ist die orthoborsäure, bo3h3, mit wasserdämpfen flüchtig?

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1734 Anschutz, Riepenkroger: Ist die Orthoborsaure, Jahrg. 58 Was die Rathsche Base vom Schmp. 103 104O betrifft, so scheint sie das von mir beschriebene u-Amino-y-rnethyl-pyridiii zu sein, wie ein Vergleich der Eigenschaften der Base mit denen des cr-Amino-y-methyl- pyridins 4), sowie die Eigenschaften der Salze beweisen. Leider fiihrt Hr. R a t h in der Abhandlung in den ,,Berichten" nicht an, welche Art von (3-Picolin er bei seinen Versuchen benutzte ; die Dissertation, auf die er hinweist, ist rnir aber nicht zuganglich5). Ich vermute, daB Hr. Rath sogenanntes ,,P-Picolin gereinigt" benutzte, das von bekannten Firrnen in den HandeI gebracht wird. Solches ,,P-Picolin gereinigt" e n t h a l t aber nur Spuren von (3-Picolin und besteht zum grofien Tejl aus y-Picoline). Damit ware es verstandlich, warum Hr. R a t h in Wirklichkeit das 2-Amino-4-niethyl-pyridin erhalten hat. Ich mochte noch hinzufiigen, dalS meine Arbeit schon vor einigen Jahren beendet war und nur aus auneren Griinden nicht gedruckt werden konnte. Eber die Resultate der Arbeit hat jedoch inein verehrter Lehrer Hr. Prof. A. Tschitschibabin in der Versammlung der Deutschen Chernischen Gesellschaft in Berlin im November ~gzz Bericht erstattet. 321. Richard Anschiits und Karl Riepenkrtiger t: 1st die Orthoboretlure, BOaHa, mit Waeeerd&mpfen fliichtig? (Eingegangen am 22. Juni 1925.) In den beiden niir stets zur Hand liegenden Lehrbiichern der anorgani- schen Cheinie wird iiber die Fliichtigkeit der Orthoborsaure mit Wasser- dampfen Folgendes mitgeteilt: V. v. Richter-Klinger, 12 Aufl., S. 368: ,,Kocht man die Losung, so verfliichtigt sich Ebrsaure mit den Wasser- dampfen." Karl A. Hofmann, 5. Aufl., S. 369: ,,Mit den Wasserdampfen ist diese Saure" Borsaure - ,,wie schon beim natiirkhen Vorkomrnen erwahnt, in betrachtlichem MaBe fluchtig." Ich wollte 1920 diese Eigenschaft in meiner Vorlesung iiber anorganische Experimentalchemie vorfiihren und stellte daher, unterstiitzt von meinem damaligen Privatassistenten Hrn. Riepenkroger , vorher folgende Ver- suche an: I. Destillation einer wal3rigen Losung von Borsaure unter vermindertem Druck: 20 g Borsaure, in 500 ccm Wasser gelost, unter- warfen wir unter 16 mm Druck und 35 40° Badtemperatur der Destillation. Das erste Destillat von zoo ccm enthielt keine Spur Borsaure, ebensowenig das zweite Destillat von 150 ccm. Die angewandten 20 g Borsaure blieben nach vorsichtigem Abdunsten des Kiic]tstandes zuriick. 2. Destillation einer wanrigen Losung von Borsaure unter gewohnlichem Druck: 12 g Borsaure in I 1 Wasser gelost und bei 760 rnrn Druck unter lebhaftem Kochen destilliert, gaben 470 ccm Destillat, das wie , 4, B. 57, 791 19~41. Das a-Amino-y-methyl-pyridin schmilzt bei 100-100.50 (korr.) und siedet unter 11 mm Druck bei 115-II~O (korr.). 6, Wie mir die Gropiussche Kunst- und Buchhandlung in Berlin am 30. April d. J. initgeteilt hat, existieren von der Dissertation von G. P r a n g e keine Drncke. u, Felix B. Ahrens, B. 38, 155 [I905]. -2weiPraparate von ,,p-Picolin gereinigt", die im hiesigen Laboratorium untersucht wurden, enthielten iiberhaupt kein f3-PicoIii. dagegen vie1 y-Picolin.

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Page 1: Ist die Orthoborsäure, BO3H3, mit Wasserdämpfen flüchtig?

1734 A n s c h u t z , R i e p e n k r o g e r : Ist die Orthoborsaure, Jahrg. 58

Was die Rathsche Base vom Schmp. 103 104O betrifft, so scheint sie das von mir beschriebene u-Amino-y-rnethyl-pyridiii zu sein, wie ein Vergleich der Eigenschaften der Base mit denen des cr-Amino-y-methyl- pyridins 4), sowie die Eigenschaften der Salze beweisen.

Leider fiihrt Hr. R a t h in der Abhandlung in den ,,Berichten" nicht an, welche Art von (3-Picolin er bei seinen Versuchen benutzte ; die Dissertation, auf die er hinweist, ist rnir aber nicht zuganglich5). Ich vermute, daB Hr. R a t h sogenanntes ,,P-Picolin gereinigt" benutzte, das von bekannten Firrnen in den HandeI gebracht wird. Solches ,,P-Picolin gereinigt" e n t h a l t abe r n u r S p u r e n von (3-Picolin u n d b e s t e h t zum grofien Tejl a u s y-Picoline). Damit ware es verstandlich, warum Hr. R a t h in Wirklichkeit das 2-Amino-4-niethyl-pyridin erhalten hat.

Ich mochte noch hinzufiigen, dalS meine Arbeit schon vor einigen Jahren beendet war und nur aus auneren Griinden nicht gedruckt werden konnte. Eber die Resultate der Arbeit hat jedoch inein verehrter Lehrer Hr. Prof. A. Tschi t sch ibabin in der Versammlung der Deu t schen Chernischen Gesel lschaft in Berlin im November ~ g z z Bericht erstattet.

321. Richard Anschiits und Karl Riepenkrtiger t: 1st die Orthoboretlure, BOaHa, mit Waeeerd&mpfen fliichtig?

(Eingegangen am 22 . Juni 1925.) In den beiden niir stets zur Hand liegenden Lehrbiichern der anorgani-

schen Cheinie wird iiber die Fliichtigkeit der Orthoborsaure mit Wasser- dampfen Folgendes mitgeteilt: V. v. Richter -Kl inger , 12 Aufl., S. 368: ,,Kocht man die Losung, so verfliichtigt sich Ebrsaure mit den Wasser- dampfen." K a r l A. H o f m a n n , 5. Aufl., S. 369: ,,Mit den Wasserdampfen ist diese Saure" Borsaure - ,,wie schon beim natiirkhen Vorkomrnen erwahnt, in betrachtlichem MaBe fluchtig."

Ich wollte 1920 diese Eigenschaft in meiner Vorlesung iiber anorganische Experimentalchemie vorfiihren und stellte daher, unterstiitzt von meinem damaligen Privatassistenten Hrn. Riepenkroger , vorher folgende Ver- suche an:

I. Des t i l l a t ion e iner wal3rigen Losung von Borsaure u n t e r ve rminde r t em Druck: 20 g Borsaure, in 500 ccm Wasser gelost, unter- warfen wir unter 16 mm Druck und 35 40° Badtemperatur der Destillation. Das erste Destillat von zoo ccm enthielt keine Spur Borsaure, ebensowenig das zweite Destillat von 150 ccm. Die angewandten 20 g Borsaure blieben nach vorsichtigem Abdunsten des Kiic]tstandes zuriick.

2. Dest i l la t ion e iner wanr igen Losung von Borsaure u n t e r gewohnlichem Druck: 12 g Borsaure in I 1 Wasser gelost und bei 760 rnrn Druck unter lebhaftem Kochen destilliert, gaben 470 ccm Destillat, das wie

, 4, B. 57, 791 19~41 . Das a-Amino-y-methyl-pyridin schmilzt bei 100-100.50 (korr.) und siedet unter 11 mm Druck bei 115-II~O (korr.).

6 , Wie mir die Gropiussche Kunst- und Buchhandlung in Berlin am 30. April d. J . initgeteilt hat, existieren von der Dissertation von G. P r a n g e keine Drncke.

u, F e l i x B. Ahrens , B. 38, 155 [I905]. -2weiPraparate von ,,p-Picolin gereinigt", die im hiesigen Laboratorium untersucht wurden, enthielten iiberhaupt kein f3-PicoIii. dagegen vie1 y-Picolin.

Page 2: Ist die Orthoborsäure, BO3H3, mit Wasserdämpfen flüchtig?

:IWI BU,H,, rnit Wasserddlmpfen fluchtig ? I735

unter I) beschrieben verarbeitet, k ei ii e Borsaure hinterlief3. Unter diesen Bedingungen ist demnach Orthoborsiiure nicht rnit Wasserdampf fluchtig.

3. Von der im DestillationsgefaS von Versuch 2 zuriickgebliebenen Borsaure-Losung versetzte man 150 ccm rnit 15 g einer Phosphorsaure- Liisung voni spez. Gewicht 1.3, also #-proz., und da dieser Zusatz den Siede- punkt nur auf IOIO erhohte, fiigte man noch 20 g Metaphosphorsaure hinzu. Bei der Destillation unter gewohnlichem Druck stieg der Siedepunkt von IOIO bis 123O, wobei 125 ccm Destillat entstanden, das nach Abdestillieren des Wassers unter vermindertem Druck 0.03 g Borsaure hinterliek

4. Einwirkung von iiberhitztem Wasserdampf auf Meta- borsaure: 10 g Borsaure erhitzte man in einer Retorte auf I~o-ISOO, wobei die OrthoborsHure unter Abspaltung von Wasser in Metaborsaure, 0 : B. OH, uberging, auf die nunmehr ein auf 320 3600 uberhitzter Wasserdampfstrahl geleitet wurde. Nach einer Stunde enthielt die Vorlage 180 ccm Borsaure- Liisung, die nach Abdestillieren des, Wassers unter vermindertem Druck 0.75 g Borsaure hinterliel3.

j. Ein zweiter Versuch wie in 4) rnit 10 g Borsaure ausgefuhrt, gab nach einer Stunde und 15 Min. 280 ccm Borsaure-Losung, die 1.05 g Bor- saure enthielten.

6. Ein dritter Versuch wie in 4) mit 10 g Borsaure, gab nach z1i2 Stdn. 450 ccm Borsaure-I,ijsung, die 3.2 g Borsaure enthielten.

Daraus folgt, daf3 die Metaborsaure, 0 : B .OH, rnit iiberhitztem Wasser- dampf fliichtig ist.

Unsere Erfahrungen stehen im Einklang mit den Angaben friiherer Beobachter iiber die Fliichtigkeit der Metaborsaure mit Wasserdampf; besbnders sei auf die Ver- suche von Schaffgotsch') und von TchijewskiP) hingewiesen.

Die Orthoborsaure ist rnit Wasserdampfen nur insofern fliichtig, als sie sich bei genugend boher Temperatur des Wasserdampfes in diesem dissoziiert in Wasserdampf und Metaborsaure. Denn beirn Abdestillieren von Wasser aus einer Orthoborsaure-Losung unter gewohnlichem Druck findet sich keine Orthoborsaure itn D e s t a t . La& man dagegen uberhitzten Wasserdampf auf Metaborsaure einwirken, so verfluchtigt sie sich rnit den Wasserdampfen und verbindet sich schon bei der Kondensation der Dampfe mit dem Wasser zu Orthoborsaure. La& man daher uberhitzten Wasserdampf auf Bortrioxyd oder Borsaure-anhydrid einwirken, so entsteht zunachst Metaborsaure, die sich in den iiberhitzten Wasserdampfen verfluchtigt und im KQndensat als Orthoborsaure auftritt.

Da die Soffioni in Toskana bei ihrem Austr i t t aus der E r d e noch an der Erdoberflache eine Temperatur von 1zo~-1go0 haben, so i s t in ihnen das Bor in Form von Metaborsaure vor- handen, die sich e rs t beim Abkuhlen der Dampfe mit Wasser zu Orthoborsaure verbindet. '

I) Pogg. Ann. 107, 427; vergl. J. 1869, 661. a} Arch. ph. nat. [3] 12, 1zo-14g; vergl. 3. 1884, 13.