herbstbeobachtungen in der moorlandschaft und spuren des … · 2016. 10. 15. · weitere...
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Bericht über die Exkursion von Moorverein Wasenmoos und Ornithologischem Stammtisch
Kitzbühel in die Kitzbüheler Moorlandschaft am Freitag, 23. September 2016
(Neues aus dem Wasenmoos Nr. 51, Oktober 2016)
Herbstbeobachtungen in der Moorlandschaft
und Spuren des einstigen Torfstiches
Zusammenstellung nach den Ausführungen von Maria Enzinger (Botanik), Werner Hengl (Geschichtliches),
Georg Berger, Hof Filzen (Torfabbau), Rudi Tengler (Vögel) und Wolf Kunnert (Allgemeines) sowie
Informationsquellen vorzugsweise aus dem Internet unter Einarbeitung der Beobachtungen von zwei
Vorbegehungen (15. Juli 2016 und 21. September 2016).
Eine Gruppe von 13 Moorinteressierten (Bild 2) traf sich beim Gasthof Steuerberg, um bei trockenem,
teilweise auch sonnigem Wetter die Natur zu beobachten und historische Erkundungen anzustellen.
Unsere Rundwanderung (Bilder 1 und 4):
Der Weg hinab zum Hasenberg Weiher, einem nach dem 2. Weltkrieg
angelegten Teich, führte zunächst entlang eines ökologisch wert- 3
vollen Feldgehölzes und dann durch einen Fichten-Tannenwald. Von
dort aus erkundete die Gruppe das Hasenmoor, die so genannte 5
Paradieswiese. Das Betreten eines Moores ist aus Gründen des Natur-
schutzes nicht konfliktfrei. Es ist zu nennen, dass nach den massiven 4 6
Eingriffen des ehemaligen Torfstiches auf nahezu der gesamten Fläche
von 6-8 ha eine wieder schützenswerte „Natur aus 2. Hand“ entstanden
ist. Unter Bedachtnahme auf möglichst geringe Trittschäden folgten
wir im trockeneren Westteil den Spuren der ehemaligen Torfbahn, im
Ostteil wendeten wir uns nach einem kurzen Abstecher zu offenen
Wasserstellen dem Birken-Weidenbruch und dem Fichtenbestand zu, 2 7
um im NW-Eck auf die Wiesenfläche des Hofes Hasenberg (Bild 3)
zu gelangen. Nach dem historischen Rückblick begaben wir uns auf
den Weg westlich vom Filzen-Bauern, der uns wieder zum Gasthof
Steuerberg führte.
Bild 1: Luftbild um 1950 (Ausschnitt). 1 Ghf Steuerberg, 2 Feldgehölz, 1
3 Hasenberg Weiher, 4 ehem. Torfbahn, 5 ehem. Stecher-Hütte, 6 ehem.
Baracke und Seilbahnstation, 7 Filzen-Bauer, das schwarze Kreuz
markiert die Paradieswiese.
Bildnachweis: Stadt Kitzbühel, Mitteilungsblatt der Stadtverwaltung, Oktober 2004, Seite 15
Nach der Mittagsrast im Restaurant Seebichl entschieden wir uns noch für den Besuch des Hochmoores am
Lutzenberg (Bild 4).
Bild 2 (links): Die Exkursionsgruppe am Beginn des Feldgehölzes. Im Hintergrund der Niederkaiser (2016-09-23)
Bild 3 (rechts): Die Gruppe der Vorbegehung vor dem Hasenberg an der Stelle der Stecher-Hütte (2016-07-15)
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Die Moorgruppe am Bichlach (Bild 4)
wird auch als „Kitzbüheler Moore“ angesprochen. Der Bichlach stellt eine von Grundmoränen des
eiszeitlichen Gletschers (Zunge des Kitzbüheler Achengletschers) gebildete Hügellandschaft im NW der
Stadt Kitzbühel dar. Im tieferen Untergrund liegen die Gesteine der Grauwacke.
Die bekanntesten Moore sind die am Schwarzsee, die von Giering, das Hochmoor bei Timberg, auch
Lutzenberger Moor genannt, sowie das zwischen den Drumlins (Höhenrücken in Längsrichtung der
Eisbewegung) des Hasenberges und des Steuerberges gelegene Hasenmoos mit dem lieblichen Zweitnamen
„Paradieswiese“. Für letztere seien die Ergebnisse der von der UNI Innsbruck in den 1970-er Jahren
durchgeführten Bohrungen genannt: Beginn der Moorbildung vor etwa 12500 Jahren, Mächtigkeit der
Torfschichten über 6 m.
Als Moortypen treten in unterschiedlichem Ausmaß Niedermoore (von Grundwasser gespeist), Übergangs-
moore und Hochmoore (von Regenwasser gespeist) auf. Die beiden Hochmoore am Lutzenberg und am
Hasenberg wurden in der Vergangenheit großflächig abgetorft.
Bild 4: Karte unseres Exkursionsgebietes mit Eintragung der Bichlacher Moorflächen (Kartengrundlage: tiris)
Historisches zum Torfstich
Am Lutzenberg wurde in einem sehr alten Torfstich (wie alt?) zugunsten der Montanwerke Brixlegg
abgebaut. Auch wurde hier lange Jahre Moor für das Kitzbüheler Moorbad gewonnen. In dem 1973 zum
Naturdenkmal erklärten Gebiet wird auch heute noch in geringem Ausmaß für das Kurhaus abgebaut.
Der großflächige Torfstich in der Paradieswiese begann 1931. Aloisia Stecher erwarb durch einen
Grundstückstausch mit den Forsten die Paradieswiese und legte so den Grundstein für die Bildung der
„Torfstreuwerk Kitzbühel GesmbH“, der auch ihr Ehemann Wendelin Stecher als Gesellschafter angehörte.
Er hatte das Torffach in Norddeutschland erlernt. Die Familie Stecher wohnte in einer Holzhütte, deren
Betonfundamente am Südrand der Hasenberg Wiese noch auffindbar sind, ein reichlich blühender Pfeifen-
strauch (Bild 3 rechter Rand) und die Reste eines Hollerstrauches zeigen heute noch die Lage des Haus-
gartens an.
Der bis 4 m hohe Europäische Pfeifenstrauch Philadelphus coronarius, ein Zierstrauch aus der Familie der
Hortensiengewächse, wird wegen seiner stark duftenden weißen Blüten auch Falscher Jasmin oder Bauern-
jasmin genannt.
Östlich davon führte ein heute noch erkennbarer Weg ins Tal, ein Kettenkrad diente als Transportmittel für
die getrockneten Ziegel.
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Die Trocknung geschah zunächst großflächig ohne Gestelle, später an einem Stock (kreuzweises Schlichten)
oder an Zaun-Stellagen. Auch Trockendächer kamen zum Einsatz. Gebraucht wurde der Torf in geringem
Maß als Brenntorf (schwarzer Torf) oder als Isoliermaterial und hauptsächlich als Einstreu in der Land-
wirtschaft. Wie auch im Pinzgau wurde der Torf „geschnitten“ (waagrechte Ziegelentnahme), im Gegensatz
zum „Stechen“(Entnahme senkrechter Ziegel) in Bayern oder im Flachgau.
Mit dem Erwerb des Betriebes durch die Landwirtschaftliche Hauptgenossenschaft Innsbruck im Jahr 1948
wurde eine von Hand betriebene Schienenbahn, welche die schwache Neigung der Moorfläche nach (Süd-)
Ost nützte, errichtet. Nach einem Luftbild aus den 1950-er Jahren (Bild 1) und im Gelände nach dem
Zusammentreffen der einstigen Torfstichfelder, nach dem heutigen Pflanzenwuchs (z.B. Schnabelsegge) und
im Westteil nach der Linie alter Pfosten (Bild 5) lässt sich der Verlauf der Torfbahn rekonstruieren. Eine
weitere Errungenschaft war der Bau einer Materialseilbahn, deren Bergstation eine Einfahrt und eine
Hocheinfahrt (mit Zugseil) für die Torfwaggons hatte. Nördlich davon befand sich eine unterkellerte
Wohnbaracke. Die Fundamente der beiden Gebäude sind noch gut sichtbar, auch ein Ofen liegt heute noch
im Barackenbereich. Torfpresse und Reißwolf befanden sich im Tal. Auf dem Güterbahnhof Kitzbühel
konnten 40 Waggons Torf gelagert werden.
Bild 5: Westteil der Paradieswiese mit dem etwa-Verlauf der
ehemaligen Torfbahn (rote Linie), im Hintergrund eine
deutliche Torfstichkante (2016-07-15)
Bis zur Einstellung des Betriebes um 1953 wurde auf
fast der gesamten Moorfläche mindestens 1 m Torf
abgebaut, damals gab es einen freien Blick über das
Moor.
Interessant zu erwähnen, dass Wendelin Stecher auch
Verhandlungen aufgenommen hat, um den Torfstich im
Wasenmoos am Pass Thurn zu übernehmen.
Bilder zum alten Torfstich siehe den Link zu „Torfstich
Paradieswiese“ (Anhang 3).
Besucherlenkung, Schau-Weg, Renaturierung:
Nach einem Gemeindebeschluss aus 2014 soll für die Paradieswiese im Zusammenwirken mit der Natur-
schutzbehörde eine „sanfte Erschließung“ erfolgen. Eine Kombination von Maßnahmen der Renaturierung
und Besucherlenkung mit Informationen wird angepeilt. Zwar haben sich die Schädigungen durch den
Torfstich in den seither über 60 vergangenen Jahren durch Ausbildung einer Reihe von Sekundärgesell-
schaften mit einer Reihe schützenswerter Pflanzen und Tiere gemildert, gezielte Renaturierungen (z.B.
Verschluss des Entwässerungsgrabens im SO und mosaikartiges Ausholzen im Nordbereich) könnten diesen
Vorgang weiter positiv beeinflussen.
Für einen Schau-Weg besteht die große Chance, neben den Kostbarkeiten der Lebewelt des Moores auch die
Spuren des alten Torfstiches zu zeigen. So könnte ein Hackschnitzel- und/oder Holzbohlenweg ein Stück (im
trockeneren Westbereich) entlang der ehemaligen Torfbahn geführt werden, auch das Einbinden der Stelle
der Torfstecher-Hütte mit Garten und die Fundamente der Bergstation der Torf-Seilbahn mit Baracke sowie
des alten Weges ins Tal wäre sicher erstrebenswert.
Botanische Beobachtungen:
Feldgehölz nördlich Steuerberg
Hecken und Feldgehölze in der Kulturlandschaft haben einen hohen ökologischen Stellenwert, wenn sie
artenreich und dicht genug sind, auch der Einfluss auf die Landschaftsästhetik darf erwähnt werden. Die
Gehölze nördlich Steuerberg schließen in ihrer Mitte einen alten Weg ein. Folgende Gehölze haben wir
bestimmt: Heckenrose, Hasel, Vogelkirsche, Stieleiche, Zitterpappel, Bergahorn, Esche, Vogelbeere, Buche,
Fichte, Tanne.
Vogelsberg(er) Weiher (siehe Anhang 3: Link „Biotopkartierung-Beschreibungen“, dort Seite 46 ff)
Ihn haben wir nur in den Vorbegehungen besucht.
An dem naturnahen Moor-See ist besonders die im Süden gegebene Verlandungszone von Interesse, deren
Abfolge im Pflanzenwuchs sieht (mit den von uns auch beobachteten Arten) etwa so aus:
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Schwimmendes Laichkraut, Igelkolben, Sumpf-Drachenwurz, Sumpf-Haarstrang, Sumpf-Blutauge,
Schnabel- und Blasensegge. Ein ausgeprägtes Teichschachtelhalmröhricht mit sehr wuchskräftigen
Exemplaren leitet in einen Bereich von Nieder- und Übergangsmoor über. Am Ufer gibt es auch viel Gilb-
Weiderich und Mädesüß, leider wächst auch von gestörten Flächen am östlichen Waldrand aus das Indische
Springkraut in die Nassflächen hinein.
Hasenberg Weiher
Der künstlich angelegte Weiher weist Teichrosenbestände und an seinen Ufern Anpflanzungen von Garten-
Heidelbeeren, Oleander, Schwertlilien etc. auf. Der Biber hat zur anschließenden Paradieswiese hin etliche
Birken gefällt und ist auch aktuell hier.
Paradieswiese (siehe Anhang 3: Link „Biotopkartierung-Beschreibungen“, dort Seite 57 ff)
Im offenen Moorbereich setzt sich der trockenere, stärker verheidete Westteil (Bild 5) vom nassen Ostteil
(Bilder 6 und 8) durch eine infolge stärkerer Verbuschung entstandene Engstelle ab.
Bild 6 (links): Blick vom Mittelteil der Paradieswiese nach Osten. Gut erkennbar die quer verlaufenden Torfstichfelder
und die am Südrand verlaufende Hochspannungsleitung. Im Hintergrund das Kitzbüheler Horn (2016-09-21)
Bild 7 (rechts): Rosmarinheide im Westteil des Moores mit Nachblüte (2016-09-21)
Häufige Pflanzen im Westteil sind beispielsweise Heidekraut, Weißes Schnabelried, Rauschbeere, Echte
Moosbeere oder die Rosmarinheide (Bild 7), die ihren Namen wegen der Ähnlichkeit der Blätter nach dem
Küchenkraut des Echten Rosmarin trägt, aber leicht giftig ist.
Ein paar Besonderheiten aus den nassen Torfstichmulden im Ostteil:
Der in Österreich stark gefährdete Sumpf-Bärlapp oder Moor-Bärlapp Lycopodiella inundata bildet hier
noch größere Bestände (Bilder 8 und 9), im Raum Kitzbühel kommt er (Biotopkartierung) sonst nicht vor.
Er breitet sich durch horizontale Triebe aus, die aufrecht stehenden tragen dann die Sporenbehälter.
Bild 8 (links): Maria an einem Sumpf-Bärlappbestand im nassen Ostteil des Moores, in der Bildmitte ist am Moorrand
ein Schilfbestand erkennbar. Im Hintergrund wieder das Kitzbüheler Horn (2016-09-21)
Bild 9 (rechts): Aufrechte Triebe vom Sumpf-Bärlapp (2016-09-21)
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Während der Rundblättrige Sonnentau Drosera
rotundifolia (Bild 10) in den Schlenken des Hoch-
moores verbreitet auftritt, entdeckt man den Lang-
blättrigen Sonnentau Drosera anglica (Bilder 11 und
12) vor allem in den bzw. entlang der wassergefüllten
ehemaligen Torfstichbecken (im Gemeindegebiet von
Kitzbühel kommt er nur noch in den Moorflächen am
Nordostufer des Schwarzsees vor). Im Juli fielen
besonders die Blütenknospen auf, im September die
jetzt kürzer erscheinenden Tentakel. Auch entdeckten
wir hier den Wasserschlauch Utricularia vulgaris, eine
fleischfressende Pflanze, die kleine Wassertiere wie
z.B. den Wasserfloh in ihre Fangblasen saugt.
Bild 10 (links oben): Rundblättriger Sonnentau, eingebettet im Torfmoos (2016-09-21)
Bild 11 (links unten): Langblättriger Sonnentau mit knospenden Blütenständen (2016-07-15)
Bild 12 (rechts unten): Langblättr. Sonnentau u. Wasserschlauch (sichtbar die fein verzweigten Blätter (2016-09-21)
Hänge südlich und südöstlich der Paradieswiese
Kommt man von der ehemaligen Seilbahnstation in die Hang-
bereiche westlich des Filzen-Bauern, so trifft man auf ein Mosaik
intensiver und extensiver Landwirtschaft, Nasswiesen oder degra-
dierter Hochmoorflächen mit Birkenbestand.
Uns wurde in diesem Gebiet deutlich, wie stark heuer viele Pflanzen
auf die ungewöhnlichen Witterungsverhältnisse mit Nachblüten
reagiert haben: Sumpfdotterblume, Himmelschlüssel, Kuckucks-
nelke oder Schlangen-Knöterich.
Lutzenberger Hochmoor (siehe Anhang 3: Link
„Biotopkartierung-Beschreibungen“, dort Seite 81 ff)
Von diesem Sattelmoor nahmen wir Einblick in den südlichen
Bereich, von einer Torf-Entnahmestelle über eine verheidete
Hochmoorfläche bis hin zu Gräben und Abbruchkanten des
ehemaligen Torfstiches. In diesen Gräben kommt auch der Breite
Rohrkolben Typha latifolia (Bild 13) vor.
Bild 13: Breitblättriger Rohrkolben am Rand eines Torfstichgrabens im Lutzenberger Moor (2016-07-15)
Tierbeobachtungen:
Säuger und Vögel:
Eichhörnchen nahe dem Feldgehölz nördlich Steuerberg.
Vögel (gesehen und/oder gehört): Amsel, Buchfink, Buntspecht, Eichelhäher, Grünspecht, Haussperling,
Kohlmeise, Rabenkrähe, ein kleiner Trupp Schwanzmeisen (bilden gegenüber den Meisen Paridae eine
eigene Familie Aegithalidae), Tannenmeise, Turmfalke, Wintergoldhähnchen.
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Amphibien und Reptilien:
Bild 14: Junger Grünfrosch in einer Schlenke der
Paradieswiese (2016-09-21)
Für die in der Exkursion als Kleiner Teich- (= Wasser-)
frosch Rana (Pelophylax) lessonae angesprochenen
Tiere darf korrigiert werden: Die Zuordnung zu R.
lessonae oder Teichfrosch Rana kl. esculenta bedarf
der genauen Beobachtung von Detailmerkmalen und
stößt auch auf das Problem, dass letzterer gar keine
selbständige Art darstellt. A. Landmann (siehe
Literatur in Anhang 3) nennt für das Bichlach unter den
„Grünfröschen“ die Dominanz von R. kl. esculenta,
kann aber einzelne Exemplare R. lessonae zuordnen.
Wie auch immer: wir konnten im September zahlreich Jungfrösche der „Grünfrösche“ in den Schlenken der
Paradieswiese feststellen (Bild 14).
Im Juli konnte am Waldweg zwischen Hasenberg Weiher und Steuerberg ein Jungtier der Gelbbauchunke
Bombina variegata entdeckt werden. In der Homepage der „Moor-
Impressionen“ (siehe Anhang 3) wird für die Paradieswiese sowohl
das „reichhaltige Vorkommen des gefährdeten Wasserfrosches
(Pelophylax sp.)“ als auch das Vorkommen der Gelbbauchunke
genannt.
Erwähnt sei auch die Sichtung des Grasfrosches R. temporaria im
Wald nordöstlich der Paradieswiese und die einer jungen
Ringelnatter Natrix natrix östlich des Hasenberg Weihers.
Libellen:
Bild 15: Kurzfristig gefangenes Männchen der Schwarzen Heidelibelle
(Paradieswiese, 2016-09-21)
Im Juli zeigte sich die Segellibelle Vierfleck Libellula quadri-
maculata am Vogelsberger Weiher, im September konnten in der
Paradieswiese die beiden Edellibellen Blaugrüne Mosaikjungfer Aeshna cyanea und Männchen der Torf-
Mosaikjungfer Aeshna juncea sowie häufig die Segellibellen Gemeine Heidelibelle Sympetrum vulgatum und
die Schwarze Heidelibelle Sympetrum danae (Bild 15) beobachtet werden.
In Anhang 1 sind die Libellen vom Schwarzsee und dem südlichen Bereich der Moore und Weiher am
Bichlach tabellarisch aufgelistet (Quelle: A. Landmann u.a., siehe Anhang 3)
Heuschrecken:
Aus den Ergebnissen unserer Moorbesichtigungen hier 3 Beispiele (Bilder 16-18):
Bild 16 (links): Diese Sumpfschrecke aus dem Ostteil der
Paradieswiese zeigt schön den cremegelben Streifen am
Unterrand des Deckflügels, nicht aber den roten Streifen am
Unterrand des Hinterschenkels her (2016-07-15)
Bild 17 (nächste Seite links): Wohl ein Sumpf-Grashüpfer, die
relativ langen Fühler sprechen dafür.
(Foto Rudi Tengler, 2016-09-23, Nassbereich Paradieswiese)
Bild 18 (nächste Seite rechts): Ein Männchen der
Kurzflügeligen Beißschrecke im Hochmoor am Lutzenberg
(Foto: Astrid Hengl, 2016-09-23)
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In Anhang 2 sind die Vorkommen der beiden Familien Laub- und Feld- Heuschrecken im Minutenquadrant
unseres Exkursionsgebietes tabellarisch aufgelistet (Quelle: A. Landmann u.a., siehe Anhang 3).
Schmetterlinge:
Wieder 3 Beispiele (alle 3 aus der Paradieswiese):
Im Juli begegneten wir dem Argus-Bläuling Plebeius argus, den
man in meist 2 Generationen im Moor fliegen sieht, wo seine
Raupen auf Heidekraut-Gewächse als Nahrung spezialisiert sind.
Im September fiel besonders der Wanderfalter Admiral Vanessa
atalanta auf, von dem zu dieser Jahreszeit viele Exemplare über die
offenen Flächen zielgerichtet nach Süden streben.
Völlig unerwartet war das Zusammentreffen mit dem Winden-
schwärmer Agrius convolvuli (Bild 19), der durch das Fotografieren
(von Bild 7) aus dem Rauschbeer-Gestrüpp aufgeschreckt wurde.
Bild 19: Der Windenschwärmer ist dem Ligusterschwärmer nicht un-
ähnlich, z.B. ist aber bei letzterem die Brust sehr dunkel (2016-09-21)
Wer (nur) den Ligusterschwärmer kennt und sich auf die rosa-schwarzen Streifen am Hinterleib verlässt,
kann leicht übersehen, dass die hier angetroffene Art der Windenschwärmer ist. Der Wanderfalter kommt im
Frühsommer aus seinen vorwiegend afrikanischen Ursprungsgebieten bei uns an und vermehrt sich hier
auch. Die Flugzeit der in Europa geschlüpften Falter geht bis Mitte Oktober, teilweise wandern sie wieder in
den Süden ab. Ein Überwintern in unseren Breiten ist nicht erfolgreich. Die Raupen ernähren sich meist von
der Ackerwinde Convolvulus arvensis. Die Falter saugen (wie beim Ligusterschwärmer) in der Dämmerung,
im Flug vor Blüten mit langer Kronblattröhre stehend, Nektar. Vielleicht kommt dafür auch das in der
näheren Umgebung noch blühende Japanische Springkraut in Frage.
Spinnen:
Rudi konfrontierte uns im Nassbereich der
Paradieswiese mit einer Vierpunkt- (= Vierfleck-)
Kreuzspinne Araneus quadratus (Bild 20).
Die Radnetzspinne kommt vorzugsweise an offenen,
feuchten Standorten vor, wo sie ihr Netz dicht über
dem Boden baut. Die Färbung ist sehr variabel, immer
ist aber das sehr typische weiße Fleckmuster ausge-
bildet.
Bild 20: Auch die Vierpunkt-Kreuzspinne muss vorüber-
gehend in die Beobachtungs-Dose (2016-09-23)
Hummel oder Schwebfliege?
Die Frage stellte sich am Wiesenrain zum Filzen-Bauer.Hummeln (Ordnung Hautflügler) werden nämlich
von manchen Schwebfliegen (Ordnung Zweiflügler) ziemlich gut nachgeahmt (Mimikry), um
Wehrhaftigkeit vorzutäuschen. Es lohnt sich für eine exakte Bestimmung, ein zweites Mal hinzuschauen.
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Das Gemeinsame: der dichte Pelz, die auffällige Färbung und oft ähnliche (Flug-) Geräusche bei Bedrohung.
Ein paar trennende Merkmale:
Hummeln Hummel-Schwebfliegen
Fühler geknickt gerade
Augen seitlich und oval größer, mittig näher zusammen
Kiefer unauffällig mit längerem Rüssel auffällig dreikantig, kurzer Stempel
Flügelzahl 4, Zahl nicht deutlich erkennbar 2
2 Beispiele: Die Gelbhaarige Hummelschwebfliege
Criorhina berberina oxyacanthae ahmt die Baum-
hummel Pyrobombus hypnorum ericetorum nach, die
Hummel-Waldschwebfliege Volucella bombylans
(Bild 21) kommt in mindestens 3 Farbvarianten vor
und täuscht somit unterschiedliche Hummeln, z.B. die
Helle Erdhummel Bombus lucorum vor.
Hummel-Waldschwebfliege auf einer Sumpf-Kratzdistel
(Wasenmoos, 2009-07-21)
Anhang 1:
Liste der Libellen am Schwarzsee und im südlichen Bereich der Moore und Weiher am Bichlach Quelle: A. Landmann u.a.: Die Libellen Tirols, Berenkamp 2005
Daten vorwiegend von 4 Standorten: Biotopkomplex um den Schwarzsee, Lutzenberger Hochmoor, Biotopkomplex um
den Gieringer Weiher und Biotopverbund um den Vogelsberger Weiher.
Kleinlibellen
Familie Lateinischer Name Deutscher Name nur
vor 1990
bis 2001
Anmerkungen
Prachtlibellen Calopteryx virgo Blauflügel-Prachtlibelle 2 ! WM
Teichjungfern Lestes sponsa Gemeine Binsenjungfer 3 !
Lestes viridis Weidenjungfer 3 !
Federlibellen Platycnemis pennipes Gemeine Federlibelle 2 ! WM
Schlanklibellen Coenagrion hastulatum Speer-Azurjungfer 1 !
Coenagrion puella Hufeisen-Azurjungfer 2 WM
Enallagma cyathigerum Becher-Azurjungfer 1
Ischnura elegans Große Pechlibelle 1
Pyrrhosoma nymphula Frühe Adonislibelle 3 ! WM
Großlibellen
Edellibellen Aeshna cyanea Blaugrüne Mosaikjungfer 2 2016-09-21 WM
Aeshna grandis Braune Mosaikjungfer 2
Aeshna juncea Torf-Mosaikjungfer 1 2016-09-21 WM
Anax imperator Große Königslibelle 2 WM
Quelljungfern Cordulegaster boltonii Zweigestr. Quelljungfer 3 ! WM
Falkenlibellen Cordulia aenea Gemeine Smaragdlibelle 2 WM
Somatochlora arctica Arktische Smaragdlibelle 1 WM
Somatochl. flavomaculata Gefleckte Smaragdlibelle 1 !
Somatochlora metallica Glänzende Smaragdlibelle 2 WM
Segellibellen Leucorrhinia dubia Kleine Moosjungfer 1 ! WM
Libellula quadrimaculata Vierfleck 2 ! 2016-07-15 WM
Orthetrum cancellatum Großer Blaupfeil 2 !
Sympetrum danae Schwarze Heidelibelle 2 2016-09-21 häufig WM
Sympetr. depressiusculum Sumpf-Heidelibelle 3
Sympetrum vulgatum Gemeine Heidelibelle 2 2016-09-21 häufig WM
1 = zumindest in Einzeljahren größere, konstante, bodenständige Vorkommen
2 = mittlere bis kleinere bodenständige Vorkommen
3 = unsichere oder unstete bodenständige Kleinvorkommen oder Gastvorkommen
! = Überlokal bedeutende Libellenvorkommen
WM = Vorkommen auch im Bereich Wasenmoos am Pass Thurn
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Anhang 2:
Liste des Vorkommens von Laub- und Feld-Heuschrecken im Minutenquadrant des Exkursionsgebietes
Quelle: A. Landmann u.a.: Die Heuschrecken Tirols, Berenkamp 2016
Fam. Laubheuschrecken
Lateinischer Name Deutscher Name Anmerkung Lebensraum (Bezug Moor) WM
Barbitistes serricauda Laubholz-Säbelschrecke Gehölzvegetation
Tettigonia cantans Zwitscher-Heupferd hygrophil
Decticus verrucivorus Warzenbeisser auch feuchte Wiesen/ Weiden
Metrioptera brachyptera Kurzflügelige Beissschrecke bevorzugt feuchte Lebensräume
Roeseliana roeselii Roesels Beissschrecke leicht hygrophil
Pholidoptera aptera Alpen-Strauchschrecke weites Spektrum feucht bis trocken
Pholidoptera griseoaptera Gewöhnliche Strauchschrecke Saum-Art
Fam. Feldheuschrecken
Stethophyma grossum Sumpfschrecke feuchteste Stellen der Moore
Omocestus viridulus Bunter Grashüpfer Nahrung auch Seggen, Moose, Eier hygrophil,
Stenobothrus lineatus Großer Heidegrashüpfer liebt Wärme und Trockenheit
Gomphocerippus rufus Rote Keulenschrecke trockenwarme Heiden, Säume
Chorthippus brunneus Brauner Grashüpfer Trockenheit, Wärme liebend, ausschwärmend
Chorthippus biguttulus Nachtigall-Grashüpfer Trockenheit, Wärme liebend, ausschwärmend
Chorthippus dorsatus Wiesen-Grashüpfer feuchte Habitate bevorzugt
Chorthippus parallelus Gemeiner Grashüpfer viele Grünlandhabitate, anpassungsfähig
Chorthippus montanus Sumpf-Grashüpfer feuchte Wiesen, Niedermoore
grau = nicht im unmittelbaren Moorbereich zu erwarten
WM = Vorkommen auch im Bereich Wasenmoos am Pass Thurn
Anhang 3: Auswahl weiterführender Literatur, vorwiegend von Internetseiten
Bücher:
Libellen A. Landmann u.a.: Die Libellen Tirols, Berenkamp 2005
Heuschrecken A. Landmann u.a.: Heuschrecken in Tirol, Berenkamp 2016
Bestimmungsbuch: J. Fischer u.a.: Die Heuschrecken Deutschlands und Nordtirols, Quelle & Meyer 2016
Amphibien A. Landmann: Die Amphibien des Bezirks Kitzbühel, Athesia-Tyrolia, Innsbruck 2016
Internet:
Biotopkartierung - Beschreibungen der Moore in der Gemeinde Kitzbühel:
In der Suchmaschine „Biotopkartierung Gemeinde Kitzbühel“ eingeben (Link für direkte Übernahme zu lang).
Biotopkartierung http://www.geoland.at/ Tirol tiris Maps, im Gebiet vergrößern, Naturschutz,
Kartierungen anklicken, Auswahl „Identifizieren“, sichtbare Themen: Flächige Biotope, Link Biotoptext
Hinweis: Im tiris gibt es unter „Kartendienste zu Fachthemen“ auch z.B. Historische Karten.
Moore Bez. Kitzbühel http://moor-impressionen.at/Moor_Portr.ae.ts.htm Kitzbühel
Geologie Kitzbühel https://www.geologie.ac.at/produkte-shop/detail/?id=1170&seo=122_kitzbhel Download
PDF-Datei Erläuterungen zu Blatt 122 Kitzbühel. Quartär ab S 165
Bohrergebnisse, Pollen http://www.zobodat.at/pdf/BERI_63_0105-0137.pdf
Torfstich Paradieswiese http://www.kitzbuehel.eu/gemeindeamt/download/stadtzeitung_10_2004.PDF
Planung Moorweg http://www.meinbezirk.at/kitzbuehel/lokales/paradieswiese-sanft-erschliessen-d1151572.html
Windenschwärmer http://www.entomologenportal.net/db_agrius_convolvuli.html
Vierfleck-Kreuzspinne http://www.natur-lexikon.com/Texte/MZ/001/00018/MZ00018.html
Hummelschwebfliege http://www.ausgabe.natur-lexikon.com/zweifluegler.php Hummelschwebfliege
Text: Wolf Kunnert
Bildnachweis: für 1,4,17 und 18 dort angegeben, sonst Wolf Kunnert
Moorverein Wasenmoos, Oktober 2016