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34
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http://www.jstor.org

Über den Gehalt von WahrscheinlichkeitsaussagenAuthor(s): Carl G. HempelSource: Erkenntnis, Vol. 5 (1935), pp. 228-260

Published by: SpringerStable URL: http://www.jstor.org/stable/20011767Accessed: 22-03-2015 15:49 UTC

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(228)

?ber

den Gehalt

von

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

Von

Carl G. Hempel (Br?ffel)

Einleitung

Die

vorliegende

Arbeit

verfucht,

einen

Beitrag

zur

logifchen

Analyfe

des

Wahrfcheinlichkeitsbegriffs

zu

liefern.

Die

philofophi?

fchen

Bem?hungen

um

die

Kl?rung

diefes

Begriffs

find fo alt

wie

feine

Gefchichte,

und bis in

die

Anf?nge

diefer Gefchichte reichen

auch

die

Grundgedanken

der

beiden

Haupttheoriengruppen

zur?ck,

die die

Bedeutung

des

Wahrfcheinlichkeitsbegriffes

zu

beftimmen

fuchen,

und die

man

f?r

eine

erfte

Orientierung

als die

?apriorifti

fchen" und als die

?empiriftifchen"

Theorien der Wahrfcheinlichkeit

einander

gegen?berftellen

kann.

Den

aprioriftifchen

Theorien

zufolge

ift die

Wahricheinliehkeits?

lehre

eine auf Urteilen

a

priori

beruhende Theorie

empirifcher

oder

logiieher

Spielraumverh?ltniffe;

den

empiriftiiehen

Theorien

zufolge

hat

es

die

Wahricheinliehkeitslehre

mit den

relativen

H?ufigkeiten

zu

tun,

mit

denen

gewiffe

Ergebniffe

in

ftatiftifehen Reihen

empiri?

fcher

Beobachtungsdaten

auftreten.

Gegenw?rtig

ftehen diefe

beiden

Auffaffungen

einander

nicht

mehr gleichberechtigt gegen?ber: die fortfchreitend verfeinerte

logifche

Analyfe

wiffenfehaftlicher

Begriffsbildungen

hat

vielmehr

immer

deutlicher

erkennen

laffen,

da?

eine

angemeffene

logifch

defkriptive

Theorie des

Wahrfcheinlichkeitsbegriffs

nur

in

der

Rich?

tung

gefunden

werden

kann,

in

der die

empiriftifche

Deutung

fie

fucht.

Die

konfequente

Durchf?hrung

der

empiriftifchen Auffaffung

f?hrt indeffen

in

gewiffe

logifche

Schwierigkeiten,

die auch durch

neuere

Ausgeftaltungen

der

empiriftifch-ftatiftifchen

Wahrfcheinlich?

keitstheorie nicht v?llig ?berwunden worden find. Die vorliegende

Arbeit unterfucht

diefe

Schwierigkeiten

und

entwickelt einen

Vor?

fchlag

zu

ihrer

Behebung

auf

Grund einer

?finitiftifchen"

Wendung

der

ftatiftifichen

Deutung

des

Wahrfcheinlichkeitsbegriffs.

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?ber

den

Gehalt

von

Wahrfcheinlichkeit

s

u

s

jagen

229

1. Die

logifchen

Schwierigkeiten

der ftatiftifehen

Deutung

des

Wahrfcheinlichkeitsbegriffs

Das

Grundproblem

der

logifchen

Analyfe

des

Wahrfcheinlichkeits?

begriffs,

das

Problem,

in

deffen

Beantwortung

fich

die

eben

erw?hn?

ten

Theoriengruppen

unterfcheiden,

ift

die

Frage

nach

dem Sinn der

?Wahrfcheinlichkeitsausfagen"

(R

e

i

ch

e

n

b

a

ch),

d.

h.

derjenigen

Ausfagen,

die

einem

Ereignis

eine

beftimmte

Wahrfcheinlichkeit

zu?

fchreiben.

Jede

Antwort auf

diefe

von

Reichenbach als

?Sinn?

problem der Wahrfcheinlichkeit" bezeichnete Frage legt zugleich die

Bedeutung

des

Wahrfcheinlichkeitsbegriffes

n

beftimmter

eife

feil;

denn die

logifche

Funktion

eines

Begriffes

erfch?pft

fich

darin,

in

S?tzen

gewiffer

Form

auftreten

zu

k?nnen,

und mit

dem Sinn

dieier

S?tze

ift

auch die

Bedeutung

des

Begriffes

vollft?ndig

feftgelegt.

Jede

Entfcheidung

es

Sinnproblems

er

Wahrfcheinlichkeit

eftimmt

ferner auch

eine

Antwort

auf die

Frage

nach

der

Begr?ndung

der

Wahrfcheinlichkeitsausfagen (die

Reichenbachals

das

?Geltungs?

problem

der

Wahrfcheinlichkeit"

bezeichnet und

von

dem

zuerft

ge?

nannten Sinnproblem unterfcheidet); denn der Sinn eines Satzes ift

durch die Gefamtheit

feiner

nachpr?fbaren

Konfequenzen

beftimmt;

diefe bilden aber

zugleich

auch

die

Grundlage jeder

Entfcheidung

?ber feine

Geltung.

Die

empiriftifch-ftatiftifchen

Theorien der

Wahrfcheinlichkeit

?

fie

ftimmen

in

ihren

Grundgedanken

fo

weitgehend

?berein,

da?

im

folgenden

auch kurz

von

?der"

empiriftifchen

Theorie

gefprochen

werden

wird

?

gehen

von

der

Feftftellung

aus,

da?

die

Nachpr?fung

einer

Ausfage,

die

einem

beftimmten

Ereignis

eine

gewiffe

Wahr?

fcheinlichkeit zufchreibt, fich im Prinzip ftets auf die Ermittlung der

relativen

H?ufigkeit

des

betreffenden

Ereigniffes

in

einer

langen

Beobachtungsreihe

ft?tzt;

hiernach

befagt

z.

B.

die

Ausfage,

da? die

Sterbenswahrfcheinlichkeit bei

einer

beftimmten

Krankheit

0.05

ift,

nichts

anderes,

als

da?

in

einer

hinreichend

gro?en

Reihe

von

Er?

krankungen

der

betreffenden

Art

5%

der

F?lle

t?dlich

verlaufen.

In

den

neueren

Ausgeftaltungen

der

ftatiftifehen Theorie

fuchte

man

diefem

Grundgedanken

eine

pr?zife

und

zugleich

der

mathe?

matifchen

Behandlung

bequem zug?ngliche

Form

zu

geben.

Man

ging

dabei von dem

empirifchen

Befund aus, da? in den ftatiftifehen

Reihen,

auf

die

in

der

empirifchen

Wiffenfchaft

wahrfcheinlichkeits

theoretifche

Betrachtungen

angewendet

werden,

die

Schwankungen

der

relativen

H?ufigkeit

eines

Ereigniffes

mit

zunehmender

L?nge

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230

Carl G.

Hempel

der

Reihe fehr

klein werden.

Hierauf ft?tzt die

ftatiftifche

Theorie

die

mathematifch befonders

gut

auswertbare

?Annahme",

da?

bei

beliebiger

Verl?ngerung

einer

folchen

ftatiftifchen

Reihe die relative

H?ufigkeit

eines

beftimmten

Ereigniffes

gegen

einen Grenzwert

kon?

vergiert;

diefer wird als die

Wahrfcheinlichkeit

des

betreffenden

Er?

eigniffes

in

der

ftatiftifchen

Reihe bezeichnet.

Die

hiermit

gewonnene

Begriffsbildung

ift

nun

einem

fchwer

wiegenden

Einwand

ausgefetzt,

der

mit

befonderem Nachdruck

von

H. F e ig 1*) und von H. R e i ch e n b a ch2) entwickelt worden ift.

Der

Einwand

lautet fo: Der

vorgefchlagenen Deutung

des

Wahr

fcheinlichkeitsbegriffs

zufolge

befitzt eine

Wahrfcheinlichkeitsausfage

?berhaupt

keinen

empirifchen

Gehalt;

fie

beftimmt hiernach n?mlich

lediglich

den

Limes der

relativen

H?ufigkeit

eines

Ereigniffes

in

einer

unendlich

verl?ngert

gedachten

Beobachtungsreihe;

nun

find

der

empirifchen

Nachpr?fung

ftets

nur

endliche ftatiftifche

Reihen

zug?nglich;

aus

dem

Wert

des

Limes

einer

konvergenten

Zahlenfolge

aber

l??t

fich

bekanntlich ?ber die

Werte

ihrer

Glieder

in

endlichen

Abfchnitten gar nichts entnehmen: eine Wahrfcheinlichkeitsausfage

hat

daher keinerlei

empirifch

nachpr?fbare

Konfequenzen,

mit

an?

deren

Worten:

fie hat

keinen

empirifchen

Sinn

oder,

wie wir

im

folgenden

fagen

wollen,

keinen

empirifchen

Gehalt.

?

Nun

werden

die

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

in

der

empirifchen

Wiffenfchaft

offenfichtlich

einem

empirifchen

Nachpr?fungsverfahren

unterzogen,

es

wird ihnen

alfo ein

empirifcher

Gehalt

zugefchrieben.

Die ftati?

ftifche Theorie

gibt

fomit

in

diefem

wefentlichen Punkt den

Charak?

ter

des

Wahrfcheinlichkeitsbegriffes

nicht

zutreffend

wieder.

Anfchaulich kann man den Einwand fo formulieren: Es fei eine

Wahrfcheinlichkeitsausfage

gegeben,

die

dem

Auftreten

eines

ge

wiffen

Ereigniffes

in einer

beftimmten ftatiftifchen

Reihe die Wahr?

fcheinlichkeit

w

zufchreibe.

Man

betrachte

nun

die

folgenden

M?g?

lichkeiten:

i.

Es

wird

eine

gr??ere

Zahl

von

F?llen

der

betreffenden

Reihe

beobachtet;

die

relative

H?ufigkeit

des

fraglichen

Ereigniffes

wird

nahezu

gleich

w

gefunden;

2.

es

wird

eine

gr??ere

Zahl

von

F?llen

beobachtet;

das

fragliche

Ereignis

tritt mit

einer

erheblich

von

w

verfchiedenen

relativen

H?ufigkeit

auf.

?

Wollte

man

jetzt

*)

In

feiner

nicht

im

Druck

erfchienenen Wiener

Diifertation

(etwa 1928),

ferner

in dem

Auffatz

?Wahrfcheinlichkeit

und

Erfahrung",

Erk.

1,

249.

2)

?Kaufalit?t

und

Wahrfcheinlichkeit",

Erk.

1,

158;

?Axiomatik

der Wahr?

fcheinlichkeitsrechnung",

Math. ZS

34,

568;

?Die

logifchen

Grundlagen

des

Wahr?

fcheinlichkeitsbegriffs",

Erk.

3,

401;

und

an

anderen

Stellen.

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?ber

den

Gehalt

von

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

231

die

obige

Deutung

des

Wahrfcheinlichkeitsbegriffs

konfequent

durch?

f?hren,

fo m??te

man

fagen,

da? der erfte Fall

keineswegs

eine

beffere

Beft?tigung

der

Wahrfcheinlichkeitsausfage

darfteile

als der

zweite:

die

Wahrfcheinlichkeitsausfage lege ja

nur

den Limes

der

relativen

H?ufigkeiten

feil,

und

?ber die

Richtigkeit

diefer

Angabe

laffe

fich

aus

jenen

zwar

langen

aber

doch endlichen

Beobachtungs?

reihen noch

gar

nichts

entnehmen.

?

Offenbar

wird aber

in

der

empirifchen

Wiffenfchaft nicht

nach diefem

Grundfatz verfahren.

Die hiermit gekennzeichnete Schwierigkeit tritt nun in charakte

riftifchen

Formen

auch

in

den

neueften

Ausgeftaltungen

der

empirifti?

fchenWahrfcheinlichkeitstheorie

auf,

wie

im

folgenden

auf

Grund

einer

Unterfuchung

der

Theorien

von

R.

v.

M i

f

e

s

und

von

H.

Reichenbach

dargelegt

werden foil.

2.

?ber

die

logifche

Form

der Wahrfcheinlich

keitstheorievonR.

v.

Mifes

Die

Theorie

von

R.

v.

Mifes,

deren

Inhalt3)

hier

im

weient?

liehen als

bekannt

vorausgeietzt

werden

mu?,

ftellt die erfte

konfe

quente

Durchf?hrung

der

Limesdeutung

des

Wahrfcheinlichkeits?

begriffs

dar. Sie

beruht

auf

dem

Gedanken,

da? die Wahrfchein?

lichkeitsausfagen

S?tze

der

empirifchen

Wiffenfchaft

feien,

und da?

die

Wahrfcheinlichkeitstheorie daher als die

mathematifche Theorie

eines

gewiffen

Zweiges

der

empirifchen

Wiffenfchaft

zu

entwickeln

fei,

fo

wie die

formale

Geometrie

als

mathematifche

Theorie eines

Zweiges

der

empirifchen

Wiffenfchaft,

n?mlich der

phyfikalifchen

Geometrie,

dargeftellt

werden

kann.

Es

fei hier kurz

daran

erinnert,

da?

die

logifche

Analyfe

des

Geometrieproblems

zu

einer

Unterfcheidung

zwifchen

?formalen"

oder

?mathematifchen"

Geometrien

einerfeits

und der

?phyfikali?

fchen" Geometrie

andererfeits

gef?hrt

hat.

Eine

formale Geometrie

ftellt

ein

Syftem

von

S?tzen

dar,

die

aus

gewiffen Ausgangsf?tzen,

den

Axiomen,

rein

logifch

deduziert werden

k?nnen.

In

den

Axiomen

treten

gewiffe

Grundbegriffe

auf

wie

?Punkt",

?Gerade",

?Ebene",

?Kongruenz",

?Inzidenz"

ufw.,

die

nicht

explizit

definiert

werden,

und die

zun?chft keine

inhaltliche

Bedeutung befitzen. Die

Frage

nach der

Geltung

der

Lehrf?tze

einer

formalen

Geometrie

ift

3)

Vgl.

vor

allem:

?Wahr?cheinlichkeitsrechnung

und ihre

Anwendung",

Deuticke,

1931.

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23*

Carl

G.

Hempel

durch den

Hinweis

zu

beantworten,

da?

jeder

diefer

S?tze

als

eine

generelle

Implikation

dargeftellt

werden

kann,

die

die

Konjunktion

aller

Axiome

als

Implikans

und

den

Lehrf

atz

als

Implikat

enth?lt,

und

da?,

der

eben erw?hnten Deduzierbarkeit

entfprechend, jede

folche

Implikation

analytifch

ift,

alfo keinen

empirifchen

Gehalt befitzt.

Die

phyfikalifche

Geometrie

dagegen

Hellt

?

eine

Reihe

von

Kon?

ventionen ?ber

die

Meffung

vorausgefetzt

?

ein

Syftem

von

S?tzen

mit

empirifchem

Gehalt

dar,

das andeutend

als die

phyfikalifche

Theorie der Lagebeziehungen phyfikalifcher Gebilde, insbeiondere

ftarrer

K?rper,

bezeichnet werden kann.

Man

kann

dies

Syftem

aus

einer

geeignet

gew?hlten

formalen Geometrie

durch

eine

inhaltliche

Deutung

der

Grundbegriffe

gewinnen,

die auf dem

von

R

e

i

ch

e

n

-

b

a

ch4) eingehend

unterfuchten

Wege

der

?Zuordnungsdefinitionen"

erfolgt;

und die

Aufgabe,

eine

mathematifche Theorie

der

phyfika

lifchen

Geometrie

?unferer

Welt"

zu

entwickeln,

kann

als

gel?ft

gelten,

wenn

(I)

eine

axiomatifierte formale

Geometrie

und

(II)

ein

Syftem

von

Zuordnungsdefinitionen angegeben

werden,

derart,

da?

verm?ge der Zuordnungsdefinitionen die S?tze der formalen Geo?

metrie in

diejenigen

der

phyfikalifchen

Geometrie

?bergehen.

Ganz

entfprechend

will

v.

M

i

?

e

s

die

Aufgabe

verftanden

wiffen,

die

Wahrfcheinlichkeitstheorie

als

die mathematifche

Theorie

eines

gewiffen Zweiges

der

empirifchen

Wiffenfchaft

aufzubauen;

und

er

w?hlt

deshalb auch

f?r den

Aufbau

feiner

Theorie

die axiomatifche

Methode.

Wir wollen die

Grundgedanken

diefes

Aufbaues

ganz

knapp

fkizzieren,

um

ihn im

Hinblick

auf

feine

logifche

Form

mit

der

axiomatifchen

Aufl?iung

des

Geometrieproblems

zu

vergleichen.

Der Fundamentalbegriff der v. M i ? e s fchen Theorie iftder des

Kollektivs.

Als

?einfachffies

Kollektiv"

wird

eine

unendliche

Folge

gleichartiger

Beobachtungen

definiert,

deren

jedesmalige

Ergebniffe

durch

zwei

Zeichen,

etwa

?o"

und

?i",

dargeftellt

werden

k?nnen,

und

die

folgenden

zwei

Forderungen gen?gt:

i.

Forderung:

Ift

n%

bzw.

m

die

Anzahl

derjenigen

unter

den

erften

n

Beobachtungen,

deren

Ergebnis

?o"

bzw.

?i" ift,

fo

exi

ftieren die

Grenzwerte

lim -^ = Wo; lim? = w\.

n

n

n->oo

n->

oo

4)

Vgl.

z.

B.

?Philofophie

der

Raum-Zeit-Lehre",

de

Gruyter,

1928;

?Ziele

und

Wege

der

phyfikalifchen

Erkenntnis",

Handb.

d.

Phyf.,

Bd.

4,

Springer,

1929.

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?ber den Gehalt

von

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

233

2.

Forderung:

Wird

aus

der

Gefamtfolge

durch

?Stellenauswahl"

eine

unendliche

Teilfolge

gebildet,

fo

exiftieren auch

innerhalb

diefer

Teilfolgen

die

gleichen

Grenzwerte

lim

-t~

?

w0;

lim

-y-

=w1.

n->

co

n

n^>

00

n

Dabei

wird

unter

einer

?Stellenauswahl"

aus

einer

unendlichen

Beobachtungsfolge

die

Bildung

einer

Teilfolge

auf Grund

einer

Vor?

fehrift

verftanden,

die

allgemein

?ber

die

Zugeh?rigkeit

der

rc-ten

Beobachtung

zur

Teilfolge unabh?ngig

von

dem

Ergebnis

dieier

rc-ten

Beobachtung

und

h?chftens

unter

Benutzung

der

vorangegange?

nen

Beobachtungsergebniffe

enticheidet.

Der

Wahrfcheinlichkeitsbegriff

wird

nun

ausfchlie?lich

mit

Bezug

auf Kollektive

definiert;

und

zwar

werden

die

oben

eingef?hrten

Grenzwerte

wo

und

wt

als

die

Wahrfcheinlichkeiten

f?r das Auf?

treten

des Merkmals

?o"

bzw.

?1"

innerhalb

des betrachteten

Kol?

lektivs bezeichnet. (Von einer Ber?ckfichtigung des allgemeinen

Kollektivbegriffs,

der

auf

den

eben

definierten

zur?ckgef?hrt

wird,

kann

in

unferm

Zuiammenhang abgefehen werden.)

Die

eben

formulierten

Bedingungen,

die

ein

Kollektiv

charakteri

fieren,

bilden

die Axiome

der

v.

Mifes fehen

Theorie

der

Wahr?

fcheinlichkeit.

(Die

zweite

Forderung

wird

von

v.

M

i f

e s

als

?Regellofigkeitsaxiom"

bezeichnet.)

Diefe Theorie ift

nichts

anderes

als die

rein

mathematifche,

alfo

logifch-deduktive

Theorie

der

Limites

der relativen

H?ufigkeiten

in

Folgen

mit

Kollektivcharakter;

die Wahrfcheinlichkeitsrechnung hat, wie v. Mifes nachdr?cklich

betont,

lediglich

die

Aufgabe,

aus

den

als

gegeben

vorausgefetzten

Limites

der

relativen

H?ufigkeiten

innerhalb

gewiffer Ausgangs?

kollektive die

Limites

der

relativen

H?ufigkeiten

innerhalb

gewiffer

neuer

Kollektive

zu

ermitteln,

die nach

beftimmten,

genau

pr?zifier

baren

Methoden

aus

den

urfpr?nglichen

Kollektiven

?abgeleitet"

find.

Entfprechend

der

im

Zuiammenhang

mit

dem

Geometrieproblem

eingef?hrten

weiteilung

betrachten

wir

zun?chft

I)

die

logifche

Form

der

mathematifchen Theorie und

fragen

dann

(II)

nach

den

Zuordnungsdefinitionen, die die mathematifche Theorie in einen

Zweig

der

empirifchen

Wiffenfchaft

?berf?hren.

Ad

(I).

Innerhalb

des

formalen

Aufbaus der

v.

Mifes fehen

Theorie

entfteht

zun?chft

folgende

Schwierigkeit:

Das

Regellofig

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^34

Carl

G.

Hempel

keitsaxiom f?hrt

zu

der

Konfequenz,

da?

Zahlenfolgen

mit

Kollek?

tivcharakter nicht

intenfional,

d.

h.

durch

ein

allgemeines Bildungs

gefetz

f?r ihre Glieder

gegeben

werden

k?nnen5);

nun

kann

aber

eine

unendliche

mathematifche

Folge grundf?tzlich

nur

durch

ihr

Bildungsgefetz

beftimmt

erden;

alfo ftellt

der

Kollektivbegriff

nach

v.

M i

f

e s

keinen

eigentlichen

mathematifchen

Begriff

dar.

Die

in

diefem

Zufammenhang

entftehenden

intern-mathematifchen

Schwierigkeiten

find

bereits mehrfach

6)

eingehend

unterfucht

worden

und folien daher hier nicht weiter er?rtert werden.

v.

M

i

f

e

s

nimmt

das

Regellofigkeitsaxiom

gleichwohl

in

die

Grundlagen

feiner Theorie

auf,

um

auf diefe

Weife

eine

explizite

Definition

des

Kollektivbegriffs

zu

gewinnen,

aus

der f?mtliche

S?tze

der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

mathematifch

ableitbar

wer?

den.

Mit

diefer

Zielfetzung

aber

wird

das

Prinzip

einer

eigentlichen

Axiomatifierung

der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung aufgegeben:

Neh?

men

wir

an,

die

Schwierigkeiten

der

Regellofigkeitsforderung

w?r?

den

?

etwa

durch

Einf?hrung

einer

geeigneten

Erfatzforderung

?

?berwunden, fo ft?nden an der Spitze der Theorie explizite Defini?

tionen

der

Begriffe

?Kollektiv"

und

?Wahrfcheinlichkeit",

und alle

S?tze der

Theorie

w?ren

mit rein

logifchen

Mitteln

aus

diefen

Definitionen deduzierbar.

Da

nun

nach

Vorausfetzung jene

Aus?

gangsdefinitionen

ausfchlie?lich

mathematifch-logifche Begriffs?

bildungen

enthielten,

fo

tr?te

in

dem

ganzen

Syftem

kein

au?er

logifches

Grundzeichen

auf,

und

es

w?re

daher

unm?glich,

dem

Syftem

irgendeine

inhaltliche

Deutung

zu

geben;

eine

folche Theorie

k?nnte alfo

grundf?tzlich

nicht das

formale

Ger?ft

einer

empirifchen

Theorie darfteilen. (Diefe Erw?gung gilt auch f?r folche Ausge

ftaltungen

der ftatiftifchen

Theorie, die,

wie

diejenige

von

Kamke7),

die Definition des

Wahrfcheinlichkeitsbegriffs

auf den

Limesbegriff

der mathematifchen

Analyfis

ft?tzen

und auf eine

dem

Regellofig?

keitsaxiom

entfprechende

Vorausfetzung

verzichten.)

Umgekehrt

5)

Vgl.

z.

B. R.

v.

Mifes

?Grundlagen

der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung",

Math. ZS

5, 52.

6)

Vor

allem

von

D ?

r

g

e

?Zu

der

von

R.

v.

Mifes

gegebenen Begr?ndung

der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung",

Math.

ZS.

32;

Kamke

??ber

neuere

Begr?n?

dungen

der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung",

Jahresber.

d. Deutfchen Math. Ver.

XLII,

14;

derf.

?Einf?hrung

in die

Wahrfcheinlichkeitstheorie",

Leipzig

1932;

Reichenbach

?Axiomatik

der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung",

Math. ZS.

34,

568;

Waismann

?Logifche

Analyfe

des

Wahrfcheinlichkeitsbegriffs",

Erk.

1,228.

7)

Siehe

Fu?note

6).

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?ber

den

Gehalt

von

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

23$

wird

man

fagen

d?rfen:

Gerade

in

dem

Umftand,

da?

die

Regel

lofigkeitsforderung

nicht

mittels

rein

logifch-mathematifcher

Begriffe

darfteilbar

ift,

kommt der

Anfpruch

der

v.

Mifes fehen

Theorie

auf

empirifche

Deutbarkeit

zum

Ausdruck.

Doch

befitzt

eben

jene

Forderung

weder felbft die

Form

eines

echten

Axioms,

noch

l??t fie

einen

Zugang

zur

Axiomatifierung

?berhaupt

erkennen.

Ad

(II).

Zur

Frage

der

Zuordnungsdefinition

ift zun?chft

zu

be?

merken:

v.

M i f

e

s

f?hrt felbft nicht

ausdr?cklich die

Unterfcheidung

zwifchen der

Aufftellung

eines

Axiomenfyftems

und

der

Angabe

einer

empirifchen

Deutung

ein.

Es

finden fich

jedoch

in

den

grund?

legenden

Definitionen feiner

Theorie

fowie

in

den

beigegebenen

Erl?uterungen

ausf?hrliche

Hinweife,

die

es

geftatten,

empirifche

Kollektive

in

feinem

Sinne

recht

genau

zu

charakterifieren.

So

d?rfte die

folgende

Zuordnungsdefinition

der

v.

Mifes

fehen

Auffaffung

gerecht

werden: Unter

einem

empirifchen

Kollektiv

ver?

liehe

man

eine

beliebig verl?ngerbare

Serie

gleichartiger

empirifcher

Beobachtungsdaten,

die

den

beiden

in

den Axiomen

der

Wahrfchein?

lichkeitsrechnung

ausgefprochenen

Bedingungen gen?gt.

?

Durch

diefe

Feftlegung

erf?hrt

zugleich

auch

der

Begriff

der

Wahrfchein?

lichkeit

feine

phyfikalifche

Deutung.

Auf

diefe

Beftimmung

es

empirifchenollektivbegriffs

??t fich

aber der

fr?her

entwickelte

Einwand

?bertragen:

Alle

Wahrfchein?

lichkeitsausfagen

beziehen

fich

v.

M i

?

e

s

zufolge

auf die Limites

der

relativen

H?ufigkeiten

in

Kollektivs

und

find daher mit

finiten

Mitteln,

wie

fie

der

empirifchen

Wiffenfchaft

allein

zur

Verf?gung

ftehen,

grundf?tzlich

nicht

nachpr?fbar;

fie haben

alfo keinen

empi?

rifchen

Gehalt.

v.

Mifes

hat

folchen

Bedenken

gegen?ber

geltend

gemacht,

da?

die

Anwendung

des

Begriffs

der

unendlichen

Folge

auf

phyfikalifche

Probleme

eine

Idealifierung

darftelle,

und

zwar

von

ganz

derfelben

Art

wie

diejenige,

die

auch bei

der

Anwendung

geometrifcher

Be?

griffe

auf die

Phyfik

vorgenommen

werde. So

fetze

z.

B.

die

Be?

hauptung,

ein

beftimmtes

phyfikalifches

Gebilde

befitze

eine

Kugel

geftalt,

die

Ausf?hrung

unendlich

vieler

Meffungen

voraus;

tatf?ch?

lich

entfchlie?e

man

fich

bereits

nach einer

hinreichend

gro?en

end?

lichen

Zahl

von

Meffungen

zur

Vornahme

einer

Idealifierung;

man

befchreibe

aus

Gr?nden

der

Zweckm??igkeit

die

endliche

Gefamtheit

mit

Hilfe

des

Begriffes

?Kugel".

In

derfelben

Weife

f?hrt

man,

wie

v.

Mifes

fagt,

bei

der

An?

wendung

der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

auf

phyfikalifche

Fragen

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236

Carl

G.

Hempel

jeweils

bereits

auf

Grund

endlich vieler

Beobachtungen

eine

Ideali

fierung

ein:

?Aus

praktifchen

Gr?nden

bedient

man

fich der

infiniten

Theorie,

man

rechnet,

obwohl

das

Verfuchsmaterial

endlichen Ab

fchnitten

entnommen

ift, fo,

als ob

es

unendlich

w?re..."8).

?

Der

ielben

Auffaffung

neigt

auch

K

a m

k

e zu.

Indeffen ??t fich

zeigen,

da?

diefer

Vergleich

zwifchen

Wahr

fcheinlichkeitstheorie

und Geometrie

nicht

zutreffend

ift.

Betrachten

wir

zun?chft den

Satz:

?Diefer

K?rper

ift

eine

homogene

Kugel".

Er beftimmt offenbar eine unbegrenzt erweiterbare Menge empirifch

nachpr?fbarer

Konfequenzen,

z.

B.:

Es

l??t

fich

auf

genau

angeb?

bare Weife

ein

Punkt

im

Innern

des

K?rpers

finden

derart,

da?

je

zwei

fehr

d?nne,

geradlinige

Kan?le,

die

von

zwei

beliebigen

Punkten

der

Oberfl?che

aus

zu

ihm hin

gebohrt

werden,

gleich

lang

find. Ferner:

Auf

einer

horizontalen

Ebene

wird

fich

der

K?rper

im

indifferenten

Gleichgewicht

befinden;

aus

einem

?berlaufgef??

wird

er

ein

Fl?ffigkeitsvolumen

verdr?ngen,

das

in

einem

beftimm?

ten

arithmetifchen

Zufammenhang

mit

der

L?nge

feines

Durch

meffers

?

einer nach beftimmten Anweifungen zu meffenden Strecke

?

fteht;

ufw.

Die

Nachpr?fung

der

Folgef?tze

geftattet

nun

eine

empiriiche

Kontrolle

des

Ausgangsfatzes.

Diefe kann

freilich

?

wegen

der

unbegrenzten

Erweiterbarkeit der

Menge

der

Folgef?tze

?

nicht

zu

einer

vollft?ndigen

und

endg?ltigen,

fondern immer

nur zu

einer

fchrittweife

fich

verbeffernden

Beft?tigung

des

Ausgangsfatzes

f?hren

?

oder

auch

zu

einer

Widerlegung;

dann

n?mlich,

wenn

ein

empiri

fcher

Befund

eintritt,

der

nicht

mit

dem

Ausgangsfatz

vereinbar

ift,

z. B. ein von der Vorausfage abweichendes Ergebnis des Fl?ffigkeits

verdr?ngungsverfuches.

Eine

Verfch?rfung

diefer

?berlegung

werde

auf einen

fp?teren

Abfchnitt

diefer

Arbeit

verfchoben.

Vorl?ufig

wollen

wir im

Anfchlu?

an

die

?bliche

Bezeichnungsweife

fagen:

Die

Behauptung,

ein beftimmter

phyfikalifcher

K?rper

fei

eine

Kugel,

ftellt ine

Hypothefe

dar: fie ift

icht

vollft?ndig

nd

endg?ltig

nt

fcheidbar,

wohl

aber

?kontrollierbar"

in dem

Sinne,

da? fie

zur

Aufftellung

beliebig

vieler

nachpr?fbarer

Konfequenzen

f?hrt.

Die

?idealifierende"

Behauptung

indeffen,

eine

vorgegebene

Menge

von

Beobachtungsdaten

beftimme ein

Kollektiv,

iftvon

grundf?tzlich

anderem

Charakter:

Aus

ihr

l??t fich kein

einziger

nachpr?fbarer

8)

v.

Mifes

u.

a.:

?Diskuffion

?ber

Wahrfcheinlichkeit",

Erk.

i,

260.

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?ber

den

Gehalt

von

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

237

Satz herleiten, da aus der Exiftenz und felbft aus dem Wert des

Limes einer

unendlichen

Folge

keinerlei

Schl?ffe

auf die

Werte

der

Glieder

in

irgendeinem

endlichen

Abfchnitt

gezogen

werden

k?nnen.

Da

nun

ausfchlie?lich

folche

endlichen

Abfchnitte

einer

empirifchen

Kontrolle

zug?nglich

find,

fo l??t

fich

grundf?tzlich

eine

einzige

empirifche

Feftftellung

als

?zu

der

Behauptung

ftimmend"

oder

als

?nicht

mit

ihr

in

Einklang

befindlich"

bezeichnen;

ja,

es

kann offen?

bar nicht einmal

von

einer

n?herungsweifen

Nachpr?fung

jener

Be?

hauptung

die

Rede

fein;

kurzum:

es

liegt

hier

nicht,

wie bei

einer

echten

Hypothefe,

eine unendliche Gefamtheit von Ausfagen vor,

iondern eine

Scheinausiage

?ber

eine

unendliche Gefamtheit.

Was

tatf?chlich bei der

empirifchen

Beft?tigung

einer

Wahrfchein?

lichkeitsausfage

feftgeftellt

wird,

ift

gleichfam

viel mehr

als das

Be?

ftehen des betreffenden

Grenzwertes:

es

ift die

Tatfache,

da?

die

zur

Unterfuchung

ftehenden

relativen

H?ufigkeiten

fchon

in

end?

lichen,

uns

relativ

bequem

zug?nglichen

Bereichen bei

Verl?ngerung

der

Beobachtungsreihen

nahezu

einen

konftanten

Wert behalten.

?

Diefer Gedanke wird

fp?ter

wieder

aufgenommen

werden.

Die

transfinite

Charakterifierung

des

empirifchen

Kollektivs

l??t

fich auch

nicht durch

den

Hinweis

rechtfertigen,

da? der

Schlu?

von

den

jeweils

endlich

vielen

beobachteten

Daten

auf

das

Vorliegen

bzw.

Nichtvorliegen

eines Kollektivs

mit

feinen charakteriftifchen

transfiniten

Eigenfchaften

ein

Induktionsfchlu?

fei,

wie

er

beft?ndig

in

der

empirifchen

Wiffenfchaft

angewandt

werde.

Denn

die

empi?

rifchen

Induktionsfchl?ffe

f?hren

ftets

zu

Ergebniffen,

die

im oben

genannten

Sinne

?kontrollierbar"

find;

hieraus

ergibt

fich

ohne

wei?

teres, da? die nicht kontrollierbare Behauptung, eine vorliegende

endliche

Menge

von

Beobachtungsdaten

beftimme

ein

Kollektiv,

auch

nicht

das

Ergebnis

eines Induktionsfchluffes

fein kann.

Noch auf

eine

weitere

Konfequenz

der

obigen

?berlegungen

fei

hier

hingewiefen:

Wie

erw?hnt,

kn?pfen

die

Anf?tze der

ftatiftifehen

Theorie im

allgemeinen

an

die

?Annahme"

an,

es

gelte

in

unferer

Welt

ein

eigent?mliches

Gefetz,

das

zum

Ausdruck komme

in

der

?Erfahrungstatfache,

da? bei

gewiffen Erfcheinungsreihen

die rela?

tive

H?ufigkeit

des Auftretens

eines

Ereigniffes

fich bei unbefchr?nkt

fortgefetzter Beobachtung einem beftimmten Grenzwert n?hert" 9).

Man

erkennt

jetzt,

da?

diefe,

oft als

?Gefetz

der

gro?en

Zahlen"

9)

v.

Mi

fes

?Wahr?cheinlichkeit,

Statiftik und

Wahrheit",

Wien

1928,

S.

91.

16

Erkenntnis

V

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238

Carl G.

Hempel

bezeichnete,

?Annahme"

ihres transfiniten

Charakters

wegen

keinen

empirifchen

Gehalt befitzt und daher

nicht mit

den

eigentlichen

Ge

fetzen

der

empirifchen

Wiffenfchaft

in

Parallele

gefetzt

werden

darf.

Endlich laffen die

?berlegungen

unter

(I)

erkennen,

da?

die

Gel?

tung

der

S?tze der

Wahrfcheinlichkeitstheorie f?r transfinit

gedeutete

empiriiche

Kollektive ielbftverft?ndlich

ft,

denn

dieie erf?llen

definitionsgem??

jene

Bedingungen,

aus

denen i?mtliche

S?tze

der

Theorie

analytiich folgen.

Der

empiriiche

Gehalt

der Theorie

ift

alio in die Zuordnungsdefinition gelegt, ftatt in die Axiome: Um

auf Grund

der

Zuordnungsdefinition

gewi?

iein

zu

k?nnen,

da?

eine ftatiftiiiche

Reihe

empiriicher

Daten

ein

Kollektiv

beftimme,

da?

man

alio die

Wahricheinlichkeitstheorie

auf fie

anwenden

d?rfe,

mu?

man

?ber

die

Reihe mindeftens

ebenioviel

wiffen,

wie nach?

tr?glich

die

S?tze der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

?ber fie

auszu

fagen geftatten.

?

Freilich

entfteht

nun

kein

Geltungsproblem

f?r

die

Wahricheinlichkeitsrechnung

mehr,

aber die

Theorie

erm?glicht

auch nicht die

Aufftellung

nicht-analytiicher

S?tze. So

zeigt

die

Er?rterung des Problems der empiriichen Deutung die bereits in (I)

aufgewieiene

Schwierigkeit

in einem

neuen

Aipekt.

Man

bedenke,

da? die

Zuordnungsdefinitionen

der

Geometrie

von

ganz

anderem

Charakter

find:

Sie kennzeichnen

diejenigen

Gebilde,

die

als

?phyfikaliiche

Punkte",

?phyfikaliiche

Geraden"

uiw.

be?

zeichnet

werden

iollen,

nicht

durch

die

Forderung,

da? die

betreffen?

den Gebilde

den

inhaltlich

interpretierten

Axiomen

der

formalen

Geometrie

gen?gen

iollen,

iondern

ohne

jede

Bezugnahme

auf

die

Axiome

(im

Sinne

des

Schemas:

Punkte

=

kleine

K?rperchen,

Geraden = Lichtftrahlen uiw.). So f?hren die Zuordnungsdefini?

tionen die

S?tze der

reinen

Geometrie

in

phyfikaliiche

S?tze

?ber,

die

nicht

i?mtlich

analytiich

find.

Aus

dem

Vorftehenden

ergeben

fich

zwei

Hauptaufgaben

f?r

eine

logiich

befriedigende

Ausgeftaltung

der

empiriftiichen

Theorie

der

Wahricheinlichkeit

:

(I.)

Formalifierung

er

phyfikaliichen

ahrfcheinlichkeitstheorie

in einer

Axiomatik,

die

auch

den

oben

unter

(I)

entwickelten

Be?

dingungen gen?gt.

(II.) Angabe

einer inhaltlichen

Deutung

der

Grundbegriffe

diefer

Axiomatik,

die

von

finiter

Form

ift

und

die

fich

nicht auf die

Be?

dingung

ft?tzt,

da?

die

zu

kennzeichnenden

empirifchen

Gebilde

die

in

den

Axiomen

formulierten

Eigenfchaften

befitzen.

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?ber

den

Gehalt

von

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

239

3. ?ber H. Reichenbachs Axiomatik der Wahr?

fcheinlich keitsre chn

u

n

g

Die

logifche nalyfe

des

?Wahrfcheinlichkeitsbegriffs

ft

n

j?ng

fler Zeit

durch

die

Unterfuchungen

von

H. R

e

i

ch

e

n

b

a

ch

10)

wefentlich

gef?rdert

worden. Wir

wollen

verfuchen,

die

Bedeutung

diefer

Unterfuchungen

?

deren Inhalt

wiederum

im

weientliehen

als bekannt

vorausgeietzt

werden mu?

?

f?r die

am

Schlu?

des

vorigen

Abfchnittes umriffenen

Fragenkreife

kurz

zu

kennzeichnen.

Ad

(I).

Reichenbach entwickelt

eine

den oben

angegebenen

Bedingungen

gen?gende

Axiomatifierung

der

Wahrfcheinlichkeits?

rechnung.

In

diefer

wird

jede

Wahrfcheinlichkeitsausfage

in

folgen?

der

Form

dargeftellt:

(i)

(x?e0^y?eP)

P

wof?r

auch

abk?rzend

(O^P)

P

gefchrieben

wird.

Die Axiome der

?formalen

Wahricheinlichkeitsrechnung"

? wie

Reichenbach

in

Anlehnung

an

den Ausdruck

?formale

Geo?

metrie"

fagt

?

enthalten

au?er

Zeichenverbindungen

diefer

Form

noch die

logifchen

Grundbegriffe

des

Ausfagen-

und

des

engeren

Funktionenkalk?ls;

die

Ableitung

der S?tze

der formalen Wahr?

fcheinlichkeitsrechnung erfolgt

nach

den

Schlu?regeln

diefer Kalk?le.

Reichenbachs

Axiomatik

der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

enth?lt

alfo

in

der

Tat

au?erlogifche

Grundzeichen: das

Zeichen ->

P

der ?Wahrfcheinlichkeitsimplikation vom Grade p", ferner kleine

lateinifche

Buchftaben

mit

Indizes,

wie

x-t,

y?

(i

i,

2,

3,...)

zur

Be?

zeichnung

der

Elemente

zweier

eineindeutig

aufeinander

abgebildeter

abz?hlbar unendlicher

Mengen,

und

gro?e

lateinifche Buchftaben

wie

O,

P

zur

Bezeichnung

von

variablen

Klaffen,

die

ihrem

logiichen

Typ

nach

die

x?

bzw.

y?

als

Elemente enthalten k?nnen.

Bildet

die

von

Reichenbach

gegebene

Darftellung

der

Form

einer

Wahricheinlichkeitsausiage

im

weientliehen

eine

logiftiieh

pr?

zifierte

Ausgeftaltung

des

v.

M i ?

e

s

?chen

Grundgedankens,

da?

der

Wahr?cheinlichkeitsbegriff ein Relationsbegriff fei, der finngem??

10)

Vgl.

befonders:

?Axiomatik

der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung",

Math.

ZS.

34,

568

und

?Die

logifchen

Grundlagen

des

Wahrfcheinlichkeitsbegriffs",

Erk.

3,

401;

im

folgenden

zitiert

als

?Axiomatik"

und

?Log.

Grundlagen".

16*

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240

Carl

G.

Hempel

nur

mit

Bezug

auf ein

Kollektiv

definiert

werden

k?nne,

fo

liegt

der

in

unferem

Zufammenhang

befonders

intereffierende

Fortfehritt

der

Reichenbach fchen Theorie

darin,

da?

die Wahrfcheinlichkeits?

theorie

hier

im Sinne

der axiomatifchen Methode

rein

formal

unter

Verzicht auf

jede

inhaltliche

Deutung

der

au?erlogifchen

Grund?

begriffe

aufgebaut

wird.

Insbefondere

wird nicht

vorausgefetzt,

da?

Wahrfcheinlichkeitsimplikationen

Limesausfagen

darftellen;

es

wird

vielmehr

gezeigt,

da? die

Limesfaffung

des ftatiftifchenWahrfchein

lichkeitsbegriffs

als

eine

arithmetifche Deutung

der formalen

Wahr

fcheinlichkeitsimplikation

betrachtet

werden

kann;

verm?ge

diefer

Deutung

geht jede

Formel der formalen

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

in

einen

analytifchen

arithmetifchen

Satz

?ber,

und

man

erh?lt

fo

ein

?arithmetifches

Modell"

der formalen

Wahrfcheinlichkeits?

rechnung,

das

die und

nur

die S?tze

der mathematifch-ftatiftifchen

Wahrfcheinlichkeitstheorie

enth?lt,

die

allein

aus

der

Vorausfetzung

der

Konvergenz

der

betrachteten

Folgen

(1.

Forderung

der Theorie

von

R.

v.

M i

f

e

s)

ableitbar find.

Ad (II). Um zu einer empirifchen Deutung feinesAxiomenfyftems

zu

gelangen,

bedient fich

Reichenbach

(in

?Axiomatik")

einer

Zuordnungsdefinition,

deren

Grundgedanke

fo

formuliert werden

kann:

Unter

x?,

y?(i

=

i, 2,

3,.

.

.)

verliehe

man

die

paarweife

ein?

ander

zugeordneten

Elemente

zweier

beliebig

erweiterbarer

Mengen

von

empirifchen

Beobachtungsdaten,

unter

O,

P

zwei

Klaffen,

denen

die

x?

bezw.

y-t

als Elemente

angeh?ren

k?nnen,

und die

Formel

(i)(x?

0->y?e

P)

P

deute

man

durch

folgende Ausfage:

?Die

relative

H?ufigkeit

der?

jenigen

F?lle

in

den

Datenreihen,

in

denen

x?

s

O

und

y?

e

P

gilt,

bezogen

auf

die

Anzahl der

F?lle,

in

denen

x?

e

O

gilt, konvergiert

mit

wachfender Zahl der F?lle

gegen

den

Grenzwert

p".

Die

Deutung

der

S?tze der formalen

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

mittels

diefer

Zuordnungsdefinition

f?hrt

nun

aber wieder

zu

der

oben

er?rterten

Schwierigkeit:

Wegen

des

transfiniten

Charakters

der

Deutungsvorfchrift

kann

f?r kein

empirifches

Beobachtungs?

material

dar?ber

entfehieden

werden,

ob

es

den

Bedingungen

der

Zuordnungsdefinition gen?gt oder nicht.

Reichenbach h?lt

(in

?Axiomatik")

eine

Behebung

diefer

Schwierigkeit

f?r

ausgeichloffen,

falls

nur

iolche

Behauptungen

als

finnvoll

anerkannt

werden,

die

prinzipiell

endg?ltig

als wahr

oder

als falich entichieden

werden

k?nnen.

Er

vollzieht deshalb

den

?bergang

von

der

?ftrengen

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?ber

den Gehalt

von

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

241

Logik"

zu

einer

?Wahrfcheinlichkeitslogik".

Innerhalb

der Wahr?

fcheinlichkeitslogik

werden

die

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

wenn

auch

nicht

als

wahr,

fo doch

als

wahrfcheinlich

entfcheidbar;

das

fei

f?r

die

Wahrfcheinlichkeitslogik

finnvoll und

hinreichend.

Von

diefer

Bafis

aus

greift

Reichenbach

das

durch

den

trans?

finiten

Charakter feiner

Zuordnungsdefinition gegebene

Problem

auf

Grund

folgender

Erw?gung

an:

Die

Entfcheidung

dar?ber,

ob

eine

vorgelegte

Reihe

phyfikalifcher

Beobachtungen

Limescharakter

befitzt oder

nicht,

kann

nicht Sache

empirifcher Feftftellung,

fondern

mu?

Sache

einer

axiomatifchen

Feftfetzung

fein.

Zur

Sicherung

der

Anwendbarkeit

jener

Zuordnungsdefinition

ill

daher

die

Einf?hrung

eines

befonderen

Axioms

erforderlich.

Dies

lautet

wie

folgt:

?Axiom

der Induktion:

Wenn

eine

phyfikalifche

Vorfehrift eine

beliebig verl?ngerbare Folge

von

H?ufigkeitsgr??en

h? (d.

f.

Gr??en,

die

entweder

relative

H?ufigkeiten

find

oder durch

gewiffe

arith?

metifche

Operationen

aus

folchen

hervorgehen;

d.

Vf.)

beftimmt,

von

denen

bereits ht...

hn

ermittelt

vorliegen,

und

wenn 51

und

st

Zahlen

find

derart,

da?

von

einem

Glied

hm(i^m^n)

ab

alle

h

?(m^i^n)

zwifchen den Schranken

st

und

st

liegen,

fo befteht

eine

Wahrfcheinlichkeit

w

daf?r,

da?

die

Folge

einem

Limes

zwifchen

st

und

52

zuftrebt;

w

w?chft

gegen

1,

wenn n?m

nach Unendlich

geht

und dabei

alle

h?

(m^i^n)

zwifchen

diefen Schranken bleiben."

(a.

a.

O. S.

614.)

Damit

ift

die

von

Reichenbach

in

?Axiomatik"

entwickelte

Theorie der

Wahrfcheinlichkeit

in

ihren

Grundz?gen

umriffen.

In

feinen

j?ngften

Ver?ffentlichungen

hat

Reichenbach

feine

Grundlegung

des

Wahrfcheinlichkeitsbegriffs

infofern

ver?ndert,

als

er,

ohne

von

der

transfiniten Form

der

empirifchen

Wahrfchein?

lichkeitsausfagen

abzugehen,

doch

darauf

verzichtet,

die

Anwendbar?

keit

feiner

Deutungsvorfchrift

durch

die

Einf?hrung

eines

befonderen

Induktionsaxioms

zu

fiebern.

Wir

werden auf

diefe

neuere

Auf?

faffung

am

Schlu?

des

Abfehnittes

zur?ckkommen.

1.

Sehen

wir

indeffen zun?chft

von

der

Anwendbarkeitsfrage

ab.

Nehmen wir

an,

es

fei

m?glieh

zu

entfeheiden,

ob zwei

Reihen

empirifcher Beobachtungsdaten

x?,

y?

bei

unendlicher

Verl?ngerung

der

in

der

obigen

Zuordnungsdefinition

ausgefprochenen

Limes?

bedingung

gen?gen:

Dann

bleibt

doch der oben

gegen?ber

der

Theorie

von

R.

v.

Mifes

entwickelte

Einwand

beftehen,

da?

man

bei diefer

Wahl

der

Deutungsvorfchrift

vor

einer

Anwendung

der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

auf

ein

empirifche?

Material

ebenfoviel

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242

Carl

G.

Hempel

?ber die?es Material wiffen mu?, wie nachtr?glich alle Formeln der

Wahricheinlichkeitsrechnung

dar?ber

auszuiagen geftatten:

man

mu?

n?mlich

wiffen,

da? die betrachteten

Folgen

Limescharakter

befitzen,

und wie

Reichenbach

mit der

Aufweifung

des arithmetifchen

Modells

der

formalen

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

felbft

zeigt,

find

f?r

konvergente Folgen

?

ob

ihre Elemente

rein

arithmetifch

oder

empirifch

gewonnene

Daten

darfteilen,

ift

offenbar

gleichg?ltig

?

f?mtliche

Formeln

der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

analytifche

S?tze.

F?r

dasjenige empiriiche

Material

alio,

auf das

man

gem??

Reichenbachs Zuordnungsdefinition die Formeln der Wahr?

icheinlichkeitsrechnung

anwenden

kann,

ftellen

die

S?tze

der Wahr?

icheinlichkeitsrechnung

analytiiche

Auslagen

dar.

2.

Das

Induktionsaxiom

hat

nun,

wie wir

kurz

lagen

k?nnen,

die

Funktion,

die

Verlegung

des

empiriichen

Gehaltes der

Theorie

in

die

Zuordnungsdefinitionen

gleichiam

wieder

r?ckg?ngig

zu

machen:

in

der Tat foil

es

ja

eine

Anwendung

der Formeln

der

Wahrfchein?

lichkeitsrechnung

fchon auf endliche Reihen

empirifcher

H?ufig?

keitsgr??en erm?glichen.

Indeffen

ift

diefe

Methode,

die

empiriiche

Anwendbarkeit derWahricheinlichkeitsrechnung zu fichern, gewiffen

Bedenken

ausgeietzt.

Reichenbach

reduziert

(?Axiomatik"

S.

618)

das

Geltungs?

problem

der

angewandten

Wahricheinlichkeitsrechnung

auf das

Problem der

Geltung

des

Induktionsaxioms;

das letztere wird alio

wie ein

Naturgeietz

behandelt.

Da

das

Induktionsaxiom aber

ieines

transfiniten

Charakters

wegen

keinen

empirifchen

Gehalt

befitzt,

fo

gibt

es

auch

kein

Geltungsproblem

f?r das Induktionsaxiom

(wohl

gerade

mit

R?ckficht auf diefe

Erw?gung

fpricht

Reichenbach

ausdr?cklich von einem Axiom und erkl?rt, da? es durch eine ??ber

das Feftftellbare

hinausgehende

axiomatifche

Forderung"

eingef?hrt

werde.

Aber diefer

Hinweis behebt

die

Schwierigkeit

nicht,

fondern

macht

erft recht

deutlich,

da?

f?r

das

Induktionsaxiom

kein Gel?

tungsproblem

beftehen

kann.)

Weiter

erkennt

man

unfchwer,

da?

zu

jeder

Folge

von

H?ufig?

keitsgr??en

der

im

Induktionsaxiom

erw?hnten

Art

drei nat?rliche

Zahlen

m,

st,

st

angegeben

werden

k?nnen

derart,

da? die Be?

dingungen

des

Axioms

erf?llt

find. Hiernach

find dem Axiom

zu?

folge die Formeln derWahrfcheinlichkeitsrechnung auf jede beliebige

endliche

Reihe

von

H?ufigkeitszahlen

mit einer

gewiffen

Wahr

fcheinlichkeit

anwendbar.

Das

Induktionsaxiom

icheint alio

in

der

obigen

Form in

einer

beftimmten

Hinficht

?zu

viel",

in einer

anderen

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?ber

den

Gehalt

von

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

243

?zu

wenig"

zu

befagen:

zu

viel

infofern,

als

es

die ?blichen

?empi?

rifchenKollektive"

in

keiner

Weife

von

willk?rlich

zufammengeftell

ten

Folgen

phyfikalifcher

H?ufigkeitsgr??en

unterfcheidet,

zu

wenig

infofern,

als

es

durch den unbeftimmten

Zufatz

?mit

einer

gewiffen

Wahrfcheinlichkeit"

in

un?berfehbarer

Weife

abgefchw?cht

ift.

Aus allen

diefen Gr?nden

erfcheint

es

als nicht

ang?ngig,

das

Induktionsaxiom

als

eine

Art

Naturgefetz

einzuf?hren.

Vielmehr

d?rfte

das

Axiom

angemeffener

als Ausdruck

einer

Feftfetzung

zu

bezeichnen fein,

die aber

nicht

die

quafi-empirifche Konvergenz

phyfikalifcher

Folgen

im

Falle

ihrer

?unendlichen

Verl?ngerung"

be?

trifft,

fondern

die inhaltliche

Deutung

der

Formeln

von

der

Geftalt

(O-^P).

Anftatt

nun

unter

Zwifchenfchaining

des

Induktionsaxioms

P

zu

fagen:

Endliche

Reihen

empirifcher

H?ufigkeitszahlen

haben

mit

einer

gewiffen

Wahrfcheinlichkeit

Limescharakter,

und

f?r

Folgen

mit

Limescharakter

find die

Formeln der

Wahricheinlichkeitsrechnung

analytiich,

?

?cheint

es

mir

der

logiichen

Situation

mehr

zu

ent

iprechen,

wenn

man

im

Sinn der

Aufftellung

einer

Zuordnungs?

definition feftfetzt: Die Formeln der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

find auf

endliche Reihen

empirifcher

H?ufigkeitsgr??en

anzuwenden.

Durch

eine

derartige

Feftfetzung

?

die

freilich noch

einer

forg

f?ltigen

Formulierung

bedarf

?

wird

einerfeits

die Wahrfcheinlich?

keitsrechnung

als

formale

Theorie

eines

Zweiges

der

empirifchen

Wiffenfchaft

dargeftellt

und

andererfeits

die

Problematik

des

Induk?

tionsaxioms

vermieden.

3.

Die

unter

2.

entwickelten

Bedenken

entfallen

gegen?ber

der?

jenigen,

etwas

ver?nderten

Form,

die

R

e

i

ch

e

n

b

a

ch

feiner

Theorie

in feinen

j?ngften

Ver?ffentlichungen

gegeben

hat.

Wie

aus

dem in

?Log. Grundlagen"

entwickelten

?berblick

?ber

feine

gegen?

w?rtige

Auffaffung hervorgeht,

beh?lt

Reichenbach

fowohl

die

Axiomatik

wie auch

die

transfinite

Zuordnungsdefinition

bei

(die

hierzu

unter

1.

angeftellten

Erw?gungen

bleiben

daher

beftehen);

dagegen

fichert

er

die

Anwendbarkeit

der

Zuordnungsdefinition,

die

das

Beftehen

konvergenter empirifcher

Folgen

vorausfetzt,

nicht

mehr durch ein

Axiom,

fondern

ft?tzt

die

Anwendung

der Wahr?

fcheinlichkeitsrechnung

auf

eine

?Theorie

der

Setzung". Wegen

der

Einzelheiten

diefes

Begriffs

mu?

auf

den

genannten

Auffatz ver

wiefen

werden;

hier

fei

nur

die

f?r

unferen

Zufammenhang

ent?

fcheidende

Stelle

zitiert:

?Wenn

wir

in

dem

vorliegenden

endlichen

Abfchnitt

der

Folge

eine

gewiffe

H?ufigkeit

hn

beobachtet

haben,

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244

Carl

G.

Hempel

io

fetzen

wir

darauf,

da? die

Folge

bei weiterer

Verl?ngerung

einem

Limes bei hn

(richtiger:

innerhalb

/?"+(?)

zuftrebt.

Wir

fetzen

dies;

wir

wollen nicht

iagen,

da?

dies

wahr

ift,

wir

ietzen

es

nur

in

dem

ielben

Sinne,

wie

der

Spieler

auf das

Pferd

ietzt,

welches

er

f?r

das

ichnellfte h?lt"

(a.

a.

O.

S.

414).

Reichenbach

iucht

auch

eine

Rechtfertigung

des

hiermit zun?chft

nur

befchriebenen

wiffen

fchaftlichen Verfahrens

zu

geben,

das

er

als

?approximative

Setzung"

bezeichnet.

Die

Grundgedanken

ieiner

Argumentation

kann

man

io

zuiammenf?ffen: Ift die unteriuchte empiriiche Datenreihe ?ber?

haupt

konvergent,

io

f?hrt

das

Verfahren

der

approximativen

Setzung

ficher

zu

einer

?chrittwei?en

Ann?herung

an

den Wert ihres

Limes;

liegt

dagegen

eine

divergente

empiriiche

Folge

vor,

io kann

?berhaupt

kein

Verfahren

zum

Ziele f?hren.

Wir

k?nnen

nun

zwar

von

einer

empiriichen

Folge

nie

wiffen,

ob

fie

konvergiert;

wohl

aber

k?nnen

wir

lagen,

da? das Verfahren der

approximativen

Setzung

dann,

wenn

?berhaupt

etwas

zu

erreichen

ift,

zum

Ziele

f?hrt.

Dieie Betrachtungsweiie icheint mir nun einen Gedanken wieder

aufzunehmen,

der bereits der

Einf?hrung

des

Induktionsaxioms

zu?

grunde

lag:

So

wie dort die

S?tze der

angewandten

Wahricheinlich?

keitsrechnung

auf

die

Geltung

des

Induktionsaxioms

geft?tzt

werden

iollten,

io

wird

die

Berechtigung

der

approximativen

Setzung

auf

die

Vorausietzung

zur?ckgef?hrt,

da?

die

empiriichen

Folgen

Limes?

charakter

befitzen

?

nur

wird

die

Geltung

dieier

Vorausietzung

nicht

poftuliert,

iondern

als

problematiich

hingeftellt.

Auf

dieie

Be?

trachtung

?bertragen

fich

finngem??

die oben

unter

2.

entwickelten

Bedenken, die ?berhaupt io lange beftehen bleiben d?rften, wie

man

die

erw?hnte

transfinite

Betrachtungsweiie

f?r

die

empiriichen

Datenreihen

wie

eine

Behauptung

oder

Vorausietzung

mit

empiri

ichem

Gehalt

behandelt.

Pofitiv

gewendet:

In

dem Gedanken

?empiriiche

Wahricheinlich

keiten

find

aus

endlichen

Datenreihen

durch

approximative

Setzung

zu

beftimmen;

die

approximative

Setzung

f?hrt

zu

richtigen

Ergeb

niffen,

wenn

die

Datenreihen

konvergente

Folgen

beftimmen;

in die

iem Falle

gelten

f?r die

durch das

finitiftiiche

Setzungsverfahren

ge?

fundenen Zahlen die S?tze der Wahricheinlichkeitsrechnung"

d?rfte wiederum

eine

finitiftiiche

Zuordnungsdefinition

zum

Aus?

druck

kommen,

die

im

weientlichen

beiagt:

Die Formeln

der Wahr?

icheinlichkeitsrechnung

find auf

endliche

Reihen

empiriicher

H?ufig?

keitsgr??en

anzuwenden.

Eine iolche

Betrachtungsweiie

macht

die

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?ber

den

Gehalt

von

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

245

Anwendung

der

Wahricheinlichkeitsrechnung

auch

unabh?ngig

von

der

von

Reichenbach

unternommenen

Rechtfertigung

der

approximativen

Setzung

mit

ihren

transfinit-empirifchen

Voraus?

fetzungen:

Genau

fo

wenig

wie

die

Zuordnungsdefinitionen,

die

die

formale

in

die

angewandte

Geometrie

?berf?hren,

noch

eine

befon?

dere

?Begr?ndung"

erhalten,

fo

wenig

erfcheint

es

auch

als

erforder?

lich,

oder

nur

als

zul?ffig,

die

Zuordnungsdefinition,

die

mit

dem

Begriff

der

approximativen

Setzung

implizit

eingef?hrt

wird,

durch

zuf?tzliche

Betrachtungen

zu

rechtfertigen

oder

zu

begr?nden.

Im folgendenfoildieM?glichkeit einerfinitiftifcheneutung des

empirifch-ftatiftifchen

Wahrfcheinlichkeitsbegriffs,

wie fie

oben

be?

reits

mehrfach

angedeutet

worden

ift,

n?her

unterfucht

werden.

4.

Zur

?finitiftifchen"

Deutung

des

empirifchen

Wahrfcheinlichkeitsbegriffs.

Eine

finitiftifche

eutung

des

Wahrfcheinlichkeitsbegriffs

ird

nicht

nur

durch

die

Einficht

in

die bisher

er?rterten

logifchen

Schwierigkeiten

der

transfiniten

Deutung

nahegelegt:

fie

ergibt

fich

auch auf Grund einer rein

defkriptiven

Analyfe

der

Methoden,

mittels deren

in

der

empirifchen

Wiffenfchaft

Wahrfcheinlichkeits?

ausfagen aufgeftellt

oder

nachgepr?ft

werden.

Dies foil

nun

n?her

erl?utert

werden.

(Dabei

werden

wir

uns

h?ufig

auf die

Unter?

fuchung

wahrfcheinlichkeitstheoretifcher

Betrachtungen

in

der

Phyfik

befchr?nken,

die fich

zwar

durchaus

nicht

grundf?tzlich

von

den?

jenigen

anderer

Zweige

der

empirifchen

Wiffenfchaft

unterfcheiden,

die

aber

wegen

der

Pr?zifion

der

phyfikalifchen Begriffsbildung

einer

logifchen

Analyfe

am

eheften

zug?nglich find.)

a)

Die

Nachpr?fung

einer

empirifchen

Wahrfcheinlichkeitsausfage

fl?tzt fich offenbar ftets auf

ein

fin?tes

Material;

insbefondere

wen?

det

man

die

Gefetze der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

auch auf

folche

Beobachtungsreihen

an,

die nicht einmal

?im

Prinzip"

beliebig

ver?

l?ngerbar

find,

wie

es

die

Anwendung

des

Limesbegriffs

der Wahr?

fcheinlichkeit vorausfetzt:

man

denke

etwa

an

das

Gebiet der Sozial

flatiftik,

ferner

an

alle

im

engeren

Sinne

phyfikalifchen

Anwen?

dungen

der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung,

foweit

fie

fich auf Schar?

mittelungen

ft?tzen:

dort

w?rde die

?beliebige

Erweiterbarkeit" des

ftatiftifehenMaterials vorausfetzen, da? es ?unendlich viele"

gleich?

artige

Dinge

oder

Vorg?nge

in

der

Welt

gebe;

z.

B.

in

der An?

wendung

der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

auf die

Elektronen?

ila

tiftik:

unendlich

viele

Elektronen.

Ganz

abgefehen

davon

nun,

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246

Carl G.

Hempel

da?

der Sinn

einer

derartigen

Hypotheie

noch

einer

iorgf?ltigen

Kl?rung

bed?rfte,

kann

jedenfalls geiagt

werden,

da?

die Anwen?

dung

wahricheinlichkeitstheoretiicher

Methoden

in

der

Phyfik

nicht

davon

abh?ngig

gemacht

wird,

ob

iolche

Vorausfetzungen

als finn?

voll

und

g?ltig

angeiehen

werden oder nicht.

Entiprechendes

gilt

von

denjenigen

F?llen,

in

denen die

Wahricheinlichkeitsrechnung

auf

zeitliche

Mittelbildungen

angewandt

wird.

b)

Sehr

klar tritt

der finitiftiiche

Charakter

der

empiriichen

Wahricheinlichkeitsausiagen

an

iolchen Stellen

hervor,

wo

ftatiftiich

gedeutete

Wahricheinlichkeitswerte

mit

den

Werten

anderer Gr??en

in

Zuiammenhang gebracht

werden;

dies

geichieht

z.

B.,

wenn

man

im

Rahmen

der

Bohr

ichen Theorie die Intenfit?tsverh?ltniffe

von

Spektrallinien

gleich

den

Verh?ltniffen

der

entiprechenden

?ber

gangswahricheinlichkeiten

anietzt: Da

in

endlicher

Beobachtungszeit

gewi?

nur

endlich viele

Quantenipr?nge

ftattfinden,

io

bedeutet

n?mlich

jener

Aniatz,

da?

die

Wahricheinlichkeit

eines

beftimmten

?berganges

durch ieine relative

H?ufigkeit

in

einer

endlichen

Menge

von

Quantenipr?ngen

er

letzt

wird;

und ohne

eine

iolche

Finitifie

rung

w?re

der

Wahricheinlichkeitsbegriff

offenbar

nicht

zur

Ver?

mittlung jener

kontrollierbaren

Auslage

?ber Intenfit?tsverh?ltniffe

geeignet.

Ein

?hnlicher

Fall

liegt

vor,

wenn aus

der Zerfallswahr

fcheinlichkeit

einer

radioaktiven Subftanz

in

bekannter

Weiie

be?

rechnet

wird,

wie

viele

von

n

Atomen dieier

Subftanz

nach Ablauf

einer Zeit Ai

noch

vorhanden find.

Auch

dieie

Erw?gungen

laffen

es

als

angemeffen

ericheinen,

die

inhaltliche

Deutung

der

Wahricheinlichkeitsausiagen

finit

zu

faffen.

Und

tati?chlich

ind finitiftiicheendenzen

in

der Diskuifion

des

Wahricheinlichkeitsproblems

bereits mehrfach

hervorgetreten.

Ein

inftruktives

Beiipiel

f?r

folche

Beftrebungen

Hellt die

Frage

dar,

die

O.

Neurath

1929

auf der

Prager

Tagung

f?r

Erkenntnislehre

der

exakten Naturwiffenfchaften

aufwarf:

?ob

fich

nicht

der

Begriff

des

Infiniten ausfchalten

lie?e,

indem fchon das

Geb?ude

der

mathe?

matifchen

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

ftatt auf dem

Begriff

des

Kollektivs auf dem einer

endlichen

Menge

von

Elementen

aufgebaut

werden k?nnte"

(Erk.

I,

277)

u).

R.

v.

M

i

?

e

s

erwiderte

damals:

n) Die Grundz?ge des Aufbaus einer Wahrfcheinlichkeitstheorie als einer

mathematifchen

Theorie

endlicher Kollektive

find

inzwifchen

von

J.

Blume

in

folgenden

zwei Arbeiten

entwickelt

worden:

(i)

Zur axiomatifchen

Grundlegung

der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung. Inauguraldi??ertation

der

philofoph.

u.

natur

wi??enfchaftl.

Fakult?t

der

Univerfit?t

M?nfter.

Vorgelegt

1933.

?

(2)

Mathe

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?ber

den

Gehalt

von

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

24J

?...

das w?re fehr

fchwierig

und

un?berfichtlich,

und

man

w?rde

keinen

einzigen

einfachen

Satz

herausbekommen.

Der erfte

Anfatz,

den

eine

Verficherungsgefeilfchaft

bei ihren

Rechnungen

macht,

fetzt

fehon

eine

unendliche

Maffe

voraus.

Es

verh?lt fich demnach

fo:

Aus

praktifchen

Gr?nden bedient

man

fich der

infiniten

Theorie,

man

rechnet,

obwohl

das

Verfuchsmaterial

endlichen Abfehnitten

entnommen

ift,

fo,

als ob

es

unendlich

w?re,

und

in

allen

Opera?

tionen bedient

man

fich

der

Rechenregeln,

die auf

der Annahme

unendlicher

Kollektivs

beruhen,

weil fie

k?rzer, einfacher,

?berficht

licher find".

(Erk.

I,

279).

In

diefer Diskuffion wird indeffen nicht

deutlich

unterfchieden

zwifchen der

logifchen

Struktur

der

S?tze einer

formalifierten

Theorie und

der

logifchen

Struktur der ihnen durch die

Deutungs?

vorfchrift

zugeordneten

empirifchen

S?tze.

Wie die

vorangegange?

nen

?berlegungen

zeigen,

ift

es

nun

f?r eine

Behebung

der

logifchen

Schwierigkeiten

des

Wahrfcheinlichkeitsbegriffs

keineswegs

erforder?

lich,

die

kalk?lm??ige

Behandlung

der

Wahrfcheinlichkeitsreehnung

zu finitifieren;efentlich ft ediglich, a? die empirifcheeutung

der

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

keinen transfiniten

Charakter

er?

h?lt;

nicht

die

Formeln des Kalk?ls find

alfo

zu

finitifieren,

fondern

diejenigen

S?tze,

mittels deren

der

Gehalt der

empirifchen

Wahr?

fcheinlichkeitsausfagen

dargeftellt

wird.

F?r

die

Kl?rung

diefer

logifchen

Situation ift die

durch

Reichenbachs

axiomatifche

Theorie

erm?glichte

Einficht

von

gr??tem

Wert,

da?

die

Limesdeutung

des

Wahrfcheinlichkeits?

begriffs

nur

eines

der

Modelle

der

formalen Wahrfcheinlichkeits?

rechnung charakterifiert, da? fie dagegen f?r den Aufbau der forma?

len

Theorie felbft

keineswegs

notwendig

ift.

Die

Verkennung

diefes

Umftandes d?rfte

zu

der

Meinung

beigetragen

haben,

da?

auch die

Anwendung

der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

auf

unendliche

Folgen

zu

befchr?nken fei.

F?r

das

Feilhalten

an

einer

transfiniten

Deutung

der

empirifchen

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

find

aber

noch

andere

Erw?gungen

ma?gebend geweien.

Der

Gedanke

n?mlich,

die

Wahrfcheinlichkeits

ausiagen

als

Auslagen

?ber

relative

H?ufigkeiten

in

endlichen

Datenreihen zu

betrachten,

fcheint

(a)

in manchen F?llen

geradezu

in

Abfurdit?ten

zu

f?hren,

und

(?)

in

keinem

Falle

eine

Darfteilung

matifche

Begr?ndung

einer

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

mit

finiten

Kollektiven.

Zeitfchrift ?r

Phyfik.

1934.

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248

Carl

G.

Hempel

des

Sinnes

der

empirifchen

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

zu

erm?g?

lichen.

In

der

Tat

w?rde

eine

finitiftifche

Interpretation

etwa

der

Aus?

lage:

?Die

Wahrfcheinlichkeit,

mit

diefem W?rfel

einen

F?nferwurf

zu

machen,

ift

V6"

in

erfter

Ann?herung

fo

lauten:

?In

jeder

Reihe

mit

einer

beliebigen

endlichen

Zahl

n von

W?rfen

mit

diefem

W?r?

fel

treten

?

F?nferw?rfe

auf."

?

Dies ift

nun

(a)

abfurd

f?r folche

6

Werte

von

n,

die

keine

ganzzahligen

Vielfachen

von

6

find,

(?)

Ab

gefehen

hiervon

aber hat

jene Wahrfcheinlichkeitsausfage

auch

nicht

den

Sinn,

die relative

H?ufigkeit

der F?nferw?rfe

auf

genau

V6

feftzulegen:

man

bezeichnet

beim

Auftreten

gewiffer

Abweichungen

die

Wahrfcheinlichkeitsausfage

nicht

gleich

als

falfch;

man

erwartet

im

Gegenteil

regelm??ig

auch

gr??ere Abweichungen.

Diefe

Erw?gungen

k?nnen

nun

zwar

keineswegs

die transfinite

Deutung

des

Wahrfcheinlichkeitsbegriffs

rechtfertigen,

denn

offen?

bar

laffen

fie i?mtliche

Bedenken,

die

oben

gegen

dieie

vorgebracht

wurden, ganz unber?hrt;

wohl

aber

k?nnen

fie

als

Hinweiie f?r

eine

geeignete

Einfchr?nkung

der

eben

angedeuteten

finitiftifchen

Faffung

der

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

dienen.

Die

Schwierigkeit

(cc)

l??t

fich,

wie

bald

gezeigt

werden

wird,

durch

eine

geeignete

Ab?nderung

der finitiftifchen

Deutung

leicht

vermeiden.

Der Einwand

(?)

dagegen

fcheint

mir

?berhaupt

nicht

eine

logifche

Schwierigkeit

aufzudecken,

die

gerade

der

finitiftifchen

Deutung

der

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

anhaftet

und

ihre

Unnah?

barkeit

erweift,

fondern

er

fcheint

mir

lediglich

am

Beifpiel

der

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

eine

logifche

Situation

zu

beleuchten,

die

grundf?tzlich

f?r

jeden

Satz

der

empirifchen

Wiffenfchaft

vorliegt.

Der Einwand

(?)

fetzt

n?mlich die

fchon

fr?her

angedeutete

?

wie wir

fagen

wollen: klaffifche

?

Auffaffung

der

Hypothefen

voraus.

Dieier

Auffaffung

zufolge

ift

eine

Hypothefe

ein

genereller

Satz

(genauer:

eine

generelle

Implikation);

fie

umfa?t unendlich

viele

Einzel-

oder

Spezialf?lle,

die nicht alle

nachgepr?ft

werden

k?nnen,

und

l??t

fich daher

ihrerfeits nicht

vollft?ndig

und

endg?ltig

beft?tigen.

Dagegen

l??t fich

eine

Hypothefe

endg?ltig

widerlegen;

hierzu gen?gt bereits der Nachweis, da? ein einziger ihrer Spezial?

f?lle

ein

empirifch

falfcher

Satz ift.

Auf unferen

Fall

angewandt

befagt

dies:

Der

vorgefchlagenen

finitiftifchen

Deutung zufolge

ift

die

Ausfage

?ber die

Wahrfcheinlichkeit

eines

F?nferwurfs

eine

Hypothefe,

die

generell

f?r

jeden

Wert

von

n

gilt.

Ihre Einzelf?lle

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?ber

den

Gehalt

von

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

249

erh?lt man durch Einfetzen

beliebiger

ganzzahliger

Werte f?r n.

Einer diefer

Einzelf?lle lautet

alfo:

?Unter 24

W?rfen

mit

jenem

W?rfel kommen

genau 4

F?nferw?rfe

vor".

Trifft die finitiftiiche

Deutung

zu,

io

m??te

die?e

Ausfage

bereits

als

widerlegt

gelten,

wenn

bei einer

Nachpr?fung

fich

auch

nur

dieier eine

Folgeiatz

als

falich

erwieie.

Tatf?chlich wird aber

in

einem

iolchen Falle die

Wahrfcheinlichkeitsausfage

noch

keineswegs notwendig

als

falich be?

zeichnet;

daher

kann die

finitiftiiche

Deutung

den

Sinn

der

empiri?

ichen

Wahricheinlichkeitsausiagen

nicht erfaffen.

Es l??t fich indeffen

zeigen,

da? ein

empiriicher

Satz,

ganz

gleich

welcher

logiichen

Form,

fich

grundi?tzlich

ebeniowenig endg?ltig

und

vollft?ndig

widerlegen

wie

beft?tigen

l??t.

Die

?klaifi?che"

Auf?

faffung

der

Hypotheien

erweift fich

damit als

zu

eng

und

der

auf

ihr

beruhende

Einwand

(?)

wird

hinf?llig.

Dies

foil

jetzt

genauer

dargelegt

werden.

Zu einer

formalen

Charakterifierung

des

Verfahrens,

nach dem

die

empiriiche

Wiffenichaft

ihre S?tze

nachpr?ft,

kann

man

12)

durch

folgende

Betrachtung gelangen:

Die

empiriiche

Wiffenichaft ftellt

ein

Syftem

von S?tzen

dar,

die nach

gewiffen

?fyntaktifchen" Regeln

aus

beftimmten

Grundbeftandteilen

aufgebaut

find,

und zwiichen

denen

gewiffe

Ableitungsbeziehungen

beftehen.

Der

durch

den

Fort?

ichritt

der

Forichung

bedingten

Ver?nderlichkeit

des

Erkenntnis

beftandes der

empiriichen

Wiffenichaft wird

in

dieier

formalen

Be?

trachtungsweiie

dadurch

Rechnung

getragen,

da? das

erw?hnte

Syftem

von

S?tzen

als

ab?nderbar

angefetzt

wird: die

Gewinnung

einer

neuen

empirifchen

Erkenntnis

kommt

in

der

Aufnahme eines

(oder

nat?rlich

mehrerer)

?neuen"

Satzes

in

das

Syftem

zum

Aus?

druck, die daf?r unter Umft?nden die

Streichung gewiffer

?alter"

S?tze

erforderlich

machen

wird.

Dabei

nennen

wir einen Satz

?alt"

oder

?neu",

je

nachdem

er

eine

logifche

Folge

der

bereits

anerkann?

ten

S?tze

ift

oder nicht.

Wie

wird

nun

dar?ber

entfchieden,

ob ein

f?r

die

Aufnahme

in

Vorfchlag

gebrachter

neuer

Satz

?

wir

wollen

einen

folchen,

unab?

h?ngig

von

feiner

logiichen

Form,

auch

eine

?Hypotheie"

nennen

?

in

den

Beftand der

empirifchen

S?tze

aufgenommen

wird

oder

nicht?

Man

pflegt

in

der

?blichen

?inhaltlichen"

(Carnap)

Redeweife

zu fagen, zu jedem Satze geh?rten beftimmte

Verifikationsbedingun

12)

Im

Anfchlu?

an

Carnap

??ber

Protokollf?tze",

Erk.

3,215;

und

Neu?

rath

?Protokollf?tze",

Erk.

3,

204.

Vgl.

zum

folgenden

auch:

Hempel

"On

the

Logical

Positivists*

Theory

of

Truth".

Analysis

(Oxford),

Vol.

2,

No.

4.

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2?0

Carl

G.

Hempel

gen,

die

es

geftatten,

durch

geeignete

Beobachtungen

oder

Experi?

mente

die Wahrheit

oder Falfchheit des

betreffenden

Satzes

feftzu?

ftellen.

(Zwifchen

der

?beobachtenden"

und

der

?experimentellen"

Methode beftehen

keine

grundf?tzlichen

Unterfchiede;

wir

brauchen

daher

im

folgenden

die

terminologifche

Unterfcheidung

nicht

immer

ausdr?cklich

durchzuf?hren.)

Das

Nachpr?fungsverfahren

ft?tzt

fich

alfo auf

geeignete

Kontrollverfuche

und macht

die Wahrheit

des

Satzes

von

dem Ausfall der Verfuche

abh?ngig.

Dabei

ift

es

erkenntnistheoretifch ohne Belang, ob die Kontrollverfuche zeitlich

vor

oder nach

der

Aufftellung

der

zu

pr?fenden

Hypothefe

durch?

gef?hrt

werden.

Erkenntnispraktifch

liegt

hier

freilich

u.

U.

ein

wichtiger

Unterfchied

vor:

im

zuerft

genannten

Falle kann

es

fich

um

die

?Aufftellung

einer

Hypothefe

an

Hand beftimmter

empiri?

fcher

Daten",

im

zweiten

dagegen

um

die

?nachtr?gliche

Nach?

pr?fung"

einer

?

anderweitig

gewonnenen

oder

auch

auf Grund

einer

Vermutung

probeweife

angefetzten

?

Hypothefe

durch

ein

eigens

zu

diefem Zwecke

befchafftes

empirifches

Material handeln.

Die logifche Struktur des Kontrollverfahrens ift indeffen in beiden

F?llen diefelbe:

Jedesmal

wird

die

zu

pr?fende

Ausfage,

die

?Hypo?

thefe",

mit

dem Gefamtbeftande

der anerkannten

empirifchen

S?tze

konfrontiert.

Diefe

Konfrontation

gefchieht

nach

folgendem

Schema:

Zu der

Hypothefe

h

werden

geeignete

generelle

oder

fingul?re

S?tze

pt, pt,..

.y

k

aus

dem

Syftem

S

der anerkannten

empirifchen

S?tze

adjungiert;

aus

der fo

entftehenden

Satzmenge

{

h,

pt,..

.,

p^}

wer?

den

gewiffe

Folgerungen

ft, ft,..

.,

fi

abgeleitet,

und

diefe

werden

mit geeigneten weiteren S?tzen gt,gt,. .. gm aus S verglichen.

Beifpiel:

h

bedeute:

?Die

Dichte

des

Queckfilbers

bei

Zimmertemperatur

ift

13,5".

Die

Nachpr?fung

erfolge

durch

W?gung

eines

mit

Queckfilber

gef?llten

Gef??es.

Dann

enth?lt

das

Syftem

der

S?tze

pK

die Definition

des

Begriffes

?Dichte",

ferner

etwa

die

Angaben:

?Das

Volumen

des Gef??es

betr?gt

50

cm3",

?Das

?ewicht

des

leeren

Gef??es

betr?gt

30

g".

Aus diefen

S?tzen

zufammen

mit der

Hypothefe

h

l??t

fich

die

Folgerung

/

ableiten:

?Mit

Queckfilber

von

Zimmertemperatur

gef?llt,

wiegt

das Gef??

(30+13,5.50=)

705

g".

Ein

?ge?

eigneter"

Satz

aus

S,

mit

dem

/

verglichen

werden

kann,

ift

nun

ein

folcher

Satz,

der das

bei der

W?gung

ermittelte

Gewicht

des mit

Queckfilber

gef?llten

Ge?

f??es

angibt.

Er lautet etwa g: ?Das mit

Queckfilber

gef?llte Gef?? wog 703 g".

Wir

wollen

iolche

S?tze

g^

aus

5,

an

denen

die

Pr?fung

einer

Hypothefe

erfolgt,

?Kontr

oll

f

tze"

nennen;

ferner

folien

diejenigen

S?tze

fx,

die

aus

der

Hypothefe

und

geeigneten

weiteren

Pr?miffen

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?ber

den

Gehalt

von

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

251

abgeleitet

werden,

als

?Kontrollfolgef?tze"

oder kurz

?Kontroll?

folgen"

der

Hypothefe

bezeichnet

werden.

Es

ift

zu

beachten,

da? im

Prinzip

jeder

beliebige

Satz

aus

5

als

Kontrollfatz

fungieren

kann;

die

Kontrollf?tze

?

und ebenfo daher die

Kontrollfolgen

?

unterliegen

in

der

Wiffenfchaft

keinerlei

einfchr?nkenden

Bedingungen:

Insbe

fondere

find fie

weder

auf

die

Klaffe

der

formal einfachften

S?tze der

phyfika

lifchen

Sprache

noch

auf

die Klaffe

der

fog. ?Beobachtungsausfagen"

befchr?nkt.

(Man

vergleiche

hierzu die

eingehenden

Ausf?hrungen

Carnap

s

(f.

Fu?note

12,

S.

222

ff.).

Die hier

fkizzierten

fyntaktifchen

Feftftellungen

charakterifieren

bei

Carnap

eine

unter

mehreren

m?glichen

Sprachformen,

die

er

als

zweite

Sprach?

form,

Weg

B

bezeichnet:

Protokollf?tze

ohne

Befchr?nkung

innerhalb

der

Syftem

fprache.

Hier

ift

lediglich

diefe

eine

Sprachform

in

Betracht

gezogen

worden,

da

fie,

?

und dies

d?rfte auch

die

Anficht C

a

r n a

p

s

fein

?

die

Struktur

der

Sprache

der

gegenw?rtigen

Wiffenfchaft

am

genaueften

darftellt.

Wie

die

letzten

?berlegungen

zeigen,

ift zun?chft

der Grund?

gedanke

der

klaffifchen

Auffaffung,

da?

eine

Hypothefe

grundf?tz?

lich

nicht

endg?ltig beft?tigt

werden

k?nne,

auf

alle

empirifchen

S?tze

auszudehnen.

In

der Tat laffen fich

f?r

jeden empirifchen

Satz

beliebig

viele

Kontrollm?glichkeiten

angeben (im

obigen

Bei

fpiel

von der Dichte des

Queckfilbers

gibt

es noch zahlreiche andere

Me?methoden,

es

l??t

fich

aber auch die eine oben

zugrunde gelegte

Methode

durch

Ab?nderung

der

in

die

Meffung eingehenden

Kon

ftanten wie

Gef??

volumen,

Gef??gewicht

uff.

beliebig

variieren;

jedesmal

entliehen

dann andere

Kontrollfolgen).

Mit anderen

Worten: Das

Syftem

S

l??t

fich

auf

beliebig

viele

verfchiedene

Weifen

durch

Einf?hrung

neuer

S?tze

(?inhaltlich"

gefprochen:

durch

Realifierung

immer

neuer

Verfuchsbedingungen

zur

Nachpr?fung

von

h)

fo

erweitern,

da?

auch

die

Menge

der

Kontrollfolgen

von

h

erweitert wird. In diefem Sinne wollen wir fagen, da? eine Hypo?

thefe

?beliebig

viele"

Kontrollfolgen

befitze.

Die klaffifche Annahme

der

M?glichkeit

einer

endg?ltigen

Wider?

legung

empirifcher

S?tze l??t fich

dagegen

nicht

aufrechterhalten.

Den

diefer

Annahme

zugrunde liegenden

Gedanken k?nnen

wir

jetzt

fo

formulieren:

Eine

Hypothefe

h

wird

nicht

in S

aufgenommen,

wenn

es

mindeftens

eine

Kontrollfolge

/

von

h

gibt,

die nicht

mit

dem

entfprechenden

Kontrollfatz

g

?bereinftimmt.

Indeffen

ent

fpricht

diefe

Auffaffung,

wie

beionders

R

e

i

ch

e n

b

a

ch mehrfach

hervorgehoben

hat,

nicht dem

tati?chlich

in

der

Wiffenichaft

ge?

?bten

Nachpr?fungsverfahren.

Die

vorhin

betrachtete

Auslage

?ber

die

Dichte

des

Queckfilbers

z.

B.

gilt

nicht

notwendig

als

widerlegt,

wenn,

wie oben

angenommen,

der

?empiriiche

Befund"

(Kontroll

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2?2

Carl

G.

Hempel

fatz)

nicht

genau

der

?Vorausfage" (Kontrollfolge)

entfpricht.

Das?

felbe

gilt

grundf?tzlich

in

jedem

anderen

Falle;

befonders inftruk

tive

Beifpiele

bilden

Kontrollfolgen,

die

die

Form

zahlenm??iger

Angaben (etwa

von

L?ngen,

Temperaturen

etc.)

befitzen.

In

diefen

F?llen

begn?gt

man

fich

damit,

da?

die

jeweils

zu

meffende

Gr??e

in ein

hinreichend fchmales

Intervall

um

den durch die Kontroll?

folge

feftgelegten

Wert

f?llt,

und

man

kann

fagen,

da?

eine

Hypo?

thefe

nicht

nur

nicht

notwendig

aufgegeben

wird,

wenn

einer der

Kontrollverfuche

zu

einem abweichenden Refultat f?hrt, fondern

da?

in

vielen

F?llen,

insbefondere metrifcher

Angaben,

die

?Be?

ft?tigung"

einer

Hypothefe

ausfchlie?lich auf Grund folcher

Meffungsbefunde

erfolgt,

die kleine

Abweichungen

von

den

gem??

der

Hypothefe

zu

erwartenden

Ergebniffen

zeigen.

Einen

typifchen

Fall

diefer Art

bildet

die Konftruktion

einer

Kurve,

die einen

empi?

rifchen

Zufammenhang

darfteilen

foil,

aus

?Meffungspunkten",

von

denen

u.

U. kein

einziger

auf

der

Kurve

liegt.

Wird eine

Hypothefe

trotz

des

Beftehens

von

Abweichungen

der

angedeuteten

Art

in das

Syftem

S

aufgenommen,

fo

mu?

deffen Satzbeftand

zur

Sicherung

der

Wideripruchsfreiheit

in

geeigneter

Weife

abge?ndert

werden.

Hierzu

werden

meiftens

einige

der

S?tze

p

oder

einige

der S?tze

g

aus

dem

Syftem

S

ausge

fchieden.

(Im

einfachften

Fall

bedeutet

dies

anfchaulich,

da?

Fehler

der

Verfuchs?

anordnung

oder

der

Beobachtung

angenommen

werden.)

Die

Wideripruchsfreiheit

kann noch durch andere

Ab?nderungen

gefichert

werden,

die hier

jedoch

nicht

n?her

er?rtert

werden

folien.

Man

k?nnte

nun

verfuchen,

den

Grundgedanken

der

klaffifchen

Auffaffung

von

der

Widerlegbarkeit

einer

Hypothefe

in der

folgen?

den,

dem

wiffenfchaftlichen

Vorgehen

beffer

angepa?ten

Form

feil?

zuhalten:

Eine

Hypothefe gilt

als

widerlegt,

wenn

mindeftens

ein

Kontrollverfuch

ein

Ergebnis

liefert,

das mehr als

um

einen

feilen

Maximalbetrag

von

dem

gem??

der

Hypothefe

zu

erwartenden

Refultat

abweicht.

?

In

der

Tat

werden

phyfikalifche

Hypothefen

metrifcher

Form

h?ufig

ausdr?cklich

mit einem

Zufatz

?ber

die

maximale

Abweichung

verfehen.

Man

gibt

indeffen

u.

U.

eine

Hypo?

thefe felbft

dann nicht

auf,

wenn

gelegentlich

jenes

Intervall ?ber

fchritten

wird;

felbft auf

Hypotheien

mit

Intervallangabe

trifft

alfo

die klaffifche

Anficht

von

der

endg?ltigen

Widerlegbarkeit

einer

Hypothefe durch

ein

einziges Gegenbeifpiel

nicht

zu;

die

Frage

nach

den

Kriterien der Falfifikation

entfteht,

gleichfam

auf

einer

h?heren

Stufe,

von

neuem.

Man

k?nnte fchlie?lich

ie klaffifche

uffaffung

n Form

der

all?

gemeineren

Behauptung

zu

halten

verfuchen,

die

Anerkennung

einer

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?ber

den

Gehalt

von

W

ahrf

cheinlichkeit

saus

fagen

253

Hypothefe ietze nicht die ?bereinftimmung jedes einzelnen Meffungs

ergebniffes,

fondern

nur

eines

geeignet

zu

definierenden

Mittelwertes

der

Ergebniffe

einer

Reihe

gleichartiger

Meffungen

mit

dem

aus

der

Hypothefe

fich

ergebenden

Werte

voraus.

Indeffen wird eine

Hypo?

thefe

zuweilen

felbft dann

beibehalten,

wenn

keine

genaue

?ber?

einftimmung

diefer

Art

befteht.

Es

liegt

hier

ganz

?hnlich

wie

im

Falle

der

Wahrfcheinlichkeitsausfagen:

Ein

Wahrfcheinlichkeits

anfatz

kann beibehalten

werden,

felbft

wenn

gelegentlich

gr??ere

Abweichungen

von

der

zu

erwartenden

relativen

H?ufigkeit

ein?

treten. Die ?bereinftimmung geht fogar noch weiter: Statt n?mlich

zu

fagen,

f?r die

Annahme

einer

Hypothefe

gen?ge

eine

hinreichend

gute

ann?hernde

Beft?tigung

ihrer

Kontrollfolgen,

pflegt

man zu?

weilen

zu

erkl?ren,

eine

metrifche

Hypothefe

befage

erft

etwas

?ber

den Limes

der erw?hnten

Mittelwerte

?

ganz

fo,

wie

man

eine

Wahrfcheinlichkeitsausfage

als

Ausfage

?ber

den Limes relativer

H?ufigkeiten interpretiert,

obwohl

auch hier

die

empirifche

Nach?

pr?fung

grundf?tzlich

auf die

Feftftellung

einer

mehr oder minder

angen?herten

?bereinftimmung

der

angefetzten

Wahrfcheinlichkeit

mit den relativen H?ufigkeiten in endlichen Reihen befchr?nkt ift.

Der

Veriuch,

die kla?fi?che

Auffaffung

von

der

endg?ltigen

Falfifizierbarkeit einer

Hypothe?e

durch

Angabe

von

maximalen

zul?ifigen

Abweichungen

zu

halten,

f?hrt

noch

in

andere

Schwierig?

keiten:

Jede

Hypothe?e

kann,

wie oben

dargelegt,

auf

iehr

ver

fchiedene

Arten

nachgepr?ft

werden;

die

empiriiche

Nachpr?fung

kann

z.

B.

durch

Unteriuchung

einiger weniger

Kontrollf?tze

der

Hypothe?e

oder

auch durch

Unteriuchung

umfangreicher

Syfteme

von

folchen

erfolgen;

fie

kann

fich

auf

Kontrollf?tze

gleicher

oder

verfchiedener logifcher Form erftrecken ufw.; und f?r jeden diefer

F?lle

m??te

der

Hypothefe

ein

befonderes

Maximalintervall der

Abweichung

zugeordnet

werden

?

eine

Konftruktion,

die

offenbar

nicht

dem in

der

empiriichen

Wiffenichaft

ge?bten

Verfahren

entfpricht.

Zuiammenf?ffend

wollen wir

iagen:

Ein

empirifcher

Satz

ift

durch

eine

endliche

Menge

von

Nachpr?fungsbefunden

weder

endg?ltig

zu

beft?tigen

noch

endg?ltig

zu

widerlegen,

er

kann

fich

vielmehr

an

einem

beftimmten

Material

nur

mehr oder

minder

gut

bew?hren;

es

beftehen aber keine eindeutigen und einheitlich angewandten Kri?

terien

daf?r,

?wie

gut"

die

Bew?hrung

mindeftens

iein

mu?,

wenn

er

durch

die

betreffenden

empirifchen

Befunde noch als

beft?tigt

gelten

foil,

und

?wie

fchlecht" die

Bew?hrung

mindeftens

fein

mu?,

17

Erkenntnis

V

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254

Carl

G.

Hempel

wenn

der

Satz

durch

die

der

Nachpr?fung

zugrunde

gelegten

Be?

funde

als

widerlegt

gelten

foil.

Bei

der

Entfcheidung

?ber

die Annahme

oder die

Ablehnung

eines

Satzes

angefichts

beftimmter

Nachpr?fungsergebniffe fpielen

neben

der

G?te

der

Ubereinftimmung

zwifchen Kontrollf?tzen und

Kon?

trollfolgen

gewiffe

??bergreifende

Gefichtspunkte"

eine wefentliche

Rolle,

wie

z.

B.

das

Intereffe

an

der

Aufrechterhaltung

eines

allge?

meinen Satzes oder

die

R?ckficht

auf die

Sicherung

einer

m?glichft

gro?en

Einfachheit

und

Leiftungsf?higkeit

des

Syftems

S. F?r

eine

Entfcheidung

unter

diefen

Gefichtspunkten

beftehen ebenfalls keine

einheitlichen

und

eindeutigen

Kriterien,

die

eine

angemeffene

formale

Nachkonftruktion

zulaffen.

Hiermit d?rfte

gezeigt

fein,

da? der

Grundgedanke

des oben for?

mulierten

?Einwandes

(?)"

fich ohne

weiteres

von

den finit

inter?

pretierten

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

auf

jeden

empirifchen

Satz

?bertragen

l??t,

und

da?

er

?berhaupt

keinen

Einwand

darfteilt,

da

er

auf

einer

zu

ftark

fchematifierten

Auffaffung

vom

Charakter

empirifcher

S?tze

beruht. Auch

in

diefem

Zufammenhang zeigt fich,

da?

erft

eine finitiftifche

Deutung

die

Wahrfcheinlichkeitsausfagen,

entfprechend

der

Auffaffung

aller

Vertreter

einer

empiriftifchen

Wahrfcheinlichkeitstheorie,

wirklich

in

die Klaffe der

empirifchen

S?tze

einzuf?gen geftattet;

denn

nur

auf

die

finitiftifch,

nicht

auf

die

transfinit

gedeuteten

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

trifft

ja

der

Grundgedanke

des

?Einwandes

(?)"

zu,

der,

wie

zu

zeigen

verfucht

wurde,

in

Wahrheit

eine

charakteriftifehe

Eigenfchaft

aller

empiri?

fchen

S?tze

zum

Ausdruck

bringt.

Im folgenden foil nun eine finitiftifcheDeutung der empirifchen

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

umriffen

werden;

fie

legt

den

Gehalt

der

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

nicht

in

allen

Einzelheiten,

fondern

nur

in

gewiffen

grundf?tzlich

wichtigen

Z?gen

feil: Eine

Wahr?

fcheinlichkeitsausfage

(etwa

?(O^Q)"

in

der

Schreibweife

von

P

R

e

i

ch

e n

b

a

ch)

ift

ein

empirifcher

atz,

der fich

nicht

prinzipiell

von

anderen

Arten

empirifcher

S?tze

unterfcheidet;

fie macht

keine

Angaben

ftatiftifcher oder

fonftiger

Art

?ber unendliche

Mengen

empirifcher

Daten,

fie

legt dagegen

eine

beliebig

erweiterbare

Menge

von

Kontrollfolgen

verfchiedener

logiieher

Form feil. Eine

wichtige

Teilklaffe

diefer

Kontrollfolgen

find

diejenigen

ftatiftifcher

orm.

Diefe

find

als

empirifche

S?tze

jedenfalls

fo

zu

formulieren,

da?

fie

?idi auf endliche

Beobachtungsreihen

beziehen

und fomit

finit

kon

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?ber

den

Gehalt

von

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

255

trollierbar

find. Die ftatiftifehen

Kontrollfolgen

einer

Wahrfchein?

lichkeitsausfage

befagen,

da? die

relative

H?ufigkeit

des

in

Rede

flehenden

Ereigniffes

jeweils

in ein

gewiffes

Intervall

um

den

ange?

fetztenWahrfcheinlichkeitswert

p

f?llt,

deffen Breite

mit

wachfender

L?nge

der

ftatiftifehen

Reihe

abnimmt;

fie

befagen

mit anderen

Worten,

da? f?r

jede

Zahl

n

von

F?llen

gilt:

U)

p-09.

<f(n)

Dabei bezeichnet

p

die Wahrfcheinlichkeit

des

Beobachtungs

ergebniffes

Q (unter

beftimmten

Verfuchsbedingungen;

diefe werden

z.

B. in

der

Reichenbach

fehen

Darftellungsweife

in

der Feft

legung

von

O

ber?ckfichtigt),

?q

die

Anzahl der

?Q-F?lle"

bei

n

Beobachtungen

unter

den

vorgefchriebenen

Bedingungen,

und

/ (x)

eine

monoton

abnehmende Funktion

von

x,

deren

Werte

zwifchen

o

und

1

liegen,

und

die

fich

mit

wachfendem

x

afymptotifch

dem

Werte

o

n?hert.

Es

foil hier nicht verfucht

werden,

eine

ganz

beftimmte Funktion

diefer

Art

feftzulegen;

denn

das

in

den

empirifchen

Wiffenfchaften

ge?bte

ftatiftifche Verfahren

zur

Nachpr?fung

von

Wahrfcheinlich?

keitsausfagen

ift

nicht

fo

fcharf

umriffen,

da?

man

es

mittels

einer

und

nur

einer

folchen Funktion

/ (x)

?rational

nachkonftruieren"

k?nnte.

Im

allgemeinen

wird

jedenfalls

gelten:

/(x)

?:?

(f?r

jedes

x);

denn

n

x

\p???1<-

ift

gleichbedeutend

mit

I

n

p

?

nn

|<

1;

dies

befagt

aber,

da?

n

n

1

v

1

?

unabh?ngig

von

der Gefamtzahl

n

?

die Zahl der

Q-F?lle

gleich

n

.

p

oder,

falls

dies

keine

ganze

Zahl

ift,

gleich

einer der

zu n

.

p

?benachbarten"

ganzen

Zahlen ift. Eine fo weitgehende Forderung wird praktifeh kaum je der Nach?

pr?fung

von

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

zugrunde gelegt

werden.

?

Wie

man

im

Zufammenhang

mit

diefer

?berlegung

erkennt,

vermeidet die

Formulierung

(1)

auch

den oben

erw?hnten

Einwand

(a).

Eine

Wahrfcheinlichkeitsausfage

kann

hiernach

durch

eine

endliche

Menge

von

Nachpr?fungsergebniffen

ebenfowenig endg?ltig

be?

ft?tigt

oder

widerlegt

werden

wie

jeder

andere

empirifche

Satz;

fie

ift

jeweils

nur

einer

mehr

oder minder

guten

Bew?hrung

an

einem

beftimmten

empirifchen

Material

f?hig.

Soweit

fich die

empirifche

Nachpr?fung

gerade

auf die

foeben

betrachteten

ftatiftifehen

Kon?

trollfolgen

bezieht,

ift

f?r

die

Beurteilung

der

Bew?hrung

in

erfter

Linie

die

Abweichung

der

beobachteten relativen

H?ufigkeiten

von

den

durch die

Kontrollfolgen

der

Wahrfcheinlichkeitsausfage

ange?

gebenen

Werten

entfeheidend;

es

laffen

fich auch

noch weitere

Ge

17*

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2S6

Carl

G.

Hempel

fichtspunkte

der

Beurteilung

angeben,

doch

gibt

es

im

wiffenfchaft

lichen Gebrauch der

Wahricheinlichkeitsausiagen

keine

eindeutigen

Kriterien

daf?r,

unter

welchen

Bedingungen

eine Wahrfcheinlich

keitsausiage

angefichts

beftimmter ftatiftiicher Befunde

noch

als be

ft?tigt

und

unter

welchen fie

?chon als

widerlegt

zu

gelten

hat.

Auch

hier

fpielen

bei der

Enticheidung

oft

wieder

?bergreifende

Gefichts

punkte

eine

wefentliche

Rolle.

Im

?brigen

aber

machen

die

Kontrollfolgen

ftatiftiicher

Form

keineswegs die Geiamtheit der Kontrollfolgen einerWahrfcheinlich

keitsausiage

aus.

Im

Hinblick

auf

die

fr?heren

?berlegungen

ieien

noch

einige

weitere

Formen

in

Erinnerung

gebracht,

deren Auf

weifung

zugleich

zu

einer

gewiffen

Auflockerung

der

engeren,

nur

ftatiftifchen

eutung

des

Wahrfcheinlichkeitsbegriffs

?hrt

und

eine

noch

koniequentere

Durchf?hrung

der

empiriftifchen

Deutung

der

Wahrfcheinlichkeitsausfagen erm?glicht.

Aus einer

Wahrfcheinlichkeitsausfage

laffen

fich zun?chft folche

Kontrollfolgen

ableiten,

die

felbftwieder

die

Form

von

Wahrfchein?

lichkeitsausfagen haben, und die dann mit gewiffen anderweitig ge?

wonnenen

Kontrollf?tzen

in

Form

von

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

konfrontiert

werden

k?nnen.

Zu

Ableitungen

diefer

Art

dienen

die

S?tze

der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung.

Ferner

laffen

fich

aus

einer

Wahrfcheinlichkeitsausfage

(unter

Hinzunahme

geeigneter

S?tze

p

x

aus

S)

auch

Kontrollfolgen

ganz

anderer

Form

ableiten.

So kann

man z.

B.

aus

Angaben

?ber

die

?bergangswahrfcheinlichkeiten

beftimmter

Quantenzuft?nde

eines

Gafes

Ausfagen

?ber die Intenfit?tsverh?ltniffe beftimmter

Spektral?

linien

gewinnen,

aus

der

Angabe

der Zerfallswahrfcheinlichkeit

einer

radioaktiven Subftanz

Ausfagen

?ber die Zahl der

Szintillationen,

die

ein

Leuchtfchirm

pro

Minute

zeigt,

ufw.

Es

kann

nun

genauer

angegeben

werden,

inwiefern der eben

ent?

wickelte

Vorfchlag

eine

?finitiflifche"

Deutung

der

Wahrfcheinlich?

keitsausfagen

darfteilt:

die

Finitifierung

ezieht fich

ausfchlie?lich

auf

die

Form

einer

beftimmten

Klaffe

von

Kontrollfolgef?tzen

einer

Wahrfcheinlichkeitsausfage,

n?mlich auf

die

der

ftatiftifchen

Kon

trollfolgef?tze;

und tatf?chlich

ift

die wefentliche

Problematik der

empiriftifch-ftatiftifchen

Wahrfcheinlichkeitstheorie

gerade

mit Kon?

trollfolgef?tzen

dieier

Art

verkn?pft.

Es

bedeutet

keine

Verletzung

des

finitiftiichen

Grundgedankens,

wenn

oben ausdr?cklich

geiagt

wurde,

da?

aus

einer

Wahrichein

lichkeitsausiage beliebig

viele

(finit-)

ftatiftifche

Kontrollfolgen

ab

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?ber

den

Gehalt

von

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

257

leitbar

feien;

denn

es

liegt

hier

nicht

ein

Satz

der

empirifchen

Wiffen?

fchaft,

fondern

ein

Satz

aus

der

Syntax

der

Sprache

der

empirifchen

Wiffenfchaft

vor,

der

allgemein befagt:

Aus

jedem

nicht-analytifchen

empirifchen

Satz

laffen fich

in

dem oben

(S.

251)

angegebenen

Sinne

beliebig

viele,

fogar

beliebig

viele

logifch

unabh?ngige

Kontroll

folgef?tze

herleiten.

Bei

der

empirifchen

Pr?fung

eines Satzes

wer?

den

von

diefen

ftets

nur

endlich

viele

unterfucht.

W?hrend

nun

die

Limesdeutung

des

Wahrfcheinlichkeitsbegriffs

den

Kontrollfragen

einen

transfiniten

Charakter

verleiht,

wird

hier

eine

finitiftifche

Deutung

f?r

die

einzelnen

Kontrollfolgen

vorgefchlagen,

und

gerade

eine

iolche d?rfte

dem

empirifch-finiten Pr?fungsverfahren

Rech?

nung

tragen,

das

die

Wiffenfchaft,

wie

bei

jeder

anderen

Hypotheie,

io

auch

bei

der

Pr?fung

einer

Wahrfcheinlichkeitsausfage

anzu?

wenden

pflegt.

Es

ift im

vorliegenden

Abfchnitt

ftets

nur

von

den

Methoden

der

Nachpr?fung

einer

Wahrfcheinlichkeitsausfage

die

Rede

geweien,

nicht aber

davon,

an

Hand

welcher

Befunde

(etwa

ftatiftifcher

Art)

in der

empirifchen

WiiTenfchaft

eine

Wahrfcheinlichkeitsausfage

aufge?ellt

wird. Hier ift indeffen

nur

fcheinbar

eine

wichtige

Frageftellung vernachl?ffigt

worden;

die zweite

Frage

ordnet

fich n?mlich

ihrem

theoretiiehen

Gehalt nach

in

das

Problem der

Nachpr?fung

einer

Hypo?

thefe

ein. Denn da

jede

Hypothefe

eine

unendliche

Menge

logifch

unabh?ngiger

Kontrollfolgef?tze

befitzt,

fo

beftimmt

ein

noch fo

umfangreiches

empirifches

Material

?

eine

noch

fo

gro?e

endliche

Menge

von

S?tzen

glf

g2,...,

gm

?

nicht

eindeutig

eine

Hypothefe,

deren

Kontrollfolgen

die

g?

find.

Vielmehr

ordnen

die

g?

einer anf

atz

weife

eingef?hrten

Hypothefe

h einen beftimmten

?Bew?hrungsgrad"

?

diefe

Ausdrucksweife

vorbehaltlich

aller

oben

genannten

Einichr?nkungen

genommen

?

zu,

und

man

kann

nun

nach

einer

Hypotheie

iuehen,

die fich

an

den

g?

m?glichft

gut

bew?hrt.

Eindeutig

ift aber

diefer

?Auf

ftieg

von

der

Erfahrung

zur

Theorie"

keineswegs,

und die dabei

auftretenden

echt theoretiiehen

Momente

geh?ren

offenbar

dem

Zufammenhang

des

Nach?

pr?fungsproblems

an,

fo

da?

in

den

vorangehenden

Abfchnitten

auf

eine

ge?n?

derte

Behandlung

der

zweiten

Frage

verzichtet

werden

durfte.

Die

oben

vorgefchlagene

Deutung

des

ftatiftifehen Gehalts

einer

Wahrfcheinlichkeitsausfage gen?gt

den fr?her

entwickelten

Bedingun?

gen:

fie f?hrt die

formalen

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

in

S?tze

mit

empirifchem

Gehalt

?ber,

fie hat eine

finite

Form,

und

fie

nimmt

auf die

Axiome der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

in

keiner Weife

Bezug.

Aus dem zuletzt

genannten

Umft?nde

folgt

freilich

noch

nicht,

da? auch die ?Lehrf?tze"

(Formeln)

der formalen Wahrfcheinlich?

keitsrechnung,

die

ja gewiffe

Beziehungen

zwifchen

den

Wahrfchein?

lichkeitsausfagen

darftellen,

durch

die

vorgefchlagene Deutung

in

S?tze

mit

empirifchem

Gehalt

?bergef?hrt

werden: Die

Formel

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2S8

Carl

G.

Hempel

?p

V

p"

des

Ausfagenkalk?ls

z. B. wird durch eine inhaltliche Deu?

tung

der

Ausfagenvariablen

p

?

etwa:

?es

regnet

jetzt

hier"

?

in

einen Satz

ohne

empirifchen

Gehalt

?

?es

regnet

jetzt

hier

oder

es

regnet

jetzt

hier

nicht"

?

?bergef?hrt.

Ganz

entfprechend

k?nnten

auch

die

Formeln der

Wahricheinlichkeitsrechnung

durch

die

vorge

ichlagene

Deutung

in

analytiiche

S?tze

?bergef?hrt

werden.

?

Die?e

M?glichkeit

ift

nun

f?r

die

Lehri?tze

eines

beftimmten

eils der

formalen

Wahricheinlichkeitsrechnung

verwirklicht:

F?r

die

oben

erw?hnten,

von

R

e

i

ch

e

n

b

a

ch

angegebenen

Axiome der

Wahr?

icheinlichkeitsrechnung

l??t fich ein finit-arithmetifches Modell an?

geben.

Dies

kann

im

Prinzip

io

befchrieben werden:

n

fei

eine

be?

liebige

feile nat?rliche

Zahl,

xt, xt,...,

xn

feien reelle

Zahlen,

O

die

Menge

diefer

Zahlen,

Q

eine

Eigenfchaft,

die

einer reellen Zahl

mit

Sinn

zugefchrieben

oder

abgefprochen

werden

kann. Die

Wahr?

fcheinlichkeitsausfage

(O->Q)

deute

man nun

fo:

?Die

Anzahl

der

P

jenigen

Zahlen

xi

in

O,

die

die

Eigenfchaft

befitzen,

dividiert

durch die Gefamtzahl

n,

ift

gleich

p".

Diefe finit-ftatiftifcheeutung f?hrtdie R e ichen b a chfchen

Axiome f?mtlich

in

analytiiche

arithmetiiche

S?tze ?ber.

Wie

man

hieraus

unmittelbar

entnimmt,

gelten

die Axiome der Wahrichein?

lichkeitsrechnung

und

die

aus

ihnen ableitbaren

S?tze

alio

auch

ana?

lytiich

f?r

jede

endliche

abgeichloffen

vorliegende

Reihe

empirifcher

Beobachtungsdaten,

wenn

die

Wahricheinlichkeit

eines

Beobachtungs

ergebniffes

durch

feine relative

H?ufigkeit

innerhalb

der

ganzen

endlichen Reihe

definiert

wird.

(So

befagt

dann

etwa

das

in

Reichenbachs

Axiom

III,

i

formulierte

Additionstheorem,

an

einem Beifpiel erl?utert, nur dies: Wenn in einer endlichen Menge

von

W?rfel

w?rfen

20%

F?nferw?rfe

und

i4?/o

Sechferw?rfe

auf?

treten,

fo

treten

in

ihr

34%

W?rfe

mit

dem

Ergebnis

?f?nf

oder

fechs"

auf.

?

?hnliche

Betrachtungen

laffen

fich

f?r

jedes

andere

Axiom des

Syftems

durchf?hren.)

Wenn fich

die

Anwendung

der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

auf

F?lle

diefer

Art

befchr?nkte,

fo

w?re

auch

bei

finitiftifcher

Deutung

die inhaltlich

interpretierte

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

nur

ein

Syftem

analytifcher

S?tze und

nicht

eine Theorie

mit

empirifchem

Gehalt. Indeffen macht man in der empirifchen Wiffenfchaft einen

weitergehenden

Gebrauch

von

den

S?tzen der

Wahrfcheinlichkeits?

rechnung:

man

wendet

fie n?mlich

auch auf

folche

Datenreihen

an,

die nicht

fchon

mit allen

ihren

Elementen

abgeichloffen

vorliegen,

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?ber

den Gehalt

von

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

259

fondern,

wenngleich

endlich,

fo doch

?beliebig

erweiterbar" find.

Die

S?tze,

die

fich auf diefe

Weife

ergeben,

w?ren

analytifch,

wenn

die

relativen

H?ufigkeiten

aller

in

Betracht

gezogenen

EreignifiVbei

jeder

Verl?ngerung

der

ftatiftifehen Reihe

konftant

blieben;

dies

ift

nun

freilich

?

fchon

aus

Gr?nden

der

Arithmetik

?

nicht

immer

ftreng

m?glich;

aber die

?berlegung

zeigt

immerhin,

da?

die

ange?

n?herte

G?ltigkeit

der

finit-empirifch

interpretierten

Formeln

jeden?

falls

f?r

folche

empirifchen

olgen

gew?hrleiftet

ft,

n denen die

relativen

H?ufigkeiten

der unterfuchten

Ergebniffe

ann?hernd

kon?

ftant

bleiben;

in

diefer

Beziehung

ift

nun

der

empirifche

Gehalt

des?

jenigen

Teils der

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

angegeben,

den

Reichenbach

mit

den

oben

erw?hnten

Axiomen

pr?zifiert

hat.

Auch das

?Gefetz

der

gro?en

Zahlen",

deffen transfinite

Formu?

lierung

oben

(S.

237)

als

leer erwiefen

wurde,

bringt,

im Sinne

der

hier

vorgefchlagenen

finitiftifchen

Auffaffung interpretiert,

nur

die

Bedingung

der

n?herungsweifen

Konftanz

der

relativen

H?ufig?

keiten in

ftatiftifehen Reihen

zum

Ausdruck,

und

man

kann

daher

fagen:

In

jedem

Bereich

von

empirifchen

H?ufigkeitserfcheinungen,

f?r den das

finitiftifch verftandene

Gefetz der

gro?en

Zahlen

gilt,

gelten

auch

die

finitiftifch

interpretierten

S?tze

der Wahrfcheinlich?

keitsrechnung.

Wie

fr?her

(S. 240)

hervorgehoben,

laffen fich

aus

den

R

e

i

ch

e

n

-

b

a

ch

fehen

Axiomen

alle

diejenigen

S?tze

der

klaffifchen

Wahr?

fcheinlichkeitsrechnung

deduzieren,

die

in

der

Theorie

von

R.

v.

M

i

?

e

s

allein

aus

dem

Axiom

I,

aus

der

Forderung

der

Kon?

vergenz

der

relativen

H?ufigkeiten

in

den

betrachteten

Reihen,

ab?

leitbar find.

Nun

gibt

es aber eine Reihe von S?tzen ? hierunter

wichtige

S?tze

der klaffifchen

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

?

die

v.

M

i

f

e

s

unter

Hinzunahme der

Regellofigkeitsforderung

beweift.

Diefe

S?tze

gelten,

wie

R

e

i

ch

e n

b

a

ch

(?Axiomatik",

S.

^94

ff.)

zeigt,

im

Syftem

der

allgemeinen

formalen

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

nur

unter

beftimmten

Vorausfetzungen,

die

mit

den Axiomen

der

all?

gemeinen

Theorie

vertr?glich

find,

aber nicht

aus

diefen

folgen.

R

e

i

ch

e

n

b

a

ch

bezeichnet

ie

Klaffe

derjenigen

?tze,

die

aus

den

Axiomen

unter

jenen

zuf?tzlichen

Vorausfetzungen (es

ift im

weient?

liehen die

Geltung

des

iog.

?fpeziellen

Multiplikationstheorems")

ableitbar

find,

als

die

Theorie der

normalen

Folgen;

dieie

verh?lt

fich

zu

der

allgemeinen

formalen

Wahrfcheinlichkeitsrechnung

wie

etwa

eine

Theorie

der

gleichfeitigen

Dreiecke

zur

allgemeinen

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2

6o

Carl

G.

Hempel

Euklidifchen

Geometrie

(:

gleichzeitige

Dreiecke

gen?gen

beftimmten

einichr?nkenden

Vorausietzungen,

die mit

den Axiomen

der

Geo?

metrie

vertr?glich

find,

aber nicht auf

Grund der Axiome

allgemein

f?r

jedes

Dreieck

gelten).

?

Wie R

e

i

ch

e

n

b

a

ch

a. a.

O.

zeigt,

laffen

fich noch

verichiedene

andere

derartige

Spezialifierungen

feiner

allgemeinen

Theorie

durchf?hren.

Jedes

fo

zu

gewinnende

Spezialfyftem

wird

nun

durch die fini

tiftifch-empirifche

Deutung

der

Wahrfcheinlichkeitsausfagen

in eine

befondere empiriiche Wahricheinlichkeitstheorie ?bergef?hrt, die in?

deffen nicht mehr f?r

jeden

Bereich

empiriicher

Statiftik

gilt,

f?r

den

nur

das finitiftiich

interpretierte

Geietz

der

gro?en

Zahlen

er?

f?llt

ift. Welche

fpezielle

wahricheinlichkeitstheoretiiche

Struktur

ein beftimmter ftatiftiicher

Erfahrungsbereich

befitzt,

welche

ipezielle

Wahricheinlichkeitstheorie ?r ihn

gilt,

ift

jeweils

durch

empiriiche

Unterfuchungen

zu

enticheiden.

Eine

iolche

Enticheidung

fetzt

wiederum die

finitiftiiche

Deutung

der

Wahricheinlichkeitsausiagen

voraus.

Dieie

Deutung,

die oben

aus

dem Verfuch einer de?kriptiv-logi?chen Analyie des wiffenfchaft

lichen

Gebrauchs

der

Wahricheinlichkeitsausiagen

entwickelt

wurde,

erm?glicht

alio

erft

die

konfequente

Durchf?hrung

des

Leitgedankens

jeder

empiriftiich-ftatiftiichen

Theorie: Sie

weift den

Wahrichein?

lichkeitsausiagen

einen

empiriichen

Gehalt

zu

und

ordnet

fie damit

in

die

Gefamtheit der

empirifchen

S?tze

ein,

und

fie

erm?glicht

es

ferner,

die

Behandlung

des

Wahrfcheinlichkeitsproblems

im

Sinne

des

Programms

von

R.

v.

M

i ?

e s

mit

derjenigen

des

Geometrie?

problems

in Parallele

zu

ietzen.

Die

hier

durchgef?hrten

?ber?

legungen

fcheinen

mir

daher

im

Grunde nichts

anderes

zu

fein als

eine

Entwicklung

gewiffer

Konfequenzen

der

methodologiichen

Grundprinzipien

jeder

empirifchen

Deutung

des

Wahrfcheinlichkeits

begriffs.

Zufatz

bei

der

Korrektur.

Das

Manufkript

des

vorftehenden

Auf

fatzes

wurde

im

Oktober

1934

eingereicht.

Die

feitdem ver?ffentlichten

ein

fchl?gigen

Unterfuchungen,

als

deren

wichtigfte

mir

H.

Reichenbachs

?Wahr

fcheinlichkeitslehre"

Sijthoff,

Leiden,

1935)

und

K.

Poppers

?Logik

der

Forfchung" (Springer,

Wien,

1935)

erfcheinen,

find daher

nicht mehr

ber?ckfichtigt.

? Es fei hier nur noch bemerkt, da? m. E. die oben

(S. 242)

entwickelten Be?

denken

auch

gegen?ber

der

verfeinerten

Faffung

beftehen

bleiben,

die R

e

i ch

e n

-

b

a

ch feiner

Induktionstheorie

in

der

?Wahrfcheinlichkeitslehre"

gegeben

hat;

denn

in

diefer

fpielt

(vgl.

befonders

??79

und

80)

der

Limesbegriff

im

wefent?

lichen diefelbe

Rolle wie

in

der Induktionstheorie

der

?Axiomatik".