iit – institute international trendscouting · bereiten designer, architekten und künstler oft...
TRANSCRIPT
IIT – Institute International Trendscouting
2 [3]
Intro
Der Druck auf Entwerfer, Gestalter und Produktmanager aus In-dustrie und Handel ist immens. Wer im Design, bei Produktent-wicklungen und Kollektionierungen auf das »richtige Pferd« setzten will, sichert sich für die eine oder andere Produktlinie durch Ergebnisse von Trendstudien ab.
Nachhaltige und wegweisende Gestaltung setzt sich mit gesell-schaftlichen und technischen Entwicklungen sowie mit neuen Produkten, Materialien und deren Farbigkeit auseinander.
»Zukunft braucht Herkunft«
Die Zukunfts- und Designforschung des Institute International Trendscouting (IIT) an der Hochschule für angewandte Wissen-schaft und Kunst (HAWK) in Hildesheim baut auf forschungsim-manente Erkenntnisse der Vergangenheit und Gegenwart auf, da die Zukunft als Forschungsobjekt nicht zur Verfügung steht. Um-fangreiche analytische Studien zur signifikanten epochalen Farb- und Materialzyklen in Design und Architektur bilden so beim IIT der HAWK die Basis für Design- und Kollektionsentwicklungen.
Die Grenzen zwischen Architektur, Design und Mode fließen in einigen Themenfeldern ineinander. Das IIT der HAWK hat sich zum Ziel gesetzt, designrelevante Entwicklung und Tendenzen zu erfassen, Betrachtungsmodelle und Methoden der Designfor-schung zu entwickeln um daraus fundierte Prognosen und Szena-rien für wünschenswerte Zukünfte formulieren und visualisieren zu können.
In ihrer Grundveranlagung als »Jäger und Sammler« von Ideen, bereiten Designer, Architekten und Künstler oft den Weg für neue Tendenzen in Form, Farbe und Material. Sie sind daher neben Pro-dukt- und Designmanagern aus Industrie und Handel vielfältige Partner des IIT HAWK.
INSTITUTE INTErNATIoNAl TrENDScoUTING
»Zukunft braucht Herkunft«
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Inhalt
Das Institut 6Farbe & Emotion 8Material & Wirkung 14Farbzyklen 16
Trendscouting 21
Projekte 25Home & care 26Alpina 2009/10 30caparol Trend 33Jordan – Stilwelten 35Paulmann Trend 2009/10 36
Farbwissenschaft 39Farbe als Planungsgröße 40Farbe & Wahrnehmung 43Farbe & Kommunikation 44Architekturfarbigkeit 50
Kontakt 58
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Das Institute International Trendscouting IIT wurde 2004 an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst HAWK in Hildesheim gegründet. Im Bereich der in Europa einzigartigen Studienrichtung colour- and Surface-Design beschäftigt sich das Institut mit Zukunfts- und Trendforschung sowie mit Design- und Kollektionsentwicklungen mit dem Schwerpunkt Farbigkeit für Architektur, Industrie und Handel.
Zum leistungsspektrum des IIT gehört das Trendscouting und Mo-nitoring, das konstante Beobachten und Erfassen von Entwick-lungen in Gesellschaft und Technik sowie in Architektur, Design und Mode. Die gewonnenen Erkenntnisse und die themenbezo-gene analytische Auswertung der Daten bilden dabei eine wesent-liche Grundlage für weitere Design- und Kollektionsprozesse.
Das Institut IIT entwickelt auf dieser Basis nachhaltige und inno-vative Farbranges, Koloraturen und oberflächen für »gegenwär-tige Zukünfte« unterschiedlichster Anwendungsbereiche. Koo-perationen mit der Wirtschaft, Industrie und Handel stellen eine Basis für praxisorientierte lösungen dar.
Das InstitutFarbForschung • WissenschaFtliches arbeiten
Wissenschaftliches ArbeitenWissenschaftlich fundierte Szenarien möglicher und wünschens-werter Entwicklungen können über das Zusammenwirken aller Forschungsaktivitäten des IIT HAWK aufgezeigt und visualisiert werden.
Festgelegte rahmen- und Einflussfaktoren sowie »wenn – dann Beziehungen« beschreiben den Handlungsspielraum in dem De-signer, Architekten und Experten der Zukunftsforschung Szena-rien ausformulieren. Weitere dafür relevanten Daten der Vergan-genheits- und Gegenwartsbetrachtung werden über Vorstudien der Zyklenbetrachtung und des Trendscoutings ermittelt und bereitgestellt.
FarbforschungFarbe, Struktur und oberfläche im raum und deren Wirkung sind ein weites Thema. Der Farbappell ist dabei der Wesentlichste.
Die Studie colour & Emotion untersucht im Full-Scale-Modelling mit Experten aus der Wahrnehmungspsychologie und Designfor-schung seit 2006 die emotionalen und somit spontan-affektiven Wirkung von Farbe und licht im raum auf die Betrachter.
Ziel der Studie ist es, allgemein gültige Standards für die Ver-wendung von Farbigkeit in heterogen genutzten räumen bei entsprechenden lichtbedingungen zu festzuschreiben, um eine angenehm entspannend bis anregende Atmosphäre zu generie-ren. Farbe und licht, Koloraturen und Kompositionen sollen die Schnittstelle von Mensch und raum als Atmosphäre kalkulierbar und anwendungsbezogen handhabbar machen.
Das Institut entwickelt innovative Farbranges
für »gegenwärtige Zukünfte«.
8 [9]
Seit 2006 untersucht das IIT mit Studierenden die emotionale Wir-kung von Farb- und oberflächenkoloraturen auf den Betrachter. In Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Psychologie der Universi-tät Mannheim wurde auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse ein Befragungssystem entwickelt, das die Möglichkeit bietet, emotionale Wirkungsprinzipien zu ermitteln. Mit einer Installa-tion von Fullscale-raummodellen (begehbare raumboxen) auf Messen wurden die in Farbsystemen festgelegten Farbnuancen präsentiert und befragt. In einer reihe aufeinander aufbauender Studien werden Zusammenhänge zwischen Farbgebung, licht-verhältnissen (lichttemperatur) und ihrer emotionalen Wirkweise auf den Menschen untersucht und dargstellt.
STUDIE
Farbe & Emotion
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
0 1 2 3 4 6 7 85 9
entspannend und eher angenehmes Empfindenentspannend aber eher unangenehmes Empfinden
aktivierend und eher angenehmes Empfindenaktivierend aber eher unangenehmes Empfinden
32
1233
10
6
95
4
34
31
711
3
25
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18
213
1936
8
14
15 35 16
21
17 29
2421
Farbe ist das subjektive Ergebnis eines objektiven Reizvorganges.
Farbe ist die Art und Weise, in der wir verschiedene Wellenlängen
des Lichts unterscheiden. Farbe ist dementsprechend eine Codierung
für Dinge, die wir wahrnehmen.
Emotionale Wirkungsrichtungen von Farbtonspek-
tren auf den Menschen – bezogen auf das
dreidimensionale Emotionsmodell nach
Mehrabian. Hier werden die zwei Dimensionen
VAlENZ und ErrEGUNG dargestellt, DoMINANZ
wird nur angedeutet.
Entwicklung der Farbkoloraturen
Bestehend aus Primär- und Sekundärfarben
(Grundfarben Gelb, Gelborange, orange etc.) wur-
den Farbkompositionen durch das gesamte Farb-
spektrum entwickelt. Die Farbkompositionen als
colorstripes oszillieren nach entwickelten regel-
werken in Bezug auf Helligkeit, Buntgrad und Far-
bart minimal. Die optische Mischung unterschied-
licher Nuancen sorgt für einen gemeinsamen
Farbeindruck der nicht durch einen einzigen Farb-
ton festgeschrieben ist. Hierbei spielen praxisrele-
vante Punkte, wie z.B. die Verschattung der Töne im
raum, eine rolle.
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Studie zur emotionalen Wirkungen von Farbtönen bei unter-schiedlicher Lichttemperatur > warmweiße Lichtfarbigkeit (2700 K)> mittlere („neutrale“) Lichtfarbigkeit (4000 K),> tageslichtweiße Lichtfarbigkeit (6500 K)
Die Wirkung einer definierten Farbkoloratur verändert sich bei unterschiedlicher Lichttemperaturoft wesentlich.
Darstellung einer Auswahl von fünf Farbkolora-
turen, die in der Studie Farbe + Emotion II auf der
Basis eines mehrdimensionalen Emotionsmodells
befragt wurden – hier auf der Achse-Arousal.
DArSTEllUNG ZWEIEr FArBBErEIcHE VoN BEFrAGTEN FArBTöNEN IM FArB-KrEIS.
Eine Farbkomposition mit verschiedenfarbigem
Streifendessin bei drei unterschiedlichen lichttem-
peraturen: 2700Kelvin, 4000K und 6500K.
Darstellung zweier Farbbereiche von Befragten
Farbtönen im Farbkreis
lage der befragten Farbtöne im Hue-Bereich H 100
bis H 106 auf dem Farbdreieck H 100.
Drei Farbtöne der Farbraumkoloratur Nr. 5.
lage der befragten Farbtöne im Hue-Bereich H
250 bis H 258 auf dem Farbdreieck H 250.
Vier Farbtöne der Farbraumkoloratur Nr. 21.
H 270
H 360 / 0
H 90
H 180
H 100-106H 250-258
H 106H 100
H 90
Box 5H 360 / 0
H 180
H 270
Box 21
H 250H 258
H 270
H 360 / 0
H 180
H 90
4
4,5
5,5
6
6,5
3,5
ANrEGENDE,AKTIVIErENDE WIrKUNG
BErUHIGENDE,ENTSPANNENDE WIrKUNG
2700 K4000 K6500 K
Box 10
Box 5Box 4
Box 4
Box 5
Box24
Box 5
Box 24
Box 2
Box 2
Box 24
Box 2
Box 4
Box 10
Box 10
12 [13]
Farbe ist Teil eines komplexen Kommunikationssystems.
Sie vermittelt uns je nach Kontext der formalen, ästhe-
tischen, indikativen, symbolischen und inhaltlichen Be-
züge unterschiedliche Informationen.
H 270
H 0 / 360
H 90
H 180
PASTEllTöNE UND WEISSNAHE TöNEHelle Pastelltöne und weissnahe Töne wirken angenehm entspannend.
Grün- und Blaunuancen wirken anregender
H 270 H 90
BlAUVIolETT VIolETT MAGENTA
H 180
H 280
Zunehmender Violettan-teil: Dominante Wirkung
Entspannende Wirkung bei deut-lichem Blauanteil
H 90
Neutrales Aktivierungs-potential bei hohem chromaanteil
Angenehm akti-vierende Wirkung bei mittlerer Helligkeit
BlAUGrÜN GrÜNBlAU BlAU
H 270
H 180H 160
H 280
H 90
Neutralgrün
Zunehmender Grünanteil: Entspan-nende, ausglei-chende Wirkung
Zunehmender Buntanteil:Angenehm an-regende Wirkung
GElB GElBGrÜN GrÜN
H 270
H 180H 160
Urrot
Zunehmender Gelb-anteil: Aktivierende Wirkung
Zunehmender Blauanteil: Deaktivie-rende Wirkung
Zunehmender Buntanteil (chro-ma): Anregende Wirkung
roT orANGE GElB
H 180
H 270
Zunehmender rotanteil: Anregende Wirkung
H 0 / 360
H 90
Aufbauend auf die Studie „Farbe + Emotion“ bearbeitet das IIT seit etwa einem Jahr das Thema der sinnlichen Anmutung von Materialien. Farbe und Material prägen wesentlich die Anmu-tung von Architektur - im Innen- wie im Außenraum.In der Innenarchitektur - besonders für den objektbereich - geht es zunehmend darum räume zu kreieren, die sich an den Bedürfnissen der späteren Nutzer orientieren, und zugleich möglichst optimal die Art der Nutzung unterstützen. Planer und Innenarchitekt/innen sind gefragt, Gesamtkonzepte zu erstellen, deren „atmosphärische“ Anmutung im Vorfeld plan-bar ist.
Die Studie Material + Wirkung wurde auf der Basis einer Fra-gen- und Hypothesensammlung entwickelt, anhand derer eine experimentelle Versuchsanordnung geplant und realisiert wur-de. In einer Ausstellungssituation konnten Besucher anhand eines Fragebogens 63 unterschiedliche Materialien in Grau- und Naturtönen auf ihre sinnliche Anmutung hin beurteilen.In Teil 2 der Studie sollen die möglichen Wirkungsverschie-bungen einzelner Produktpositionen bei einer definierten Farbgebung untersucht werden.
Ziel dieser Studie ist es, ein System zu entwickeln, das es ermöglicht, Materialien bestimmten „Wirkungstendenzen zu-zuordnen und damit eine orientierungshilfe für Gestalter zu bilden.
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„... Kälte oder Wärme eines Materials. Genaugenommen können diese Ausdrücke ... (keine) objektive Eigenschaft des Materials ... bezeichnen. Was man etwa durch Anfassen eines Materials spürt und ... als Wärme oder Kälte bezeichnet, ist ja nicht seine Temperatur sondern seine Wärmeleitfähigkeit. Was man aber im atmosphärischen Spüren als Kälte oder Wärme eines Materials bezeichnet, ist etwas ganz anderes, und dieses andere, sein sy-nästhetischer Charakter, kann durch verschiedene objektive Ei-genschaften erzeugt werden.“Gernot Böhme
EINE STUDIE ZUr SINNlIcHEN WIrKUNG VoN MATErIAlIEN IN ArcHITEKTUr UND INNENArcHITEKTUr
Material & Wirkung
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STUDIE »FArBrAUMFArBE«
Farbzyklen
Die Studie »FarbraumFarbe« des IIT HAWK zeigt signifikant wahr-nehmbare Farb- und Materialtypologien die aus Trends als Mas-senphänomen hervorgehen und sich aus einem Farbspektrum, verschiedenen oberflächen, Strukturen, graphischen Elementen oder zum Beispiel ornamenten zusammensetzen.
Sie dokumentiert die Entwicklung vergangener Trends oder Ge-staltphasen. Die laufzeit eines Trends von der Indikation bis zur Belanglosigkeit oder einer bestimmten Gestaltphase ist themen-abhängig und in epochalen Zyklen nachweisbar. Jede Phase und Epoche besteht aus unterschiedlichen Gestaltcharakteren, da mehrere Designrichtungen parallel auftreten können.
Die umfangreiche und analytisch ausgewertete Dokmentation der letzten fünf Jahrzehnte von Farb- und Materialtypologien in Archi-tektur und Graphik ermöglicht vergangene Trend- und Designpro-zesse zu verstehen, Parallelen und Wiederholungen zu erkennen und Basisarbeit für seriöse Zukunftsszenarien zu verfassen.
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STUDIE »FArBrAUMFArBE«
1955 - 1961 1959 - 1965 1963 - 1973 1971 - 1976 1974 - 1982 1981 - 1988 1986 - 1994 1993 - 2001 1998 - 20xx 2005 - 20xx
Die umfangreiche Dokumentation
ermöglicht vergangene Trend- und Designprozesse zu verstehen.
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Trendscouting
Zukunfts- und Trendforschung in Design und Architektur hat sich in Europa in den letzten Jahren von geringer Bedeutung zu einem wichtigen Marketinginstrument entwickelt.
Wie kann Wissen über die Zukunft generiert werden obwohl sie sich außerhalb unseres Erfahrungsbereiches befindet? Zukunft steht als wissenschaftliches Untersuchungsobjekt nicht zur Ver-fügung.
Die Zukunfts- und Designforschung des IIT-HAWK basiert auf er-kenntnisstheoretischen forschungsimmanenten Daten der Ver-gangenheit und Gegenwart. »Zukunft braucht Herkunft« Epochale Farb- und Materialzyklen, regelmäßiges Trendscouting sowie die Anwendung eigens entwickelter Betrachtungsmodelle der Desi-gnforschung sind wesentliche Stützen unserer Arbeit. Technolo-giefrüherkennung und -folgenabschätzung, Delphi-Expertenbe-fragung und Diskursanalysen begleiten unsere Prozesse.
Die kontinuierliche und analytische Beobachtung, Archivierung und Auswertung von gesellschaftlichen, technischen und design-relevanten Entwicklungen über Print- und Nonprintmedien bilden die Basis des Trendscoutings.
Über mehrfach durchgeführte Screenings festgelegter Themen-felder werden signifikante Farb-, Material-, Form-, oder Designty-pologien sortiert, geclustert und neu zugeordnet. Die rückkopp-lung mit Daten der Designgeschichte und der Zyklentheorie und Diskursanalysen führt zu möglichen »Bildneuverknüpfungen« die wiederum Fundament für ein Szenarienmodell sein können.
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level 1: Erfassen- ScoutingNach festgelegten Deskriptoren werden Fachpublikationen, Ta-ges- und Szenepresse über Print- und Nonprintmedien durchfor-stet. Dieser Vorgang findet alle drei bis sechs Monate statt. Die gescouteten Daten werden im ersten level nach der Herkunfts-quelle und Deskriptorensignifikanz dokumentiert.
level 2: ordnen- Grade3000 bis 5000 Bilddaten werden pro Durchgang erstmals nach unterschiedlichen Parametern geordnet und nach Eigenschaften wie zum Beispiel Farbgebung oder Formsprache sortiert. Hier zei-gen sich mögliche erste Gruppierungen, die in der Folge weiter eingegrenzt werden, oder noch einmal nach neuen Kriterien sor-tiert werden.
level 3: Auswählen- clusterNach dem IIT-Betrachtungsmodell und den daraus resultierenden rahmenfaktoren werden die bis dahin geordneten Daten auf nachhaltig, zukunftsfähige Eigenschaften, Entwicklungen oder Phänomene untersucht und nach dem Grad der Bedeutung und nach Signifikanzen geclustert. Dieser Vorgang wird je nach Auf-gabenstellung bei jeweils veränderten rahmenfaktor mehrfach durchgeführt.
level 4: Definieren-MonitoringSymptomatische Phänomene einzelner möglicher Trends oder Tendenzen werden als wünschenswerte Zukunft formuliert und über Szenarien visualisiert und textlich formuliert.
lEVEl 2 lEVEl 3 lEVEl 4
ErFA
SSEN
- Sco
UTI
NG
orD
NEN
- GrA
DE
lEVEl 1
AUSW
äH
lEN
- clU
STEr
l 35 c 21 H 37
l 64 c 39 H 92
l 65 c 40 H 65
l 83 c 20 H 92
DEF
INIE
rEN
-Mo
NIT
orI
NG
Wie kann Wissen über die Zukunft generiert werden
obwohl sie sich außerhalb unseres Erfahrungsbereiches befindet?
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ProjekteHoME & cArE · AlPINA TrEND · cAPArol TrEND · JorDAN-STIlWElTEN · PAUlMANN TrEND
Wohlfühlatmosphären,
welche die innere Balance im Gleichgewicht halten und
regenerative Kräfte im Körper freisetzen können.
26 [27]
Ein gesundheitsförderndes Umfeld entsteht, so unsere These, durch (zeitorientierte) Wohlfühlatmosphären. Diese werden erzeugt durch entsprechenden Farb- und oberflächenkompo-sitionen im raum, welche die innere Balance im Gleichgewicht halten und regenerative Kräfte im Körper freisetzen können. Unabhängig von emotionalen Wirkungsprinzipien oder wissen-schaftlich ermittelten Aussagen zu Farbwirkungen, wollen Men-schen, unterschiedlich geprägt durch Gesellschaft, Umfeld, Alter, Geschlecht, Beruf oder Trends, dennoch individuell oder nach bestimmten persönlichen Präferenzen (Geschmack) wohnen und leben. Dabei spielen viele Einflussfaktoren eine rolle.
Parallel zum Forschungsprojekt Farbe + Emotion wurde daher in einer Feldstudie des IIT-HAWK nach subjektiven ästhetischen Merkmalen als Wunsch nach Helligkeit, Komfort, ordnung oder zum Beispiel Natürlichkeit befragt.
VorSTUDIE
Home & Care
Die durchgeführten Befragungen und Testings und die daraus entstandenen Auswertungen und Erkenntnisse ermöglichen uns grundsätzliche Aussagen zu ergonomisch richtigen, emotional wirkenden und farbpsychologisch funktionsfähigen Farbrezep-turen.
Basierend auf diesen Ergebnissen wurden Farbkompositionen für Innenräume zu vier übergeordneten Gestaltungsthemen ent-wickelt. Neben den bereits genannten Erkenntnissen wurden Aspekte der Harmonielehre und Formalästhetik beachtet: Kom-plementärkontraste z.B. spielen eine rolle für eine aktivierende Wirkung, wohingegen ähnliche Farbnuancen und Farbverwandt-schaften harmonische Übergänge und eine differenzierte Farbge-staltung erzeugen.
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Ein Hauptplatz für die Verwirklichung des Wunschtraumes ewiger Gesundheit ist das Zuhause
Dafür benötigt das Interiordesign, die Wechselwirkung von raum-Design, Farbe, oberfläche und licht, im gesamten Wohn- und Ge-sundheitsbereich eine neue Philosophie und somit auch neue Gestaltungsansätze. Farbe, Material, Form und licht sind typische Träger, welche die Vermittlung von emotionalen Botschaften im raum bewerkstelligen können. Der Farbappell ist dabei mit der wesentlichste.
WoHNEN MIT EMoTIoNEN
Home & Care
Ein Hauptplatz für die Verwirklichung des Wunschtraumes
ewiger Gesundheit ist das Zuhause.
ElEGANZ & GENUSSKoMForT & BAlANcE PUrISMUS & FUNKTIoN HArMoNIE & rEGENErATIoN
HArMoNIE & rEGENErATIoN MooD
MATErIAl- UND INFoSEITE ZU DEN WoHNBErEIcH ArBEITENMATErIAl- UND INFoSEITE ZU DEN WoHNBErEIcH ScHlAFEN
INFo- UND MATErIAlSEITE ZU DEN WoHNBErEIcH EMPFANGEN INFo- UND MATErIAlSEITE ZU DEN WoHNBErEIcH WoHNEN
Für die Health & care Networkgroup, ein Firmenverband unter-schiedlicher Markenhersteller, wurden auf Basis der Studie co-lour & Emotion vier ästhetisch polar angeordnete Farb- und Ma-terialkompositionen ausgearbeitete, die als Gestaltungsrichtlinie und -hilfe für den Bereich Home & care dienen.
30 [31]
Kaufentscheidungen finden im Spannungsfeld von Funktion, Hu-manfunktion, Status und ästhetik statt. Die Do-it-yourself Bran-che fordert zunehmend mehr anspruchsvolle und aktuelle Pro-dukt- und Designentwicklungen.
Das bewusst gestaltete Wohnumfeld, orientiert an den »vgroßen richtungen« des Designs gewinnt wieder an Bedeutung. Nach der Indikation eines Trends und der Adaption durch die Konsumenten steht eine Trendentwicklung am Höhepunkt und besitzt eine brei-te Marktdurchdringung.
Genau hierfür wurden vier umfangreich angelegte und sich deut-lich differenzierende Farbmastersamples entwickelt, die als Trendguide zu verstehen sind und die Sehgewohnheiten des Do-it-yourself Marktes unterstützen.
TrenDSTuDie
Alpina 2009/10
NATUrAlly GrEEN
coloUr FloW
PASTEl DrEAM
So NoBlE
Das bewusst gestaltete Wohnumfeld gewinnt
wieder an Bedeutung.
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Caparol Trend2006/07 & 2009/10
caparol Trend 2006/07Seit 2004 führt das IIT HAWK umfangreiche Vorstudien und wis-senschaftliche Analysen zum Thema Farbe und raum durch. Ba-sierend darauf wurde erstmals für 2006 eine Farb- und oberflä-chen Trendkollektion für caparol entwickelt.
Als wesentliche Tendenz waren zwei große gesellschaftliche und gestalterische Entwicklungen auszumachen: Ein neu entsteh n schnellerer rhythmus von Wechsel, globalen Tendenzen neuer Materialien und Internet-Techniken bestimmten dabei das Um-feld.
Aus den sich abzeichnenden Tendenzen hat das IIT HAWK vier Trendszenarien abgeleitet und definiert, die in einem Buch dar-gestellt wurden:
Neben der inhaltlichen Ausarbeitung der jeweiligen Szenarien entwickelte das Institut in enger Zusammenarbeit mit dem Auf-traggeber weiter Farbtypologien und oberflächenstrukturen.
caparol Trend 2009/10Die Trends 2009/2010 sind in ein Balan-ceakt zwischen bewusster Abgrenzung und Entfremdung, zwischen klassischer Stilsicherheit und Dekadenz, zwischen gesunder Selbstbezogenheit und Ego-zentrik. Sie erzählen davon, dass uns die Welt manchmal über den Kopf wächst, und davon, dass wir aktiv etwas dagegen un-ternehmen. Sie erzählen von utopischen Phantasien und romantischen Märchen.
Sechs Trendszenarien werden im caparol-Trend-Buch vorgestellt, die von Weiß bis Schwarz, von polychrom bis uni alles bie-ten. Drei davon sind für das Thema Woh-nen aufgrund ihrer Stilistik, Farbigkeit und Materialität besonders geeignet, weshalb sie in »Trendszenarien« ausgearbeitet und umgesetzt wurden.
MOOD
Farben
FarbKOMpOSiTiOn 1
ScOuTing
rauManSichT
FarbKOMpOSiTiOn 2
MOOD zur TrenDWeLT cOSMic WhiTe
Farben unD rauManSichT
34 [35]
Aus einer Vielzahl von bestehenden Farben, Materialien und Strukturen aus der Joka-Produktpalette wurde ein Farb- und Typencluster (ordnung) erstellt, dass den aktuellen Wohnten-denzen entspricht.
Entstanden sind fünf polar aufgestellte, deutlich unterschied-liche, Stil- und Trendwelten — Zeitbezogene Anmutungen zum Thema raumgestaltung.
Die Betitelungen der Trendthemen beschreiben knapp und prä-gnant die grobe Stilrichtung, die sich international im Interior Design ablesen lassen.
Jordan – Stilwelten
MOOD
Farben
Farb-VariaTOnSMögLichKTeiTen innerhaLb Der STiLWeLT rOManTic MOOD STiMMungS- unD MaTeriaLbOrD zur STiLWeLT rOManTic MOOD
coUNTry WAy · roMATIc MooD · olD STylE · ASIA lINE · MoDErN lIFE
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Paulmann Trend 2009/10 · DeutschlandIn den letzten drei Jahren hat sich nach der lauten, nicht nur farb-lich sehr „bunten“ Millenniums-Phase eine Tendenz zu leiseren Tönen durchgesetzt. Die Strahlkraft der Farben nimmt ab, unb-unte Kombinationen oder Ton-in-Ton-Arrangements dominieren. Neben der Farbigkeit treten nun subtilere Merkmale in den Vor-dergrund: oberflächenstrukturen, licht- und Schattenspiele statt ornamentaler Muster, haptische Erlebnisse. Auch die großen ge-sellschaftlichen Themen der Zeit schlagen sich in der Gestaltungs-welt nieder: Die Auseinandersetzung mit ökologischen Themen und das neue Interesse an der Natur spiegelt sich in organischen Formen und in Szene gesetzter Flora.
Das IIT HAWK hat diese Phänomene die ästhetisch und stilistisch unterschiedliche Gestaltungstypen verkörpern als Themen zu-sammengefasst und über Bildszenarien visualisiert:
DEUTScHlAND & FrANKrEIcH
Paulmann Trend 2009/10Paulmann Trend 2009/10 · FrankreichEin speziell auf Frankreich gerichteter Fokus hat ergeben, dass sich einige gestalterische Gewohnheiten, Entwicklungen und Trends deutlich von dem benachbarten Deutschland abheben. Eine regional unterschiedliche, landestypische Gestaltauffassung wird mit internationalen Strömungen wie retro- oder ökodesign kombiniert und wird so von dem französischen Markt adaptiert.
Die fünf Trendszenarien, die hier vorgestellt werden, bilden einen Ausschnitt der aktuellen Strömungen ab: so french und cocktail couleur verkörpern dabei genuin französische Trends, während à la tricolore, chic nordique und comme à l’époque international feststellbare Strömungen aufgreifen. Die beschriebenen Szena-rien bilden nicht das gesamte Spektrum der französischen Desi-gnwelt ab. Globalere Tendenzen wurden ausgespart. Nur die aus-drucksstärksten nationalen Besonderheiten wurden dargestellt.
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cocKTAIl coUlEUr coMME à l’éPoqUESo FrENcHcHIc NorDIqUEà lA TrIcolorE
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FarbwissenschaftFArBE AlS PlANUNGSGröSSE · FArBE & WAHrNEHMUNG · FArBE & KoMMUNIKATIoN
Son
neng
elb
inSTiTuTe inTernaTiOnaL TrenDScOuTing
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Farbe als Planungsgröße
Farbe und licht sind grundlegende Größen der Wahrnehmung und der Gestaltung. Der Farb-Appell ist dabei mit der Wesent-lichste unseres Wahrnehmungsmechanismus, welcher allerdings das licht als ständigen Partner benötigt. Daher ist das Wissen zur Farbe (und zum licht) ein grundlegendes aber auch vielschich-tiges, komplexes und weites Themenfeld. Die Wirkung von Farb-tönen auf den Betrachter sowie deren spezifischen technischen, psychologischen oder anwendungsbezogenen Faktoren sollen in hier kurz vorgestellt und diskutiert werden. Farbe und Licht: Farbe und licht stehen zum Beispiel für Physi-ologie – für das Auge und seinen Sehapparat. Farbe ist Physik
– in der Betrachtung des Tages- und Kunstlichtes. Die chemische Betrachtung der Farbe steht für Werkstoffe allgemein, für Binde-mittelsysteme oder Pigmente. Die Farbsystematik ist Farbordnung und Farbkommunikation. Farb- und lichtkontraste sind zeitgleich Gestaltungsgrundlagen und ästhetische Grundaussagen. Farb- und lichtwirkungen betreffen uns alle und sind physiologisch, psychologisch, symbolisch oder synästhetisch begründet. Die Farb- und lichtforschung beschäftigt sich unter anderem mit der Emotionsforschung, mit Trendscoutingprozessen oder tech-nischen Fragen. Farbe, Farbigkeit und licht ist natürlich auch oberflächengestaltung. Diese Punkte sind alle mit Designpro-zessen, mit Planung und Anwendung verknüpft. Schlussendlich sollen Gestalter die einzelnen Positionen zusammenführen und somit lebensräume mit Atmosphäre, Produkte mit charakter oder Medien für Menschen generieren und gestalten.
Der Theoretiker charles Hayter führte im Jahre 1813
mit seinem Malerkompass als Erster das Prinzip
der Warm-Kalt-Zuordnung für Farben ein.
Vertiefung der begriffsdeutung Farbe: Farbe steht für Farbtöne und deren Bezeichnungen. Farbe ist der oberbegriff aller farbge-benden Stoffe. Farbe ist Produkt und Anstrichmittel. Farbigkeit erweckt Assoziationen und fordert eine systematische ordnung und codierung zur Kommunikation. Farbe steht in Abhängigkeit und im Zusammenhang mit Kunst- und Tageslicht als wahrgenom-mene Farberscheinung oder lichtfarbe. Farbe und die zugehörige Kontrastlehre ist Grundlage der Formalästhetik. Sie ist Informa-tionsträger oder signalisiert den Ausdruck einer Gruppenzuge-hörigkeit. Farbkoloraturen stehen für Symbol, Tradition oder in Farbepochen für Zeitbezüge und Trends.
physiologie i Das auge und der Sehapparat: Die entscheidende Frage für die Beurteilung von allem optisch Wahrgenommenen ist: funktioniert unser Auge? Grundsätzlich gelangt eine direkte oder indirekte lichtquelle durch Hornhaut, linse und Glaskörper auf die Netzhaut und wird dort von den Stäbchen und Zäpfchen als reiz wahrgenommen. Ein Farbeindruck entsteht. Die Signale werden über den Sehnerv an das Gehirn weitergeleitet und dort als Interpretation des Farbeindrucks über die Sinnes(Farb)emp-findung zum Phänomen Farbe verarbeitet. Durch die licht- und Farbwahrnehmung entstehen Bilder in unserem Gehirn. Der Seh-nerv leitet Impulse an das Sehzentrum des Hirns weiter. Im Seh-zentrum des Gehirns entsteht also die eigentliche Sinnes(Farb)empfindung. Diese ist im Gegensatz zum Farbeindruck nicht ge-nereller Natur. Die Farbempfindung, als subjektive Interpretation des Farbeindrucks, fällt bei den jeweiligen Betrachtern unter-schiedlich aus.
Farbeindruck: Der Farbeindruck zum Beispiel >>Gelb ist gleich hell oder blau ist gleich dunkel<< ist also genereller Natur. Die Sinnes- und Farbempfindungen >>Gelb ist sonnig oder Blau ist kühl und wässrig<< sind die individuellen und subjektiven Inter-pretationen der Eindrücke. ob das Gelb also auch sonnig und warm empfunden wird oder eher als scharf und laut, ist von der persönlichen Prägung abhängig. Wir Menschen bewerten also nicht immer gleich. Die Farbempfindung oder Anmutung ist von einem gewachsenen Vorverständnis (soziokulturell oder geospe-zifisch unterschiedlich geprägt), von Erfahrungen und Vorerfah-rungen abhängig.
Farbwirkung: Die Wirkung von Farbe auf uns Betrachter ist ein weiteres weites und oft auch noch nicht gänzlich erforschtes Feld. Dennoch betrifft uns die Farbwirkung täglich. Es sollen hier exem-plarisch drei rubriken von Farbwirkungen angesprochen werden. Als archaische, tief verwurzelte Farbwirkungen, die auch um-gangssprachlich vertreten sind, versteht man die Urbedeutungen von zum Beispiel warmen Farben. Gelb-orange Nuancen, also die warmen Farben bilden nur einen kleinen Teil des Farbkreises. Sie werden mit der Sonne, der Wärme bis zur Glut assoziiert. Die Menschen begreifen also meist ein rotstichigen Gelbton als son-nig, stellen sich zeitgleich aber die Farbe der Sonne nicht unbe-dingt Gelb vor. Farbbedeutungen die tief verwurzelt sind bringen immer auch ein Deutungsspektrum mit sich.
Neben den Urbedeutungen von Farben können Farbnuancen prin-zipiell drei Bedeutungsebenen haben. Diese sind symbolisch, äs-thetisch und indikativ. Die äs thetische Bedeutung von Farbe ist bezeichnenderweise am wenigsten relevant für unser tägliches leben.
Das Farbspektrum der Sonnenstrahlung geht über
das klassische Sonnengelb hinaus.
Das Farbspektrum von Wasser und Himmel enthält
Blau in unterschiedlichen Dunkel- und Intensitäts-
stufen. Der Farbeindruck von Blau ist wässrig, kühl
und fern.
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Farbe & Wahrnehmung
Die Symbolik der Farbe und deren indikativer Aufforderungscha-rakter sind wesentliche Bestandteile unser Gesellschaft und Kom-munikation. Steht eine Farbe, zum Beispiel rot, im Kontext mit anderen, wie Schwarz oder/und Weiß, so ändert sich auch die Farbwirkung oder die Bedeutung.
Persönliche Prägung und Geschmack: Wie kommen “Geschmä-cker“ zustande und wie gehen wir in der professionellen Gestal-tung damit um? Wir bewerten Dinge subjektiv nach qualität und Wichtigkeit. Die Bewertungskriterien die wir hierzu anlegen sind selbstverständlich unterschiedlich gelagert. Wo kommen wir her, wo sind wir aufgewachsen in Bezug auf landschaft und Umge-bung, aber auch das gesellschaftliche Umfeld und Bildung sind relevant. Dies alles prägt unsere Bedeutungsmuster von Klein auf. Die dabei gesammelten Erfahrungen und überlieferten Vorerfah-rungen, sowie unser Geschlecht, Alter und körperliche Verfassung, Kunst und Kultur, bilden gemeinsam ein Beurteilungsrahmen der eine Aussage formt. Daher ist es auch verständlich, dass wohl gruppenübergreifende Parallelen in der Bewertung existieren können, ansonsten aber individuelle “Geschmacksbilder“ ent-stehen. Farbentscheidungen für den öffentlichen raum/im städtebau-lichen Kontext müssen daher, weil mehrere Interessensgruppen und Entscheider beteiligt sind, wie die meisten Farbentschei-dungen im Spannungsfeld Funktion – Humanfunktion, Status und ästhetik getroffen werden.Die Diskussion inwiefern sich >>Experten<< mit >>laien<< auf Kom-promisse einigen sollten oder von Verantwortlichen und/oder städtischer Seite verbindliche rahmenplanungen ausgearbeitet
und verankert werden sollten ist noch lange nicht beendet. Zur zielführenden Kompromissfindung und zur argumentierfähigen Gestaltungsausarbeitung oder zur Entscheidungsfindung sind folgende Fragen zu beantworten:
> 1. Ist das zu gestaltende objekt ein Solitärbau oder steht es in einem Gefüge von städtebaulichen (material- oder farbtech-nischen) Abhängigkeiten und welche sind gestaltungsrelevant? > 2. Wer ist/war Architekt, Bauherr und/oder Nutzer und welche ursprünglichen Gedanken waren bei vorherigen Gestaltungsfas-sungen Grundlage? (Zukunft braucht Herkunft)
> 3. Welche Funktion übernimmt - oder rolle spielt - die zu ent-scheidende Farbigkeit/ Materialität (hervorhebend bis integrie-rend, zusammenfassend bis gliedernd, beruhigend bis rhythmi-sierend etc.) im städtebaulichen Kontext?
> 4. Welche architektonischen Ansatzpunkte, Abhängigkeiten oder Gestaltungsoptionen zur Farbigkeit bietet das objekt grund-sätzlich und wodurch kennzeichnen sich diese?
> 5. Spielen Marketinggesichtspunkte oder Themen wie corporate Architecture eine rolle?
> 6. Führen bautechnische und/oder finanzielle rahmendaten zu einer signifikanten Einschränkung und/oder Erweiterung der Ge-staltungsoptionen oder zu einer wesentlichen Veränderung der Substanz, zum Beispiel nach Sanierung durch Wärmedämmver-bundsysteme?
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Farbe & Kommunikation
Farbordnung und Kommunikation: Farbsystematik als leitlinie zur Kommunikation und ordnung von Farbigkeit ist wesentliche Grundlage für den professionellen Umgang und Einsatz von Far-be.
Die Kommunikation von Farbe bzw. Farbtönen (Farbtermini) ist weitgehend unpräzise und unprofessionell. So wissen wir gera-de noch die Aufhellung und Abdunkelung von Blau und Grün zu betiteln. Hellblau oder Dunkelgrün ist für alle umgangssprachlich klar. Doch wie bezeichnen wir die Abdunkelung bzw. Verhüllung von Gelb oder orange? Wir wählen dafür Namen wie ocker, oliv oder Braun. Und wenn wir dann wissen, wie wir Farbtöne viel-leicht nennen, dann stellt sich die Frage wo endet Gelb und wo beginnt orange. Die Normfarbtafel segmentiert das sichtbare Farbspektrum in Farbgruppen bzw. Farbräume und vergibt dafür Bezeichnungen wie rot, Gelbgrün oder gelbstichiges Grün. Diese Farbtonbezeichnungen sind Sammelbegriffe für eine Farbgruppe. Zur Kommunikation, Gestaltung oder gar rezeptierung mit oder von Farbe ist das zu unpräzise. Die Unsicherheit im Umgang mit Farbe beginnt an diesem Punkt und ist unter anderem auch durch diese Problematik begründet.
Eine visuell logisch angeordnete Farbtonebene ist eine Ebene – kein raum – in der ein Ausgangston x, hier orange, visuell von bunt nach unbunt dunkel und unbunt hell – gleichabständig dargestellt ist. Der Versuch diese Töne durch Assoziativnamen, Umgangssprache oder Farbton und Adjektiv zu beschreiben kann gelingen. Doch sehen wir die Töne nicht gleichzeitig, ist der Spiel-raum zur Vorstellung von Honiggelb oder Kaffeebraun zu groß und das Bild dazu vage und auch unpräzise.
Farbordnungssysteme haben die Aufgabe Farbtonbezeichnungen präzise zu nennen. Es sollen durch systematische Kodierungen Farbtöne in den Farbtonebenen und auch im ganzen Farbraum
“verortet“ werden. So werden hier alle Farbtöne nach den 3 Dimensionen Hellig-keit (lightness) oder Schwarz und Weißanteil, Grad der Buntheit (chroma) und Buntton (Hue), lage des Bunttones im Farbkreis beschrieben. Mit diesen 3 Koordinaten lassen sich alle sichtbaren Farbtöne beschreiben und verorten.
Als Beispiel soll hier die Farbtonebene H gleich Hue gleich Farbtonwinkel 80° des 3D-lcH-Systems (architekturbezogene Farbauswahl) vorgestellt werden. Im 360°-Farbkreis liegt bei 80° der Ausgangston Gelb. Die Farbtöne werden spektral-pho-tometrisch vermessen und über die drei Dimensionen l/c/H in ihrer reihenfolge von Bunt zu Unbunt, hell und dunkel sortiert und eingeordnet. Diese Art der Farbtonkodierung und ordnung hilft in der systematischen und professionellen Gestaltung und Kommunikation mit Farbe. Zum Beispiel in dem Moment, wenn ungünstige lichtverhältnisse herrschen, oder telefonisch über Farbe gesprochen wird und ein Farbton zu beschreiben ist, oder wenn Farbreihen zu komponieren sind.
Kriterien des rDS (rAl-Design-System):
> physiologisch-physikalisches ordnungsprinzip
basierend auf cielab
> Ausgangsbuntfarben: Gelb, rot, Blau und Grün
> ordnungskriterien: Buntton (Hue), Buntheit
(chroma) und Helligkeit (lightness)
> 1688 Farben aus 39 Bunttonebenen
Farbtonwinkel 80° des lcH-Systems Das Schema zeigt eine Bunttonebene aus dem NcS
System y30r und die dazugehörigen umgangs-
sprachlichen Bezeichnungen und Assoziationen.
• u=umgangssprachlich • a=assoziativ
• P=Pigment • s=synästhetisch • c=Farbe
• W=Weiss • s=schwarz
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Architekturfarbigkeit
Alle Farben, die das menschliche Auge wahrnehmen kann, unter-scheiden sich durch drei Merkmale: Helligkeit, Grad der Buntheit und Farbton. Diese drei Parameter werden international mit light-ness (l), chroma (c) und Hue (H) bezeichnet.
Hue (H) oder Farbton Mit Hue wird der Farbton (Art der Buntheit) beschrieben. Der Hue-Wert gibt die lage eines Farbtons im Farbkreis an (Farbwinkel).Für das 3D-System wurde ein 360°-Kreis an 45 Gradzahlen seg-mentiert und mit Farbtönen belegt. Von diesen Ausgangsfarbtö-nen (Hue) werden alle weiteren Nuancen in Farbfamilien geordnet abgeleitet.
lightness (l) oder Helligkeit lightness gibt die Helligkeit der jeweiligen Farbe und somit ihre relation zu Weiß (l=100) und schwarz an (l=0). als neutraler Ver-gleichsmaßstab dient die Grauachse, um die Helligkeit der Farben zu definieren. Im 3D-Farbmodell bildet diese das Zentrum. Alle Farben, die auf einer linie im rechten Winkel zur Grauachse liegen, sind gleich hell bei unterschiedlicher Buntheit (chroma). Auf die Eigenhelligkeit bezogen sind die meisten als Gelb be-zeichneten Farben dem Weiß näher. Die im Blau- bis Violettbe-reich erkennbaren Farben mit hohem Buntheitsgrad liegen dich-ter bei Schwarz.
chroma (c) oder Grad der BuntheitMit chroma (c) wird der Grad der Buntheit beschrieben. Der c-Wert definiert den Abstand einer Farbe zur Grauachse (Grau c = 0). Je höher der Wert ist, desto bunter erscheint die Farbe, je niedriger desto unbunter (vergrauter). Alle Farben auf einer parallelen linie zur Grauachse haben den gleichen Buntanteil bei unterschiedlicher Helligkeit. Mit den drei Parametern l,c,H lässt sich eine Farbe genau defi-nieren. Die unterste Abbildung auf dieser Seite stellt beispielhaft den Gelbbereich aus dem 3D-Farbenraum und daraus einen exakt bestimmten Farbton dar.
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Kontakt
haWK – hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst
institute international Trendscouting
prof. Dipl.-ing. Schlegel
Kaiserstr. 43-4531134 hildesheim