handout: resilienz und autismus · 2019. 11. 22. · handout: resilienz und autismus neue aspekte...
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Handout: Resilienz und Autismus
Dr. med. Rita Erlewein
05. November 2019
Handout: Resilienz und Autismus
Was bedeutet Resilienz ?
Wortherkunft aus dem lateinischen,
resilire: abprallen, zurück springen
Widerstandsfähigkeit
08.11.2019 Dr. med. Rita Erlewein 2
Handout: Resilienz und Autismus
Sind Autismus und Resilienz in Verbindung zu
bringen?
Was bedeutet dies für «den Menschen in seiner
Gesamtheit» mit Autismus?
Resilienz Resilienz
Resilienz
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Autismus
Bindung
emotionale Entwicklung
Regulation im autonomen
Nerven- system
kognitive Entwick-
lung
körperliche Entwick-
lung
Eigenwahr-nehmung
des Körpers
Handout: Resilienz und Autismus
Was «nährt» die Resilienz?
Antwort: Ein Gegenüber -in Verbindung- mit guter Resilienz !!!
08.11.2019 Dr. med. Rita Erlewein
Autismus
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Resilienz
Handout: Resilienz und Autismus
Bindungsbeziehung
Was ist möglich?
Menschen mit ASS,
-mit und -ohne Intelligenzminderung sind in der Lage eine normale
Bindungsbeziehung zu entwickeln !
(Zeanah & Gleason, 2010)
Was ist dafür notwendig?
-Wenn eine gute Versorgung und Achtsamkeit in der Beziehung gegeben ist,
kann eine fördernde Bindung zwischen Erwachsenem und Kind entstehen
(Bowblby, Rutger et. al.)
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Handout: Resilienz und Autismus
Dyadische Interaktionen, die zu Sicherheit und
Verbundenheit führen (nach Deb Dana)
Reziprozität (Wechselseitigkeit)
Muster und Tempi erforschen und sich darauf einstellen
Tonisieren von Atem und Klang der Stimme
Berührung in unterstützender Art
In Bewegung sein
Die Kunst des Geniessens: Savoring
Handout: Resilienz und Autismus
Neue Aspekte bezüglich Besonderheiten der
Hirnfunktion bei Autismus Spektrum Störungen (ASS)
…Bestimmte Netzwerke « von Menschen mit Autismus sind nicht eingeschränkt,
sondern zu leistungsfähig, übermässig vernetzt und zu viele Informationen
speichernd. Überflutet von Reizen, kann der Autist nur noch in Ausschnitten
wahrnehmen.» Henry Makram
Das bedeutet in der Folge:
Die Verhaltensauffälligkeiten sind sekundäre Folgen von
Reizüberflutung und Überlastung.
Sie sind nicht das primäre Störungsbild bei Autismus!
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Handout: Resilienz und Autismus
Emotionale Entwicklung und Autismus (Tanja Sappok)
Bei Autismus-Spektrum-Störungen finden sich häufig besonders niedrige
Werte in den Entwicklungsdomänen für:
Emotionsdifferenzierung Affektregulation
>das bedeutet, dass Menschen mit ASS häufiger in einer frühen emotionalen Entwicklungsstufe retardiert sind
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Handout: Resilienz und Autismus
Emotionale Entwicklungsphasen nach Anton Dosen/Tanja Sappok
1.Phase> Thema:- Körperliches Wohlbefinden-
Adaptation (0-6 Monate)
2.Phase> Thema: -Sicherheit- Sozialisation (6-18 Monate)
3.Phase> Thema: -Autonomie- Individuation (18-36 Monate)
4. Phase> Thema: -Zugehörigkeit- Identifikation (4.-7.Lebensjahr)
5.Phase> Thema: -Anerkennung- Realitätsbewusstsein (8.-12. Lebensjahr)
Handout: Resilienz und Autismus
Emotionale Entwicklung und Autismus (Tanja Sappok)
Menschen mit ASS verharren häufiger in der 1. und 2. Phase der emotionalen Entwicklung mit dem besonderen Bedürfnis nach körperlichem Wohlbefinden und Sicherheit Sie sind dabei besonders eingeschränkt durch -eine geringere Fähigkeit Emotionen zu differenzieren und in der Folge -ihre Affekte zu steuern
das ist ein weiterer Faktor für herausforderndes
Verhalten
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Handout: Resilienz und Autismus
Sicherheit ist wichtig,…
…wenn man Menschen ermöglichen will,
ihr Potential besser zu nutzen!
Zustände der Sicherheit sind eine Vorrausetzung nicht nur
• für soziales Verhalten, sondern auch
• für die Nutzung jener höheren Gehirnstrukturen, die es
Menschen ermöglichen, kreativ und produktiv zu sein. Stephen Porges
Handout: Resilienz und Autismus
Was hat das autonome Nervensystem mit
adaptivem Verhalten zu tun?
Das autonome Nervensystem mit 2 Vagusfunktionen und Sympathikus bietet
ein Regulationssystem für die unterschiedlichen Arten von Verhalten Stephen Porges
und ist mitverantwortlich, ob wir • im Defensivstatus mit -Kampf, -Flucht, -Erstarrung sind, oder ob wir • uns -wohl, -sicher und -geborgen fühlen können.
Abhängig davon, in welchem Status wir uns befinden, fällt die Reaktion auf ein Gegenüber völlig unterschiedlich aus. Oft ohne , dass wir es inhaltlich verstehen können!
Handout: Resilienz und Autismus
Das autonome Nervensystem und der Vagus
Eine neue Theorie (Polyvagaltheorie von
Stephen Porges) macht auf das lebenslange
Bemühen des Menschen aufmerksam,
-sein neuronales Defensivsystem zu
beruhigen,
-indem er bei anderen Menschen Anzeichen
dafür sucht, dass er bei ihnen sicher ist.» (Stephen Porges, Stuart Daniel:: Klinische Anwendungen der Polyvagaltheorie,2018)
Die Hauptvermittler für das prosoziale Verhalten sind
Mimik und Prosodie (Sprach- und Klangmelodie)
Handout: Resilienz und Autismus
Selbstwahrnehmung
In der Arbeit mit Menschen mit Autismus kommt bei entsprechender Nachfrage immer wieder zum Vorschein,
dass sie sich selbst: in ihrer Gesamtheit in ihrer Abgrenzung zur Umwelt , oder einzelne Körperbereiche
nicht vollständig wahrnehmen können, beziehungsweise kein inneres Konzept ihres physischen Seins entwickelt haben.
Dadurch können sich auch somatische Blockaden entwickeln, die mit
spezifischen Körper orientierten Therapieansätzen angegangen werden können
um erweiterte Regulationsmöglichkeiten zu schaffen.
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Proprio- zeption
Handout: Resilienz und Autismus
Fazit:
Resilienz, Sicherheit und Verbundenheit sind Grundbedürfnisse, die erfüllt
sein müssen um Wachstum, Gedeihen und Gesundheit zu ermöglichen; bei
Menschen mit (und ohne) Autismus. Unter diesen Gegebenheiten ist es
möglich eine gute Bindungsentwicklung zu gestalten.
Wir als Gegenüber eines Menschen mit ASS sind verantwortlich dafür
Resilienz, Beziehung und Regulation an zu bieten.
Dafür braucht es die konkrete Bereitschaft, sich in die Welt des Menschen mit
ASS hinein zu begeben um an diesem Punkt Kontakt entstehen zu lassen, der
Sicherheit anbietet.
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Handout: Resilienz und Autismus
Fazit:
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-Wir sind verantwortlich, emotionale Grundbedürfnisse beim Gegenüber zu
erkennen und passend darauf zu reagieren.
-Wir sind verantwortlich, Reizüberflutung und Stressfaktoren zu reduzieren,
damit der Mensch mit ASS aus einem Defensivstatus heraus kommen kann
und zu einem Beziehungspartner werden kann.
-Wir sind als Gegenüber verantwortlich, unsere eigene Gefühls- und
Stresslage einschätzen zu lernen und sie zu regulieren.
-Ein neuerer pädagogischer Ansatz liegt in der Schulung der
Eigenwahrnehmung um als Gegenüber von Menschen mit ASS deren
Regulation positiv zu unterstützen
-Wir dürfen es als Gegenüber eines Menschen mit ASS als Realität
annehmen, erkannt und durchschaut zu sein in den eigenen Emotionen
Handout: Resilienz und Autismus
Literaturliste zu Resilienz und Autismus
Marianne Bentzen: Neuroaffektive Therapie mit Kindern und Jugendlichen, ISBN:978-3-9444476-17-9
Sophia Blind: Wörter, die es nicht auf Hochdeutsch gibt, ISBN: 978-3-8321-9956-2
Deb Dana: Die Polyvagaltheorie in der Therapie, ISBN:978-3-944476-29-2
Kathy Kain: Nurturing Resilience: Helping Clients Move Forward from Developmental Trauma--An
Integrative Somatic Approach, ISBN: 978-1-62317-203-9
Patrick Gaiser: Patricks Buch, zu bestellen bei Frau Gaiser, Witenlingen 2,6265 Roggliswil
Stephen W. Porges: Die Polyvagaltheorie und die Suche nach Sicherheit, ISBN: 978-3-944476-19-3
Stephen W. Porges: Klinische Anwendungen der Polyvagaltheorie, ISBN: 978-3-944476-30-8
Barry M. Prizant, Einzigartig Anders und ganz normal, ISBN: 978-3-86731-177-9
Tanja Sappok: Das Alter der Gefühle, ISBN: 978-3-456-85955-2
Tanja Sappok: Psychische Gesundheit bei intellektueller Entwicklungsstörung, ISBN:978-3-17-033431-1
Paula S.Sterkenburg: Bindungsbeziehung entwickeln, ISBN: 978-9-461071-47-7
Lorenz Wagner: Der Junge, der zu viel fühlte, ISBN: 978-3-95890-229-9
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