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Inhalt
CL-Notizen
In diesem Heft: „ Hauptamt stärkt Ehrenamt" Gemeinsam mit 18 Landkreisen führt der DL T ein vom BMEL finanziertes Verbundprojekt im Rahmen des Bundesprogramms Ländliche Entwicklung (BULE) in den Jahren 2020 bis 2022 durch. Über das Projekt „Hauptamt stärkt Ehrenamt" und die Übergabe der Fördermittelbescheide ist in Heft 11 und 1 2 des vergangenen Jahres dieser Zeitschrift (721 f. bzw. 763) berichtet worden. Ab sofort werden die Projekte und Initiativen der teilnehmenden Landkreise vorgestellt. Neben dem Kreis Ahrweiler in dieser Ausgabe werden in den nächsten Heften Berichte aus dem Bodenseekreis, Burgenlandkreis, Landkreis Emsland, Erzgebirgskreis, Kreis Euskirchen, Landkreis Göttingen, Kreis Höxter, Landkreis Ludwigslust-Parchim, Landkreis Oberspreewald-Lausitz, Landkreis Regensburg, Kreis Rendsburg-Eckernförde, Landkreis St. Wendel, Landkreis TrierSaarburg, Landkreis Uckermark, Landkreis Vorpommern-Greifswald sowie den Landkreisen Waldeck-Frankenberg und Weimarer Land folgen.
Wettbewerb „ Naturstadt - Kommunen schaffen Vielfalt" Am 1.2.2020 ist der bundesweite Wettbewerb „Naturstadt- Kommunen schaffen Vielfalt" gestartet. Der vom Bundesumweltministerium geförderte Wettbewerb wird vom Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalte.V." durchgeführt und ist u. a. Teil des 2019 beschlossenen Aktionsprogramms Insektenschutz der Bundesregierung.
Zur Wettbewerbsteilnahme sind alle Landkreise, Städte und Gemeinden in Deutschland aufgerufen, die überzeugende und wirkungsvolle Ideen für mehr naturnahe innerstädtische Flächen und zur Förderung von Insektenlebensräumen haben. Es muss sich dabei ausdrücklich um „Projektideen" handeln, da bereits realisierte Projekte von der Teilnahme ausgeschlossen sind. Die 40 besten Projektideen werden als Zu-
Der Landkreis 3/2020
Der Landkreis Zeitschrift für Kommunale Selbstverwaltung 90. Jahrgang · früher „Die Selbstverwaltung" Herausgeber: Deutscher Landkreistag, Berlin, Lennestraße 11 Verlag: W. Kohlhammer GmbH
- Politik Die Klimawende gelingt nur mit den ländlichen Räumen
Der Hype um eine Altschuldenhilfe des Bundes nimmt kein Ende Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, Berlin
Beim Hype um eine Altschuldenhilfe des Bundes „quer im Stall" Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, Berlin
Helmut Schleweis: Niemand darf uns an Nähe zu und im Verstehen von Kunden übertreffen Interview mit Helmut Schleweis, Berlin
Henneke: Mit klarem Kurs voraus!
Ein Job zwischen Papst und Gott Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, Berlin
DL T-Positionen:
Bundesrat macht Weg frei für besseren ÖPNV
Warum kommt die Ehrenamtsstiftung weitestgehend ohne die Kommunen aus?
Titelbilder: Adobe Stock (oben), unten v.l.n.r.: Landskreis Stade, Lena Schlotterbeck, DL T-Archiv
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- Hauptamt stärkt Ehrenamt .-----=.-::.-::.-::.-::.-::.-::.-::..---,
Startschuss für das Projekt „Weitermachen! Kreis Ahrweiler" Dr. Jürgen Pföhler, Kreis Ahrweiler
- DL-Titel In großen Zusammenhängen denken Julia Klöckner, Berlin
Artenvielfalt als polit ischer Handlungsauftrag: Zum Volksbegehren ,,Artenschutz und Naturschönheit in Bayern - Rettet die Bienen" Thorsten Glauber, München
Im Einsatz für die Natur: Fördermöglichkeiten von Landkreisen im Bundesprogramm Biologische Vielfalt Prof. Dr. Beate Jessel und Eva Flinkerbusch, Bonn
Biologische Vielfalt in der Landwirtschaft Robert Spreter und Lena Schlotterbeck, Radolfzell
Artenschwund mit Hilfe von Biotopverbünden stoppen Michael Beier, Duderstadt
Naturschutz und Energiewende vereinbaren Dr. Torsten Raynal-Ehrke, Berlin
Der Wolf, nie weg, aber umso mehr wieder da - auf dem Weg zum aktiven Wolfsmanagement! Gregor Beyer, Potsdam
„Schwalben willkommen" im Landkreis Stade - Ein Citizen Science Projekt für den Artenschutz Michael Roesberg, Landkreis Stade
Aktionsprogramm „Artenreiches Grünland Südniedersachsen" Christei Wemheuer, Landkreis Göttingen
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm Entstehung, Bedeutung und Chancen der Streuobstkonzeption im Enzkreis Dr. Daniel Sailer und Bernhard Reisch, Enzkreis
Tatort Garten - Ödnis oder Oase? Dipl.-Ing. Johann Niedernhuber, Landkreis Straubing-Bogen
Einsatz eines RVR-Rangerteams im Kreis Wesel Anja Schulte, Kreis Wesel
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Der Wolf, nie weg, aber umso mehr wieder da -auf dem Weg zum aktiven Wolfsmanagement!
Kaum eine andere der sog. ,,zurückkehrenden nerarten" hat eine so umfangreiche und teils überaus emotional geführte Debatte ausgelöst wie der Wolf. Dabei erweist sich die Situation in den deutschen Bundesländern momentan noch als überaus unterschiedlich und genau genommen kehren Wölfe auch nicht nach Deutschland zurück, vielmehr waren sie niemals gänzlich verschwunden. Das ist auch der Grund, warum die kommunale Familie vom Wolf unmittelbar aber teils sehr unterschiedlich betroffen ist. Denn dort, wo Wölfe auftreten, stellen sich meist eine ganze Reihe von sehr praktischen Fragen, die den Verwaltungsvollzug der Naturschutzgesetzgebung in den unteren Behörden oder aber Fragen der Gefahrenabwehr betreffen. Dabei stehen kommunale Vertreter nicht selten in Debatten mit betroffenen Weidetierhaltern oder aber allgemein mit einer verunsicherten Bevölkerung. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass sich bspw. in Brandenburg bereits über 50 Kommunen in einer Art Hilferuf auf Beschluss der Gemeindeparlamente zu „wolfsfreien Zonen" erklärt haben, was keinerlei praktische oder rechtliche Auswirkungen hat, gleichzeitig aber den dringenden Handlungsbedarf dokumentiert. Auch dies war Anlass für die gegenwärtig diskutierte Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes.
Die aktuelle Wolfssituation in Deutschland
Für ein Verständnis der Konflikte, die mit der Rückkehr der Wölfe verbunden sind, muss man sich mit der aktuellen Wolfssituation auseinandersetzen. Die mittlerweile in Deutschland teils flächig wieder vorkommenden Wolfsbestände gehören bei objektiver Betrachtung der „baltisch-osteuropäischen Wolfspopulation" an, die nach jüngsten wildbiologischen Schätzungen mindestens 8.000 Individuen umfasst. Das über viele Jahrzehnte hinweg Wölfe in Ostdeutschland entweder sehr selten auftraten oder aber in Westdeutschland annähernd gar nicht vorgekommen sind, hängt insbesondere mit zwei Umständen zusammen. Zum einen wurden Wölfe im ehemaligen Ostdeutschland bis zum 1.4.1992, dem Tag, an dem das Bundesjagdgesetz auch in den neuen Ländern in Kraft trat, konsequent bejagt. Vereinfachend kann man festhalten, dass in der ehemaligen DDR das denkbar einfachste Wolfsmanagement betrieben wurde, man
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Von Gregor Beyer, Potsdam
hat schlichtweg jedes einzelne Individuum erlegt. Zum anderen bestand über knapp 40 Jahre hinweg mit der deutsch-deutschen Grenze eine auch für Wölfe annähernd nicht überwindbare Barriere, sodass von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen im ehemaligen Westdeutschland der Wolf faktisch ausgestorben war. Das Wegfallen der Bejagung des Wolfes hat dann spätestens ab dem Jahr 2000 dazu geführt, dass die permanent aus dem östlichen Europa einwandernden Wölfe sich zunächst im brandenburgisch-sächsischen Grenzgebiet erneut reproduzierten, schließlich wieder Rudel bildeten und zwischenzeitlich die Bundesländer Brandenburg, Sachsen und teilweise Mecklenburg-Vorpommern weitgehend flächendeckend wieder besiedelt haben. Diese Wolfsbestände sind mittlerweile so stabil, dass sich ein permanenter Populationsdruck auch auf die westlichen Bundesländer ergibt. Allein in Brandenburg leben mittlerweile deutlich über 400 Wölfe, was in etwa der doppelten Anzahl derjenigen Tiere entspricht, die für das elfmal größere Finnland als Gesamtbestand zugelassen sind. Zudem ist jüngst auch der genetische Austausch der „baltisch-osteuropäischen Wolfspopulation" mit Tieren der ,,apruzzo-alpinen Wolfspopulation" gesichert, sodass es als sicher gelten kann, dass die gesamte Bundesrepublik bereits in wenigen Jahren wieder flächendeckend mit Wölfen besiedelt sein wird. Man ist daher in allen deutschen Bundesländern gut beraten, sich bereits heute intensiv mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen für das Wolfsmanagement auseinanderzusetzen.
Wolfsmanagement will Menschen ,,managen"
Brandenburg war im Jahr 1994 das erste Bundesland, das eine Managementplanung für Wölfe in Kraft gesetzt hat. Mittlerweile verfügen viele deutsche Bundesländer über ein mehr oder weniger rechtlich abgesichertes Wolfsmanagement. Der Bedarf dafür ergibt sich aus dem Umstand, dass Wölfe in den Anhang IV der FFHRichtlinie eingeordnet sind und somit nach nationalem Recht eine .streng geschützte" Tierart darstellen. Trotz dieses rechtlichen Schutzes ist es unumstritten, dass Wölfe eine Reihe von erheblichen Problemen verursachen, allem voran in der Weidetierhaltung, mit denen praktisch umgegangen werden muss. Die bisherigen Wolfsmanagementpläne folgen daher alle dem Credo
des Deutschamerikaners Aldo Leopold, nach dem das Management von wilden Tieren nicht schwer ist, sehr wohl aber das Management der Menschen, die von diesen Tieren betroffen sind. Sie versuchen, die sich ergebenden Probleme mit Wölfen insbesondere über die Öffentlichkeitsarbeit und das gleichzeitige Beobachten der Wolfsbestände (Monitoring) in konfliktfreiere Bahnen zu lenken. Zudem regeln sie zwischenzeitlich, jedoch in den einzelnen Bundesländern teils gänzlich unterschiedlich, die Fragen des Schutzes von Weidetieren. Dabei stehen momentan der Bau und die Finanzierung von Wolfsschutzzäunen oder aber auch der Einsatz von Schutzhunden im Fokus. Gleichzeitig regeln die Wolfsmanagementpläne meist auch die Grundsätze der Entschädigung für gerissene Weidetiere, was in Gebieten mit Wolfsanwesenheit auch bei besten Schutzbemühungen nicht verhindert werden kann.
In der Anfangszeit eines sich langsam aufbauenden Wolfsbestandes erwies sich dieser Ansatz als zielführend. Mit Zunahme des Bestandes, der jährlich um 36 % der Individuen des Vorjahres anwächst, treten jedoch sehr schnell Konfliktfelder auf, die sich mit einem solchen, rein passiven Ansatz nicht mehr bewältigen lassen. Es erweist sich dann als problematisch, dass die Managementpläne die Ausbreitung des Wolfes weitgehend tatenlos beobachten und mit überaus bürokratischen Regelungen versuchen, die Betroffenen lediglich zu beruhigen. Ein solches „passives Wolfsmanagement" entwickelt sich daher recht schnell zu einem Brandbeschleuniger für die öffentliche Debatte, weil die von den Wölfen Betroffenen nur noch das Unvermögen der politisch wie administrativ Zuständigen wahrnehmen und sich deren eigener Hilflosigkeit ausgeliefert fühlen. Dieser Umstand wird durch die Einstufung des Wolfes als streng geschützte Tierart verstärkt, da -von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen - faktisch kein Eingriff in den Wolfsbestand möglich ist. Selbst beim Vorkommen sog. Problemwölfe, bspw. von Tieren ohne Scheu vor Menschen oder bei mehrfachem Überwinden von Schutzeinrichtungen, scheitert deren Entnahme regelmäßig an den Einspruchsmöglichkeiten der Umweltverbände durch das Verbandsklagerecht. In dieser Situation stehen dann meist die Vertreter der unteren Behörden, allen voran die Landräte und Amtsdirektoren, im Fokus der Konflikte. Von ihnen werden Lösungen erwartet, für die sie keinen rechtlichen Handlungsrahmen haben.
Der Landkreis 3/2020
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Auf dem Weg zum aktiven Wolfsmanagement
langfristig wird es darauf hinauslaufen, dass dem passiven Wolfsmanagement eine zweite aktive Option zur Seite gestellt wird. Aktives Wolfsmanagement bedeutet nichts anderes, als planmäßig in die Wolfbestände einzugreifen und diese langfristig auf eine Höhe zu begrenzen, bei der der berechtigte Schutz der Wölfe mit den ebenso berechtigten Schutzanliegen der Öffentlichkeit in Einklang gebracht wird. Möglich wird dies über die Definition eines .Akzeptanzbestandes" für den Wolf in Deutschland und in den Bundesländern. Darunter versteht man eine wissenschaftlich aber insbesondere auch gesellschaftspolitisch zu definierende Kenngröße für den Wolfbestand, bis zu dessen Erreichung den Weidetierhaltern ein Rechtsanspruch auf Ausgleich von Schäden und Zahlung von Präventionsmitteln zugesprochen wird. Tiere oberhalb des Akzeptanzbestandes werden jedoch konsequent durch Bejagung entnommen.
Gegenwärtig ist eine solche Option allerdings nicht innerhalb der bestehenden deutschen Jagdgesetzgebung möglich. Dazu müsste der Wolf zunächst vom Anhang IV in den Anhang V der FFH-Richtlinie umgestuft werden. Da eine solche Umstufung eines einstimmigen Beschlusses der EU bedarf, ist darin eher ein politisches Fernziel, denn eine kurzfristige Lösungsmöglichkeit zu sehen. Sehr wohl möglich ist aber bereits heute das Vorgehen über einen in der Jagd angedockten Ansatz, der insbesondere in den skandinavischen Ländern bereits heute praktiziert wird. Diese Möglichkeit, die meist als .Schutzjagd" bezeichnet wird, muss lediglich die strengen Vorgaben der FFH-Richtlinie erfüllen. So muss vor dem Eingriff in den Wolfsbestand zunächst ein milderes Mittel versucht worden sein. Zudem muss zweifelsfrei belegt werden, dass die Entnahme einzelner Tiere oder ganzer Rudel keine negativen Auswirkungen auf den Erhalt der betroffenen Wolfspopulationen haben. Unter diesen Voraussetzungen kann auf Antrag betroffener Weidetierhalter die Entnahme von Wölfen durch ortsansässige Jäger umgesetzt werden. Dies setzt allerdings voraus, dass die für die Entnahme von Wölfen zuständigen Personen rechtlich abgesichert sind. Deshalb ist es dringend anzuraten, darin dem Beispiel Sachsens zu folgen, dass der Wolf in die Landesjagdgesetze bei gleichzeitiger ganzjähriger Schonzeit aufgenommen wird. Um den rechtlichen Handlungsrahmen für den Verwaltungsvollzug für die Schutzjagd zu schaffen, wird es langfristig unumgänglich sein, dass die Länder die Verordnungsermächtigung des Bundesnaturschutzgesetzes nutzen und Wolfsverordnungen erlassen.
Der Landkreis 3/2020
Wolfsverordnung der Länder
Brandenburg war das erste Bundesland, welches sich bereits im Jahr 2018 eine Wolfsverordnung (BbgWoltv) gegeben hat. In dieser wurde erstmalig der Versuch unternommen, das bestehende Recht zusammenzufassen, es operativ zu vereinfachen und vor allem die jeweiligen Zuständigkeiten in den administrativen Ebenen zu klären. Auch wurden erstmals konkrete Umstände benannt, wie bspw. das Auftreten von Wölfen tagsüber in geschlossenen Ortslagen oder das Aufhalten von Wölfen in der Nähe von Siedlungen, bei denen geeignete Maßnahmen im Einzelfall angeordnet werden können. Dies kann das Fangen, das Betäuben oder aber auch das Vergrämen von Wölfen mit Gummigeschossen sein. Zudem regelt die brandenburgische Wolfsverordnung das Nachstellen und Töten von Wölfen mit einer für die Jagd zugelassenen Waffe. Als eine der wichtigsten Regelungen ist im Gegensatz zur Rechtslage in anderen Bundesländern in Brandenburg nun auch festgelegt, dass den Jagdausübungsberechtigten eine Art Erstzugriffsrecht für die Durchführung entsprechender Maßnahmen zusteht. Nur wenn die jeweils betroffenen Jagdausübungsberechtigten die Entnahme eines Wolfes ablehnen, können die Behörden Personen außerhalb der Jägerschaft mit der Entnahme beauftragen. Hochproblematisch ist in der Wolfsverordnung allerdings die vollständige Übertragung der Zuständigkeit für Wölfe von den Landkreisen auf das Ministerium. Nach allen vorliegenden Erfahrungen werden die Konflikte rund um den Wolf immer vor Ort in der konkreten Betroffenheit ausgetragen. Die Kompetenzbeschneidung der Landräte wirkt sich daher für diese in aller Regel nicht konfliktminimierend aus, sondern führt lediglich zur kommunalen Machtlosigkeit, die kein einzelnes Problem löst.
Auch die brandenburgische Wolfsverordnung regelt nicht das aktive Bestandsmanagement von Wölfen. Zwar ist es in den vergangenen zwei Jahren auf Basis der Verordnung zur „Entnahme" von wenigen Wölfen in Brandenburg gekommen, jedoch handelt es sich dabei ausschließlich um Fälle schwer verletzter Wölfe durch den Straßenverkehr oder aber um an Räude erkrankter Tiere. Einen direkten reduzierenden Eingriff in den Bestand hat es bislang nicht gegeben. Allerdings zeigt die seit Ende 2019 gültige dritte brandenburgische Wolfsmanagementplanung erstmalig den Weg zum aktiven Wolfsmanagement auf. Brandenburg hat sich darin politisch verpflichtet, dass es die gesetzlichen Voraussetzungen für das aktive Bestandsmanagement in dem Moment schaffen wird, wenn die Bundesrepublik den günstigen Erhaltungszustand für den nationalen Wolfsbestand erklärt.
Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes
Die bestehenden rechtlichen Unzulänglichkeiten haben jüngst auch den Bundesgesetzgeber dazu veranlasst, das Bundesnaturschutzgesetz zu novellieren. Auch wenn zur Drucklegung dieses Artikels die noch notwendige Beschlussfassung des Bundesrates ausstand, so kann davon ausgegangen werden, dass erstmals mit dem Paragraf 45 a eine eigene gesetzliche Regelung für den „Umgang mit dem Wolf" in das Naturschutzgesetz eingefügt wird. Damit soll zukünftig der Abschuss von einzelnen Wolfsindividuen bis hin zu ganzen Rudeln für den Fall geregelt werden, dass es im Wiederholungsfall zu Wolfsübergriffen auf Weidetiere kommt. Ferner wird die Schadensdefinition des Naturschutzgesetzes von „erheblichen" land-, forst-, fischerei-, wasser- oder sonstigen Schäden herabgestuft zu „ernsten Schäden", was zu einer einfacheren Erteilung von artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen führen soll. Kritisch muss allerdings angemerkt werden, dass nach den Vorerfahrungen der vergangenen Jahre bezüglich der Verbandsklagefreudigkeit deutscher Umweltverbände davon auszugehen ist, dass die neue Schadensdefinition erst über mehrere Jahre hinweg durch die Instanzen geklagt werden muss, bis diesbezüglich für die Verwaltungen Rechtssicherheit besteht. Zudem wird der Bundesgesetzgeber mit der Novelle exakt jene Regelungsgegenstände einführen, die in Brandenburg bereits seit zwei Jahren durch die Wolfsverordnung gelten, ohne dass es zu einer Befriedung der Situation gekommen wäre. Aus Sicht der Betroffenen erweist sich die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes wie so oft in der Wolfspolitik mehr als ein Placebo; also als eine Lösung, die politisch gefallen will, ohne zu wirken.
Für die Zukunft der Wölfe in Deutschland wird es essenziell darauf ankommen, ob der Teufelskreis einer immer stärker werdenden Betroffenheit, insbesondere der Bevölkerung im ländlichen Raum, und der einer die urbane Klientel berücksichtigenden Politik der Untätigkeit durchbrochen werden kann. Die Erfahrung aus anderen Ländern dieser Welt zeigen überdeutlich, dass keine Macht der Welt den Schutz der Wölfe garantieren kann, wenn die Akzeptanz für diese Tiere verloren geht. Darin liegt wahrscheinlich die tatsächliche Herausforderung für das Wolfsmanagement der Zukunft. D
Gregor Beyer, Geschäftsführer, Forum Natur Brandenburg e.V., Potsdam
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