit und die herausforderungen in der zukunft, insbesondere durch die demografischen Veränderungen, machen eine grund-legende neuausrichtung der sozialversicherung drin-gend erforderlich. die Arbeitgeber orientieren sich bei ihren konzepten und reformvorschlägen an klaren und begründeten grundprinzipien, die als „kompass für Ver-lässlichkeit“ im februar 2006 vom präsidium der bdA verabschiedet wurden

entgegen der Ankündigung der bundesregierung, die summe der sozialversicherungsabgaben unter die 40 %-schwelle zu senken, verharren die beitragssätze zur sozial-versicherung ende 2006 unverändert bei rund 42 %. Aller Voraussicht nach wird es auch im nächsten Jahr nicht gelingen, die sozialabgabenquote auf unter 40 % zu drücken, denn parallel zur senkung des beitrags zur Arbeitslosenversicherung von 6,5 auf 4,2 % wird der bei-trag zur gesetzlichen rentenversicherung von 19,5 auf 19,9 % angehoben. und auch in der krankenversiche-rung drohen vor dem hintergrund der reduzierten steuer-

mittel, der mehrwertsteuererhöhung und des notwen-digen schuldenabbaus massive beitragssteigerungen.

für die erfüllung des im koalitionsvertrag formulierten zieles, die beitragssätze zur sozialversicherung dauerhaft unter 40 % zu senken, müssen weitere, deutlich über die bislang konkret vereinbarten maßnahmen hinausgehende schritte unternommen werden. dies ist zwingend zur entlastung der betriebe bei den auch im internationa-len Vergleich viel zu hohen personalzusatzkosten und damit Voraussetzung für den erhalt und die schaffung von Arbeitsplätzen in deutschland in einem weiter zu-nehmenden standortwettbewerb.

ERnüCHTERnDE zwISCHEnBIlanz

die hypothese, eine große koalition könne grundlegende und zum teil auch schmerzhafte reformen beschließen, die bei knappen mehrheitsverhältnissen nicht zustande gekommen wären, hat sich bisher nicht bestätigt. in der Renten-, Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung be-steht unverändert hoher reformbedarf, dem insgesamt bislang nur unzureichend bzw. gar nicht rechnung ge-tragen worden ist. zudem hat die große koalition gesetze auf den weg gebracht, die nicht nur eine entlastung des faktors Arbeit von sozialversicherungsbeiträgen verhin-dern, sondern Arbeit sogar verteuern.

so hat sie zum 1. Juli 2006 die pauschalabgaben für mini-jobs um fünf prozentpunkte auf 30 % erhöht, wohl wis-send und ausdrücklich in kauf nehmend, dass dadurch geringfügige beschäftigungsverhältnisse verloren gehen. die Anhebung der pauschalabgaben für minijobs um 20 % wird nicht nur legale beschäftigung vernichten, sondern auch zu einem wiederanstieg der schwarzarbeit führen.

in der rentenversicherung ist die festlegung des koali-tionsvertrags, in der laufenden legislaturperiode keine rentenkürzungen vorzunehmen, gesetzlich untermauert worden. damit wurde eine fundamentale grundregel der rentenversicherung, nämlich das seit nahezu 50 Jahren geltende prinzip der teilhabeäquivalenz, außer kraft ge-setzt. der Verzicht auf minusrunden in der rentenversi-cherung wird bei geringen lohnzuwachsraten tendenziell zu einer Anhebung des rentenbeitragssatzes und damit zu steigenden personalzusatzkosten führen.

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der von den koalitionsparteien beschlossene entwurf eines „gesetzes zur stärkung des wettbewerbs in der gesetzlichen krankenversicherung“ (gkV-wsg) steht dem ziel, durch die Absenkung der personalzusatzkosten wachstum und beschäftigung zu fördern, diametral ent-gegen. die beitragssätze in der gesetzlichen krankenver-sicherung werden nicht – wie im koalitionsvertrag vereinbart – „stabil gehalten und möglichst gesenkt“, sondern im gegenteil auf ein neues rekordniveau von voraussichtlich 14,7 % im kommenden Jahr angehoben (plus 0,5 beitragssatzpunkte). Viele krankenkassen haben bereits spürbare beitragssatzsteigerungen angekündigt, so dass auch ein durchschnittlicher beitragssatz von 15 % nicht ausgeschlossen werden kann. es ist nicht zu er-kennen, mit welchen maßnahmen die koalition in den folgejahren die notwendige Absenkung des beitragssatz-niveaus erreichen will.

die behauptung, dass ein prozentpunkt der zum 1. Januar 2007 beschlossenen mehrwertsteueranhebung von 16 auf 19 % zur senkung der personalzusatzkosten verwendet wird, erweist sich bei näherer betrachtung als falsch. tatsächlich gehen die mittel aus der mehr-

wertsteuererhöhung im ergebnis vollständig in die haushaltssanierung: die zusätzlichen steuermittel, die der Arbeitslosenversicherung aus der mehrwertsteuer-anhebung zufließen, werden in gleicher Höhe bei der renten- und krankenversicherung gekürzt. die sozial-versicherung erhält damit nicht mehr steuermittel, die bisherigen steuermittel werden nur anders an die ein-zelnen zweige verteilt.

die habenseite der großen koalition ist dagegen dürf-tig. hier ist vor allem der ende november von der bundesregierung beschlossene entwurf des rV-Alters-grenzenanpassungsgesetzes zu nennen, der die schritt-weise Anhebung der regelaltersgrenze in der gesetz-lichen rentenversicherung zwischen 2012 und 2029 von 65 auf 67 Jahre und die nachholung von in der Vergangenheit unterbliebenen rentenkürzungen bei künftigen rentenanpassungen vorsieht.

die annähernd auf rekordniveau verharrende bei-tragssatzsumme in der sozialversicherung hat maßgeb-lich dazu beigetragen, dass die personalzusatzkosten im produzierenden gewerbe westdeutschlands im

GESamTSozIalvERSICHERunGSBEITRaGSSaTz BlEIBT üBER 40 %

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit; eigene Darstellung der BDA

(Jeweils zum Stichtag 1. Januar; im Bundesdurchschnitt; 2007: Schätzung der BDA)

  Pflegeversicherung (inkl. Zuschlag für Kinderlose)

  Arbeitslosenversicherung

45

40

35

30

25

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5

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17,018,0 18,7 19,3 19,1 19,1 19,5 19,5 19,5 19,5 19,9

8,2

11,4

12,8 13,5 13,5 14,0 14,4 14,3 14,2 14,2 15,0

1,3

3,0

4,3

6,5 6,5 6,5 6,5 6,5 6,5 6,5 4,2

1,771,771,771,71,71,71,71,7

26,5

32,4

35,8

41,0 40,8 41,3 42,1 42,0 42,0 42,0 40,9

  Krankenversicherung (Durchschnitt)

  Rentenversicherung

1970 1980 1990 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

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Jahre 2005 mit durchschnittlich 21.960 € je Vollzeit-beschäftigten einen neuen höchststand erreicht haben. Im Vergleich zum Vorjahr erhöhten sie sich um 180 € bzw. 0,8 %, während das entgelt für geleistete Arbeit bzw. Direktentgelt um 580 € bzw. 1,9 % auf 30.770 € anstieg. nach berechnungen des instituts der deutschen wirtschaft köln verminderte sich die personalzusatz-kostenquote um 0,8 prozentpunkte auf jetzt 71,4 %. Da der rückläufige Anteil des „Zweitlohns“ am Direkt-entgelt nicht das ergebnis gesunkener personalzusatz-kosten, sondern überproportional gestiegener direkt-entgelte gewesen ist, besteht für eine entwarnung an der personalzusatzkostenfront jedoch überhaupt kein Anlass.

unter den personalzusatzkosten sind die sozialversi-cherungsbeiträge der Arbeitgeber weiterhin die mit Ab-stand gewichtigste position: für ein direktentgelt von 100 € mussten im vergangenen Jahr insgesamt 26,80 € an die träger der renten-, kranken, Arbeitslosen-, Pflege- und Unfallversicherung überwiesen werden. Den zweitgrößten Kostenblock machte mit 21,70 € die Vergütung arbeitsfreier tage aus, gefolgt von den Sonderzahlungen (9,90 €) und den Aufwendungen für die betriebliche Altersvorsorge (7,40 €). Die sonstigen personalzusatzkosten, zu denen unter anderem die kos-ten der Aus- und weiterbildung, die insolvenzgeldumla-ge und Abfindungszahlungen gerechnet werden, beliefen sich auf 5,60 € je 100 € Entgelt für geleistete Arbeit.

GESETzlICHE REnTEnvERSICHERunG: anHEBunG DER REGElalTERSGREnzE nICHT vERwÄSSERn

im Jahre 2005 verzeichnete die gesetzliche rentenver-sicherung ein Defizit von 4,0 Mrd. €. Die Nachhaltig-keitsrücklage ging dadurch auf 0,11 monatsausgaben zurück. sie sank damit unter das gesetzliche mindestsoll von 0,20 monatsausgaben. ohne die Vorverlegung der fälligkeit der sozialversicherungsbeiträge zum 1. Januar 2006, die für die rentenversicherung zu zusätzlichen Einnahmen von über 10 Mrd. € geführt hat, würden die Alterskassen auch das laufende Jahr mit einem Defizit abschließen. nur durch den vorgezogenen zahlungs-termin der sozialbeiträge konnte der rentenbeitragssatz in 2006 bei 19,5 % konstant gehalten werden.

der am 11. november 2005 geschlossene koalitions-vertrag zwischen cdu/csu und spd schließt renten-kürzungen in der laufenden legislaturperiode kategorisch aus. nach der zuletzt durch das „gesetz zur sicherung der nachhaltigen finanzierungsgrundlagen der gesetz-lichen rentenversicherung“ (rV-nachhaltigkeitsgesetz) modifizierten Rentenanpassungsformel muss es jedoch zu einer Verminderung des aktuellen rentenwertes kommen, wenn die Veränderung der beitragspflichtigen bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich be-schäftigten Arbeitnehmer negativ ist. die mit dem rV-nachhaltigkeitsgesetz ebenfalls eingeführten sicherungs-klauseln ändern an diesem sachverhalt nichts.

da die neue bundesregierung zu Jahresbeginn nicht ausschließen konnte, dass aus der letztjährigen loh-nentwicklung zum Anpassungstermin 1. Juli 2006 eine rentenkürzung resultieren könnte, hat sie das „gesetz über die weitergeltung der aktuellen rentenwerte“ be-schlossen. danach wurden die rentenwerte – derzeit 26,13 € im Westen und 22,97 € im Osten – in diesem Jahr nicht verändert. inzwischen ist klar, dass es auch ohne das gesetz nicht zu der befürchteten rentenkür-zung gekommen wäre.

die bdA hat die festlegung des koalitionsvertrags, in der laufenden legislaturperiode auf rentenkür-zungen zu verzichten, selbst wenn diese unmittelbar aus der lohnentwicklung resultieren, abgelehnt. in der gesetzesbegründung zum „gesetz über die weitergel-tung der aktuellen rentenwerte“ wird zu recht darauf verwiesen, dass sich die Anpassung der renten seit fast einem halben Jahrhundert an der allgemeinen loh-nentwicklung orientiert. in dieser zeit haben die rent-ner an den lohnzuwächsen partizipiert. es ist nicht zu begründen, warum die rentner zwar von steigenden Löhnen profitieren, aber von sinkenden Löhnen nicht berührt sein sollen. das stellt einen Verstoß gegen das prinzip der teilhabeäquivalenz dar, setzt fundamen-tale grundregeln der rentenversicherung außer kraft und bedeutet außerdem auch eine lastenverschiebung auf zukünftige generationen.

das bundeskabinett hat am 29. november 2006 das „ge-setz zur Anpassung der regelaltersgrenze an die demogra-fische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungs-grundlagen der gesetzlichen rentenversicherung“ (rV- Altersgrenzenanpassungsgesetz) beschlossen. die darin

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vorgesehene schrittweise Anhebung der regelaltersgren-ze von 65 auf 67 Jahre ist ein richtiger und notwendiger schritt zur langfristigen begrenzung der rentenausgaben und zur Anpassung der rentenversicherung an die stei-gende lebenserwartung. die Anhebung der Altersgrenze darf allerdings nicht von der künftigen entwicklung der Ar-beitsmarktlage für ältere Arbeitnehmer abhängig gemacht werden, wie es nach dem gesetzentwurf vorgesehen ist. schließlich ist die Altersgrenzenanhebung in der renten-versicherung in Anbetracht der Verlängerung der lebenser-wartung in jedem fall erforderlich. das hat die jüngst vom statistischen bundesamt veröffentlichte „11. koordinierte bevölkerungsvorausberechnung“ eindrucksvoll bestätigt.

damit die entlastende wirkung der Altersgrenzenanhebung in vollem umfang greift, muss auf die vorgesehenen Aus-nahmeregelungen verzichtet werden. insbesondere muss auf die geplante neue Altersrente für besonders langjährig Versicherte verzichtet werden, die einen abschlagsfreien rentenzugang mit 65 Jahren bei mindestens 45 Jahren mit Pflichtbeiträgen aus Beschäftigung, Kindererziehung und Pflege sowie mit Kinderberücksichtigungszeiten ermög-licht. diese Ausnahmeregelung wird die beitragszahler teuer zu stehen kommen und im Jahre 2030 mit rund 2 Mrd. € belasten. Daneben sprechen auch systematische

gründe gegen einen neuen vorzeitigen abschlagsfreien rentenzugang:

die versicherungsmathematisch kalkulierten Abschläge bei vorzeitigem rentenbezug sind keine strafe für frührentner, sondern lediglich Ausgleich für den ent-sprechend verlängerten rentenbezug. die Abschläge führen dazu, dass rentner unabhängig vom jewei-ligen Alter bei renteneintritt eine wertgleiche rente, das heißt den gleichen rentenbarwert, erhalten. bei einem abschlagsfreien rentenzugang nach 45 bei-tragsjahren könnten – je nach individuellem renten-zugangsalter – gleich hohe beiträge zu unterschied-lich hohen rentenansprüchen führen. damit würde der zusammenhang zwischen beitragsleistung und rentenhöhe geschwächt und der besteuerungscha-rakter der rentenbeiträge verstärkt.

die mit der vorgeschlagenen regelung verbundene umverteilung zugunsten langjähriger beitragszahler be-günstigt Versicherte mit besonders vielen beitrags- und Versicherungsjahren sowie überdurchschnittlich vielen entgeltpunkten je Versicherungsjahr und damit deutlich überdurchschnittlichen rentenansprüchen. Versicherte mit unterbrochenen Versicherungsverläufen werden da-gegen benachteiligt.

alTEnquoTIEnT wIRD KRÄFTIG zunEHmEn

Quelle: Statistisches Bundesamt, 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung

Relation der 67-Jährigen und Älteren zu den 20- bis 66-Jährigen

65 %

60 %

55 %

50 %

45%

40 %

35 %

30 %

25 %

20 %

25,8 25,8 25,8 25,8

29,5 29,5 29,5 29,6

41,7 41,843,3

45,1

50,752,5

56,2

62,3

  „relativ junge” Bevölkerung

  „mittlere” Bevölkerung, Obergrenze

  „mittlere” Bevölkerung, Untergrenze

  „relativ alte” Bevölkerung

2005 2010 2030 2050

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neben der Anhebung der regelaltersgrenze soll auch die rentenanpassungsformel nachgebessert werden. gegenwärtig werden die rentenanpassungen gemin-dert, wenn der beitragssatz zur rentenversicherung angehoben wurde, der Altersvorsorgeanteil gestiegen ist oder der Rentner-Beitragszahler-Quotient zugenom-men hat. eine sicherungsklausel verhindert jedoch, dass es durch diese dämpfungsfaktoren zu einer ren-tenkürzung kommen kann. ohne diese schutzklausel hätte der aktuelle rentenwert bereits in diesem und im vergangenen Jahr reduziert werden müssen. die nun im entwurf des rV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vorgesehene ergänzung der rentenanpassungsformel um einen Anpassungsfaktor, mit dem die unterblie-benen dämpfungen bei künftigen rentenerhöhungen nachgeholt werden, gewährleistet, dass es dennoch zur langfristig notwendigen rentenniveausenkung kommt. Allerdings sollte der neue Anpassungsfaktor bereits bei der nächsten rentenerhöhung seine wirkung entfalten und nicht erst ab 2011. zudem müssen unterbliebene rentendämpfungen bei künftigen rentenerhöhungen von Anfang an vollständig und nicht nur anteilig nach-geholt werden.

BEITRaGSSaTzanHEBunG auF 19,9 % waR vERmEIDBaR

mit dem „gesetz über die festsetzung der beitragssät-ze in der gesetzlichen rentenversicherung und der bei-träge und beitragszuschüsse in der Alterssicherung der landwirte für das Jahr 2007“ wird der beitragssatz in der allgemeinen rentenversicherung zum 1. Januar 2007 von 19,5 auf 19,9 % angehoben, obwohl nach den Vor-ausberechnungen des schätzerkreises der gesetzlichen rentenversicherung im kommenden Jahr ein beitrags-satz von 19,7 % ausreichend gewesen wäre. durch die entscheidung, den rentenversicherungsbeitragssatz über das erforderliche maß anzuheben, wird das richtige ziel der regierungskoalition, die sozialversicherungs-beitragssätze auf unter 40 % zu senken, im kommenden Jahr noch deutlicher verfehlt.

der hinweis in der gesetzesbegründung, dass eine be-grenzung der beitragssatzanhebung auf 19,7 % zum 1. Januar 2007 in den Jahren 2008, 2009 und 2010 eine weitere Anhebung des beitragssatzes auf dann 20,1 % erforderlich mache, während der rentenversicherungs-beitragssatz von 19,9 % bis einschließlich 2010 bei

„naCHHalTIGKEITSRüCKlaGE“ DRamaTISCH zuRüCKGEGanGEn Quelle: Deutsche Rentenversicherung Bund

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21,925,1

19,817,1

11,27,3 7,3 9,2

13,6 14,2 13,89,7

7,5 4,9

  in Mrd. €

in Monatsausgaben

2,60 2,60

1,90

1,50

0,90

0,60 0,600,70

1,00 1,000,93

0,63

0,48

0,31

0,11

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 20051,8

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19,9 % stabilisiert werden könne, überzeugt nicht. zum einen kann niemand heute verlässlich sagen, dass bei Anhebung des beitragssatzes in der allgemeinen renten-versicherung zum 1. Januar 2007 auf 19,9 % tatsäch-lich ohne weitere reformmaßnahmen eine langfristige Verstetigung auf diesen wert möglich ist. Auch der im november 2006 vorgelegte rentenversicherungsbericht der bundesregierung geht in vier von neun lohn- und beschäftigungsvarianten davon aus, dass der beitrags-satz in der rentenversicherung ohne weitere reformen 2008 nicht bei 19,9 % gehalten werden kann. zudem haben sich bislang alle beitragssatzprognosen der jewei-ligen bundesregierung als viel zu optimistisch herausge-stellt. die hoffnung, mit einer sofortigen beitragssatz-anhebung auf 19,9 % langfristige beitragssatzstabilität erreichen zu können, ist deshalb äußerst vage.

zum anderen darf der beitragssatz in der gesetzlichen rentenversicherung nicht stärker als notwendig an-gehoben werden, wenn gleichzeitig die nach wie vor dringend erforderlichen reformen im rentensystem nur unzureichend angegangen und teilweise auf Jahre hinaus aufgeschoben werden. statt den beitragssatz im kommenden Jahr „vorbeugend“ auf 19,9 % zu erhöhen, hätte vielmehr alles unternommen werden müssen, um den beitragssatz auch ohne dieses manöver langfristig unter 20 % zu halten. die bdA hat dazu Vorschläge vorgelegt.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „gesetz-liche rentenversicherung“ veröffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

BETRIEBlICHE alTERSvoRSoRGE: BEITRaGSFREIE EnTGElTumwanDlunG ERHalTEn

die bundesregierung hebt in ihrem Alterssicherungs-bericht 2005, den sie im märz 2006 dem bundestag vorgelegt hat, die zunehmende bedeutung der betrieb-lichen Altervorsorge hervor. positiv bewertet wird vor allem die wachsende Ausbreitung der betrieblichen Altersvorsorge seit 2001. der bericht basiert auf daten der erhebung zur „situation und entwicklung der be-trieblichen Altersversorgung von 2001 bis 2004“ durch tns infratest sozialforschung, über die im bdA-ge-

schäftsbericht 2005 berichtet wurde. hervorgehoben wird insbesondere die „ungebrochene dynamik der tariflichen Altersvorsorgepolitik“ der Sozialpartner, die optimistisch stimme. mittlerweile ist für über 20 mio. beschäftigte die möglichkeit zur entgeltumwandlung in den tarifverträgen geschaffen worden. zu begrüßen ist vor allem, dass im Alterssicherungsbericht nochmals der stellenwert der zusätzlichen Altersvorsorge betont wird, um den im berufsleben erreichten lebensstandard auch im Alter aufrechterhalten zu können.

Allerdings wird die forderung der bdA, die beitragsfreie entgeltumwandlung über 2008 hinaus beizubehalten, mit dem hinweis auf die damit verbundenen einnahme-ausfälle der sozialversicherung nicht unterstützt. die bei einem ende der beitragsfreiheit der entgeltumwandlung zu erwartenden negativen Auswirkungen auf die weitere entwicklung der betrieblichen Altersvorsorge werden hingegen nicht erwähnt. hier wäre ein klares bekennt-nis zur beibehaltung der beitragsfreiheit notwendig und wünschenswert gewesen. darauf hat auch der sozial-beirat hingewiesen, der sich in seinem gutachten zum rentenversicherungs- und Alterssicherungsbericht 2005 ausdrücklich dafür ausgesprochen hat, die möglichkeit der sozialabgabenfreien entgeltumwandlung über den 31. dezember 2008 hinaus zu verlängern. Allerdings wird die entscheidung über die frage der beitragsrecht-lichen behandlung der entgeltumwandlung erst im Jahre 2007 getroffen, wie das bundesministerium für Arbeit und soziales in einer erklärung nochmals klarstellte.

positiv ist festzuhalten, dass von der einführung eines obligatoriums, auch in form der automatischen entgelt-umwandlung, „derzeit” abgesehen wird. denn sowohl beim obligatorium als auch bei der automatischen ent-geltumwandlung mit opt-out-möglichkeiten für Arbeit-nehmer handelt es sich um zwangslösungen, die wie-der neue bürokratie schaffen. Völlig unvertretbar wäre die einführung der automatischen entgeltumwandlung, wenn es beim ende der beitragsfreiheit von entgeltum-wandlung nach 2008 bliebe. in diesem fall liefen Ar-beitnehmer gefahr, dass ihre mittel in eine meist nur wenig rentable Anlage gelenkt würden, da ab diesem zeitpunkt sowohl die beiträge während der Anwart-schaftsphase als auch die leistungen aus der betrieb-lichen Altersvorsorge mit beiträgen für die kranken- und Pflegeversicherung belastet werden. Dies könnte nicht zuletzt das Arbeitsverhältnis belasten, denn der Arbeit-

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geber würde zunächst für die „fehllenkung der beiträ-ge“ verantwortlich gemacht werden.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „be-triebliche Altersvorsorge“ veröffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

nEuES FInanzIERunGSvERFaHREn FüR pEnSIonS-SICHERunGS-vEREIn

der bundestag hat am 19. oktober 2006 die umstellung des finanzierungsverfahrens des pensions-sicherungs-Ver-eins (psVag) beschlossen. das gesetz ist am 12. dezember 2006 in Kraft getreten. Dieses Gesetz findet die breite Unter-stützung der deutschen wirtschaft. handlungsbedarf ergibt sich vor allem aufgrund der sich abzeichnenden gewichts-verschiebung von den voll insolvenzsicherungspflichtigen hin zu den insolvenzsicherungsfreien bzw. nur bedingt insolvenzsicherungspflichtigen Durchführungswegen. Die vollständige umstellung auf das kapitaldeckungsverfahren ist ein sinnvoller lösungsansatz, um das künftige finan-zierungsverfahren des psVag unabhängig von dieser ent-wicklung zu sichern.

erfreulicherweise enthält das gesetz zwei wichtige än-derungsvorschläge der bdA, die vor allem das berech-nungsverfahren der noch nicht ausfinanzierten Betriebs-rentenanwartschaften aus vergangenen insolvenzen

(Altlasten) betreffen: so wird für die kalkulation der Altlasten ein höherer rechnungszinssatz von 3,67 % zugrunde gelegt (ursprünglicher Vorschlag: 2,75 %), wodurch sich der betrag der Altlasten von ursprüng-lich 2,5 auf 2,2 Mrd. € reduziert. Darüber hinaus wird der Zeitraum für die Nachfinanzierung auf 15 Jahre (statt zehn Jahre, wie ursprünglich vorgesehen) gestreckt. durch diese beiden änderungsvorschläge kann die jähr-liche Nachfinanzierungsbelastung der Unternehmen von rund 1 ‰ auf rund 0,6 ‰, bezogen auf die beitragsbe-messungsgrundlage, gesenkt werden. mit dieser reform, die für die unternehmen zwar eine vorübergehende mehrbelastung mit sich bringt, wird die finanzierungsba-sis des psVag dauerhaft gesichert.

das gesetz bildet auch die grundlage, um die beitrags-struktur des psVag weiterzuentwickeln, da hierfür die Ausfinanzierung der Altlast eine unabdingbare Vorausset-zung ist. zur frage der beitragsgestaltung des psVag hat die bdA am 10. oktober 2006 in berlin eine fachtagung durchgeführt, in der sowohl die frage des handlungs-bedarfs als auch der weiterentwicklungsmöglichkeiten der künftigen beitragsstruktur des psVag erörtert wur-den. in der fachtagung wurde deutlich, dass die frage der notwendigkeit und Ausgestaltung einer reform der psV-beitragsgestaltung unterschiedlich beurteilt wird und vor einem umsetzungsfähigen Vorschlag noch viele of-fene fragen geklärt werden müssen. die weiteren Über-legungen werden sich darauf konzentrieren müssen, kon-krete lösungen zu erarbeiten und auf ihre umsetzungs-

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fähigkeit zu prüfen. die bdA wird das thema weiter auf ihrer Agenda halten.

Eu-poRTaBIlITÄTSRICHTlInIE wüRDE BETRIEBlICHER alTERSvoRSoRGE SCHaDEn

der Vorschlag der eu-kommission für eine richtlinie zur Verbesserung der portabilität von betriebsrenten würde zu mehr bürokratie und einer erheblichen Ver-teuerung der betrieblichen Altersvorsorge führen. die bdA lehnt den richtlinienvorschlag deshalb ab. ent-gegen seiner bezeichnung sieht der richtlinienvor-schlag auch nicht nur einen Anspruch auf mitnahme unverfallbarer betriebsrentenanwartschaften bei einem Arbeitsplatzwechsel vor, sondern will darüber hinaus europaweite mindeststandards für die betriebliche Al-tersvorsorge setzen.

Insbesondere brächte die vorgesehene Pflicht zur Dyna-misierung der Anwartschaften von ausgeschiedenen mit-arbeitern erhebliche mehrkosten für die betriebe. das gleiche gilt für die Verkürzung der unverfallbarkeits-fristen, mit der zudem die betriebliche Altersvorsorge als personalpolitisches instrument zur mitarbeiterbindung entwertet würde. nicht zuletzt enthält der entwurf neue bürokratische Arbeitgeberpflichten, die im deutschen recht bislang nicht bestehen.

das ziel des richtlinienvorhabens, die mobilität der Arbeitnehmer zu fördern, entspricht zwar grundsätzlich auch den interessen der deutschen unternehmen. die-sem ziel wird aber im bereich der betrieblichen Alters-vorsorge schon dadurch hinreichend rechnung getra-gen, dass Arbeitnehmer ihre unverfallbaren Ansprüche bei Ausscheiden aus dem unternehmen behalten und bei eintritt des Versorgungsfalls ihre leistungen vom früheren Arbeitgeber erhalten. insoweit besteht hier kein mobilitätshemmnis und deshalb fehlt auch der hand-lungsbedarf. durch den richtlinienvorschlag, der viele verschärfende regelungen enthält, würde das interesse der Arbeitgeber an der betrieblichen Altersvorsorge, die eine freiwillige leistung ist, sinken und die bereitschaft, neue zusagen für betriebliche Altersvorsorge für die be-schäftigten zu geben, zurückgehen. dem notwendigen ziel, die betriebliche Altersvorsorge weiterzuverbreiten

und die ergänzende Altersvorsorge zu stärken, liefen die geplanten Vorschriften damit diametral zuwider.

die bedenken der bdA werden auch von der bundes-regierung geteilt. bundestag und bundesrat haben in ih-ren beschlüssen im frühjahr 2006 ebenfalls verdeutlicht, dass der kommissionsvorschlag nicht zustimmungsfähig ist. Aber auch in anderen eu-ländern wächst die sorge, dass mit diesem richtlinienvorschlag in unterschied-lich gewachsene Vorsorgesysteme der unternehmen in schädlicher weise eingegriffen wird. Aus diesem grund hat das niederländische parlament im september 2006 den richtlinienentwurf ebenfalls abgelehnt. die gegen-sätzlichen Auffassungen spiegeln sich ebenso in den beratungen des europäischen parlamentes wider. der zuständige ep-beschäftigungsausschuss hat deshalb sei-ne Abstimmung über den berichtsentwurf von oktober 2006 auf Januar 2007 verschoben. gleichzeitig haben ep-Abgeordnete aus diesem Ausschuss eine initiative ge-startet, die richtlinie in eine nicht bindende empfehlung umzuwandeln. eine nicht bindende empfehlung hat zwar den Vorteil, dass hierdurch nicht mit rechtsverbindlichen mindeststandards schädigend in die betrieblichen Alters-versorgungssysteme eingegriffen wird. konsequent wäre aber allein, wenn die eu vollständig von ihren plänen Abstand nähme.

GESETzlICHE KRanKEnvERSICHERunG: GESunDHEITSREFoRm vERFEHlT allE wESEnTlICHEn zIElE

noch ist das gesetzgebungsverfahren zur gesundheits-reform nicht abgeschlossen. dennoch muss aber schon jetzt das fazit gezogen werden, dass alle wesentlichen Anforderungen an eine durchgreifende und zukunfts-sichere neuordnung des gesundheitswesens verfehlt werden. insbesondere gelingt weder eine Abkopplung der finanzierung vom Arbeitsverhältnis noch wird zu-mindest eine stabilisierung der beitragssätze erreicht.

schon die am 3. Juli 2006 von den spitzen der koali-tion vereinbarten „eckpunkte zur gesundheitsreform“ bildeten keine hinreichende grundlage zur lösung der zentralen probleme der gesetzlichen krankenversiche-rung und gingen teilweise sogar in die falsche richtung. die bdA hat diese kritik an den plänen zur gesundheits-

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reform in mehreren stellungnahmen, in zahlreichen gesprächen mit der politik und in den Anhörungen des bundestags deutlich gemacht. sie hat unter an-derem auch in einer gemeinsamen erklärung mit dem dgb im August bestehenden änderungsbedarf auf-gezeigt und hierzu Vorschläge formuliert. zudem hat das präsidium der bdA am 18. september 2006 unter dem titel „wie die gesundheitsreform gerettet wer-den kann“ ein „10-punkte-korrekturprogramm“ be-schlossen und in die diskussion über die gesundheits-reform eingebracht.

hier die wesentlichen kritikpunkte am entwurf eines „gesetzes zur stärkung des wettbewerbs in der gkV“ (gkV-wsg), den die bundesregierung am 24. okto-ber 2006 auf der grundlage der eckpunkte vom 3. Juli 2006 beschlossen hat:

die beschäftigungspolitisch unverzichtbare Ab-kopplung der Krankheitskostenfinanzierung von den Arbeitskosten wird nicht erreicht. Vielmehr soll die finanzierung der gesetzlichen kranken-versicherung auch künftig ganz überwiegend durch lohnbezogene beiträge erfolgen. daran ändert der neue zusatzbeitrag, den die krankenkassen erheben müssen, wenn sie mit den zuweisungen aus dem gesundheitsfonds nicht auskommen, kaum etwas. damit zumindest ein einstieg in die Abkopplung der Krankheitskostenfinanzierung vom Arbeitsverhältnis erfolgt, sollte der zusatzbeitrag ausschließlich als einkommensunabhängige prämie und nicht auch lohnbezogen erhoben werden und der über den Zusatzbeitrag finanzierte Ausgabenanteil auf min-destens 10 % ausgeweitet werden. die bdA konnte zumindest erreichen, dass der zusatzbeitrag nach dem vorgelegten gesetzentwurf nicht vom Arbeit-geber zu entrichten ist, sondern unmittelbar vom mitglied der krankenkasse zu zahlen ist. so wird hoher bürokratischer Aufwand für die Arbeitgeber vermieden.

die beitragssätze in der gesetzlichen krankenversiche-rung werden nicht – wie im koalitionsvertrag verein-bart – „stabil gehalten und möglichst gesenkt“, sondern im gegenteil trotz gesundheitsreform weiter steigen. so droht – wenn es bei den jetzigen plänen bleibt – be-reits 2007, spätestens 2008, ein neuer rekordbeitrags-satz von 15 %.

beim leistungskatalog bleiben die notwendige kon-zentration auf kernleistungen sowie der Ausbau der eigenbeteiligung aus. die im gesetzentwurf vor-gesehenen minderausgaben beschränken sich auf lediglich 1 % der Ausgaben der gesetzlichen kran-kenversicherung. damit wird das vorhandene ein-spar- und beitragssatzsenkungspotenzial bei weitem nicht ausgeschöpft. bei den zuzahlungen sind kaum änderungen vorgesehen. erforderlich ist jedoch ein deutlich stärkerer Ausbau der eigenverantwor-tung. zudem wird der leistungskatalog der gesetz-lichen krankenversicherung sogar noch erweitert.

die vorgesehenen maßnahmen zur stärkung des wettbewerbs unter den krankenkassen und zwi-schen krankenkassen und leistungserbringern sind im wesentlichen positiv zu bewerten. schließlich sind Vertrags- und Versorgungswettbewerb die wirk-samsten instrumente zur Ausgabenbegrenzung im gesundheitswesen. eine umfassende wettbewerb-liche Ausrichtung der gesetzlichen krankenversiche-rung ist allerdings im gesetzentwurf nicht vorgese-hen. im interesse eines intensiveren wettbewerbs ist positiv zu bewerten, dass infolge der einheitlichen bestimmung des beitragssatzes künftig der Versicher-te allein – so wie seit langem von der bdA gefordert – die finanziellen Konsequenzen seiner Krankenkassen-wahl trägt. Der Versicherte profitiert damit im vollen umfang bei wahl einer günstigen krankenkasse bzw. muss allein für die finanziellen Konsequenzen aufkommen, wenn er sich für eine teure kranken-kasse entscheidet. dadurch werden deutlich größere Anreize zum wechsel in kostengünstige kranken-kassen gesetzt. Sinnvoll ist zudem die Hinweispflicht der krankenkassen, die einen zusatzbeitrag erheben, auf die möglichkeit eines kassenwechsels, weil hier-durch die inanspruchnahme des wechselrechts po-sitiv beeinflusst und damit der Wettbewerb gefördert wird. zu begrüßen ist außerdem, dass die Versicher-ten künftig die wahl zwischen mehreren tarifen und Angeboten haben sollen. hierzu gehört die möglich-keit, kostenerstattung, selbstbehalte, beitragsrückge-währ oder besondere Versorgungsformen wählen zu können.

sinnvoll wäre jedoch, den wettbewerb um die beste Versorgung noch sehr viel weiter auszubauen. die krankenkassen müssen in allen bereichen eigenstän-

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dig über Preise, Mengen und Qualitäten mit den Leis-tungserbringern verhandeln können. sie sollten gene-rell frei bestimmen, wie sie die im leistungskatalog der gesetzlichen krankenversicherung vorgesehenen leistungen für ihre Versicherten erbringen lassen. Insofern passt nicht die jetzt vorgesehene Verpflich-tung der kassen, eine bestimmte Versorgungsform (zum beispiel hausarzttarif) anzubieten. welche Versorgungsformen sinnvoll sind, sollte der wett-bewerb und nicht der gesetzgeber entscheiden. erfreulich ist, dass neben den kollektivvertrag ver-mehrt einzelverträge und Ausschreibungen zur Verbesserung der Qualität und der Wirtschaftlich-keit treten sollen. die maßnahmen zur stärkung des wettbewerbs zwischen den krankenkassen und zwischen den leistungserbringern lassen mittel- und langfristig Effizienzgewinne erwarten. Statt aller-dings bei der neuordnung des ärztlichen Vergütungs-systems konsequent auf einzelvertragliche Verein-barungen zwischen ärzten und krankenkassen zu setzen, ist ein einheitliches Vergütungssystem vorge-sehen, bei dem nicht hinreichend gewährleistet ist, dass mengenausweitungen und damit höhere kosten vermieden werden können. hier müssen den ge-setzlichen krankenkassen weit reichende möglich-keiten in der Vertragsgestaltung eingeräumt werden, um solchen kostensteigerungen wirksam entgegen-wirken zu können. Auch die für Arzneimittel vorge-sehene kosten-nutzen-bewertung ist grundsätzlich sinnvoll. Allerdings muss gewährleistet sein, dass hierdurch nicht der forschungsstandort deutschland in mitleidenschaft gezogen wird. die pharmaunter-nehmen müssen deshalb an dem bewertungsprozess aktiv beteiligt werden, um einseitige beurteilungen und ergebnisse zu vermeiden.

eine Verschlankung der organisationsstrukturen im gesundheitswesen ist grundsätzlich sinnvoll, darf aber nicht zu mehr Staatseinfluss führen und den erforderlichen wettbewerb zwischen den kranken-kassen beschränken. insbesondere dürfen dem neu-en spitzenverband bund der krankenkassen keine Aufgaben übertragen werden, die es den einzelnen krankenkassen erschweren, sich von ihren wettbe-werbern abzugrenzen. Außerdem darf der spitzen-verband bund nicht zur durchsetzung staatlicher Vorhaben und maßnahmen zweckentfremdet wer-den. kritisch zu sehen ist das Vorhaben, die mit-

glieder des gemeinsamen bundesausschusses durch den gemeinsamen bundesausschusses und nicht mehr durch die entsendenden institutionen zu ver-güten. Von einer echten selbstverwaltung kann hier jedenfalls nicht mehr die rede sein.

die private krankenversicherung soll zwar als Voll-versicherung erhalten bleiben. sie wird jedoch grundlegend umkonstruiert und im ergebnis ge-schwächt. dies muss vor allem deshalb verhindert werden, weil die private krankenversicherung (pkV) durch den Aufbau von Alterungsrückstellungen sehr viel besser als die gesetzliche krankenversicherung auf den demografischen Wandel vorbereitet ist. Ins-besondere wird die private krankenversicherung unnötig dadurch beeinträchtigt, dass Arbeitnehmer erst dann in die private krankenversicherung wech-seln dürfen, wenn ihr Arbeitsentgelt zuvor drei Jahre nacheinander die Versicherungspflichtgrenze über-schritten hat. der geplante basistarif ist in der vorge-sehenen form strikt abzulehnen. er ermöglicht allen, die einmal privat krankenversichert waren, die jeder-zeitige rückkehr in die private krankenversicherung ohne risikoprüfung und setzt damit Anreize, ganz auf Versicherungsschutz zu verzichten, weil bei eintritt einer erkrankung immer noch ein Versiche-rungsschutz zu finanzierbaren Bedingungen mög-lich ist. mit den im basistarif weitgehend frei wähl-baren selbstbehalten werden weitere unsolidarische beitragsoptimierungsstrategien gefördert. hinzu kommt, dass ein solcher basistarif von den bestands-kunden der privaten krankenversicherung – und den zuschussverpflichteten Arbeitgebern – subven-tioniert werden müsste, denn bei hilfebedürftigkeit im sinne des sgb ii oder Xii soll die im basistarif zu zahlende prämie zunächst zu lasten aller pkV-Versicherten halbiert und erst bei fortbestehender bedürftigkeit vom zuständigen träger nach dem sgb ii oder sgb Xii bezuschusst werden. die daraus resultierenden Quersubventionierungen aus ande-ren tarifen würden nicht nur zu beitragserhöhungen führen, sondern auch einen verfassungsrechtlich problematischen eingriff in alle bestehenden pri-vaten krankenversicherungsverträge darstellen.

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pFlEGEvERSICHERunG: DuRCHGREIFEnDE REFoRmEn DRInGEnD

Zum siebten Mal in Folge hat die soziale Pflegeversiche-rung 2005 mit einem Defizit abgeschlossen. Bei Ausga-ben von knapp 17,9 Mrd. € und Einnahmen von rund 17,5 Mrd. € belief sich der Jahresfehlbetrag auf gut 360 Mio. €. Damit ist die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen zwar um 460 Mio. € gegenüber 2004 kleiner geworden, ein weiterer Abbau der rücklagen konnte aber nicht verhindert werden. der Anstieg der einnahmen um 3,7 % – die Ausgaben nahmen um 1,0 % zu – erklärt sich insbesondere durch den zum Jahresbeginn 2005 ein-geführten beitragssatzzuschlag für kinderlose in höhe von 0,25 % des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts.

Seit 1999 – dem ersten Defizitjahr – haben sich die Rück-lagen der gesetzlichen Pflegekassen von 4,95 Mrd. € auf nur noch 3,05 Mrd. € im letzten Jahr verringert. gemessen in monatsausgaben entspricht dies einem rückgang von 3,6 auf 2,0. dabei ist zu beachten, dass

das gesetz eine mindestrücklage von 1,5 monats-ausgaben vorschreibt. ein beitragssatzanstieg droht dementsprechend, sobald die freie rücklage von 0,5 Monatsausgaben bzw. 820 Mio. €, die am Jahresende 2005 noch vorhanden war, aufgezehrt ist. nach ein-schätzung der bdA wird dies ohne einsparungen auf der leistungsseite spätestens 2008 der fall sein. eine beitragssatzanhebung wäre nicht nur wachstums- und beschäftigungsfeindlich, sondern stünde auch in dia-metralem gegensatz zu der zielsetzung der bundes-regierung, die beitragssatzsumme in der sozialversi-cherung unter 40 % zu senken.

Vor diesem hintergrund muss eine durchgreifende re-form der Pflegeversicherung möglichst umgehend in Angriff genommen werden. wie in der gesetzlichen krankenversicherung, so muss auch in der sozialen Pflegeversicherung ein einkommensunabhängiges Prä-mienmodell das hauptreformziel sein. das bedeutet: Abkopplung der Pflegekostenfinanzierung vom Ar-beitsverhältnis mit Auszahlung des bisherigen Arbeit-geberanteils in den Bruttolohn und steuerfinanziertem sozialausgleich für einkommensschwache.

Auf der leistungsseite müssen insbesondere – wie be-reits von der rürup-kommission gefordert – die ambu-lanten und stationären sachleistungen auf einem ab-gesenkten niveau angeglichen werden. damit werden Fehlanreize genommen, die teurere stationäre Pflege in Anspruch zu nehmen. das spart außerdem rund 2 Mrd. € pro Jahr und damit mehr als 10 % der heu-tigen gesamtausgaben. die im koalitionsvertrag vor-gesehenen leistungsausweitungen – dynamisierung der Pflegeleistungen, verbesserte Versorgung demenziell Er-krankter, Ausweitung des Pflegeurlaubs – können über-haupt nur dann in betracht kommen, wenn die mehr-kosten durch mindestens gleichwertige einsparungen an anderer stelle kompensiert werden. Auf keinen fall darf ihre finanzierung zu steigenden Arbeitskosten führen.

die zielsetzung der großen koalition, das heutige umlageverfahren durch kapitalgedeckte Vorsorge zu ergänzen, ist angesichts der demografischen Verän-derungen richtig und ohne Alternative. der Aufbau ei-ner solchen kapitalrücklage darf allerdings auf keinen Fall über die Pflegekassen selbst und damit mittelbar in staatlicher Verantwortung organisiert werden. denn

BDa-FoRDERunGEn zuR REFoRm DER SozIalEn pFlEGEvERSICHERunG

Abkopplung der finanzierung vom Arbeitsver-hältnis durch Auszahlung des Arbeitgeberanteils in den Bruttolohn und Einführung von „Pflegeprä-mien“ mit steuerfinanziertem sozialem Ausgleich für einkommensschwache haushalte

gleichstellung der leistungen in der ambulante und stationäre Pflege auf einem insgesamt ab-gesenkten niveau

Verzicht auf leistungsausweitungen ohne gleich-wertige einsparungen an anderer stelle

keine Anhebung oder dynamisierung der leistungssätze ohne vorherige Ausschöpfung aller vorhandenen wirtschaftlichkeits- und Qualitätssicherungsreserven

Auf- und Ausbau einer kapitalgedeckten risiko-vorsorge zur langfristigen sicherung der finanzierbarkeit

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dann droht die erhebliche gefahr, dass der gesetz-geber einmal gebildetes kapital zweckentfremdet oder Einfluss auf die Anlagepolitik nimmt.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „sozi-ale Pflegeversicherung“ veröffentlicht. Er ist über www.bda-online.de zugänglich.

BEITRaGS- unD mElDERECHT: BüRoKRaTIE aBBauEn!

im Jahre 2006 wurden die Arbeitgeber im bereich der entgeltabrechnung mit hohem bürokratischem Auf-wand belastet. zur stabilisierung des beitragssatzes in der rentenversicherung im Jahre 2006 müssen die Arbeitgeber die sozialversicherungsbeiträge seit dem 1. Januar 2006 knapp drei wochen früher als zuvor überweisen. durch das „gesetz zur änderung des Vierten und sechsten buches sozialgesetzbuch“ wur-de die fälligkeit der sozialversicherungsbeiträge vom 15. des folgemonats auf den drittletzten bankarbeits-tag des Abrechnungsmonats vorverlegt. im Jahre 2006 mussten die unternehmen so 13 beitragszahlungen leisten. die bdA hat diesen „buchungstrick“ während des gesetzgebungsverfahrens nachdrücklich kritisiert

und wegen der finanziellen und bürokratischen Be-lastung der Arbeitgeber abgelehnt. die bdA konnte zumindest Verbesserungen bei der praktischen um-setzung erreichen. der bundestag hat im Juni 2006 mit dem „ersten gesetz zum Abbau bürokratischer hemmnisse“ eine gesetzliche änderung zur nachbes-serung der regelung beschlossen, die einen Vorschlag der bdA aufgreift. so ist es seit Anfang september möglich, dass der Arbeitgeber bei der ermittlung der für den laufenden monat zu zahlenden beiträge die höhe der Vormonatsbeiträge zugrunde legt, ohne zwischenzeitlich eingetretene änderungen zu be-rücksichtigen, und diesen betrag dann als Abschlag für den laufenden monat zahlt. zwar bleibt auch hier mehraufwand bestehen, weil am ende des laufenden monats eine Abschlagszahlung erfolgt, die im folge-monat korrigiert und mit der nächsten beitragsschuld verrechnet werden muss. dennoch wird eine gewisse erleichterung erreicht, da die ermittlung der „vor-aussichtlichen beitragsschuld“ durch eine pauschale zahlung ersetzt wird. die nachbesserung ist erfreu-lich. letztendlich können die bürokratischen lasten der neuregelung jedoch nur dadurch beseitigt wer-den, dass die beitragsfälligkeit wieder an die gehalts-zahlung anknüpft, das heißt die beiträge zur sozial-versicherung erst nach feststehen der gehaltszahlung fällig werden.

zuGESpITzTE FInanzlaGE DER pFlEGEvERSICHERunG

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit

(Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag in Mrd. €)

3,5

2,5

1,5

0,5

-0,5

-1,51995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

3,43

- 0,82

- 0,36

1,180,80

0,13

- 0,06- 0,03- 0,38

- 0,69

- 0,13

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weiterer Aufwand ist dadurch entstanden, dass die beitragsfreiheit von sonn-, feiertags- oder nachtzu-schlägen zum 1. Juli 2006 beschränkt wurde. die bdA hat erreicht, dass die umsetzung mit möglichst wenig Aufwand erfolgen kann. die ermittlung der beitrags-pflicht lehnt sich an die Steuerpflicht der Zuschläge nach § 3b estg an. die zum 1. Juli 2006 eingeführte 25-€-Grenze wird entsprechend als „Freibetrag” und nicht als „freigrenze” ausgelegt.

weiterer Aufwand droht durch die „3-Jahres-regel“ aus dem „gesetz zur stärkung des wettbewerbs in der gkV“ (gkV-wsg), nach der Arbeitnehmer erst dann versicherungsfrei werden sollen, wenn das regelmä-ßige Arbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in drei aufeinander folgenden kalenderjahren überstie-gen hat. die bdA hat darauf hingewiesen, dass diese regel vollkommen praxisuntauglich ist und vor allem eine rückwirkung vom zeitpunkt der Verkündung des gesetzes auf den tag der ersten lesung unver-hältnismäßigen Aufwand verursacht. die bdA hat daher gefordert, dass diese regel entfällt, zumindest aber modifiziert wird und keinesfalls rückwirkend in kraft tritt.

BEITRaGSEInzuG FRüHER opTImIEREn

im „gesetz zur stärkung des wettbewerbs in der gkV“ (gkV-wsg) ist die einrichtung von so genan-nten weiterleitungsstellen im Jahre 2011 vorgesehen, die optional zentral die sozialversicherungsbeiträge, beitragsnachweise und meldungen entgegennehmen und weiterleiten. damit wird ein langjähriger Vor-schlag der bdA zum bürokratieabbau aufgegriffen. die bdA hat allerdings darauf hingewiesen, dass der Aufgabenbereich der weiterleitungsstelle nicht nur die Annahme und weiterleitung von beiträgen, beitragsnachweisen und meldungen umfassen darf. Vielmehr müssen die weiterleitungsstellen alle Auf-gaben übernehmen, die heute die einzugsstellen ge-genüber den Arbeitgebern erfüllen. insbesondere sol-lten sie rechtsverbindliche entscheidungen gegenüber den übrigen einzugsstellen und den für die betriebs-prüfung zuständigen rentenversicherungsträgern tref-fen können. die bdA hat darüber hinaus gefordert, dass die einrichtung von weiterleitungsstellen zeitnah

erfolgen soll. es ist nicht nachvollziehbar, warum die geplanten erleichterungen beim beitragseinzug erst für 2011 vorgesehen sind.

umlaGEvERFaHREn u1 unD u2 REFoRmIEREn

zum 1. Januar 2006 ist das „gesetz über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen“ (Aufwendungsaus-gleichsgesetz – AAg) in kraft getreten, in dem die Aus-gleichsverfahren der Arbeitgeberaufwendungen (ent-geltfortzahlung im krankheitsfall – u1 – und mutter-schaftsleistungen – u2) neu geregelt wurden. dabei wurden die Angestellten in das bislang auf Arbeiter beschränkte umlageverfahren u1 einbezogen und die bislang ausgeklammerten betriebs- und ersatzkassen in das Verfahren aufgenommen. gleichzeitig wurde – gegen den widerstand der bdA – die für die ein-beziehung in das u1-Verfahren maßgebliche betriebs-größe von 20 auf 30 Arbeitnehmer angehoben. mit nachdruck hat sich die bdA im Vorfeld des gesetzes gegen die einbeziehung aller unternehmen in das Ausgleichsverfahren u2 für mutterschaftsleistungen eingesetzt. die bdA hatte unter anderem bereits im frühjahr 2004 im positionspapier „neugestaltung der Mutterschaftsgeldfinanzierung“ deutlich gemacht, dass mutterschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe (Art. 6 Abs. 4 gg) ist, die folgerichtig von der Allge-meinheit und damit aus dem allgemeinen steuerauf-kommen finanziert werden muss.

das präsidium der bdA hat daher am 18. september 2006 einen Vorschlag beschlossen, der auf die Ab-schaffung dieses gesetzes bzw. auf eine freiwillige Teilnahme im U1-Verfahren und eine Steuerfinanzie-rung des Arbeitgeberzuschusses zum mutterschafts-geld zielt. im rahmen der beratungen zum „gesetz zur stärkung des wettbewerbs in der gkV“ (gkV-wsg) sollen die Vorschläge der bdA zur Ausgestaltung des u1-Verfahrens als freiwilliges Verfahren aufgegriffen werden.

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BSG-RECHTSpRECHunG zu GmBH-GESCHÄFTSFüHRERn KoRRIGIERT

zum 1. Juli 2006 wurde auf initiative der bdA ein urteil des bundessozialgerichts (bsg) vom 24. november 2005 (b 12 rA 1/04) korrigiert, in dem im hinblick auf die ren-tenversicherungspflicht eine überraschend weite Ausle-gung des begriffs „arbeitnehmerähnlicher selbstständiger“ getroffen worden war. das bsg hatte entschieden, dass ein Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer einer gmbh, der ausschließlich für die gmbh tätig war und keine Arbeitnehmer beschäftigte, arbeitnehmerähnlicher selbstständiger ist. entscheidend war allein, dass der gmbh-geschäftsführer selbst die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht erfüllte. Eine solche Auslegung hätte für viele gmbh-gesellschafter-geschäftsführer den Eintritt der Rentenversicherungspflicht bedeutet. Die bdA konnte den gesetzgeber davon überzeugen, dass dies nicht dem sinn und zweck des gesetzes entspricht. durch eine gesetzliche änderung des § 2 sgb Vi wur-de der status quo vor dem urteil sichergestellt: bei einer gmbh sind nach der gesetzlichen änderung nach wie vor ausschließlich die Außenbeziehungen der gmbh entscheidend. Außerdem werden die Arbeitnehmer der gmbh dem gesellschafter-geschäftsführer zugerechnet. so hat das bsg-urteil über den entschiedenen fall hi-naus keinerlei Auswirkungen.

mInIjoBS alS wICHTIGES FlExIBIlISIERunGSInSTRumEnT

durch das haushaltsbegleitgesetz 2006 wurden die pauschalabgaben für minijobs zum 1. Juli 2006 von 12 auf 15 % in der rentenversicherung bzw. 11 auf 13 % in der krankenversicherung und damit insge-samt von 25 auf 30 % erhöht. gleichzeitig wurden der bundeszuschuss zur gesetzlichen rentenver-sicherung sowie die beiträge des bundes zur gesetz-lichen krankenversicherung für bezieher von „Ar-beitslosengeld ii“ um die aus der Abgabenerhöhung für minijobs für die renten- und krankenversicherung errechneten mehreinnahmen gesenkt. die bdA hat sich im gesetzgebungsverfahren nachdrücklich gegen diese änderung ausgesprochen. mehr sozialversiche-rungspflichtige Beschäftigung entsteht nicht dadurch, dass minijobs verteuert werden, sondern dass sozial-versicherungspflichtige Arbeit billiger und insbesonde-re von sozialabgaben entlastet wird. die Anhebung der pauschalabgaben auf minijobs konterkariert das erklär-te ziel der bundesregierung, den faktor Arbeit zu ent-lasten und gerade auch die beschäftigungspotenziale im niedriglohnbereich besser auszuschöpfen. die bdA hat kritisiert, dass die mit der Anhebung der pau-schalabgaben auf minijobs verbundene Verteuerung von Arbeit der denkbar schlechteste weg zur sanie-

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rung der öffentlichen finanzen ist. haushaltssanierung zu lasten der Arbeitskosten führt zu einer Vernichtung von beschäftigung und damit zu weniger wachstum. Diese Prognose bestätigt sich im dritten Quartalsbericht der minijob-zentrale. die zahl der bei der minijob-zentrale gemeldeten geringfügig entlohnt beschäf-tigten hat sich danach bereits in den ersten drei mo-naten nach inkrafttreten um rund 130.000 bzw. 2,1 % reduziert. dies dürfte im wesentlichen auf die erfolgte Anhebung der pauschalabgaben zurückzuführen sein. fakt ist, dass minijobs ein unverzichtbares flexibili-sierungselement und notwendiges Ventil im überre-gulierten deutschen Arbeitsmarkt sind, schwarzarbeit verhindern, einen beitrag zur wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt leisten und sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer attraktiv sind.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „mini-jobs“ veröffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

KünSTlERpRIvIlEGIEn aBSCHaFFEn

das bundesministerium für Arbeit und soziales hat im oktober 2006 den referentenentwurf für ein „drittes gesetz zur änderung des künstlersozialversicherungs-gesetzes“ (ksVg) vorgelegt. wesentliche ziele des entwurfs sind die vollständige erfassung aller abgabe-pflichtigen Verwerter durch eine Prüfung der Abgabe-pflicht durch die Deutsche Rentenversicherung Bund im rahmen der turnusmäßigen betriebsprüfung und eine verstärkte prüfung der Versicherten im hinblick auf ihre zugehörigkeit zur künstlersozialversicherung. Für die Unternehmen verursacht die Pflicht zur Künstler-sozialabgabe nicht nur kosten, sondern vor allem einen hohen bürokratischen Aufwand. dazu tragen zahlreiche unschärfen der rechtlichen regelungen, unklarheiten in der betrieblichen praxis, eine ausufernde rechtspre-chung der sozialgerichte und umfangreiche Aufzeich-nungs- und Meldepflichten bei.

die bdA hat sich im rahmen des gesetzgebungs-verfahrens für eine Abschaffung der künstlerprivilegien in der sozialversicherung ausgesprochen. während alle anderen selbstständigen in vollem umfang selbst für die kosten ihrer sozialen Absicherung aufkommen müs-

sen, tragen selbstständige künstler und publizisten nur die hälfte der beiträge, für den rest kommen die Ver-werter und der bund auf. für eine solche ungleichbe-handlung selbstständiger gibt es keinen überzeugenden grund. längst wird darüber hinaus eine Vielzahl von berufen unter dem künstlerbegriff des künstlersozialver-sicherungsgesetzes subsumiert, die nicht zielgruppe der ursprünglichen intention der künstlersozialversiche-rung sind. für den fall, dass die privilegierung beste-hen bleibt, hat die bdA zumindest korrekturen gefor-dert, die die unternehmen von bürokratie und kosten entlasten (eindeutige Kriterien für die Abgabepflicht, einschränkung des künstlerbegriffs, einführung einer angemessenen „bagatellgrenze“, regelmäßige Überprü-fung der Versicherten, reduzierung der künstlersozial-abgabe – wie bis 1999 – auf 25 % der mittel der künstler-sozialversicherung).

unFallvERSICHERunG: REFoRm SCHöpFT EnTlaSTunGSpoTEnzIal nICHT auS

ende Juni 2006 hat eine bund-länder-Arbeitsgrup-pe eckpunkte zur reform der unfallversicherung be-schlossen, mit der das unfallversicherungssystem auf dauer zukunftssicher gemacht werden soll. ziel ist es, das leistungsrecht der unfallversicherung zielgenauer auszugestalten, leistungsfähigere unfallversicherungs-träger zu schaffen und die organisation zu straffen. in bezug auf das leistungsrecht sehen die eckpunkte insbesondere änderungen des unfallversicherungs-rentenrechts vor. die unfallrenten sollen in eine einkommensabhängige erwerbsminderungsrente und einen einkommensunabhängigen gesundheitsschadens-ausgleich getrennt werden. der Vorrang der unfall-renten vor den Altersrenten soll wegfallen. wegeun-fälle sollen grundsätzlich im leistungskatalog der gesetzlichen unfallversicherung verbleiben. in organi-satorischer hinsicht sieht das eckpunktepapier wie der im dezember vorgelegte erste teil eines Arbeitsentwurfs, der sich im wesentlichen mit organisatorischen fragen befasst, die einrichtung einer spitzenkörperschaft durch zusammenlegung des hauptverbandes der gewerblichen berufsgenossenschaften (hVbg) und des bundesver-bandes der unfallkassen vor, die zum 1. Januar 2008 – in Anlehnung an die deutsche rentenversicherung bund –

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Grundsatz- und Querschnittsaufgaben übernehmen soll. Außerdem wird eine reduktion der zahl der gewerb-lichen berufsgenossenschaften auf sechs träger gefor-dert. das konzept hierzu soll vom hVbg bis 30. Juni 2008 vorgelegt und bis zum 31. dezember 2009 umge-setzt werden. die beitragssatzspreizung zwischen den gewerblichen berufsgenossenschaften soll von derzeit fünf prozentpunkten (ohne bergbau-bg) auf höchstens zwei prozentpunkte reduziert werden. kann dies nicht allein durch fusionen erreicht werden, wird ergänzend die einführung eines solidarischen Altlastenfonds ange-kündigt. bei den Verwaltungs- und Verfahrenskosten sol-len 20 % – das entspricht einem einsparziel von rund 250 Mio. € – eingespart werden.

die bdA hat nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die eckpunkte der notwendigen generalüberholung der unfallversicherung nicht gerecht werden und die vorgesehenen reformmaßnahmen insgesamt ent-täuschend sind. zwar sind einige Vorschläge der Arbeit-geber zur reform der unfallversicherung berücksich-tigt worden. dies gilt insbesondere für die regelung, unfallrenten nur noch bis zum bezug der Altersrenten der gesetzlichen rentenversicherung zu leisten und grundsätzlich auf den Ausgleich des erwerbsschadens zu konzentrieren. wesentliche notwendige reform-maßnahmen fehlen jedoch, wie vor allem die Ausglie-derung der wegeunfälle aus dem leistungskatalog der unfallversicherung.

insbesondere kann mit den vorgesehenen maßnahmen die längst überfällige deutliche beitragsentlastung der unternehmen jedenfalls in den nächsten Jahren nicht er-reicht werden. bestehende beitragssenkungspotenziale bleiben unausgeschöpft. nicht auszuschließen ist so-gar, dass die Vorschläge kurzfristig im durchschnitt aller wirtschaftsbereiche zu mehrbelastungen führen. Aufgrund der vorgeschlagenen beitragsnivellierung würde es insbesondere in den bereichen dienstleis-tung, handel und Verkehr teurer werden.

das angestrebte ziel, die organisationsstruktur der gewerblichen berufsgenossenschaften weiter zu opti-mieren und die Verwaltungskosten zu senken, ist aus-drücklich zu begrüßen. dieser prozess muss jedoch weiter vorrangig durch die selbstverwaltung und nicht durch den gesetzgeber gesteuert werden. insbeson-dere ist die vorgesehene gesetzliche installierung einer

gemeinsamen spitzenkörperschaft von gewerblichen berufsgenossenschaften und öffentlichen unfallkassen abzulehnen.

eine grundlegende reform des unfallversicherungs-rechts einschließlich der organisation der Versicherungs-träger ist dringend erforderlich, um diesen sozialver-sicherungszweig nachhaltig leistungsfähig und finan-zierbar zu halten. eine strukturreform muss zu einer Konzentration der Leistungen auf betriebsspezifische risiken führen, bestehende Überversorgung ab-bauen, die wirtschaftlichkeit verbessern sowie die organisationsstruktur straffen. die chance einer bal-digen deutlichen beitragsentlastung muss genutzt werden.

die mitgliederversammlung des hVbg hat am 1. de-zember 2006 einige weit reichende beschlüsse zu den themen „lastenverteilung“ und „organisations-reform“ gefasst. mit dem einstimmig – bei einigen enthaltungen – beschlossenen konzept zur lastenver-teilung soll den durch den wirtschaftlichen struktur-wandel verursachten Verschiebungen zwischen den branchen besser rechnung getragen werden. Jede be-rufsgenossenschaft trägt danach zunächst rentenlasten in dem umfang, den sie zu tragen hätte, wenn die ak-tuellen strukturen (lohn- und rentenniveau, rentenzu-gang, entgeltsumme) schon immer so gewesen wären wie heute (rentenwert). die darüber hinausgehenden rentenlasten (Überaltlasten) sollen solidarisch getra-gen werden. Als Verteilungsmaßstab für die Überalt-lasten kommen zum einen die entgelte, zum anderen die neurenten oder auch eine Verteilung teils nach entgelten, teils nach neurenten in betracht. Über den Verteilungsmaßstab hat die mitgliederversammlung keinen beschluss gefasst, es wurde lediglich die grund-konzeption verabschiedet.

weiterhin hat die mitgliederversammlung den stand der neuordnung der trägerstruktur begrüßt. spätestens bis zum Jahr 2012 soll es nach dem derzeitigen stand der beratungen nur noch neun berufsgenossenschaften geben.

ferner hat sowohl die mitgliederversammlung des bundesverbandes der unfallkassen (buk) als auch des hVbg eine grundsatzerklärung über eine fusion der beiden spitzenverbände zum 1. Juli 2007 beschlossen.

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dabei streben beide eine fusion auf privatrechtlicher grundlage an und lehnen die in den eckpunkten der bund-länder-Arbeitsgruppe vorgesehene Verkörper-schaftung ab.

die bdA unterstützt die von der mitgliederversamm-lung getroffenen beschlüsse. sie zeigen, dass die selbst-verwaltung die herausforderungen im bereich des strukturwandels und dessen Auswirkungen auf das gefüge der unfallversicherung aktiv angeht und der politik konkrete reformvorschläge unterbreitet. die mitgliederversammlung hat die beschlüsse im Vertrau-en auf die unterstützung der politik und deren bereit-schaft getroffen, änderungen im recht der gesetzlichen unfallversicherung nicht gegen die selbstverwaltung durchzusetzen.

naTIonalE aRBEITSSCHuTzSTRaTEGIE: auSRICHTunG am BETRIEBlICHEn BEDaRF ERFoRDERlICH

die Arbeits- und sozialministerkonferenz (Asmk) hat im november 2006 ein zwischen dem länderaus-schuss für Arbeitsschutz und sicherheitstechnik, der bundesregierung und den unfallversicherungsträgern

abgestimmtes konzept für eine gemeinsame deutsche Arbeitsschutzstrategie beschlossen. kernelemente der Ar-beitsschutzstrategie sollen sein die entwicklung gemein-samer Arbeitsschutzziele, die Ableitung von handlungs-feldern und Arbeitsprogrammen und deren Ausführung nach einheitlichen grundsätzen, die evaluierung der durchgeführten maßnahmen, die festlegung eines abge-stimmten, arbeitsteiligen Vorgehens von staatlichen Ar-beitsschutzbehörden und unfallversicherungsträgern so-wie die herstellung eines transparenten, überschaubaren und von doppelregelungen freien Vorschriften- und regelwerks. Auf der grundlage des konzeptes sollen bis zum herbst 2007 konkrete gemeinsame Arbeitsschutz-ziele und prioritäre handlungsfelder festgelegt werden.

die bdA hat deutlich gemacht, dass sich die Arbeits-schutzstrategie auf den Arbeits- und gesundheitsschutz beschränken muss und nicht eine Ausdehnung auf das weite feld der beschäftigungsfähigkeit erfolgen darf. die strategie muss sich am betrieblichen bedarf orien-tieren und bürokratie abbauen. ferner hat die bdA sich nachdrücklich dafür eingesetzt, dass die Arbeitgeber un-mittelbar in beratung und beschlussfassung über ziele, prioritäre handlungsfelder und Aktionsprogramme ein-gebunden werden. denn es sind vor allem die betriebe, die im Arbeitsschutz agieren und Aktionsprogramme umsetzen.

STanD DER FuSIonSplÄnE BEI DEn GEwERBlICHEn BERuFSGEnoSSEnSCHaFTEn Stand: Dezember 2006

* Es liegen noch keine endgültigen Beschlüsse der Selbstverwaltungsorgane vor.Bei den fett geschriebenen Titeln handelt es sich um Arbeitstitel.

Rohstoffe bergbau-bg bg chemie steinbruchs-bg papiermacher-bglederindustrie-bg zucker-bg

Nahrungsmittel und Gaststättenbgn fleischerei-bg *

Metall bgms masch-bgnmbg hüwa-bg

Verarbeitendes Gewerbe bgfe bgdptextil-bg holz-bg

Handeleinzelhandels-bg

grola-bg

Transport, Verkehr, Logistikbg fahrzeughaltungenbg bahnen * see-bg *

Bauwirtschaftbg bau

Verwaltungen und DienstleistungenVerwaltungs-bg

bg glas und keramikbgfw *

Gesundheit und Wohlfahrtspflege bgw

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pRaxISGERECHTE aRBEITSSTÄTTEnREGEln

der Arbeitsstättenausschuss (AstA) hat Anfang 2006 einen leitfaden zur einheitlichen erstellung von Arbeits-stättenregeln (Asr) verabschiedet. der leitfaden, der sich in erster linie an mitglieder der Arbeitsgruppen des AstA richtet, beschreibt grundlegende Anforde-rungen an die erstellung von Arbeitsstättenregeln. Auf-grund der negativen erfahrungen mit dem pilotprojekt für eine Asr „fluchtwege, notausgänge“ ist deutlich geworden, dass in ergänzung zu dem leitfaden weiter gehende hinweise zur erstellung von Arbeitsstätten-regeln notwendig sind.

Aus sicht der bdA ist es erforderlich, nähere Ausfüh-rungen zum detaillierungsgrad und zum sprachduk-tus von Asr zu geben. Asr müssen für den Anwender die schutzziele der Verordnung konkretisieren und beispielhafte lösungen für betriebliche schutzmaß-nahmen aufzeigen. Asr sind so knapp wie möglich zu halten und müssen sich auf notwendige, die allgemei-nen schutzziele der Verordnung konkretisierende Aus-

sagen beschränken. hauptkritikpunkte an dem entwurf zur Asr „fluchtwege, notausgänge“ sind, neben ver-schärften Anforderungen an die fluchtweglänge, dass er viel zu detailliert ist, im sprachduktus eher einem rechtstext entspricht und zudem widersprüche zu bauordnungsrechtlichen Vorgaben aufweist.

paSSGEnauERE REGElBETREuunG ERFoRDERlICH

seit Anfang 2006 wird beim hauptverband der ge-werblichen berufsgenossenschaften (hVbg) an einer neuregelung der betriebsärztlichen und sicherheits-technischen regelbetreuung für unternehmen ab zehn Arbeitnehmern gearbeitet. die dazu beim hVbg eingesetzte Arbeitsgruppe hat im oktober 2006 ein entsprechendes konzept verabschiedet, das nun in den selbstverwaltungsgremien beraten wird. das kon-zept sieht – wie bei der regelbetreuung von betrie-ben mit bis zu zehn beschäftigten – eine Aufteilung der betreuung in eine grundbetreuung und eine be-darfsorientierte betriebsspezifische Betreuung vor. Die

REKoRDTIEF BEI mElDEpFlICHTIGEn aRBEITS- unD wEGEunFÄllEn

Quelle: Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften; eigene Darstellung der BDA (Stand: Juni 2006)

(Angaben in Mio.; bis 1990 Westdeutschland, ab 1991 Gesamtdeutschland)

Wegeunfälle

Arbeitsunfälle

2,5

2,0

1,5

1,0

0,5

0

2,26

0,25

2,01

0,22

1,54

0,16

1,59

0,20

1,27

0,20

1,22

0,18

1,33

0,16

1,42

0,21

1,20

0,18

1,14

0,18

1,19

0,19

1,06

0,18

0,98

0,17

0,87

0,16

0,85

0,15

0,80

0,15

1960 1970 1980 1990 1991 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

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einsatzzeit für die grundbetreuung erhöht sich, wenn im einzelnen Betrieb zusätzliche betriebsspezifische gefährdungen vorliegen.

die bdA begrüßt, dass mit dem konzept die allge-meinen grundbetreuungszeiten vereinheitlicht wer-den, eine umrechnung von teilzeitbeschäftigten auf Vollzeitbeschäftigte erfolgt und eine degression der einsatzzeiten bei größeren betrieben vorgesehen ist. Negativ ist jedoch, dass spezifische Vorsorgeunter-suchungen nicht mehr in der einsatzzeit berücksichtigt werden und das konzept keinerlei Anreizelemente – ins-besondere im hinblick auf Arbeitsschutzmanagement-systeme – enthält.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „unfall-versicherung und Arbeitsschutz“ veröffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

BaRRIEREFREIHEIT anFoRDERunGSGERECHT GESTalTEn

Die Arbeitsstättenverordnung verpflichtet die Arbeit-geber, bei der beschäftigung von menschen mit be-hinderungen deren belange im hinblick auf sicherheit und gesundheitsschutz zu berücksichtigen. dies gilt insbesondere für die barrierefreie gestaltung von Ar-beitsplätzen, zugehöriger Verkehrsflächen sowie von sozialräumen. der begriff der barrierefreiheit ist im „gesetz zur gleichstellung behinderter menschen“ lediglich ergebnisorientiert definiert, wobei offenge-halten wird, wie die vorgegebenen ziele durch tech-nische und bauliche maßnahmen erreicht werden können. ein din-entwurf aus dem bereich bauwesen versucht mit der Vorgabe konkreter planungsgrund-lagen maßnahmen zur erreichung von barrierefreiheit festzuschreiben. die bdA konnte durch ihren nach-drücklichen einspruch erreichen, dass Arbeitsstätten aus dem Anwendungsbereich dieses normentwurfs herausgenommen werden. wenn der entwurf in der vorgelegten form zur norm erhoben worden wäre, hätte ein allumfassendes anspruchsvolles Anforde-rungsprofil immer dann technisch umgesetzt werden müssen, wenn menschen mit behinderungen beschäf-tigt werden – und zwar unabhängig davon, was der einzelne mitarbeiter davon wirklich benötigt, um sei-

ner Arbeit nachzugehen. das heißt, dass auch tech-nische Anpassungen für einen gehbehinderten um-zusetzen wären, die speziell für die integration von sehbehinderten Mitarbeitern Verwendung finden. Um die chancen für die beschäftigung von menschen mit behinderungen so weit wie möglich zu erhalten und zu fördern, ist eine strenge orientierung an den jewei-ligen individuellen Anforderungsprofilen unabding-bar. bei den soeben begonnenen Arbeiten des Arbeits-kreises „barrierefreie gestaltung von Arbeitsstätten“ des Arbeitsstättenausschusses wird darauf zu achten sein, dass dieser grundsatz konsequent in den Arbeits-stättenregeln Berücksichtigung findet.

pSyCHISCHE BElaSTunG: unTERSTüTzunG DER BETRIEBE

die europäischen sozialpartner haben sich mit dem Abschluss der rahmenvereinbarung über arbeitsbe-dingten stress zu ihrer Verantwortung bekannt. der erste zwischen den deutschen sozialpartnern abge-stimmte zwischenbericht führt verschiedenste umset-zungsaktivitäten auf. besonders hervorzuheben sind hierbei die symposien der bdA, auf denen der dialog über die unterschiedlichen instrumente und konzepte mit den an der prävention beteiligten Akteuren aktiv betrieben wird. nachdem in einer ersten Veranstal-tung 2005 die grenzen der erfassung und bewertung mit wissenschaftlern diskutiert wurden, hatte sich die zweite Veranstaltung im november 2006 zum ziel gesetzt, die eignung eingesetzter instrumente und konzepte gemeinsam zu erörtern. einen schwer-punkt bildete die diskussion mit experten der be-rufsgenossenschaften. neben der Überprüfung und neuausrichtung der gewählten konzepte dienen die ergebnisse der bdA-symposien zur arbeitsbedingten psychischen belastung dazu, das beratungsangebot der bdA bei der behandlung dieses themas im be-trieblichen Alltag zu komplettieren. die in einer Viel-zahl von methoden derzeit angebotenen konzepte sind unübersichtlich und entsprechen häufig nicht den Ansprüchen der betrieblichen praxis. die ersten viel versprechenden Ansätze für eine praxisgerechte orientierung des betrieblichen handelns werden kon-sequent fortgeführt.

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BIlDunG / BERuFlICHE BIlDunG

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EnTSCHEIDEnDE wEICHEnSTEllunGEn DuRCH DIE FöDERalISmuSREFoRm

im bildungsbereich haben bund und länder mit der föderalismusreform einige entscheidende weichen-stellungen zur Entflechtung der Zuständigkeiten und zur stärkung der länderkompetenz vorgenommen, die grundsätzlich zu begrüßen sind. der bund behält die Kompetenz in der beruflichen Bildung. Die Bildungs-hoheit der länder wird in der schulpolitik neu heraus-gestellt und im bereich hochschule eindeutig gestärkt. internationale Vergleichsstudien wie pisA und die bil-dungsberichterstattung werden gemeinsam von bund und ländern verantwortet. die beschränkten kompe-tenzen des bundes im bereich hochschule sind an die zustimmung der länder gebunden oder sehen Abwei-chungsmöglichkeiten der länder vor. das hochschul-rahmengesetz ist praktisch überflüssig geworden.

KmK: GEwaCHSEnE GESamTSTaaTlICHE vERanTwoRTunG

die kultus- und wissenschaftsminister der länder sind nun am zug, ihrer gewachsenen gesamtstaat-lichen Verantwortung für die Sicherung der Qualität von schule und hochschule, der Vergleichbarkeit von leistungen und damit von mobilität gerecht zu wer-den. kein land darf sich bildungspolitisch einigeln und unbeachtet lassen, was sich jenseits der landes-grenzen abspielt. die nationalen bildungsstandards für die schulen müssen bundesweit konsequent umge-setzt, überprüft und weiter verbessert werden. durch den Ausbau des kindergartens zur ersten stufe des bildungssystems muss schon früh die basis für eine optimale entfaltung aller potenziale der kinder und die sicherung der Ausbildungsreife möglichst aller schul-abgänger gelegt werden. besonderer Anstrengungen

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BESSERE BIlDunGSCHanCEn DuRCH FRüHE FöRDERunG – DIE wICHTIGSTEn FoRDERunGEn DER aRBEITGEBER

der kindergarten ist als erste stufe des bildungs-systems zu etablieren mit einem verbindlichen bildungs- und erziehungsplan, der die grundkom-petenzen der kinder systematisch fördert, sowie ver-bindlichen standards, die evaluiert werden müssen.

soweit der kindergarten zur ersten stufe des bil-dungssystems wird, muss er auch verbindlich und in seinem bildungsteil kostenfrei sein. langfristig ist ein verpflichtender Besuch des Kindergartens schon ab drei Jahren sinnvoll.

der kindergarten soll die kinder ganzheitlich und individuell fördern und die eltern in die frühkind-liche bildung als erziehungspartner einbeziehen und unterstützen.

die ausreichende beherrschung der deutschen spra-che muss ins zentrum der frühkindlichen bildung im kindergarten rücken. sprachfeststellungen sollen frühzeitig Sprachlücken identifizieren.

die umfassende obligatorische kinderuntersuchung soll mit einer ausführlichen sprachstandsfeststellung verknüpft werden. ihr müssen gezielte fördermaß-nahmen und hilfestellungen für die weitere sprach-entwicklung im kindergarten folgen, die auf ihre wirksamkeit hin evaluiert werden.

die neuausrichtung des kindergartens erfordert eine bessere Ausstattung sowie eine neuausrichtung der Aus- und fortbildung von der erzieherin zur früh-pädagogin. für die leitung ist ein wissenschaft-liches, praxisnahes Hochschulstudium notwendig; die weiteren mitarbeiterinnen brauchen eine qua-litativ hochwertige Aus- und weiterbildung an der fachschule.

die zusätzlichen kosten müssen bund, länder und kommunen gemeinsam schultern. sie müssen durch umschichtungen innerhalb des bildungssystems und der familienpolitischen transferleistungen erbracht werden.

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bedarf es zur förderung der kinder und Jugendlichen mit migrationshintergrund. die schaffung von mehr flexibilität, transparenz und durchlässigkeit in schu-le, hochschule und berufsbildung wird immer wich-tiger. hier ist das gemeinsame engagement von bund, ländern und wirtschaft zur schaffung eines natio-nalen Qualifikationsrahmens (NQF) ebenso notwen-dig wie eine gemeinsame initiative der länder zur weiteren öffnung und bundeseinheitlichen regelung des Hochschulzugangs – auch für qualifizierte Bewer-ber aus der beruflichen Praxis. Die Umstellung auf die studienabschlüsse bachelor und master muss zügig vorangetrieben werden.

KInDERGÄRTEn zu BIlDunGSEInRICHTunGEn auSBauEn

die aktuell geführte „unterschichten”-debatte hat die notwendigkeit einer neuen prioritätensetzung in der frühkindlichen bildung noch einmal verdeutlicht. eine gezielte förderung aller kinder kann nur gelingen, wenn der kindergarten zu einer bildungseinrichtung ausge-baut wird. nur so erhalten alle kinder von beginn an die gleichen guten startbedingungen. die frühkindliche bildung qualitativ deutlich zu verbessern ist deshalb ein zentrales Anliegen von allgemeiner bedeutung für den bildungs- und wirtschaftsstandort deutschland, das die Arbeitgeber ausdrücklich unterstützen.

inzwischen sind in vielen bundesländern erste, ermuti-gende reformschritte erkennbar, den kindergarten zur ersten stufe des bildungssystems umzugestalten. dazu gehören unter anderem die entwicklung und Anwen-dung von bildungs- und erziehungsplänen für die kin-dergärten sowie die gezielte sprachförderung von kin-dern mit sprachschwierigkeiten. mit der publikation „bessere bildungschancen durch frühe förderung“ hat die bdA den politisch handelnden ein vom bdA-Aus-schuss „Bildung/Berufliche Bildung“ verabschiedetes umfassendes, schlüssiges gesamtkonzept sowie einen umsetzungsplan für eine zügige und zielgerichtete re-form an die hand gegeben. zugleich zeigen die Arbeit-geber damit, dass sie sich auf diesem gebiet bereits auf vielfältige weise engagieren und dieses engagement weiter fortsetzen. das positionspapier ist bei den po-litischen Akteuren auf ein großes Echo gestoßen; mit

einigen landesministerien ist die bdA dazu bereits in einen dialog getreten.

KInDERGIpFEl „KInDER BIlDEn! DEuTSCHlanDS zuKunFT“

kinder bilden deutschlands zukunft. das deutsche bil-dungssystem muss deshalb dafür sorgen, dass alle kinder ihre individuellen fähigkeiten entfalten und früh geför-dert werden. in diesem sinne braucht deutschland einen mentalitäts- und paradigmenwechsel zugunsten von mehr

unter 3 3 – 4 Jahre 4 – 5 Jahre 5 – 6 Jahre 6 – 8 Jahre

5,9

5,6

83,2

84,3

54,7

50,7

Alle kinder

Ausländische kinder

89,2

83,8

89,6

84,3

BETEIlIGunGSquoTE von KInDERn In KInDERKRIppEn unD KInDERGÄRTEn noCH zu GERInG

Quelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus 2003; in: Sechster Bericht über die lage der Ausländerinnen und Ausländer in deutschland, Juni 2005 (früheres bundesgebiet)

privater finanzierungsanteil von kindergärten im Jahre 2002

DER pRIvaTE FInanzIERunGSanTEIl lIEGT an DEuTSCHEn KInDERGÄRTEn DEuTlICH üBER DEm oECD-DuRCHSCHnITT

deutschland

österreich

usA

oecd-mittel

polen

Vereinigtes königreich

frankreich

niederlande

schweden

Quelle: Bildung auf einen Blick, OECD-Indikatoren 2005

25,4%

23,8%

22,4%

17,9%

17,2%

4,2%

4,1%

3,3%

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chancen für alle kinder durch eine verbesserte frühkind-liche bildung und erziehung. um diesen mentalitäts-wechsel zu unterstützen, haben bdA, konrad-Adenauer-stiftung und robert bosch stiftung am weltkindertag im september gemeinsam den kindergipfel „kinder bilden! deutschlands zukunft“ veranstaltet. er stand unter der schirmherrschaft von bundeskanzlerin Angela merkel.

mit einem gemeinsamen memorandum richteten die Ver-anstalter klare forderungen an die politik, damit der para-digmenwechsel in der frühförderung gelingen kann. bdA, konrad-Adenauer-stiftung und robert bosch stiftung set-zen dabei auf eine umfassende Verbesserung der frühkind-lichen förderung, die Aufwertung des kindergartens als erste stufe des bildungssystems, die förderung der kinder mit migrationshintergrund, die stärkung von bildungs- und erziehungspartnerschaften von eltern und erzieherinnen, die professionalisierung der fachkräfte sowie auf die inten-sivierung der frühkindlichen bildungsforschung.

das große interesse von politik, wirtschaft, wissen-schaft, kindertagesstätten, grundschulen, eltern und der medien am kindergipfel hat die wachsende be-deutung der frühkindlichen bildung im öffentlichen und politischen bewusstsein bestätigt und zugleich den handlungsdruck auf die politik erhöht, die notwendigen schritte für eine verbesserte frühkindliche bildung zü-gig umzusetzen. bdA, konrad-Adenauer-stiftung und

robert bosch stiftung wollen die politischen reformen durch weitere Aktivitäten begleiten.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „früh- kindliche bildung“ veröffentlicht. er ist über www.bda- online.de zugänglich.

nEuE BDa-puBlIKaTIon „InTEGRaTIon DuRCH BIlDunG: poTEnzIal von mIGRanTEnKInDERn EnTFalTEn“

in der schulpolitik sind die migrantenkinder endlich in den Vordergrund gerückt. seit den pisA-studien spricht man von kindern und Jugendlichen „mit migrationshin-tergrund“: damit sind nicht mehr nur Jugendliche aus-ländischer staatsangehörigkeit gemeint, sondern alle, bei denen mindestens ein elternteil im Ausland geboren wurde. sie machen in westdeutschen großstädten inzwi-schen mehr als ein drittel der schüler aus. prognosen sprechen für das Jahr 2020 von 30 % „migrantenkindern“ bundesweit und 50 % in großstädten. migrantenkinder sind daher kein „Ausnahmephänomen“, sondern eine ge-wichtige gruppe mit wachsender bedeutung.

das bildungssystem ist für die integration elementar: in der schule werden die deutsche sprache und kul-

zu vIElE juGEnDlICHE vERlaSSEn DIE SCHulE oHnE EInEn aBSCHluSS

* Abweichungen durch rundungen möglich.Aktualisiert am 26. oktober 2005. statistisches bundesamt 2005

Allgemein bildende schulen,Absolventen / Abgänger und Absolventinnen / Abgängerinnen des schuljahres 2003 / 04 nach Abschlussarten

Abschlussart einheitAbsolventen / Abgänger

insgesamt deutsche Ausländer

Abschlussstruktur insgesamt(insgesamt = 100)

ohne hauptschulabschlussmit hauptschulabschlussmit realschulabschlussmit fachhochschulreifemit allgemeiner fachhochschulreife

insgesamt *

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%

8,3 25,0 42,6 1,2 23,0

100

7,4 23,5 43,7 1,2 24,3

100

18,1 40,9 30,8 1,3 8,9

100

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tur vermittelt; durch die Ausbildung erfolgt der Zugang zum Arbeitsmarkt. Wer auf dieser Basis eine qualifi-zierte Tätigkeit ausübt, findet seinen Platz in der Ge-sellschaft. umso gravierender ist es, dass diese inte-gration bisher nicht gelungen ist: 50 % der 15-jährigen migrantenkinder erreichen nicht das mindestniveau für eine Ausbildung, obwohl zwei drittel von ihnen die gesamte schullaufbahn in deutschland durchlaufen haben. sie sind an der hauptschule mit 50 % über- und am gymnasium mit 9 % unterrepräsentiert. nur 25 % der ausländischen Jugendlichen waren 2004/05 in einer berufsausbildung gegenüber 60 % der deut-schen Jugendlichen.

der in diesem Jahr erstmals erschienene gemeinsame bildungsbericht von bund und ländern hat sich dem thema „migrantenkinder“ intensiv gewidmet. Auch der integrationsgipfel im bundeskanzleramt und die islamkonferenz im bundesinnenministerium sowie die begleitung durch die breite öffentliche Aufmerksam-keit haben das thema auf der politischen tagesord-nung weit nach oben geschoben. im Anschluss an den integrationsgipfel arbeitet die bdA in mehreren Ar-beitsgruppen an den elementen für einen „nationalen integrationsplan“ unter federführung des bundeskanz-leramtes mit.

es liegt im interesse der Arbeitgeber, in einer zeit des globalen wettbewerbs alle potenziale zur entfaltung zu bringen, auch das der migrantenkinder. wirtschaft und gesellschaft sind auf know-how, kreativität und Innovation angewiesen, während der demografische wandel zugleich dazu führt, dass die basis dafür immer schmaler wird. die bedeutung der beachtlichen grup-pe von migrantenkindern wird umso stärker wachsen. die bdA hat daher im november ihr aktuelles, vom BDA-Ausschuss „Bildung/Berufliche Bildung“ verab-schiedetes positionspapier „integration durch bildung: potenzial von migrantenkindern entfalten“ veröffent-licht, das durch den nordrhein-westfälischen minister für generationen, familien, frauen und integration, Ar-min laschet, das Vorstandsmitglied der deutsche bahn Ag, dr. norbert bensel, sowie den hauptgeschäftsfüh-rer der bdA, dr. reinhard göhner, vorgestellt wurde. die wichtigsten forderungen der Arbeitgeber lauten:

sprachförderung muss so früh wie möglich begin-nen. denn eine umfassende und intensive sprach-förderung kann auch die bildungsbeteiligung von migrantenkindern deutlich verbessern. für den kin-dergarten muss ein Vorschulprogramm entwickelt werden, das die systematische sprachentwicklung fördert. Verbindliche standards, die evaluation der

DER KInDERGaRTEnBESuCH wIRKT SICH poSITIv auF DIE SCHullEISTunGEn auS

Quelle: IEA: Progress in International Reading Literacy Study, IGLU Germany

internationale grundschul-lese-untersuchung (iglu):lesekompetenz nach dauer des besuchs von Vorschule oder kindergarten in der Vergleichsgruppe 1 – gesamtskala lesen

600

580

560

540

520

500

480

460

440

mitt

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bis ein Jahr

mehr als ein Jahr

deutschland england frankreich griechenland italien niederlande schottland schweden

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ergebnisse und eine bessere pädagogisch-psycho-logische Aus- und fortbildung der mitarbeiterinnen werden Qualität und Zielgenauigkeit der Förderung sichern. Als erste stufe des bildungssystems muss der kindergarten schrittweise obligatorisch und gebüh-renfrei werden.

in der schule muss die sprachförderung kontinuier-lich fortgesetzt und vertieft werden, und dies in allen fächern ebenso wie in außerunterrichtlichen förder-maßnahmen. lehrkräfte müssen in ihrer Aus- und fortbildung auf eine mehrsprachige schülerschaft mit unterschiedlichen kulturellen hintergründen vorbe-reitet werden. Je nach Schulprofil kann auch die Her-kunftssprache vertieft oder als weitere fremdsprache angeboten werden.

interkulturelle kompetenzen sind in einer globalen wirtschaft schlüsselkompetenzen. sie werden durch das Anknüpfen an die unterschiedlichen herkunfts-welten der migrantenkinder und eine internationale Ausrichtung der schulfächer sowie durch interkultu-relle bezüge im schulleben gestärkt.

werteerziehung gehört zum bildungsauftrag der schule. kommunikations- und teamfähigkeit, Ver-antwortung und selbstständigkeit, selbstbewusstsein und toleranz sind zentrale persönliche und soziale kompetenzen, die junge menschen erwerben sollen. ein islamischer religionsunterricht soll in deutscher sprache und mit in deutschland wissenschaftlich aus-gebildeten lehrern angeboten werden.

In der beruflichen Bildung eröffnen bessere Sprach-kompetenzen Jugendlichen mit migrationshinter-grund neue chancen auf eine Ausbildung. sie müssen über die bedeutung der dualen Ausbildung und das berufswahlspektrum informiert und auf die berufswelt durch schule, Arbeitsagentur und betriebe besser vor-bereitet werden. Ausbildungsabbrüche können durch flankierende Unterstützung vermieden werden.

die oft vorhandene mehrsprachigkeit der migranten soll auch in der Ausbildung als stärke vertieft und er-weitert und für alle Auszubildenden nutzbar gemacht werden. Auch unternehmer mit migrationshinter-grund müssen verstärkt für die Ausbildung gewonnen werden. die berufsschule soll ihr Angebot im blick auf die unterschiedlichen lernvoraussetzungen ihrer schüler zielgenauer differenzieren.

bei allen bildungsstationen – vom kindergarten über die Schule bis hin zum Übergang in die berufliche bildung – ist das einbeziehen der eltern und familie

unverzichtbar und die wahrnehmung ihrer eigenver-antwortung ein entscheidender Faktor. Die Pflege des deutschen auch zuhause ist für die sprachkompe-tenz der kinder elementar. eltern müssen dabei von kindergärten, schulen und anderen bildungseinrich-tungen unterstützt werden. sie brauchen beratung-sangebote in erziehungsfragen und informationen über die chancen der schul- und berufsbildung in deutschland.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „integrati-on durch bildung“ veröffentlicht. er ist über www.bda- online.de zugänglich.

HaupTSCHulE: pREIS „wERTEERzIEHunG“ vERlIEHEn

beim wettbewerb „werteerziehung an hauptschulen“ der Alfred-toepfer-stiftung f. V. s. und der bdA be-warben sich fast 80 schulen. die Jury wählte daraus die hauptschulen mit dem überzeugendsten konzept der werteerziehung aus. Am 4. dezember wurden die preise feierlich an die gebhardschule konstanz, die hauptschule innenstadt tübingen, die werner-stephan- oberschule berlin und die ketteler-schule rheda-wie-denbrück verliehen.

gemeinsam war den preisträgerschulen, dass sie die Verbindlichkeit von regeln, normen und werten sehr hochhielten, aber auch den schülern deutlich mach-ten, warum diese normen und werte wichtig sind. bei mehreren schulen hatten die schüler sogar selbst einen katalog von werten erarbeitet, die an der schule gelten und auch eingehalten werden sollen. dabei wurden vor allem immer wieder die werte respekt, selbstver-trauen, Höflichkeit, Verantwortung, Hilfsbereitschaft, teamarbeit, toleranz und demokratie genannt. Aus der wertedebatte entwickelten die schulen jeweils ideen und programme, mit denen die werte zur konkreten erfahrung für alle werden können. sonderpreise für eine „gute idee“ erhielten die Volksschule bad königs-hofen, st.-georg-Volksschule Augsburg, schule ernst- hennig-straße hamburg, hermann-claudius-schule marl, mittelhofschule ellwangen und rosensteinschule stuttgart. Alle teilnehmer können im kommenden Jahr an einem mentorenprogramm partizipieren.

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im herbst startete zudem die Ausschreibung des haupt-schulpreises 2007 „deutschlands beste schule mit hauptschulabschluss“ von hertie-stiftung, robert bosch stiftung und bdA im rahmen der initiative hauptschu-le. bundespräsident köhler hatte in seiner berliner rede „bildung für alle“ im september 2006 den hauptschul-preis ausdrücklich lobend hervorgehoben.

vERanTwoRTunG In unD FüR SCHulE – GRunDSÄTzE DER wIRTSCHaFT zuR zuSammEnaRBEIT mIT SCHulEn

die bdA begleitet gemeinsam mit dem institut der deut-schen wirtschaft köln im rahmen der bundesweiten initiative schulewirtschAft schulen und unter-nehmen auf ihrem weg zur Verbesserung von berufs-orientierung und Ausbildungsreife sowie bei der ein-führung von professionellen managementsystemen im schulbetrieb. mit den aktualisierten grundsätzen der wirtschaft zur zusammenarbeit mit schulen, die ende oktober der öffentlichkeit vorgestellt wurden, bekräftigt die deutsche wirtschaft ihr engagement und ruft weitere Akteure in den unternehmen zur mitgestaltung der ko-operationen mit schulen auf. für die Arbeitgeber sind dabei folgende Aspekte von zentraler bedeutung:

schüler von heute sind die mitarbeiter und führungs-kräfte von morgen. die unternehmerische wirtschaft versteht die zusammenarbeit mit schulen als eine vorrangige gesellschaftliche Aufgabe, die über die Gewinnung von Nachwuchskräften für die berufliche Erstausbildung und deren künftige Weiterqualifikation hinausgeht. Vor diesem hintergrund bietet die wirt-schaft den schulen eine intensive zusammenarbeit an. diese beinhaltet betriebliches know-how sowie praktische partnerschaftliche unterstützung.

Deutschlands Unternehmen brauchen qualifizierte fach- und führungskräfte, die eigenverantwortlich denken und handeln. die Ausbildungs- bzw. studi-enreife von schulabgängern ist ein zentraler schlüs-selfaktor für den wirtschaftsstandort deutschland. bereits im schulunterricht müssen junge menschen erfahren, dass bildung auch leistung und Anstren-gung umfasst. wer sich berufschancen erschließen will, muss dafür etwas tun. eigenverantwortliche le-bensführung beginnt in der schule.

ökonomische bildung ist unverzichtbar. wer „wirt-schaft“ nicht versteht, dem verschließt sich ein wesent-licher teil der lebenswelt und das Verständnis für wirt-schaftliches handeln. neben einem eigenständigen fach „wirtschaft“ vermitteln die fächer mathematik, technik und naturwissenschaften die grundlage für die zukünftige innovations- und wettbewerbsfähigkeit der deutschen wirtschaft. dies relativiert aber nicht die bedeutung geistes- und kulturwissenschaftlicher sowie musisch-ästhetischer fächer für die werteerziehung und die persönlichkeitsbildung. sie stärken die krea-tivität und fächerübergreifende Qualifikationen. Diese fächer müssen daher elementarer bestandteil der All-gemeinbildung bleiben.

SCHulEwIRTSCHaFT vERmITTElT wISSEn pRaxISoRIEnTIERT

schulewirtschAft hat sich zum ziel gesetzt, den persönlichen und direkten Austausch zwischen schulen und unternehmen zu fördern und dauerhafte koopera-tionen aufzubauen. in zahlreichen projekten werden

zu DEn aKTIvITÄTEn von SCHulEwIRTSCHaFT GEHöREn:

initiierung und begleitung von partnerschaften zwischen schulen und unternehmen

realisierung von projekten und planspielendurchführung von betriebserkundungen und

praktika für schüler und lehrkräfteQualifizierte Fortbildung von Lehrkräften und

schulleitungenunterstützung von managementprozessen an

schulenorganisation von Veranstaltungen und seminarenentwicklung von unterrichtsmaterialien bildung und begleitung aktueller Arbeitsgruppenumsetzung von forschungsvorhabenkontakte zu ministerien, behörden, Verbänden,

institutionenkoordination der presse- und öffentlichkeitsarbeit

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die theoretischen grundlagen wirksam umgesetzt. die teilnehmer werden dabei vor ort von fachleuten beraten und begleitet. so erleben die schüler wichtige ökonomische Abläufe konkret und realitätsnah. dies erleichtert Jugendlichen den Übergang von der schu-le in die berufs- und Arbeitswelt. die einzelnen An-gebote wenden sich an lehrkräfte aller schulformen und Jahrgangsstufen, referendare und lehramtstu-dierende, an die schulaufsicht sowie an schüler und deren eltern.

paRTnERSCHaFT von SCHulE unD wIRTSCHaFT

ein prinzip von schulewirtschAft ist teamwork: gemeinsam arbeiten und lernen die teilnehmer in Arbeitskreisen und projekten. zum konzept ge-hört genauso der „dialog auf Augenhöhe“ mit einer

rücksichtsvollen, glaubwürdigen und gleichberech-tigten zusammenarbeit zweier partner. grundlage von schulewirtschAft ist seit der gründung die enge kooperation der Ansprechpartner aus schulen und betrieben. getragen von diesem partnerschaft-lichen grundgedanken nehmen schulen und betriebe aus der nachbarschaft kontakt miteinander auf und bilden regionale netzwerke. die regionalen Arbeits-kreise schulewirtschAft fördern den Austausch von informationen und erfahrungen. die internetseite von schulewirtschAft wurde überarbeitet. die schwerpunktthemen und Aktivitäten von bundes- und landesebene können unter www.schule-wirtschaft.de abgerufen werden.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „schul-politik“ veröffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

BIlanz EIn jaHR GRoSSE KoalITIon – FRüHKInDlICHE BIlDunG unD SCHulE

Koalitionsvereinbarung

frühförderung von kleinkindern

sprachförderung vor der grundschule

weitere gelder für das ganztagsschulprogramm

fortführung internationaler Vergleichsstudien

bildungsberichterstattung

intensivere förderung der bildungsforschung

Umsetzungsschritte

fortführung des gesetzes zum Ausbau der tagesbe-treuung (tAg) von 2005

keine erkennbaren Aktivitäten

bund stellt – wie bereits 2003 vereinbart – den ländern bis 2008 insgesamt 4 Mrd. € zur Verfügung

deutschland beteiligt sich unter anderem an pisA 2006, iglu 2006 und timss 2007

kmk und bmbf haben den ersten gemeinsamen bericht „bildung in deutschland“ im Juni 2006 vorgelegt

rahmenkonzept des bmbf zur stärkung der em-pirischen Bildungsforschung im Herbst 2006 vorgelegt; zudem einsatz für ein „nationales bildungspanel“

Fazit: die länder sind in ihrer Verantwortung für die schulen gefordert, die begonnenen reformen konsequent umzusetzen und die Qualität der Schulen nachhaltig zu verbessern.

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auSBIlDunGSpaKT: allE wEITERBIlDEnDEn 16.000 SCHulEn ERHalTEn HanDlunGSlEITFaDEn zuR BERuFSoRIEnTIERunG unD auSBIlDunGSREIFE

um schülern den Übergang von der schule in die be-rufsausbildung zu erleichtern, setzen bundesregierung und wirtschaft als partner am Ausbildungspakt auf eine stärkung der berufsorientierung und der Ausbil-dungsreife an den schulen. unter beteiligung der kul-tusministerkonferenz (kmk) wurden in einer gemein-samen Arbeitsgruppe „schule und wirtschaft“ anhand erfolgreicher kooperationen zwischen schulen und unternehmen transferstrategien für die schwerpunkte berufsorientierung, Ausbildungsreife sowie Über-gangsmanagement schule-Ausbildung erarbeitet. unter federführung der bdA und mit unterstützung des instituts der deutschen wirtschaft köln wurden inhalte, Verfahren, methoden, organisationsformen sowie Qualitätsmanagement erfolgreicher Koopera-tionsprojekte zwischen schulen und unternehmen

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systematisiert und verallgemeinert. der nun vorliegende handlungsleitfaden umfasst informationen und Anlei-tungen zur netzwerkbildung, zur Ausgestaltung der koo-perations- und kommunikationsstrukturen, zu konkreten inhalten und methoden der konzeptgestaltung und zur Etablierung eines Qualitätsmanagementsystems – unter-stützt durch checklisten, formulare und konkrete bei-spiele. er wird allen weiterführenden allgemein bildenden schulen und ihren kooperationspartnern zur Verfügung gestellt und ist im internet unter www.ausbildungspakt-berufsorientierung.de abrufbar.

mit dem handlungspaket werden schulen in die lage versetzt, einen nachhaltigen schulentwicklungspro-zess zu befördern. Aber auch die unternehmen erhal-ten Anregungen für ihre personal- und organisations-entwicklung. damit soll es den Akteuren in schulen und unternehmen besser gelingen, allen Absolventen der allgemein bildenden schule eine perspektive beim Übergang von der schule in die berufs- und Arbeits-welt zu eröffnen.

mIT BESSERER FöRDERunG GElInGT DER üBERGanG In auSBIlDunG

nach wie vor gelingt einem teil der Jugendlichen der Übergang von der schule in die Ausbildung nicht oder nur sehr schwer. diese Jugendlichen müssen deshalb durch eine individuelle begleitung besser auf den Übergang vor-bereitet werden. statt später viele milliarden in teure re-paraturmaßnahmen zu stecken, können weniger mittel in frühzeitigen Fördermaßnahmen und betriebsnahen Quali-fizierungsangeboten bessere Ergebnisse liefern. Die BDA setzt sich deshalb für ein flächendeckendes Angebot von praxisklassen ein. sie verbinden zur gezielten förderung leistungsschwacher schüler in den letzten hauptschuljah-ren das lernen in der schule mit praxisphasen im betrieb. die praxis wirkt auf oft schulmüde Jugendliche motivie-rend, so dass die chancen auf einen schulabschluss und eine lehrstelle steigen. hierfür soll unter federführung der bundesagentur für Arbeit (bA) gemeinsam mit bdA, bmbf, kmk und dgb das projekt „praxisklassen plus“

BESCHluSS DES vERwalTunGSRaTES DER BunDESaGEnTuR FüR aRBEIT zuR nEuauSRICHTunG DER FöRDERpRaxIS FüR BEnaCHTEIlIGTE juGEnDlICHE

Organisatorische Unterstützung der betrieblichen Ausbildung benachteiligter Jugendlicher: betriebe, die sich dieser Aufgabe annehmen, sollen bei einem Träger ihrer Wahl auf BA-finanzierte ausbildungsbegleitende Hilfen zurückgreifen können, zu denen neben Maßnahmen zum Abbau von Sprach- und Bildungsdefiziten, zur Förderung der fachpraxis und fachtheorie, zur sozialpädagogischen begleitung insbesondere auch maßnahmen zur organi-satorischen entlastung des betriebes von administrativen Aufgaben der Ausbildung (Ausbildungsmanagement) gehören.

Organisatorische Unterstützung betrieblicher Ausbildungsvorbereitung: Auch betriebliche berufsvorbereitungs-maßnahmen für leistungsschwache Jugendliche sollen breiter und unbürokratischer gefördert werden. betriebe, die sich dieser Aufgabe annehmen, sollen in gleicher Weise auf die oben genannten BA-finanzierten Unterstüt-zungsleistungen zurückgreifen können.

Finanzielle Eingliederungshilfe für benachteiligte Jugendliche in betriebliche Ausbildung: zur entlastung von be-trieben, die sich zur Ausbildung benachteiligter Jugendlicher entschließen, von den zusätzlich entstehenden kos-

ten sollen die bestehenden regelungen für eingliederungshilfen in Arbeit auf eingliederungshilfen in Ausbildung für problemgruppen erweitert werden. nach erfolgreich abgelegter Abschlussprüfung soll eine zusätzliche prämie vorgesehen werden. Voraussetzung für die förderung muss sein, dass die Ausbildung über den bisherigen bedarf des Betriebes hinaus erfolgt. Zielgruppe der finanziellen Unterstützung der Eingliederung in Ausbildung sollen ausschließlich Altbewerber und hier ausschließlich benachteiligte Jugendliche im engeren sinne mit personen- und eignungsbezogenen Vermittlungshemmnissen sein, die sich bereits in früheren Jahren erfolglos um einen Aus-bildungsplatz bemüht haben und ohne zusätzliche hilfe keine chance auf eine betriebliche Ausbildung haben.

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umgesetzt werden, in dem schulunterricht mit praxispha-sen im Betrieb und mit einer flankierenden Begleitung der Jugendlichen kombiniert wird. die länder sollen durch ein engagement der bA jedoch nicht aus ihrer originären Verantwortung zur sicherstellung der Ausbildungsreife ih-rer schüler entlassen werden. Vielmehr soll das gezielte engagement der bA als katalysator für die überfällige wahrnehmung der Verantwortung der länder wirken.

zugleich setzt sich die bdA für eine umorientierung der bA-förderung für benachteiligte Jugendliche ein. es gilt, mehr effektive, betriebliche Qualifizierungsangebote durch eine flankierende Förderung zu generieren und weniger auf teure, oft ineffektive außerbetriebliche maßnahmen zu setzen. Mit gut 14.000 € kostet eine außerbetriebliche berufsvorbereitung der bA im Vergleich zu einer betrieb-lichen Einstiegsqualifizierung (EQJ) rund viermal mehr. Zu-gleich weist sie im durchschnitt deutlich geringere Über-gangsquoten in Ausbildung auf. die bdA hat sich daher mit dem dgb über eine neuausrichtung der förderpraxis der bA für leistungsschwache Jugendliche verständigt. ziel dieser Neuausrichtung ist es, mehr flankierende Unterstüt-zung für betriebe zu fördern, die sich dieser zielgruppe in Ausbildung oder berufsvorbereitung annehmen. der Ver-waltungsrat hat am 26. oktober 2006 diese Vorschläge formell beschlossen. nun steht die umsetzung durch ent-sprechende gesetzesänderungen im sgb iii an.

SITuaTIon auF DEm auSBIlDunGSmaRKT SpIEGElT zuSÄTzlICHE auSBIlDunGSlEISTunG wIDER

das engagement der wirtschaft und ihrer partner im Aus-bildungspakt hat auch in diesem Jahr wirkung gezeigt. was mit dem Ausbildungspakt erreicht wurde, macht eine zahl deutlich: die zahl der neu abgeschlossenen Ausbil-dungsverträge 2006 ist gegenüber dem Vorjahr um knapp 5 % gestiegen; gegenüber 2003, das heißt dem letzten Jahr vor dem Ausbildungspakt, beträgt die steigerung 3,4 %. zwar gab es ende september 2006 rund 9.000 unvermit-telte bewerber mehr als im Vorjahr, insgesamt lag die zahl der bewerber jedoch um gut 22.000 über dem Vorjahres-niveau. das zeigt, dass bereits ein großer teil dieses zu-wachses versorgt und damit zusätzliche chancen geschaf-fen wurden. die paktzusage, jedem Jugendlichen ein An-

gebot zu unterbreiten, wird auch im dritten paktjahr erfüllt, da jedem zum 30. september 2006 noch unvermittelten Bewerber mindestens ein Qualifizierungsangebot gegenü-berstand. die perspektiven für die nachvermittlung sind damit sehr gut. bis november konnte die zahl der am 30. september noch unvermittelten bewerber bereits um 44 % bzw. 21.700 auf 27.800 reduziert werden. diesen knapp 28.000 bewerbern stehen noch rund 11.500 unbesetzte Ausbildungsplätze und 20.000 Einstiegsqualifizierungen gegenüber.

auSBIlDunGSpaKT SETzT aRBEIT ERFolGREICH FoRT

die zwischenbilanz des Ausbildungspaktes 2006 kann sich sehen lassen: so wurden bis ende november in in-dustrie, handel und handwerk insgesamt rund 65.000 neue Ausbildungsplätze eingeworben – mehr als doppelt so viele wie zugesagt. dabei konnten rund 39.000 be-triebe neu für Ausbildung gewonnen werden. Auch bei den Einstiegsqualifizierungen übertrafen die Angebote (rund 40.000) die zusage von 25.000 plätzen deutlich.

2006 konnten bisher bereits mehr Einstiegsqualifizie-rungen besetzt werden als im Vorjahr. Angesichts der gu-ten Übergangschancen in Ausbildung von rund 60 % der teilnehmer sollten sie von Jugendlichen, die bisher noch keine Ausbildungsstelle gefunden haben, stärker genutzt werden. erfreulich ist zudem, dass infolge der begleiten-den evaluation die Ausbildungsleistungen der betriebe durch EQJ keineswegs beeinträchtigt sind, sondern sogar neue betriebe für Ausbildung gewonnen wurden und be-reits ausbildende betriebe ihre Ausbildungsleistung stei-gerten. deshalb begrüßen die Arbeitgeber die Auswei-tung des EQJ-Programms durch die Bundesregierung auf 40.000 plätze 2006 und die Verlängerung für 2007.

mEHR SpIElRÄumE unD opTIonEn FüR FlExIBlE wEGE In DER auSBIlDunG

neben dem engagement im rahmen des Ausbildungs-paktes setzt sich die bdA für die stärkung der bedarfs- und Praxisnähe der beruflichen Bildung durch mehr Flexi-bilität, durchlässigkeit und transparenz ein. in verschie-

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denen Branchen sind in den letzten Jahren mit flexiblen strukturkonzepten wie zum beispiel der einführung von Schwerpunkten oder Wahlqualifikationen in puncto Fle-xibilität der Ausbildung bereits signifikante Fortschritte erzielt und passgenaue lösungen gefunden worden. wir brauchen aber ein weiteres „mehr“ an spielräumen und optionen für weitere hieran interessierte branchen und geeignete berufe, damit sich die duale Ausbildung im wettbewerb vielfältiger Übergangswege zwischen schule und beruf nicht nur behaupten, sondern auch künftig als zentrale orientierungsgröße systemprägend wirken kann. zur diskussion steht in vielen bereichen, wie mehr flexi-bilität, durchlässigkeit und transparenz in der berufsaus-bildung erreicht werden kann, um die chancen auf gut qualifizierten Nachwuchs für die Betriebe ebenso zu ver-bessern wie die Ausbildungs- und beschäftigungschan-cen der Jugendlichen. hier kommen verschiedene flexi-bilisierungselemente in frage, die auch miteinander kom-biniert werden können. diskutiert wird (immer nur als option für branchen, die entsprechende Veränderungen wünschen, da es kein ziel der bdA ist, diese flexibilisie-rungswege branchen nahezulegen, die mit ihrem status quo zufrieden sind):

die konsequente gliederung von Ausbildung in Ausbildungsbausteine

die Ausbildung innerhalb einer mehrere einzelberufe umfassenden berufsgruppe, deren bausteine weitge-hend übereinstimmen und damit kombinierbar sind

die einführung einer regulären zweijährigen erstausbil-dung, in der Kern- und grundlegende Fachqualifikati-onen vermittelt werden, in kombination mit einer an-schließenden spezialisierungsphase entweder als drit-tes Ausbildungsjahr oder als reguläre fortbildung oder als in den beruf integrierte weiterbildung („2 plus x“)

zuKunFTSFÄHIGKEIT DER BERuFlICHEn BIlDunG Im FoKuS DER BunDESREGIERunG

An der strukturellen weiterentwicklung der beruf-lichen bildung arbeitet auch der innovationskreis „be-rufliche Bildung“, der von Bundesbildungsministerin schavan eingerichtet wurde. bis zum sommer 2007 sollen Vorschläge vorliegen und in der laufenden legislaturperiode verwirklicht werden. im zentrum

stehen die themenschwerpunkte „modernisierung und Durchlässigkeit in der beruflichen Bildung“, das Übergangsmanagement sowie wege der europäischen öffnung. die einführung von Ausbildungsbausteinen in der dualen Ausbildung zur verbesserten Verknüp-fung unterschiedlicher beruflicher Bildungsabschnitte sowie zur schaffung differenzierter Ausbildungsmög-lichkeiten für betriebe soll für einige berufe erprobt werden. die bdA beteiligt sich intensiv an der Arbeit des innovationskreises.

BEDaRFSoRIEnTIERunG unD aTTRaKTIvITÄTSSTEIGERunG BlEIBEn zIElE DER oRDnunGSaRBEIT

die ziele der bedarfsorientierung und der Attraktivitäts-steigerung der berufsbildung verfolgt die bdA wei-terhin aktiv im rahmen der ordnungsarbeit. Am 1. August 2006 wurde die Ausbildung in vier neuen berufen aufgenommen und es traten 17 modernisierte Ausbildungsordnungen in kraft. mit den neuen berufen fachangestellte/-r für markt- und sozialforschung so-wie der servicefachkraft und dem kaufmann/kauffrau für dialogmarketing wurden zwei neue branchen für die Ausbildung erschlossen: die stark expandierenden bereiche markt- und sozialforschung sowie call-center- management. gerade innovative branchen bieten für Ausbildung noch ein erhebliches potenzial, das künf-tig besser genutzt werden muss. so haben die Arbeitge-ber beispielsweise im bereich der Automatenwirtschaft Vorschläge für drei neue Ausbildungsberufe entwickelt, die zügig umgesetzt werden müssen. ebenso muss an der entwicklung von Ausbildungsberufen in den neuen technologiefeldern wie zum beispiel der nano- und der biotechnologie gearbeitet werden.

Auch im bereich der prüfungen muss weitergedacht werden, bzw. wo dies schon geschehen ist, muss eine adäquate umsetzung erfolgen. innovative prüfungen zeichnen sich dadurch aus, dass kompetenzen – und hier insbesondere prozesskompetenzen – geprüft wer-den. ein erster schritt in diese richtung ist die im de-zember 2006 vom hauptausschuss des bundesinstituts für berufsbildung verabschiedete empfehlung zu prü-fungsanforderungen. diese setzt einen rahmen, inner-halb dessen sich innovative prüfungsformen entwickeln

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Zu den neuen Berufen 2006 gehören: fachangestellte/-r für markt- und sozialforschung, fachkraft für möbel-, küchen- und umzugsservice, kauf-

mann/-frau für dialogmarketing, servicefachkraft für dialogmarketing (zweijähriger beruf)

Neu geordnet wurden 2006 die Berufe:fachkraft für hafenlogistik, fachverkäufer/-in im lebensmittelhandwerk, flechtwerkgestalter/-in, hafenschiffer/

-in, holzmechaniker/-in, immobilienkaufmann/-frau, kaufmann/-frau für Versicherungen und finanzen, kauf-mann/-frau im groß- und Außenhandel, kaufmann/-frau für marketingkommunikation, mediengestalter/-in bild und ton, medienkaufmann/-frau digital und print, medizinische/-r fachangestellte/-r, müller/-in (Verfahrens-technologe/-technologin für mühlen- und futtermittelwirtschaft), ofen- und luftheizungsbauer/-in, tiermedizi-nische/-r fachangestellte/-r, tischler/-in, Verfahrensmechaniker/-in für kunststoff- und kautschuktechnik (neue schwerpunkte)

Im Erarbeitungsverfahren für die Neuordnung zum 1. August 2007 befinden sich die Berufe:Automatenfachmann/-frau (Arbeitstitel; neuer Beruf), Bestattungsfachkraft, Brauer/-in und Mälzer/-in, Fachkraft

für Automatenservice (neuer beruf), holz- und bautenschützer/-in (neuer beruf), mathematisch-technische/-r softwareentwickler/-in, mechatroniker/-in für kältetechnik, medienberater/-in für visuelle kommunikation, mediengestalter/-in digital und print, objektschutzfachkraft (neuer beruf), produktprüfer/-in textil, speiseeisher-steller/-in (neuer beruf), sport- und fitnesskaufmann/-frau, sportfachmann/-frau (neuer beruf)

In der beruflichen Fortbildung wurden im Berichtshalbjahr die folgenden Verordnungen erlassen (nach § 53 BBiG): betriebswirt/-in nach berufsbildungsgesetz, bilanzbuchhalter/-in, controller/-in, fachkaufmann/-frau für marketing,

gestaltungsberater/-in im raumausstatterhandwerk, handelsassistent/-in, handelsfachwirt/-in, industriemeister/-in fachrichtung textilwirtschaft, pharmareferent/-in, schließ- und sicherungstechniker/-in, technische/-r fachwirt/-in

Im Neuordnungs- bzw. Erlassverfahren befinden sich die Fortbildungsverordnungen:betriebswirt/-in nach handwerksordnung, fachwirt/-in für messe-, tagungs- und kongresswirtschaft, geprüfte/-r

wasserbaumeister/-in, immobilienfachwirt/-in, industriemeister/-in fachrichtung papier und kunststoff, meister/ -in für Veranstaltungstechnik, Tierpflegemeister/-in, Wirtschaftsfachwirt/-in

können, und definiert erstmals klar und übersichtlich die zielrichtung der einzelnen prüfungsinstrumente.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „Ausbildung“ veröffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

aBSCHlüSSE mIT anSCHlüSSEn SCHaFFEn

ein weiteres wichtiges ziel der Arbeitgeber ist es, die Anschlussmöglichkeiten nach einer dualen Ausbildung zu verbessern. die zeiten, in denen Absolventen einer

dualen Ausbildung „ausgelernt“ haben, sind definitiv vor-bei. Vielmehr erfordert die ständige erneuerung von wis-sen einen kontinuierlichen, strategischen lernprozess. Deshalb müssen sich den beruflich Qualifizierten neben den unterschiedlichen Möglichkeiten der beruflichen weiterbildung auch die hochschulen für eine weiter-qualifizierung öffnen. Die Hochschulen sollten dazu bundesweit einheitliche kriterien zur feststellung der allgemeinen studierfähigkeit für den hochschulzugang entwickeln und anwenden, die beispielsweise auch be-rufserfahrung, transferkompetenz, teamfähigkeit – und somit Stärken von beruflich Qualifizierten – berücksichti-gen. die wirtschaft ist bereit, die hochschulen im pro-zess der kriterienentwicklung aktiv zu unterstützen.

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BIlanz EIn jaHR GRoSSE KoalITIon – BERuFSBIlDunG

Koalitionsvereinbarung

Verlängerung des Ausbildungspaktes

Branchenbezogene Umlagefinanzierung / Steigerung von Ausbildungsplatzangeboten auf Basis tariflicher Vereinbarungen

Überprüfung des berufsbildungsgesetzes

modernisierung von Ausbildungsberufen inkl. mehr gestufter Ausbildungsordnungen

Fortführung der Einstiegsqualifizierungen

Aufwertung der weiterbildung zur vierten säule des bildungssystems

bildungszeitkonten

durchlässigkeit zwischen den bildungswegen (insbe-sondere Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte)

Umsetzungsschritte

für das frühjahr 2007 vorgesehen, erste gespräche zwischen bundesregierung und wirtschaft haben stattgefunden

ist sache der tarifpartner

Keine offizielle Evaluation, aber Diskussion von Han-dlungsansätzen zur Verbesserung der rahmenbedin-gungen für ausbildende betriebe, unter anderem durch bbig-änderungen, im „innovationskreis beruf-liche bildung“ von bm schavan, bisher ohne kon-krete umsetzungsschritte

findet statt, geht allerdings weitestgehend auf ini-tiative der wirtschaft zurück, die beteiligten min-isterien (bmwi bzw. bmbf) blockieren dabei ein-ige berufsvorschläge der wirtschaft (zum beispiel objektschutzfachkraft)

Aufstockung auf 40.000 plätze (bisher: 25.000) und Verlängerung um ein Jahr ist erfolgt

keine erkennbaren Aktivitäten

ist sache der tarifpartner

bis auf ein forschungsprojekt des bmbf zum thema „hochschulzugang” keine zielführenden Aktivitäten des bundes im rahmen seiner ihm in diesem bere-ich verbleibenden kompetenzen erkennbar

Fazit: positive impulse für Aus- und weiterbildung kommen vor allem von wachstums- und beschäftigungs-fördernden rahmenbedingungen. Allerdings verpasste die bundesregierung dort, wo sie konkret die rahmen-bedingungen für Aus- und weiterbildung verbessern kann, bisher gelegenheiten, etwa beim Abbau gesetzlicher Ausbildungshemmnisse. darüber hinaus sollte die bundesregierung den dialog mit den ländern, sozialpartnern und der hochschulrektorenkonferenz suchen, um bei hochschulzugang und durchlässigkeit im deutschen bil- dungssystem voranzukommen.

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Die Öffnung des Hochschulzugangs für beruflich Qua-lifizierte ist der erste Schritt. Die logische und notwen-dige Konsequenz daraus ist, beruflich Qualifizierten die kompetenzen, die sie bereits erworben haben und die vergleichbar sind, anzurechnen. ebenso muss si-chergestellt werden, dass studienabbrecher, die eine berufliche Ausbildung beginnen, ihre Kompetenzen aus dem studium geltend machen können. unter-stützung für eine solche zukunftsgerichtete Anrech-nungspraxis, die uneffiziente Doppelqualifizierungen vermeidet, soll der Nationale Qualifikationsrahmen (NQF) bieten. Dieser muss dazu beitragen, dass die Qualifikationen und Abschlüsse in Deutschland durch ihre zuordnung zu den einzelnen niveaustufen syste-matisiert und dadurch Gleichwertigkeiten von Quali-fikationen transparent werden.

Der politische Entwicklungsprozess für den NQF steckt jedoch noch immer in den Anfängen. notwen-dig ist deshalb, die diskussion zu bündeln und unter

Beteiligung aller relevanten Akteure der beruflichen – und hier explizit der unternehmen – sowie der hoch-schulischen bildung die entwicklung eines konkreten Vorschlags für einen NQF zügig voranzutreiben. Nur wenn berufliche Bildung und Hochschulbildung mit einem gemeinsamen Qualifikationsrahmen operie-ren, wird Transparenz zwischen den Qualifikationen hergestellt und die Anrechnung bereits erworbener kompetenzen im jeweils anderen system verbessert werden.

qualITÄT von STuDIum unD lEHRE HaT oBERSTE pRIoRITÄT

Die Qualität von Studium und Lehre war im Jahre 2006 eines der dominierenden themen im hochschulbe-reich – und das in mehrfacher hinsicht. die Akkredi-tierung von studiengängen hat sich zwar als wichtiges

studienberechtigte

2000

2004¹

2010

2015

2020

spitzenwert(Jahr)

346.514 37,0

377.360 40,5

408.400 42,8

375.820 43,9

355.960 43,5

445.610(2011)

pRoGnoSTIzIERTER anSTIEG DER STuDIEnBERECHTIGTEn Bzw. STuDIEnanFÄnGER BIS 2019

Quelle: KMK-Prognose der Studienanfänger, Studierenden und Hochschulabsolventen bis 2020; Nr. 176 – Oktober 2005;  eigene Berchnungen nach Anhangtabellen I.3.1, I.3.4, II.5, V.1 und V.5.

zEnTRalE auSSaGEn DER KmK-pRoGnoSE: STuDIEnBERECHTIGTE, STuDIEnanFÄnGER unD aBSolvEnTEn Im HoCHSCHulBEREICH FüR auSGEwÄHlTE jaHRE

studienanfänger hochschulbereich Absolventen hochschulbereich

Anzahl Quote² Anzahl Quote⁴Anzahl Quote³Anzahl Quote³ Anzahl Quote⁴

75 % 85 % 75 % 85 %

314.956 33,8

357.743 36,8

380.800 37,7

357500 39,9

343500 39,3

394.300(2011)

vgl. links

421.700 41,7

395.300 44,1

379.400 43,4

436.900(2011)

189.047 16,8

196.100 20,5

264.400 25,6

270.600 25,3

268.600 26,0

273.200(2019)

vgl. links

272.600 26,4

299.800 28,0

297.600 28,8

302.800(2019)

¹ Vorläufiges Ist² Anteil an der gleichaltrigen Wohnbevölkerung³ Anteil am Durchschnitt der 19- bis unter 25-jährigen (bis 1996 der 18- bis unter 22-jährigen) deutschen und ausländischen Wohnbevölkerung am 31. dezember des jeweiligen Jahres⁴ Anteil am Durchschnitt der 25- bis unter 32-jährigen deutschen und ausländischen Wohnbevölkerung am 31. Dezember des jeweiligen Vorjahres

Jahr

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KmK-pRoGnoSE: STuDIEnBERECHTIGTE, STuDIEnanFÄnGER, STuDIEREnDE unD HoCHSCHulaBSolvEnTEn von 1992 BIS 2020 unTER zuGRunDElEGunG DER 75 %-üBERGanGSquoTE; mESSzaHlEn

Quelle: KMK-Prognose der Studienanfänger, Studierenden und Hochschulabsolventen bis 2020; Nr. 176 – Oktober 2005;eigene berechnungen nach Anhangtabellen i.3.1, ii.1, iii.1 und V.1

150 %

140 %

130 %

120%

110 %

100 %

90 %

80 %

70 %

studienanfänger

studierende

Absolventen

studienberechtigte

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

HoCHSCHulpaKT zuKunFTSwEISEnD GESTalTEn

Aus einem völlig anderen zusammenhang heraus rückte das Thema „Qualität“ gleichfalls in das Zentrum der hochschulpolitischen diskussion. Angesichts des pro-gnostizierten rasanten Anstiegs der studierendenzahlen in deutschland in den kommenden Jahren hat die bdA gemeinsam mit der hochschulrektorenkonferenz die forderung an bund und länder formuliert, einen sub-stanziellen hochschulpakt zu schließen, der die hoch-schulen mit ausreichenden finanzmitteln ausstattet. schon heute sind viele studiengänge überfüllt oder durch einen örtlichen numerus clausus in der zulassung beschränkt. da die wirtschaft tendenziell mehr studie-nabsolventen und insbesondere mehr gut ausgebildeten natur- und ingenieurwissenschaftlichen nachwuchs be-nötigt, darf die chance, die sich aus den zusätzlichen studierenden ergibt, nicht vertan werden. oberstes ziel

instrument für mehr transparenz und sicherung von Qualität etabliert, doch bleiben bei der Programmak-kreditierung wesentliche hochschulinterne prozesse außer Acht. daher sind die ergebnisse des pilotpro-jektes prozessakkreditierung im herbst dieses Jahres mit hoher Aufmerksamkeit von allen beobachtern auf-genommen worden. die Anforderungen, die an das Qualitätsmanagementsystem einer Hochschule gestellt werden, sind bei der prozessakkreditierung ungleich höher als bei der programmakkreditierung, doch sind die ergebnisse auch wesentlich umfassender und die impulse für die kontinuierliche weiterentwicklung der Qualität von Studium und Lehre erheblich wirkungs-voller. Jetzt kommt es darauf an, dass die erste sehr po-sitive reaktion der kultusministerkonferenz auch zeit-nah in entsprechende Aktivitäten einfließt. Denn ohne die erforderlichen rechtlichen rahmenbedingungen wird es derzeit für viele hochschulen wenig attraktiv sein, sich auf die Anforderungen des neuen Ansatzes einzulassen.

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muss dabei sein, bei steigenden studierendenzahlen die studienbedingungen an den hochschulen deutlich zu verbessern. dafür ist eine ausreichende finanzierung qualitativ hochwertiger lehre das gebot der stunde. die erforderlichen mittel sollten insbesondere auf die natur- und ingenieurwissenschaftlichen studienfächer konzen-triert werden, die für den innovations- und beschäfti-gungsstandort deutschland besonders wichtig sind. die Qualität der Lehre sichert die Qualität der Absolventen. daher sind politik und hochschulen gefordert, ein um-fassendes Qualitätsmanagement zu gewährleisten. Die betreuungskapazitäten müssen deshalb deutlich verbes-sert werden; ebenso sind die Beratungsangebote für Stu-dienbewerber auszubauen.

die einigung, die bund und länder für den hochschul-pakt gefunden haben, greift allerdings zu kurz: die be-reitgestellten mittel reichen bei weitem nicht aus, um die Qualität zu verbessern; es ist ein starres und kompli-ziertes Verfahren für die Aufteilung der zusätzlichen fi-nanzmittel gewählt worden, das keine kurzfristige reak-tion auf sich ändernde regionale wahlentscheidungen der studienbewerber erlaubt. zudem ist eine inhaltliche steuerung in richtung der besonders wichtigen natur- und ingenieurwissenschaftlichen fächer völlig unter-blieben. so richtig das signal ist, dass bund und länder einen gemeinsamen weg für den hochschulpakt gefun-den haben, so sehr fehlt es an einer zukunftsweisenden und dauerhaften Ausgestaltung.

der hochschulpakt war gleichzeitig der erste prüfstein für die bildungspolitik der länder nach der föderalis-musreform. die länder haben damit bewiesen, dass sie ihre gewachsene gesamtstaatliche Verantwortung ins Auge fassen. insofern ist die einigung ein wichtiges und gutes signal. doch ohne eine zügige erweiterung der bisherigen einigung auf die Jahre nach 2010, wenn noch größere schulentlass-Jahrgänge an die hoch-schulen drängen, wird der hochschulpakt nicht mehr sein können als ein tropfen auf den heißen stein. hier sind auch weiterhin bund und länder gefordert, den hochschulen ausreichende handlungsmöglichkeiten zu eröffnen.

BESCHÄFTIGunGSFÄHIGKEIT DER STuDIEREnDEn SICHERSTEllEn

Ein wesentliches Kriterium für die Qualität von Studien-angeboten stellt die beschäftigungsfähigkeit der Ab-solventen dar. dies hat die bdA immer betont und den hochschulen zur erreichung des ziels zahlreiche handreichungen und hinweise gegeben. wie un-terschiedlich dieses ziel von den hochschulen be-rücksichtigt wird, ist durch ein bachelor-rating (www.dapm.org) belegt worden, das der Arbeitskreis für personalmarketing – ein kompetenznetzwerk für innovatives personalmarketing von unternehmen – gemeinsam mit dem centrum für hochschulentwick-lung durchgeführt hat. die zum teil überraschenden ergebnisse haben auch in den unternehmen zu konse-quenzen geführt: manche hochschule, die bislang von personalentscheidern nicht besonders beachtet wurde, kann sich über konkrete kooperationsangebote freuen. Andere hochschulen müssen mit unangenehmen nachfragen umgehen, warum die beschäftigungsfähig-keit eine so geringe rolle in ihren studienprogrammen spielt. deutlich wird dabei zweierlei: transparenz über die leistungen der hochschulen ist dringend erforder-lich und die beschäftigungsfähigkeit der Absolventen sollten von allen Akteuren ein zentrales Anliegen einer zukunftsweisenden hochschulausbildung sein.

BDa/HRK: HoCHSCHulEn STÄRKER FüR wISSEnSCHaFTlICHE wEITERBIlDunG öFFnEn

bei der umsetzung des bologna-prozesses durch die umstellung der studiengänge auf bachelor und master geht es nicht mehr um das „ob“, sondern nur noch um das „wie“ und das „wie weiter“. dies ist angesichts der anfänglichen zurückhaltung und skepsis bei vielen Akteuren ein bedeutender fortschritt. wenn auch viele hochschulen aus sicht der wirtschaft schneller und konsequenter hätten umstellen können, so gibt es doch inzwischen zahlreiche hervorragende beispiele für die gelungene umsetzung der gestuften studienstruktur. daher rücken für die unternehmen allmählich andere themen in den Vordergrund, vor allem die frage nach der zielführenden wissenschaftlichen weiterbildung.

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hochschulen entwickeln im dialog mit der wirt-schaft Angebote wissenschaftlicher weiterbildung auf Grundlage ihres eigenen Profils.

die hochschulen legen für die wissenschaftlichen weiterbildungsangebote die lernziele fest und ge-stalten die Qualitätskontrollen transparent.

die hochschulen richten kundenorientierte „service-center weiterbildung“ für nachfragende unterneh-men und einzelpersonen ein.

die politik schafft Anreize für hochschulen, wis-senschaftliche weiterbildung kontinuierlich anzu-bieten, und beseitigt bestehende restriktionen.

hochschulen und wirtschaft bauen regional or-ganisierte „netzwerke weiterbildung“ auf und kooperieren bei der ermittlung von bedarf und An-gebot wissenschaftlicher weiterbildung.

zEnTRalE auSSaGEn DES poSITIonSpapIERS von HRK unD BDa „wISSEnSCHaFTlICHE wEITERBIlDunG Im SySTEm DER GESTuFTEn STuDIEnSTRuKTuR“

BIlanz EIn jaHR GRoSSE KoalITIon – HoCHSCHulE

Koalitionsvereinbarung

bekenntnis zu leistung, wettbewerb, Autonomie und exzellenz

umsetzung des bologna-prozesses bis 2010

unveränderte fortführung des bAfög

ziel, 40 % eines Jahrganges zur hochschule zu führen

Ausbau der begabtenförderung

Verlässlichere gestaltung der karrierewege für nachwuchswissenschaftler

Umsetzungsschritte

Keine neuen Initiativen der Regierung; Exzellenzini-tiative wird fortgeführt

keine neuen Aktivitäten der regierung

Anpassung der Ausgaben für bAfög an die steigende zahl der leistungsempfänger

hochschulpakt mit den ländern bis 2010 auf den Weg gebracht; er dient zur Finanzierung zusätzli-cher studienplätze angesichts steigender studienan-fängerzahlen in den kommenden Jahren

finanzieller Aufwuchs ist in den bundeshaushalt eingestellt

keine konkreten initiativen, lediglich gespräche

Fazit: Die Bundesregierung muss gemeinsam mit den Ländern ihre Anstrengungen für eine Qualitätsoffensive an den deutschen hochschulen intensivieren. zwar haben sich bund und länder auf einen hochschulpakt geeinigt; der derzeitige Beschluss greift allerdings quantitativ und zeitlich gesehen deutlich zu kurz, da die Vereinbarungen lediglich bis zum Jahr 2010 gelten. damit ist völlig offen, wie mit den steigenden studieren-denzahlen bis zum Jahr 2020 umgegangen werden soll.

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dies kann sicherlich nur im zusammenspiel zwischen unternehmen und hochschulen gelingen. Allerdings sind die hochschulen bislang auf die kontinuierlich auf die Erweiterung der beruflichen Handlungskompetenzen ausgerichtete weiterentwicklung ihrer ins berufsleben eingemündeten bachelor-Absolventen noch nicht ein-gestellt. ein im dezember veröffentlichtes gemeinsames positionspapier von hrk und bdA soll beiden seiten wichtige impulse liefern und zu neuen kooperationen anregen.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „hochschul-politik“ veröffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

qualITÄTSSICHERunG Im HoCHSCHulBEREICH auF EuRopÄISCHER EBEnE

Eine weitere Diskussion über Qualität und Qualitäts-sicherung im hochschulbereich hat sich auf europä-ischer ebene entwickelt. Auf dem weg zur schaffung des gemeinsamen europäischen hochschulraumes (bologna-prozess) rückt die frage in den mittelpunkt, wie die Qualität der Akkreditierung gesichert und gleichzeitig europaweit transparent gestaltet werden kann. dazu soll ein register aller den europäischen „Standards and Guidelines for Quality Assurance“ ver-pflichteten Agenturen etabliert werden. Bei der Frage nach dem „wie“ der umsetzung gehen die meinungen der Akteure noch weit auseinander. neben der frage nach der finanzierung ist vor allem völlig offen, wer entscheiden soll, welche Agentur aufzunehmen wäre und welche sanktionsmöglichkeiten bestünden. so wünschenswert eine europaweite transparenz über verlässlich arbeitende Agenturen ist, ohne eingehende beratungen über die Ausgestaltung des registers und die normativen folgen wird es zu keiner einigung kom-men können.

DEuTSCHE RaTSpRÄSIDEnTSCHaFT nuTzEn: BoloGna- unD KopEnHaGEn-pRozESS zuSammEnFüHREn

1999 ist der bologna-prozess mit dem ziel der schaffung eines europäischen hochschulraumes gestartet, 2002 der kopenhagen-prozess, durch den ein europäischer raum der berufsbildung entstehen soll. es reicht jedoch nicht aus, diese beiden prozesse bzw. entstehenden bildungs-räume je für sich voranzubringen. um die lissabon-ziele zu verwirklichen und den europäischen Arbeitsmarkt nachhaltig zu stärken, bedarf es eines europäischen bil-dungsraumes, der grenzüberschreitende mobilität und zugleich durchlässigkeit zwischen hochschulen und be-ruflichem Bildungssystem gewährleistet. Das heißt, Bolo-gna- und kopenhagen-prozess müssen zusammengeführt werden. Nur so kann Transparenz zwischen den Quali-fikationen hergestellt und die Anrechnung bereits erwor-bener kompetenzen im jeweils anderen system verbessert werden. der deutschen ratspräsidentschaft bietet sich mit den erstmals zeitlich und in gewissem maße auch thema-tisch verbundenen konferenzen der beiden prozesse im ersten halbjahr 2007 eine einmalige chance zu ihrer Ver-knüpfung. diese darf nicht ungenutzt bleiben.

SCHaFFunG EInES BIlDunGSüBERGREIFEnDEn EuRopÄISCHEn qualIFIKaTIonSRaHmEnS

zentrales element für die schaffung eines europäischen Bildungsraumes ist der Europäische Qualifikationsrahmen (EQF), der bildungsübergreifend angelegt ist. Nach dem konsultationsprozess im vergangenen Jahr, in den sich die bdA aktiv eingebracht hat, liegt dem europäischen parlament und dem rat der entwurf für eine empfehlung zum EQF zur Verabschiedung vor. Die Spitzenverbände der deutschen wirtschaft konnten mit ihren beiträgen er-reichen, dass der EQF in einem zentralen Punkt geändert wurde: Jede stufe, auch die höchste, ist über verschiedene Bildungswege, auch über die berufliche Bildung, erreich-bar. der vorliegende entwurf ist grundsätzlich positiv zu bewerten. Aus sicht der bdA muss jedoch die output orientierte Einstufung von Qualifikationen auf Basis der ih-

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nen jeweils zugrunde liegenden kompetenzen konsequent durchgeführt werden. es soll keine automatische zuord-nung von Qualifikationsgruppen mit gleichem Titel zu ein und demselben niveau des europäischen bzw. nationalen Qualifikationsrahmens erfolgen. Des Weiteren müssen in den EQF auch solche Qualifikationen eingestuft werden, die unter die Anerkennungsrichtlinie für reglementierte be-rufe fallen. mehr noch: die Anerkennungsrichtlinie sollte nach der Verabschiedung der EQF-Empfehlung an diese angepasst werden, damit nicht zwei gänzlich unterschied-liche transparenz- und mobilitätsinstrumente die nutzer verwirren. die bdA unterstützt die deutsche präsident-schaft dabei, noch bestehende probleme zu lösen, um die entsprechenden empfehlungen von rat und europäischem Parlament zum EQF zu erzielen und unter deutscher Rats-präsidentschaft mit der umsetzung beginnen zu können.

noch immer halten jedoch zahlreiche bologna-teilneh-merstaaten daran fest, einen eigenen, auf den hochschul-bereich beschränkten Qualifikationsrahmen durchzusetzen und diesen lediglich eng an den von der eu-kommission vorgeschlagenen übergreifenden, ganzheitlichen Qualifi-kationsrahmen anzulehnen. trotz intensiver bemühungen unterschiedlicher Akteure, zu denen auch die bdA gehört, ist im rahmen der bologna-unterzeichnerstaaten bislang keine eindeutige mehrheit zugunsten eines alle bereiche abdeckenden Qualifikationsrahmens erreicht worden. hier wird sich die bdA, gemeinsam mit anderen europä-ischen Arbeitgeberorganisationen sowie mit dem europä-ischen dachverband unice, auch künftig intensiv dafür einsetzen, den bisherigen Qualifikationsrahmen für den Hochschulbereich im übergreifenden Europäischen Qua-lifikationsrahmen aufgehen zu lassen.

EnTwICKlunG EInES BIlDunGSüBERGREIFEnDEn lEISTunGSpunKTESySTEmS noTwEnDIG

ein leistungspunktesystem muss so gestaltet sein, dass es ei-nen direkten nutzen, insbesondere hinsichtlich von trans-parenz und durchlässigkeit, für unternehmen und ihre mitarbeiterinnen und mitarbeiter bietet und keine neuen bürokratischen strukturen schafft. im november 2006 hat die eu-kommission den Vorschlag für das europäische leis-tungspunktesystem für die berufliche Bildung (ECVET) zur

konsultation vorgelegt. dieser Vorschlag widerspricht je-doch dem ziel der entwicklung bildungsbereichsübergrei-fender instrumente und wird von der bdA deshalb kritisch gesehen. nach dem derzeitigen konzept ist das ecVet-sy-stem nicht mit dem ects-system des hochschulbereichs kompatibel. ebenso ist zum heutigen zeitpunkt der zusatz-nutzen, der durch ein separates leistungspunktesystem für die berufliche Bildung zusätzlich zum Europäischen wie zum Nationalen Qualifikationsrahmen entsteht, nicht er-kennbar. deshalb sollte intensiv geprüft werden, ob durch eine Ausweitung des ECTS-Systems auf die berufliche Bil-dung ein zusatznutzen hinsichtlich der ziele transparenz und durchlässigkeit erreicht werden könnte. die bdA wird dies sowie weitere Vorschläge aktiv in das konsultati-onsverfahren zum ecVet-system einbringen.

moBIlITÄT In DER BERuFlICHEn BIlDunG STÄRKER FöRDERn

mit dem reformierten bbig wurde 2005 die möglichkeit geschaffen, maximal ein Viertel der Ausbildung im Ausland zu absolvieren. hiervon wurde bislang kaum gebrauch gemacht. die gründe dafür sind vielfältig: mangelnde information und beratung hinsichtlich der gestaltungs-möglichkeiten und der individuellen Vorteile eines Aus-landsaufenthalts, ängste bezüglich des organisations- und kostenaufwands und der Arbeitsausfall bei in der regel fortlaufender Ausbildungsvergütung wirken sich auf die niedrige mobilitätsrate aus.

gemeinsames ziel von wirtschaft und politik ist es, zur Verbesserung der interkulturellen kompetenzen und der sprachfähigkeiten des betrieblichen nachwuchses bis 2015 den Anteil der Auszubildenden, die einen teil ihrer lehre im Ausland absolvieren, auf 10 % zu steigern. in zusam-menarbeit mit anderen spitzenverbänden der wirtschaft, den gewerkschaften und den zuständigen ministerien sind betriebe und Auszubildende besser über die Vorteile von mobilität und über bestehende förderprogramme zu infor-mieren. schulungen der jeweiligen Ansprechpartner insbe-sondere bei kammern und berufsschulen sind durchzufüh-ren und die bereitstellung von aussagekräftigem und leicht verständlichem informationsmaterial zu gewährleisten. die bdA hat eine handreichung „internationale kompe-tenzen stärken – Auslandsaufenthalte für Auszubildende!“ erarbeitet, die insbesondere kleinen und mittelständischen

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unternehmen mit informationen zu den zentralen fragen bei der organisation von Auslandsaufenthalten informa-tionen und hilfestellung bietet. die betroffenen sind bei der teilnahme an programmen zu unterstützen, vor allem damit die vorhandenen gelder für mobilitätsmaßnahmen auch abgerufen werden. das eu-Aktionsprogramm lebenslAnges lernen 2007 – 2013, das unter deut-scher ratspräsidentschaft gestartet wird, sieht erfreulicher-weise bereits eine Vereinheitlichung und Vereinfachung der Antragsverfahren vor. die bdA hat bei seiner erar-beitung insbesondere hinsichtlich der schwerpunktmä-ßigen gewährung von mobilitätsstipendien für Auszubil-

dende, studierende und junge Arbeitnehmer erfolgreich mitgewirkt. erstmalig werden die mobilitätsprogramme erAsmus (studenten), leonArdo dA Vinci (Auszubil-dende, junge Arbeitnehmer), comenius (schüler, leh-rer) und grundtVig (erwachsenenbildung) unter einem dach vereinigt und gemeinsamen zielvorgaben, wie zum beispiel dem Vorantreiben von wettbewerbsfähigkeit, beschäftigungsfähigkeit und der entwicklung von unter-nehmergeist, unterstellt. Auch der diesjährige deutsche Arbeitgeberpreis für bildung hatte die Vermittlung von interkulturellen kompetenzen in schule, berufsschule, hochschule und betrieb zum schwerpunkt.

fremdsprachenkenntnisse, Auslandserfahrung, wissen über andere länder und märkte sowie der richtige um-gang mit anderen kulturen gewinnen in der Arbeitswelt zunehmend an bedeutung. sie sind wesentliche erfolgs-faktoren in bildung und wirtschaft. schule, hochschule, berufsschule und betrieb stehen vor der Aufgabe, ihre Absolventen umfassend auf diese Anforderungen vorzu-bereiten. der diesjährige deutsche Arbeitgeberpreis für bildung stellte deshalb die nachhaltige interkulturelle kompetenzentwicklung von schülern, Auszubildenden und studierenden in den mittelpunkt.

Ausgezeichnet wurden in den kategorien schule, hoch-schule, berufsschule und betrieb solche bildungskon-zepte, die Verständnis, toleranz, weltoffenheit, bereit-schaft und fähigkeit für den internationalen Arbeitsmarkt vermitteln, internationalität als chance begreifen sowie bereitschaft zur mobilität der schüler, Auszubildenden und studierenden entwickeln und fördern. zusätzlich wurde in diesem Jahr ein sonderpreis für eine vorschu-lische einrichtung vergeben. damit soll die bedeutung der frühkindlichen bildung innerhalb des bildungssy-stems besonders hervorgehoben werden. die preisträger zeichnet aus, dass ihre konzepte auf andere einrich-tungen übertragen werden können.

mit unterstützung der deutsche bahn Ag erhielt jede ausgezeichnete Initiative ein Preisgeld von 10.000 €.

DEuTSCHER aRBEITGEBERpREIS FüR BIlDunG 2006

„Internationalisierung als Chance – Lernen und Ausbilden für neue Anforderungen in der Arbeitswelt“

die preisverleihung fand im rahmen des deutschen Arbeitgebertages statt.

preisträger sindin der kategorie schuledie Frieden-Volksschule, Schweinfurtwww.friedenschule-sw.de

in der kategorie hochschuledie Friedrich-Schiller-Universität Jenawww.uni-jena.de

in der kategorie berufsschuledie Staatliche Berufsschule Altöttingwww.bsaoe.de

in der kategorie betriebdie SICK AG, Waldkirchwww.sick.com

des sonderpreises Vorschulische einrichtungen das Kindertageszentrum Villa Wunderland des Pari-tätischen Wohlfahrtverbands, München

weitere informationen zum deutschen Arbeitgeberpreis für bildung unter www.bda-online.de.

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EuRopÄISCHE unDInTERnaTIonalE SozIalpolITIK

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EuRopa zuKunFTSFÄHIG maCHEn – DEuTSCHE pRÄSIDEnTSCHaFT voR wICHTIGEn wEICHEnSTEllunGEn

Europa befindet sich weiterhin in einer schwierigen phase. mit der Ablehnung des europäischen Verfas-sungsvertrags bei den referenden in frankreich und den niederlanden 2005 ist fast 50 Jahre nach unter-zeichnung der römischen Verträge der integrations-prozess ins stocken geraten. die krise ist noch nicht überwunden – die staats- und regierungschefs hatten sich nach den gescheiterten referenden selbst eine Reflextionsphase verordnet, die zunächst nur ein Jahr dauern sollte und dann beim gipfeltreffen im Juni 2006 verlängert wurde, nämlich bis 2008. eine wich-tige orientierung hierfür war das grundsätzliche be-kenntnis von bundeskanzlerin Angela merkel zu einer europäischen Verfassung, bei dem sie aber auch eine klare Absage an jedwede Art von schnellschuss er-teilte, um europa aus der sackgasse zu führen. der Verfassungsprozess kann nur dann wieder in positive bahnen gelenkt werden, wenn die europapolitik ins-gesamt mehr substanz erhält und die richtige balan-ce zwischen gemeinschaftlichem handeln und einer Aufgabenteilung nach dem subsidiaritätsprinzip ge-funden wird.

gleichwohl ist es auch im vergangenen Jahr gelun-gen, wichtige weichenstellungen für die zukunft der eu vorzunehmen. so konnte der eu-finanzrahmen verabschiedet werden und es wurde – nach langem politischen tauziehen – endlich eine einigung über die umstrittene dienstleistungsrichtlinie erzielt. da-gegen scheiterte im november 2006 erneut die drin-gend notwendige revision der Arbeitszeitrichtlinie bei einem eigens zu diesem thema einberufenen so-zialministerrat.

für die wirtschaft gab es auch 2006 einige konkrete europapolitische erfolge zu verbuchen, die durch kontinuierliche interessenvertretung in brüssel er-reicht wurden:

so wurde eine europäische regulierung zu „corpo-rate social responsibility“ (csr) endgültig abgewen-det. die eu-kommission ist mit ihrer „europäischen Allianz zu csr” (vgl. den Abschnitt zu csr) dem

von der bdA propagierten Ansatz der freiwilligkeit und Vielfältigkeit von csr gefolgt.

beim richtlinienentwurf zur portabilität von be-triebsrenten hat die bdA durch intensive Überzeu-gungsarbeit schon in einer sehr frühen phase we-sentliche entschärfungen erreicht.

gemeinsam mit unice ist es gelungen, das Arbeits-programm der sozialpartner im europäischen so-zialen dialog 2006–2008 auf das lissabon-ziel „Verbesserung von wachstum und beschäftigung“ auszurichten.

beim grünbuch zum Arbeitsrecht ist es unter ande-rem der intervention der bdA zu verdanken, dass die Verabschiedung des textes verschoben wurde, um die darin enthaltenen fragestellungen offener zu gestalten. gleichwohl bleibt die neueste fassung höchst problematisch.

die große herausforderung ist weiterhin, europa langfristig zukunftsfähig zu machen. eine inhaltliche neuausrichtung der eu kann nur durch eine konse-quente weichenstellung hin zu mehr wettbewerbsfähig keit gelingen. erst die stärkung der wettbewerbsfähig-keit der unternehmen in europa wird dauerhaft zu mehr wachstum und beschäftigung führen.

EuRozonE HInKT BEIm waCHSTum HInTERHER

Wachstumsrate des realen BIP 2005

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Quelle: Eurostat

Eurozone EU-25 USA Japan

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ihre Vorstellungen über wege zu mehr wachstum und beschäftigung hat die bdA konkretisiert: der präsidiumsbeschluss „europa zukunftsfähig machen“ vom 18. september 2006 enthält 13 handlungs- empfehlungen für die deutsche eu-ratspräsidentschaft, die in einem memorandum näher erläutert werden. die bdA fordert darin eine glaubwürdige neuausrichtung der europapolitik, um die Akzeptanz der eu bei den bürgern zurückzugewinnen und weitere fortschritte im zusammenhang mit dem Verfassungsprozess zu erzielen.

die strategie von lissabon muss durch ambitionierte nationale reformprogramme konsequent umgesetzt, die Aktivitäten zu besserer rechtsetzung mit entbü-rokratisierungseffekt intensiviert, die europäische so-zialpolitik beschäftigungsfreundlicher gestaltet und wettbewerbsverfälschungen im binnenmarkt beseitigt werden.

europaweit richten sich jetzt große erwartungen an die am 1. Januar 2007 beginnende deutsche eu-ratspräsi-dentschaft. sie steht unter dem motto „europa gelingt gemeinsam“. die bundesregierung strebt dabei eine inhaltliche neuausrichtung der europäischen union an, mit dem ziel, „die Akzeptanz des integrations- prozesses zu erhöhen“. zur wiederaufnahme des Ver-fassungsprozesses will die deutsche bundesregierung ausführliche konsultationen mit allen partnern und organen in der eu führen und im Juni 2007 nach der präsidentenwahl in frankreich eine „roadmap“ prä-sentieren.

Auch in dem gemeinsam von bdA und bdi verfassten memorandum „europa voranbringen“, welches die präsidenten dr. dieter hundt und Jürgen thumann am 28. november 2006 vor der bundespressekonfe-renz vorstellten, wird die deutsche eu-ratspräsident-schaft aufgefordert, die chance für eine neuausrich-tung der politik auf wachstum und beschäftigung zu nutzen. diese botschaft haben sie auch gemeinsam mit unice-präsident ernest Antoine seillière in einem persönlichen gespräch mit bundeskanzlerin merkel erörtert.

Eu-ERwEITERunG – ERwEITERunGSFÄHIGKEIT BERüCKSICHTIGEn, naCHBaRSCHaFTSpolITIK auSBauEn

mit dem beitritt bulgariens und rumäniens zur eu-ropäischen union zum 1. Januar 2007 vollendet sich die fünfte erweiterungsrunde seit bestehen der europäischen gemeinschaft. spätestens mit dieser erweiterungsrunde, die die eu vor weitere neue he-rausforderungen stellen wird, muss die debatte über die Voraussetzungen zukünftiger erweiterungen der eu intensiviert werden. Aus sicht der bdA muss da-

wICHTIGE TERmInE Im RaHmEn DER DEuTSCHEn Eu-RaTSpRÄSIDEnTSCHaFT 2007

bdA und bdi setzen mit blick auf die deutsche eu-ratspräsidentschaft gemeinsam zeichen durch verschiedene herausragende termine und Veran-staltungen:

28. November 2006: pressekonferenz mit herrn dr. hundt und herrn thumann zur präsentation des gemeinsamen me-morandums von bdA und bdi „europa voranbrin-gen“

4. Dezember 2006: treffen von unice-präsident seillière gemeinsam mit herrn dr. hundt und herrn thumann mit bundeskanzlerin merkel

22. Januar 2007: gemeinsame Veranstaltung von bdA und bdi in brüssel anlässlich der deutschen eu-ratspräsi-dentschaft

30. Januar 2007: europatag der deutschen wirtschaft: „europa 2007 – neue Anstöße, neue perspektiven“

14./15. Juni 2007: unice council of presidents mit den Vizepräsi-denten von bdA und bdi im Vorfeld des europä-ischen rats

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bei genau geprüft werden, ob die eu die Aufnahme weiterer länder verkraften kann, ohne selbst schaden zu nehmen. die drei kopenhagener beitrittskriterien (politisches system, wirtschaftliche Anforderungen, eu-rechtsbestand) sollten um ein viertes ergänzt wer-den: die eu sollte unter beweis stellen müssen, dass sie auch tatsächlich aufnahmefähig ist. gleichzeitig ist die eu gefragt, eine vorausschauende nachbarschafts-politik zu entwickeln, die die Anrainerstaaten nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch eng an die eu bindet, indem sie ihnen gegebenenfalls attraktive Al-ternativen zur Vollmitgliedschaft bietet.

Vor diesem hintergrund ist es eine positive entwicklung, dass das eu-parlament mit einer großen mehrheit im märz 2006 eine entschließung zum strategiebericht 2005 der kommission zur erweiterung angenommen hat. darin for-dert das europäische parlament, den charakter der euro-päischen Union einschließlich ihrer geo-grafischen Gren-zen festzulegen. Allen europäischen ländern, die derzeit keine Aussicht auf eine eu-mitgliedschaft haben, soll die gemeinschaft eine „enge multilaterale beziehung”, das heißt einen neuen europäischen wirtschaftsraum – auch „ewr plus” genannt –, vorschlagen können.

im Vergleich zu den diskussionen im europäischen par-lament blieb die im november 2006 folgende mitteilung der kommission zur erweiterungsstrategie mit einem son-derbericht über die Aufnahmefähigkeit der eu weit hin-ter den erwartungen – auch des eu-parlaments – zurück: zwar hat sie angekündigt, höhere hürden („benchmarks“) in Verbindung mit der erfüllung des Verhandlungsrah-mens bei künftigen erweiterungen aufzustellen. insgesamt bleibt das jüngst vorgelegte papier aber in bezug auf die kriterien für die Aufnahmefähigkeit der eu, die gren-zen der eu und auch die finanzierung künftiger erwei-terungen viel zu vage. die staats- und regierungschefs haben daher die kommission bei ihrem gipfeltreffen im dezember aufgefordert, künftig vor und während weiterer beitrittsverhandlungen eine detaillierte folgenabschät-zung durchzuführen und das erfordernis funktionsfähiger institutionen zu berücksichtigen.

die deutsche eu-ratspräsidentschaft hat bereits angekün-digt, dass sie den erweiterungsprozess unter besonderer berücksichtigung der Aufnahmefähigkeit der eu fortfüh-ren und die eu-nachbarschaftspolitik als Alternative zur Vollmitgliedschaft in der eu ausbauen will.

aRBEITnEHmERFREIzüGIGKEIT – umDEnKEn In mEHREREn mITGlIEDSTaaTEn ERKEnnBaR

derzeit sind die regierungen der mitgliedstaaten aufgerufen, der kommission mitzuteilen, ob sie be-absichtigen, Übergangsregelungen für bulgarien und rumänien ab dem 1. Januar 2007 einzuführen. Jeder mitgliedstaat trifft diese entscheidung anhand der in-dividuellen einschätzung der jeweiligen lage auf dem nationalen Arbeitsmarkt. deutschland hat bereits an-gekündigt – wie bei der vierten erweiterungsrunde 2004 –, Übergangsregelungen mit den bekannten Aus-nahmen in den branchen bau, innendekoration und gebäudereinigung in Anspruch zu nehmen.

in großbritannien und irland sind neue entwick-lungen zu beobachten: beide länder hatten bei der letzten erweiterungsrunde der eu im Jahre 2004 ihre Arbeitsmärkte für Arbeitnehmer aus den zehn neuen mitgliedstaaten vollständig geöffnet und länder wie deutschland und österreich kritisiert, die Übergangs-fristen in Anspruch genommen hatten. wegen der un-erwartet hohen Anzahl (das zehnfache der prognosti-zierten Anzahl von 40.000, also weit über 400.000) von Arbeitnehmern, die seit 2004 aus den neuen mitgliedstaaten in diese beiden länder gekommen sind, haben die regierungen in großbritannien und irland nun entschieden, ab 1. Januar 2007 entgegen den ursprünglichen Ankündigungen nun doch Über-gangsbestimmungen für rumänien und bulgarien anzuwenden und damit die Arbeitsmärkte für Arbeit-nehmer aus diesen beiden ländern nicht zu öffnen. diese entwicklung zeigt, wie wichtig es ist, dass auch weiterhin die entscheidung über die inanspruchnah-me von Übergangsregelungen nur individuell von den einzelnen mitgliedstaaten vor dem hintergrund der aktuellen lage auf dem jeweiligen Arbeitsmarkt ge-troffen wird.

für die zehn neuen mitgliedstaaten hat am 1. mai 2006 die zweite phase der Übergangsfristen bei der Arbeitnehmer-freizügigkeit begonnen. waren es 2004 nur schweden, irland und großbritannien, haben sich nun finnland, griechenland, italien, portugal und spanien für die vollständige öffnung ihrer Arbeitsmärkte (mai 2006 bis April 2009) ausgesprochen.

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die bundesregierung hat – wie auch belgien und öster-reich – den beschluss gefasst, die Übergangsregelungen für weitere drei Jahre in Anspruch zu nehmen. die bdA legt großen wert darauf, dass keine Verlängerung über 2009 hinaus erfolgt. für gezielte Anwerbung von Arbeit-nehmern aus den beitrittsstaaten, die über hier dringend benötigte Qualifikationen verfügen, sollte der Arbeits-markt schon vorher durch die einführung eines entspre-chenden punktesystems geöffnet werden.

lISSaBon-STRaTEGIE – REFoRmanSTREnGunGEn InTEnSIvIEREn

trotz der neuausrichtung der lissabonner reformstrate-gie auf wachstum und beschäftigung im frühjahr 2005 werden dringend notwendige reformprojekte in den mit-gliedstaaten noch immer viel zu zögerlich umgesetzt. bei wichtigen strukturindikatoren, wie zum beispiel dem pro-duktivitätswachstum, fällt europa hinter wichtigen globa-len wettbewerbern, wie den usA und Japan, noch weiter zurück. eine unlängst von der unice durchgeführte um-frage, an der sich auch die bdA beteiligt hat, zeigt, dass

das reformtempo in den mitgliedstaaten noch immer viel zu langsam ist, um die beschäftigungspolitischen ziele, wie zum beispiel eine beschäftigungsrate von 70 %, bis 2010 zu erreichen. Völlig zu recht hat daher eu-kom-missar spidla im november 2006 bei der Vorstellung des berichts „beschäftigung in europa 2006” die mitglied-staaten nachdrücklich aufgefordert, sich noch mehr an-zustrengen und die notwendigen reformen konsequenter durchzuführen. diesen Appell sollte deutschland beson-ders ernst nehmen. die Arbeitslosenquote hierzulande liegt deutlich über dem eu-durchschnitt und zusammen mit polen, der slowakei, griechenland und frankreich bildet deutschland das schlusslicht in bezug auf die be-schäftigungssituation im europäischen Vergleich.

dass sich die politik dabei nicht mehr hinter vorgeb-licher reformunwilligkeit der bevölkerung verstecken kann, zeigt eine aktuelle eu-umfrage: sieben von zehn europäern bejahen die Aussage, dass „Arbeitsverträge flexibler werden sollten, um die Schaffung von Arbeits-plätzen zu erleichtern”. deutschland muss seine politik entschlossener auf wachstum und beschäftigung aus-richten, um sich als eu-ratspräsidentschaft noch glaub-würdiger für eine wettbewerbsfähigere eu einsetzen zu können.

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Von der europäischen ebene müssen die reformbemü-hungen der mitgliedstaaten konsequenter als bisher un-terstützt werden. dazu gehört auch, dass kommission und rat die in jedem herbst von den mitgliedstaaten im rahmen der lissabon-strategie vorzulegenden natio-nalen reformprogramme ehrlicher und offener bewerten. in ihrem im Januar 2006 vorgelegten ersten fortschritts-bericht hatte sich die eu-kommission mit ihrer bewer-tung sehr zurückgehalten und keine länderspezifischen empfehlungen gegeben. die bdA erwartet und hat sich dafür eingesetzt, dass die eu-kommission und der Europäische Rat nun im Frühjahr 2007 die Reformdefi-zite der einzelnen mitgliedstaaten ungeschminkt aufzei-gen und ausreichend ambitionierte reformprogramme einfordern.

nEuES aRBEITSpRoGRamm Im SozIalEn DIaloG – pRaxISnaHE anSÄTzE Im mITTElpunKT

der europäische soziale dialog ist heute ein anerkanntes instrument, das mit seinen zielgerichteten, an der unter-nehmerischen Praxis orientierten flexiblen Lösungen den herausforderungen der globalisierung besser rechnung trägt als regulative eingriffe, die kontraproduktive wir-kungen entfalten. der soziale dialog leistet damit zugleich einen beitrag zur Verwirklichung der lissabon-ziele. dieser auf wachstum und beschäftigung ausgerichtete Ansatz spiegelt sich auch in dem zweiten gemeinsamen Aktionsprogramm des sozialen dialogs 2006 –2008 wi-der, das die europäischen sozialpartnerorganisationen unice, ceep und egb auf dem dreigliedrigen sozial-gipfel am 23. märz 2006, an dem bdA-präsident dr. dieter hundt teilnahm, vorlegten. Als erster schritt zur umsetzung dieses zweiten Arbeitsprogramms arbeiten die europäischen sozialpartner zurzeit an einer „gemein-samen Analyse der herausforderung der Arbeitsmärkte in europa“. diese Analyse soll die Ausgangsbasis für alle weiteren umsetzungsmaßnahmen des Arbeitsprogramms sein. ziel der unice ist eine Analyse, die die schwächen der Arbeitsmärkte und als konsequenz die notwendigkeit von strukturreformen aufzeigt. die bdA ist in diese wich-tige grundlagenarbeit unmittelbar eingebunden.

die Verhandlungen über ein freiwilliges rahmen-abkommen zur Verhinderung und bekämpfung von

belästigung und gewalt am Arbeitsplatz – ein uner- ledigtes thema aus dem ersten Arbeitsprogramm – laufen seit februar 2006. zuvor hatte die kommissi-on durch die einleitung der ersten konsultation der sozialpartner ihre Absicht unterstrichen, hierzu eine richtlinie vorlegen zu wollen. Am 12. oktober 2006 hat die kommission eine erste konsultation der euro-päischen sozialpartner zur Vereinbarkeit von berufs-, privat- und familienleben auf der basis von Art. 138 egV eingeleitet. die kommission hält sowohl auf nationaler als auch auf eu-ebene weitere Anstren-gungen im bereich der Vereinbarkeit für notwendig, um die demografischen Herausforderungen zu be-wältigen, die Arbeitsmarktbeteiligung von frauen quantitativ und qualitativ zu erhöhen sowie männer und frauen für eine ausgewogene Aufteilung von betreuungsaufgaben zu gewinnen. in ihrer Antwort unterstreichen unice und bdA, dass der aktuelle eu-rechtsrahmen zu diesem themenkomplex völlig ausreicht. Allerdings gibt es noch konkreten Aktions-bedarf auf nationaler, sektoraler, regionaler und/oder unternehmensebene. unice und bdA erkennen in diesem zusammenhang an, dass die sozialpartner hier eine wichtige rolle spielen. wesentlich ist aber gleichzeitig eine enge kooperation der sozialpartner mit den öffentlichen Verwaltungen. ihre aktive rol-le unterstreichen unice und bdA mit dem hinweis, dass die sozialpartner in allen mitgliedstaaten ihren 2005 verabschiedeten freiwilligen Aktionsrahmen zur förderung der chancengleichheit von männern und frauen umsetzen. kernpunkt bildet hierbei die suche nach innovativen lösungen zur Vereinbarkeit von familie und beruf. ihren ersten umsetzungsbericht haben die sozialpartner dazu im november 2006 verabschiedet.

die europäischen sozialpartner legten 2006 außerdem ihren gemeinsamen evaluierungsbericht zum freiwilli-gen Aktionsrahmen „lebenslanges lernen“ vor sowie die gemeinsamen umsetzungsberichte über ihre bei-den rahmenvereinbarungen „telearbeit“ und „stress am Arbeitsplatz“. in allen vier berichten wird durch praxisbeispiele anschaulich illustriert, wie es auf betrieb-licher ebene gelingt, die Anforderungen aus den europä-ischen rahmenvereinbarungen vor ort auszugestalten.

die bdA hat einen kompakt „sozialer dialog“ veröffent-licht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

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BESSERE RECHTSETzunG – aKTIvITÄTEn wEITER InTEnSIvIEREn

die europäische wirtschaft kann in bezug auf wett-bewerbsfähigkeit und wirtschaftsdynamik gegenüber den konkurrenten auf dem weltmarkt nur aufholen, wenn sie nicht durch immer neue gesetze und Auf-lagen belastet wird. die bdA begrüßt sehr, dass die eu-kommission das thema „bessere rechtsetzung“ zu einer priorität gemacht hat. das wird nicht zuletzt durch die mitte november 2006 vorgelegten doku-mente der eu-kommission deutlich, in denen sie wei-tere maßnahmen zum beispiel bei der reduzierung von Verwaltungsbelastungen und der Vereinfachung bestehender gesetzgebung ankündigt. in der prak-tischen politik auf gemeinschaftsebene setzen die eu-institutionen diese priorität jedoch noch nicht in der erforderlichen reichweite um. so führt die eu-kommission selbst aus, dass von den für das Jahr 2006 vorgesehenen 54 Vereinfachungsinitiativen bislang lediglich 15 angenommen wurden. hier besteht für alle eu-institutionen ein dringender handlungsbedarf, die Aktivitäten weiter zu intensivieren. Auch die mit-

gliedstaaten der europäischen union müssen ihren bei-trag für eine bessere rechtsetzung leisten, so die kom-mission, indem sie bei der umsetzung von richtlinien in nationales recht keine „Übererfüllung“ betreiben. im text der kommission heißt es: „in den einzelstaat- lichen durchführungsbestimmungen für die umsetzung von Richtlinien in der Gemeinschaft finden sich zahlreiche beispiele für technische Anforderungen, kennzeichnungs-vorschriften, fristen, genehmigungsverfahren und sonstige Verwaltungsanforderungen, die von den nationalen ge-setzgebern zusätzlich zu den gemeinschaftsvorschriften eingeführt werden (‚gold-plating‘).“ diese position der kommission entspricht der forderung der bdA nach einer 1:1-umsetzung europäischer richtlinien. zudem muss erreicht werden, dass zusätzliche bürokratie bereits im Vorfeld eines gesetzgebungsvorschlags effektiver ver-mieden wird. die bdA setzt sich dafür ein, dass die Akti-vitäten beim Abbau bestehender Überregulierung weiter intensiviert werden. dabei muss der bereich der sozial- politischen Überregulierung stärker ins blickfeld rücken.

die bdA hat einen kompakt „bessere rechtsetzung“ ver-öffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

BESSERE RECHTSETzunG: aBBau von üBERREGulIERunG muSS InTEnSIvIERT wERDEn

Anzahl der jährlich verabschiedeten Richtlinien und Verordnungen

180

160

140

120

100

80

60

40

20

0

1968

1978

1998

2003

Richtlinien3500

3000

2500

2000

1500

1000

500

0

1968

1978

1998

2003

Verordnungen

Quelle: Tim Ambler, Keith Boyfield: Route Map to Reform, 2005

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DIEnSTlEISTunGSRICHTlInIE – TRanSpaREnz unD RECHTSSICHERHEIT HERSTEllEn

das ringen um den im dezember 2006 verabschiedeten richtlinienvorschlag über dienstleistungen im binnen-markt hat die sozialpolitische diskussion der eu im ersten halbjahr 2006 dominiert. während sich in vielen be-reichen der europäische binnenmarkt erfolgreich entwi-ckelt hat, bestehen für dienstleistungen im binnenmarkt noch weitgehende hindernisse, die verhindern, dass das potenzial voll ausgeschöpft wird. deshalb ist die richtlinie über dienstleistungen im binnenmarkt, die darauf abzielt, die grenzüberschreitende dienstleistungs- und niederlas-sungsfreiheit zu erleichtern, besonders wichtig.

Viele änderungsanträge, die das europäische parlament in erster lesung zum richtlinienvorschlag in das ge-setzgebungsverfahren eingebracht hat, haben den ur-sprünglichen richtlinienvorschlag, den die europäische kommission im Jahre 2004 vorgelegt hat, unnötig einge-schränkt. so ist zum beispiel das herkunftslandprinzip fallen gelassen worden, durch das die grenzüberschrei-tende dienstleistungserbringung erleichtert werden sollte. Vor diesem hintergrund ist es zumindest ein teilerfolg, dass der rat in letzter minute unter anderem auf betrei-ben der bdA gemeinsam mit dem bdi und der unice der einrichtung eines zentralen melderegisters bei der eu-kommission zugestimmt hat. durch die meldungen der mitgliedstaaten aller regelungen, die sie als zielland gegenüber grenzüberschreitenden dienstleistern anwen-den, gibt es eine jedermann zugängliche zentrale infor-mationsquelle, die das komplizierte Aufspüren einer Viel-zahl nationaler regeln entbehrlich macht. durch die fast unveränderte zustimmung des europäischen parlaments zu dem gemeinsamen standpunkt des rates konnte eine zusätzliche Verwässerung vermieden und die weitere Verlängerung des Verfahrens mit unklarem Ausgang ver-hindert werden.

im rahmen der demnächst anstehenden umsetzung der richtlinie in nationales recht ist zum einen eine koor-dinierte Vorgehensweise der mitgliedstaaten wichtig, um ein gutes ergebnis zu erzielen. zum anderen sollte klargestellt werden, dass die unternehmen sich bei einer grenzüberschreitenden dienstleistungserbringung rechts-konform verhalten, wenn sie diejenigen regelungen

einhalten, die im zentralen brüsseler melderegister ste-hen. hiermit könnte den unternehmen ein stück rechts- sicherheit zurückgegeben werden. gleichzeitig würden informationskosten reduziert, was insbesondere für klei-ne und mittlere unternehmen wichtig ist.

Auch die mitteilung der eu-kommission vom september 2006 zur „konsultation zu gemeinschaftsmaßnahmen im bereich der gesundheitsdienstleistungen” steht im zusammenhang mit dem thema „dienstleistungserbrin-gung in der eu“. diese mitteilung wurde verabschiedet, nachdem die gesundheitsdienstleistungen vom Anwen-dungsbereich des richtlinienvorschlags über dienstlei-stungen im binnenmarkt im April 2006 herausgenom-men wurden. der zweck der mitteilung und des damit verbundenen konsultationsprozesses – so die eu-kom-mission – besteht darin, themen zu ermitteln, die gegen-stand von gemeinschaftsmaßnahmen im bereich der ge-sundheitsdienstleistungen sein sollen, sowie instrumente aufzuzeigen, die für die jeweiligen themen geeignet sind. die konsultationsphase, geht bis ende Januar 2007. danach plant die eu-kommission konkrete Vorschläge vorzulegen.

trotz der herausnahme der gesundheitsdienstleistungen aus dem Anwendungsbereich der dienstleistungsricht- linie besteht auch weiterhin die forderung der bdA, dass die gesundheitsdienstleistungen so weit wie möglich marktwirtschaftlich ausgerichtet bzw. organisiert werden, damit mehr wettbewerb im gesundheitswesen ermög-licht wird.

die bdA hat einen kompakt „dienstleistungen im bin-nenmarkt“ veröffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

aRBEITSzEITRICHTlInIE – REvISIon züGIG voRanTREIBEn

die von der eu-kommission angestoßene revision der Arbeitszeitrichtlinie war notwendig geworden, nach-dem der eugh in den fällen »simap« und »Jaeger« ge-urteilt hatte, dass bereitschaftsdienst vollständig als Ar-beitszeit anzusehen ist. die erheblichen Auswirkungen dieser rechtsprechung müssen dringend durch eine Überarbeitung der bestehenden Arbeitszeitrichtlinie

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rückgängig gemacht werden, ohne gleichzeitig vorhan-dene flexibilitätsspielräume einzuschränken. nachdem der vernünftige ursprüngliche richtlinienvorschlag der eu-kommission durch das europäische parlament ver-schärft worden ist, muss nun der ministerrat endlich die gegenwärtige blockade überwinden und eine trag-fähige Lösung finden. Nachdem auf Arbeitsebene der ministerrat bereits konsens darüber erzielt hat, dass die inaktive zeit während des bereitschaftsdienstes keine Arbeitszeit ist und diese zeit durch nationales gesetz oder tarifvertrag bzw. sozialpartnervereinbarung auf die ruhezeit angerechnet werden kann, muss sich im zweifel eine richtlinienänderung auf diese korrektur beschränken. Die österreichische und finnische Rats-präsidentschaft hat sich intensiv dafür eingesetzt, die bestehende blockade zur kontrovers diskutierten opt-out-regelung zur Abweichung von der wöchentlichen höchstarbeitszeit aufzulösen, was jedoch scheiterte. die bdA wird sich dafür einsetzen, dass möglichst noch unter der federführung der bundesregierung im ersten halbjahr 2007 im ministerrat eine politische einigung für eine vernünftige revision der Arbeitszeitrichtlinie zustande kommt.

die bdA hat einen kompakt „Arbeitszeitrichtlinie“ ver-öffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

poRTaBIlITÄT BETRIEBlICHER alTERSvERSoRGunG – RICHTlInIE KonTRapRoDuKTIv

der von der europäischen kommission im oktober 2005 vorgelegte richtlinienvorschlag zur portabilität von zusatzrentenansprüchen zielt darauf ab, die Arbeit-nehmermobilität zu erhöhen. die eu-kommission ver-folgt dieses ziel jedoch mit mitteln, die das freiwillige system der betrieblichen Altersvorsorge schwächen und nicht stärken. zwar ist es nicht zuletzt auf betreiben der bdA gelungen, besonders problematische regulierungen noch vor der beschlussfassung der kommission zu ent-schärfen und die internen durchführungswege (direkt- zusagen, unterstützungskassen) vom mitnahmeanspruch für zunächst zehn Jahre auszuklammern.

gleichwohl droht der richtlinienvorschlag auch weiter-hin die betriebliche Altersvorsorge mit mehrkosten und zusätzlicher bürokratie zu überziehen (vgl. im einzelnen kapitel „soziale sicherung – eu-portabilitätsrichtlinie würde betrieblicher Altersvorsorge schaden“). besonders schwerwiegend ist, dass nach dem jetzigen text auch be-stehende betriebsrentenanwartschaften umfasst und die unternehmen damit rückwirkend belastet werden. bei

FlExIBlE REGElunGEn In DER aRBEITSzEITRICHTlInIE ERFoRDERlICH

Manager

Arbeitnehmer

Auswirkungen der Einführung flexibler Arbeitszeiten nach Art des Interviews, in %

27

31

54

67

61

73

Quelle: Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, 2006

geringere Fehlzeiten bessere Anpassung an Arbeitsanfall höhere Arbeitszufriedenheit

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einem freiwilligen system, wie der betrieblichen Alters-vorsorge, das in bedeutendem umfang durch beteiligung der Arbeitgeber finanziert wird, würden diese Regelungen das ende des Arbeitgeberengagements bedeuten. das ist in einer zeit, in der eine ergänzung der Ansprüche aus der gesetzlichen rentenversicherung durch eine zusätzliche Altersvorsorge unerlässlich ist, absolut schädlich. die jetzt von ep-Abgeordneten vorgeschlagene umwandlung des richtlinienvorschlags in eine nicht bindende empfehlung hat den Vorteil, dass hierdurch nicht mit rechtsverbind-lichen mindeststandards schädigend in die betrieblichen Altersversorgungssysteme eingegriffen wird. dieser Vor-schlag ist gegenüber einer nur teilweisen umwandlung des richtlinienvorschlags in eine empfehlung vorzugswürdig. der sozialministerrat hatte Anfang dezember 2006 Über-legungen angestellt, das kapitel zur Übertragbarkeit der betrieblichen Altersversorgung aus dem richtlinienvor-schlag herauszulösen und in einer gesonderten empfeh-lung zu behandeln. selbstverständlich kann, was in einer rechtlich bindenden richtlinie falsch und schädlich wäre, nicht dadurch inhaltlich besser oder richtig werden, dass es in die form einer rechtlich nicht bindenden empfeh-lung gebracht wird. richtig und konsequent wäre es des-halb, wenn die eu vollständig von ihren plänen Abstand nehmen würde.

die bdA hat einen kompakt „eu-portabilitätsrichtlinie“ veröffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

GRünBuCH aRBEITSRECHT – FRaGESTEllunG muSS FlExIBIlITÄT In DEn mITTElpunKT STEllEn

die eu-kommission hat ende november 2006 ein grün-buch zum Arbeitsrecht vorgelegt, um damit eine diskus-sion über die zukünftige entwicklung des Arbeitsrechts anzustoßen. die ersten, informellen entwürfe dieses grün-buchs sahen einseitig die Verstärkung der sicherheit für Arbeitnehmer vor, ohne die dafür notwendige flexibilität für die unternehmen hervorzuheben. denn die sicherheit der Arbeitnehmer ist ohne flexibilität der unternehmen wertlos. nicht zuletzt auf betreiben der bdA sind diese ersten entwürfe überarbeitet worden. nun wird in der Ana-lyse zumindest auch auf die notwendigkeit einer gestei-gerten flexibilität vor dem hintergrund der globalisierung eingegangen.

dennoch suggeriert der jetzt vorliegende text im grund-satz die schaffung zusätzlicher regulierung im Arbeitsrecht und steht damit im gegensatz zu der von rat und kom-mission beschlossenen lissabon-strategie für wachstum und beschäftigung. zum beispiel wird die frage nach ei-ner europaweiten Definition des Arbeitnehmerbegriffs ge-stellt. Sollte eine solche einheitliche Definition angestrebt werden, wäre zu befürchten, dass der Arbeitnehmerbegriff durch systemfremde Aspekte auch auf personen ausgewei-

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tet wird, die nach deutschem recht selbstständig sind. dies widerspricht den gesetzlichen regelungen in deutschland, die selbstständigkeit fördern wollen. gleichermaßen muss verhindert werden, dass unternehmen die haftung für Ar-beitnehmer anderer unternehmen aufgebürdet wird, mit denen sie in vertraglichen beziehungen stehen. eine sol-che subunternehmerhaftung führt zu mehr bürokratie und lähmt dadurch die entfesselung von wirtschaftswachstum und mehr beschäftigung. zudem wird die diskussion über die frage eröffnet, ob grundlegende Arbeitnehmerrechte auf andere Vertragstypen auszudehnen sind. nicht gefragt wird jedoch, ob ein eventuell zu hohes schutzniveau heu-tiger standardarbeitsverhältnisse negative Auswirkungen auf die beschäftigungsentwicklung hat. Auch gehen aus dem text die verschiedenen Verantwortlichkeiten der eu-ropäischen union, der mitgliedstaaten und der sozialpart-ner nicht klar hervor. nur am rande wird zudem die frage angesprochen, welche rolle das Arbeitsrecht bei der Ver-festigung der Arbeitslosigkeit spielt. die bdA wird regula-tiven bestrebungen, wie sie im grünbuch zum Arbeitsrecht zum Ausdruck kommen, mit Vehemenz entgegentreten.

TRanSnaTIonalE KollEKTIvvERHanDlunGEn – RECHTSRaHmEn wEDER ERFoRDERlICH noCH wünSCHEnSwERT

in der eu-kommission werden Überlegungen angestellt, ob auf eu-ebene ein optionaler gesetzlicher rahmen für transnationale kollektivverhandlungen vorgeschlagen werden sollte. grundlage für die diskussion ist eine von der eu-kommission in Auftrag gegebene studie zu diesem thema. die bdA bewertet die durchgeführte studie so-wohl im Hinblick auf die analytische Qualität als auch be-züglich ihrer schlussfolgerungen äußerst kritisch. ein opti-onaler gesetzlicher rahmen für transnationale kollektivver-träge ist auf europäischer ebene weder wünschenswert noch realisierbar. in den mitgliedstaaten der eu haben sich über einen langen zeitraum hinweg eigenständige traditi-onen der industriellen beziehungen entwickelt, die in sehr heterogenen nationalen regelungen ihren niederschlag gefunden haben. ein europäischer gesetzlicher rahmen wäre zwangsläufig ein bürokratisches Monstrum, ohne mehrwert für die unternehmen. er würde sie nur mit un-vertretbaren und unnötigen belastungen überziehen. der von der studie herangezogene Vergleich mit im rahmen

des sozialen dialogs verabschiedeten texten hinkt, da sie einen völlig anderen, allgemeinen und politischen charakter haben. gleiches gilt für die auf unterneh-mensebene abgeschlossenen transnationalen texte, wie beispielsweise internationale rahmenvereinba-rungen mit einzelnen internationalen branchengewerk-schaften. eine transnationale dimension bei nationalen kollektivverhandlungen ist durch die berücksichtigung internationaler rahmendaten bereits jetzt vorhanden. ein optionaler europäischer rechtsrahmen ist somit auch für eine transnationale koordinierung nationaler kollek-tivverhandlungen überflüssig. Die BDA setzt sich dafür ein, dass die Überlegungen über transnationale kollektiv- verhandlungen nicht weiter vorangetrieben werden.

DEmoGRaFISCHER wanDEl – HERauSFoRDERunGEn annEHmEn

Um die Herausforderungen des demografischen Wan-dels, insbesondere der alternden gesellschaften, in euro-pa bewältigen zu können, hat die eu-kommission mit einer im oktober 2006 vorgelegten mitteilung einen Vor-schlag für einen bezugsrahmen auf gemeinschaftsebene vorgelegt, den die mitgliedstaaten bei der entwicklung entsprechender politischer maßnahmen nutzen können. die kommission sieht ein zeitfenster von etwa zehn Jahren, innerhalb dessen die notwendigen reformen in diesen bereichen auf den weg gebracht werden sollten. sie ruft mit der mitteilung nicht zu einer neuen strategie zum Umgang mit den Folgen des demografischen Wandels auf, sondern betont, dass die mitgliedstaaten sich stärker bemühen und die lissabon-strategie umsetzen müssen.

Aus sicht der bdA enthält die mitteilung zur demo-grafischen Zukunft Europas keine grundsätzlich neuen erkenntnisse – weder mit blick auf die konkreten Aus-wirkungen der demografischen Entwicklung noch in bezug auf die erforderlichen reaktionen auf die demo-grafiebedingten Veränderungen. Ihr Vorteil liegt darin, eine orientierungs- und/oder Vergleichsbasis für die mitgliedstaaten zu sein bei der bewältigung der anste-henden herausforderungen. die kommission weist zu recht darauf hin, dass die bislang eingeleiteten reformen unzureichend sind, um die herausforderungen des de-mografischen Wandels zu bewältigen. Erfreulich ist, dass die kommission anerkennt, dass grundsätzlich die mei-

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sten der relevanten fragestellungen in die zuständigkeit der mitgliedstaaten fallen. die mitteilung der kommission beinhaltet wohl auch aus diesem grund weniger neue konkrete Vorgaben, sondern konzentriert sich auf die be-schreibung der grundsätzlichen handlungsfelder.

CoRpoRaTE SoCIal RESponSIBIlITy – EIGEnvERanTwoRTunG DER wIRTSCHaFT STÄRKEn

die eu-kommission hat im frühjahr einen richtungs-wechsel ihrer jahrelang verfolgten csr-politik eingeleitet. bestrebungen, einen europäischen referenzrahmen für csr zu entwickeln, wurden zugunsten eines unterneh-mensbezogenen und praxisnahen csr-Ansatzes fallen gelassen. zusammen mit der europäischen wirtschaft hat die eu-kommission im märz 2006 eine „Allianz zur gesellschaftlichen Verantwortung der unternehmen“ ins leben gerufen. die csr-Allianz ist ein bündnis europä-ischer unternehmen und organisationen der wirtschaft mit dem ziel, partnerschaften für csr zu fördern und den erfahrungsaustausch zu unterstützen. die csr-Allianz ist eine bottom-up-initiative. sie richtet sich an unterneh-men einschließlich deren netzwerke und Verbände. inte-ressierte unternehmen der Allianz arbeiten in form von „offenen kooperationsgemeinschaften“ miteinander und veranstalten thematische „werkstatttreffen“. koordiniert wird die csr-Allianz in deutschland von bdA und bdi. zentrales kommunikationsmittel der Allianz in deutsch-land ist das csr-internetportal „csr germany“ (www.csrgermany.de), wo informationen zur csr-Allianz sowie die unternehmen, die die csr-Allianz unterstützen, ein-gestellt sind.

Von der bdA wird die csr-Allianz begrüßt, denn die komplexität und Vielfältigkeit von csr schließen Standardisierung und Zertifizierung aus. Nun wird auf partnerschaft, erfahrungsaustausch, dialog und wissens- vermittlung gesetzt. unice hat mit intensiver unterstüt-zung durch die bdA bei der Ausarbeitung dieser neuen strategie eine wichtige und konstruktive rolle gespielt.

neben der csr-Allianz haben die bemühungen der in iso-norm zu social responsibility zu schaffen, viel Auf-merksamkeit erregt. die iso arbeitet weiter intensiv an der entwicklung eines iso-instruments zu social respon-

sibility (sr). dabei soll laut beschluss der iso nicht ein Managementsystem zu SR oder ein zertifizierbarer Stan-dard entwickelt werden, sondern ein „guidance docu-ment“, also ein leitfaden, welcher nicht nur unternehmen, sondern allen organisationen nützlich sein soll.

für die wirtschaft ist wichtig, dass die iso-norm zu sr wirklich ein „guidance document“ und somit nicht zer-tifizierbar wird. Weiterhin ist wichtig – und so lautet auch das mandat –, dass sie tatsächlich für alle organisationen anwendbar ist und sich nicht ausschließlich auf unterneh-men beschränkt. hierin liegt der eigentliche mehrwert der iso-norm. es geht nicht mehr darum, gesellschaftliche Verantwortung einseitig von unternehmen einzufordern, sondern darum, dass die maßstäbe, die an die wirtschaft gerichtet werden, allgemein umgesetzt werden.

der im oktober 2006 vorgelegte zweite entwurf der iso- norm zu sr entspricht genau diesen vereinbarten ba-sis-anforderungen nicht und ist aus sicht der wirtschaft völlig inakzeptabel: entgegen den Vereinbarungen adres-siert der entwurf nun doch einseitig unternehmen. die rol-le und Verantwortung der regierungen bleibt weitgehend unberücksichtigt. unternehmen werden als lückenbüßer für staatliches Versagen bei originär staatlichen Aufgaben in die Pflicht genommen. Darüber hinaus folgt der vorge-legte entwurf der logik eines so genannten management-systems, womit die ISO-Norm zu SR doch zertifizierbar würde. die bdA setzt sich im deutschen spiegelgremium zu sr, über die international organization of employers (ioe) sowie direkt als teil der deutschen delegation in der iso-Arbeitsgruppe zu sr entschlossen dafür ein, dass die weiteren Arbeiten der iso-Arbeitsgruppe zu sr grundle-gend neu ausgerichtet werden.

in deutschland hat der rat für nachhaltige entwicklung empfehlungen zu csr an die politik wie auch an die wirt-schaft gerichtet. Aus sicht der bdA sind die empfehlungen abzulehnen, da sie das csr-engagement der unterneh-men behindern statt fördern würden. so fordert der rat, den ordnungsrahmen für csr neu zu bestimmen. dazu soll nach dem willen des rates unter anderem ein ver-bindlicher rahmen für den sachgerechten Vergleich von nachhaltigkeits- und csr-berichten von unternehmen geschaffen werden, sollen nachhaltigkeitskriterien in die Vergabe von hermesbürgschaften und in die bestim-mungen zur kreditvergabe aufgenommen werden sowie nachhaltigkeitskriterien in die Vergabeentscheidungen im

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öffentlichen beschaffungswesen und in die staatlich geför-derte private und betriebliche Altersversorgung integriert werden. die bdA hatte sich sowohl im dialogprozess im Vorfeld der empfehlungen wie auch nach Veröffentlichung der empfehlungen zusammen mit dem bdi nachdrücklich dafür eingesetzt, dass die handlungsmöglichkeiten der unternehmen nicht durch einen regulativen Ansatz ein-geschränkt, sondern die eigenverantwortung in der deut-schen wirtschaft durch mehr freiheit gestärkt wird.

mEnSCHEnRECHTE – vERanTwoRTunG DER STaaTEn nICHT auF unTERnEHmEn aBwÄlzEn

dass die Verantwortung der unternehmen klar zu der po-litik abgegrenzt werden muss, hat im frühjahr 2006 der un-sonderbeauftragte zum thema „menschenrechte und multinationale unternehmen“, der harvard-professor John ruggie, deutlich bekräftigt. John ruggie ist beauftragt, das thema „multinationale unternehmen und menschen-rechte“ zu untersuchen. im frühjahr hat er dazu einen zwischenbericht vorgelegt, in dem er vor allem auf die debatte über die umstrittenen „un draft norms” eingeht. in den im August 2003 von einer unterarbeitsgruppe der un-menschenrechtskommission vorgelegten „un draft norms“ war der Ansatz verfolgt worden, die originär staat-liche Verantwortung verbindlich auf unternehmen zu

übertragen. John ruggie ist erfreulicherweise der Argu-mentation der wirtschaft gefolgt und hat in seinem zwi-schenbericht die „un draft norms“ entschieden zurück-gewiesen, da sie nicht nur menschenrechte, die an staaten adressiert sind, ohne grundlage rechtsverbindlich auf un-ternehmen übertragen wollen, sondern damit auch unter umständen bemühungen, die menschenrechtsverantwor-tung von staaten zu stärken, unterminiert würden. dies ist ein großer erfolg, an dem die bdA zusammen mit dem internationalen Arbeitgeberverband ioe beteiligt war.

in zusammenhang mit seiner Arbeit hat John ruggie eine studie über managementverfahren in bezug auf men-schenrechte bei den fortune global 500 firms veröffent- licht. Aus Arbeitgebersicht sind die ergebnisse dieser stu-die positiv zu bewerten. sie zeigen das bereits umfangreich existierende engagement der unternehmen und machen deutlich, dass es für die Verantwortung der unternehmen in bezug auf menschenrechte keiner zusätzlichen inter-nationalen Vereinbarungen bedarf. die umfrage wird in den Schlussbericht einfließen, den John Ruggie noch vor der nächsten sitzung der menschenrechtskommission im frühjahr 2007 vorlegen wird.

eine stärkere bedeutung hat das thema „csr“ auch bei der oecd bekommen. im ersten halbjahr 2006 wurden zwei größere initiativen verabschiedet, die wesentliche in-ternationale Aspekte von csr berühren: mit dem „oecd risk management tool for investors in weak governance

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zones (wgz)“ hat die oecd einen leitfaden geschaf-fen, der sich an investoren richtet, die in regionen mit schwachen regierungen und mangelnden öffentlichen Verwaltungen bzw. problematischen politischen kon-stellationen geschäftstätig werden wollen. mit dem so genannten „policy framework for investment“ (pfi) wen-det sich die oecd an staaten, um praktische hinweise zu geben, wie ein investitionsgünstiges klima geschaffen werden kann. erstmals wurden bei der diesjährigen Über-arbeitung auch politikempfehlungen zum thema „csr“ gegeben. die bdA hat beide prozesse gemeinsam mit dem sekretariat von biAc, der stimme der wirtschaft bei der oecd, aktiv begleitet. es ging darum, bei beiden initia-tiven deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass unterneh-men die Defizite von Regierungen nicht ersetzen können. es ist in erster linie die politik, die die menschenrechte und die grundlegenden sozial- und umweltstandards um- und durchsetzen muss.

InTERnaTIonalE SozIalpolITIK – Ilo auF nEuEn wEGEn

die internationale Arbeitsorganisation (ilo) ist inzwischen das wichtigste diskussionsgremium zwischen entwick-lungsländern und industrieländern in bezug auf die Aus-einandersetzung über die soziale dimension der globali-sierung. Sie ist die qualifizierte Organisation in der Familie der Vereinten nationen, die aufgrund ihrer dreigliedrigen struktur die möglichkeit hat, praxisnahe politik zu ent- wickeln, die zur schaffung menschenwürdiger Arbeit vor ort beiträgt. im rahmen ihrer mitarbeit im Verwal-tungsrat der ilo setzt sich die bdA für eine politische prioritätensetzung ein, bei der die ilo weiterhin kon-zepte entwickelt, mit denen vor allem die schwäch-sten glieder in der globalisierten welt angesprochen werden, nämlich die millionen von menschen, die sich in informeller bzw. in gar keiner beschäftigung be-finden und somit überhaupt nicht in der Lage sind, an der globalisierung teilhaben zu können. dafür müssen die regierungen unter anderem aufgefordert werden, ein umfeld zu schaffen, in dem unternehmertum und unternehmensgründungen in nachhaltiger weise mit stabilen rahmenbedingungen möglich sind und auch gefördert werden. nur so kann mehr formale beschäf-tigung entstehen, die den menschen eine gesicherte lebensgrundlage bietet. die bdA begrüßt, dass das

thema „nachhaltige unternehmensentwicklung“ bei der internationalen Arbeitskonferenz 2007 behandelt wird. damit nimmt die ilo eine große herausforde-rung an: Sie sucht nach Wegen, ihr Profil weg von einer rein normensetzenden organisation zu entwickeln, deren Übereinkommen von immer weniger ländern ratifiziert werden.

zur neuorientierung gehört es demzufolge auch, dass bestehende Arbeitsnormen dort, wo es sinnvoll und mög-lich ist, konzentriert, modernisiert und zusammenge-fasst werden. dieses konzept, der so genannte „integra-ted Approach“, wird inzwischen auch von immer mehr regierungen und innerhalb der ilo selbst als zukunfts-weisend erkannt und tatsächlich umgesetzt. 2006 ist es gleich zweimal gelungen, den „integrated Approach“ in die tat umzusetzen: im februar 2006 wurde das seear-beitsübereinkommen verabschiedet, welches 30 seit der gründung der ilo verabschiedete Übereinkommen und weitere 35 empfehlungen, die bislang für die seeschiff-fahrt galten, zusammenfasst und aktualisiert. bei der in-ternationalen Arbeitskonferenz im Juni 2006 wurde ein neues rahmenübereinkommen über sicherheit und ge-sundheit am Arbeitsplatz verabschiedet, welches gleich-falls auf die Verbesserung der rahmenbedingungen in den staaten selbst setzt. so sind beispielsweise die durchführung nationaler Arbeitsschutzprogramme und verstärkte präventionsmaßnahmen vorgesehen, um eine durchgängige kultur der Arbeitssicherheit zu schaffen. beide Übereinkommen haben die volle unterstützung der Arbeitgeber erhalten und die bdA war an beiden Verhandlungen und Ausarbeitungen intensiv beteiligt.

zu GaST In DER BDa

2006 besuchten 40 delegationen mit jeweils bis zu 50 personen aus west- und osteuropa, den nahen osten, Amerika und Asien die bdA. Vertreter internationaler organisationen, von botschaften, Arbeitgeberverbänden, unternehmen, gewerkschaften und universitäten infor-mierten sich über die Arbeitsweise und die positionen der bdA. im mittelpunkt der gespräche standen die themen „tarifrunde 2006“, „Agenda 2010“, „reformen auf dem Arbeitsmarkt“, „europäischer Verfassungsvertrag“, „er-weiterung der europäischen union“, „corporate social responsibility (csr)“ und „bildungspolitik“.

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moDERnE GESEllSCHaFTSpolITIK mITGESTalTEn

die gesellschaftspolitik wurde in diesem Jahr von drei themen dominiert: der familienpolitik, der integration ausländischer mitbürger in unsere gesellschaft sowie der sozialen Verantwortung der unternehmen in deutsch-land. bei allen drei themen war die bdA gefragter An-sprechpartner, der sich aktiv mit konzepten, initiativen und hochrangig besetzten Veranstaltungen in die diskus-sion einbrachte.

der kontakt zur zivilgesellschaft war auch in diesem Jahr ein selbstverständlicher teil der gesellschafts-politischen Arbeit der bdA. insbesondere stand der Austausch mit den christlichen kirchen im mittelpunkt. die bdA war präsent auf dem deutschen katholiken-tag in saarbrücken und beteiligte sich aktiv an der Vor-bereitung des deutschen evangelischen kirchentages 2007. darüber hinaus gab es wie in der Vergangenheit einen regen gedankenaustausch mit den christlichen unternehmerverbänden – dem Arbeitskreis evange-lischer unternehmer (Aeu) und dem bund katholischer unternehmer (bku).

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „kirche und wirtschaft“ veröffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

FamIlIEn STÄRKEn – vEREInBaRKEIT von FamIlIE unD BERuF vERBESSERn

die bdA setzt sich seit langem auf allen ebenen dafür ein, dass sich die situation für familien in deutsch-land verbessert und die dazu notwendige Verein-barkeit von familie und beruf deutlich erleichtert wird. nicht nur für die gesamte gesellschaft, auch für wirtschaft und Arbeitsmarkt ist es vor dem hin-tergrund der demografischen Entwicklung von großer bedeutung, dass sich mehr menschen für eine familie entscheiden. denn in einer schrumpfenden und al-ternden gesellschaft sinkt nicht nur das Arbeitskräfte-potenzial, es kann vor allem zu einem empfindlichen Verlust an innovations- und wettbewerbsfähigkeit kommen.

mit dem positionspapier „familie schafft zukunft“, das im zweiten halbjahr 2006 veröffentlicht wurde, hat die bdA ein gesamtkonzept mit gebündelten familienpoli-tischen Vorschlägen vorgestellt. es enthält hinweise auf die Vorteile einer familienbewussten personalpolitik und macht zugleich deutlich, welche arbeitsrechtlichen und tarifpolitischen stellschrauben für mehr innerbetriebliche flexibilität, die Arbeitgebern und Arbeitnehmern glei-chermaßen entgegenkommt, gelockert werden müssen. Überdies wird mit den Vorschlägen noch einmal deutlich gemacht, dass zentraler Ansatzpunkt dafür, familie und beruf wirklich besser zu vereinbaren, der qualitative und quantitative Ausbau der infrastruktur im bereich der kin-derbetreuung ist. hier besteht in deutschland nach wie vor enormer handlungsbedarf, gerade bei der betreuung von kindern unter drei Jahren. eine reine Ausweitung fa-milienpolitisch motivierter transferleistungen ist hinge-gen wenig erfolg versprechend.

ElTERnGElD SInnvoll auSGESTalTEn

ziel des neuen elterngeldes ist es, die Vereinbarkeit von familie und beruf zu unterstützen und eine zügige rückkehr an den Arbeitsplatz zu fördern. es richtet sich an alle eltern, deren kinder nach dem 1. Januar 2007 geboren werden. das elterngeld ist im gegensatz zum bisherigen erziehungsgeld keine reine familien-politische transferleistung, sondern wurde vom ge-setzgeber als eine Art lohnersatzleistung ähnlich wie das Arbeitslosengeld ausgestaltet. das elterngeld, das 67 % des vorherigen nettoeinkommens beträgt (maximal 1.800 €), wird mindestens zwölf Monate gezahlt. zwei weitere bonusmonate werden gewährt, wenn der andere elternteil, in der regel. der Vater, seine erwerbstätigkeit unterbricht oder seine Arbeits-zeit auf bis zu 30 wochenstunden reduziert. eltern, die vor der geburt ihres kindes nicht erwerbstätig wa-ren, erhalten ein „Mindestelterngeld“ von 300 €. Die-ser mindestbetrag wird im gegensatz zum kindergeld nicht auf die fürsorgeleistungen „Arbeitslosengeld ii“ oder sozialhilfe angerechnet, sondern zusätzlich ge-zahlt. eltern, die ihre kinder in kurzer folge bekom-men, erhalten zusätzlich einen geschwisterbonus. in diesem fall wird das elterngeld – in Abhängigkeit vom Alter der geschwisterkinder – um 10 %, mindestens aber um 75 € im Monat erhöht.

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die bdA hat im laufe des gesetzgebungsverfahrens im-mer wieder auf falsche weichenstellungen beim eltern-geld aufmerksam gemacht. beispielsweise setzt die mög-lichkeit, die elternzeit bei halbem elterngeldbudget auf bis zu 28 monate strecken zu können, falsche Anreize und verhindert sogar einen schnellen wiedereinstieg in den beruf. dies ist genauso kontraproduktiv wie die tatsache, dass eltern, die zeitnah wieder vollerwerbstätig an den Ar-beitsplatz zurückkehren, vom elterngeld gänzlich ausge-schlossen werden. im gesetzgebungsprozess konnte die bdA erreichen, dass die Ankündigungsfrist zur Anmel-dung der elternzeit nicht auf sechs, sondern zumindest auf sieben wochen verkürzt wird, da kurze Ankündigungs-fristen es den unternehmen zusätzlich erschweren, einen adäquaten ersatz für den mitarbeiter oder die mitarbeite-rin zu finden, die in Elternzeit geht. Es bleibt in den kom-menden Jahren abzuwarten, inwieweit die einführung des elterngeldes die schnelle rückkehr an den Arbeitsplatz tatsächlich fördert und junge menschen motiviert, sich zur gründung einer familie zu entschließen.

monIToR FamIlIEnFREunDlICHKEIT 2006

die deutsche wirtschaft wird immer familienfreund-licher – das ist das erfreuliche ergebnis des zweiten mo-nitors familienfreundlichkeit, der vom institut der deut-

schen wirtschaft köln im Auftrag der spitzenverbände der deutschen wirtschaft und des bundesministeriums für familie, senioren, frauen und Jugend (bmfsfJ) erstellt worden ist. der ergebnisbericht dokumentiert eindrucks-voll das wachsende engagement der unternehmen zur Vereinbarkeit von familie und beruf. fast drei Viertel al-ler unternehmen in deutschland schätzen die bedeutung von familienfreundlichkeit für das eigene unternehmen als sehr wichtig oder wichtig ein. bei der ersten moni-torbefragung im Jahre 2003 teilten nur knapp die hälfte der unternehmen diese einschätzung. Aber nicht nur das bewusstsein für familienfreundlichkeit hat sich in den unternehmen positiv verändert, immer mehr unterneh-men bieten ihren mitarbeiterinnen und mitarbeitern eine breite palette von familienfreundlicher maßnahmen an. in über der hälfte der deutschen unternehmen können die mitarbeiter auf sechs und mehr Angebote zurückgrei-fen, vor drei Jahren boten nur ca. 20 % aller unterneh-men die gleiche Anzahl von maßnahmen an. flexible Arbeitszeitmodelle, elternförderung, hilfen beim wieder-einstieg nach einer familienphase und unterstützung bei der kinder- und Angehörigenbetreuung sind dabei die am häufigsten angebotenen Instrumente. Auf die Frage „Wa-rum führen unternehmen familienfreundliche maßnah-men ein?“ antworten fast 85 % der unternehmen: „um qualifizierte Mitarbeiter zu halten und zu gewinnen und die Arbeitszufriedenheit der mitarbeiter zu erhöhen.“ knapp 80 % gaben als motiv an, dass familienfreundliche maßnahmen zu einer kostenersparnis führen, die sich

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in einer geringen fluktuation der mitarbeiter und einem niedrigeren krankenstand widerspiegelt. die Anzahl der unternehmen, die keinerlei familienfreundliche maßnah-men anbieten, ist in den letzten drei Jahren von fast 20 auf unter 5 % gesunken und dokumentiert, dass elemente einer familienfreundlichen personalpolitik in deutschen Unternehmen fast flächendeckend vorhanden sind.

„DEuTSCHlanD BRauCHT EInE FamIlIEnBEwuSSTE aRBEITSwElT“

Am 16. oktober 2006 hat bundeskanzlerin Angela mer-kel zusammen mit bundesfamilienministerin ursula von der leyen und den mitgliedern der impulsgruppe „Al-lianz für die familie“, in der herr dr. hundt vertreten ist, die erklärung „deutschland braucht eine familienbe-wusste Arbeitswelt“ unterzeichnet. die unterzeichner betonen darin vor allem das erfordernis des Ausbaus und der Qualitätsentwicklung von Ganztagsangeboten (Kindertagesstätten, Tagespflege, Schulen) und setzen sich für die Verbesserung der Vereinbarkeit von fami-lie und beruf ein. zusammen mit der bundeskanzlerin haben sich die unterzeichner der Vereinbarung darauf verständigt, familienbewusstsein als markenzeichen der deutschen wirtschaft zu etablieren. die bdA wird dazu auch künftig ihren beitrag leisten, indem sie für die Vor-teile einer familienbewussten personalpolitik wirbt und

ihre mitglieder dabei unterstützt, maßnahmen zur Ver-einbarkeit von familie und beruf vor ort umzusetzen.

unTERnEHmEnSETHIK: „wIRTSCHaFT mIT wERTEn – FüR allE EIn GEwInn“

wie 2005 wurde auch in diesem Jahr die gesellschaft-liche Verantwortung der unternehmen kontrovers dis-kutiert. eine oft undifferenzierte berichterstattung über produktionsverlagerungen ins Ausland und die höhe der managergehälter einzelner kapitalgesellschaften trieben die debatte an. Vor dem hintergrund der wirtschaft-lichen lage und der hohen Arbeitslosigkeit wurde von vielen bürgen der vermeintlich fehlende gute wille der Arbeitgeber als wurzel allen Übels gesehen.

mit dem papier „wirtschaft mit werten – für alle ein gewinn“ mischte sich die bdA offensiv in diese dis-kussion ein. das papier greift die sorgen der menschen auf und stellt sich kritischen fragen. es wird jedoch auch deutlich aufgezeigt, wie und in welchem maße sich die deutsche wirtschaft gesellschaftlich engagiert, was die Voraussetzungen dieses engagements sind und wie es gefördert werden kann.

die stellungnahme macht sehr deutlich, dass die deut-schen Arbeitgeber sich ihrer ethischen Verantwortung

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bewusst sind und sie aktiv wahrnehmen. dabei tut dies jeder betrieb auf seine weise, mit seinen schwerpunk-ten und formen des engagements. die kernaussage heißt: ethik und wirtschaft sind keine gegensätze. zweck der wirtschaft ist es, die menschen mit gütern und dienstleistungen zu versorgen – damit dient sie dem menschen und hat damit bereits ihre ethische legitimation.

die primäre Aufgabe eines unternehmens ist es, men-schen mit gütern und dienstleistungen zu versorgen. damit es diese Aufgabe erfüllen kann, muss es wettbe-werbs- und zukunftsfähig sein und bleiben: nur dann bietet es Arbeitsplätze, lebens- und entfaltungschancen und kann zu wohlstand und fortschritt beitragen. ge-winn ist nicht alles, aber ohne gewinn ist alles nichts. im umkehrschluss heißt dies aber auch, dass betriebs-wirtschaftlich unverantwortliche entscheidungen keine moralische Pflicht sein können.

der eigentliche streitpunkt in der öffentlichen debat-te ist jedoch die globalisierung: sie wird von vielen als bedrohung wahrgenommen – mit Arbeitsplatzabbau im inland und billigarbeit im Ausland. die bdA stellt dem-gegenüber klar: wenn die chancen der globalisierung offensiv genutzt werden, entsteht sogar zusätzliche be-schäftigung. und wenn unternehmen in ärmeren län-dern Arbeitsplätze schaffen, wird die entwicklung dort wirksam gefördert – das kann nicht als moralisch schlecht disqualifiziert werden.

richtig ist, dass führungskräfte Vorbilder sein müssen. nur glaubwürdigkeit schafft Vertrauen in die wirtschaft. ohne Vertrauen herrschen kontrolle, regulierung und bürokratisierung. Auch deshalb liegt ein bekenntnis zur ethik im ureigenen interesse der Arbeitgeber.

die bdA hat zu diesem thema den kompakt „wirt-schaftsethik“ veröffentlicht. er ist über www.bda-online.de zugänglich.

GElEBTE GESEllSCHaFTlICHE vERanTwoRTunG – InITIaTIvE „FREIHEIT unD vERanTwoRTunG“

unter federführung der bdA veranstaltete die initi-ative „freiheit und Verantwortung“ am 27. Juni 2006 ihr sechstes sommersymposium. unter der Überschrift „integration und unternehmen – engagement, Verant-wortung, interesse“ diskutierten die referenten und gäste darüber, wie ausländische mitbürger besser in unsere gesellschaft integriert werden können. Arbeit-geberpräsident dr. dieter hundt betonte in seiner rede die bedeutung erfolgreicher integration für die deut-sche wirtschaft. es liege im vorrangigen interesse der unternehmen, keine potenziale zu vergeuden, sondern im gegenteil alle verfügbaren fähigkeiten zur entfal-tung zu bringen. bundesinnenminister dr. wolfgang schäuble (cdu) unterstrich in seiner rede, integrati-on beginne mit der einsicht, dass sie keine bedrohung, sondern eine bereicherung sei.

bei der feierlichen preisverleihung der initiative am 11. dezember 2006 bekam das vielfältige gesell-schaftliche engagement der deutschen wirtschaft ein

gesicht: mit den drei gewinnern des wettbewerbes wurden erneut unternehmen für ihre gelebte soziale Verantwortung ausgezeichnet. Überdurchschnittlich viele projekte widmeten sich in diesem Jahr dem the-ma „bildung“ – ein zeichen, dass die unternehmen über den tellerrand des betriebes hinausschauen und sich aktiv an der bewältigung gesellschaftlicher probleme beteiligen. Arbeitgeberpräsident dr. dieter hundt machte in seiner rede deutlich, dass für mehr und mehr unternehmen ethik und ökonomie keine gegensätze seien.

die initiative „freiheit und Verantwortung“ (www.freiheit-und-verantwortung.de) wird getragen von der bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbän-de (bdA), dem bundesverband der deutschen industrie (bdi), dem deutschen industrie- und handelskammer-tag (dihk), dem zentralverband des deutschen hand-werks (zdh) und der wirtschaftswoche. schirmherr der initiative ist bundespräsident horst köhler.

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pRESSE- unD öFFEnTlICHKEITSaRBEIT

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Im DIEnST DER öFFEnTlICHKEIT

die diskussion über die reformagenda und die ersten konkreten reformprojekte der neuen bundesregierung standen im gesamten Jahr 2006 im zentrum der presse- und öffentlichkeitsarbeit der bdA. die mehrwertsteuer-erhöhung, die zunehmend positive entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, die anstehende gesundheitsreform sowie die kontroverse um einen mindestlohn haben die schlag-zeilen wesentlich geprägt. die bdA hat dabei regelmäßig die positionen, interessen und forderungen der deut-schen wirtschaft in die öffentlichkeit getragen. besonde-re Aufmerksamkeit hat der deutsche Arbeitgebertag mit bundeskanzlerin Angela merkel auf sich gezogen. die Veranstaltung hat die mediale Agenda geprägt. zentrale botschaften der Arbeitgeber fanden in presse, funk und fernsehen ihren widerhall.

ein langfristiger schwerpunkt der presse- und öffent-lichkeitsarbeit der bdA ist nach wie vor die förderung der modernisierungsbereitschaft in deutschland. so-wohl die notwendigkeit von reformen als auch die damit verbundenen chancen für mehr wachstum und beschäftigung müssen fest in der öffentlichen debat-te verankert werden. die mediale Auseinandersetzung hat dabei mit der bundestagswahl im vergangenen Jahr

und der neuen bundesregierung eine wichtige zäsur erfahren: statt großer worte und dicker schlagzeilen prägen ernsthaftigkeit und Verantwortungsbewusst-sein die politik und das öffentliche bild. damit einher geht eine sehr viel ruhigere und unaufgeregte medien-berichtberichterstattung. Auch die presse- und öffent-

mEDIEnEREIGnIS 2006

Deutscher Arbeitgebertagder deutsche Arbeitgebertag am 7. november 2006 mit bundeskanzlerin Angela merkel, spd-chef kurt Beck, FDP-Chef Guido Westerwelle und dem fin-nischen ministerpräsidenten matti Vanhanen war erneut ein großes medienereignis:

berichterstattung in nahezu allen medienlive-Übertragung auf phoenix, n-tvbeiträge unter anderem in frankfurter Allgemei-

ne zeitung, handelsblatt, süddeutsche zeitung, tagesschau, heute, rtl Aktuell

Über 150 Journalisten25 kamerateams und fotografen

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lichkeitsarbeit der bdA hat sich auf diesen neuen stil eingestellt und konnte von der Versachlichung insge-samt profitieren.

wie immer hat die bdA auch in diesem Jahr den grundsatz verfolgt, dass schlagzeilen an sich keinen wert haben. unsere pressearbeit orientiert sich an einer sachlich fundierten kritik mit konkreten ände-rungs- und Verbesserungsvorschlägen. gleichzeitig gelten die prinzipien einer verantwortungsvollen, fairen und offenen presse- und öffentlichkeitsarbeit. damit wird der politischen durchsetzbarkeit der posi-tionen der deutschen Arbeitgeber letztlich am besten gedient. die bdA war erneut ein geschätzter ge-sprächspartner für die medien.

BDa pRÄGT wIRTSCHaFTSBERICHTERSTaTTunG

trotz der insgesamt ruhigeren medienberichterstattung hat die bdA auch im Jahre 2006 ihre hohe medien-präsenz aufrechterhalten. interviews, stellungnahmen und presseerklärungen werden bundesweit aufgegrif-fen und von presse, hörfunk sowie fernsehen weiter-verbreitet. in den letzten zwölf monaten hat die bdA beispielsweise rund 90 presseerklärungen veröffent-licht. große resonanz bringen auch die regelmäßigen pressekonferenzen und -gespräche der bdA. unter den zahlreichen pressekonferenzen waren in diesem Jahr unter anderem folgende themen:

„konzept für eine nachhaltige reform der gesetz-lichen krankenversicherung“ (Januar)

„tarifrunde 2006: wertschöpfung in deutschland halten“ (februar)

„gesetzliche mindestlöhne: irrweg mit fataler wir-kung“ (februar)

„konsequenter politikwechsel für mehr beschäftigung älterer Arbeitnehmer“ (märz)

„flexibilisierung des kündigungsschutzes“ (April)„schule 2015 – ein blick in die schule der zukunft“

(mai)

pRESSESTImmEn 2006

„hundt hat recht. die deutschen werden mehr ar-beiten müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.“Die Welt, Januar 2006

„in die debatte um die gesundheitsreform kommt bewegung. die Arbeitgeber haben ein konzept vorgelegt, das beachtung verdient.“Stuttgarter Nachrichten, Januar 2006

„der hundt ist ein fuchs. dann jedenfalls, wenn es darum geht, gut wetter für die wirtschaft zu machen.“Neue Osnabrücker Zeitung, April 2006

„man muss mit dem bdA-leitbild für die schule der zukunft nicht punkt für punkt einverstanden sein. wichtig und richtig ist jedoch der Ansatz, dass ein verbindliches leitbild für die schulent-wicklung längst überfällig ist.“Kieler Nachrichten, Mai 2006

„dieter hundt ist für seine bissige kommentie-rung des regierungshandelns bekannt. nicht immer liegt er richtig. Aber diesmal hat der Ar-beitgeberpräsident ins schwarze getroffen: das gleichbehandlungsgesetz sollte in seiner jetzigen form tatsächlich vom tisch.“Offenbach-Post, Juni 2006

„langfristig wird sich das lehrstellenproblem nur lösen lassen, wenn der Ausbildungspakt schon in der schule ansetzt und die zusammenarbeit zwi-schen schule und betrieben enger wird. schwachen schülern muss besser und gezielter geholfen wer-den. was lehrer – und auch eltern – versäumt ha-ben, kann kein betrieb nachholen.“Die Welt, Oktober 2006

„Frührente ein Irrweg“Neue Osnabrücker Zeitung, April 2006

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„leitlinien zur gesundheitsreform“ (mai)„more bachelors und masters welcome!“ (mai)„reform der gesetzlichen unfallversicherung überfäl-

lig!” (Juni)„der unfug des Agg-entwurfes darf nicht gesetz wer-

den!“ (Juni)„bessere bildungschancen durch frühe bildung“

(August)„Aufwendungsausgleichsgesetz abschaffen: bürokratie

abbauen, lohnzusatzkosten senken“ (september)„europa voranbringen – empfehlungen der deutschen

wirtschaft für die deutsche ratspräsidentschaft 2007“ (november)

die presse- und öffentlichkeitsarbeit der bdA zielt nicht ausschließlich auf eine direkte medienpräsenz ab. wir sind für Journalisten ständiger Ansprechpart-ner in allen fragen der sozial-, tarif- und wirtschafts-politik und erläutern dabei laufend die wirtschaft-lichen zusammenhänge. es gilt, den Journalisten eine realistische Vorstellung von der deutschen wirtschaft sowie den unternehmen und betrieben zu vermitteln. diese Arbeit manifestiert sich zwar zumeist nicht in konkreten schlagzeilen, ist aber für die langfristige Ak-zeptanz des reformkurses und der positionen der deut-schen wirtschaft in den medien absolut unverzichtbar und ist letztlich auch der weg, der am meisten erfolg verspricht.

die bdA-pressestelle setzt auf einen intensiven kontakt und Austausch mit den pressestellen der mitgliedsver-bände, um die presse- und öffentlichkeitsarbeit auch intern auf eine möglichst breite basis zu stellen und die interessen der Arbeitgeber noch besser zu vernet-zen. neben dem regelmäßigen informellen Austausch treffen sich die pressesprecher von bdA und mit-gliedsverbänden mehrmals im Jahr zum „Arbeitskreis der pressesprecher“. diese treffen werden auch zum gedankenaustausch mit renommierten Journalisten genutzt. im geschäftsjahr 2006 waren ruppert mayr, teamleiter wirtschaft von dpa, margaret heckel, res-sortleiterin politik der welt am sonntag, und nico fickinger, redakteur der frankfurter Allgemeinen zei-tung, zu gast.

FERnSEHBERICHTERSTaTTunG 2006

Berlin mitte (zDF), 1. juni 2006

Tagesschau (aRD), 21. Februar 2006

n-tv, 7. november 2006

phoenix, 7. november 2006

„Gleichbehandlungsgesetz ist Unfug“Die Welt, Juni 2006

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KonSTRuKTIvE KRITIK

medienschwerpunkte im gesamten geschäftsjahr 2006 waren unter anderem die themen „Arbeitsmarkt“, „ge-sundheitsreform“ und „Allgemeines gleichbehand-lungsgesetz“. in der debatte über kombi-einkommen, mindestlöhne und „Arbeitslosengeld ii“ wurde immer wieder gezielt das wort ergriffen und die forderungen der Arbeitgeber in die öffentlichkeit getragen. in han-delsblatt, frankfurter Allgemeine zeitung, tagesspiegel, freie presse chemnitz und vielen anderen zeitungen erschienen längere interviews zu dem themenbereich. hinzu kamen drei pressekonferenzen, bei denen unter anderem der reformbedarf bei der beschäftigung älterer Arbeitnehmer und im Arbeitsrecht verdeutlicht wurde. Auf dem deutschen Arbeitgebertag stand schließlich die Absage von bundeskanzlerin Angela merkel an einen gesetzlichen mindestlohn im Vordergrund, die es auf breiter basis in die schlagzeilen schaffte.

Auch die gesundheitsreform war im gesamten Jahr ein dauerthema für die presse- und öffentlichkeitsarbeit. neben drei viel beachteten pressekonferenzen setzte die bdA unter anderem auf mehrere dpa-gespräche, die vor allem von den regionalen medien aufgegriffen wurden. zentrales Anliegen der bdA war und ist es, die Vorzüge des prämienmodells zu vermitteln und in der öffentlichkeit zu etablieren. gleichzeitig mussten aber auch die pläne der politik im detail bewertet und entsprechende Verbesserungsvorschläge angemahnt werden. Arbeitgeberpräsident dieter hundt forderte beispielsweise mit nachdruck größere sparanstren-gungen im gesundheitssystem – etwa unter der Über-schrift „nur noch das medizinisch notwendige“ in der neuen osnabrücker zeitung. darüber hinaus setzten sich bdA und dgb in einer gemeinsamen erklärung dafür ein, die geplante kürzung des steuerzuschusses für die krankenkassen rückgängig zu machen. trotz aller kritik ist die bdA in der gesamten debatte kon-struktiv geblieben und hat sich nicht von der teilweise sehr hitzigen Atmosphäre anstecken lassen. beispiel-haft ist hier das 10-punkte-korrekturprogramm zu nen-nen, über das die frankfurter Allgemeine zeitung im september unter der Überschrift „wirtschaft will ge-sundheitsreform retten“ berichtete. insgesamt hat die bdA in der öffentlichen debatte über die gesundheits-reform damit eine ganz wesentliche rolle gespielt.

bis zuletzt hat sich die bdA gegen das Allgemeine gleich-behandlungsgesetz (Agg) gewandt. deutliche worte gebrauchte Arbeitgeberpräsident dr. dieter hundt unter anderem bei einem Auftritt vor der bundespressekonfe-renz im Juni: er kritisierte das gesetz als „unfug“ und fand damit in den medien ein breites echo. die positionen der Arbeitgeber schlugen sich im Übrigen auch in nahezu al-len kommentaren und leitartikeln nieder, die die debatte über das gleichbehandlungsgesetz begleiteten. dies ist ein guter beleg dafür, dass unsere Überzeugungsarbeit in pres-sekonferenzen, interviews und hintergrundgesprächen sehr erfolgreich war. inzwischen werden die von den Ar-beitgebern geäußerten befürchtungen durch die realität bestätigt, wie eine Vielzahl von medienberichten bele-gen: „wer damals vermutete, das paragrafenwerk werde vor allem prozesshansel auf den plan rufen, die bürokra-tie aufblähen und das bis dahin leidlich funktionierende miteinander an den meisten Arbeitsplätzen durch ein kli-ma des misstrauens ersetzen, darf sich mehr als bestätigt fühlen. es ist noch schlimmer gekommen.“ (der spiegel, 13. november 2006)

BIlDunGSpolITIK – DIE SozIalE HERauSFoRDERunG DES 21. jaHRHunDERTS

ein weiterer schwerpunkt der kommunikation war im Jahre 2006 die bildungspolitik. da sich im rahmen der föderalismusreform besondere reformchancen ergeben, hat die bdA frühzeitig damit begonnen, die forderungen der Arbeitgeber auch über die medien in die bildungs-politik zu tragen. zusätzlich angeheizt wurde die öffent-liche debatte durch die geschehnisse an einigen deut-schen hauptschulen. bei der frage zur zukunft der haupt-schulen waren die Arbeitgeber immer wieder gefragt. in diesem zusammenhang wurde im Übrigen auch deutlich, dass sich die bdA als bildungspolitischer Ansprechpartner inzwischen fest in der öffentlichkeit etabliert hat.

zu den bdA-Aktivitäten 2006 zählten insbesondere die vier pressekonferenzen „schule 2015 – ein blick in die schule der zukunft“, „more bachelors and masters wel-

Heftige Kritik an GesundheitsreformDie Welt, Juli 2006

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come!“, „bessere bildungschancen durch frühe bildung“ und „integration durch bildung“. sie zogen nicht nur das medieninteresse auf sich, sondern wurden in den kom-mentaren auch positiv gewürdigt (siehe „pressestimmen 2006“). hinzu kamen eine ganze reihe von presseerklä-rungen, statements und interviews.

ein höhepunkt der bildungspolitischen Aktivitäten war schließlich der deutsche Arbeitgebertag. zum einen wurde dort wieder öffentlichkeitswirksam der deutsche Arbeitgeberpreis für bildung verliehen. die preisverleihung war unter anderem live auf dem fern-sehsender phoenix zu sehen. zum anderen betonte Arbeitgeberpräsident dieter hundt in seiner rede nachdrücklich den stellenwert, den die bildung für die zukunft deutschlands hat. Vor rund 1.400 hoch-rangigen gästen und weit über 150 Journalisten aus dem in- und Ausland nannte er die bestehenden bil-dungsprobleme „die eigentliche soziale frage unserer zeit“ und sicherte der bildungspolitik damit eine hohe präsenz in der berichterstattung über den deutschen Arbeitgebertag.

EnGERE zuSammEnaRBEIT von BDa unD BDI

Am 2. november 2006 informierten bdA und bdi auf einer pressekonferenz die medien über die bildung eines gemeinsamen präsidiums und die intensivierung der or-

ganisatorischen zusammenarbeit. bdi und bdA werden künftig durch gemeinsame gremien und die zusammen-legung wichtiger teile ihrer organisationen die zusam-menarbeit intensivieren, die organisation straffen und die Effizienz ihrer Arbeit verbessern. Ziel ist, die Schlagkraft der sozialpolitischen und industriellen interessenvertre-tung der mitglieder durch ein verstärktes zusammenwir-ken zu erhöhen. obwohl dieser schritt von den medi-en schon länger erwartet worden war, fiel das Echo in zeitungen, radiosendungen und tV-nachrichten ausge-sprochen groß aus.

im Vorfeld dieser Vereinbarung gab es eine reihe von ge-zielt gestreuten gerüchten, irritationen und öffentlichen störfeuern, mit denen die gespräche offenbar frühzeitig in misskredit gebracht werden sollten. in einzelnen medi-en wurde beispielsweise schon früh über eine angebliche fusion von bdA und bdi berichtet, obwohl es für diese meldung keine reale grundlage gab. Vor diesem hinter-grund muss auch der Versuch im sommer 2006 gesehen werden, der bdA eine personaldebatte aufzuzwingen. die bdA antwortete darauf mit klaren positionen, großer geschlossenheit sowie einer offensiven pressestrategie. dementsprechend schnell ging dem Versuch die luft aus. für die engere zusammenarbeit von bdA und bdi blieb es eine folgenlose episode.

Arbeitgeber und Industrie vereinbaren KooperationFrankfurter Allgemeine Zeitung, November 2006

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KompaKT

die bdA hat ihr publikationsangebot erweitert: der kompakt bietet seinen lesern einen schnel-len und zuverlässigen einstieg in ein sachthema, bündelt die Argumente der Arbeitgeberverbände und informiert über dienstleistungen, Veranstal-tungen und Veröffentlichungen der bdA – alles auf einem blatt. zudem werden die kontaktdaten der direkten Ansprechpartner bei der bdA ge-nannt, an die sich unsere mitglieder bei fragen wenden können.

im Arbeitgeberlexikon kompakt, das auf der homepage der bdA zur Verfügung steht, können sämtliche exemplare in ihrer jeweils aktuellsten Version abgerufen werden. Von der „Allgemein-verbindlicherklärung (AVe) von tarifverträgen“ über die „gesetzliche rentenversicherung“ bis zum thema „zuwanderung und integration“ in-formiert der kompakt zu allen kompetenzfeldern der bdA.

InTERnET, BDa nEwSlETTER, aRBEITGEBER, KompaKT

die bdA trägt die positionen der Arbeitgeber auch über eine Vielzahl eigener publikationen und medien in die öffentlichkeit. zu den zentralen informations-angeboten zählt nach wie vor die internetseite www.bda-online.de: im Jahre 2006 wurden weit über 30 mio. zugriffe registriert, das entspricht rund 90.000 zugriffen pro tag. die seite hält medien, politik und unternehmen täglich mit den neuesten informationen auf dem laufenden und gewährleistet außerdem ei-nen ständigen zugriff auf hintergrundinformationen, broschüren und positionspapiere aus dem gesamten themenspektrum der bdA. Auf weiteren internetsei-ten wie www.bda-pro-job.de, www.bildung-schafft-zukunft.de und www.csrgermany.de werden jeweils spezielle themen der bdA vertieft behandelt. darüber hinaus können nutzer über das internet auch direkt mit der bdA in kontakt treten und Anregungen, kom-mentare oder fragen übermitteln. dieser service wird intensiv genutzt: in diesem Jahr sind durchschnittlich bis zu 1.000 zuschriften pro woche eingegangen. da die bdA großen wert auf die direkte kommunikation legt, wird jede seriöse zuschrift so schnell wie möglich beantwortet.

mit informationsdiensten wie dem wöchentlichen „bdA newsletter“, dem „euro-info“ und dem newsletter „kir-che-wirtschaft“ beliefern wir interessierte bürger regel-mäßig auch direkt mit den wichtigsten informationen zu den themen der bdA. die dienste können leicht und kostenfrei über die internetseite abonniert werden. seit Anfang 2006 ist die bdA außerdem mit einer viersei-tigen beilage in der zeitschrift personAl vertreten. die beilage mit dem titel „Arbeitgeber – das bdA-spezial zur unternehmerischen sozialpolitik“ versorgt die leser in kompakter form mit wichtigen hintergrundinformati-onen und aktuellen politischen Analysen. die zeitschrift personAl ist dabei ein guter partner. mit ihr bekommt der leser praxisnahe und fundierte beiträge an die hand – unter anderem zu den themen „innovationen im per-sonalwesen“, „Arbeitsrecht“, „personalbeschaffung“ und „personalmanagement“. die zeitschrift personAl mit „Arbeitgeber“ erscheint monatlich und kann abon-niert werden. weitere informationen im internet unter www.personal-im-web.de.

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BDa-mITGlIEDSvERBÄnDE pRÄSIDIum unD voRSTanD

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BDa-mITGlIEDSvERBÄnDE *

Arbeitgeberverband der cigarettenindustrie

Arbeitgeberverband der deutschen glasindustrie e. V.

Arbeitgeberverband der deutschen kautschukindustrie (Adk) e. V.

Arbeitgeberverband der mobilitäts- und Verkehrsdienst-leister e. V. (Agv moVe)

Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen in deutschland

Arbeitgeberverband der wohnungs- und immobilien-wirtschaft e. V.

Arbeitgeberverband des privaten bankgewerbes e. V.

Arbeitgeberverband deutscher eisenbahnen e. V. – eisenbahnen, berg- und seilbahnen, kraftverkehrs- betriebe

Arbeitgeberverband mittelständischer personaldienst-leister e. V. (Amp)

Arbeitgeberverband stahl e. V.

Arbeitgeber- und wirtschaftsverbände sachsen-Anhalt e.V.

Arbeitgebervereinigung nahrung und genuß (Ang) e. V.

Arbeitsgemeinschaft keramische industrie e. V.

Arbeitsgemeinschaft schuhe/leder

bde bundesverband der deutschen entsorgungs-wirtschaft e. V.

bundesarbeitgeberverband chemie e. V.

bundesarbeitsgemeinschaft der mittel- und großbetriebe des einzelhandels e. V.

bundesverband der zigarrenindustrie e. V. (bdz)

bundesverband des deutschen groß- und Außenhandels e. V.

bundesverband deutscher zeitungsverleger e. V.

bundesvereinigung deutscher dienstleistungsunternehmen

bundesverband druck und medien e. V.

bundesverband garten-, landschafts- und sportplatzbau e. V.

bundesverband zeitarbeit personal- dienstleistungen e. V. (bzA)

deutscher braunkohlen-industrie-Verein e. V.

deutscher bühnenverein bundesverband deutscher theater

deutscher hotel- und gaststättenverband e. V. (dehogA)

die unternehmensverbände im lande bremen e. V.

dssV e. V. Arbeitgeberverband deutscher fitness- und gesundheits-Anlagen

gesAmtmetAll gesamtverband der Arbeitgeber- verbände der metall- und elektro-industrie e. V.

gesamtverband der deutschen textil- und mode-industrie e. V. – Arbeitgeberverbund

gesamtverband der deutschen land- und forstwirt-schaftlichen Arbeitgeberverbände e. V.

gesamtverband des deutschen steinkohlenbergbaus (gVst)

hauptverband der deutschen bauindustrie e. V.

hauptverband der deutschen holz und kunststoffe verarbeitenden industrie und verwandter industrie-zweige e. V.

* stand: 1. Januar 2007

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Verband diakonischer dienstgeber in deutschland (Vddd)

Verein der zuckerindustrie

Vereinigung der Arbeitgeberverbände der deutschen papierindustrie e. V.

Vereinigung der Arbeitgeberverbände energie- und versorgungswirtschaftlicher unternehmungen (VAeu)

Vereinigung der bayerischen wirtschaft e. V.

Vereinigung der hessischen unternehmerverbände e. V.

Vereinigung der saarländischen unternehmens-verbände e. V.

Vereinigung der sächsischen wirtschaft e. V. (Vsw)

Vereinigung der unternehmensverbände für mecklenburg-Vorpommern e. V.

Vereinigung der unternehmensverbände in berlin und brandenburg e. V.

Vereinigung rohstoffe und bergbau

Vks – Verband der kali- und salzindustrie e. V.

weg wirtschaftsverband erdöl- und erdgas- gewinnung e. V.

zentralverband des deutschen baugewerbes

zgV – zentralverband gewerblicher Verbund gruppen e. V.

hauptverband des deutschen einzelhandels e. V.

hauptverband papier- und kunststoffverarbeitung (hpV) e. V. – sozialpolitischer hauptausschuss

landesvereinigung baden-württembergischer Arbeit- geberverbände e. V.

landesvereinigung der Arbeitgeber- und wirtschafts-verbände sachsen-Anhalt i. l.

landesvereinigung der Arbeitgeberverbände nordrhein-westfalen e. V.

landesvereinigung unternehmerverbände rheinland-pfalz

sozialpolitische Arbeitsgemeinschaft kep- und post-dienste e. V.

sozialpolitische Arbeitsgemeinschaft steine und erden

sozialpolitische Arbeitsgemeinschaft tele-kommunikation (Argetel)

sozialpolitische Arbeitsgemeinschaft Verkehr

unternehmerverband deutsches handwerk (udh)

unternehmerverband soziale dienstleistungen + bildung e. V.

unternehmensverband steinkohlenbergbau (uVst)

unternehmerverbände niedersachsen e. V.

uVnord – Vereinigung der unternehmensverbände in hamburg und schleswig-holstein e. V.

Verband der deutschen säge- und holzindustrie e. V.

Verband der wirtschaft thüringens e. V. (Vwt)

Verband deutscher reeder e. V.

Verband deutscher zeitschriftenverleger e. V. (Vdz)

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BDa-pRÄSIDIum *

Präsidentdr. dieter hundt

Ehrenpräsidentdr. klaus murmann

Vizepräsidentenwalter botschatzkigünther fleigdr. tessen von heydebreckmartin kannegiesserotto kentzlerdr. walter koch (schatzmeister)dr. hans-Joachim körbereggert Voscherau

Weitere Mitglieder des Präsidiumspeter barzprof. thomas bauerernst baumannJosef beutelmannAnton f. börnergerd von brandensteindr. gerhard f. braunwolfgang brinkmanndr. Jürgen deilmannprof. dr. hans heinrich driftmanngoetz von engelbrechtenulrich grillohelmut heinenwolfgang heinzeklaus heringingrid hofmanndr. eckart John von freyend

helmut f. kochingo kramermanfred lantermannstefan h. lauerhorst-werner maier-hunkedr. hartmut mehdornprof. dr. helmut merkeldr. hans georg michelbachdr. Arend oetkerdr. wolfgang pützdr. Jürgen radomskirandolf rodenstockharry roelsgerd sonnleitnerdr. theo spettmannbernd tönjesprof. dieter weidemanndr. hans-dietrich winkhausdr. klaus zumwinkeldr. reinhard göhnerdr. fritz-heinz himmelreich

Ständige Gäste des BDA-Präsidiums *klaus bräunigprof. dr. michael hütherJürgen r. thumann

* stand: Januar 2007

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GEmEInSamES pRÄSIDIum von BDa unD BDI *

Vorsitzenderdr. dieter hundt

Weitere Mitglieder des PräsidiumsJürgen r. thumannwilli berchtoldwalter botschatzkidr. dieter brucklachergünther fleigprof. dr. bernd gottschalkdr. tessen von heydebreckmartin kannegiesserdr. dr. hans-peter keitelotto kentzlerdr. walter koch dr. hans-Joachim körberfriedhelm lohdr. Arend oetkerprof. dr. ekkehard schulzeggert Voscherauwerner wenning

BDa-voRSTanD

neben den gewählten mitgliedern des präsidiums ge-hören folgende damen und herren dem Vorstand an:

dr. ralf bethkeroland brohmulrich Alfred büchnerprof. dr. hubert burdadr. rainer V. dulgerfrank dupréVolker enkertsernst fischerdr. hans otto gardeikhartmut geldmacherpeter gerberrainer göhnerklemens gutmannJörg hagmaiersiegfried hankedr. michael hannmatthias hartungpeter hoffmeyerdr. gernot kalkoffendr. uwe kasimierJürgen krebaumlothar lampefrank leonhardtrainer J. marschausdr. uwe mehrtenseberhard potempahanns-Jürgen redekerdr. Josef rettenmeierprof. dr. markus rückertmanfred ryckendr. hans-peter schiffJürgen schitthelmdirk schlüterbirgit schwarzeralf stemmermargret suckalephilipp f. urbanpeter weinmannprof. dr. franz-Josef wodopia

* stand: Januar 2007

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die präsidenten von bdA und bdi haben sich am 1. november 2006 auf eine engere kooperation zwi-schen bdA und bdi verständigt.

Die gemeinsame Erklärung von BDA und BDI lautet im Wortlaut:

bdA und bdi bilden ein gemeinsames präsidium und vereinbaren engere organisatorische zusammenarbeit.

1. bdi und bdA werden künftig durch gemeinsame gremien und die zusammenlegung wichtiger teile ihrer organisationen die zusammenar-beit intensivieren, die organisation straffen und die Effizienz ihrer Arbeit verbessern. Ziel ist, die schlagkraft der sozialpolitischen und industriel-len interessenvertretung der mitglieder durch ein verstärktes zusammenwirken zu erhöhen. beide Verbände werden darüber hinaus die jeweiligen spezifischen Stärken ihrer Organisationen auch zukünftig zum gemeinsamen nutzen einsetzen. bdi und bdA erwarten, dass auch auf ebene der mitgliedsverbände sowie der landesvereinigungen und landesvertretungen, soweit noch nicht ge-schehen, eine stärkere Verschränkung der Arbeit erfolgt.

2. bdi und bdA stimmen in den grundlegenden poli-tischen Aussagen überein. sie gehen von einer ge-meinsamen ordnungspolitischen Vorstellung für die wirtschaftspolitik aus. die strukturell wichtigsten unterschiede beider spitzenverbände bestehen darin, dass der bdi ausschließlich industrielle inte-ressen auf einer großen zahl wirtschaftspolitischer fachgebiete vertritt, während die bdA über die industrie hinaus auch handel, banken, Versiche-rungen, handwerk und alle dienstleistungsbranchen auf dem gebiet der sozial- und tarifpolitik sowie der bildungspolitik vertritt. die Aufgabenstellung beider Verbände ist insoweit arbeitsteilig und komplemen-tär. soweit es thematische Überschneidungen zum beispiel bei den themen „europapolitik“, „hoch-schule“, „forschung“, „gesellschaftsrecht“ und „mitbestimmung“, „Arbeitsschutz“ und „csr“ gibt, hat sich die zusammenarbeit bewährt und soll aus-gebaut werden, um doppelarbeit auszuschließen.

die verstärkte zusammenarbeit dient der gemein-samen Vertretung politischer inhalte und strategien, der abgestimmten kommunikation gegenüber der politik und öffentlichkeit, einer organisatorischen bündelung von ressourcen und einem gemein-samen, einheitlichen Auftritt in brüssel.

3. es besteht Übereinstimmung, dass im interesse der mitgliedsverbände die marken bdi und bdA erhal-ten bleiben. Das industriespezifische Profil der Mit-gliedsverbände des bdi wird weiterhin vom bdi, die sozial- und tarifpolitischen interessen werden von der bdA vertreten.

4. um die engere zusammenarbeit organisatorisch umzusetzen, werden folgende maßnahmen getroffen:

a) es wird ein gemeinsames präsidium aus bdi und bdA gebildet, dem die präsidenten sowie die Vi-zepräsidenten beider organisationen angehören. der Vorsitz wechselt zwischen den präsidenten. das präsidium gibt sich eine geschäftsordnung.

b) Es finden jährlich gemeinsame Geschäftsführer-sitzungen der mitgliedsverbände und landesver-tretungen bzw. landesvereinigungen von bdi und bdA statt.

c) die arbeitsteilige Ausschussstruktur von bdA und bdi wird regelmäßig auf ihre komplementari-tät überprüft. bei thematischen Überschneidungen behandeln die Ausschüsse von bdA und bdi die sachverhalte gemeinsam. die geschäftsführungen von bdA und bdi erhalten gegenseitig für alle Ausschüsse eine gastmitgliedschaft.

d) für gemeinsam wahrzunehmende politische themen werden projekte festgelegt, die von bei-den Verbänden gemeinsam wahrgenommen wer-den (zum beispiel eu-ratspräsidentschaft, entbü-rokratisierung, mitbestimmung, csr).

e) die hauptgeschäftsführungen von bdA und bdi werden Abteilungen zusammenfassen, soweit Überschneidungen bestehen bzw. gemeinsam Aufgaben wahrgenommen werden können. das betrifft zum beispiel bereiche aus organisation und personal, schule und hochschule, europa und brüssel.

f) bdi und bdA gründen eine juristische einheit, die in brüssel die interessen beider Verbände ge-

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genüber der kommission, unice und der öffent-lichkeit wahrnimmt. die steuerung dieser reprä-sentanz erfolgt durch die hauptgeschäftsführer von bdA und bdi. ziel ist, den sitz dieser gemein-samen Vertretung als mittelpunkt deutscher wirt-schaftsverbände in brüssel weiter auszubauen. die fachabteilungen von bdi und bdA entsenden ergänzend themenbezogen mitarbeiter in die ge-meinsame Vertretung in brüssel. die Vertretung von bdi und bdA bei der unice (im rat der prä-sidenten und im exekutivbüro) erfolgt alternierend durch bdi und bdA (zeitgleich bdi-präsident und bdA-hauptgeschäftsführer bzw. bdA-präsident und bdi-hauptgeschäftsführer).

5. das gemeinsame präsidium und die schaffung gemeinsamer einrichtungen sind ein erster schritt einer weiter gehenden zusammenarbeit. es wird damit eine entwicklung eingeleitet, die strukturiert und systematisch weiter gehende schritte anstrebt. bdi und bdA sind dabei für jede form einer weiter gehenden zusammenarbeit bis hin zu einer fusion von bdA und bdi offen.

6. bdi und bdA werden die kooperationen mit dem dihk verstärken und im haus der deutschen wirt-schaft die möglichkeiten zur organisatorischen zu-sammenarbeit weiterhin intensiv wahrnehmen und weitere synergien verwirklichen.

diese Vereinbarung tritt am 1. Januar 2007 in kraft.

dr. dieter hundt Jürgen r. thumannpräsident der bundesvereinigung präsident des bundesverbandesder deutschen Arbeitgeberverbände der deutschen industrie

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sie waren der bundesvereinigung der deutschen Arbeit-geberverbände in langjähriger mitarbeit verbunden und hatten wesentlichen Anteil an der gestaltung unterneh-merischer sozialpolitik.

wir gedenken ihrer.

dr. Jürgen heinrichsbauer ehem. chefredakteur der zeitschrift „arbeitgeber” der bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände2. Januar 2006

dr. jur. wolfgang mack ehem. hauptgeschäftsführer der sozialpolitischen Arbeitsgemeinschaft steine und erden11. märz 2006

dr. günther herzog ehem. hauptgeschäftsführer der landesvereinigung unternehmerverbände rheinland-pfalz (lVu)19. märz 2006

dr. günter böhme ehem. rechnungsprüfer der bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände28. Juli 2006

dr. h. c. friedrich g. conzen ehem. präsident des hauptverbandes des deutschen einzelhandels2. August 2006

helmut lübke mitglied des präsidiums und des Vorstandes der bundes-vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände3. oktober 2006

hans van den berg mitglied des Vorstandes der bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände27. november 2006

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** Qualitätsmanagementkoordinator* Qualitätsmanagementbeauftragte

oRGanIGRamm

mitglied der Hauptgeschäftsführung Alexander Gunkel ** sekretariat: Anne-katrin biereigel telefon -1008 fax -1015 [email protected]

präsidentDr. Dieter Hundt

sekretariat: ulrike kümpel-moderau telefon -1004 fax -1005

Hauptgeschäftsführer Dr. Reinhard Göhnersekretariat:ulrike kümpel-moderau telefon -1007Janet Valdeig-ermes telefon -1006 fax -1005 [email protected]

Soziale Sicherung

Eugen Müllerdr. Volker hansengert nachtigalklaudia buddemeierdr. martin krögersaskia osing *florian swyter

Arbeitswissenschaftnorbert breutmann

Sekretariatingrid schramm, heike bozancarola wünschetelefon -1600fax [email protected]

volkswirtschaft,Finanzen, Steuern

Ottheinrich Freiherr von Weitershausen *Alexander haasedr. hans-Jürgen Völz

Sekretariatcornelia hentscheltelefon -1950fax [email protected]

Walter-Raymond-Stiftung (WRSt)Institut für Sozial- und Wirtschaftspolitische Ausbildung (ISWA)ottheinrich freiherr von weitershausen

Organisationkornelia wendt

Sekretariatellen dumschattelefon -1954fax -1955

[email protected]

arbeitsrecht

Roland Wolfdr. sven-frederik balders *thomas prinzdr. nisha biswaskerstin bordtkristina schütt

Redaktion SAEbarbara braun

Sekretariatsimone scharf, monika georgemanuela hahntelefon -1200fax [email protected]

presse- und öffentlichkeits-arbeit

Dr. Uwe Mazura *Jörg swaneAndreas groß

Sekretariatclaudia Jungkowskiclaudia kurschattelefon -1800fax -1805 [email protected]

verwaltung und verbandsorganisation

Ulrich Hüttenbach **martin pulmkatrin Altmann *

Adressverwaltungthomas bieche manuel schiller

Finanzwesenmartin pulm gudrun häntschsirpa ohm Viola [email protected]

Informations- undKommunikationstechnikmartin brüningthomas hyrbaczekchristian seipphans-Jürgen [email protected]

PersonalAstrid zippeldiana klich [email protected]

Verwaltungsven [email protected]

BibliothekAnke beyer-stamm

Servicefrank halupAstrid leu christiane Vannier

SekretariatJanet wieckertelefon -1100fax -1105

[email protected]

tel. +49 30 2033-0fax +49 30 2033-1055

www.bda-online.de

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präsidentDr. Dieter Hundt

sekretariat: ulrike kümpel-moderau telefon -1004 fax -1005

Hauptgeschäftsführer Dr. Reinhard Göhnersekretariat:ulrike kümpel-moderau telefon -1007Janet Valdeig-ermes telefon -1006 fax -1005 [email protected]

mitglied der Hauptgeschäftsführung Peter Cleversekretariat: beate murtezani telefon -1009 fax -1015 [email protected]

planung, Koordination, Grundsatzfragenbüro des präsidenten und hauptgeschäftsführersChristina Uhl sekretariat: kati hildebrandt kristian schalter ** telefon -1020natalia stolz fax -1025 [email protected]

presse- und öffentlichkeits-arbeit

Dr. Uwe Mazura *Jörg swaneAndreas groß

Sekretariatclaudia Jungkowskiclaudia kurschattelefon -1800fax -1805 [email protected]

lohn- undTarifpolitik

Robert Reichlingdr. daniela dunkerrainer huke *Alexander wilhelm

Tarifarchivfreimut wolnyAstrid bohn

Sekretariatmarina fahrentholtztelefon -1300fax -1305

[email protected]

arbeitsmarkt

Dr. Jürgen Wuttkeilka houbenerwin blasumdr. stefan hoehlsusanne wittkämper *

Sekretariatsusan peronnemarion blumauertelefon -1400fax [email protected]

Bildung / Berufliche Bildung

Dr. Barbara Dorndr. donate kluxen-pytaJulia gockeYvonne kohlmannsusanne müllertanja nackmayrgerrit witschaß *

Sekretariatkatja finke Allmuth rudolftelefon -1500fax [email protected]

Europäische union und Internationale Sozialpolitik

Renate Hornung-DrausAntje gerstein *Alexandra-f. prinzessin zu schoenaich-carolatheva barlage-melber Angela schneider-bodienstefan sträßermatthias thorns

Sekretariatbianca Voyé * marion hirteJanine spolaczykfriederike von stein telefon -1900fax [email protected]

Büro BrüsselAlexandra-f. prinzessin zuschoenaich-carolath(leitung)brigitte de Vita

SekretariatAstrid schwarztelefon 0032-2 - 290 03 01fax 0032-2 - 290 03 19

[email protected]

Betriebliche Personalpolitikcarlotta köster-brons

Sekretariatdoreen mertenstelefon -1410fax -1405

[email protected]

stand: 1. Januar 2007

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Bundesvereinigung derDeutschen Arbeitgeberverbände

im haus der deutschen wirtschaftbreite straße 2910178 berlin

tel. +49 30 2033-1020fax +49 30 2033-1025

[email protected]

stand 15. dezember 2006

Gestaltungariadne & wolf gbrwww.ariadneundwolf.de

ImpRESSum

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www.Bda-online.de