gleicher lohn für gute arbeit
DESCRIPTION
Broschüre, Informationen für BetriebsräteTRANSCRIPT
Informationen für
Betriebsräte
Gleicher Lohn für Gute Arbeit
Entgeltgleichheit im Betrieb
• Erstellung einer Entgeltanalyse
• Entgeltgleichheit mit Aktionen zum Thema machen
• Herstellung von betrieblicher Entgeltgleichheit
Wir machenGute Arbeit
Einführung 3
1 Schritt: Erstellung einer Entgeltanalyse 4
2 Schritt: Entgeltgleichheit im Betrieb zum Thema machen! 8
3 Schritt: Entgeltgleichheit herstellen! 11
Rechtliche Grundlage, Kurzübersicht für die betriebliche Praxis 13
»Wir machen Gute Arbeit!« Informationen zur aktuellen Kampagne der IG BCE 15
Inhalt
2
Gleicher Lohn für gute Arbeit
Der Erhalt eines regelmäßigen Arbeitsentgelts bedeutet für die Beschäftigten die Sicherung ihrer Existenz einerseits und Anerkennung und Wertschätzung der erbrachten Leistung andererseits Für die IG BCE ist Entgeltgleichheit der Grundsatz, dass eine Tätigkeit, die gleiche Anforderungen verlangt, auch gleich bezahlt werden muss In Deutschland lassen sich so z B Entgeltunterschiede zwischen den Geschlechtern und besonders zwischen Leiharbeitsbeschäftigten und der Stammbelegschaft sehr deutlich feststellen Aktuell erhalten Frauen hierzulande ø 23,2% weniger Lohn als ihre männlichen Kollegen Diese Diskrepanz ist sogar größer als bei den europäischen
Entgeltgleichheit bedeutet, dass
•Frauen wie Männer
•Leiharbeitnehmer wie die Stammbelegschaft
•junge Mitarbeiter wie ältere Beschäftigte
•Behinderte wie Gesunde
entlohnt werden müssen, wenn sie die gleiche Arbeit leisten.
Einführung
Nachbarn (ø 17,8 %) Die Ungleichbehandlung von Leiharbeitskräften ist noch größer Sie verdienen bei gleicher Arbeit bis zu 45 % weniger als die Stammbelegschaft Eine erfolgreiche und zukunftsorientierte Tarif poli tik ist für die Entgeltgerechtigkeit die Grundvoraus setzung Dennoch werden auch bei der Anwendung von Tarifverträgen Beschäftigte unterschiedlich bezahlt Den sich daraus ergebenden Handlungsauftrag, besonders für die betriebliche Interessenver tretung, will diese Broschüre aufgreifen, Ansetzungspunkte vorstellen und Instrumente zur Herstellung von Entgeltgerechtigkeit präsentieren
3
Das Betriebsverfassungsgesetz bietet für den Betriebsrat bei der Bearbeitung des Themas Entgeltgleichheit verschiedene Mitbestimmungs und Mitwirkungsrechte (siehe Übersicht rechtliche Grundlagen S 13) Durch das Einblicksrecht in die Bruttoentgelte kann sich der Betriebsrat einen Überblick verschaffen, wie die tatsächliche Entgeltsituation im Betrieb ist Da die Betriebsräte die Arbeitsplätze meist sehr gut kennen und wissen, welche Mitarbeiter an welchem Arbeitsplatz beschäftigt sind, kann man sich durch eine Prüfung der Bruttoent gelte einen ersten Überblick über mögliche Ungerechtigkeiten im Betrieb verschaffen
In dieser Broschüre sollen darüber hinaus zwei Instrumente vorgestellt werden, die bei der Erstellung einer Entgeltanalyse helfen können
Logib-D (www.logib-d.de)
Um den Grundsatz »Gleicher Lohn für gleiche Arbeit« in den Unternehmen verwirklichen zu können, bietet das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) seit 2010 einen frei willigen Selbsttest zur Prüfung von Entgeltgleichheit an: LogibD steht für »Lohngleichheitsinstrument des Bundes – Deutschland« und wurde in der Schweiz entwickelt
Was kann Logib-D? Mit LogibD wird gemessen, ob alle Beschäftigten bei gleichen Voraussetzungen und gleichem Arbeitsplatz das gleiche Einkommen erhalten Die Vorteile von LogibD sind • leichte Anwendbarkeit,• geringer Arbeitsaufwand bei der Durchführung, • Standardisierung der angewendeten Kriterien
Was prüft Logib-D?• Ob eine Entgeltdifferenz imGesamtbetrieb exis
tiert oder ggf an einzelnen Standorten des Unternehmens
• Ob gleiches Entgelt bei gleicher Ausbildung, gleichem Dienstalter und gleicher potentieller Erwerbserfahrung gezahlt wird
• ObdiegleichlautendenStellenundArbeitsplätzeim Unternehmen eine gleiche berufliche Stellung mit gleichem Anforderungsniveau bei gleicher Ausbildungsvoraussetzung, gleichem Dienstalter und gleicher potentieller Erwerbserfahrung aufweisen
Wie wird Logib-D verwendet?Bestandteile des Werkzeugs LogibD zur Analyse betrieblicher Entgelt und Personalstrukturen sind eine Regressionsanalyse, eine Entgelt und Personalstrukturanalyse sowie eine Vergütungsberatung
Auf der Internetseite www logibd de steht ein excelbasiertes Erfassung und Auswertungsstool kostenlos zur Verfügung Mit dem sogenannten »WebTool« zu LogibD können die Daten auch mit geringem Aufwand direkt online analysiert werden
Zur Erleichterung der Datensammlung wird überwiegend auf Daten zurückgegriffen, die der Arbeitgeber bei der Meldungen zur Verdienststrukturerhebung an das Statistische Bundesamt liefert oder die im Rahmen der Sozialversicherungsmeldungen erforderlich sind
Auf Knopfdruck wird ein umfassender Bericht mit den Auswertungsergebnissen, erläuternden Texten
1. Schritt: Erstellung einer Entgeltanalyse!
Gleicher Lohn für gute Arbeit©
pm
ph
oto
– Fo
tolia
com
4
und Grafiken zur sofortigen Weiterverwendung im PDFFormat erstellt
Firmen mit mehr als 50 Beschäftigten können sich online auch für ein unentgeltliches Beratungsangebot bewerben Dabei wird die Entgeltstruktur im Unternehmen bzw einem Betriebsteil aufbereitet, Ursachen für Ungleichgewichte analysiert und Ansatzpunkte zur Verbesserung der Entgeltgleichheit aufgezeigt
EG-Check (www.eg-check.de)Mit Hilfe des Analyseinstrumentes EGCheck kann überprüft werden, ob innerhalb eines Betriebes für gleiche und gleichwertige Arbeit das gleiche Entgelt gezahlt wird Entwickelt wurde EGCheck von Dr Andrea JochmannDöll und Dr Karin Tondorf mit Unterstützung der HansBöcklerStiftung Informationen, Hinweise zur Anwendung und Links zum Download sind auf der Internetseite www egcheck de zu finden
Was kann EG-Check? EGCheck• macht eine Ungleichbehandlung der Beschäftig
ten beim Arbeitsentgelt sichtbar • berechnethierfürdasfinanzielleAusmaßderBe
nachteiligungen • zeigtkonkreteUrsachenauf.
Mit Hilfe einer EGCheckDatenerhebung kann ein Diskriminierungstatbestand vor Gericht dargestellt
werden, sollte es zu einer Klage wegen Diskriminierung bei Eingruppierungen kommen So kann der EGCheck auch bei einem Diskriminierungsverdacht einzelner Kolleg(inn)en zur Überprüfung herangezogen werden
Was prüft der EG-Check?Anhand der drei Prüfinstrumente Statistik, RegelungsCheck, Paarvergleich können einzelne Entgeltbestandteile auf benachteiligende Regelungen hin überprüft werden Der EGCheck überprüft nicht pauschal das Bruttoarbeitsentgelt, weil in jeder einzelnen Entgeltkomponente spezifische Regelungen
und Kriterien enthalten sind Deswegen lassen sich mit den Instrumenten des EGCheck folgende Entgeltbestandteile überprüfen:• AnforderungsbezogenesGrundentgelt• StufensteigerungbeimGrundentgelt• Leistungsvergütung• Überstundenvergütung• Erschwerniszulage
Instrumente des eg-check.de
Statistiken Regelungs-Checks Paarvergleiche
anforderungs-bezogenes
Grundentgelt
Stufen- steigerungen
Leistungs- vergütung
Überstunden- vergütung
Erschwernis- zuschläge
prüfbare Entgeltbestandteile
Instrumente des EG-Check und prüfbare Entgeltbestandteile; Quelle: WSI-Mitteilungen, Jochmann-Döll/Tondorf 3/2011
5
Wie wird EG-Check verwendet?Der EGCheck bietet – wie ein Werkzeugkasten – modulare Instrumente zur Analyse von betrieblichen Entgeltstrukturen an Beim Einsatz von EGCheck werden die entgeltrelevanten Daten und Regelungen des Betriebes systematisch in Tabellen strukturiert und verglichen Zu den Prüfinstrumenten gehören Statistiken, Regelungschecks und Paarvergleiche Statistiken ermöglichen den Überblick über die betriebliche Entgeltpraxis und geben Hinweise auf mögliche unmittelbare oder mittelbare Benachteiligungen Die RegelungsChecks dienen der Identifizierung diskriminierender Bestimmungen in tariflichen und betrieblichen Regelungen Paarvergleiche prüfen die Entgeltgleichheit auf der individuellen Ebene zwischen einem Mann und einer Frau Die Instrumente sind jeweils für verschiedene Entgeltbestandteile konstruiert Es müssen nicht alle Entgeltbestandteile geprüft werden Der Umfang der Untersuchung kann variabel gestaltet und dem jeweiligen Bedarf entsprechend angepasst werden Die Erhebung kann das ganze Unternehmen, Betriebsteile, Abteilungen oder individuelle Vergleiche umfassen Eine betriebliche Prüfung der Entgeltgleichheit sollte im Rahmen eines Projektes gemeinsam mit dem Arbeitgeber durchgeführt werden
Aspekte Logib-D EG-check.de
Ziel Darstellung der Entgeltstruktur Prüfung von Entgeltgleichheit
Definition Entgeltgleichheit Gleiches Entgelt bei gleicher Ausstattung mit persönlichen Ausstattungsmerkmalen (Humankapitaltheorie)
Gleiches Entgelt bei gleicher und gleichwertiger Arbeit (rechtliche Grundlagen AGG und EURecht)
Prüfmethode Regressionsanalyse Statistiken, Regelungschecks, Paarvergleiche
Prüfung des Arbeitsentgelts Pauschal: Regelmäßiges Bruttomonatsentgelt und unregelmäßige Bestandteile
Jeder Entgeltbestandteil separat
Aussagekraft der Ergebnisse Aussagen über die Zusammensetzung der betrieblichen Entgeltlücke
Ausagen über: – die Höhe von Benachteili gungen – Diskriminierende Elemente in Regelungen – Ursachen der Benachteiligung
Quelle: WSI-Mitteilungen, Jochmann-Döll/Tondorf 3/2011
Vergleich Logib-D/E-CheckDer Vorteil des LogibD liegt in seiner einfachen Anwendung und schnellen Handhabung für einen Einstieg in das Thema Entgeltanalyse Für eine Sensibilisierung/Thematisierung von Ungleichheiten im Betrieb können schon wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden LogibD erhebt in erster Linie personenbezogene Daten für den Nachweis genereller Entgeltunterschiede und geht dabei im Vergleich mit EGCheck weniger ins Detail Der EGCheck verfügt über eine Vielzahl von Modulen und Instrumenten und bietet damit die Möglichkeiten einer tiefer gehenden Analyse Die differenzierte Datenlage enthält deutlich mehr Hinweise auf potentielle Handlungsfelder im Unternehmen Tritt bei einem statistischen Vergleich beispielsweise ein Verdacht auf, kann mit einem Paarvergleich ins Detail gegangen werden
Empfehlung:Wer den differenzierten Zugang sucht und untersuchen muss, ob ggf konkret diskriminierende Regelungen existieren, welche Ursachen für die Benachteiligung vorliegen und wie diese zu beseitigen sein könnten, der sollte den EGCheck als Entgeltanalyseinstrument verwenden
6
Gleicher Lohn für gute Arbeit
Josef Braun, Papierfabrik August Koehler AG
Warum habt Ihr Euch als Betriebsrat mit dem Thema Entgeltgleichheit beschäftigt?Noch vor einigen Jahren hatten Frauen in unserem Unternehmen beim Thema gleiche Entlohnung schlechte Karten Sie waren im gewerblichen Bereich unseres Unternehmens oft mit den körperlich schwersten Arbeiten betraut und wurden in den untersten Lohngruppen bezahlt Das mussten wir ändern Durch die Initiativen des Betriebsrates haben wir mittlerweile erreicht, dass die einzelnen Tätigkeiten geschlechtsneutral entlohnt werden
Was habt Ihr konkret gemacht?Wir haben die Ausbildung und Qualifizierung der weiblichen Beschäftigten verbessert und für die Förderung hochqualifizierter weiblicher Fachkräfte gesorgt, sowohl in den Handwerker und Produktionsbereichen als auch im Angestelltenbereich Jetzt gehört eine unterschiedliche Behandlung der Vergangenheit an Wir haben hochqualifizierte weibliche Fachkräfte mit den gleichen Funktionen und Tätigkeiten wie die männlichen Kollegen und bei gleicher Entlohnung
Im Angestelltenbereich, das sind bei uns Vertrieb und Technik, sind heute auch immer mehr hochqualifizierte Sachbearbeiterinnen, Ingenieurinnen, IT und Steuerfachkräfte und Controllerinnen zu finden Auch hier ist mittlerweile eine Gleichbehandlung von Männern und Frauen gewährleistet
Wie sieht es in der Führungsetage in Eurem Unternehmen aus?Die oberen Führungspositionen bei Koehler werden immer noch von Männern dominiert Aber ich gehe davon aus, dass bald auch hier Frauen Einzug halten werden Dafür sprechen die steigenden beruflichen Anforderungen an Qualifikationen bei gleichzeitigem Fachkräftemangel und die abzusehende demografische Entwicklung Hier wird sich schon in Kürze sehr viel von alleine zugunsten der Frauen entwickeln
Welche Rolle hat der Betriebsrat konkret beim Thema Entgeltgleichheit gespielt?Nachdem sich der Betriebsrat einen genauen Überblick verschafft hatte, hat er seinen nicht unerheblichen Einfluss geltend gemacht Den Überblick zu haben ist sehr wichtig, wenn man das Thema Gleichbehandlung angehen möchte Welche Tätigkeiten gibt es überhaupt im Betrieb? Und wie sind diese Stellen beschrieben?WelcheAufgabenundQualifikationsvoraussetzungenexistierenhier?OhneeinegenaueBeschreibung dieser Punkte kann man als Betriebsrat gegenüber der Geschäftsführung schwerlich einen Anspruch auf Gleichbehandlung begründen und verhandeln
Also: Überblick verschaffen und auf die Themen Qualifizierung setzen. Das hat bei uns viel bewirkt.
7
Wenn der Betriebsrat durch die Entgeltanalyse festgestellt hat, dass in seinem Betrieb gleiche Tätigkeiten unterschiedlich vergütet werden, ist er im Rahmen seiner Pflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz aufgefordert, tätig zu werden Das Verhältnis von Lohn und Leistung ist ein sehr sensibles und emotionales Thema Missstände und Ungerechtigkeit in der Bezahlung sind deswegen gut dazu geeignet, im Betrieb Aufmerksamkeit zu erzielen und den Beschäftigten aber auch dem Arbeitgeber zu signalisieren, dass der Betriebsrat Entgeltgerechtigkeit herstellen möchte
Die IG BCE empfiehlt, die Beschäftigten schon in der Planungs und Erhebungsphase durch kleine Aktionen auf das Thema aufmerksam zu machen und frühzeitig Möglichkeiten des Mitwirkens kenntlich zu machen Drei konkrete Beispiele beschreiben wir im Folgenden
Aktion 55 €-Schein
Die Botschaft des 55-€-Scheins lautet: Leiharbeitsbe-schäftigte verdienen bei gleichwertiger Arbeit bis zu 45 % weniger als die Stammbelegschaft.
Bei dieser Aktion geht es darum, die Einkommenslücke zwischen Stammbelegschaft und Leiharbeitskräften wirkungsstark bildlich darzustellen Es kann dazu ein 55€Schein gedruckt werden, der einem 100€Schein nachempfunden ist und an die Beschäftigten verteilt wird Auf der Rückseite wird erklärt, dass ein Leiharbeitsbeschäftigter nur 55 € erhält für das, was für die Festangestellten 100 € Lohn bedeuten Für weitergehende Informationen könnt ihr einen separaten Flyer nutzen Einen fertigen Flyer könnt Ihr über den IG BCEShop bestellen
Neben dem Geldschein können auch andere Ideen verwirklichen werden Wichtig ist, dass von einem Ganzen ein bestimmter Prozentsatz fehlt: • EurosausSchokolade(45%ausgestanzt).• Flyer, bei denen offensichtlich ein Stück abge
schnitten ist
2. Schritt: Entgeltgleichheit im Betrieb zum Thema machen!
8
Gleicher Lohn für gute Arbeit
• »EinHändedruckinEhren.IchwillWertschätzungauch auf meinem Konto sehen!«
• »KindersindZukunft!AbereineFamiliezuplanenist bei meinem Lohn einfach nicht drin!«
Die Aktion kann auch dazu genutzt werden, die Beschäftigten zum Thema Statements abgeben zu lassen:• »Entgeltgleichheit im Betrieb? Das bedeutet für
mich «
WäscheleineEine einfache Wäscheleine wird entlang eines stark frequentierten Weges aufgehängt An der Wäscheleine können einfache Botschaften oder das Ergebnis der Entgeltanalyse auf diese Weise kreativ dargestellt werden Am Ende des Weges kann eine große Metaplanwand mit verschiedenen Überschriften stehen: • »Am Ende desGeldes ist noch sovielMonat. Ich
will ein gerechtes Einkommen zum Auskommen!«
Fairer Lohn
Entgeltgerechtigkeit
© D
anie
l Nim
mer
voll
Fot
olia
com
9
Beteiligung mit einem Gleichstellungsausschuss organisieren
Mit einem Gleichstellungsausschuss kann die Beteiligung der Beschäftigten verbessert und die Entwicklung von Lösungsvorschlägen auf mehrere Schultern verteilt werden
Die Grundlage für die Arbeit dieses Ausschusses bietet der § 28 a BetrVG Danach können Betriebsräte in Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten Ausschüsse bilden Der Betriebsrat hat die Möglichkeit, die Aufarbeitung von Themen und die Suche nach Lösungen an den Ausschuss zu übertragen
Die Aufgabe eines Gleichstellungsausschusses kann sein, Ideen zu entwickeln oder Regelungen zu vereinbaren, mit denen Entgeltgerechtigkeit im Unternehmen voran getrieben wird und diese später mit der Durchführung einer Entgeltanalyse zu kontrollieren
Eine umfangreiche Datenbank zu möglichen Inhalten von Betriebsvereinbarungen bietet das »Archiv Betriebsvereinbarungen« der Mitbestimmungsförderung der HansBöcklerStiftung im Internet an Unter anderem finden sich im Bereich »Chancengleich und Familienfreundlich« zahlreiche Textbausteine für die praktische Entwicklung einer Betriebsvereinbarung
Regelungsthemen können beispielsweise sein: Bewerbungsverfahren und Stellenbesetzung, Personaleinsatzplanung, Beurteilungen, Beförderung/Höhergruppierung, so genannte typische Frauenarbeitsplätze und Stellenbewertungen, Ausbildungsverhältnisse, Weiterbildung, Personalentwicklung und Personalentwicklungsplanung
Im Rahmen der Kampagne »Wir machen Gute Arbeit!« haben wir über die hier vorgestellten Ideen hinaus ein Aktionskartenset entwickelt Auf einer Karte gewinnt man schnell eine Übersicht zur vorgestellten Aktionsidee und die notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen Weitere Infos zum Aktions kartenset und den anderen Materialien befinden sich im Internet unter www.gute-arbeit.igbce.de.
10
Gleicher Lohn für gute Arbeit
Auch wenn der Weg zu einer vollkommenen Entgeltgleichheit sehr weit sein kann, können viele kleine Schritte helfen, diesem Ziel näher zu kommen Hier werden einige Tipps und Durchsetzungsmöglichkeiten vorgestellt
Einschaltung der Tarifvertragsparteien
Die Tarifverträge der IG BCE sollen im Betrieb für die einheitliche Bewertung der Beschäftigungsgruppen sorgen und die Zahlung gerechter Entgelte herstellen Wenn im Betrieb gleiche Arbeit unterschiedlich entlohnt wird, liegt unter Umständen ein Verstoß gegen die Vorschriften des jeweiligen Tarifvertrages vor Nehmt dann Kontakt mit der IG BCE auf In einem gemeinsamen Gespräch zwischen Betriebsrat, der IG BCE, dem Arbeitgeber und gegebenenfalls dem Arbeitgeberverband können einvernehmliche Lösungen für euer Problem erzielt werden
Abschluss von Betriebsvereinbarungen Über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung kann das Thema Entgeltgerechtigkeit im Betrieb behandelt werden Der Betriebsrat kann zum Beispiel mit dem Arbeitgeber vereinbaren, dass bei jeder Veränderung und Entscheidung im Personalbereich Vertreter der Betriebsparteien schon im Vorfeld überprüfen und sicherstellen, dass Benachteiligungen für andere Beschäftigte ausgeschlossen werden können Ziel sollte eine Vereinbarung sein, die transparente und nachvollziehbare Kriterien bei personellen Maßnahmen enthält
Allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz – Rechtsberatung der IG BCE
In der Rechtsprechung des Arbeitsrechts wurde der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz entwickelt Vergleichbare Arbeitnehmer sind danach vom Arbeitgeber auch gleich zu behandeln Für benachteiligte Arbeitnehmer kann aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ein Anspruch auf ein höheres Entgelt, die Zahlung einer bestimmten Zulage oder
die Gewährung einer Sondervergütung entstehen Der zuständige IG BCEBezirk steht für Fragen zur Verfügung und gewährt ggf Rechtsschutz
3. Schritt: Entgeltgerechtigkeit herstellen!
11
weigern, wenn entweder die/der betroffene Arbeitnehmerin/Arbeitnehmer oder andere Beschäftigte dadurch benachteiligt werden
Beschlussverfahren des BR zur Anwendung von Gesetzen und Tarifverträgen nach § 80 BetrVG
In § 80 BetrVG sind allgemeine Aufgaben des Betriebsrats aufgeführt Nach § 80 Abs 1 Nr 1 hat der Betriebsrat u a darüber zu wachen, dass zugunsten der Arbeitnehmer geltende Gesetze und Tarifverträge im Betrieb angewendet werden Liegt ein offensichtlicher Verstoß des Arbeitgebers vor, steht dem Betriebsrat die Einleitung eines Beschlussverfahrens offen Das Arbeitsgericht fordert den Arbeitgeber dann auf, geltende Vorschriften einzuhalten und dadurch leistungsgerechte Entgelte zu bezahlen Bei Fragen zur Einleitung eines Beschlussverfahrens steht euch der zuständige IG BCEBezirk zur Verfügung Die IG BCE hat mit dem Bundesverband der Personaldienstleister BAP eine Vereinbarung abgeschlossen, bei der eine schrittweise Einführung von Equal Pay für die Zeitarbeit der chemischen Industrie eingeführt wird Über einen Branchenzuschlag, der den Lohn der Leiharbeit schrittweise auf das Entgeltniveau in der chemischen Industrie anhebt, kann so die Differenz im Entgelt von Leiharbeits und Stammkräften ausgeglichen werden
Einstellung von Leiharbeitnehmern bei gleicher Vergütung
Der Betriebsrat kann im Betrieb darauf hinwirken, dass Leiharbeitnehmer eine gleiche oder zumindest ähnliche Vergütung erhalten wie die Stammbelegschaft Über sein Anhörungs und Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG kann sich der Betriebsrat in eine gute Verhandlungsposition bringen, um mit dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung abzuschließen, in der für die Leiharbeitnehmer ein Ausgleich für die Differenz der Vergütung geregelt wird
Zustimmungsvorbehalt bei Einstellungen/Umgruppierungen/Eingruppierungen nach § 99 BetrVG nutzen
Einvernehmliche Lösungen im Bereich der Entgeltgerechtigkeit zwischen den Betriebsparteien und der Abschluss von freiwilligen Betriebsvereinbarungen stellen einen Idealfall dar, der in der betrieblichen Praxis nur schwer herzustellen ist Zu unterschiedlich können die Vorstellungen von Betriebsrat und Arbeitgeber sein Um Maßnahmen des Arbeitgebers, die offensichtlich gegen die Grundsätze einer leistungsgerechten Vergütung verstoßen zu verhindern, kann der Betriebsrat seine Rechte aus dem § 99 BetrVG konsequent anwenden § 99 Abs 2 Nr 3,4 BetrVG räumt dem Betriebsrat die Möglichkeit ein, seine Zustimmung für eine personelle Maßnahme zu ver
12
Gleicher Lohn für gute Arbeit
Rechtliche Grundlage
Kurzübersicht für die betriebliche Praxis
Rechtsgrundlagen Inhalt
BetrVG § 80 Abs 1 Allgemeine Aufgaben des Betriebsrates Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben: 2a die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, , zu fördern;
BetrVG §80 Abs 2 Einblicksrecht in die Brutto- und Gehaltslisten Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und gehälter Einblick zu nehmen Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, hat der Arbeitgeber ihm sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen,
BetrVG § 87 Abs 1 Mitbestimmung bei der betrieblichen Lohngestaltung Der Betriebsrat hat, mitzubestimmen: 10. Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;11. Festsetzung der Akkord und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
BetrVG § 99 Abs 1 & 2 Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen – Eingruppierung/Umgruppierung (1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten , und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen (2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn 4 der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ,
BetrVG § 43 Abs (2) Satz 3 Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers über den Stand der Gleichstellung Der Arbeitgeber oder sein Vertreter hat mindestens einmal in jedem Kalenderjahr in einer Betriebsversammlung über das Personal und Sozialwesen einschließlich des Stands der Gleichstellung von Frauen und Männern im Betrieb zu berichten,
§ 4 Abs 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz
» Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht «
AGG §2 Abs 1 Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund sind nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf: (2) die Beschäftigungs und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt
13
Helga Landgraf, Sanofi Aventis
Warum habt Ihr Euch als Betriebsrat mit dem Thema Entgeltgleichheit beschäftigt?Wir haben schon vor sechs Jahren die ersten Entgeltanalysen gemacht um zu prüfen, ob Männer und Frauen unterschiedlich behandelt werden Natürlich kann man den Gleichstellungsbegriff auch weiter fassen und auf die Beschäftigten und deren Situation allgemein übertragen
Was habt Ihr konkret gemacht?Wir haben uns eine Übersicht vom Arbeitgeber geben lassen und uns einzelne Bereiche näher angeschaut, etwa die Produktion, das Labor und diverse kaufmännische Bereiche Dabei haben wir festgestellt, dass Frauen in vielen Bereichen weniger verdienen als ihre Kollegen Dann sind wir in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat in den Dialog mit den Vorgesetzten getreten, um Ursachen für die unterschiedliche Bezahlung zu finden und Modelle zu entwickeln, die dagegen wirken Ein Ergebnis der jüngsten Untersuchung ist, dass z B ausgebildete Industriekauffrauen gute Sachbearbeiterinnen werden, aber Männer mit der gleichen Ausbildung schneller in Führungs und Abteilungsleiterpositionen kommen und damit mehr verdienen Hier suchen wir jetzt nach Lösungsmöglichkeiten für eine Gleichbehandlung
Wir haben uns also erst einen Überblick verschafft und dann den Dialog mit den Vorgesetzten begonnen, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln Wichtig ist, dann auch wieder Folgeuntersuchungen zu starten So kann der Prozess funktionieren
Wen muss man mit ins Boot holen für einen solchen Prozess?Idealerweise unterstützt das ganze BRGremium das Vorhaben Dem Arbeitgeber muss man gute Argumente vorlegen, um eine positive Grundstimmung gegenüber dem Thema zu erzeugen Zahlen muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat aber sowieso zur Verfügung stellen Das unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrates und ist im Betriebsverfassungsgesetz geregelt
Muss man sich auf Hindernisse einstellen?Hilfreich ist eine wohl gesonnene Personalabteilung, die die Analyse mit ihrer Fachkompetenz unterstützt Sonst kann man ggf schon mal länger auf Daten warten oder man bekommt gesagt, es gäbe keine Unterschiede bei der Gleichbehandlung In so einem Fall empfehle ich dann gleich nachzuhaken Also eins ist klar, man muss die Entgeltanalyse wirklich wollen und sich dafür einsetzen In meinem Verständnis sind wir es unseren Kolleginnen und Kollegen einfach schuldig zu prüfen, ob alle die gleichen Entgelte für gleichwertige Arbeit bekommen Im Moment haben wir durch den Demografievertrag viele Datenerhebungen in den Betrieben Daher empfehle ich, die Entgeltanalyse dabei gleich mitlaufen zu lassen
Gleicher Lohn für gute Arbeit
14
Die Megatrends der Arbeit heißen heute:• wachsender Zeit- und Leistungsdruck (Verdich
tung)• EntgrenzungvonArbeitundLeben(Flexibilität)• wachsende Verunsicherungen durch die Un-
sicherheiten am Arbeitsmarkt (Liberalisierung)
Es sind Themenfelder, die alle Beschäftigten quer durch alle Branchen der IG BCE und in nahezu allen Berufsbildern und Einkommensschichten betreffen
Einen Einführungsfilm zur Kampagne und Materialien zu den Themenschwerpunkten findet Ihr im Internet unter: www.gute-arbeit.igbce.de.
Die Kampagne versteht sich als Plattform, die die Arbeit der Interessenvertretung konkret und aktiv unterstützen soll Daher werden umfangreiche Arbeitshilfen, Werbemittel, Aktionsideen und Hintergrundinfos angeboten Außerdem kann der Dialog zwischen den Interessenvertretern über die Kommunikationskanäle der Webseite und weiterführenden Links geführt werden
Mit der Kampagne »Wir machen Gute Arbeit!« entwickeln wir als IG BCE gemeinsam mit den Beschäftigten Antworten auf die Veränderungen der Arbeitswelt
Für die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten steigen die Belastungen, die einen neuen Ansatz in der Suche nach Lösungsstrategien braucht
Die wirtschaftlichen Veränderungen und die veränderten Belegschaftsstrukturen machen einen tiefgreifenden Wandel der Arbeitswelt sichtbar
Neue Organisations- und Steuerungsprinzipien inden Betrieben bringen Veränderungen im unmittelbaren Arbeitsumfeld des Einzelnen mit sich
Unter den gegebenen Bedingungen stehen wir mit unserem Anspruch, die Lebens und Arbeitswelt der Beschäftigten menschengerecht zu gestalten, vor neuen Herausforderungen
Wir haben uns drei Schwerpunkte gesetzt, um die Herausforderungen für die praktische Arbeit handhabbar zu machen
»Wir machen Gute Arbeit!« Informationen zur aktuellen Kampagne der IG BCE
Wir machenGute Arbeit
15
Impressum
Herausgeber: Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, EnergieVorstandsbereich 1 Gesamtleitung/Globalisierung/IndustrieKönigsworther Platz 6, D30167 Hannover
Projektleitung Gute Arbeit: Yasmin Fahimi
Redaktion: Yasmin Fahimi, Cornelia Leunig, Rajko Pientka, Sören Tuleweit, Christopher Langen
Kontakt: Tel 0511 7631141/gute arbeit@igbce de
Bildquellen: Michael Neugebauer
Erste Veröffentlichung: Februar 2012
Druck: BWH GmbH – Die Publishing Company
16