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EINLEITUNG

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Christian Burtscher, Elisabeth Fink, Johannes Gadner, Kurt, Grünewald, Fritz Kofler, Oliver Korschil, Christian Haidenhofer, Josef, Honauer, Georg Günsberg, Ruperta Lichtenecker, Barbara Macek, Gabriela Moser, Georg Niklfeld, Michel Reimon, Marie Ringler, Michaela Sburny, Daniel Spichtinger, Andreas Trawöger, Michael Zacherl, Elke Ziegler, Wolfgang Zuser

David Campbell, Rene Friess, Harald Katzmair, Hannes Leo, Brigitte Ratzer, Birgit Weiss

Seit ihren Anfängen haben sich die Grünen intensiv mit Innovation und Technologie beschäftigt – intensiver als jede andere politische Partei in Österreich. Mit den vorliegenden innovationspolitischen Leitlinien beanspruchen wir eine politische Avantgarderolle für die Zukunft. Im Gegensatz zu den anderen Parteien, die ebenfalls For-schung, Entwicklung und Innovation als Schlagworte entdeckt haben, geht es uns nicht allein um das Erreichen von rein wirtschaftlich definierten Wachstumszielen.Gesellschaftliche Innovation entsteht vor allem da, wo es geistige Offenheit und andere förderliche Rahmenbedingungen gibt. Wo Neues entsteht, entwickeln sich die Gesellschaft, die Wirtschaft und die Politik weiter.Das vorliegende Programm basiert auf dem Grünen Parteiprogramm und formuliert erstmals eine längerfristige Strategie in Sachen Technologie- und Innovationspolitik. Unsere Vision ist an einer umfassenden ökonomischen, ökologischen und sozialen Erneuerung orientiert, die sich unseren Grundwerten (ökologisch, solidarisch,

selbstbestimmt, basisdemokratisch, gewaltfrei, feministisch) verpflichtet fühlt.Das vorliegende Programm fasst den Begriff „Innovationspolitik “ aus diesem Verständnis und wendet sich an all jene Menschen in Österreich, die in innovativen Umfeldern leben, arbeiten und sich dafür interessieren. Es möchte drängende Probleme ansprechen und mögliche Lösungen skizzieren.Das Programm erhebt keinen Anspruch darauf, auf alle Fragen in diesem dynamischen Feld Antworten zu geben. Und es behandelt auch nicht alle Aspekte der Innovation, etwa der sozialen und gesellschaft-lichen Innovation. Dieses Politikfeld ist bereit und wird in Zukunft vestärkt ein Kernbereich westlicher Gesellschaften sein. Innovati-onspolitik muss daher als besonders relevante Querschnittsmaterie erkannt werden. Wir wünschen eine spannende Lektüre!

Eva Glawischnig, Marie Ringler

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Die Grünen nehmen Innovationen gegenüber eine grundsätzlich positive und bejahende Haltung ein und sind der Überzeugung, dass Innovationen in Forschung und Entwicklung einen breiten Rückhalt in der Gesellschaft finden müssen. Denn nur so können beide – die Gesellschaft, aber auch die innovativen Kräfte einer Gesellschaft – voneinander profitieren. Die Grünen sind überzeugt, dass die kreativen Wissensbranchen in Zukunft eine noch weitaus bedeutendere Rolle für den materiellen Wohlstand aber auch das soziale Wohlergehen Österreichs spielen werden. Denn in diesen Bereichen liegen die Arbeitsplätze der Zukunft, die allerdings nicht immer den traditionellen Beschäftigungsverhält-nissen entsprechen. In der Wissensgesellschaft der Zukunft werden immer mehr Menschen als kreative Klein(st)unternehmerInnen tätig sein. Und sie bedürfen einer besonderen Förderung und Absicherung, die ein Kernstück Grüner Innovationspolitik ist. So schafft Grüne Inno-

vationspolitik Rahmenbedingungen für die Entstehung von Neuem in der Wissenschaft, der Wirtschaft aber auch in der Gesellschaft.Eine Bedingung innovativer Gesellschaften ist auch die Bejahung von gesellschaftlicher Vielfalt. Ein kreativer Umgang mit Diversität ermöglicht Grenzüberschreitungen aller Art. Und diese wiederum sind Voraussetzungen für Innovationen und daher aus Grüner Sicht in jeder Hinsicht zu fördern. Der derzeit herrschenden Politik, die die Grenzen in den Köpfen wieder verstärken und aus Vorurteilen politisches Kapital schlagen möchte, soll so ein bewusstes Gegen-programm entgegengesetzt werden.Denn eine gesellschaftspolitische Atmosphäre, die von Angst vor dem Neuen und dem Fremden geprägt ist, stellt kein gedeihliches Klima für Innovation dar. Wer Ängste vor dem Neuen und der Vielfalt schürt, setzt Österreichs Chance aufs Spiel, sich als innovativer Vorreiter für eine innovative, solidarische Wissensgesellschaft zu profilieren.

Im ersten Teil des vorliegenden Programms werden vier Grundlagen – Diversität, Nachhaltigkeit, Partizipation und Gleichberechtigung –in ihrer innovationspolitischen Bedeutung dargelegt, ehe im zweiten Hauptteil Leitlinien für eine wissensbasierte Gesellschaft skizziert werden.

Abgeschlossen werden die Leitlinien mit einem konkreten Grünen „Politik-Mix“ für mehr Innovation in den Bereichen Wirtschaft, Forschung, Bildung und Regionalentwicklung. Konkrete Handlungsanleitungen für eine Grüne Innovationspolitik finden sich im gesamten Programm in den mit

betitelten Maßnahmenpaketen.

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Neue Ideen können sich besonders gut in einem Umfeld entfalten, in dem die Menschen vom täglichen Kampf um soziale Absicherung und von Zukunftsängsten möglichst befreit sind. Doch in Österreich herrscht ein ganz anderer Trend: Immer mehr TrägerInnen von Innova-tion sind prekär Beschäftigte, FreiberuflerInnen, Neue Selbstständige und UnternehmerInnen, die ihr Arbeitsfeld ständig neu erfinden müssen. Eine innovative Gesellschaft kann es sich nicht leisten, dass ein immer größerer Teil seiner innovativen Kräfte nach wenigen Jahren ausgebrannt ist, weil es ihnen nicht möglich ist, im Krankheitsfall oder in Zeiten von Beschäftigungslosigkeit auf staatliche Unterstützung zurückzugreifen. Das Leben in schneller werdenden Projektzyklen ohne ausreichendes soziales Netz erschöpft immer größere Teile der Bevölkerung schon nach wenigen Jahren Berufstätigkeit. Forderungen nach mehr Flexibilität klingen in den Ohren dieser weiter wachsenden Gruppe wie eine Verhöhnung.

Die Grünen setzen es sich zum Ziel, die sozialen Rahmenbedingungen für neue Arbeitsformen so zu verändern, dass Innovation nicht als Risi-

ko, sondern als Chance realisierbar ist. Denn angesichts dieser neuen prekären Beschäftigungsverhältnisse ist soziale Gerechtigkeit auch für Personen in den Wissens- und Kreativbranchen besonders wichtig.

Die Grünen haben erkannt, dass eine innovative Gesellschaft neue kooperative Arbeitsformen und Kooperationen in immer wieder neu entstehenden Netzwerken braucht. Gleichzeitig bekennen sie sich im Sinn einer integrierten und nachhaltigen Technologie- und Innovations-politik dazu, dass alle Menschen Anspruch auf eine Grundsicherung („Grünes Grundsicherungsmodell“) haben und sich damit innovatives Denken und Arbeiten überhaupt erst leisten können.Denn nur auf der Basis ökonomischer Existenzsicherung durch ein Grundsicherungsmodell kann ein Wandel von einer auf das Bewahren-de ausgerichteten Gesellschaft hin zu einer offenen und veränderungs-willigen Gesellschaft verwirklicht werden. Menschen finden so die Möglichkeit und die Freiheit, neue Kooperationen einzugehen, sich auf neue soziale Konstellationen einzulassen, aus der daraus entstehen-den Diversität zu lernen und neue Ideen zu produzieren.

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Grüne Innovationspolitik steht innovativen sozialen Entwicklungen, die zu Beginn oftmals gegen traditionelle gesellschaftliche Konventionen gerichtet sind, betont positiv gegenüber. Die Grünen sehen es als eine zentrale Aufgabe von Innovationspolitik, innovativen Gruppen Andockstel-len zur etablierten Förderung und anderen Möglichkeiten der Unterstützung zu eröffnen.Gleichförmigkeit und das Aufrechterhalten verkrusteter Strukturen um ihrer selbst willen behindern das Entstehen von Innovationen bzw. lassen sie systematisch an ihre Grenzen stoßen. Ebenso innovationsfeindlich sind Instrumente und Bewertungsmaßstäbe, die Komplexität unzulässig vereinfachen und somit uniforme Lösungen befördern, wie das vielfach in aktuellen Reformprozessen beobachtet werden kann.

Neue Technologien spielen in unserer modernen Gesellschaft eine immer wichtigere Rolle. Die neuen Informations- und Kommunikationstechno-logien (IKT) sowie die strukturelle Veränderung der Wirtschaft ermöglichen eine wissensbasierte, auf sozial- und umweltverträgliche Innovationen ausgerichtete Wertschöpfung. Die Grünen sehen darin auch eine Möglichkeit, Wirtschaftswachstum von der schwindenden materiellen Basis von Rohstoffen und Energie zu entkoppeln.In einem grünen Verständnis wird Innovation aber nicht auf Wettbewerbs- und Wachstumsziele reduziert. Technologische Innovation ist immer auch Ergebnis und Teil sozialer Prozesse. Der Vergemeinschaftung von Wissen und Kompetenzen, die nicht nur wissenschaftlich-technischer Natur sind, sondern auch kommunikatives, soziales und Alltagswissen beinhalten, kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu. Nur wenn sich im Zuge von neuen Technologien und neuen Produkten auch neue Organisationsformen und Rahmenbedingungen entwickeln können, ist ein sozial verträglicher und auf Teilhabe beruhender gesellschaftlicher Wandel möglich.

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Innovation ist im 21. Jahrhundert ohne Vielfalt nicht denkbar. Sie ist die notwendige Basis für innovative Neuzusammensetzungen des Bestehenden und für seine Weiterentwicklung. Und sie wird damit zum Katalysator für Erneuerung und Demokratie. Moderne Gesellschaften können es sich nicht leisten, homogene Gemeinschaf-ten in ihren Abschottungstendenzen zu bestärken. Erst ein Klima der Offenheit schafft jene Freiräume, die innovative Köpfe brauchen, um sich in einem Land wohl zu fühlen und ihre Kreativität zu entfalten.Als wichtige Innovationsbereiche haben sich in den letzten Jahren jene Felder herauskristallisiert, in denen verschiedene Disziplinen neue Kooperationsformen eingegangen sind, als „ÜbersetzerInnen“ zwischen verschiedenen Forschungsbereichen fungieren und so Innovationen ermöglichen. Das passiert in Bereichen der Life Sci-ences, im Bereich der Nanotechnologien oder in den so genannten „Converging Technologies“, die Bio- und Infotechnologien sowie Kognitionswissenschaften auf der Basis von Nanotechnologien vereinen. In diesen neuen Innovationsfeldern entsteht Neues durch die interdisziplinäre Rekombination von bisherigen wissenschaftli-chen Ansätzen. Solche neuen Forschungs- und Technologiebereiche,

die ein hohes Innovationspotenzial haben, werden von den Grünen unterstützt. Zugleich treten die Grünen aber auch für eine ständi-ge Begleitforschung bzw. Technologiefolgenabschätzung ein, um etwaige Risiken für die Gesellschaft möglichst früh zu erkennen und rechtzeitig gegensteuern zu können.Grüne Innovationspolitik integriert unterschiedliche Perspektiven und nimmt die in gesellschaftlichen Räumen angelegte Vielfalt wahr. Des-halb setzt sie auch auf eine transdisziplinäre, über die Forschung und Entwicklung hinausgehende Herangehensweise, auf die Partizipation der Beteiligten und die Abstimmung mit anderen Politikfeldern wie Bil-dungs-, Wissenschafts-, Wirtschafts-, Regional- und Sozialpolitik. Nicht nur die Wissenschaft, auch die Politik neigt dazu, in ihren Strukturen und Prozessen zu verknöchern und damit zu einem abgeschotteten Sys-tem zu werden. Im Sinn einer umfassenden Diversitätsstrategie muss sich auch Politik immer wieder erneuern können und dazu Anregungen aus anderen Bereichen aktiv suchen.Grüne Innovationspolitik liefert daher auch Strategien, um Strukturen aufzubrechen, die machtpolitisch befestigt und von Partikularinteressen gestützt sind. Auch aus diesem Grund ist eine Einbettung von Alternati-

Innovations- und Technologiepolitik ist ein Bereich, der sich in ständiger Veränderung befindet und mitunter sehr spezialisiert ist. Das bringt es auch mit sich, dass bei Diskussionen über Forschung und Entwicklung oft ausschließlich TechnokratInnen und andere FachexpertInnen das Wort führen und gesellschaftliche Interessen meist unberücksichtigt bleiben.Die Grünen sind überzeugt, dass Politik auch in diesem Bereich handlungsfähig bleiben kann und muss. Gesellschaftliche Mitsprache ist auch in diesen Fragen nötig. Die Frage, welche Innovationen zu begrüßen und welche abzulehnen sind, kann natürlich nicht pauschal beantwortet werden. Zur Verortung neuer Entwicklungen werden aber die nachfolgenden Grundorientierungen definiert, die ein Raster für eine erste Einschätzung darstellen.

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02GRUNDORIENTIERUNGEN EINER GRÜNEN DIVERSITÄTSFÖRDERUNG

Die Förderung von Diversität in der österreichischen Forschungs- und Entwicklungslandschaft bedeutet, gesellschaftliche und kulturelle Viel-falt ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Das geschieht längst beispielhaft an verschiedenen anglo-amerikanischen Top-Universitäten und in vielen innovativen Firmen, wo man erkannt hat, dass eine Vielfalt an Perspektiven eine wichtige Voraussetzung für die Erzeugung von neuem Wissen und neuen Produkten darstellt. Diversität muss dabei in mehreren Dimensionen berücksichtigt werden:

■ Menschen unterscheiden sich nach Geschlecht, Alter, ethnische Zugehörigkeit, sexueller Orientierung, inhaltlicher Kompetenzen sowie physischen Fähigkeiten. Diese inneren Dimensionen von Diversität sind in Zukunft bei der Zusammensetzung von Arbeits teams nach Möglichkeit stärker zu berücksichtigen. Projekte von Teams, die in Bezug auf Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Alter und physische Verfasstheit vielfältig zusammengesetzt sind, werden in besonderem Maße gefördert.

■ Diversität muss aber auch in ihren äußeren Dimensionen – also dem Familienstand, der Elternschaft, der Ausbildung oder der Religion entsprechend gefördert werden. Das bedeutet unter anderem flexible, den Bedürfnissen der jeweiligen Lebenssituation angepasste Arbeitszeitmodelle.

■ In der Wissenschaft zeigt sich ein krasses Hierarchieverhältnis durch die Erreichung akademischer Titel, die nicht mit Berufserfah- rung, Fachwissen und Lebenssituationen in Einklang stehen muss, aber auf das Einkommen große Auswirkungen hat. Konkret bedeutet dies, alle förderpolitischen Maßnahmen hinsichtlich Vielfalt der Disziplinen und sozialer Diversität zu prüfen.

■ Auf der Ebene der organisatorischen Diversität wird Grüne Förderpolitik unter anderem alternative Besoldungsschemen in der Wissenschaft entwickeln, die den Lebenssituationen von Frauen und Männern entsprechen.

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ven in den gesellschaftlichen und lokalen Kontext dringend vonnöten.Mit Instrumenten des so genannten Diversitätsmanagements können Bedingungen geschaffen werden, um die Verbindung unterschiedli-cher Problemstellungen, Zugänge, Rationalitäten und Lösungsmög-lichkeiten jenseits bzw. über soziale und strukturelle Grenzen hinweg zu erleichtern und die Vernetzung unterschiedlicher Akteure konkret zu forcieren.Ein interessanter Anwendungsfall ist etwa der gesamte Bereich der Evaluierung von Forschung und Entwicklung. Die Grünen schlagen komplexere Evaluationsinstrumente vor, Wertschöpfungsketten nicht nur im materiellen, sondern auch im geistigen Sinn zu bewerten. Konkret muss also analysiert werden, wie eine Forschungsarbeit in verschiedenen Kontexten rezipiert wird und ob sie als Input für Projekte von anderen Forschungseinrichtungen, -gruppen oder Unter-nehmen dient. Forschung mit „Anschlussstellen“ zu fördern muss zu einem Ziel in der Förderpolitik werden.

Schließlich legt Grüne Innovations- und Technologiepolitik besonde-res Augenmerk auf die nachträgliche Reflexion der Forschungsfragen und Forschungsergebnisse im Arbeitskontext. Diese Evaluierung muss auch die Fördereinrichtungen und auftraggebenden Stellen sowie deren Ausschreibungsmodalitäten miteinbeziehen. Das heißt zum einen, dass sich Fördereinrichtungen, die Forschungsprojekte be-auftragen, regelmäßig selbst einer Evaluierung aus Diversitätspers-pektive unterziehen. Zum anderen muss die Auftragsforschung in die Pflicht genommen werden, auch die Förderrichtlinien im Nachhinein zu kritisch zu bewerten.

Um die Neuorientierung zu konkretisieren, werden die Grünen, wenn sie die Gestaltungsmöglichkeiten haben, einen Know-how-Pool aus nationalen Diversitäts-ExpertInnen, internationalen Fachleuten und Betroffenen von Universitäten, Unternehmen und Fördereinrichtun-gen initiieren und einen verbindlichen Aktionsplan entwickeln. Über den Diversitätsansatz wird die von den Grünen unterstützte Multikulturalität zum Ausgangspunkt einer offenen, Grünen Innova-tionskultur. Multikulturalität bezieht sich dabei nicht mehr nur auf ethnische Zuschreibungen, sondern wird – breit verstanden – zum Nährboden von Innovationen aller Art.

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Angesichts der aktuellen Risikotechnologien nehmen die Grünen eine mit der Grundorientierung Nachhaltigkeit konsistente Haltung ein: Beim Thema Gentechnik wird zwischen den Bereichen Landwirtschaft/Lebensmittel, Medizin und Umwelt unterschieden. Den Einsatz im Be-reich Landwirtschaft/Lebensmittel wird auf Grund der unkalkulierbaren gesundheitlichen und ökologischen Risiken und der Unverträglichkeit mit der biologischen Landwirtschaft abgelehnt. In der Medizin sind die Grünen zwar skeptisch, lehnen den Einsatz aber nicht grundsätzlich ab. Ähnliches gilt für den Bereich der grauen bzw. weißen Biotechnologie, also der Anwendung dieser Verfahren im Bereich Umweltschutz. Gentechnische Forschungen im Bereich Landwirtschaft/Lebensmittel sollten nach Ansicht der Grünen nur dann öffentlich gefördert werden, wenn es sich um Risikoforschung bzw. um begleitende Umwelt- oder Sozialforschung handelt. In der Medizin gibt die Grüne Stellungnahme zur Biopatentrichtlinie der EU den Leitfaden für öffentliche Forschungs-förderung vor.Atomenergie lehnen die Grünen auf Grund des hohen Gefahrenpoten-zials und der ungelösten Atommüllfrage ab, ebenso die jüngst von der EU wieder forcierte Kernfusion. Forschungsarbeiten in diesem Bereich

werden, wenn die Grünen die Gestaltungsmöglichkeiten haben, nur dann von der öffentlichen Hand gefördert, wenn die Mittel für Sicher-heits- und Begleitforschung ausgegeben werden. Die Entwicklung neuer Reaktorkonzepte und ähnliche Ansätze erhalten im Rahmen einer Grünen Innovationspolitik keine öffentliche Unterstützung.In einem sich so rasch verändernden Bereich wie der Technologie-entwicklung kann nicht jede Technologie bewertet werden. Daher wählen die Grünen erstens den Weg der Bewertung anhand der hier formulierten Grundorientierungen, sie treten zweitens für Begleitforschung ein. Drittens halten die Grünen die Einbindung der Bevölkerung auch in Fragen der Technologieentwicklung für besonders wichtig. So ist etwa im Bereich der Nanotechnologie, der zweifellos viel Potenzial hat, nicht absehbar, in wie weit damit nicht auch techno-logische Entwicklungen verbunden sein werden, die auf schädliche Weise in natürliche Kreisläufe eingreifen. Daher sind diskursive Modelle der gesamtgesellschaftlichen Diskussion – wie im nächsten Punkt ausgeführt – über Risikotechnologien die einzige Möglichkeit, auch in Zukunft adäquat damit umzugehen.

Nachhaltigkeit ist ein vielschichtiger Begriff, der seit einigen Jahren in aller Munde ist und viele unterschiedliche Interpretationen erfah-ren hat. Gemäß dem Brundtland-Report ist unter einer nachhaltigen Entwicklung eine Entwicklung zu verstehen, „die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen“.Die Verbindung zwischen Nachhaltigkeit und Innovation wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass innovative Systeme neue Qualitäten bilden können, die einen verbesserten Umgang mit bestehenden Rahmenbedingungen zulassen oder die Rahmenbedin-gungen selbst zum Positiven verändern.Ein neuer Begriff, der gerade im Zusammenhang mit Innovation eingeführt werden muss, ist die „Informationsökologie“: Vielfalt ist innovativen Gesellschaften nützlicher als Monokulturen. Es ist daher die Aufgabe einer modernen Politik, den Zugang zu Wissen und Information über verschiedenste Kanäle zu ermöglichen. Monopole hingegen zeichnen sich durch die Tendenz aus, Neuerungen zu unterdrücken und haben daher nach dem Grünem Verständnis keinen Platz in einer innovativen Gesellschaft.Nachhaltigkeit wird nicht als ein erreichbares Ziel verstanden, son-dern als fortwährender Prozess. Dementsprechend setzt nachhaltige

Innovations- und Technologiepolitik an der gesamten Wertschöp-fungskette an, angefangen von der Idee über die Erfindung bis hin zur Nutzung und Entsorgung.Im Grünen Verständnis hat Nachhaltigkeit drei zentrale Dimensionen, die entsprechend berücksichtigt werden:

■ ökologische Nachhaltigkeit: Durch grüne Innovations- und Technologiepolitik kommt es zu keinen maßgeblichen Störungen des Ökosystems, umweltfreundliche Technologien werden bevorzugt.

■ soziale Nachhaltigkeit: Grüne Innovations- und Technologiepolitik wirkt der Spaltung der Gesellschaft entgegen.

■ ökonomische Nachhaltigkeit: Wirtschaftliche Ziele werden im gesellschaftlichen und ökologischen Zusammenhang gesehen. Sowohl das Gemeinwohl als auch Einzelinteressen werden dabei berücksichtigt.

Durch grüne Innovations- und Technologiepolitik kommt es zu keinen maßgeblichen Störungen des Ökosystems, umweltfreundliche Technolo-gien werden bevorzugt – was für ökologische Nachhaltigkeit bürgt.

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diskussionen“ einzumischen und ihre Meinung zu formulieren.Das Ziel solcher Dialoge ist es nicht, ExpertInnenwissen zu reproduzie-ren, sondern die Diskussion zu öffnen und Verbindungen zum weiteren gesellschaftlichen Kontext herzustellen. Eine möglichst weit reichende Teilhabe an relevantem Wissen ist ein wichtiges Ziel dieser Politik.Solche Dialoge sind besonders zu forcieren, wenn es um die Frage des gesellschaftlichen Stellenwerts von Innovationen und Technologien geht. Dies gilt besonders für den Umgang mit umstrittenen Technologi-en wie der Gentechnik. Die politischen Entscheidungsprozesse müssen durch die Einbezie-hung von Betroffenen geprägt sein. Je nach Bereich sind außerdem Unparteiische zu definieren, deren Einbindung institutionell verankert werden muss. Eine regelmäßige Evaluierung und Überprüfung der Ergebnisse und Auswirkungen wiederum unter Beteiligung von Be-troffenen und Unparteiischen sollte fester Bestandteil der politischen Praxis sein.Der Stärkung lokaler Anwendungszusammenhänge und der breiten Verankerung lokaler Interessen ist besonderes Augenmerk zu schenken. Die Gestaltung von Technologie- bzw. Innovationspolitik muss durch höchstmögliche Offenheit gegenüber Bedürfnissen und Ansprüchen des gesellschaftlichen Umfelds gekennzeichnet sein.

Die Grünen wollen mehr öffentliches Bewusstsein schaffen für die Wichtigkeit von Forschung und Entwicklung. Sie unterstützen daher Initiativen zur Wissenschafts- und Technologievermittlung, um so für ein innovationsfreudiges Klima zu sorgen.Es ist Teil einer Grünen Innovationspolitik, einen Wissens- und Meinungsaustausch zwischen PolitikerInnen, den TrägerInnen von Innovationen und ForscherInnen sowie Betroffenen und der gesam-ten Bevölkerung zu initiieren und auf Dauer aufrecht zu erhalten. Der Austausch soll aber nicht erst dann beginnen, wenn neue Ent-wicklungen am Tisch liegen und nur mehr im Nachhinein diskutiert werden können. Die Grünen sprechen sich für einen breit geführten Dialog aus, in dem auch Zielsetzungen der nationalen Innovationspo-litik zur Diskussion sehen. Eine Voraussetzung dafür ist, dass Menschen die Fähigkeit entwi-ckeln können, an solchen durchwegs komplexen Diskussionen teilzu-nehmen. Dazu braucht es einerseits die notwendigen ökonomischen Ressourcen, die durch ein Grundsicherungsmodell herzustellen sind, aber auch Kritikfähigkeit.Die Grünen sehen es daher als eine zentrale Anforderung an eine zukunftsweisende Bildungspolitik, bereits im Rahmen der schulischen Ausbildung Menschen zu bestärken, sich in so genannte „ExpertInnen-

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Die Förderung von Möglichkeiten zur (direkten) Mitbestimmung durch BürgerInnen gehört zu wesentlichen Grundforderungen Grüner Politik. Der Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien auf Basis des Internet ermöglicht ein noch nie da gewesenes Spektrum an Möglichkeiten zur Einbindung von BürgerInnen in allen Bereichen von Politik und Verwaltung. Als wesentliche Voraussetzung bei der Schaffung neuer Angebote in Sachen eDemokratie, ePartizipation und eAdministration muss gelten, dass im selben Ausmaß konventionelle Angebote weiter verbessert und erweitert werden, um die so genannte „Digital Divide“ zu vermeiden, also die Trennung zwischen Computerbe-nutzerInnen und Nicht-BenutzerInnen.Die stetige Ausweitung von Wahrnehmungsmöglichkeiten demokra-tischer Grundrechte stellt in jeder Demokratie eine Herausforderung dar. Die heute verfügbare Technologie könnte die Transparenz und auch Teilhabe am politischen Diskurs von Grund auf ändern. Doch die vorhan-denen Möglichkeiten werden aufgrund von Desinteresse nicht genutzt oder von politischen AkteurInnen und Gruppierungen bewusst verhin-dert. Die Grünen hingegen befürworten die folgenden technologischen Möglichkeiten zur Etablierung einer funktionierenden eDemokratie:

■ Die Zugänglichkeit aller öffentlichen Unterlagen in allen poli- tischen Einrichtungen und Prozessen (Protokolle, Stellungnah- men, Gutachten usw.) unabhängig von Zeit und Ort und rechtlich abgesichert durch ein Informationsfreiheitsgesetz.

■ Die Verfügbarkeit von Mitschnitten öffentlicher Sitzungen aller politischen Gremien (sowohl in Echtzeit als auch als Archiv). Dadurch wären eingehende Einblicke in die Meinungsäußerun- gen aller politischen AkteurInnen gewährt.

■ Die Verfolgbarkeit der Gesetzgebung vom ersten Entwurf einer

Rechtsnorm über deren zahlreichen Begutachtungs- und Änder- ungsschritte bis zur deren Bekanntmachung. Damit kann die politi- sche Meinung aller involvierten politischen, öffentlichen und nicht öffentlichen MeinungsträgerInnen lückenlos verfolgt werden.

■ Die Unterstützung der Meinungsbildung durch medial vermittelte Diskussion und online Abstimmungen (dabei sind jedoch daten- schutzrechtliche Aspekte vor allem im Bereich von rechtlich bin- denden Abstimmungen noch abzuwägen).

Im Rahmen der ePartizipation befürworten die Grünen auf den folgenden Ebenen die Initiierung und Unterstützung von Beteiligungs-prozessen durch neue Technologien:

■ Auf der politischen Ebene sollen vor allem öffentliche notwen- dige Diskussionen zu sensiblen Themen näher an die BürgerIn- nen herangerückt werden. Der Einsatz von technischen Mitteln kann dabei helfen, geographische Distanzen abzubauen, eine gleich berechtigte Meinungsäußerung zuzulassen und eine Nachverfolgung von Argumentationslinien zu ermöglichen.

■ Auf lokaler Ebene werden zahlreiche Entscheidungen getroffen, die die BürgerInnen unmittelbar betreffen (z.B. Gestaltung des öffentlichen Raums). Eine intensive Einbindung aller Betroffenen ist für die nachhaltige Akzeptanz von Entscheidungen wichtig. In diesem Kontext kommen auch zahlreiche gesetzlich verankerte Beteiligungsverfahren (Betriebsgenehmigungen, UVP ...) zum Tragen.

■ Auf betrieblicher Ebene können betriebliches Vorschlagswesen, Arbeitsgestaltung, Personalvertretung u.v.m. durch neue Infor- mations- und Kommunikationstechnologien unterstützt werden.

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02PARTIZIPATION UND BEWUSSTSEINSBILDUNG FINDET AUF MEHREREN EBENEN STATT

Regelmäßig werden in Österreich Klagen darüber laut, dass das Klima für Forschung und Innovation hierzulande schlecht und sich „die Öffentlich-keit“ für diese Themen nicht interessiere. Aus diesem Grund wurden in den letzten Jahren unter dem Titel„Public Awareness“ mehrere Initiativen gestartet. Die finanziell hochdotierte Aktion, die vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung abgewickelt wurde, war in ihrer ersten Phase (Stichwort „Innovatives Österreich“) allerdings ein Musterbeispiel für eine veraltete Strategie. Dies wurde auch durch eine Studie der Wirt-schaftsuniversität Wien bestätigt.Die Grünen distanzieren sich von dem Versuch, ein gesellschaftlich wie politisch so relevantes Thema wie Forschung und Innovation in erster Linie durch Werbeplakate und PR-Einschaltungen zu kommunizieren.Vor allem der Zwang zum Konsens, dass Forschung und Innovation mit all ihren Inhalten pauschal als gut und wünschenswert gesehen werden muss, hat in Österreich eine Diskussion über Zukunftsthemen überlagert, die als Beitrag zu einer mündigen Wissensgesellschaft nötig wäre.

Die Grünen fordern stattdessen eine Kultur des Diskutierens über Forschung und Innovation, die von Offenheit und Mut zum Konflikt getragen ist.

Eine solche partizipative Diskussionskultur hat verschiedene Elemente und muss auf verschiedenen Ebenen stattfinden:Auf der Ebene der politischen Institutionen muss das Parlament gestärkt werden. Das könnte beispielsweise durch die Einrichtung eines „Inno-vationsausschusses“ geschehen, der als Unterausschuss entweder des Wissenschafts- oder Wirtschaftsausschusses neu gegründet wird. Ein solcher Innovationsausschuss im Nationalrat würde öffentlich tagen, die vorgeschlagenen Maßnahmen der Regierung kritisch mitverfolgen und Adaptierungen der Regierungsvorlagen vornehmen. Die Regierungsmitglieder würden dem Ausschuss regelmäßig Bericht über die geplanten Maßnahmen und die Auswirkungen von bereits getroffenen Maßnahmen im Bereich Technologie- und Innovationspolitik erstatten. Eine öffentliche Debatte des Technologieberichts im Plenum des Nationalrats statt der derzeitigen Enderledigung im Ausschuss würde die generelle Wichtigkeit des Themas unterstreichen.

Auf der Ebene der Institutionen müssen jene AkteurInnen, die bereits in diesem Bereich etabliert sind – also Universitäten, Fachhochschulen, sons-tige Forschungseinrichtungen sowie Klein(st)- und Mittelunternehmen – in ihrer Öffentlichkeitsarbeit gestärkt werden. Zugleich sind jene Medien, die Forschung und Innovation als Thema aufgreifen und über ihre gesellschaftlichen Auswirkungen berichten, in geeigneter Form zu unterstützen.

Auf der Ebene der BürgerInnen sprechen sich die Grünen für die Entwicklung von neuen, partizipativen Ansätzen der BürgerInnenbeteiligung aus. Österreich könnte von internationalen Vorbildern wie etwa den Ansätzen des Dänischen Technologierats lernen. In Österreich wurde im Jahr 2003 nach dänischem Vorbild eine BürgerInnenkonferenz zum Thema „Genetische Daten“ durchgeführt. Allerdings ist ihr Ergebnis innerhalb kürzester Zeit verpufft. Der Grund dafür lag in der völlig fehlenden Anbindung an das politische System.Prinzipiell halten die Grünen die Idee einer institutionell angebundenen Partizipation von BürgerInnen für nötig und fordern einen Neustart nach genauer Evaluierung des nationalen Misserfolgs und internationaler Vorbilder.

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Grüne Technologie- und Innovationspolitik trägt dazu bei, dass sich der Handlungsspielraum der BürgerInnen vergrößert. Dieser Ansatz rückt vom Konzept der „neutralen“ Technologien ab. Je nach gesellschaftlichen Umständen und persönlicher Lage können neue Technologien aber auch eine Einengung der Handlungsfähigkeit bedeuten. Grüne Politik bekennt sich zur Entwicklung und Förderung von Technologien, die die Entscheidungsfähigkeit einer möglichst großen Gruppe von Menschen stärkt und auf die Bedürfnisse von Minderheiten wie etwa behinderter Menschen Rücksicht nimmt.Dass Technologien nicht neutral sind, zeigt sich auch an der unterschiedlichen Nutzung des Internets und anderer neuer Medien durch Män-ner und Frauen. Dem muss mit einer geschlechterspezifischen Didaktik gegengesteuert werden. Diese Maßnahme hat auch zum Ziel, Frauen für technikwissenschaftliche Studienrichtungen zu interessieren, damit sie selbst zu Entwicklerinnen von Technologien werden, die Frauen besser gerecht werden als bisher.

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Innovation beschränkt sich nicht auf bestimmte Berufsgruppen oder Einrichtungen. Im Gegensatz zum traditionellen Verständnis von In-novation, das die Entstehung von Neuem unmittelbar an ExpertInnen knüpft, gehen die Grünen von einem breiteren Verständnis aus. Wie man an Beispielen wie etwa der Freien-Software-Bewegung sehen kann, verfügen informelle, oft lange Zeit von der Öffentlichkeit unbe-achtete Netzwerke über ein hohes innovatives Potenzial – ungeach-tet dessen, dass sie in vielen Fällen aus AmateurInnen bestehen.Nicht wenige unter ihnen eignen sich in ihrer Freizeit Kenntnisse auf einem professionellen Niveau an und tragen durch ihre Vernetzung mit Gleichgesinnten zur Vermehrung von Wissen in der Gesellschaft bei. Die Grünen schließen die Tätigkeiten solcher semiprofessionel-len AmateurInnen ausdrücklich in ihren Innovationsbegriff mit ein. Gerade aus ihren oft informellen Netzwerken können besonders tief greifende Innovationen entstehen, weil Bestehendes in Frage gestellt und scheinbar Unmögliches angedacht wird.Die Grünen sehen es daher als ein wichtiges Ziel von Innovati-

ons- und Technologiepolitik, informelle innovative Netzwerke zu unterstützen und ihnen Zugänge zu etablierten Fördermöglichkeiten zu eröffnen, von denen sie bisher ausgeschlossen blieben. Neben den AmateurInnen beziehen die Grünen auch eine andere, zurzeit vernachlässigte Gruppe in ihre Strategie mit ein: die Fach-arbeiterInnen. Österreich verfügt über eine sehr gut ausgebildete Gruppe an FacharbeiterInnen, die in ihren Unternehmen oftmals Inno-vationen vorantreiben. Die Grünen distanzieren sich daher von einer nur auf Forschung und Entwicklung reduzierten Innovationsdiskussion und wollen die FacharbeiterInnen im Rahmen ihrer politischen Möglichkeiten gezielt stärken. Dazu gehört die Unterstützung von Unternehmen als lernende Organisationen genauso wie die Prüfung des Fördersystems auf Zugänglichkeit für FacharbeiterInnen und die Verbesserung der Lehrlingsausbildung.

Auch damit wird nach grünem Verständnis die innovative Infrastruk-tur einer Gesellschaft gestärkt.

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MIT DER EINRICHTUNG VON KOORDINIERUNGSZENTREN KLEINTEILIGE STRUKTUREN STÄRKEN UND WISSEN ÖFFENTLICH MACHEN

Die Szene der Open-Source-UnternehmerInnen zeichnet sich durch besondere Kleinteiligkeit und Vielfalt aus. Die Klein(st)unternehmerInnen in diesem Bereich sind zwar untereinander zum Teil gut vernetzt, einer breiten Öffentlichkeit bleiben ihre Dienstleistungen aber oft verborgen. Das ist insoferne besonders schade, weil gerade ihre Tätigkeit auch dafür sorgt, Wissen öffentlich und weiterverwendbar zu machen.TrägerInnen von Open-Source-Projekten sind Organisationen (Firmen, die öffentliche Hand), die ein gemeinsames Interesse an bestimmter Soft-ware haben, wobei die Nutzung und Weiterentwicklung des Quellcodes über den Kreis der InitiatorenInnen hinaus erwünscht ist.Der Koordinationsaufwand solcher Projekte ist bisher allerdings nur von größeren Firmen leistbar, wodurch die gewünschten Effekte zur Bildung von Netzen autonomer Entwicklungszentren kaum erreichbar sind. Die Grünen schlagen deshalb die Einrichtung von Koordinationszentren vor, die für die Klein(st)Unternehmen als wichtige Knotenpunkte fungieren und unter Marktbedingungen sonst nicht entstehen.

Spezielle „Open Mind Centers“ sollen den Kern eines Netzwerks von EntwicklerInnen bilden und den Lebenszyklus eines Projektes begleiten. Sie können die Trägerschaft eines umfassenden und langfristigen Entwicklungsprojekts übernehmen und den Prozess zwischen EntwicklerInnen und AnwenderInnen koordinieren.Open Mind Centers können bei Ausschreibungen die Bieterrolle übernehmen und in der Projektrealisierung die Koordination der LieferantInnen der Einzelbausteine übernehmen.Darüber hinaus können sie für die betreuten Projekte und Produkte die Wahrung der Interessen der UrheberInnen übernehmen und in strukturier-ter Weise kontrollieren, dass Open-Source-Lizenzen von den AnwenderInnen eingehalten werden. Schließlich würden Open Mind Centers mögliche KundInnen über die Dienstleistungen der in der Region ansässigen Unternehmen informieren.Bezüglich der Realisierbarkeit verweisen die Grünen auf zahlreiche internationale Initiativen und die „Open Source Initiative Vorarlberg“.

Innovations- und Technologiepolitik im Sinn einer transparenten Strategie mit klar definierten Zielen findet in Österreich nicht statt. Es wird zwar in Sonntagsreden gerne über Innovation und Forschung gesprochen und auf die wichtige Rolle der neuen Technologien hingewiesen. In der Regierungsarbeit selbst ist allerdings keine demokratisch legitimierte Strategie zu erkennen. Als kleinster gemeinsamer Nenner der aktuellen Diskussionen taucht immer wieder die „Forschungsquote“ auf, also der Anteil der For-schungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt. Zwar begrüßen die Grünen verstärkte Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E). Zugleich distanzieren sie sich aber von einer zu pauschal und rein quantitativ geführten Diskussion und fordern mehr Augenmerk auf die Qualität. Das österreichische Forschungs- und Innovationssystem leidet unter einer Reihe von Missständen, die allein durch höhere Investitionen nicht wettgemacht werden können. Dazu gehören der Mangel an qualifizierten ForscherInnen in Österreich, der auch von der OECD kritisiert wird, ein finanziell ungenügend ausgestattetes Universitätssystem und eine – trotz einiger Verbesserungen – immer noch unübersichtliche Förderlandschaft, die ihre Mittel vor allem an große Unternehmen ausschüttet.Ziel des grünen Innovationsprogramms ist es daher, jenseits der politischen Vermarktung von steigenden Forschungsquoten Rahmenbedin-gungen zu schaffen, die die Entstehung von Neuem in Wissenschaft und Technik, aber auch in der Gesellschaft unterstützen. Dabei geht es nicht darum, Innovationsprozesse zu verbürokratisieren und in enge Vorgaben zu zwängen, im Gegenteil. Den vielfältigen AkteurInnen, die in-nerhalb und außerhalb etablierter Institutionen innovativ tätig sind, müssen größere Freiräume gelassen werden, damit so Neues ungeplant und spontan entstehen kann.

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KLEIN(ST)UNTERNEHMEN GEZIELT FÖRDERN

Die Grünen sprechen sich für eine Weiterführung der zweigleisi-gen Unterstützungsstruktur mit einem steuerlichen Anreizsystem und direkten Förderungen aus. Als Grundlage für einen künftigen Strategieprozess fordern die Grünen aber dringend eine evidenz-basierende Evaluierung der volkswirtschaftlichen Effekte der Anreiz- und Steuerungsmechanismen der letzten Jahre. Zusätzlich soll eine verpflichtende Systematik für alle in Forschungs- und Entwicklungsagenden involvierten öffentlichen Stellen erarbeitet werden. Sie soll regeln, welche Zahlen in welcher Form zu erheben und an auswertende Stellen weiterzugeben sind. Momentan gibt es im F&E-Bereich unzureichende Daten, was eine fundierte Strategie nahezu unmöglich macht.Die Grünen fordern zudem folgende Reformen bzw. Innovationen im Bereich der direkten Förderungen:

■ Nationale und Europäische Programme müssen so gestaltet sein, dass auch Klein(st)unternehmen in den Genuss von For- schungsgeldern kommen können. Grüne Förderpolitik wird aber auch schon bei der Gestaltung von Förderrichtlinien auf einen intensiven Dialog mit VertreterInnen der Zielgruppen setzen, um Förderungen ihren Bedürfnissen möglichst gut anzupassen.

■ Wagniskapital für Ökotechnologien sollte durch die Schaffung von konkreten Finanzierungsinstrumenten bereitgestellt werden. Forschungsintensive Start-Ups in diesem Bereich sollen best- möglich unterstützt werden und Österreich zu einem Vorreiter in Sachen Ökotechnologien machen.

■ Transparenz, Unabhängigkeit und Fairness bei der Vergabe von Förderungen muss gewährleistet sein. Das heißt konkret: Grund- lage für die Vergabeentscheidung ist ein Urteil unabhängiger ExpertInnen auf Basis nachvollziehbarer Kriterien.

■ Innovative Institutionen, Unternehmen oder Personen sollen sich an jenen orientieren, mit denen sie eine neue Wertschöpf- ung aufbauen oder bestehende Kooperationen ausbauen können. Förderpolitik ist in erster Linie dazu da, Kooperationen anzuregen und die innovativen AkteurInnen in ihrem wirtschaft- lichen und/oder gesellschaftlichen Umfeld zu stärken.

■ Der bestehende Förderdschungel wird durch Zusammenlegungen von sich verdoppelnden oder überschneidenden Programmlinien „gelichtet“. Eitelkeiten und Kompetenzüberschneidungen der für Forschung und Innovation zuständigen Ministerien dürfen nicht auf dem Rücken von UnternehmerInnen und ForscherInnen ausgetragen werden, indem sie mehr Energie in das Durchforsten der Forschungsförderungslandschaft als in eigene Innovationstä- tigkeit investieren müssen. Der Rat für Forschung und Technolo- gieentwicklung wird organisatorisch an das Parlament gebunden. Als Schnittstelle zwischen Parlament, Einrichtungen der Forschungs- und Innovationslandschaft und Öffentlichkeit arbeitet er Strategievorschläge aus. Im Unterschied zur aktuellen Situation ist der Prozess bis zum Strategiedokument transparent und der Einfluss der einzelnen Interessengruppen nachvollziehbar. Das Programm wird im Parlament diskutiert und beschlossen.

■ Start-Ups werden von Förderinstitutionen nicht nur in der Phase der Gründung unterstützt, sondern auch bei der qualitativen Entwicklung des Unternehmens. Die Grünen fordern, dass das „Gründerpaket“, das sich momentan vor allem auf die Entwicklung von Business-Plänen und Hilfe bei der Startfinanzierung konzen- triert, um ein verpflichtendes Unternehmensberatungsmodul ergänzt wird. Es soll nach rund einem Jahr konsumiert werden und wird – abgestimmt nach den Bedürfnissen, Beratung in Bereichen wie Marketing oder MitarbeiterInnenführung beinhalten.

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Der ständige Gebrauch von Wissen durch eine Gemeinschaft ist eine notwendige Voraussetzung für dessen Bewahrung und weitere Entwicklung.Im derzeitigen Übergang zur wissensbasierten Ökonomie wird Wissen immer mehr zu einer umstrittenen Ware. Obwohl Wissen prinzipiell verallgemeinerbar ist und der Wissenserwerb des einen nicht zum Wissensverlust des anderen führt, kommt es unter Wett-bewerbsbedingungen dazu, dass Unternehmen und MitarbeiterInnen sich Wettbewerbsvorteile sichern wollen und Wissen daher nicht geteilt wird.Die Grünen halten dem entgegen, dass die grundlegenden Dimen-sionen der Wissensgesellschaft (Wissen als Ressource und Lernen als Prozess) als öffentliches Gut erhalten bleiben muss. Eine Grüne Politik wirkt Ausschließungsregeln und Zugangsbeschränkungen entgegen und sorgt dafür, dass Wissen und Bildung im Rahmen öffentlicher Dienstleistungen zu Verfügung gestellt oder zumindest ein allgemeiner Zugang möglich ist.Betont kritisch stehen die Grünen der Patentierung gegenüber, die den EinreicherInnen von Patenten das Recht gibt, die Nutzung einer Idee durch andere auszuschließen. Dadurch kann die absurde Situation entstehen, dass man zwar Wissen besitzt, es aber nicht einsetzen kann, weil sich jemand anderer bereits das Recht auf dessen Nutzung gesichert hat. Die Linie der Grünen in dieser Frage ist klar: Die Anmeldung eines Patents ist dann möglich, wenn damit tatsächlich eine technische Erfindung geschützt werden soll. Diese Unterscheidung zwischen konkreter Anwendung und grundlegendem Wissen wird derzeit auf vielen Ebenen aufgeweicht. Etwa im Bereich der Software wird durch Vorstöße auf EU-Ebene versucht, nicht nur eine konkrete Entwicklung durch die Möglichkeit zur Patentierung zu schützen, sondern auch

die Idee dahinter (z.B. nicht nur die technische Realisierung des „One-Click-Shops“, sondern auch die Idee, einen Online-Einkauf mit nur einem Schritt abzuschließen). Auch die Diskussion um die Patentierbarkeit genetischen Materials ist vor diesem Hintergrund zu sehen: Nicht nur eine neue Therapie, die auf Erkenntnissen zur Funktion eines bestimmten Gens beruht, soll geschützt werden, sondern auch das Wissen über die Bedeutung des Gens selbst. Dies lehnen die Grünen ab. Grüne Forschungsförderung ist so zu gestalten, dass mit öffentli-chem Geld erarbeitete Ergebnisse auch öffentlich zugänglich (mit Ausnahme besonders begründeter Fälle wie etwa sicherheitspoli-tisch relevantes Wissen) sind. Sobald die öffentliche Hand gezielt die Produktion von Wissen ermöglicht, muss auch sichergestellt sein, dass das produzierte Wissen frei zugänglich ist und dass die öffentliche Hand im Verhältnis ihrer Beteiligung an den Gewinnen durch dieses Wissen beteiligt ist und es so zu Rückflüssen an die öffentliche Hand kommt. Die Grünen sehen ihre Haltung, nur konkrete Anwendungen patentierbar zu machen, auch als Unterstützung für Klein(st)- und Mittelunternehmen. Sie müssen davor geschützt werden, dass Großbetriebe weit reichende Felder strategisch für sich patentieren und damit Innovation durch die Weiterbearbeitung von Wissen verhindern. ForscherInnen, ob in Unternehmen oder der nicht-kom-merziell orientierten Forschung müssen jedenfalls stärker als bisher auf die Möglichkeiten der Patentrecherche aufmerksam gemacht bzw. darin unterstützt werden.Auch die Frage der Klärung bestehender Rechtsansprüche muss unterstützt werden, denn oftmals ist die Recherche möglicher be-stehender Patentrechtsansprüche sehr kostenintensiv und kann von KMUs nicht geleistet werden.

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Unter dem Schlagwort „Digital Divide“ wurde in den letzten Jahre immer wieder über die Gefahr diskutiert, dass der Gebrauch von modernen Technologien nicht allen Bevölkerungsgruppen offen steht. In erster Linie bezog sich die Debatte auf das Internet, das in der jüngsten Vergangenheit für viele zu einem Teil des Alltags wurde. Die Grünen weisen schon länger darauf hin, dass ein Teil der Bevölkerung nicht über jene Medienkompetenz verfügt, die eine selbstbestimmte und aktive Teilhabe am Internet ermöglicht.Forschungsarbeiten zu diesem Thema haben darüber hinaus gezeigt, dass die zentralen Zugangsbarrieren des Internet – Kosten und Medienkompetenz – dafür sorgen, dass die ohnehin schon sozial Privilegierten auch im Internet überrepräsentiert sind. Digitale Ausgrenzung ist häufig ein kumulatives Phänomen, das zu anderen sozialen Nachteilen hinzukommt.Die Grünen sehen es als Grundlage eines innovations- und technolo-giepolitischen Programms, der Gefahr einer Spaltung der Gesell-schaft in Form einer zunehmenden Wissenskluft durch das Internet gegenzusteuern. Die „Digital Divide“ ist dabei nicht als ein isoliertes Problem von einzelnen benachteiligten Gruppen zu sehen, sondern als ein gesamtgesellschaftliches Problem, das auch nur in einem solchen Kontext gelöst werden kann.Die Grünen sprechen sich für ein neues Verständnis von „digi-taler Integration“ aus. Nicht nur die technische Vernetzung von Institutionen, Einrichtungen und Menschen mit dem Internet soll sichergestellt werden, sondern auch die Handhabbarkeit, Bedie-nungsfreundlichkeit, Kosten, Kompetenz und Sicherheit müssen berücksichtigt werden. Die NutzerInnenperspektive muss mehr in den Mittelpunkt gerückt werden, damit die Diskussion nicht abgehoben auf einer technischen Ebene geführt wird, sondern eingebettet in die Lebenszusammenhänge der Menschen. Grüne Innovationspoli-

tik fördert gezielt Technologien, die für alle Gesellschaftsgruppen zugänglich sind und nicht hinsichtlich sozialer Herkunft, Geschlecht oder Behinderung diskriminieren.Digitale Integration führt aus Grüner Perspektive dazu, dass alle Menschen materiellen und wissensmäßigen Zugang zum Internet haben und dort auch – in einem sicheren und barrierefreien Umfeld – Inhalte vorfinden, die einen Nutzen für sie darstellen. Ziel ist es, dass alle BürgerInnen das Internet gebrauchen können, um Informationen zu beziehen und um selbst aktiv einen Beitrag zur wissensbasierten Wirtschaft und Gemeinschaft zu leisten. Aufgabe der Politik ist es nicht nur, Zugänge zu eröffnen. Menschen werden durch grüne Innovationspolitik in die Lage versetzt, wissend zu entscheiden, wie sie neue Technologien anwenden und in ihr Leben integrieren.Grüne Politik begreift den Zugang zu neuen Informations- und Kom-munikationstechnologien als ein universelles Recht aller Menschen, das sich durch das Entstehen der Informationsgesellschaft gerade erst herauszubilden beginnt.Momentan konzentriert sich die öffentliche Debatte, sofern sie über-haupt geführt wird, auf konkrete Probleme (File-Sharing, Softwarepa-tente, Biometrie, etc.).Diese Diskussion muss in Zukunft breiter geführt werden. Sobald sich ein breiter gesellschaftlicher Konsens über Art, Umfang und Reichweite des Rechts auf digitale Integration herausgebildet hat, wird es die Verpflichtung der Politik sein, dieses Recht in Verfassun-gen und Gesetzen abzusichern. Keinesfalls darf dieses Recht nur auf der Ebene von Verträgen zwischen Einzelpersonen und/oder Unter-nehmen (Lizenzverträge, Providerverträge, etc.) geregelt werden.Die Grünen verstehen dies als die Grundlage einer innovativen und sozial gerechteren Gesellschaft.

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Forschung und Entwicklung sowie ihre gesellschaftlichen Auswirkungen sind in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer komplexer geworden. Dennoch sind die Grünen davon überzeugt, dass gerade in diesem Bereich politische Steuerungsfähigkeit erhalten bleiben muss. Eine wichtige Methode, um politische Entscheidungen auf einer gesicherten Grundlage treffen zu können, ist die Technikfolgenabschätzung.

Die Grünen sprechen sich klar für einen breiten Einsatz der Technikfolgenabschätzung aus und fordern zugleich ihre Erweiterung über den reinen ExpertInnendiskurs hinaus zu stärker partizipativen Ansätzen. So treten die Grünen dafür ein, sich für Österreich die Verankerung des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag zum Vorbild zu nehmen.Ein solches Büro soll den Stand der Technik analysieren, unmittelbare und mittelbare technische, wirtschaftliche, gesundheitliche, ökologische, humane und soziale Folgen der Technik und möglicher Alternativen abschätzen.Konkret soll die Technikfolgenabschätzung überall dort Entscheidungsgrundlagen aufbereiten, wo sich ein und dasselbe Problem für unterschied-liche Gruppen – ExpertInnen, Betroffene, UnternehmerInnen etc. – verschieden darstellt. Die Aufgabe der Technikfolgenabschätzung ist es, durch die Vernetzung der FachexpertInnen und Laien Handlungsmöglichkeiten für die Politik zu erörtern.

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Nationale Diskussionen können nicht ohne Berücksichtigung der internationalen Rahmenbedingungen geführt werden. Die europäische Forschungs- und Entwicklungspolitik ist sehr stark von den Interessen einiger weniger AkteurInnen geprägt. Dennoch ist eine teilweise Öffnung zu beobachten, welche die Möglichkeit bietet, künftige Entwicklungen besser zu beeinflussen. Die Grünen sehen es als Teil der nationalen Innovations- und Technologiepolitik, die Aushandlungsprozesse auf europäischer Ebene aktiv zu verändern und zu öffnen.Die Grünen halten daher vor allem zwei Schwerpunkte für vordringlich: Zum einen fordern sie mehr Transparenz in den Aushandlungspro-zessen der europäischen Rahmenprogramme und Strategiepläne. Österreich ist da besonders in die Pflicht zu nehmen, denn partizipative Ansätze, die seitens der EU bereits vorgesehen sind, werden hierzulande durch sozialpartnerschaftliche Beratungsgremien umgangen.Zum anderen ist eine stärkere Einbeziehung der Zivilgesellschaft nötig, wenn der europäische Wissensraum vom Kopf auf die Füße gestellt werden soll. Mehr Transparenz und Partizipation würden auch dafür sorgen, dass nicht in erster Linie Großunternehmen die Fördergelder abschöpfen, sondern auch die für die europäische und zumal für die österreichische Wirtschaft so wichtigen Klein- und Mittelunternehmen verstärkt zum Zug kommen.Nicht vergessen werden darf aus Grüner Sicht aber auch der globale Zusammenhang. Es hat sich gezeigt, dass der Fortschritt in der so genann-ten westlichen Welt auf Kosten der so genannten Entwicklungsländer geht. Dieses Nord-Süd-Gefälle hat sich auch durch das Internet und der beginnenden Transformation der westlichen Gesellschaften in Richtung Wissensökonomien nicht geändert. Grüne Innovationspolitik verliert diesen Bezugsrahmen nicht aus den Augen und fördert jene Arten des Wissenstransfers, der Gesellschaften des Südens den Aufbau einer dem Land angepassten, nachhaltigen Wirtschaftsstruktur ermöglichen soll.

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Innovationspolitik ist eine Querschnittsmaterie und betrifft viele verschiedene Politikfelder. Erfolgreiche Innovationspolitik zeichnet sich dadurch aus, dass sie in verschiedenen politischen Bereichen vorangetrieben wird. Dennoch gibt es einzelne Politikfelder, die im Innovationszusammenhang besonders wichtig sind. Die folgenden Abschnitte skizzieren konkret, wie diese Politikfelder in einem Grünen Verständnis zum Entstehen und Integrieren von Innovationen beitragen können.

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UNTERSCHIEDLICHE ABSETZBETRÄGE FÜR KLEIN- UND GROSSUNTERNEHMEN

Im Bereich der steuerlichen Anreize für Forschungs- und Innovationstätigkeit fordern die Grünen folgende Reformen:■ Das Kriterium der „volkswirtschaftlich wertvollen Erfindung“ sowie die Genehmigungspflicht des Forschungsfreibetrags im Wirtschafts- ministerium sollen fallen. Stattdessen werden als alleinige Merkmale für steuerlich absetzbare F&E-Aufwendungen die im „Frascati Manual“ festgehaltenen Kriterien herangezogen. Der Begriff der „volkswirtschaftlich wertvollen Erfindung“ ist nicht aussagekräftig und schreckt Klein(st)- und MittelunternehmerInnen (KMUs) davon ab, ihre Ausgaben geltend zu machen.■ Die Grünen fordern eine Bevorzugung von KMUs bei der steuerlichen Förderung. Konkret soll das durch einen für KMUs erhöhten Absetz- betrag umgesetzt werden. Die Grünen sprechen sich dafür aus, dass die F&E-Investitionen von Großbetrieben zu 20 Prozent absetzbar sind, jene von KMUs zu 30 Prozent. Die Forschungsprämie steht nur mehr Unternehmen zur Verfügung, die keinen Gewinn schreiben und die nicht älter als fünf Jahre sind. Diese Einschränkungen scheinen umso mehr berechtigt, als Großunternehmen durch die Novelle der Körperschafts- steuer deutlich stärker entlastet werden als KMUs.■ Die höhere Absetzbarkeit von F&E-Ausgaben, die über dem Jahresmittel der letzten drei Jahre liegen, wird auf Unternehmen eingeschränkt, die über nicht mehr als 25 Prozent und eine Stimme Fremdbeteiligung verfügen. Damit soll verhindert werden, dass Großbetriebe Tochterun- ternehmen ausgründen, um in den Genuss der erhöhten Förderung zu gelangen.

Wirtschaftspolitik spielt als Teilbereich Grüner Innovationspolitik eine wichtige Rolle. Aufgrund der besonderen Struktur der öster-reichischen Wirtschaft konzentriert sich Grüne Innovationspolitik besonders auf die zahlreichen klein(st)en und mittleren Unternehmen (KMUs). Wie Analysen zeigen, stellen sie schon heute ein wichtiges Fundament des nationalen Innovationssystems dar. Dennoch werden sie von den Rahmenbedingungen benachteiligt. Zahlen der Wirt-schaftskammer belegen, dass nur mehr 18 Prozent der IT-Unterneh-merInnen in Wien überhaupt MitarbeiterInnen beschäftigen, der Rest kämpft sich alleine durch.Komplizierte und intransparente Strukturen, die nicht Kooperation sondern EinzelkämpferInnentum fördern und geringe Unterstützung bei Wissensaufbau sowie Expansions- und Internationalisierungsvor-haben stellen KMUs vor schlechtere Bedingungen als große Firmen, die sich mit entsprechendem Mitteleinsatz Vorteile verschaffen.Die Stärkung der Innovationskraft von KMU ist ein wesentliches Ziel Grüner Innovationspolitik, das sich in folgenden konkreten Vorschlä-gen zur Reform bzw. der grundlegenden Neuregelung der direkten und indirekten Förderpolitik niederschlägt:

■ Unterstützungspaket für Mikrounternehmen. Gerade die immer zahlreicheren Klein(st)unternehmerInnen sind NutznießerInnen der von den Grünen geforderten Grundsicherung, die folgende Aspekte umfasst: die Integration von UnternehmensgründerIn- nen in finanzielle Abfederungsmechanismen bei Arbeitslosigkeit, die Unterstützung im Falle sonstiger unabsehbarer Notsituati- onen (vor einer Umsetzung der Grundsicherung etwa in Form

eines Unternehmensozialfonds für Ein-Personen-Unternehmen). Darüber hinaus braucht es Programme zur Förderung von Büro- gemeinschaften und Unternehmensvernetzungen.

■ Unterstützung für lernende Organisationen. Unternehmen und Institutionen, die in das Wissen ihrer MitarbeiterInnen investie- ren und langfristige Strategien der Weiterbildung verfolgen, werden von Grüner Innovationspolitik besonders gefördert. Sie integrieren weite Unternehmensteile in den Innovationsprozess, um Wissen „fließen“ zu lassen.

■ Diversität. Innovative Wirtschaftspolitik unterstützt Unterneh- men dabei, mit verschiedenen Aspekten von Vielfalt umzuge- hen. Aus der kreativen Auseinandersetzung mit unterschiedli- chen Zugängen und Hintergründen können Innovationen entstehen, die grundlegend neue Perspektiven eröffnen und damit zu wirklichen Durchbrüchen führen. Grüne Politik fördert die Entwicklung von Strategien, mit denen das innovative Poten- zial von Vielfalt genutzt werden kann.

■ Öffentliche Nachfragepolitik ist im Grünen Verständnis ein mögliches Instrument, um die Entstehung und Verbreitung be- stimmter Innovationen zu fördern. Bei der öffentlichen Auftragsver- gabe sollten Klein(st)un-ternehmerInnen die gleichen Chancen haben wie etablierte Großunternehmen. Der Staat kann sich als innovativer Auftraggeber dabei profilieren, indem er Umwelt- und Energietechnologien fördert sowie im öffentlichen Beschaffungs- wesen entsprechend tätig wird.

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Die Grünen sind überzeugt, dass es in der österreichischen For-schungs- und Innovationslandschaft zahlreiche Schwächen gibt, die einer Reform bedürfen. Grüne Forschungspolitik will bei entsprechen-den Gestaltungsmöglichkeiten folgende Schwerpunkte setzen:

Österreich weist im Europa-Vergleich noch immer einen verhältnismä-ßig niedrigen AkademikerInnen-Anteil auf. Eine Wissensgesellschaft braucht aber möglichst gut ausgebildete Menschen, wobei ein fehlen-der Studienabschluss nicht unbedingt auf eine mangelnde Ausbildung schließen lässt. Je mehr Wissen ein Mensch erwirbt und im Lauf seines Lebens mit praktischen Erfahrungen verbinden kann, desto eher kann er/sie seine/ihre Ideen entwickeln und umsetzen, d.h. einen Beitrag zu einer innovativen Gesellschaft leisten. Die Grünen sprechen sich daher klar für eine Abschaffung der Studiengebühren und für einen offenen Hochschulzugang aus. Auch aus geschlechterpolitischer Perspektive – Zugangshürden diskriminieren Frauen tendenziell immer mehr als Männer – sind Beschränkungen abzulehnen.

Die öffentliche Diskussion und die Schaffung eines breiten gesell-schaftlichen Konsenses über die Definition von strategischen Zielen einer österreichischen Forschungs- und Technologiepolitik sind we-sentliche Eckpfeiler für die Entwicklung einer nationalen F&E-Strate-gie. Die Grünen sprechen sich klar gegen das derzeitige System von informellen Absprachen und verdecktem Lobbying aus.

Die Grünen sehen den Rat für Forschung und Technologieentwicklung (FTE-Rat) als reines Beratungsgremium von ExpertInnen, die von den zuständigen RessortleiterInnen ausgewählt werden. Seine Aufgabe ist es, die Regierung zu beraten. Der Rat darf jedoch nicht direkt in die Abläufe und Genehmigungen eingreifen. Daher wird er an das Parlament angebunden, seine Vorschläge und Berichte werden im Parlament beschlossen. Zudem muss die Verantwortung eindeutig bei den politisch verantwortlichen RessortministerInnen bleiben. Es darf keinesfalls zu einer Verwässerung der politischen Verantwortung der Regierungsmitglieder gegenüber dem Parlament kommen.

Eine Bereinigung des Kompetenzwirrwarrs der Ministerien im Bereich Forschungsförderung ist unumgänglich, um ein funktio-nierendes Forschungs- und Innovationssystem für Österreich zu garantieren. Bisher wurden nur Institutionen fusioniert, während die Zuständigkeitsprobleme auf Programmebene weiterexistieren. Anzustreben ist die Vereinigung sämtlicher Kompetenzen im Bereich Innovation und Technologie in zwei Ressorts wie das in den meisten europäischen Ländern längst üblich ist (analog zur Kompetenzzuord-nung auf EU-Ebene mit einer Teilung der Aufgaben für Grundlagen-forschung/Universitäten und angewandte Forschung/Wirtschaft).Immer kürzer werdende Lebenszyklen kommerzieller Produkte und Dienstleistungen führen zu einer Aufwertung der Grundlagenfor-schung. Sie verlangen aber auch neue Arrangements zwischen Grundlagenforschung, angewandter Forschung und experimenteller Entwicklung sowie die breitere Etablierung von Forschungsnetzwer-ken zwischen den Universitäten und den Unternehmen sowie den Universitäten und der Gesellschaft. Die Universitäten in Öster-reich und der EU insgesamt weisen zwar einen beeindruckenden wissenschaftlichen Forschungsoutput auf, der aber besser genutzt werden muss. Förderungslücken zwischen erkenntnisorientierter und zweckorientierter Forschung müssen geschlossen werden. Die Grundlagenforschung darf von der rein angewandten Forschung nicht in den Hintergrund gedrängt werden, da die erkenntnisorien-tierte „reine“ Forschung die Potenziale für die Zukunft erarbeitet. Ohne Grundlagenforschung wird es für zukünftige Generationen auch keine angewandte Forschung geben.

Die Zahl der hochwertigen Jobs für ForscherInnen in Österreich muss deutlich erhöht werden. Dies verlangt mehr Initiative von der öffentlichen Hand sowie ein deutlicheres F&E-Profil seitens der Wirtschaft. Es gilt, institutionelle Barrieren zwischen den Universi-täten und der Wirtschaft abzubauen und Anreize für (mehrmaliges) Wechseln zwischen Universitäten und Wirtschaft zu schaffen. Frauen fördernde Maßnahmen sind dabei von besonderer Bedeu-tung. Die wissenschaftliche Karriere und das Privatleben sollte für WissenschaftlerInnen leichter vereinbar werden. Zudem gilt es, die

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spezifischer Lobby-Gruppen zurückzudrängen.

Mittels regelmäßiger Evaluierungen und begleitenden Wirksamkeits-analysen muss gewährleistet werden, dass möglichst Informationen über die Effekte von Fördermaßnahmen der öffentlichen Hand möglichst rasch öffentlich verfügbar sind. Die Verantwortlichen könnten so be-stimmte Maßnahmen forcieren oder bei anderen rechtzeitig gegensteu-ern. Diese Vorgangsweise steht in direktem Gegensatz zur derzeitigen Praxis, besonders indirekte, aber auch direkte Förderung nicht auf ihre Wirksamkeit hin zu evaluieren und damit eine etwa auf ihre Auswir-kungen für Groß-, Mittel- und Klein(st)unternehmen unüberprüfte Praxis fortzuschreiben.

Ein besonderes Problemfeld in Österreich stellt die Beteiligung von Frauen an Innovation und Forschung dar. Frauen sind in Österreich – insbesondere im Unternehmenssektor und in höheren akademischen Positionen – im europäischen Vergleich noch immer deutlich unterre-präsentiert. In bestimmten Bereichen belegt Österreich im EU-Vergleich sogar den letzten Platz.Die Grünen fordern deshalb die gleichen Karrieremöglichkeiten für Frau-en in der Forschung und Entwicklung, die gleichen Chancen auf Jobs und die gleiche Bezahlung. Maßnahmen zur besseren Vereinbarung von Familie und Beruf müssen massiv forciert werden. Dazu zählen unter anderem flexible Arbeitszeitmodelle oder Weiterbildung während der Karenz, um den Wiedereinstieg zu erleichtern.Aber auch die Verteilung zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissen-schaftlern nach Fachbereichen sollte sich mittelfristig angleichen: Wäh-rend in den Sozial- und Kulturwissenschaften oder der Humanmedizin verhältnismäßig viele Frauen tätig sind, sind sie in den Technik- und Ingenieurwissenschaften wenig präsent. Als konkrete Initiative wollen die Grünen – ausgestattet mit entspre-chenden Gestaltungsmöglichkeiten – das Genderprojekt „Frauen und Technikwissenschaft“ umsetzen: Dabei gilt es, die Technikwissenschaf-ten weg von einem sehr eng verstandenen Technikbegriff und Fragen reiner Machbarkeit hin zu umfassender Kompetenz im Sinne einer sozialverträglichen Technikgestaltung zu verändern.

internationale ForscherInnenmobilität zu erhöhen. Österreich sollte in diesem Punkt eine Vorreiterrolle spielen.

Zum modernen Leitbild von Politik muss es gehören, dass sich der Staat nicht nur als Teil einer wissensbasierten Demokratie versteht, sondern verstärkt auch als „Wissens“-Staat versteht, der F&E noch entschiede-ner als bisher unterstützt. Die nationale Forschungspolitik muss in Zu-kunft verstärkt auf die europäische Dimension Rücksicht nehmen. Beim Aufbau des europäischen Forschungsraumes muss darauf geachtet wer-den, dass die europäischen und nationalen Investitionen in Forschung und Entwicklung effektiv eingesetzt werden und dazu beitragen, die Lebensqualität der EU-BürgerInnen zu verbessern. Eine weitere wichtige Rahmenbedingung für eine prosperierende Forschungs- und Innovati-onslandschaft bildet die sichere Finanzierung. Die Grünen wollen bei entsprechendem Gestaltungsfreiraum folgende Akzente setzen:

Trotz gegenteiliger Ankündigungen basiert die österreichische For-schungsfinanzierung zunehmend auf der Vergabe von Sondermitteln. Der Anteil dieser außerbudgetären Mittel macht einen großen Teil der gesamten öffentlichen Forschungsfinanzierung aus. Um eine stabile Finanzierung und langfristige Planung zu ermöglichen, müssen die Mittel für die Forschungsförderung in das ordentliche Budget überführt werden. Damit wird auch die parlamentarische Kontrolle über die Ausgabe dieser Mittel wieder sichergestellt.

Um zusätzliche private Mittel für F&E zu generieren, muss die öffent-liche Hand umgehend die Verfügbarkeit von Risikokapital (welches besonders für junge Technologiefirmen und High-Tech Start-Ups entscheidend ist) verbessern.

Österreich übernimmt in der ersten Jahreshälfte 2006 den EU-Vor-sitz. Österreich sollte dies als Chance nutzen, sich als Akteur dafür einzusetzen, damit die EU ein klareres Profil in den Bereichen Wissen und Forschung entwickelt. Dafür sind mittelfristig deutliche Umschich-tungen im EU-Budget notwendig. Es gilt aber auch, die Interessen

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INITIATIVEN VOM KINDERGARTEN ÜBER DIE STUDIENAUSWAHL BIS HIN ZU DEN KARRIEREPERSPEKTIVEN

Die Sozialisation von Männern und Frauen verläuft in unserer Gesellschaft unterschiedlich. Das Elternhaus, Kindergärten und Schule beein-flussen Mädchen oft in einer Weise, dass sie bei ihrer Ausbildungs- oder Studienwahl gar nicht erst auf die Idee kommen, technische Hand-werksberufe, Ingenieurswissenschaften, Mathematik oder Physik als Ausbildungsoption zu wählen. Es sollen daher bereits im Kindergarten und dann auch in den Schulen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um dem gegenzusteuern. Dazu gehört ein Ausbau der Schulversuche zum teilweisen getrennten Unterricht ebenso wie der verstärkte Einsatz entsprechender pädagogischer Mittel. Angebote für einschlägige Fortbildung der LehrerInnen aller Schulen und entsprechender Ausbildungsmodule in den Lehramtsstudien sind notwendig.

Die Studienpläne der naturwissenschaftlich-technischen Studienrichtungen sind gegenwärtig so gestaltet, dass sie den Interessen und Neigungen der Studenten weitaus stärker entgegenkommen als jenen der Studentinnen.Es soll daher in Zukunft zu einem Ausgleich unterschiedlicher Vorerfahrungen in Studieneingangsphasen kommen: durch explizite Vermittlung von Grundlagenkenntnissen, gezielte EinsteigerInnen-Labor-Angebote und die Bereitstellung von Tutorien für selektierende Lehrveranstaltungen.

Weibliche Erwerbsbiographien verlaufen vielfach anders als die männliche „Normal“-Biographie, an der zurzeit das Verständnis von Exzellenz und „normaler Berufslaufbahn“ orientiert ist.Es muss daher zu einer Beseitigung sämtlicher Altergrenzen bei Mobilitäts-, Forschungs- und Qualifikationsförderungen (wie z.B. Doktorats- oder Habilitationsstipendien) kommen. Zudem müssen die Qualifikationskriterien für Einstellungen, Stipendien und Förderungen überprüft werden.

Derzeit fehlt den NachwuchswissenschafterInnen an den Universitäten jegliche Berufsperspektive. Durchgängige Laufbahnmodelle sind daher eine zentrale Forderung (Stichwort: Dienstrecht, siehe auch „Tenure Track“).

Gender Studies (feministische Naturwissenschafts- und Technikforschung) sind derzeit kein integraler Bestandteil technischer Ausbildungen. Genderaspekte fehlen auch in den meisten Forschungsprojekten.Die Finanzierung von feministischer Naturwissenschafts- und Technikforschung ist kaum möglich, da sie wegen ihres interdisziplinären Zuganges bei den meisten Förderprogrammen von den GutachterInnen nicht akzeptiert wird.

Neben der Adaptierung der Studienpläne muss im Bereich der Forschungsförderung ausgewiesene Genderkompetenz als Bewertungskriterium für alle Forschungsprogramme (für einige Förderprogramme ist dies schon umgesetzt) gelten.Die feministische Forschung (aber auch die anderer marginalisierter Zugänge) in Naturwissenschaft und Technik soll gefördert werden, und es müssen GutachterInnen ausgewählt werden, die interdisziplinäre Projekte auch wirklich fachlich begutachten können.

Das Selbstverständnis der Technischen Universitäten und vieler Fachhochschulen sieht eine eng gefasste Technikkompetenz als wesentliches Aus-bildungsziel. Solche traditionellen Ausbildungsziele sind zu erweitern. Neben einer fundierten Grundlagenausbildung muss in Zukunft ein breiteres Verständnis der Zusammenhänge im Vordergrund stehen. Dafür muss es in den Studienplänen zu einer stärkeren Gewichtung von Studieninhalten kommen, die sich mit einer Integration von sozialwissenschaftlicher Technikforschung, Technikfolgenabschätzung, Ethik, Methoden interdisziplinä-rer Zusammenarbeit beschäftigen.

Die Grünen werden eine Förderung der Kooperationen zwischen Universitäten, Unternehmen, ForscherInnen-Teams und EinzelforscherInnen und den Ausbau partizipative Modelle und Beteiligungsverfahren forcieren.

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SELBSTSTÄNDIGKEIT UND SICHERHEIT TROTZ LEISTUNGSABHÄN-GIGKEIT

Die Grünen fordern die Einführung eines modernen Tenure-Track- Systems nach anglo-amerikanischem Vorbild. Dieses bietet die Mög-lichkeit des Erwerbs leistungsabhängiger Arbeitsplatzsicherheiten und möglichst früher Selbständigkeiten in Forschung und Lehre.

Die Laufbahn im Tenure-Track-System beginnt nach einem universitä-ren Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahren drei Jahre nach dem Doktorat. Alle UniversitätslehrerInnen üben ihre Lehr- und Forschungs-tätigkeit in einer Tenure-Track-Position selbständig aus und sind in das universitäre Selbstverwaltungssystem integriert.Alle HochschullehrerInnen sind daher in einer „Kurie“ vertreten, wodurch „ständische“ Interessen gegenüber gesamtuniversitären Interessen in den Hintergrund rücken. Dadurch werden auch Mitbe-stimmungsrechte für alle an den Universitäten tätigen Personengrup-pen wiederhergestellt. Das passive Wahlrecht für alle Leitungspo-sitionen ist im Rahmen der Selbstverwaltung nach abgeschlossener Postdoc-Phase möglich.Beginnend mit dem Bewerbungsverfahren werden leistungsabhängige

Rahmenbedingungen (Budget, Raum, Verfügungsrechte für technisches Personal etc.) definiert und später periodisch überprüft. Die kollegiale Zusammenarbeit mit DoktorandInnen, Postdocs und Gastwissenschafte-rInnen ist im Sinne der Nachwuchsförderung verpflichtend.Die Verleihung der „Tenure“ erfolgt nach drei bis max. vierjähriger Lehr- und Forschungstätigkeit mittels einer Überprüfung der Qualifika-tion. Danach ist eine weiterer Aufstieg zum „Full Professor“ ebenfalls durch eine Qualifikationsprüfung möglich. „Tenure“ bedeutet zwar einen erweiterten Kündigungsschutz, der bei einem verdienten „Full Professor“ etwa eine Kündigungsfrist von einem Jahr bedeuten kann, „Tenure“ bedeutet jedoch nicht Unkündbarkeit. Bei nachweislicher Nichterbringung der Leistung ist eine Kündigung selbstverständlich nicht ausgeschlossen.Alle Qualifikationsprüfungen orientieren sich an internationalen Maß-stäben. Der Einstieg in dieses Laufbahnschema ist für BewerberInnnen auf jeder Qualifikationsstufe möglich und kann von der Universität entsprechend ausgeschrieben werden.Ein wichtiges Element des Laufbahnschemas soll die Dynamik und Durchlässigkeit des Systems sein. Der immer wieder vorgebrachten Kritik an Erstarrung setzt dieses System eine neue Dynamik entgegen. Neben regelmäßigen Evaluierungsverfahren durch internationale Kolle-gInnen spielt auch die Beurteilung der Studierenden eine Rolle.

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sollen dabei in Zukunft nicht nur zufällig und nebenbei weiter lernen, wie es ohnehin geschieht, sondern auch in Formen organisierten Lernens. Das kann entweder in Bildungseinrichtungen geschehen oder aber in anderen Organisationen, deren Primärzweck nicht Erziehung oder Lernen ist. Deshalb dürfen nicht nur solche Lerninhalte anerkannt werden, die in (Berufs-)Schulen, Fachhochschulen, Universitäten und anderen Bildungsinstitutionen vermittelt werden, sondern auch jene, die außerhalb des formalen Bildungssystems wie in Museen, Bibliotheken, Krankenhäusern, Lesezirkeln, Theatern, Sportvereinen oder Kulturtreffs angeboten werden. Zugleich sind die Arbeitsplätze, also die Betriebe und Verwaltungen, in denen die meisten Erwachsenen einen wesentli-chen Teil ihrer Zeit zubringen, als Orte zu berücksichtigen und zu fördern, an denen organisiertes Lernen stattfindetLebensbegleitendes Lernen soll als Grundlage einer innovativen Gesell-schaft von der Ausnahme zur Regel werden. Dazu braucht es folgende Neuerungen:■ Es muss ein System der Erfassung, Anerkennung und Zertifizie- rung jener Wissensbestände geschaffen werden, die außerhalb des Bildungssystems erworben wurden.■ Die derzeitige Praxis des frühen Zuordnens von SchülerInnen in unterschiedliche Schultypen und die damit einher gehende Verfestigung sozialer Schichten durch das Bildungssystem muss durch ein gesamtheitliches System abgelöst werden. Menschen sollen ihr ganzes Leben lang die Möglichkeit haben, den von ihnen angestrebten Bildungsabschluss zu erlangen.

Die Grünen begreifen eine Politik des Lebensbegleitenden Lernens als übergeordnetes Modell nicht nur für die Organisation des gesamten Bildungswesens, sondern auch für die Weitergestaltung hin zu einer egalitären Wissensgesellschaft.

Bildung ist eine zentrale Voraussetzung für eine selbstbestimmte Gestaltung des Lebens. Sie eröffnet nicht nur Chancen für die persönliche Entwicklung eines Menschen, sondern ermöglicht auch neue Perspektiven im Beruf. Für die Grünen bedeutet Bildung weit mehr als „Ausbildung“. Bildung soll Menschen dazu befähigen, Zusammenhänge zu erkennen und die Chancen eröffnen, sich zu freien und kritischen Individuen zu entwickeln.Neben der Wissensvermittlung soll Bildung die BürgerInnen dazu befähigen, selbstbestimmt zu lernen. Dazu gehört auch das Wissen, wie man lernt, welche Informationen relevant sind und wo diese gefunden werden können. Medienkompetenz als ein kritisches Verständnis der Chancen und Risiken neuer Technologien und der Medienlandschaft ist besonders zu fördern, denn gerade dieser Aspekt ist zentral für die Herausforderungen einer wissensbasierten Gesellschaft.Für die Sicherstellung von gesellschaftlicher Innovation hat die Förderung von Kreativität und Persönlichkeitsentwicklung eine besondere Bedeutung. Nur selbstbestimmte Menschen können ihr kreatives Potenzial, ihre Ideen und ihre Kritik am Status quo entfalten und für innovative Prozesse nutzbar machen. Dazu müssen die Potenziale und Begabungen der SchülerInnen individuell erkannt und gefördert werden – auch um das Selbstwert-gefühl der jungen Menschen zu stärken. Dabei ist unter Einbeziehung reformpädagogischer Methoden der Respekt vor individuellen Lernstrategien und Lerntempo notwendig. Der Grüne Bildungsbegriff umfasst aber nicht nur die Ausbildung in der Schule, sondern auch das so genannte „Lebensbegleitende Lernen“. Trotz mancher negativer Konnotationen sehen die Grünen im Lebensbegleitenden Lernen vor allem die Chance, Menschen Lust zu machen auf lebensbegleitende Aus- und Weiterbildung. Menschen

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ÖSTERREICHISCHE SCHULEN „MEDIENFEST“ MACHEN

Die Entwicklungen der letzten Jahre zeigen immer deutlicher, dass die Arbeit am Computer und mit neuen Medien neben Rechnen, Schreiben und Lesen zur vierten Kulturtechnik geworden ist. Dieser Entwicklung ist im Schulbereich Rechnung zu tragen, indem ■ alle österreichischen Schulen an das Internet angeschlossen werden,■ alle LehrerInnen im Umgang mit dem Internet geschult werden,■ EDV-Unterricht frühzeitig angeboten wird,■ die Ausstattung der Schulen auf hohem technischen Niveau und nach neuesten Erkenntnissen sichergestellt wird.

Die Ziele der Medienkompetenzinitiative sind einerseits eineverstärkte Integration von neuen Medien und Internet in die schuli-sche Arbeit im Sinne von Schlüsselkompetenzen (plattformunabhän-gige Nutzung von Internet und neuen Medien). Andererseits sollen die SchülerInnen besser über Chancen und Risiken von Internet und neuen Medien informiert werden und ein besseres Verständnis die Wirkweisen und Mechanismen von Medien und Möglichkeiten der Manipulation entwickeln.

Die dafür nötigen Maßnahmen von Seiten des Bildungsministeriums bzw. der Länder zielen zum einen auf eine Erneuerung der LehrerInnen Aus- und Weiterbildung ab: ■ Die Ausbildung an Pädagogischen Hochschulen und Universitä- ten muss Schwerpunkte im Bereich der neuen Medien beinhalten.■ In der Lehrerweiterbildung werden Schwerpunkte gesetzt, damit die gesamte Lehrerschaft für den Umgang mit dem Internet geschult ist.■ SpezialistInnen sollen mit Lehraufträgen für geblockte Lehrver- anstaltungen an die Schulen geholt werden.

Zum anderen sind folgende Erneuerungen im Lehrplan und der Lehrmethodik anzustreben:■ die Verankerung von Medienkompetenz im Lehrplan als Quer- schnittsmaterie ■ die vermehrter Einsatz von Open Source Software und Plattform unabhängigen Lehrmethoden■ ein Schwerpunkt auf die Vermittlung eines Verständnisses von Informationsrelevanz („Was ist wichtig, was nicht“)■ die Auflösung von EDV-Räumen und die Integration von Compu- tern in die gewohnte Klassenumgebung, um sie so zu einem festen Bestandteil des gesamten Curriculums zu machen. ■ die Weiterentwicklung und der Ausbau von Zertifizierungen wie dem „Computerführerschein“ (allerdings nicht nur für technische Fähigkeiten, sondern auch für Medienkritik).

Außerdem umfasst die Medienkompetenzinitiative folgende allge-meine Maßnahmen:■ eine ausreichende Zuteilung von Werteinheiten (=„LehrerInnenstunden“) für das Themenfeld■ einen Ausbau der Schulbuchaktion zur Multimediaaktion■ die Sicherstellung von Hardware und Software sowie ihrer Betreuung■ die Entwicklung innovativer Formen zur Nutzung vorhandener Hardware an Nachmittagen (zum Beispiel durch gemeinsame LehrerInnen/SchülerInnen-Projekte zur Vermittlung von Com- puterwissen an andere Bevölkerungsgruppen wie SeniorInnen oder MigrantInnen)

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Der Zugang zur Breitbandinfrastruktur wird in Zukunft noch viel mehr als heute über die wirtschaftliche und gesellschaftliche Prosperität länd-licher Räume entscheiden. Selbst modern ausgestattete Bauernhöfe profitieren längst davon, wenn digitale Daten reibungslos empfangen und versendet werden können. Um die ländliche Infrastruktur am Leben zu erhalten, ist das Internet wichtiger denn je.Die bisherige Entwicklung zeigt, dass trotz großer Bemühungen um ent-sprechende Marktregulierung die Frage der Versorgung mit Breitbandin-frastruktur nicht allein durch den Markt oder die Marktkräfte gelöst werden kann. Österreich hat auch deshalb in den letzten Jahren seine ehemalige Spitzenstellung bei der Breitbandanbindung verloren.Bestimmte Bevölkerungsgruppen und Regionen sind benachteiligt. Zum Beispiel durch unausgewogene und in ihren Wirkungen unzurei-chend reflektierte Infrastrukturentscheidungen, die Konzentrations- und Ballungstendenzen unterstützen anstatt diesen ausreichend gegenzusteuern.Die konkreten Forderungen der Grünen umfassen daher folgende Maßnahmen:

■ Der Gesetzgeber muss sich hinsichtlich der inhaltlichen und

geographischen/regionalwirtschaftlichen Zielrichtung in Form eines im Parlament zu diskutierenden „Masterplans“ festlegen. Nur dann werden Möglichkeiten wie eGovernment oder des eLearning in Zukunft tatsächlich gleichwertig in Stadt und Land genutzt werden können.

■ Besonders für die armutsgefährdeten SozialhilfeempfängerIn- nen müssen spezielle kostengünstige und niedrigschwellige Internetangebote rechtlich verankert werden. Etwa in Form von Gutscheinen für breitbandigen Internetzugang, die einen leistbaren Zugang zu Hause sicherstellen.

■ Die relevanten Fakten im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologien an Hand der internationalen Richtgrößen müssen durch die Statistik Austria erhoben werden. Diese Daten dienen als Grundlage für die Bewertung der wirt- schaftlichen Auswirkungen.

■ Die Grünen fordern eine inhaltliche und personelle Erneuerung der zentralen IKT-Koordinierungsstelle der Bundesregierung („CIO“), deren Tätigkeit sich bisher als wenig erfolgreich erwiesen hat.

Die Anwendung innovationspolitischer Ansätze innerhalb der Regio-nalpolitik hat das Ziel, auf eine ständige wirtschaftliche, soziale und ökologische Neu- und Weiterentwicklung der Regionen in Österreich hinzuwirken.Die Orientierung an den lokalen Potenzialen, Bedürfnissen, aber auch das Anknüpfen an lokalen Problemfeldern ist zentrales Element Grüner Regionalpolitik, die auf Erneuerung ausgerichtet ist. Nur auf diese Weise können mit und für AkteurInnen realistische und herausfordernde Handlungsperspektiven entwickelt und eine entsprechende Verankerung erreicht werden.Bei der Erarbeitung von regionalen Leitbildern bzw. Entwicklungskonzep-ten hat sich die Schaffung einer wettbewerbsfähigen, wachstumsfreudi-gen und nachhaltigen Region als zentrales Motiv herauskristallisiert.Innovative Grüne Regionalpolitik stellt allerdings nicht nur auf die Erhö-hung von Wettbewerbsfähigkeit ab, sondern will an einer umfassenden Gestaltung des Lebens- und Wirtschaftsraums einer Region mitwirken. Nur mit einer systemischen Herangehensweise kann diese Aufgabe langfristig befriedigend gelingen. Soziale, ökologische und wirtschaftliche Bedingungen müssen deshalb gleichrangig behandelt werden. Eine solche Politik hängt wesentlich von der Basisinfrastruktur ab,

konkret: dem Vorhandensein eines guten Verkehrsnetzes sowie von einer entsprechenden Kommunikations- und Bildungsinfrastruktur. Privatisierungen und Deregulierungen bedrohen in vielen Regionen Entwicklungschancen, da deren weit reichende Auswirkungen oft nicht bedacht werden. Die bisherigen Entwicklungen und Fehlentwicklungen in diesen Bereichen müssen evaluiert werden. Es empfiehlt sich die Festlegung von Prioritäten und die Einführung von langfristigen Plänen, um die entstandenen Defizite bekämpfen zu können.Ein besonders wichtiger Aufgabenbereich einer zukunftsweisenden Regionalpolitik ist die Stärkung innovativer Prozesse und Ideen in ländlichen Regionen. Innovative Konzepte zur Entwicklung des „Hinterlandes“ stärken nicht nur die Regionen selbst, sondern stellen darüber hinaus ein wichtiges Potenzial für die Ballungszentren dar. Die so entstehende Dynamik lässt alle Beteiligten profitieren. Durch die Festigung politischer, wirtschaftlicher und sozialer Kooperationen zwischen unterschiedlichen AkteurInnen sowie der Verschränkung von Austauschbeziehungen kommt es zu Synergien beim Wissen, bei Handlungsperspektiven und bei den Ressourcen sowie zum Aufbau von sozialem Kapital und wissensintensiver Strukturen.Diese Faktoren sind zentrale Grundlage für die Erhöhung regionaler Wertschöpfung und damit auch von Prosperität.

MIT BESSERER INFRASTRUKTUR REGIONALE UNTERSCHIEDE AUSGLEICHEN

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Ökologisches Wirtschaften in einem Grünen Verständnis löst sich von rohstoff- und energieintensiven Produktionsweisen und orientiert sich am Vorsorgeprinzip. Es erfordert eine nachhaltige und schonende Nutzung von Ressourcen und strebt Kreislaufsysteme, Energie und Ressourcen sparende Arbeitsprozesse sowie eine Regionalisierung der Produktion an. Diese Umstellungsvorgänge bedürfen massiver Innovati-onsschübe bei technologischen Prozessen. Einen Angelpunkt zur Forcierung dieser Innovationstätigkeit stellt die aufkommensneutrale Ökologisierung des Steuersystems dar. Konkret ist damit eine Senkung der Lohnsummensteuern gemeint, also der Steuern auf den Faktor Arbeit, sowie eine moderate Anhebung der Steuern auf fossile Energieträger. Die Einnahmen würden zu etwa gleichen Teilen an die Wirtschaft (die Senkung Lohnsummensteuern) und die Haushalte (der direkt ausbezahlte Ökobonus) zurückgegeben.Luft- und Wassersanierungen, aber auch die Sanierung von Altlasten waren und sind eine Herausforderung für technologische Entwicklun-gen, die innovativen Charakter tragen und auch der österreichischen Wirtschaft zu Exporterfolgen verhelfen. Entsprechende gesetzliche Auf-lagen und Grenzwerte bilden dafür die politischen Rahmenbedingungen.Rund um das Sortieren, Verrotten, Verbrennen und Deponieren von

Abfall kam es in den letzten Jahren zu Innovationsschüben, die sich auch volks- und betriebswirtschaftlich rentierten. Voraussetzung dafür waren ordnungspolitische Maßnahmen wie die Novellierung des Abfallwirtschaftsgesetzes.In Zukunft geht es darum, neue Werkstoffe und neue Verpackungs-materialien mit einer besseren Ökobilanz herzustellen, was nur durch innovative Technologien gelingen kann. Allein der mögliche Ausstieg aus der Chlorchemie (Stichwort PVC) und das Ersetzen anderer gesundheitsschädlicher Chemikalien durch umwelt- und gesundheits-verträgliche Alternativstoffe würde in der chemischen Industrie eine Innovationswelle auslösen. Dazu ist ein einen Mix von Steuer- und Förderungsinstrumentarien nötig.Im Verkehrsbereich erfordern die Prinzipien der Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung innovative Logistikkonzepte. Dazu gehört der verstärkte Einsatz von Telematik-Systemen oder auch der Einsatz von neuartigen Mobilitätszentralen, was massive Verbesserungen des öffentlichen Verkehrs zur Folge hätte. Zusätzlich würde eine innovative Fahrzeugtechnik dem öffentlichen Verkehr eine verbesserte Akzeptanz verleihen. Konkrete politische Maßnahmen bestehen in öffentlich mitfinanzierten Startprogrammen und Pilotprojekten.

Die Umwelttechnik ist ein breites, interdisziplinäres Technologiefeld, das auf die Vermeidung von Umweltbelastungen sowie die Rückgewin-nung und Wiederverwertung von eingesetzten Materialien abzielt. Die zentralen Märkte für umwelttechnische Produkte und Dienstleistungen sind einerseits die produzierende Wirtschaft sowie andererseits die Kommunen. Es wird geschätzt, dass rund 300 heimische Unternehmen im Bereich Umwelttechnologie mehr als 2,5 Milliarden Euro jährlich erwirtschaften. Die Umwelttechnologie wird international als Wachs-tumsindustrie gesehen, die sich durch hohe Innovationstätigkeit der Unternehmen und eine starke internationale Ausrichtung auszeichnet. Die Entwicklung dieses Sektors hängt dabei jedoch stark von den gesetzlichen Rahmenbedingungen ab. Das Netzwerk Umwelttechnik wird mit dem Ziel ins Leben gerufen, „Stärken zu stärken“.Durch seine Errichtung soll die internationale Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft von Unternehmen in diesem Wirtschaftsbe-reich gesteigert werden. Hierbei sollen gezielte Maßnahmen für die Entwicklung von Produkt- und Prozessinnovationen und der internatio-nalen Markterschließung sorgen. Die Kernaktivitäten des „Netzwerks Umwelttechnik“ umfassen:

■ den Aufbau einer Informations- und Kommunikationsplattform für die bereits bestehenden Unternehmen,

■ die Förderung von Unternehmensgründungen in diesem Themenfeld,

■ den begleitenden Auf- bzw. Ausbau von Bildungseinrichtungen,

■ die Organisation von Expertenworkshops sowie

■ die Initiierung und Begleitung von F&E- und Internationalisier- ungsprojekten, dies insbesondere unter Nutzung von nationalen und europäischen Förderprogrammen.

■ die Förderung grenzüberschreitender Aktivitäten, insbesondere von Kooperationsprojekten mit den östlichen Nachbarn Österreichs. Vor allem bei den EU-Beitrittskandidaten Rumänien und Bulgarien ist innovatives technologisches Know-how im Umweltbereich gefragt. Dementsprechend sollen Kooperationsprojekte und Inter- nationalisierungsbestrebungen von österreichischen Unternehmen sowie Bildungs- und Forschungseinrichtungen durch Beratung und die Konzeption eigener Ausschreibungen unterstützt werden. Das Netzwerkmanagement soll sich an den Erfahrungen des Clustermanagements orientieren und von Wirtschaftsförder- ungseinrichtungen wie etwa der Forschungsförderungsgesell- schaft abgewickelt werden.

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Um dem steigenden Energieverbrauch, der wachsenden Abhängig-keit von fossilen Energieimporten und den abnehmenden fossilen Rohstoffressourcen gegenzusteuern, sind technologische Innovati-onen seitens der Wissenschaft und Wirtschaft gefragt. Gleichzeitig liegt darin für das in Österreich traditionell hohe Fachwissen eine große Chance: Energietechnologische Innovationen könnten hierzu-lande nicht nur die Umweltsituation verbessern, sondern zu einem florierenden Exportgut werden.

■ Die Programmlinien „Haus der Zukunft“, „Fabrik der Zukunft“ und Energiesysteme der Zukunft“ des BMVIT fördern wichtige Inno- vationen im Bereich Gebäudetechnik, Sanierung, Produktionspro- zesse und innovative Energiesysteme. Aufbauend auf diesen Initiativen ist ein deutlicher Ausbau der bestehenden Förderschie- nen anzustreben, um Energieeffizienz und Alternativenergien zu einem echten Schwerpunkt der österreichischen Forschungs- und Technologiepolitik zu machen.

■ Österreichweit einheitliche thermische Richtlinien für die Verga- be von Wohnbauförderung analog dem Vorarlberger Modell.

■ Es sollte im Bereich hocheffizienter Energietechnologien ein Forschungsschwerpunkt eingerichtet werden. Dafür würde sich unter anderem die Brennstoffzellen-Technologie anbieten.

■ Die konsequente Verfolgung des Ziels, fossile Energieträger durch erneuerbare Energieträger zu ersetzen, stellt eine wesent- liche klimaschutz-, wirtschafts- und technologiepolitische Aufgabe dar.

■ Analog zum Ziel der EU-Kommission (im Grünbuch „Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit“), in naher Zukunft 20 Prozent der herkömmlichen Kraftstoffe im Straßenverkehr durch alternative Kraftstoffe zu ersetzen, fordern die Grünen eine Forschungsinitiative im Bereich Biokraftstoffe, wozu neben Bioethanol, Biodiesel und auch Biogas gehören.

DEN INNOVATIVEN ERNEUERBAREN GEHÖRT DIE ZUKUNFT

Ohne innovative Energiepolitik ist keine Befreiung aus der Abhängig-keit von fossilen oder atomaren Energieträgern möglich. Der weite Bereich von nachwachsenden Rohstoffen wird wegen der steigenden Preise fossiler Energieträger nicht nur konkurrenzfähig, sondern er wird auch zahlreiche Innovationen auslösen. Eine Wirtschaftspolitik, die am Klimaschutz orientiert ist, schafft wirtschaftliche Innovation und lässt alle Beteiligten profitieren. Österreich beherbergt viele potenzielle Innovationsfelder im Bereich nachhaltiger Energietechnologien. Technologie- und Innovationspo-litik muss daher als wesentliche strategische Aufgabe nachhaltiger Politik verstanden werden. Laut einer Studie im Auftrag der EU wird für Österreich mit 62.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2020 gerechnet, wenn es zu vermehrten Investitionen in erneuerbare Energieträger kommt. Dabei ist insbesondere der Bereich der solaren Technologien ein Innovationsfeld mit gewaltigen Marktchancen.

Die Grünen werden daher, wenn sie die Gestaltungsmöglichkeiten haben, Fördermittel gezielt in die Erarbeitung innovativer Wärmenut-zungskonzepte sowie die Unterstützung erneuerbarer Energiequellen investieren. Spezielle Forschungsschwerpunkte können Österreich einen internationalen Wettbewerbsvorteil in diesem Bereich sichern, der in den nächsten Jahrzehnten noch an Bedeutung gewinnen wird. Darüber hinaus kann ein innovatives Steuermodell Innovationen aus dem Energiebereich bei ihrer Verbreitung unterstützen.Die wettbewerbs- und verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Bevorzugung von nachhaltigen Energietechnologien, nachwachsen-den Rohstoffen und von in der Region produzierten Baumaterialien in der Wohnbauförderung ist den Grünen ein zentrales Anliegen. Falls die Prüfung ergibt, dass EU-Recht diesem Vorhaben widerspricht, werden sich die Grünen für eine Reform der rechtlichen Grundlagen einsetzen.

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DATENSCHUTZ UND DAS RECHT AUF PRIVATSPHÄRE GEHEN ALLE AN

Die Gesetzgebung hinkt in Bereich Datenschutz den technologischen Entwicklungen hinterher. Den Vorteilen der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien stehen ihre Nachteile bei unkontrollierter Nutzung entgegen.

Die Forderung nach dem Recht auf Privatsphäre muss auch von den direkt Betroffenen, den KonsumentInnen, den ArbeitnehmerInnen, Schü-lerInnen und StudentInnen, den PatientInnen und anderen Personengruppen kommen. Ziel der Grünen ist es daher, den Informationsstand der BürgerInnen über ihre Grundrechte mittels einer Aufklärungskampagne gezielt zu verbessern, um sie so zu ermächtigen, die Verarbeitung ihrer Daten selbst überprüfen und gegebenenfalls Einspruch erheben zu können.Die vorgeschlagene Aufklärungskampagne setzt nicht nur auf Werbemaßnahmen, sondern wählt geeignete Vorgangsweisen, um besonders jene Personengruppen zu erreichen, die bislang über wenig Wissen verfügen.Hierzu schlagen die Grünen beispielsweise Schulprojekte vor, die einerseits Fragen nach dem Bewusstsein für Datenschutz in der Bevölke-rung behandeln. Andererseits wird im Rahmen der Erarbeitung des Materials das Bewusstsein und die Aufmerksamkeit bei den SchülerInnen selbst geschärft werden.Außerdem sollen konkrete Informationen der großen Gruppe der ArbeitnehmerInnen angeboten werden, die derzeit nur unzureichend durch BetriebsrätInnen informiert werden können.

Um in der modernen Informationsgesellschaft die klassischen liberalen Grundrechte zu wahren, ist es nötig, zeitgemäße Regelungen und Maßnahmen zum Datenschutz und dem Schutz der Privatsphäre zu entwickeln. Menschenrechte und BürgerInnenrechte sind heute insofern ergänzungsbedürftig, als sie keine Grundlage für anstehende Entschei-dungen über den Einsatz moderner Technologien wie Funkchips und biometrischen Verfahren bieten. Die Grünen werden daher, wenn sie den Gestaltungsfreiraum haben, eine Neugestaltung und Erweiterung der klassischen Menschen- und BürgerInnenrechte vor dem Hintergrund der aktuellen technologischen Entwicklungen in die Wege leiten. Dass auch der Europarat eine Überprüfung der Erklärung der Menschenrechte in der Informationsgesellschaft initiiert hat, bestärkt die Grünen in der Wichtigkeit des Anliegens.Die Beeinträchtigung der Privatsphäre ist für die meisten nicht unmittelbar bemerk- und spürbar: Überwachung im weitesten Sinne findet heute in den allermeisten Fällen unbemerkt und ohne Wissen der Betroffenen statt. Die BetreiberInnen derartiger Anlagen informieren nur selten oder unzureichend über solche Maßnahmen. Die Weitergabe von personenbezogenen Daten und Informationen ist bis dato ebenso wenig schlüssig geregelt wie die Dauer der Datenspeicherung. Durch die neuen technologischen Möglichkeiten wird die Anlage von großen Datenbeständen wesentlich vereinfacht. Durch ihre Vernetzung und Ab-gleichung wird aber auch die Verletzung der Privatsphäre in großem Stil

möglich. „Vernetzung“ in technischem wie in sozialem Sinn ist daher ak-tuell wie nie zuvor. Insbesondere die Kooperation verschiedener Stellen bei der Datengewinnung und Weiterverarbeitung als problematisch zu werten. Führte vor der Verfügbarkeit der entsprechenden Technologien nahezu jede Institution ihre eigene Daten, werden heute Informationen nicht nur behördlich zunehmend zentral gelagert, sondern auch immer öfter von privatwirtschaftlichen Unternehmen im behördlichen Auftrag verarbeitet (etwa einzelne Funktionen der Bürgerkarte bei einem priva-ten Mobilfunkbetreiber).Oft sind technische Maßnahmen zum Schutz sensibler Informationen entweder nicht implementierbar oder nicht ausreichend wirksam. Abgesehen von der „bloßen“ Verletzung der Privatsphäre werden auch bisherige Grundrechte systematisch untergraben, wie z.B. die in unserem Rechtssystem geltende Unschuldsvermutung oder das Recht auf Information über die Speicherung personenbezogener Daten.Durch das Zusammenwachsen unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen entstehen neue Forschungsbereiche, die ebenfalls ethische und rechtliche Fragen aufwerfen. Der Einsatz von Biotechnologie im weitesten Sinne (u.a. Biometrie, Biopatente) erfordert ebenfalls eine genaue Anpassung der bestehenden Menschenrechtskonventionen. So z.B. ist das Recht auf Selbstbestimmung über die eigenen Daten bzw. das Recht auf Schutz der Persönlichkeit unbedingt zu konkretisieren und umzusetzen.

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