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Herbert Goldstein, Charles P. Poole, Jr.,

und John L. Safko

Klassische Mechanik

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Herbert Goldstein, Charles P. Poole, Jr., und John L. Safko

Klassische Mechanik

Dritte, vollstandig uberarbeitete und erweiterte Auflage

WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA

Die Autoren

Herbert Goldstein†

Charles P. Poole, Jr.

University of South Carolina, USA

John L. Safko

University of South Carolina, USA

Ubersetzung

Dr. Michael Bar

Originaltitel

Classical Mechanics/Herbert Goldstein,

Charles Poole, John Safko – Third Edition

c© 2002 Pearson Education, Inc.,

publishing as Addison Wesley, 1301

Sansome St., San Francisco, CA 94111.

All rights reserved.

Titelbild

Peter Hesse

3., vollst. uberarb. u. erweiterte Auflage 2006

Alle Bucher von Wiley-VCH werden sorgfaltigerarbeitet. Dennoch ubernehmen Autoren,Herausgeber und Verlag in keinem Fall, ein-schließlich des vorliegenden Werkes, fur dieRichtigkeit von Angaben, Hinweisen und Rat-schlagen sowie fur eventuelle Druckfehlerirgendeine Haftung.

Bibliografische InformationDer Deutschen BibliothekDie Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publi-

kation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet

uber <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

c© 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA,

Weinheim

Alle Rechte, insbesondere die der Ubersetzung in

andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses

Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des

Verlages in irgendeiner Form – durch Photokopie,

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zeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche

markiert sind.

Printed in the Federal Republic of Germany

Printed on acid-free paper

Satz Dr. Michael Bar, Wiesloch

Druck Strauss GmbH, Morlenbach

Bindung Litges & Dopf Buchbinderei GmbH,

Heppenheim

ISBN-13: 978-3-527-40589-3

ISBN-10: 3-527-40589-5

Klassische Mechanik. Herbert Goldstein, Charles P. Poole, Jr., John L. Safko.Copyright c©2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, WeinheimISBN: 3-527-40589-5

v

Inhaltsverzeichnis

Vorwort XI

1 Die grundlegenden Prinzipien 1

1.1 Die Mechanik von Massenpunkten 11.2 Die Mechanik eines Systems von Massenpunkten 51.3 Randbedingungen 121.4 Das Prinzip von d’Alembert und die Lagrange-Gleichungen 171.5 Geschwindigkeitsabhangige Potentiale und die Dissipationsfunktion 221.6 Einfache Anwendungen der Lagrange-Gleichungen 25

2 Variationsprinzipien und die Lagrange-Gleichungen 37

2.1 Das Hamilton-Prinzip 372.2 Methoden der Variationsrechnung 392.3 Herleitung der Lagrange-Gleichungen aus dem Hamiltonschen Prinzip 472.4 Die Erweiterung des Hamiltonschen Prinzips auf Systeme mit

Randbedingungen 482.5 Vorteile der Formulierung uber ein Variationsprinzip 542.6 Erhaltungssatze und Symmetrieeigenschaften 582.7 Die Energiefunktion und die Erhaltung der Energie 65

3 Zentralkrafte 75

3.1 Die Zuruckfuhrung auf das aquivalente Einkorperproblem 753.2 Die Bewegungsgleichungen und erste Integrale 773.3 Das aquivalente eindimensionale Problem und die Klassifikation von

Bahnen 813.4 Das Virialtheorem 883.5 Die Differentialgleichung fur die Bahn und integrierbare

Potenzpotentiale 913.6 Bedingungen fur geschlossene Bahnen (Theorem von Bertrand) 94

3.7 Das Keplerproblem: Ein 1/r2-Kraftgesetz 98

vi

3.8 Die zeitliche Bewegung im Keplerproblem 104

3.9 Der Laplace–Runge–Lenz-Vektor 109

3.10 Streuung in einem Zentralkraftfeld 112

3.11 Transformation des Streuproblems auf Laborkoordinaten 121

3.12 Das Dreikorperproblem 127

4 Kinematik starrer Korper 143

4.1 Die unabhangigen Koordinaten eines starren Korpers 143

4.2 Orthogonale Transformationen 148

4.3 Die formalen Eigenschaften der Transformationsmatrix 153

4.4 Die Eulerschen Winkel 159

4.5 Cayley–Klein-Parameter und verwandte Großen 164

4.6 Das Eulersche Theorem uber die Bewegung eines starren Korpers 165

4.7 Endliche Drehungen 172

4.8 Infinitesimale Drehungen 173

4.9 Die zeitliche Anderung eines Vektors 182

4.10 Der Coriolis-Effekt 185

5 Die Bewegungsgleichungen starrer Korper 197

5.1 Drehimpuls und kinetische Energie der Bewegung um einen Punkt 197

5.2 Tensoren 202

5.3 Der Tragheitstensor und das Tragheitsmoment 204

5.4 Die Eigenwerte des Tragheitstensors und dieHauptachsentransformation 208

5.5 Die Bewegung starrer Korper und die EulerschenBewegungsgleichungen 212

5.6 Die Bewegung starrer Korper in Abwesenheit von Drehmomenten 214

5.7 Der schwere symmetrische Kreisel mit einem festgehaltenen Punkt 223

5.8 Die Prazession der Aquinoktien und der Bahnen von Satelliten 238

5.9 Die Prazession geladener Korper in einem Magnetfeld 245

6 Schwingungen 257

6.1 Die Formulierung des Problems 257

6.2 Die Eigenwertgleichung und die Hauptachsentransformation 260

6.3 Die Frequenzen der freien Schwingung und Normalkoordinaten 269

6.4 Freie Schwingungen eines linearen dreiatomigen Molekuls 273

6.5 Erzwungene Schwingungen und die Wirkung dissipativer Krafte 279

6.6 Das gedampfte angeregte Pendel und Josephson-Kontakte 285

vii

7 Klassische Mechanik der speziellen Relativitatstheorie 299

7.1 Die grundlegenden Postulate der speziellen Relativitatstheorie 3017.2 Die Lorentz-Transformationen 3047.3 Addition von Geschwindigkeiten und Thomas-Prazession 3067.4 Vektoren und der metrische Tensor 3107.5 1-Formen und Tensoren 3147.6 Krafte in der speziellen Relativitatstheorie; Elektromagnetismus 3227.7 Relativistische Kinematik von Stoßen und Vielteilchensysteme 3267.8 Der relativistische Drehimpuls 3357.9 Die Lagrange-Formulierung der relativistischen Mechanik 3387.10 Kovariante Lagrange-Formulierungen 3447.11 Einfuhrung in die allgemeine Relativitatstheorie 350

8 Die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen 363

8.1 Legendre-Transformationen und die HamiltonschenBewegungsgleichungen 363

8.2 Zyklische Koordinaten und Erhaltungssatze 3738.3 Das Routh-Verfahren 3778.4 Die Hamiltonsche Formulierung der relativistischen Mechanik 3798.5 Ableitung der Hamiltonschen Gleichungen aus einem

Variationsprinzip 3848.6 Das Prinzip der kleinsten Wirkung 387

9 Kanonische Transformationen 401

9.1 Die Gleichungen der kanonischen Transformation 4019.2 Beispiele kanonischer Transformationen 4089.3 Der harmonische Oszillator 4119.4 Die symplektische Formulierung kanonischer Transformationen 4159.5 Poisson-Klammern und kanonische Invarianten 4229.6 Bewegungsgleichungen, infinitesimale kanonische Transformationen und

Erhaltungssatze 4319.7 Die Poissonschen Klammerbeziehungen fur den Drehimpuls 4439.8 Die Symmetriegruppen mechanischer Systeme 4479.9 Das Theorem von Liouville 454

10 Hamilton–Jacobi-Theorie und Wirkungs- und Winkelvariablen 467

10.1 Die Hamilton–Jacobi-Gleichung fur die HamiltonscheWirkungsfunktion 467

10.2 Der harmonische Oszillator als Beispiel fur dieHamilton–Jacobi-Methode 472

10.3 Die Hamilton–Jacobi-Gleichung fur die charakteristischeHamilton-Funktion 477

viii

10.4 Separation der Variablen in der Hamilton–Jacobi-Gleichung 48110.5 Ignorable Variablen und das Kepler-Problem 48310.6 Wirkungs- und Winkelvariablen in Systemen mit einem Freiheitsgrad 48910.7 Wirkungs- und Winkelvariablen in vollstandig separierbaren

Systemen 49510.8 Das Kepler-Problem in Wirkungs- und Winkelvariablen 505

11 Klassisches Chaos 523

11.1 Periodische Bewegungen 52411.2 Storungen und das Kolmogorov–Arnold–Moser-Theorem 52811.3 Attraktoren 53011.4 Chaotische Trajektorien und Liapunov-Exponenten 53111.5 Poincare-Abbildungen 53611.6 Das Henon–Heiles-System 53811.7 Bifurkationen, der gedampfte angeregte Oszillator und parametrische

Resonanz 54811.8 Die logistische Gleichung 55211.9 Fraktale und Dimensionalitat 559

12 Kanonische Storungstheorie 571

12.1 Einfuhrung 57112.2 Zeitabhangige Storungstheorie 57212.3 Anwendungen der zeitabhangigen Storungstheorie 57812.3.1 Die Periode eines ebenen Pendels mit endlicher Amplitude 57812.3.2 Die Storung eines gebundenen Kepler-Problems durch eine

Zentralkraft 581

12.3.3 Die Prazession der Aquinoktien und der Bahnen von Satelliten 58412.4 Zeitunabhangige Storungstheorie 58712.5 Adiabatische Invarianten 595

13 Die Hamiltonsche und Lagrangesche Formulierung furkontinuierliche Systeme und Felder 605

13.1 Der Ubergang von einem diskreten zu einem kontinuierlichen System 60513.2 Der Lagrange-Formalismus fur kontinuierliche Systeme 60813.3 Der Spannungs–Energie-Tensor und Erhaltungssatze 61413.4 Die Hamiltonsche Formulierung 62013.5 Relativistische Feldtheorie 62513.6 Beispiele fur relativistische Feldtheorien 63113.6.1 Ein komplexes Skalarfeld 63113.6.2 Die Sinus-Gordon-Gleichung und das assoziierte Feld 63413.6.3 Das elektromagnetische Feld 63613.7 Das Noether-Theorem 638

ix

A Euler-Winkel und Cayley–Klein-Parameter in verschiedenenKonventionen 651

A.1 Die y-Konvention 651A.2 Die xyz-Konvention 653

B Gruppen und Algebren 657

B.1 Eigenschaften von Gruppen 657B.2 Darstellung von Gruppen 660B.3 Lie-Gruppen und Lie-Algebren 664B.4 Clifford-Algebren 666B.5 Die gruppentheoretische Klassifikation von Elementarteilchen 667

Index 677

Klassische Mechanik. Herbert Goldstein, Charles P. Poole, Jr., John L. Safko.Copyright c©2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, WeinheimISBN: 3-527-40589-5

xi

Vorwort

Die erste Auflage dieses Buchs erschien im Jahr 1950 und wurde so begeistert auf-genommen, dass schon im Folgejahr ein Nachdruck notig wurde. Uber die nachstendrei Jahrzehnte behauptete es seine Position als Standardlehrbuch fur die Einfuhrungin die Theoretische Mechanik fur Physiker in der ganzen Welt. Dreißig Jahre nach derErstauflage, im Jahr 1980, erschien die zweite Auflage, die eine vollige Uberarbeitungder ersten Auflage bedeutete. Das Vorwort zu dieser zweiten Auflage enthielt den Satz

”Ich habe versucht, die Vorzuge der ersten Auflage so weit wie moglich zu erhaltenund dabei gleichzeitig die Veranderungen des Fachs selbst und der Lehrinhalte an denUniversitaten zu berucksichtigen und Anwendungen auf andere Gebiete aufzuneh-men“. Diese Philosophie liegt auch der vorliegenden dritten Auflage zugrunde, diewiederum mehr als zwanzig Jahre nach der zweiten Auflage entstand.

In der zweiten Auflage kam ein Kapitel uber Storungstheorie neu hinzu und dieAnordnung des Kapitels uber kleine Schwingungen wurde geandert. Außerdem wur-den viele neue Themen aufgenommen, wodurch sich der Umfang des Buches starkerhohte. In der vorliegenden Auflage ist ein weiteres Kapitel uber nichtlineare Dyna-mik bzw. Chaos hinzugekommen, dafur wurden mehrere der anderen Kapitel sowiedie Anhange und das Literaturverzeichnis gekurzt und die lange Liste der Symboleganz entfernt. Die vorliegende Auflage ist daher vom Umfang her vergleichbar mitder vorangegangenen.

In dem Kapitel uber die Relativitatstheorie haben wir den komplexen Minkowski-Raum zugunsten der moderneren reellen Metrik aufgegeben. Obwohl uns die kom-plexe Formulierung am Herzen liegt, uberwog letztlich doch der Wunsch, Studentenin der klassischen Mechanik so gut wie moglich auszubilden und ihnen den Weg inandere Gebiete der Physik wie beispielsweise die Feldtheorie oder die AllgemeineRelativitatstheorie zu offnen, uber unsere personlichen Praferenzen. In diesem Kapi-tel fuhren wir einige moderne Schreibweisen wie 1-Formen, Abbildungen und dasKeilprodukt ein.

Das Kapitel uber Chaos war eine notwendige Erganzung, da das aktuelle Interessean der nichtlinearen Dynamik inzwischen einen wesentlichen Anteil an den Anwen-dungen der klassischen Mechanik ausmacht. Die Mehrzahl der Aufgabenstellungender klassischen Mechanik und ihrer praktischen Anwendungen enthalt Nichtlinea-

xii Vorwort

ritaten, und es ist fur Studenten daher heute unerlasslich, eine Vorstellung von derKomplexitat dieser Probleme und den neuen Eigenschaften eines Systems zu haben,die dort auftreten konnen. Auch die Rolle der fraktalen Dimension fur chaotischesVerhalten ist hervorzuheben.

Im gesamten Buch wurden neue Abschnitte hinzugefugt, mit anderen zusammen-gezogen oder entfernt, wobei die Kurzungen meist durch den Wunsch motiviert wa-ren, den Umfang des Buchs nicht uber den der zweiten Auflage hinaus ansteigen zulassen. Ein Abschnitt uber die exakten Eulerschen und Lagrangeschen Losungen desDreikorperproblems wurde neu aufgenommen.

In mehreren Fallen haben wir Grafiken hinzugefugt, um Losungen zu veranschau-lichen. Das gedampfte angetriebene Pendel wird als Beispiel diskutiert, um die Funk-tionsweise von Josephson-Kontakten zu erklaren. Der symplektische Ansatz wird ver-deutlicht, indem einige der Matrizen explizit ausgeschrieben werden. Der harmoni-sche Oszillator wird nun auch in der anisotropen Variante und in Polarkoordinatendiskutiert. Das abschließende Kapitel uber Kontinua und Felder ist nun in der moder-nen Schreibweise formuliert, die in dem Kapitel uber die Relativitatstheorie eingefuhrtwurde. Die Bedeutung der zweidimensionalen speziellen unitaren Gruppe SU(2) undder dreidimensionalen speziellen orthogonalen Gruppe SO(3) werden in einer moder-neren Notation diskutiert, und ein Anhang uber Gruppen und Matrizen wurde aufge-nommen. Einige Tabellen wurden hinzugefugt, um die Eigenschaften von Ellipsen,Vektoren, Vektorfeldern, 1-Formen und kanonischen Transformationen sowie die Be-ziehungen zwischen der Raumzeit und symplektischen Ansatzen zu erlautern.

Einige der neuen Elemente und Ansatze in dieser dritten Auflage waren bereitsim Vorwort zur zweiten Auflage als mogliche Erweiterungen angesprochen worden,beispielsweise die Eigenschaften der Gruppentheorie, Tensoren in nichteuklidischenRaumen oder neuere mathematische Methoden der theoretischen Physik wie Man-nigfaltigkeiten. Die Anmerkung ”Ein fehlendes Thema, das dennoch Aufmerksamkeitverdient, sind nichtlineare Schwingungen und Fragen der Stabilitat“ hat ihren Nie-derschlag nun in dem neuen Kapitel 11 uber klassisches Chaos gefunden. Wir habenlange diskutiert, ob wir dieses Kapitel hinter die Storungstheorie stellen sollen, wohines logisch gehoren wurde, oder vor die Storungstheorie, wo es in den Vorlesungeneher behandelt werden wird; letztlich haben wir uns fur die zweite Moglichkeit ent-schieden.

Das mathematische Niveau dieser Auflage ist etwa so hoch wie das der beiden vor-hergehenden. Einige Elemente der mathematischen Physik wie die Diskussion hermi-tescher und unitarer Matrizen haben wir herausgenommen, da sie ihren Platz eher inder Quantenmechanik als in der klassischen Mechanik haben; wenig benutzte Kon-zepte wie die Dyaden wurden ebenfalls weggelassen. Die Beschreibung von Potenz-gesetzen fur Potentiale, der Cayley–Klein-Parameter, des Routh-Verfahrens, der zei-tunabhangigen Storungstheorie und des Energie–Impuls-Tensors wurde gekurzt. DieAufgaben am Ende der jeweiligen Kapitel wurden in ”Theoretische Aufgaben“ und

”Rechenaufgaben“ unterteilt und wesentlich erweitert.

Vorwort xiii

Wir danken besonders Michael A. Unseren und Forrest M. Hoffman vom OakRidge National Laboratory fur ihre Zusammenstellung von Fehlern in der zweitenAuflage, die sie im Internet veroffentlichten. Wir hoffen, dass uns in dieser neuenAuflage nicht allzu viele neue Fehler unterlaufen sind. Wir danken unseren Studenten,die mit diesem Buch arbeiten und die eine Reihe von Vorschlagen gemacht haben,die wir im Manuskript berucksichtigen konnten. Professor Thomas Sayetta und MikeSchuette haben hilfreiche Kommentare zu dem Kapitel uber Chaos beigesteuert, undProfessor Joseph Johnson und James Knight haben geholfen, unsere Gedanken zuLie-Algebren zu ordnen. Die folgenden Kollegen haben das Manuskript gelesen undhaben viele wichtige Vorschlage fur Verbesserungen gemacht: Yoram Alhassid (YaleUniversity), Dave Ellis (University of Toledo), John Gruber (San Jose State Univer-sity), Thomas Handler (University of Tennessee), Daniel Hong (Lehigh University),Kara Keeter (Idaho State University), Carolyn Lee und Yannick Meurice (Universityof Iowa), Daniel Marlow (Princeton University), Julian Noble (University of Virginia),Muhammad Numan (Indiana University of Pennsylvania), Steve Ruden (University ofCalifornia, Irvine), Jack Semura (Portland State University), Tammy Ann Smecker-Hane (University of California, Irvine), Daniel Stump (Michigan State University),Robert Wald (University of Chicago), Doug Wells (Idaho State University).

Wir danken E. Barreto, P. M. Brown, C. Chien, C. Chou, F. Du, R. F. Gans, I.R. Gatland, C. G. Gray, E. J. Guala, Jr., S. Gutti, D. H. Hartmann, M. Horbatsch,J. Howard, K. Jagannathan, R. Kissmann, L. Kramer, O. Lehtonen, N. A. Lemos, J.Palacios, R. E. Reynolds, D. V. Sathe, G. T. Seidler, J. Suzuki, , A. Tenne-Sens, J.Williams und T. Yu fur Hinweise auf Fehler in den vorhergehenden Ausgaben. Wirdanken außerdem Martin Tiersten fur Hinweise auf Fehler in den Abbildungen 3.7und 3.13 in den fruheren Auflagen und den ersten Drucken dieser Auflage.

Es war fur zwei von uns (CPP und JLS) eine große Ehre, funfzig Jahre nach derersten Publikation dieses Klassikers als Koautoren an der dritten Auflage beteiligtsein zu durfen. Wir haben dieses Buch bewundert, seit wir die klassische Mechanikwahrend unserer Zeit als Doktoranden (CPP 1953 und JSL 160) aus der ersten Auflagelernen durften, und wir haben dieses Werk in vielen Jahren der Lehre in allen seinenAusgaben immer wieder verwendet. Es ist das Verdienst von Herbert Goldstein, einensolchen Meilenstein der Physikliteratur geschrieben und uber Jahre immer wieder ak-tualisiert und verbessert zu haben.

Abschließend wollen wir unseren Dank und unsere Wertschatzung mit den Wortendes Psalms 19,1 zum Ausdruck bringen:

O‘ι o ’vρανoι διηγovνται δoξαν Θεov

Im Juli 2002

Flushing, New YorkColumbia, South CarolinaColumbia, South Carolina

Herbert GoldsteinCharles P. Poole, Jr.John L. Safko

Klassische Mechanik. Herbert Goldstein, Charles P. Poole, Jr., John L. Safko.Copyright c©2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, WeinheimISBN: 3-527-40589-5

1

1Die grundlegenden Prinzipien

Die Bewegung fester Korper war eines der fruhesten Gebiete, dem sich die Pionie-re der Physik widmeten. Aus ihren Untersuchungen entwickelte sich ein weites Feld,das heute als analytische Mechanik oder Dynamik oder einfach als Mechanik bekanntist. Im zwanzigsten Jahrhundert entstand die Bezeichnung ”klassische Mechanik“ inAbgrenzung zu neueren physikalischen Theorien, insbesondere der Quantenmecha-nik. Wir werden diesem Gebrauch folgen, werden dabei aber den Teil der Mechanik,der aus der speziellen Relativitatstheorie folgt, mit einschließen. Die Absicht diesesBuches ist, die Struktur der klassischen Mechanik zu entwickeln und einige ihrer An-wendungen vorzustellen, die in der modernen Physik von Interesse sind.

Grundlage jeder Darstellung der Mechanik sind physikalische Konzepte wieRaum, Zeit, Gleichzeitigkeit, Masse und Kraft. Im uberwiegenden Teil des Bucheswerden diese Begriffe nicht kritisch hinterfragt, sondern vielmehr als undefinierte,aber dem Leser vertraute Begriffe vorausgesetzt.

1.1Die Mechanik von Massenpunkten

Mit rrr wollen wir den Vektor eines Massenpunkts vom Koordinatenursprung aus ge-rechnet bezeichnen, mit vvv entsprechend seine vektorielle Geschwindigkeit, die als

vvv =drrrd t

(1.1)

definiert ist. Der lineare Impuls (oder einfach Impuls) ppp ist als Produkt der Masse undder Geschwindigkeit des Massenpunkts definiert,

ppp = mvvv . (1.2)

Durch Wechselwirkungen mit anderen Objekten oder Feldern konnen verschiedeneKrafte auf einen Massenpunkt einwirken, beispielsweise Gravitationskrafte oder elek-tromagnetische Krafte. Die Vektorsumme aller Krafte auf den Massenpunkt ergibt dieGesamtkraft FFF .

Die Mechanik eines solchen Massenpunkts wird durch das zweite Newtonsche Axi-om beschrieben, wonach die Bewegung des Massenpunkts in einem geeigneten Be-

2 1 Die grundlegenden Prinzipien

zugssystem durch die Differentialgleichung

FFF =dpppd t

≡ .p.p.p (1.3)

oder

FFF =dd t

(mvvv) (1.4)

beschrieben wird.In den meisten Fallen ist die Masse des Massenpunkts konstant, sodass sich Gl.

(1.1) auf

FFF = mdvvvd t

= maaa (1.5)

reduziert, wobei aaa die Beschleunigung des Massenpunkts ist, die durch

aaa =d2rrrd t2 (1.6)

definiert ist. Die Bewegungsgleichung ist somit eine Differentialgleichung zweiterOrdnung, wenn wir annehmen, dass FFF nicht von hoheren Ableitungen abhangt.

Ein Bezugssystem, in welchem Gl. (1.3) gilt, heißt Inertialsystem oder GalileischesSystem. Selbst innerhalb der klassischen Mechanik ist das Konzept eines Inertialsys-tems eine Idealisierung. Meist ist es aber moglich, ein Koordinatensystem zu wahlen,das dieser Idealisierung hinreichend nahe kommt. In vielen Fallen ist ein mit der Erdeverbundenes Bezugssystem (Laborsystem) bereits eine hinreichende Annaherung anein Inertialsystem; in der Astronomie ist es jedoch gelegentlich notig, ein Inertialsys-tem durch Bezug auf entfernte Galaxien zu konstruieren.

Viele der wichtigen Ergebnisse der Mechanik konnen in Form von Erhal-tungssatzen ausgedruckt werden, die angeben, unter welchen Bedingungen bestimmtemechanische Großen zeitlich unveranderlich sind. Gleichung (1.3) liefert direkt denersten solchen Erhaltungssatz, den

Impulserhaltungssatz: Wenn die Gesamtkraft FFF verschwindet, ist .p.p.p = 0und der lineare Impuls ppp bleibt erhalten.

Der Drehimpuls eines Massenpunkts um einen Punkt O wird mit LLL bezeichnet; erist durch

LLL = rrr× ppp (1.7)

definiert, wobei rrr der Radiusvektor von O zu dem Massenpunkt ist; dabei ist die Rei-henfolge der Faktoren im Vektorprodukt von Bedeutung. Das Drehmoment um O istals

NNN = rrr×FFF (1.8)

1.1 Die Mechanik von Massenpunkten 3

definiert. Die zu Gl. (1.3) analoge Gleichung fur NNN erhalten wir, indem wir das Vek-torprodukt von rrr mit Gl. (1.4) bilden,

rrr×FFF = NNN = rrr× dd t

(mvvv) . (1.9)

Mithilfe der Vektoridentitat

dd t

(rrr×mvvv) = vvv ×mvvv + rrr× dd t

(mvvv) , (1.10)

in welcher der erste Term auf der rechten Seite offensichtlich verschwindet, kannGl. (1.9) als

NNN =dd t

(rrr×mvvv) =dLLLd t

≡ .L.

L.

L (1.11)

geschrieben werden. Dabei hangen sowohl NNN als auch LLL von dem Punkt O ab, auf densie bezogen sind.

Genau wie Gl. (1.1) liefert auch die Drehimpulsgleichung (1.11) einen Erhaltungs-satz, und zwar den

Drehimpulserhaltungssatz: Wenn das Gesamt-Drehmoment NNN null ist,dann gilt

.L.

L.

L = 0 und der Drehimpuls LLL bleibt erhalten.

Als nachstes betrachten wir die Arbeit, die eine außere Kraft FFF bei der Bewegungvon einem Punkt 1 zu einem Punkt 2 an einem Massenpunkt leistet. Sie ist definiti-onsgemaß gleich

W12 =Z 2

1FFF .dsss . (1.12)

Fur konstante Masse (was wir im Folgenden stets annehmen werden, sofern nichtausdrucklich etwas anderes gesagt wird) reduziert sich das Integral in Gl. (1.12) auf

ZFFF .dsss = m

Z dvvvd t

.vvv d t =m2

Z dd t

(v2) d t ,

und damit wird

W12 =m2(v2

2 −v21)

. (1.13)

Die skalare Große mv2/2 nennt man die kinetische Energie des Massenpunkts undbezeichnet sie mit T , sodass die geleistete Arbeit gleich der Anderung der kinetischenEnergie ist,

W12 = T2 −T1 . (1.14)

Wenn das Kraftfeld so beschaffen ist, dass die Arbeit W12 fur jeden physikalischmoglichen Weg zwischen 1 und 2 identisch ist, so bezeichnet man die Kraft (und das

4 1 Die grundlegenden Prinzipien

System) als konservativ. Eine alternative Beschreibung eines solchen Systems erhaltman, wenn man sich vorstellt, dass der Massenpunkt auf einem beliebigen Weg vonPunkt 1 nach Punkt 2 gelangt und danach auf einem anderen Weg wieder zu Punkt 1zuruckkehrt. Wegen der Wegunabhangigkeit von W12 folgt sofort, dass die Arbeit, dieentlang eines solchen geschlossenen Weges geleistet wird, null sein muss,

IFFF .dsss = 0 . (1.15)

Offensichtlich kann ein System nicht konservativ sein, wenn Reibungs- oder andereDissipationskrafte vorhanden sind, denn F .dsss ist fur Reibungskrafte stets positiv, unddas Integral kann daher nicht verschwinden.

Nach einem Theorem aus der Vektoranalysis ist eine notwendige und hinreichendeBedingung dafur, dass die Arbeit W12 unabhangig vom Weg ist, den der Massenpunktnimmt, wenn FFF als Gradient einer skalaren Funktion des Ortes geschrieben werdenkann,

FFF = −∇V (rrr) , (1.16)

wobei V Potential oder potentielle Energie genannt wird. Die Existenz von V kannintuitiv begrundet werden. Wenn W12 unabhangig vom Integrationsweg zwischen denPunkten 1 und 2 sein soll, dann sollte es moglich sein, W12 als Anderung einer Großeauszudrucken, die alleine von den beiden Endpunkten abhangt. Diese Große soll mit−V bezeichnet werden, sodass fur ein differentielles Wegstuck die Beziehungen

FFF .dsss = −dV

oder

Fs = −∂V∂s

gelten, die aquivalent zu Gl. (1.16) sind. Dabei kann man in Gl. (1.16) zu V noch einebeliebige raumlich konstante Große addieren, ohne die Ergebnisse zu beeinflussen.Die Wahl des Nullpunkts von V ist folglich beliebig.

Die durch die Krafte in einem konservativen System geleistete Arbeit ist

W12 = V1 −V2 . (1.17)

Durch Kombination der Gln. (1.17) und (1.14) ergibt sich

T1 +V1 = T2 +V2 . (1.18)

Das ist – in der Sprache der Mathematik ausgedruckt – der

Energieerhaltungssatz fur einen Massenpunkt: Wenn auf einen Massen-punkt nur konservative Krafte wirken, dann bleibt seine GesamtenergieT +V erhalten.

1.2 Die Mechanik eines Systems von Massenpunkten 5

Die auf einen Massenpunkt wirkende Kraft kann manchmal durch den Gradien-ten einer skalaren Funktion gegeben sein, die explizit sowohl von der Position desMassenpunkts als auch von der Zeit abhangt. Die Arbeit

FFF .dsss = −∂V∂s

ds ,

die in diesem Fall an dem Massenpunkt verrichtet wird, wenn er die Strecke dszurucklegt, ist dann nicht mehr durch die Anderung −V zwischen Anfangs- und End-punkt gegeben, da sich V wahrend der Bewegung des Massenpunkts verandert. Somitkann die verrichtete Arbeit nicht mehr als Differenz der Funktion V an diesen Punk-ten ausgedruckt werden. Obwohl eine Gesamtenergie T +V immer noch definiert seinkann, bleibt sie wahrend der Bewegung des Massenpunkts nicht erhalten.

1.2Die Mechanik eines Systems von Massenpunkten

Wenn wir die Gedanken aus dem vorigen Abschnitt auf ein System aus vielen Mas-senpunkten verallgemeinern wollen, so mussen wir zwischen außeren Kraften unter-scheiden, die außerhalb des Systems entstehen und von außen auf die Massenpunktewirken, und inneren Kraften, die die Wirkung aller anderen Massenpunkte im Systemauf (beispielsweise) den i-ten Massenpunkt beschreiben. Somit ist die Bewegungs-gleichung (zweites Newtonsches Axiom) fur den i-ten Massenpunkt

∑j

FFFji +FFF (e)i = .pppi , (1.19)

wobei FFF (e)i fur eine außere Kraft steht und FFFji die innere Kraft des j-ten auf den i-ten

Massenpunkt ist (FFFii ist offensichtlich null). Wir nehmen an, dass die FFFji (ebenso wie

die FFF (e)i ) Newtons drittem Axiom in seiner ursprunglichen Fassung gehorchen, dass

die Krafte, die zwei Teilchen aufeinander ausuben, gleich groß und entgegengesetztgerichtet sind. Diese Annahme (die im ubrigen nicht fur alle Arten von Kraften gilt)wird manchmal das schwache Wechselwirkungsprinzip genannt.

Wenn wir uber alle Massenpunkte summieren, so erhalten wir aus Gl. (1.18)

d2

d t2 ∑i

mirrri = ∑i

FFF (e)i + ∑

i�= jFFFji . (1.20)

Die erste Summe auf der rechten Seite ist gerade die gesamte außere Kraft FFF (e). Derzweite Term verschwindet, da das Wechselwirkungsprinzip besagt, dass jedes Paar-summe FFFji + FFFij null ist. Um die linke Seite zu vereinfachen, definieren wir einenVektor RRR als Mittelwert der mit ihren jeweiligen Massen gewichteten Ortsvektorender Massenpunkte,

RRR = ∑mirrri

∑mi= ∑mirrri

M. (1.21)

6 1 Die grundlegenden Prinzipien

Abbildung 1.1 Der Schwerpunkt eines Systems von Massenpunkten.

Der Vektor RRR definiert den Schwerpunkt des Systems (Abb. 1.1). Mit dieser Definitionreduziert sich Gl. (1.19) auf

Md2

d t2 = ∑i

FFF (e)i ≡ FFF (e) (1.22)

Diese Gleichung besagt, dass sich der Schwerpunkt bewegt, als ob die gesamte außereKraft auf die gesamte Masse des Systems wirkt, die im Schwerpunkt konzentriert ist.Innere Krafte haben deshalb – sofern sie das dritte Newtonsche Axiom befolgen –keinen Einfluss auf die Bewegung des Schwerpunkts. Ein oft verwendetes Beispielist die Bewegung einer explodierenden Granate; der Schwerpunkt ihrer Bruchstuckebewegt sich so, als ware die Granate noch ein einziges Stuck (unter Vernachlassigungdes Luftwiderstands). Dasselbe Prinzip kommt auch bei Dusen- oder Raketenantrie-ben ins Spiel. Damit die Bewegung des Schwerpunkts konstant bleibt, muss der mithoher Geschwindigkeit erfolgende Ausstoß der Abgase durch die Vorwartsbewegungdes Flugkorpers ausgeglichen werden.

Nach Gl. (1.20) ist der gesamte Impuls des Systems

PPP = ∑midrrri

d t= M

dRRRd t

(1.23)

gleich der Gesamtmasse des Systems multipliziert mit der Geschwindigkeit desSchwerpunkts. Fur die Bewegung des Schwerpunkts, Gl. (1.22), gilt folglich die

Impulserhaltung fur ein System von Massenpunkten: Wenn keine resultie-rende außere Kraft auf ein System wirkt, so bleibt der Impuls erhalten.

Um den Gesamtdrehimpuls des Systems zu berechnen, mussen wir das Vektor-produkt rrri × pppi bilden und uber i summieren. Wenn wir das fur Gl. (1.19) tun, dannerhalten wir mithilfe der Identitat aus Gl. (1.10)

∑i(rrri × .pppi) = ∑

i

dd t

(rrri × pppi) =.

LLL = ∑i

rrri ×FFF (e)i + ∑

i�= jrrri ×FFFji . (1.24)

1.2 Die Mechanik eines Systems von Massenpunkten 7

Abbildung 1.2 Der Vektor rrrij zwischen zwei Massenpunkten i und j.

Wenn wir nun noch berucksichtigen, dass Aktion gleich Reaktion ist (Wechselwir-kungsprinzip), konnen wir den letzten Term auf der rechten Seite von Gl. (1.24) alsSumme von Paaren der Form

rrri ×FFFji + rrrj ×FFFij = (rrrj − rrri)×FFFji (1.25)

auffassen. Da rrri − rrrj der Vektor rrrij von j nach i ist (vgl. Abb. 1.2), konnen wir dierechte Seite von Gl. (1.25) auch als

rrrij ×FFFij

schreiben. Wenn die (entgegengesetzt gleichen) Krafte zwischen zwei Teilchen ent-lang der Verbindungslinie der beiden Teilchen wirken – eine Bedingung, die unterder Bezeichnung starkes Wechselwirkungsprinzip bekannt ist – dann verschwindenalle diese Vektorprodukte. Die Summe uber die Paare ist dann null und wir konnenGl. (1.24) in der Form

dLLLd t

= NNN(e) (1.26)

schreiben: Die zeitliche Ableitung des Gesamtdrehimpulses ist gleich dem Momentder außeren Kraft an dem betrachteten Drehpunkt. In Worten ergibt sich aus Gl. (1.26)die

Erhaltung des Gesamtdrehimpulses: LLL ist zeitlich konstant, wenn das an-gewendete (außere) Drehmoment null ist.

(Es ist wichtig, zu betonen, dass dies ein Vektortheorem ist, d.h. LLLz bleibt erhalten,wenn N(e)

z null ist, selbst wenn N(e)x und/oder N(e)

y von null verschieden sind.)Die Drehimpulserhaltung in Abwesenheit außerer Krafte gilt nur, wenn das schwa-

che Wechselwirkungsprinzip erfullt ist. Die Drehimpulserhaltung in Abwesenheitaußerer Drehmomente gilt, wenn das starke Wechselwirkungsprinzip erfullt ist – wenn

8 1 Die grundlegenden Prinzipien

Abbildung 1.3 Die bei der Verschiebung des Bezugspunktes fur denDrehimpuls auftretenden Vektoren.

die auftretenden Krafte also alle Zentralkrafte sind. Viele der ublicherweise vorkom-menden physikalischen Krafte, beispielsweise die Gravitation, erfullen diese letzteBedingung. Es gibt aber auch Krafte, fur die zwar Aktion gleich Reaktion gilt, die abertrotzdem keine Zentralkrafte sind. In einem System, das bewegte Ladungen enthalt,verletzen die durch das Gesetz von Biot–Savart berechneten Krafte beide Variantendes Wechselwirkungsprinzips1. Die Gln. (1.22) und (1.26) sowie die entsprechendenErhaltungssatze sind dann nicht anwendbar, jedenfalls nicht in der hier angegebenenForm. In der Regel ist es in diesen Fallen aber moglich, eine geeignete Verallgemei-nerung von PPP bzw. LLL zu definieren, die erhalten bleibt. So bleibt in einem isoliertenSystem aus bewegten Ladungen die Summe des mechanischen und des elektromagne-tischen ”Drehimpulses“ des Feldes erhalten.

Gleichung (1.23) besagt, dass der Gesamtimpuls eines Systems gleich dem Impulsist, den man erhalt, wenn die gesamte Masse im Schwerpunkt konzentriert ist und sichmit diesem bewegt. Der entsprechende Satz fur den Drehimpuls ist komplizierter. DerGesamtdrehimpuls des Systems bezogen auf den Koordinatenursprung O ist

LLL = ∑i

rrri × pppi .

Wir bezeichnen den Vektor vom Punkt O zum Schwerpunkt des Systems mit RRR undden Vektor vom Schwerpunkt zum i-ten Massenpunkt mit rrr′i . Dann ist (siehe Abb. 1.3)

rrri = rrr′i +RRR (1.27)

und

vvvi = vvv ′i + vvv ,

1) Wenn sich zwei Ladungen gleichformig bewe-gen und ihre Geschwindigkeitsvektoren paral-lel, aber nicht senkrecht zur Verbindungslinieder beiden Ladungen sind, so sind die Kraftezwischen ihnen entgegengesetzt gleich, zeigenaber nicht entlang ihrer Verbindungslinie.

Wenn sich zwei Ladungen entlang der Linienin einem ”T“ bewegen, also in zueinander senk-rechten Richtungen und so, dass Teilchen 2gerade auf Teilchen 1 zufliegt, dann ubt Teil-chen 2 eine magnetische Kraft auf Teilchen 1aus, nicht aber umgekehrt.

1.2 Die Mechanik eines Systems von Massenpunkten 9

wobei

vvv =dRRRd t

die Geschwindigkeit des Schwerpunkts relativ zum Ursprung ist und

vvv ′i =

drrr′id t

die Geschwindigkeit des i-ten Massenpunkts relativ zum Schwerpunkt des Systems.Mit Gl. (1.27) nimmt der Gesamtdrehimpuls dann die Form

LLL = ∑i

RRR×mivvv +∑i

rrr′i ×mivvv ′i +

(

∑i

mirrr′i

)

×vvv +RRR× dd t ∑

imirrr′i .

an. Die beiden letzten Terme in diesem Ausdruck verschwinden, da beide den Faktor∑mirrr′i enthalten. Dies ist die Definition des Schwerpunkts in einem Koordinatensys-tem, dessen Ursprung im Schwerpunkt liegt; folglich ist dieser Term gleich null. Damiterhalten wir fur den Gesamtdrehimpuls um O

LLL = RRR×Mvvv +∑i

rrr′i × ppp′i . (1.28)

In Worten besagt Gl. (1.28), dass der Gesamtdrehimpuls eines Systems um einenPunkt O gleich dem Drehimpuls des im Schwerpunkt konzentrierten Systems plusdem Drehimpuls der Bewegung um den Schwerpunkt ist. Die Form von Gl. (1.28)zeigt, dass LLL im Allgemeinen wegen des Vektors RRR von der Wahl des Ursprungs Oabhangt. Nur wenn der Schwerpunkt bezuglich O ruht, ist der Drehimpuls unabhangigvom Bezugspunkt. In diesem Fall verschwindet der erste Term in Gl. (1.28) und LLL re-duziert sich auf den Drehimpuls um den Schwerpunkt.

Zuletzt wollen wir noch die Energiegleichung betrachten. Wie im Fall eines ein-zelnen Massenpunkts berechnen wir die durch alle Krafte geleistete Arbeit, wenn dasSystem aus einem Anfangszustand 1 in einen Endzustand 2 gebracht wird:

W12 = ∑i

Z 2

1FFFi .dsssi = ∑

i

Z 2

1FFF (e)

i.dsssi+ = ∑

i�= j

Z 2

1FFFji .dsssi . (1.29)

Auch hier konnen wir die Integrale unter Benutzung der Bewegungsgleichungen auf

∑i

Z 2

1FFFi .dsssi = ∑

i

Z 2

1mi

.vvv i .vvvi d t = ∑i

Z 2

1d( 1

2 miv2i)

reduzieren. Demnach kann die geleistete Arbeit wieder als Differenz der kinetischenEnergien am Ende und am Anfang geschrieben werden:

W12 = T2 −T1 ,

10 1 Die grundlegenden Prinzipien

wobei T die gesamte kinetische Energie des Systems ist,

T = 12 ∑

imiv2

i . (1.30)

Wenn wir gemaß Gl. (1.27) auf Schwerpunktskoordinaten transformieren, dann erhal-ten wir fur T

T = 12 ∑

imi(vvv + vvv ′

i ) .(vvv + vvv ′i )

= 12 ∑

imiv2 + 1

2 ∑i

miv ′2i + vvv . d

d t

(

∑i

mirrr′i

)

.

Aus denselben Grunden wie bei der Berechnung des Drehimpulses verschwindet derletzte Term und wir erhalten

T = 12 Mv2 + 1

2 ∑i

miv ′2i . (1.31)

Wie der Drehimpuls besteht also auch die kinetische Energie aus zwei Anteilen: diekinetische Energie, die man erhalt, wenn die gesamte Masse des Systems im Schwer-punkt konzentriert ist, plus die kinetische Energie der Bewegung um den Schwer-punkt.

Wir betrachten nun die rechte Seite von Gl. (1.29). In dem Spezialfall, dass dieaußeren Krafte als Gradienten eines Potentials geschrieben werden konnen, kann dererste Term in der Form

∑i

Z 2

1FFF (e)

i.dsssi = −∑

i

Z 2

1∇i Vi .dsssi = −∑

iVi

∣∣∣2

1,

wobei der Index i am Nabla-Operator bedeutet, dass nach den Komponenten von rrri

abzuleiten ist. Wenn die inneren Krafte ebenfalls konservativ sind, dann konnen dieKrafte FFFij und FFFji zwischen dem i-ten und dem j-ten Massenpunkt aus einer Potenti-alfunktion Vij berechnet werden. Damit das starke Wechselwirkungsprinzip erfullt ist,kann Vij nur eine Funktion der Abstande zwischen den Massenpunkten sein,

Vij = Vij(|rrri − rrrj|) . (1.32)

Die beiden Krafte sind dann automatisch entgegengesetzt gleich,

FFFij = −∇i Vij = +∇j Vij = −FFFji , (1.33)

und sind entlang der Verbindungslinie der beiden Massenpunkte gerichtet,

∇Vij(|rrri − rrrj|) = (rrri − rrrj) f , (1.34)

wobei f eine skalare Funktion ist. Ware Vij auch eine Funktion der Differenz ande-rer Vektoren, die mit den Massenpunkten verbunden sind, etwa ihrer Geschwindig-keiten oder (um einen Schritt in die moderne Physik zu wagen) ihrer intrinsischen

1.2 Die Mechanik eines Systems von Massenpunkten 11

”Spin“drehimpulse, dann waren zwar die Krafte noch entgegengesetzt gleich, abernicht mehr entlang der Verbindungslinie beider Massenpunkte gerichtet.

Wenn alle Krafte konservativ sind, kann der zweite Term in Gl. (1.29) als Summeuber Paare von Massenpunkten geschrieben werden. Die Terme fur jedes Paar habendie Form

−Z 2

1(∇i Vij .dsssi + ∇j Vij .dsssj) .

Wenn wir den Differenzvektor rrri − rrrj mit rrrij und den Gradienten bezuglich rrrij mit ∇ij

bezeichnen, dann ist

∇i Vij = ∇ij Vij = −∇j Vij

und

dsssi −dsssj = drrri −drrrj = drrrij ,

sodass der Term fur das Paar ij nun die Form

−Z

∇ij Vij .drrrij

annimmt. Die gesamte Arbeit aufgrund der inneren Krafte ist dann

− 12 ∑

i�= j

Z 2

1∇ij Vij .drrrij = − 1

2 ∑i�= j

Vij

∣∣∣2

1. (1.35)

Der Faktor 12 tritt in Gl. (1.35) auf, weil in der unabhangigen Summation uber i und

j jedes Mitglied eines Paares zweimal enthalten ist, einmal in der Summation uber iund noch einmal in der Summation uber j.

Aus diesen Uberlegungen wird deutlich, dass in dem Fall, dass sowohl die außerenals auch die inneren Krafte aus Potentialen hergeleitet werden konnen, eine gesamtepotentielle Energie

V = ∑i

Vi + 12 ∑

i�= jVij , (1.36)

des Systems definiert werden kann, die die Eigenschaft besitzt, dass die Gesamtener-gie T +V erhalten bleibt – das Analogon des Erhaltungssatzes (1.18) fur einen ein-zelnen Massenpunkt.

Der zweite Term auf der rechten Seite von Gl. (1.36) wird innere potentielle Ener-gie des Systems genannt. Sie ist im Allgemeinen ist nicht null, und – noch wichtiger– sie kann sich im Laufe der Zeit andern. Nur fur eine besondere Klasse von Syste-men, die man starre Korper nennt, bleibt das innere Potential immer konstant. Formalkann ein starrer Korper als ein System von Massenpunkten definiert werden, in demdie Abstande rrrij fest und zeitlich konstant sind. In diesem Fall konnen die Vektoren

12 1 Die grundlegenden Prinzipien

drrrij nur senkrecht auf den rrrij und damit zu den FFFij stehen. Deshalb leisten die innerenKrafte in einem starren Korper keine Arbeit, und das innere Potential muss konstantbleiben. Da das Gesamtpotential ohnehin nur bis auf eine additive Konstante bestimmtist, kann ein unveranderliches inneres Potential bei der Diskussion der Bewegung ei-nes Systems vollstandig außer acht gelassen werden.

1.3Randbedingungen

Aus den vorangegangenen Abschnitten konnte man den Eindruck gewinnen, dass sichalle Probleme der Mechanik auf die Losung der Differentialgleichungen (1.18),

mi..rrri = FFF (e)

i +∑j

FFFji ,

zuruckfuhren lassen. Wir mussen nur die Krafte einsetzen, die auf die Massenpunk-te des Systems wirken, die mathematische Zaubermuhle anwerfen und bekommendie Losungen fix und fertig auf’s Tablett! Selbst von einem physikalischen Stand-punkt aus betrachtet ist diese Annahme aber zu sehr vereinfacht. Zum Beispiel kannes notwendig sein, Randbedingungen zu berucksichtigen, die die Bewegung des Sys-tems einschranken. Wir haben bereits eine Art von Systemen angetroffen, die Rand-bedingungen erfullen muss: In starren Korpern mussen die Abstande rrrij der Massen-punkte immer konstant bleiben. Auch viele andere Systeme mussen Randbedingun-gen erfullen. Die Kugeln in einem Abakus sind durch die Stutzdrahte, auf denen sieaufgezogen sind, auf eine eindimensionale Bewegung eingeschrankt. Gasmolekulein einem Behalter sind durch die Gefaßwande gezwungen, sich nur innerhalb desBehalters zu bewegen. Ein Massenpunkt, der auf die Oberflache einer harten Kugelgesetzt wird, kann sich nur auf der Oberflache (oder ganz außerhalb) der Kugel be-wegen.

Randbedingungen konnen auf verschiedene Art klassifiziert werden; die im Fol-genden verwendete Variante soll nun kurz vorgestellt werden. Wenn die Randbedin-gungen durch Gleichungen dargestellt werden konnen, die Beziehungen zwischen denKoordinaten der Massenpunkte (und moglicherweise der Zeit) ausdrucken und die dieForm haben

f (rrr1,rrr2,rrr3, . . . , t) = 0 , (1.37)

dann sprechen wir von holonomen Randbedingungen. Das einfachste Beispiel fur ho-lonome Randbedingungen liefert der starre Korper, dessen Randbedingungen durchGleichungen der Form

(rrr2i − rrr2

j )− c2ij = 0

beschrieben werden. Ein Massenpunkt, der gezwungen ist, sich langs einer Kurve odereiner Flache zu bewegen, ist ein anderes leicht uberschaubares Beispiel fur holonome

1.3 Randbedingungen 13

Randbedingungen, wobei die Gleichung der Kurve oder Flache gleichzeitig die Rand-bedingung angibt.

Randbedingungen, die nicht auf diese Weise ausgedruckt werden konnen, heißennichtholonom. Die Wande eines Behalters bewirken eine nichtholonome Randbedin-gungen auf die darin enthaltenen Gasmolekule. Die Randbedingung fur einen Mas-senpunkt auf der Oberflache einer Kugel ist auch nichtholonom, denn sie kann alsUngleichung

r2 −a2 ≥ 0

geschrieben werden (wobei a der Radius der Kugel ist), die nicht die Form vonGl. (1.37) hat. Daher wird ein Massenpunkt, der in einem Gravitationsfeld auf dieoberste Stelle der Kugel gelegt wird, ein Stuck die Oberflache herunterrollen und dannherunterfallen.

Randbedingungen werden weiterhin danach eingeteilt, ob die zugehorigen Glei-chungen die Zeit explizit enthalten (rheonome Randbedingungen) oder zeitun-abhangig sind (skleronome Randbedingungen). Wenn eine Perle sich auf einemruhenden Draht entlang bewegt, handelt es sich um eine skleronome Randbedin-gungen; bewegt sich der Draht dabei selbst auf definierte Weise fort, so handelt essich um eine rheonome Randbedingung. Wenn sich der Draht aber nur als Reaktionauf die Bewegung der Perle bewegt, so geht die Zeitabhangigkeit der Randbedingungnur indirekt durch die Koordinaten des Drahtes (die Teil der Systemkoordinaten sind)in die Gleichung fur die Randbedingung ein; insgesamt ist die Randbedingung dannskleronom.

Randbedingungen fuhren zu zwei Komplikationen bei der Losung mechanischerProbleme. Erstens sind die Koordinaten ri nicht langer alle unabhangig, da sie durchdie Gleichungen der Randbedingungen miteinander verknupft sind. Folglich sind dieBewegungsgleichungen (1.19) nicht mehr unabhangig voneinander. Zweitens sind dieZwangskrafte (z.B. die Kraft, die der Draht auf die Perle oder die Wandung auf dieGasteilchen ausubt) nicht a priori bekannt. Sie gehoren zu den Unbekannten des Pro-blems und mussen als Teil der gesuchten Losung bestimmt werden. Die Angabe vonRandbedingungen fur ein System bedeutet letztlich nichts anderes als die Aussage,dass Krafte im System vorhanden sind, die nicht im einzelnen angegeben werdenkonnen, deren Wirkung auf die Bewegung des Systems aber bekannt sind.

Fur holonome Randbedingungen kann die erste Schwierigkeit durch dieEinfuhrung verallgemeinerter Koordinaten uberwunden werden. Bisher haben wirstillschweigend in kartesischen Koordinaten gedacht. Ein System aus N Massenpunk-ten ohne Randbedingungen besitzt 3N unabhangige Koordinaten oder Freiheitsgra-de. Wenn holonome Randbedingungen in Form von k Gleichungen der Form vonGl. (1.37) existieren, so konnen wir mit ihrer Hilfe k der 3N Koordinaten eliminieren,sodass 3N − k unabhangige Koordinaten ubrig bleiben. Man spricht dann von 3N − kFreiheitsgraden. Die Eliminierung der abhangigen Variablen kann auch ausgedrucktwerden, indem man 3N−k neue, unabhangige Variablen q1,q2 . . . ,q3N−k einfuhrt. Mit

14 1 Die grundlegenden Prinzipien

Abbildung 1.4 Ebenes Doppelpendel.

ihrer Hilfe konnen die alten Koordinaten rrr1,rrr2, . . . ,rrrN durch Gleichungen der Form

rrr1 = rrr1(q1,q2 . . . ,q3N−k, t)...rrrN = rrrN(q1,q2 . . . ,q3N−k, t)

(1.38)

ausgedruckt werden, die die Randbedingungen bereits implizit enthalten. Diese Glei-chungen konnen entweder als Transformationsgleichungen zwischen den Variablenrrrl und den qi oder aber als Parameterdarstellungen der rrrl aufgefasst werden. Dabeiwird stets angenommen, dass wir von den qi wieder auf die rrrl zuruck transformie-ren konnen, d.h., dass wir die Gln. (1.38) zusammen mit den k Gleichungen fur dieRandbedingungen invertieren konnen, um die qi als Funktion der rrrl sowie der Zeit zuerhalten.

Im Allgemeinen lassen sich die verallgemeinerten Koordinaten qi nicht wie die kar-tesischen Koordinaten zu Vektoren zusammenfassen. Fur den Fall eines Massenpunktsauf einer Kugeloberflache sind sinnvolle verallgemeinerte Koordinaten offensichtlichzwei Winkel, die die Lage auf der Kugel beschreiben (z.B. Breite und Lange). Fur einDoppelpendel, das sich in einer Ebene bewegt (zwei Massenpunkte, die durch einenstarren, leichten Stab miteinander verbunden sind und die durch einen weiteren Staban einem der Massenpunkte aufgehangt sind), sind die verallgemeinerten Koordina-ten die beiden Winkel θ1 und θ2 (Abb. 1.4). Verallgemeinerte (nicht-kartesische) Ko-ordinaten sind oft auch in Systemen ohne Randbedingungen nutzlich. Beispielsweiseenthalt das System eines Massenpunkts in einem außeren Zentralkraftfeld V = V (r)keine Randbedingungen, aber es ist offensichtlich vorteilhaft, spharische Polarkoordi-naten (Kugelkoordinaten) anstelle von kartesischen Koordinaten zu verwenden. Wirdurfen bei verallgemeinerte Koordinaten aber nicht nur an die herkommlichen ortho-gonalen Ortskoordinaten denken. Als verallgemeinerte Koordinaten eignen sich dieunterschiedlichsten Großen. So konnen die Amplituden in einer Fourierentwicklungvon rrrj als verallgemeinerte Koordinaten verwendet werden, wahrend es in anderenFallen zweckmaßig sein kann, Großen mit der Dimension einer Energie oder einesDrehimpulses zu verwenden.