gitterkonstanten und elektrische leitfähigkeit elektrolytisch beladener palladium-silberlegierungen...

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190 Annaten de7 Physik. 5. Fotqc. Band 16. 1933 Gitterkonstuntem urn& elektrische Leitfahigkeit elektrolytisch beladener Pa Z Zadiurn- Si Zber Zegierzcngen im Abhdngigkeit uon der Wasserstoffbeladung Vom I?. Eriiger und G. Gehm (Mit 7 Figuren) Die Loslichkeit des Wasserstoffes in den Palladium-Silber- legierungen ist bei geringer Silberkonzentration sehr groB, z. T. sogar groljer als im reiiien Palladium, um dann bei einer Silber- konzentration voq. etwa 70 Olio auf Null herabzusinken. Die Untersuchung der Anderung der Gitterkonstanten der Palladiuni- Silberlegierungen durch Wasserstoffaufnahme , verbunden mit gleichzeitigen Widerstandsmessungen , verspricht daher weitere ,lufkl%rung iiber den Zustand des gelosten Wasserstoffes in diesen Legierungen. 1. Die Uitterkonstanten der unbeladenen Palladium-Silberlegierungen und das Vegardsche Gesetz An der Mischkristallreihe Palladium-Silber hatten F X r i i g e r und A. Sacklowskil) 1925 das Vegardsche Gesetz bestatigt. Da damals aber die MeDgenauigkeit noch gering war, schien eine Nachpriifung dieses Befundes erwiinscht. Die Versuchs- anordnung der Gitterkonstanten war dieselbe wie die in der vor- stehenden Arbeit fur das wasserstoff beladene Palladium benutzte, deren Genauigkeit 0,001 BE betrug. Vor der Messung wurden die Legierungen 2, zwecks Homogenisierung und Entfernung von Gasen im Hochvakuum mehrere Stunden zwischen 750 und SO0 O getempert. Das Tempern mnBte sehr vorsichtig geschehen, da bei einer zu hohen Temperatur wegen des relativ hohen Darnpfdruckes des Silbers sich leicht die Zusammensetzung der Legierungen andert. Nach dem Gluhen wurden die Legierungen in Wasser von Zimmertemperatur abgeschreckt und gemessen. 1) F. Kriiger u. A. Sacklo.wski, Ann. d. Phys. 78. S. 72. 1925. 2) Fur die liebenswiirdige Uberlassung der Palladium-silberlegie- rung spreehen wir der Firma G. Siebert G. m. b. H. in Hanau unseren verbindlichsten Dank aus.

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190 Annaten de7 Physik. 5. Fotqc. Band 16. 1933

Gitterkonstuntem urn& elektrische Leitfahigkeit elektrolytisch beladener

Pa Z Zadiurn- Si Zber Zegierzcngen i m Abhdngigkeit uon der Wasserstoffbeladung

Vom I?. E r i i g e r und G. G e h m

(Mit 7 Figuren)

Die Loslichkeit des Wasserstoffes in den Palladium-Silber- legierungen ist bei geringer Silberkonzentration sehr groB, z. T. sogar groljer als im reiiien Palladium, um dann bei einer Silber- konzentration voq. etwa 70 O l i o auf Null herabzusinken. Die Untersuchung der Anderung der Gitterkonstanten der Palladiuni- Silberlegierungen durch Wasserstoffaufnahme , verbunden mit gleichzeitigen Widerstandsmessungen , verspricht daher weitere ,lufkl%rung iiber den Zustand des gelosten Wasserstoffes in diesen Legierungen.

1. Die Uitterkonstanten der unbeladenen Palladium-Silberlegierungen und das Vegardsche Gesetz

An der Mischkristallreihe Palladium-Silber hatten F X r i i g e r und A. Sacklowski l ) 1925 das Vegardsche Gesetz bestatigt. Da damals aber die MeDgenauigkeit noch gering war, schien eine Nachpriifung dieses Befundes erwiinscht. Die Versuchs- anordnung der Gitterkonstanten war dieselbe wie die in der vor- stehenden Arbeit fur das wasserstoff beladene Palladium benutzte, deren Genauigkeit 0,001 BE betrug. Vor der Messung wurden die Legierungen 2, zwecks Homogenisierung und Entfernung von Gasen im Hochvakuum mehrere Stunden zwischen 750 und SO0 O getempert. Das Tempern mnBte sehr vorsichtig geschehen, da bei einer zu hohen Temperatur wegen des relativ hohen Darnpfdruckes des Silbers sich leicht die Zusammensetzung der Legierungen andert. Nach dem Gluhen wurden die Legierungen in Wasser von Zimmertemperatur abgeschreckt und gemessen.

1) F. Kriiger u. A. Sacklo.wski , Ann. d. Phys. 78. S. 72. 1925. 2) Fur die liebenswiirdige Uberlassung der Palladium-silberlegie-

rung spreehen wir der Firma G. Siebert G. m. b. H. in Hanau unseren verbindlichsten Dank aus.

F. Kruger u. G. Gehna. Gitterkonstanten usw. 191

Die gefundenen Werte gibt die folgende Tab. 1 an, die in der I. Kolumne die Gewichtsprozente Silber, in der 11. Kolumne die htomprozente Silber, in der 111. Kolumne die gefundenen Gitter- konstanten, in der IV. Kolumne die nach Vegard berechneten Gitterkonstanten, in der V. Kolumne die Differenz zwischen beiden enthalt.

39;73 45,73 64,73 59,74 69.78

Tabe l l e 1

3;550 3,970 3,980 3,990 4.011

Gewiehts-o/o Silber

19184 89,52

100,o

0 10 15 20 30 40 50 55 60 70 80 50

100

41030 4,052 4,078

3,884 3,899

14.86 3,908 3;916

29.77 I 3,933

IV

Berech. Gitterkonst.

3,884 3,9034 3,9131 3,9228 3,9422 3,5616 3,9810 3,5907 4,0004 4,0198 4,0392 4,058ti 4,0780

v Differenz

der Gitterkonst.

- 0,004 0,005 0,007 0,009 0,012 0,011 0,011 0,010 0,009 0,009 0,007 -

Die graphische Darstellung zeigt Fig. 1; sie zeigt ebenso wie die Tabelle, daB zwar kleine aber deutliche Abweichungen vom Vegardschen Gesetz vorliegen. Diese Abweichungen haben bei Mischkristallen mit 50 zu 50° / , und in deren %he die grijsten Werte W 5 - mit 0,Ol BE.

Wahrend die Gitter- konstanten aller Legie- $00 - rungen eine Abweichung vom Vegardschen Ge- setz zeigten, hatten die Qitterkonstanten der Le-

A"

495 .-

gierungen mit 20 und 60 O/" Silber anfangs ziemlich die GroBe, wie sie das Vegardsche Ge- setz verlangt, ergeben, obwohl die Kurve der Leitfahigkeit (vgl. unten,

Fig. 1. Gitterkonstanten der Pd-Ag-Legierungen

192 Arcnalen der Physik. 5. Folge. Band 16. 1933

S. 199) an diesen Stellen keine Unstetigkeit zeigte. Piese Un- regelmafligkeiten hgtten vielleicht von einer falschen Angabe der Zusammensetzung der Legierungen herriihren konnen. Eine von der Firma G. Siebert G. m. b. H. in Hanau durchgefiihrte Analyse ..ergah jedoch eine auf wenige Hundertstel Prozent, genaue Ubereinstimmung der Zusammensetzung mit dem an- gegebenen Rerte. Die UnregelmaBigkeit inuflte also eine andere Ursache haben. Kun zeigte sich, daW nur eine diinne Schicht an der Oberflache eine groJ3ere Gitterkonstante hatte; entferiite man die Oberflachenschicht durch Schmirgeln, so ergaben sich Il’erte der Gitterkonstante, die sich der gezeichneten Kurve vollig einreihten. So ergab die Untersuchung der Legierung mit 60° / , Silber z. B. folgende \l/\’erte:

An der Oberfliiche . . . . . . . 3,999 AE. Nach Abschmirgeln von etwa 0,03 mm 3,996 BE. Nach Abschmirgeln von 0,1 nim . . . 3,988 AE.

Also schon in einer Tiefe von 0,l mm stimmte dic Abweichung mit den iibrigen Werten uberein. Diese Abweichung fur 20 und 60 O l i o Silber riihrt wahrscheinlich von Verunreinigungen an der Oberflache her, eine Beobachtung, die beim Palladium auch schon von I. D. Hanawal t ’ ) gemacht wurde. Die K,- Linien der Kupferstrahlung dringen nur sehr wenig in die Palladium-Silberlegierungen ein. Eine einfache Rechnung uber die Abhangigkeit der Intensitat von der durchsetzten Dicke, ausgefiihrt fiir eine Legierung von 20°/, Silber ergibt, daB praktisch nur eine Schichtdicke von 0,Ol inm fur die Reflexion in Frage kommt. Da die Dichten der Metalle Silber und Palladium beinahe gleich sind, gilt dies, abgesehen von minimalen Abweichungen, auch fiir alle iibrigen Mischkristalle dieser Reihe. Die verunreinigte Oberflachenschicht, die die abweichende Gitterkonstante hatte, braucht also nur etwa 3--4.1Om4 CLU zu betragen, um ein d l i g falsches Bild der wahren Gitterkonstante zu ergeben.

Als die% Messungen schon fertig waren, erschien in der Festschrift von G. Siebert G. m. b. H. eine Abhandlung von W. S tenze l und J . Weer t s” , in der sie bei einigen Palladium- Silberlegierungen fiir die Gitterkonstanten ebenfalls eine Ab- weichung im Sinne niedrigerer Werte vom Vegardschen Gesetz feststellten. Die groBte Abweichung fand sich bei der Legierung

1) I.D. Hanawa l t , Phys.Rev. 33. S. 444. 1929. 2) W. Stenze l u. J. Weer t s , Festschr. z. 50j. Bestehen d. Platin-

schmelze G. Siebert G. m. b. H., Hanau-Main, 1931, S. 288.

F. Kruger u. G. Gehm. Gitterkonstanten usw. 193

mit 52,9O/, Palladium und betrug 0,007 BE. Die hier gefun- denen Abweichungen vom Vegardschen Gesetz stimmen also in Richtung und GroBe mit den von W. S t e n z e l und J. W e e r t s gefundenen iiberein.

0,54 O,62 0,69 0,76 0,80

60-?Oo/, Silber auf Gitterkonstanten bei drei Legierungen ge- messen, namlich sol- chen rnit 90, 70 und rnit 60 O / , Palladium.

Die Legierungen wurden bei Zimmer- temperatur bei der- selben Stromdichte wie beim reinen Pal- ladium verschieden lange mit Wasser- stoff beladen; die je- weilige Konzentration wurde ebenfalls mit- tels zweier hinterein- andergeschalteterVo1- tameter bestimmt.')

3,998 3,999 4,002 4,017 4,024

2. Die Gitterkonstanten der wasserstoffbeladenen Palladium- Silberlegierungen als Funktion der Wasserstoffkonsentration

Die Loslichkeit des Wasserstoffes in den Palladium-Silber- legierungen nimmt rnit zunehmendem Silbergehalt mehr und mehr ab, um bei einer Konzentration der Legierungen zwischen

Null zu sinken. Es wurden hier die verschiedener Wasserstoffbeladung von

A" 904

quo c"p W I $

m i I , 45 'Pa 0

Fig. 2. Gitterkonstante und Widerstands- Verhaltnis der 90 "loigen Pd-Ag.Legierung

als Funktion der H-Konzentration

Die Messungen an der 90°/, Pd-Legierung bei verschie- dener Wasserstoffkonzentration gibt die Tab. 2 wieder; sie sind in Fig. 2 graphisch dargestellt.

Tabel le 2

Absorb. H in HjPd

Gitterkonst. in IE

Absorb. H Gitterkonst, in HjPd

0,13 0100 I 3.899 I 31906

3,998 3,997

{ 3,9Y7

3;9ys I 1) Vgl. F. K r u g e r u. G. G e h m , Ann. d. Phys. [5] 16. S. 179. 1933.

Annalen der Physik. 5. Folge. 16. 13

194 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 16. 1933

Auch hier wird, wie beim reinen Palladium, das Gitter nur gedehnt, der Gittertypus bleibt unverandert. Man sieht, daB auch hier in einem mittleren Interval1 zwei Gitter- konstanten vorhanden sind und daf3 die Linien der ersten mit, zunehmender Wasserstoff beladung an Intensitat schnell ab- nehmen, wahrend die der zweiten schnell wachsen. Es existieren hier also auch zwei Phasen, denen zwei verschiedene gesattigte Losungen entsprechen. Ein Unterschiecl gegeniiber dem reinen Palladium ist insofern vorhanden, als die Gitterdehnung, die der wasserstoffarmen Phase entspricht , relativ grol3er ist als beim reinen Palladium, namlich 0,007, und umgekehrt die Dehnung des Gitters der wasserstoffreichen Phase lileiner ist als die der entsprechenden Phase beim reinen Palladium, namlich 0,099 BE betragt. Die Gitterkonstanten der beiden

Phasen sind also hier weniger voneinander verschieden als beim reinen Palladium. Die erste Phase ist voll ausgebildet bei einer Konzentration von

0 a5 {O 2 etwa G = 0,1, die pd zweite bei einer Kon-

Fig. 3. Gitterkonstanten der 70°/,igen zentration = 0,70 H/Pd; danach Pd-Ag-Legierung als Funktion der H-

Konzentration tritt dann bei einem

ziemlich schroffen Knick ein der Wasserstoffbeladung propor- tionales Wachsen der Gitterkonstante ein.

Das Resultat der entsprechenden Messungen an der Legierung mit 70"//, Pd und 30°/ , Ag gibt die Tab. 3 , ihre graphische Darstellung Fig. 3.

$95

$92 JoJ Absorb. H in HjPd

O,oo 0,13 0,30 0,45

Gitterkonst. Absorb. H Gitterkonst. in LE in H/Pd in AE

3,924 0,57 ~ 3,976 3,943 0,90 3,977

3,074 1,08 I 4,011 3,943 0,95 I 3,994

F. Kriiger u. G. Gehm. Gilterkonsianfen usw. 195

Dehnung der wasserstoffarmen Phase ist gestiegen auf 0,019 BE, die der WasserstoEreichen ist gesunken auf 0,050 BE.

Tab. 4 enthalt das Resultat cler Messungen an der wasser- stoffbeladenen Legierung mit 60°/, Pd und 40°/, Ag.

Tabe l l e 4

Absorb. H Gitterkonst. Absorb. H Gittertonst. in HiPd in XE in H t P d in AE

3,946 0,52 3,976 0,18 3,961 0,64 3,988 0,36 3,972 0,82 4,002

Diese Ergebnisse sind in Fig. 4 graphisch dargestellt. Man sieht, daB die Gitterkonstanten der beiden Phasen

sich wieder einander genahert haben; die Dehnung der wasser- stoffarmen Phase betragt jetzt 0,015, die der wasserstoffreichen Phase 0,026 AE. Gleichzeitig ist das Existenzgebiet beider Phasen kleiner geworden uncl auf ein Kon- zentrationsintervall von 0,2 bis etwa 0,5 H/Pd gesunken.

A"

a70

N 3 9 5 r , , 3,94

0 a5 P&j Pd 25

Fig. 4. Gitterkonstanten der 60 o/oigen Fig. 5. Gitterkonstanten wasser- Pd-Ag-Legierung als Funktion der stoffbeladener und unbeladener

H-Konzentration Pd-Ag-Legierungen als Funk- tion der Zusammensetzung

Uni einen Uberblick zu geminnen, wie sicli die verschie- denen Phasen bei wachsendem Silbergehalt andern, ist in Fig. 5 als Bbszisse der Silbergehalt in Gewichtsprozenten und als Ordinate die Gitterdehnung in hgstromeinheiten gewiihlt worden. Die Kurven stellen dann die Gitterdehnungen in Angstrom- einheiten der beiden Phasen dar, und zwar I1 die der wasser- stoffarmen Phase, I11 die der wasserstoffreichen Phase. Die Gitterkonstanten der Legierungen sind in der Bezugsknrve I gleich Null gesetzt. Nit wachsendem Silbergehalt wird die Differenz zwischen den Gitterkonstanten der wasserstoffarmen

13 *

196 Annaten der Physik. 5. Polge. Band 26. 1933

Phase und dem unbeladenen Zustand grol3er (Kurve I1 in Fig. 5 steigt), wahrend die Differenz zwischen dem Werte der wasser- stoffreichen Phase und dem unbeladenen Zustand kleiner wird (Kurve 111 fallt). Die Differenz der Gitterdehnungen der beiden Phasen sinkt also mit zunehmendem Silbergehalt der Legie- rungen. Zwischen 40 und 50°/ , Silbergehalt treffen sich die beiden Kurven, so daB von da ab nur noch ein einphasiges Gebiet existieren kann.

Bei Beginn der Wasserstoff beladung bildet sich zunachst unter Dehnung des Gitters die erste wasserstoflarme Phase aus, bis bei einer bestimmten Konzentration die zweite Phase auf- tritt; ist dann die ganze Legierung bis zur Konzentration der zweiten Phase gesattigt, so tritt wieder eine Dehnung des Gitters auf, und zwar der Wasserstoffbeladung proportional, wahrend die erste Dehnung von der unbeladenen Legierung bis zur ersten Phase der Wurzel aus dem Druck proportional ist. Indem mit steigendem Silbergehalt der Legierung sich die Gitterkonstanten der beiden Phasen einander nahern, wird gleichzeitig das Konzentrationsintervall, in dem beide Phasen koexistent sind, wie besonders ein Vergleich der Fig. 2 und 4 zeigt, immer enger, bis es gleichzeitig mit dem Zusammenfallen der beideu Gitterkonstanten gleich Null wird.

3. Die maximale Wasserstoffabsorption der Palladium-Silberlegierungen

Beim reinen Palladium erfordei-t die Herstellung des Druck- konzentrationsgleichgewichtes bei thermischer Beladung, selbst bei Temperaturen von etwa looo, mehrere Stunden, bei tiefen Temperaturen mehrere Tage bei nicht zu dicken Blechen oder Drahten; bei elektrolytischer Beladung, die schon bei geringen Stromdichten sehr hohen Drucken entspricht (nach L i n d e und Bore l iu s einer Stromdichte von 1 Amp./cm2 ein Druck von etwa 1 2 000 Atm.), erfolgt die Einstellung des Gleichgewichtes schneller. Jedenfalls kann man bei reinem Palladium bei hinreichend langsamer Beladung sicher sein, das Gleichgewicht erreicht zu haben , meil eben die Diffusionsgeschwindigkeit I)

des Wasserstoffes im Palladium hinreichend pol3 ist. I n den Palladium-Silberlegierungen nimmt die Diffusions-

geschwindigkeit mit zunehmendem Sillsergehalt der Legierungen, wie A. Coehn und H. Baumgar t en2) fur die elektrolgtische

1) W. Nerns t u. A. L e s s i n g , Nachr. d. Ges. d. Wiss. Giittingen

2) A. C o e h n u. H. Baumgarten, Ztschr. f. phys. Chem. 150. S. 146. 1902.

S. 545. 1927.

F. Kriiger u. G. Gehm. Gitterkonstanlen usx. 197

Beladung bei Zimmertemperatur gezeigt haben, ab und wird bei Legierungen mit mehr als 50°/0 Silber praktisch gleich Null.

Um hier eine gleichmaBige U7asserstoff beladung im ganzen beladenen Volumen zu haben, mug man daher in hoherem MaBe die Oberflache groB im Qergleich zum Volumen halten und die Beladungszeiten lang genug wiihlen. Dab besonders die erstere dieser Voraussetzungen nicht immer hinreichend beachtet ist, hat die widersprechenden Resultate fiir die Maximalloslichkeit des Wasserstoffes in den Palladium-Silberlegierungen als Funktion des Silbergehaltes ergeben, die sich in der Literatur finclen.

Bei hijherenTemperaturen hat A. S ieve r t s l) die Aufnahme des Wasserstoffs aus der Gasphase in den Palladium-Silber- legierungen gemessen. Seine Untersuchungen erstrecken sich auf Temperaturen zwischen 13S0 und S20°; er findet ein aus- gesprochenes Maximum der Wasserstoffabsorption bei 40°/, Silber bei 270O. Dann betriigt das absorbierte Volumen iiber das Vierfache gegenuber dem beim reinen Palladium. Nach Zimmertemperatur extrapoliert wird wahrscheinlich relativ die Loslichkeit beim Maximum fur Wasserstoff wieder geringer.

Fur die elektrolytische Wasserstoff beladung haben dagegen verschiedene Autoren ein sehr verschiedenes Verhalten der maximalen Wasserstoffloslichkeit in den Palladium-Silber- legierungen als Funktion des Silbergehalts gefunden : L. N o w a c k z, fand in einer auf Anregung von G. Tamniann angestellten Untersuchung ein gut ausgepragtes Maximum der Loslichkeit zwischen 20 O / , , und 30 ''1" Silbergehalt der Legierung, und ahnlich erhielten A. Coehn und K. Ju rgens3 ) ein solches Maximum bei etwa 20 O/,, bis 30 o/o Silbergehalt; im Gegensatz dazu konstatierten E'. Kri iger und A. 8acklowski4) und neuer- dings wieder J. S ~ h n i e d e r m a n n ~ ) eine nahezu lineare Ab- nahme der Loslichkeit des Wasserstoffs in den genannten Legie- rungeii mit zunehmendem Silbergehalt, jedenfalls keine An- deutung eines Maximums.

Die Wiederholung dieser Absorptionsversuche ergab zu- nachst auch eine lineare Abnahme der Laslichkeit mit zu- nehmendem Silbergehalt und kein Maximum derselben. Eine einfache Berechnung aber zeigt, daB dieser Unterschied in der verschiedenen Gestalt der Loslichkeitskurve in MeBfehlern

1) A. Sieve r t s , Ztschr. f. anorg.Chem. 92. S. 329. 1915. 2) L. N o w ack, Ztschr. f. anorg. u. allg. Chem. 113. S. 1. 1920. 3) A. C o e h n u. H. J u r g e n s , Ztschr. f. Phys. 71. S. 179. 1531. 4) F. K r u g e r u. A. S a c k l o w s k i , a. a. 0. auf S. 190 5) J. Schn iede rmann , Ann. d. Phys. [5] 13. S. 761. 1932.

198 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 16. 1933

nicht begriindet sein kann. Dagegen legte die, wie oben er- p-ahnt, rnit steigendem Silbergehalt der Legierungen immer starkere Abnahme der Diffusionsgeschwindigkeit des Wasser- stoffs in den Legierungen den Verdacht nahe, da8 die Ver- schiedenheit der Resultate darin begriindet sein konnte, daB die verschiedenen Autoren Legierungen rnit verschiedenem Ver- haltnis von Oberflache zu Volurnen benutzten und bei einem ungiinstigen Wert dieses Verhaltnisses vielleicht keine voll- standige Beladung, also kein Gleichgewicht erreicht hatten. Auf diese Moglichkeit weist die Tatsache hin, daB auch hier zunachst bei den stabf ormigen Legierungen rnit quadratischem Querschnitt yon 1 mm Kantenlange der lineare Abfall der Wasserstoff loslichkeit gefunden wurde, daB F. Kr i iger und A. Sack lowsk i Bleche von mindestens 0,5 mm Dicke und J. S c h n i e d e r m a n n Drahte von 0,5 mm Querschnitt benutzten, wahrend A. Coehn und H. J i i r g e n s Drahte von nur 0,l mm fur ihre Versuche verwandt hatten. Es war daher wahr- scheinlich, daS sich bei den dickeren Blechen und Drahten nur die augeren Schichten, aber nicht das ganze Volumen rnit Wasserstoff gesattigt hatte; dann war in diesem Fall natiirlich

nur ein linearer Abfall der Loslichkeit mit zunehmendem Silbergehalt zu erwarten.

Um diese Frage zu klaren, wur- den zunachst die Stabe der Legie- rungen mit 20 und 30°/, Silber zu Drahten von 0,l mm Uurchmesser ausgezogen und rnit diesen die Los- lichkeit bei elektrolytischer Beladung 0

50%Ag in der in der vorstehenden Arbeit Pd 25

Fig. 6. Loslichkeit des geschilderten Weise bestimmt. Die Wasserstoffs in Pd-Ag- erhaltenen Resultate sind in Fig. 6

eingetragen. Man sieht , obwohl hier Legierungen

nur fur zwei Losungen in dem in Betracht kommenden Kon- zentrationsgebiet die Liislichkeit an den diinnen Drahten be- stimmt wurde, daB sich jetzt wie bei L.Nomack und A. Coehn und H. J i i rgens ein ausgesprochenes Maximum ergibt.

Hier diirfte also das Losuiigsgleichgewicht erreicht sein, wahrend das bei den dicken Blechen und Drahten nicht der Fall war, weshalb irrtiinilich ein linearer Abfall der Loslichkeit gefunden war. Eine nahere Untersuchung dieser Verhaltnisse nicht nur bei den Palladium-Silberlegierungen, sondern auch bei den Palladium--Goldlegierungen ist im Gange.

Da die Bestimmungen der Gitterkonstanten, wie oben er-

1/

500 'O*n

F. Kriiger u. G. Gehm. Gitterkonstanten usw. 199

wahnt, an den dicken Staben mit quadratischem Querschnitt von 1 mm Kantenlange angestellt waren, mufiten die ihnen bei der jeweiligen Wasserstoffbehandlung entsprechenden Wasser- stoff konzentrationen korrigiert werden, indem die Konzentration jeweils mit dem Verhaltnis der Ordinate der beiden Kurven in Fig. 6 multipliziert wurde; die so korrigierten Werte sind in den Tabellen 2-4 und in den Fig. 2-4 eingetragen.

4. Leitfiihigkeitsmessungen der wasserstoffbeladenen Palladium-Silberlegierungen

Wie in der vorstehenden Arbeit wurden auch hier die Leitfahigkeitsmessungen an denselben Staben wasserstoff- beladener Palladium-Silberlegierungen vorgenommen, an dem bei der betreffenden Wasserstoffbeladung die Gitterbonstante bestimmt-, war. So konnten diese Messungen zur Stutze der aus den Anderungen der Gitterkonstanten fur die Konstitution des Wasserstoffs in den Legierungen gezogenen 7~ Schlusse dienen. 75 -

Die Messungen wurden genau so an- gestellt, wie die in der vorhergehenden Arbeit an wasserstoff belade- nem Palladium vorge- nornmenen. Der Quer- schnitt der Stabe der Legierungen wurde an I

ru-

zehn verschiedenen rue% 50% rco % Stellen gemessen und pd AS daraus das Mittel ge- Fig. 7. Leitfahigkeit der Pd-Ag-Legierungeu rmommen.

Zunachst wurden die bereits von einer grofieren Zahl von Forschern gemessenen Leitfiihigkeiten der unbeladenen Pal- ladium-Silberlegierungen wiederholt. Die Resultate sind in Tab. 5 aufgefuhrt und in Fig. 7 graphisch dargestellt.

Es ergibt sich fur die Leitfahigkeitskurve als Funktion des Prozentgehalts der Legierungen die bekannte Kettenlinien- form, wie sie fur Mischkristalle charakteristisch ist, und wie sie fiir diese Legierungen besonders in den neueren Arbeiten von W. Geibel l ) und von 9. Coehn und H. J i i rgens2) gefunden wurden.

1) W. G e i b e l , Ztschr. f. auorg. Chem. 70. S. 240. 1911. 2) A. Coehn u. H. J u r g e n s , a. a .0 .

200 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 16. 1933

Tabe l l e 5

Gewichts-O/, Silber

0 10 20 30 40 50

Leitfahigk. T::i- Gewichts-o/o Leitfahigk. Silber x . 10-4

F

8,61 1,16 60 4,05 3,66 2,73 70 5,98

2,30 4,35 90 15,2

3,03 3,31

2,70 3,70 80 9,lO

230 4,55 100 59,5

Wider- stand * 10-4

2,47 1,67

0,66 0,17

1,10

Das Verhaltnis des Widerstandes der maximal mit Wasser- stoff beladenen Legierungen zu dem der unbeladenen ist von A. Coehn und H. J u r g e n s gemessen; die von ihnen erhaltenen Kurven zeigen nach einem anfanglich steilen Abfall eine fast lineare Abnahme mit zunehmendem Silbergehalt der Legie- rungen; bei einer Legierung mit SO0/,, Silber ist keine Wider- standserhohung mehr nachzuweisen, da hier auch die Wasser- stoffaufna.hme schon sehr klein gewprden ist.

Hier kam es darauf an, die Anderuug des Widerstandes bei verschiedenen Wasserstoffkonzentrationen bei derselben L'egierung zu bestimmen. Das geschah bei einer Legierung von 9O"/, P d und loo/, Ag; die MeBresultate sind in Tab. 6 wiedergegeben als W/W,-Werte, d. h. die Verhaltnisse der Widerstande der wasserstoffbeladenen zu den Widerstanden der unbeladenen Legierung; in Kurve G in Fig. 2 sind diese Messungen graphisch dargestellt.

Tabe l l e 6

Absorb. H in HjPd

Leitf ahigkeit % . 10-4

4 0.00 Or13 0,20 0,34 0.45 0154 0,62 0,69

0,80 0,76

3,66 3,50 3.41 3135 3,27 3,lO 3.13 3;05 3,02 3,Ol

2,86 2.93 1.08 2;99 3,06 3,13 1,15 3.19 1.17 3125 1;19

3,31 1,21

Man sieht, daB diese Kurven der relativen Widerstands- anderung in den1 Gebiet, in dem nach der Bestimmung der

F. Kriiger u. G. Gehm. Gitterkonstanten usw. 201

Gitterkonstante zwei Phasen existieren, einen linearen Verlauf hat, analog wie die entsprechende Kurve bei dem wasserstoff- beladenen Palladium. Die Linearitat der Widerstandskurve bestatigt also das Vorhandensein zweier Phasen in diesem Gebiet.

Bei den iibrigen Legierungen, bei denen die Gitterkonstanten gemessen wurden, laat sich wohl, wie Coehn und J u r g e n s gezeigt haben, die Widerstandsiinderung bei maximaler Be- ladung bis zu der Legierung zu 60°/, Ag noch nachweisen, aber die Abhangigkeit von der Rasserstoffkonzentration 71;gre doch nur schwer genau zu verfolgen gewesen, da der Maximal- effekt bei der Legierung mit 70° / , Palladium nach A. Coehn und H. J i i rgens hier nur noch etwa ein Drittel so groB ist, wie bei der Legierung mit goo/, Palladium. Diese Kurven nurden daher nicht aufgenommen.

Buaammenfassung

Aus den Messungen der Gitterkonstanten und des elek- trischen Widerstandes in Abhangigkeit von der Starke der Wasserstoff beladung bei den Palladium-Silberlegierungen ver- schiedener Zusammensetzung ergab sich, daW sich diese Legie- rungen, soweit sie Rasserstoff aufnehmen, d. h. bis zu einem Silbergehalt von 60-70 " i0 , ganz so verhalten wie das Palladium selbst bei verschiedenen Wasserstoffbeladungen, d. h., zunachst tritt cine Dehnung des Kristallgitters auf, die aber schon bei einem geringen M-asserstoffgehalt von etwa c = 0,l H/Pd ab- geschlossen ist; bei starkerer Tasserstoffbeladung beobachtet man das gleichzeitige Vorhandensein von zwei Gittern. ein weniger und ein starker niit Wasserstoff beladenes und ge- dehntes Gitter. In diesem Gebiet existieren also zwei Phasen nebeneinander, die nach Analogie der Verhaltnisse beim Pal- ladium als zwei verschiedene gesiittigte Lijsungen von Wasser- stoff in den Legierungen aufzufassen sind. Die Kurve der mit zunehmender Wasserstoff beladung auftretenden elektrischen Widerstandszunahme, die in diesem Bereich, wie cine MeBreihe bei der Legierung bei 9O0/" Palladium zeigt, linear verlauft, bestatigt diese Auffassung. Mit zunehmendem Silbergehalt der Legierungen nahern sich die beiden Gitterkonstanten der beiden Phasen mehr und mehr und entsprechend verkiirzt sich der Konzentrationsbereich, in dem beide koexistent sind. Durch Extrapolation ergibt sich, da8 von einem Silbergehalt der Legie- rungen von mehr als etwa 45O/, Silber an nur noch cine Phase vorhanden sein kann.

202 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 16. 1933

Die Diskrepanz in den Messungen der Loslichkeitskurve des Wasserstoffs bei den Palladium-Silberleglerungen in Ab- hangigkeit Tom Silbergehalt, fur die einige Forscher bei elektro- lytischer Beladung ein Maximum bei einem Silbergehalt von etwa 30°/ , Silber, andere dagegen ein lineares Abnehmen mit zunehmendem Silbergehalt gefunden hatten, wurde aufgeklirt. Es zeigte sich namlich, daB wegen der mit zunehmendem Silber- gehalt der Legierungen stark abnehmenden Diffusionsgeschwindig- keit des Wasserstoffs bei dicken Blechen und Driihten wesent- lich nur eine Beladung der Oberflichenschichten eintrat, daD sich dagegen bei diinnen Blechen und Drahten eine gleich- miifiige Beladung iiber den ganzen Querschnitt, also ein wirk- liches Gleichgewicht ausbildet und dann auch das, von der thermischen Beladung bei hohen Temperaturen her bekannte Maxiniuni der Loslichkeit des Wasserstoffs bei einem Silber- gehalt der Legierungen von etwa 40 O l 0 auch bei elektrolytischer Beladung bei Zimmertemperatur auftritt.

Hrn. Dr. E. Nahr ing sind wir fiir standige Unterstiitzung bei den rontgenographischen Aufnahmen zu Dank verpflichtet.

Gre i f s wald, Physikalisches Institut der Universitgt, 22. August 1932.

(Eingegangen 26. Oktober 1932)