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JPN Journal www.deinejpn.de Ausgabe 2 • Juni 2013 Das Magazin der Jungen Presse Niedersachsen Landesverband der Jugendpresse Deutschland Ansonsten: Thema Drogenseminar JMC:nw 2013 Stadt Land Flucht

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Stadt, Land, Flucht

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Page 1: JPN JOURNAL 13-2

JPN Journal

www.deinejpn.de

Ausgabe 2 • Juni 2013

Das Magazin der Jungen Presse NiedersachsenLandesverband der Jugendpresse Deutschland

Ansonsten:

Thema

DrogenseminarJMC:nw 2013

StadtLand

Flucht

Page 2: JPN JOURNAL 13-2

Impressum

Prolog

Junge Presse Niedersachsen e.V.Borriesstraße 2830519 Hannover

Fon (05 11) 83 09 [email protected]

www.twitter.com/deinejpn& bei facebook

JPN-Journal 2/132. Quartal 2013

Herausgeberin & VerlagJunge Presse Niedersachsen e.V. (JPN)Borriesstraße 2830519 Hannover

Auflage450 Exemplare & Online

DruckPapierfliegerTelemannstr. 138678 Clausthal-Zellerfeld

Redaktion:Luisa Meyer

Layout & Illustrationuhdebuff wuag

V.i.S.d.P.Marvin UhdeFindorffstr. 6828215 Bremen

BankverbindungKonto-Nr.: 7001-306Postbank HannoverBLZ: 250 100 30

ErscheinungsweiseEinmal pro Quartal

Luisa [email protected]

Petr LegkovIT & [email protected]

Nele HüpperJugendPresseTreff & [email protected]

Lukas PaapFoto & Regionalgruppe [email protected]

Kevin [email protected]

Eike Schrö[email protected]

Marvin [email protected]

Meret [email protected]

Patrick TölleFinanzen & Ö[email protected]

Ramona LienhopFinanzen & Ö[email protected]

Die namentlich gekennzeichneten Artikel geben nicht die Meinung der Redaktion bzw. des V.i.S.d.P. wieder.Für Mitglieder der JPN ist der Bezugs-preis im Mitgliedsbeitrag enthalten. Alle anderen können das JPN-Journal für EUR 10,- im Jahr abonieren. Be-stellungen bitte direkt an die JPN.

JPN Vorstand

Liebe MedienmacherInnen,

nachdem ihr das letzte Journal nur online lesen könntet, ist dieses eine Freude für eure Finger, für eure Nase und wunderbar praktisch zum mitnehmen und überall schmökern. Dieses Mal gibt es auch wieder ein Thema: Leben in der Stadt und auf dem Land. Dazu findet ihr unter anderem eine Fotostrecke und ein Pro und Contra.

Ein anderer Schwerpunkt dieses Journals sind Drogen. Nein, wir wollen euch weder mit der üblichen „Drogen sind böse“-Aufklärerei der Schule konfrontieren noch euch zu einem Joint einladen. Sondern uns wirklich tiefgründig mit dem Thema auseinandersetzen. Zu diesem Thema findet ihr viele spannende Artikel ab Seite 12, die bei einem Seminar entstanden sind.

Nicht mehr nur Land, sondern schon Pampa war der Schauplatz für eines der Highlights im JPN-Jahreskalender. Anfang Mai startete wieder das Jugendmediencamp in Loxstedt. Dann hieß es wieder: mit den Medien in die Pampa. Ein paar Im-pressionen vom Camp könnt ihr euch ab Seite 23 ansehen.

Und, als Sahnehäubchen zu diesen Themen, gibt’s in diesem Journal noch zwei Rezensionen und einen Ausblick auf die Recherchefahrt nach Bosnien und Herzegowina.

Ganz viel Spaß beim Lesen – und beim realen Durchblättern - wünscht eucheure JPN

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Titelthema: Stadt & Land Drogen JMC:nw 13

InhaltStadt & Land ............................................................. 4

Weder Kreuzberg noch Linden .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 6Bloß nicht zurück aufs Land! .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 7Nachhaltig leben im Wald und in der Wüste .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 8Wir überlassen unsere Zukunft nicht der Politik! .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 9

Kennste das schon? .................................................. 10Wer regiert hier wen? .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..10Schluss mit Afrika-Klischees! .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..11

Rechercheseminar Drogen ....................................... 12Eine Einführung .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..13Drogendistribution in Deutschland .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..14Darüber lassen wir Gras wachsen .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..16Hauptsache legal! Hauptsache Rausch! .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..19Die Droge ist nur ein Symptom .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..20

JMC:nw 2013 .............................................................. 23Man nennt es „Museo Aero Solare“… .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..24Nicht für dich gemacht – Poetry Slam .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..24Was ist eigentlich…? .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..26

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Muhende Kühe auf einer Weide. Traktoren, die über die Straße fahren. Nachbarn, die einen seit seiner Geburt kennen. Aber auch: Viel Platz. Frische Luft. Ruhe.

Muh.Muh.Muh.

Das Landleben hat so seine Vor- und Nachteile. Genauso wie das Stadtleben. Manche mögen das Leben in der Stadt, die Hek-tik und die Mobilität. Andere können den Smog, den Lärm und die vielen Menschen nicht leiden. Ob das Land- oder das Stadt-leben für einen attraktiver ist, muss jeder selbst entscheiden. Unsere beiden Autorinnen Meret und Ines haben sich schon für eine Variante entschieden und schildern auf persönliche Weise, warum es sich in einem Dorf oder in Berlin besser lebt. Fotografin Nele hat für das Journal ein paar Impressionen vom ländlichen Leben in ihrem Heimatort festgehalten. Außerdem findet ihr in diesem Themenschwerpunkt einen Bericht über ein Ökodorf und einen Artikel über eine Art, wie sich Jugend-liche im ländlichen Raum engagieren können.

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Fotos: Nele Hüpper

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Morgens halb 8 in der Küche - der Kaffee ist schon fertig, doch die Milch ist alle. Kein wirklich guter Start in den Tag, gerade nach einer kurzen, unruhigen Nacht kann man solche Unannehmlichkeiten am frühen Morgen meist schlecht wegstecken. Der nächste Supermarkt hat noch geschlossen und die Schlafanzug-hose gegen die Jeans auszutauschen wäre jetzt auch viel zu aufwendig.

Wohnt man jedoch gegenüber ei-nem Biobauernhof, gestaltet sich die Situation deutlich weniger kri-tisch. Und so schlüpfe ich in mei-ne Gummistiefel, ziehe mir den Regenmantel über und husche aus dem alten Backsteinhaus hinaus in die taufrische Morgenluft. Ich über-quere den kleinen Weg und schon begrüßen mich die Kühe mit ihren Rufen. Auch Biobauer Jochen winkt mir, ein fröhliches „Moin moin“ ru-fend, schon von Weitem zu. Auf dem Rückweg vom Kuhstall noch ein klei-ner Abstecher in die Biobackstube. Mit einer vollen Blechkanne frischer Milch und zwei noch warmen Hafer-Dinkel-Brötchen kann man durch-aus von einem guten Start in den Tag sprechen!

Von wegen ruhiges Landleben. Ru-hig kann man unseren Garten nach-mittags bestimmt nicht nennen. Ein Haufen Kleinkinder springt durch umher, tummelt sich zwischen Schaufeln und Baggern an der selbst-

gebauten Wippe. Zwei von ihnen machen sich daran, den Rhabarber zu ernten, aus dem nachher noch Si-rup gekocht wird. Neben der Hänge-matte weht eine Antiatomfahne.

Am Gartentisch sitzen beide El-ternteile, barfüßig mit Kaffeetas-sen in der Hand. Vollrohrzucker neben Haferkeksen. Es sind „alter-native“ Menschen, die hier in dem 1000-Seelen-Dorf Westen an der Aller leben. Ökos, Freaks, Hippies. Sie sind Aussteiger, die keine Lust mehr auf das zermürbende Stadtle-ben haben, es sind junge Landwirte, die den Hof ihrer Eltern übernom-men und auf ökologischen Landbau umgestellt haben. Man baut sich hier in Westen seine eigene Infrastruk-tur auf, Carsharing gibt es nicht nur in der Stadt. Freitags und dienstags verkaufen meine Mitbewohner Paul und Tanja ihr Gemüse auf dem Markt, ihre Kinder geben sie bei den Nachbarn ab, die können sich dafür umsonst mit Obst eindecken. Jeden Mittwoch ist Volksküche: Jeder, der mag kocht etwas für alle, und das Es-sen gibt’s gegen eine Spende. Kurz-um: hier herrscht Solidarität und ich möchte mal behaupten, mehr als in jedem linksautonomen Zentrum in Kreuzberg.

Kultur ist da, wo Leute sie ins Le-ben rufen. So ist es auch hier. Jeden zweiten Donnerstag ist Kinoabend in der alten Kneipe und einmal im

Weder Kreuzberg noch Linden

Monat findet der Kulturbrunch statt, bei dem neue Bücher und Musikstü-cke vorgestellt werden.

Sonntag Abend, 20.10 Uhr. Unser Wohnzimmer füllt sich langsam. Die Nachbarn kommen zum Tat-ort schauen, der Altersdurchschnitt liegt bei circa 30. Danach beginnen die Planungsgespräche für eine gro-ße Party, die traditionsgemäß im Frühsommer gefeiert wird.

Ich verabschiede mich, um ins Bett zu gehen, ich muss morgen den frühen Bus nehmen, um zu mei-ner Praktikumstelle zu fahren. „Ich nehm dich mit“, sagt Paul, „morgen fahren wir sowieso nach Verden um den Biosupermarkt zu beliefern.“ Also kein stressiges Aufstehen mor-gen und Milch ist auch noch mehr als genug da.

Meret, 19 Jahre alt, wohnt in dem Dorf Westen in der nähe von Verden. Sie hat großen Gefallen am Landleben und ihrer Ökokommune gefunden.

Über einen wirklich alternativen Lebensstil, wo man ihn nie vermutet hätte

Foto: Meret Haack

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Zurück auf’s Land? Nicht in den nächsten Jahren! Ich bin sehr froh, mittlerweile in der Großstadt zu wohnen. Ein paar Minuten von mei-ner Haustür entfernt fahren U- und S-Bahnen. Alle drei Minuten. In meinem Heimatdorf fuhr ein Bus ein paar Minuten von meiner Haus-tür entfernt. Zu Schulzeiten dreimal am Tag.

Statt im Garten sitze ich im Som-mer jetzt auf meinem Zwei-Quad-ratmeter-Balkon oder in einem der zahlreichen Parks. Das Grüne fehlt mir darum eigentlich nicht. Was auch immer ich in meiner Freizeit machen will – in einer großen Stadt findet sich ein passendes Angebot. Die Auswahl ist riesig. Entsprechend schwer ist es zwar, sich für irgend-was zu entscheiden – aber das ist ein Luxusproblem.

Von den Verfechtern des Landle-bens bekomme ich meistens Folgen-des zu hören: „In der Großstadt hat man nirgends seine Ruhe. Man trifft nie Bekannte auf der Straße, alles ist total anonym. Es ist laut und stinkt.“ Dem kann ich nicht widersprechen. Nur ziehen diese Menschen die fal-schen Schlüsse daraus.

Natürlich ist man immer überall von anderen Menschen umgeben. Aber dank der Anonymität ist es auch egal, wenn einen fremde Men-schen verschwitzt durch den Park laufen oder verschlafen in der U-Bahn sitzen sehen. Leben und leben

lassen. Dass man in der Großstadt nie Bekannte trifft, stimmt aller-dings nicht. In meinem Kiez treffe ich häufig Bekannte im Supermarkt oder an der Haltestelle.

Und zum Thema Gestank: Ja, wo es viele Autos gibt, gibt es auch vie-le Abgase. Und in den Bahnen ist oft sehr miefig. Aber auf dem Land stinkt es doch auch – nur eben nach Kuhstall.

Und apropos leben und leben las-sen. Egal wie man rumläuft, hier muss man wirklich viel Aufwand betreiben um aufzufallen, oder es eben genießen, dass man nicht auf-fällt. Auf dem Dorf reicht schon eine neue Haarfarbe, um für einige Zeit das Thema Nummer eins zu sein. Es passiert ja sonst nichts.

In einer Großstadt zu leben bringt auch zwangshalber ein gewisses Maß an Toleranz mit sich. Hier wohnen in einer Straße verschiedenste Natio-nen, Tür an Tür. Wenn man die Spra-che des anderen nicht spricht, grüßt man sich halt durch Kopfnicken und Lächeln. In der U-Bahn sitzen Ma-nager neben Obdachlosen. Natürlich gibt es auch hier Vorurteile, Diskrimi-nierung und Fremdenfeindlichkeit, ich will das nicht schönreden. Aber ich finde persönlich finde es spannend, von den verschiedensten Menschen umgeben zu sein – und nicht ständig auf der Straße derselben neugierigen Nachbarin und demselben muffigen Nachbarn begegnen zu müssen.

Auf dem Weg zur U-Bahn habe ich letztens eine Postkarte entdeckt, die genau meine Meinung ausdrückt: „Die Berliner sind unfreundlich und rücksichtslos, ruppig und rechtha-berisch, Berlin ist abstoßend, laut, dreckig und grau, Baustellen und verstopfte Straßen wo man geht und steht - aber mir tun alle Menschen leid, die hier nicht leben können!“

Ines Küster, 21 Jahre, lebt seit fast einem Jahr in der Hauptstadt. Sie kann sich über-haupt nicht vorstellen, in den nächsten Jahren wieder zurück in ihr Heimatdorf im Weserbergland zu ziehen.

Bloß nicht zurück aufs Land!Das Stadtleben bietet mehr Möglichkeiten und

mehr Abwechslung, sagt Ines

Berlin: ihr wisst ja, wies dort aussieht.

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Wer in Wolfsburg nicht in der Auto-stadt hängen bleibt, sondern seine Tour mit Regionalzug und Bus bis in das kleine Dorf Poppau fortsetzt und dann dem Wegweiser in Richtung „Sieben Linden“ folgt – der landet in der gleichnamigen Ökosiedlung. Seit 1997 wohnen hier zur Zeit rund 140 Menschen, davon 40 Kinder, die sich einem ökologisch nachhaltigem Leben verschrieben haben. Die Pla-nungen für die Siedlung begannen bereits Ende der 1980er Jahre. „Wir sind damit vermutlich die einzige Dorfneugründung in Deutschland seit dem zweiten Weltkrieg“, sagt Michael Würfel, der seit 2007 in der Gemeinschaft lebt.

Den ursprünglichen Vorsatz aus-schließlich Produkte aus eigenem Anbau zu konsumieren, kann das Dorf jedoch nicht mehr vollständig umsetzen. „Wir haben auch einen Schwerpunkt auf die Öffentlich-keitsarbeit gelegt und wollen den Menschen zeigen, dass es möglich ist, so zu leben“, sagt Würfel weiter. Dafür veranstaltet die Gemeinschaft regelmäßig Seminare – beispielswei-se zum Strohballenbau oder zur Be-sinnung. Zudem gibt es jeden ersten Sonntag im Monat ein Café, bei dem interessierte Besucher das Dorf ken-nen lernen können.

Wie viele Ökodörfer dieser Art es in ganz Deutschland gibt, ist schwer zu sagen, da die Grenzen zwischen Kommunen, Ökodörfen und ande-ren gemeinschaftlichen Lebensfor-men oft fließend sind. Eurotopia ist ein Verzeichnis, das trotzdem versucht die europäischen Ökosied-lungen zu katalogisieren. In der ak-tuellsten Auflage von 2009 sind dort

400 Gemeinschaften aufgeführt. Zur Zeit wird jedoch an einer Neuauflage gearbeitet.

Doch nicht nur in Europa gibt es Plansiedlungen für ein nachhalti-geres Leben. Eines der größten Pro-jekte soll zur Zeit ausgerechnet in den Arabischen Emiraten umgesetzt werden, die sonst eher für eine anti-ökologische Lebensweise bekannt sind. Mitten in der Wüste soll hier eine ganz neue, sich selbst versor-gende Stadt entstehen. Während ein ähnliches Projekt in China, das ursprünglich zur Expo 2010 eröff-net sein sollte, inzwischen aufgege-ben wurde, halten die Emirate noch an ihrem Vorhaben fest und bauen seit 2008 an ihrer Stadt. Aktuellen Planungen zufolge sollen die ersten Menschen 2015 einziehen können,

bis der Bau dann zehn Jahre später abgeschlossen sein soll. Dann sollen 40.000 Menschen auf der Fläche von rund 6 Quadratkilometern wohnen.

Dabei war zunächst geplant, die Stadt bereits im Jahr 2016 fertigzu-stellen. Doch die Finanzkrise und der ehrgeizige Plan, die sich parallel ra-sant entwickelnde Technik erneuer-barer Energien umzusetzen, sorgten für Verzögerung. Bis zur endgültigen Fertigstellung wird das Projekt rund 20 Millarden US-Dollar verschlun-gen haben. In Mosdar sollen jedoch nicht nur Menschen leben, sondern auch forschen. Bereits jetzt sind dort Institute für erneuerbare Energien entstanden und nachhaltige Indust-rie wird mit großartigen Subventio-nen gelockt.

In Sieben Linden in der Altmark sieht es jedoch anders aus: Wer in dem Ökodorf leben möchte, muss über 12.000 Euro für seine Genos-senschaftseinlage bezahlen. Zusätz-lich muss ein Gemeinschaftskurs absolviert und eine einjährige Pro-bezeit in der Gemeinschaft über-standen werden. Doch was ist, wenn jemand das nötige Geld nicht zu-sammenbekommt? „Ich habe mir das Geld auch von einem Freund ge-liehen und dann abgestottert“, sagt Würfel mit einem Achselzucken. Viele der potenziellen Einwohner, die sich auf die Probezeit einlassen, kommen aus der Stadt und suchen bewusst den Ausgleich auf dem Land zwischen Komposttoilette und Lehmhäusern. Und falls es doch zu ruhig wird: Die Busse mit Anschluss nach Hannover, Hamburg oder Ber-lin fahren regelmäßig.

Nachhaltig leben im Wald und in der WüsteZwei Länder mit zwei unterschiedlichen Konzepten für ökologisches Leben.. In einem Ökodorf in der Nähe von Wolfsburg leben 140 Menschen gemein-sam.. Und die Arabischen Emiraten planen eine riesige nachhaltige Stadt..

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„Ein guter Tag für die Wirtschaft“, jubeln die ein einen. „Ein schwarzer Tag für das Klima!“, klagen die an-deren. Das Europäische Parlament lehnte am 16. April die Rettung des EU-Emissionsrechtehandels ab. Diese Entscheidung führt uns wie-der einmal erschreckend vor Augen, dass die Politik wirtschaftliche Inter-essen über Zukunftsinteressen stellt. Jugendliche der niedersächsischen Initiative „KliMotion“ starteten da-her in ganz Niedersachsen Klima-schutzprojekte.

2,63 Euro pro Tonne CO2 – mehr scheint unsere Zukunft den meisten Parlamentariern in Straßburg nicht wert zu sein. Auf diesen Wert san-ken die Kosten für den Ausstoß von Treibhausgasen im April. Der Emis-sionshandel, der ursprünglich die CO2-Emissionen der europäischen Industrie mindern sollte, verkommt zu einer Farce. Und Deutschland – bislang Vorreiter im Klimaschutz – trägt maßgeblich dazu bei. Denn erst die Zerstrittenheit der deutschen Minister Peter Altmaier (CDU) und Philipp Rösler (FDP) motivierte vie-le Eurokraten dazu, sich gegen die Reform des Emissionshandels aus-zusprechen. Konsequenter Klima-schutz ist mit der Bundesregierung offenbar nicht möglich. Eigentlich kein Wunder, da jedes zweite Mit-glied der CDU und sogar der SPD bereits über 60 Jahre alt ist. Für wen Zukunft lediglich noch 20 Jahre be-deutet, der hat vermutlich kein urei-genes Interesse an einem nachhalti-gen Umgang mit unserer Erde. Umso erschreckender ist da die Aussicht, dass schon bald über die Hälfte aller Wahlberechtigten in Deutschland äl-ter als 60 sein werden. Zukunftswei-sende Entscheidungen werden dann wohl noch schwieriger durchzuset-

zen sein. Es gilt, jetzt zu handeln.Denn es ist noch nicht zu spät.

Wenn bis 2020 die richtigen Maß-nahmen ergriffen würden, sei der Klimawandel noch auf ein erträgli-ches Maß zu begrenzen, meint Hans Joachim Schellnhuber, der Direktor des renommierten Potsdam-Insti-tuts für Klimafolgenforschung. Die Rettung unserer Erde „kostet die Menschheit nur wenige Prozent ih-rer Wirtschaftsleistung. Was bisher allein fehlt, ist der politische Wil-le“, sagt Schellnhuber im Interview mit der ZEIT. Wenn Klimaschutz-politik von oben nach unten nicht funktioniert, muss der Druck von unten – von uns Jugendlichen – kom-men. Mit dieser Idee haben rund 15 Schüler aus ganz Niedersachsen im Herbst letzten Jahres die Initiative „KliMotion – JugendKlimaAktionen Niedersachsen 2013“ gegründet. Sie wollen Jugendliche zu aktivem Kli-maschutz motivieren und so eine Botschaft an die Politik senden: Die Jugendlichen kämpfen für ihre Zu-kunft!

Klimaschutz beginnt im Kleinen. Deswegen möchte die Initiative Ju-gendliche dazu animieren, in ihrem lokalen Umfeld aktiv zu werden und einen messbaren Beitrag zum Kli-maschutz zu leisten. „KliMontion“ organisiert in ganz Niedersachsen Ideenwerkstätten, um gemeinsam mit interessierten Jugendlichen kreative Ideen für Klimaschutz-projekte zu entwickeln. Ein Ideen-pool auf der Website www.klimoti-on.de steht den Jugendlichen dabei Seite, der beständig erweitert wird und die Aktiven bei der Initiierung eigener Projekte unterstützen soll. Außerdem greift das Projekt Ju-gendlichen bei der Organisation und Umsetzung ihrer Ideen unter

die Arme oder stellt Kontakte zu anderen NGOs her.

Ein zentrales Element der Arbeit von „KliMotion“ ist die Vernetzung. Überall in Niedersachsen gibt es zahlreiche Gruppen, die tolle Klima-schutzaktionen auf die Beine stellen. Damit andere von ihren Erfahrung profitieren und sich austauschen können, möchten wir ein Netzwerk schaffen, in dem Jugendliche sich gegenseitig inspirieren und anregen. All das soll in einen großen Klima-Basar am 2. Oktober 2013 in Hanno-ver münden, auf dem ein intensiver Erfahrungsaustausch und eine feste Vernetzung möglich sein sollen.

Mit Stefan Wenzel hat nun der niedersächsische Umweltminister die Schirmherrschaft für „KliMoti-on“ übernommen und den Jugend-lichen damit seine Unterstützung zugesichert.

Wir überlassen unsere Zukunft nicht der Politik!

Nicht nur in der Stadt können sich Jugendliche

politisch engagieren. Sondern auch im ländlichen

Raum. Zum Beispiel für den Klimaschutz. Ein Be-

richt über das Projekt „KliMotion“ und ein umwelt-

politischer Kommentar.

von carl frederick luthin

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Kennste das schon?Wer regiert hier wen?

von

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ckel Macht, Medien und Politik – in diesem Drei-

eck werden alle wichtigen Entscheidungen getroffen. Das sagen zumindest die Autoren des Buches „Die gehetzte Politik“. Wie der Ti-tel vermuten lässt, ist es nicht unbedingt die Politik, die dieses Dreieck antreibt. Denn Po-litiker haben große Angst vor Zeitung, Radio, Fernsehen und Internet. Große Medienkam-pangen haben in den letzten Monaten viele Politiker zu Fall gebracht. Christian Wulff, Karl-Theodor zu Guttenberg und Annette Schavan sind die bekanntesten Beispiele. Trotzdem sind die Mächtigen auf die Medien angewiesen. Durch die mediale Öffentlich-keit werden sie bekannt, und der nächste Mi-nisterposten rückt in greifbare Nähe.

In 27 Interviews geht das Buch der Frage auf den Grund, wer hier eigentlich wen re-giert. Die Medien die Politik, die Politik die Märkte oder die Märkte die Medien? Da-bei haben die Autoren auch mit bekannten Journalisten gesprochen. Kai Diekmann von der Bildzeitung wurde zur Wulff-Affäre be-fragt und Giovanni di Lorenzo von der Zeit

spricht über zu große Nähe zwischen Jour-nalisten und Politikern. Der Gründer des BildBlogs Stefan Niggemeier spricht darü-ber, warum man den Boulevardzeitungen auf die Finger schauen muss. Außerdem erklärt Martin Sonneborn, warum das Sati-remagazin Titanic das ein oder andere Tabu brechen darf.

Das Besondere an diesem Buch sind aber nicht nur die Interviewpartner, sondern die Autoren selbst. 23 Studierende der Universi-tät Tübingen haben sich ein Jahr lang auf die Interviews vorbereitet und schließlich mit den Prominenten gesprochen. Dabei kam es ihnen nicht so sehr darauf an, eine Ant-wort auf die Machtfrage zu finden. Vielmehr zeichnet das Buch verschieden Meinungen ab und zeigt: Die Politik befindet sich in ei-nem großen Wandlungsprozess, vorange-trieben durch das Internet.

Bernhard Pörksen: Die gehetzte Politik. Edition Medienpraxis

Was war deine Motivation, an dem Pro-jekt teilzunehmen?

Ich wollte lernen, wie man ein richtig gutes Interview führt und anschließend zu Papier bringt. Außerdem hat mich das Thema inte-ressiert. Ich fand es einfach klasse, dass an der Uni ein so praktisch ausgelegtes Seminar angeboten wird. Außerdem ist es schon ein tolles Gefühl, wenn man das fertige Buch in Händen hält, in dem ein Text veröffentlicht wurde, den man mitverfasst hat.

Wie habt ihr euch auf die Interviews vor-bereitet?

Wir haben uns durch Unmengen an Mate-rial gelesen. Schon zu Projektbeginn wurde uns ein hundertseitiger Reader zum Thema Interviewcoaching ausgeteilt. Außerdem be-

Alina Hübner, eine der Autorinnen, im Interview

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Schluss mit Afrika-Klischees!

von

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ckel „In Afrika leben nur arme Kinder mit großen Hun-

gerbäuchen und traurigen Augen. Um sie herum herrscht Krieg und Zerstörung. Sollte es einmal Frie-den geben, versinkt das Land im Korruptions- und Drogensumpf. Schließlich ist Afrika ein rückstän-diger Kontinent. Weil sich der gesamte “schwarze Kontinent” in der gleichen Lage befindet, könnte man auch von einem einzigen Land sprechen.“

Gegen solche Klischeebilder richtet sich Martin Sturmer mit seinem Plädoyer für eine differenzierte Afrikaberichterstattung. Er selbst betreibt eine kleine Nachrichten-agentur, die Neuigkeiten von afrikanischen Journalisten an deutschsprachige Zeitungen weitersendet. Von seinem fundiertes Afri-kawissen profitiert das Buch. Sturmer stellt darin zuerst dar, wie in Deutschland und Ös-terreich über afrikanische Staaten berichtet wird. Er analysiert, welche Länder überhaupt in den Zeitungen auftauchen und welche Themen angesprochen werden. Anschlie-ßend gibt er eine Überblick über verschieden medienwissenschaftliche Erklärungen für den einseitigen Blick auf Afrika. Er stellt die Framingstrategie vor und erklärt, worum es

sich beim Nachrichtenfaktor handelt. Zum Schluss versucht Sturmer, die Chancen von afrikanischen Nachrichtenagenturen einzu-schätzen.

Das Buch ist sehr wissenschaftlich aufge-baut. Dem Leser begegnen viele Tabellen und Verweise auf Fachliteratur. Auch sprachlich wird es oft kompliziert. Lange Sätze und kom-plexe Ideen ziehen sich über die knapp 200 Seiten. Hier zeigt sich: Martin Sturmer ist Wis-senschaftler und kein Journalist. Deshalb gibt es auch kaum praktische Tipps in seinem Buch. Dafür seitenweise Ratschläge, was ein Jour-nalist vermeiden soll, welche Wörter er nicht benutzen sollte und die üblichen Verweise auf die Kolonialzeit. So steht der Leser am Ende des Buches ratlos da. Er weiß zwar, was er nicht tun soll - was er stattdessen schreiben kann bleibt aber im Dunkeln.

Afrika!: Plädoyer für eine differenzierte Berichter-stattung von Martin Sturmer. UVK-Verlag

kamen wir viele journalistische Artikel, um uns in das Thema einzulesen. Der nächste Schritt war dann, kurz vor den Interviews so viel wie möglich über oder von der Person zu lesen, die man interviewte. Jeder von uns er-stellte so ein umfangreiches Dossier – Mini-mum war dabei „Daumenstärke“.

Gab es auch mal Ärger, wenn es darum ging, wer welchen Promi interviewen darf?

Nein eigentlich nicht. Wir durften im Vor-feld Wünsche äußern und ich glaube, das hat auch gut funktioniert. Dass nicht jeder Wolfgang Schäuble interviewen kann, ist klar. Aber ich glaube das wollten auch nicht alle. Dadurch, dass wir außerdem von unter-schiedlichen Studienfächern kamen, waren die Interessen ohnehin weit gefächert. Es wäre auch taktisch unklug gewesen, wenn wir uns damit lange aufgehalten hätten. Die Promis wirklich für ein Interview zu gewin-nen, war nämlich auch eine ziemliche Her-ausforderung.

Im Vorwort steht, ihr habt die Interviews „ohne falsche Scheu“ geführt. Hattest du nicht doch Respekt bei deinem Interview mit Ulrich Deppendorf?

Natürlich hatte ich Respekt! Ich werde das nicht vergessen, wie ich am ARD-Haupt-stadtstudio gemeinsam mit Carina Stefak, mit der ich das Interview geführt habe, an-kam. Mit dem Aufzug fuhren wir bis ganz

nach oben. Die Tür ging auf, und am Ende eines langen Ganges stand Ulli Deppendorf und wartete schon. Da hatte ich schon Res-pekt, er ist nämlich auch viel größer, als man denkt: über 1,90m! Aber ich denke, Respekt sollte man auch tatsächlich haben, es wäre vermessen, als Studentin zu glauben, man könne Herrn Deppendorf sagen wo's lang-geht. Der Ausdruck „falsche Scheu“ bezog sich eher darauf, dass wir auch unbequeme, kritische Fragen stellen wollten. Und nicht in bewundernder Pose alles voll Ehrfurcht nie-derzuschreiben, was uns der Leiter des ARD-Hauptstadtstudios erzählt. Wir sind auch gleich mit einer frechen Frage eingestiegen…

In eurem Buch geht es um die gehetzte Politik. Was ist deine persönlich Meinung dazu? Warum wird die Politik gehetzt und von wem?

Das politische Handeln wirkte in letzter Zeit oft reaktiv. Und das liegt zu einem Teil sicher auch daran, dass das Tempo und damit der Druck von außen, durch Medien und Fi-nanzmärkte, zugenommen hat. An welchen Stellen das geschieht, und wie sich das aus-wirkt, dazu haben wir nachdenkenswerte Stimmen in unserem Buch eingefangen.

In __Af-r i ka _ l e -ben nur_a r m e K i n d e r mit_gro-ßen Hun-g e r b ä u -c h e n und_trau-r i g e n _ _A u g e n .

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Drogen: Es gibt kaum ein Thema, um das so viele Halbwahrheiten kursieren. Das mussten auch die Teilnehmenden des Re-chercheseminars gleich zu Beginn fest-stellen. Was ist legal und was nicht? Was gilt als Droge und was vielleicht als Me-dikament? Wie wirken eigentlich welche Drogen und wo liegen die Gefahren? An diesem Wochenende nahmen wir uns all diese Fragen vor: Im Gespräch mit Experten lernten wir, weshalb beispiels-weise die Grüne Jugend die Legalisierung von bestimmten Stoffen fordert. Und wir sprachen mit einer Mitarbeiterin der StepKids, einem Verband, der Jugendli-chen mit Suchtproblemen aller Art auf-nimmt und ihnen ein geregeltes Umfeld und Hilfe im Alltag bietet. Außerdem reflektieren die TeilnehmerInnen den eigenen Umgang mit dem Thema und wie es von ihnen bisher im Alltag wahr-genommen wurde. Unsere Ergebnisse könnt ihr auf den folgenden Seiten lesen.

R e c h e r c h e s e m i n a r 1. bis 3. März 2013

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Der Begriff Drogen ist schwer greif-bar. Das ist auch den Teilnehmenden des Rechercheseminars „Drogen“ aufgefallen. Die von der Bundes-regierung geführte Drogenpolitik, mögliche Alternativen und die all-gemeinen Gefahren und Vorteile von legalen und illegalen Drogen waren nur einige der Diskussionspunkte des Seminars.

Drogen verändern das Bewusstsein

Dabei fällt es schwer, das Thema Drogen zu fassen und zu definieren. Als Droge kategorisiert man allge-mein Stoffe, die das Bewusstsein des Menschen verändern und per Gesetz illegal sind. Grundsätzlich kann man als Droge aber jeden Stoff bezeichnen, der für das Überleben des Menschen nicht essenziell ist und nicht nur das Bewusstsein, son-dern auch den Stoffwechsel oder das Nervensystem beeinflusst. Darunter fallen nicht nur „harte“ Drogen wie Heroin oder Kokain, sondern auch gesellschaftliche akzeptierte Drogen wie Alkohol, Nikotin und Koffein. Aber auch viele Medikamente kön-nen als Drogen missbraucht werden, wie zum Beispiel Schlafmittel oder Schmerzmittel.

Ein großes Problem in der mo-mentanen Drogenpolitik ist die Tabuisierung. Experten schätzen, dass viele Süchtige und Drogentote verhindert werden könnten, wenn man, anstatt darüber zu schweigen, die Öffentlichkeit über Folgen und Wirkungsweise von Drogen aufklä-ren würde. Dadurch kann man den Umgang sicherer gestalten. In letzter Zeit werden vermehrt Stimmen laut, die anstatt dem bisher geführtem Kampf gegen Drogen eine Aufklä-rungs- und Entkriminalisierungs-politik fordern. Länder wie Portugal oder die Niederlande gehen dabei als Beispiel voran. Portugal hat vor einiger Zeit alle Drogen legalisiert. Der offene Umgang hat nicht wie von Kritikern erwartet zu einem explosi-ven Anstieg der Drogenkonsumen-ten und -toten geführt. Im Gegenteil: Die Anzahl der Süchtigen und Toten ging zurück, da Drogenkonsumen-ten sich nun offen zu ihrer Sucht bekennen können und sich angstfrei Hilfe bei offiziellen Stellen suchen.

Auf den folgenden Seiten findet ihr die Artikel und Reportagen der Seminarteilnehmenden, die sich mit-hilfe der gesammelten Erfahrungen vom Seminar mit dem Thema Drogen kritisch auseinandergesetzt haben.

von jaron preßler und petr legkov

EINE EINFÜH-

RUNG<<<

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Trotz Milliardeninvestitionen und Kampfhubschraubern ist das An-gebot unverändert. Allein in Ko-lumbien wurden 2012 72 Tonnen Kokain konfisziert, immerhin neun Prozent der weltweiten Produktion. Dazu hat das kolumbianische Mili-tär rund 1200 Kokainlabore zerstört, 400 Boote und 150 Kleinflugzeuge beschlagnahmt, 22 Landebahnen zerstört und 76 000 Menschen ver-haftet. Trotzdem ist es nicht schwer, auf einer Szeneparty an Drogen zu kommen.

Woher die illegalen Drogen kom-men liegt für viele Bürger auf der Hand: Von der bösen Mafia und an-deren schlimmen Kriminellen, an der Polizei vorbei geschmuggelt und dann von zwielichtigen Typen in üb-len Gegenden verkauft. . . oder?

Der Weg, den illegale Drogen, neh-men ist oft viel subtiler und kürzer als allgemein angenommen.

Bei der unter jungen Menschen

bekanntesten illegalen Droge Can-nabis, sieht es etwa so aus:

Meistens bekommt man den Stoff von einem Freund, der einen Freund hat, der jemanden kennt, der so et-was vielleicht hat. Eben diese Person gibt es oft eigentlich gar nicht, denn eigentlich hat der besagte Freund das Gras selbst angebaut. Also eigentlich nicht, denn das wäre ja illegal. Doch ein nicht unerheblicher Anteil des Cannabis in Deutschland wird von Privatpersonen im eigenem Heim erzeugt. Nicht immer nur zum Ei-genbedarf. Der Großteil kommt den-noch von außerhalb, aber die Mafia hat damit nichts zu tun. Glaubt ihr nicht? Dann setzt euch doch in euer Auto und fahrt in die Niederlande oder die Tschechische Republik. Dort könnt ihr ganz legal ein paar Gramm Cannabis kaufen und damit nach Hause fahren. Die Rückfahrt ist zwar nicht mehr ganz so legal, aber zu einem internationalen Schmuggler-ring gehört ihr dadurch noch nicht. Genausowenig wie die anderen tau-send Drogentouristen, die regelmä-ßig zum Konsum ins Ausland fahren.

Selbst synthetische Drogen kom-men zum Teil aus deutscher Pro-duktion, ganz „Made in Germany“.

DRoGENDIStRIbUtIoN IN DEUtSCHLANDWoher kriegt das Volk seine Drogen?

Selten jedoch erreichen diese Drogen einen guten Qualitätsstandard. Oft sind es Dealer, die schnell Geld ma-chen wollen und aus allem, was gera-de da ist, etwas mixen, das den Kun-den high macht. Eine andere Quelle sind Chemiestudenten mit Zugang zu Chemikalien. Doch abgesehen von diesen Ausnahmen hier behält der gemeine Bürger langsam Recht: Viele der „harten“ Drogen werden aus dem Ausland eingeschmuggelt, und das nicht von Einzelpersonen, sondern von mächtigen Drogenkar-tellen und der Mafia. Erst einmal im Land, kaufen sich Großhändler die Drogen, um diese dann mit einer Gewinnspanne zu verkaufen, die bei manchen Drogen ins Hundertfache geht.

Der Drogenmarkt ist ein hartes Business.

Doch übersieht so mancher, dass nicht immer jede Droge illegal ist, sondern manchmal nur nicht für jeden zugänglich. Wer das nicht versteht, fragt am besten seinen Arzt oder Apotheker. Auch so man-cher Senior könnte da weiterhelfen. Die Rede ist von Drogen, die aus dem medizinischen Bereich. Vie-le Schmerz- und Schlafmittel, zum Beispiel Morphium oder Diaze-pam, haben eine starke und können süchtig machen. Darum es ist schon lange üblich, diese Drogen, pardon, Medikamente nur gegen Rezept he-rauszugeben. Dafür wurde schon vor über 60 Jahren im Arzneimittelge-setz gesorgt. Doch auch das ist nur ein Gesetz. Wenn niemand dafür sorgt, dass es eingehalten wird, dann gibt es Verstöße. Deshalb kommt es beispielsweise vor, dass Kranke ei-nen Teil ihrer Medikamente an Drit-te verkaufen, die keine Berechtigung zum Besitz und Gebrauch ebenjener haben. Die Gründe für diesen Handel sind weder Geldgier noch Überfluss, sondern Geldnot, weil die Krankheit so viel Geld verschlingt, dass sie il-legale Geschäfte machen müssen. Dies gilt nicht nur für Rauschmit-tel, sondern auch für leistungsstei-gernde Mittel wie Ritalin, das gegen Hyperaktivität verschrieben wird.

von jaron preßler

Der Besitz illegaler Drogen ist nach Betäubungsmittel-gesetz unter schwere Strafe gestellt. Der „War on Drugs“ ist ein weltweiter Krieg gegen illegale Dro-gen, geführt von Militär und Polizei gegen internationale Kartelle, aber genauso auch den kleinen Dealer an der Ecke.

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Viele Studenten nutzen es aber, um ihre Konzentration zu steigern.

Wer nun auf die Idee kommt, sich an dem Kuchen beteiligen zu wollen und sich nicht um die Gesetze zu kümmern, sei gewarnt: In den ille-galen Kreisen ist die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung recht gering und die Konkurrenz verteidigt ihren Markt, möglicherweise durch Ge-waltanwendung oder Schusswaffen-gebrauch. Der Drogenmarkt ist ein hartes Business und niemand teilt gerne sein Geld mit anderen.

In der Party- und Ra-veszene gibt’s Ecstasy, Reggae-Fans rauchen

Cannabis.Wer selbst einmal Drogen konsu-

mieren möchte, sollte berücksichti-gen, dass der Konsument der Letzte in der Verkaufskette ist und vor ihm eine unbekannte Menge an Zwi-schenhändlern versucht hat, Geld daran zu verdienen. Der einfachs-te Weg das zu tun, ist die Drogen zu strecken, also andere Dinge mit hineinzumischen, die darin nichts verloren haben. Manche sind ungif-tig und schmecken genauso wie die eigentliche Droge. Aber mit höhe-rer Wahrscheinlichkeit sind es gif-tige Stoffe, die zum Teil selbst einen Rauscheffekt erzeugen und vom un-erfahrenen Konsumenten nicht von der eigentlichen Droge unterschie-den werden können.

Bestimmte Gruppen bevorzugen bestimmte Drogen, abhängig von sozialer Herkunft und Wohlstand, Wohnort und der Musikszene.

Dass sowohl in der Rock- und Me-tallszene als auch bei Volksmusik gerne Bier trinkt, ist sicher lange be-kannt. Auch viele Arbeiter und arme Menschen trinken gern Bier. Höhere Schichten bevorzugen Wein oder Sekt.

Kategorisiert nach Musik, fin-det man in der Party- und Rave-szene einen massiven Anstieg des Konsums von Amphetaminen und andere anregende Drogen wie Ec-stasy. Damit kann man die ganze Nacht durchtanzen ohne müde zu werden. Beim Reggae findet man bei vielen Leuten Cannabis.

Wenn man nach sozialen Schichten geht, finden sich unter den Reichen auch die teuren Drogen. In den höhe-ren Rängen von Management, Wer-be- oder Unterhaltungsbranche, gilt Kokain genauso als Statussymbol wie ein teures Auto oder ein Maßanzug. In den Mittelschichten findet man eher Mittel, die entspannend wirken. Der Tag war hart und der Chef uner-träglich, da hilft erst einmal ein Joint nach dem Abendessen, reden sich viele ein. Die Drogen, die in den är-meren Schichten konsumiert werden, haben eine gefährliche Wirkung. Sie-dienen fast nur noch dem Zweck, dem elenden Alltag zu entkommen. Klas-sisches Beispiel ist Heroin: Billig und stark abhängig machend, findet man es fast nur in den untersten Schichten der Gesellschaft.

Regional finden sich die Unter-schiede auf zwei grundsätzliche Arten: Der Bevölkerungsdichte und den Landesgrenzen. Je höher die Be-völkerungsdichte, desto höher das Angebot der Drogen und desto ge-ringer die Preise: Die Drogen werden in großen Mengen angeliefert und es gibt viele Anbieter. Damit einherge-hen geringere Preise, denn einer-seits kann man die Drogen in großen Mengen anliefern lassen und ande-rerseits gibt es viele Anbieter.

Der Unterschied an den Landes-grenzen im Vergleich zum Inland ist durch das Angebot im Ausland bestimmt, wie oben bereits einmal erklärt können sie in den Niederlan-den oder Tschechien legal Cannabis kaufen und viele bringen dieses dann mit nach Deutschland. In Polen und Tschechien ist zusätzlich Crystal Meth eine leicht erhältliche Dro-ge, viele Ostdeutsche kaufen dieses dort ein und konsumieren es oder verkaufen es weiter. Dadurch findet man im Osten ein größeres Angebot an Crystal Meth als im Westen. Ein sehr reichhaltiges Angebot bekommt man auch in Hafenstädten, durch die Containerimporte.

Grundsätzlich gilt: Man bekommt, was man will, wo man will. Ob nun il-legale Drogen, Waffen oder ein Baby-krokodil als Geburtstagsgeschenk für den Neffen. Alles was man braucht, ist der Kontakt, der die Ware be-schafft und genug Geld, um die Ware zu bezahlen.

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Neulich, im Vorlesungssaal, als er in Gedanken kurz abschweifte, wur-de Phillip noch einmal wütend. Es er-innerte sich an einen Abend, wenige Tage zuvor. Er wollte mit Freunden losziehen und einen Joint rauchen. Er selbst fand nichts dabei, doch ei-nige um ihn herum verurteilten ihn. Sie machten blöde Sprüche oder ver-zogen wortlos das Gesicht. Dagegen kämpft er an.

Ein Treffen der Grünen Jugend. Es steht ein neuer Krieg zur Debatte. Die Grüne Jugend setzt sich für die Legalisierung von Drogen ein. Das tun ihre Mitglieder nicht nur, weil sie gerne kiffen wollen. Marcel Duda von der Grünen Jugend erklärt uns, warum er sich für Leute wie Phillip einsetzt.

Bei Drogenkonsum besteht ein nicht zu unterschätzendes Suchtpo-tential. Macht sich ein Politiker für die Legalisierung von Drogen stark, wird das von vielen als eine Auffor-derung zum Drogenkonsum wahr-genommen - und abgelehnt. Deshalb zielt die derzeitige Regierungspartei auf Abstinenz. Sie kämpft gegen den Drogenkonsum und -handel, strebt eine drogenfreie Welt an – eine Uto-pie, so Marcel Duda von der Grünen Jugend.

Ohne die Schutzherrschaft, so die These, verliert sich ein Teil der Ge-sellschaft in den Drogenrausch, ver-liert das Maß, driftet in die Abhän-gigkeit. Indem man Drogen, etwa Cannabis, kriminalisiert, schrumpft der Markt, den der Staat kontrol-lieren kann, und „der Stoff“ ist nur im Verborgenen zu bekommen. Auf diese Weise, so die Annahme, sinkt auch die Nachfrage und damit die Gefahr.

„Es gibt Menschen, die den Stoff trotz allem wollen“, sagt Marcel. „Es gab sie immer und es wird sie immer geben. Diese Menschen holen sich

den Stoff, ob verboten oder erlaubt. Ich meine nicht die Süchtigen. Es gibt auch gesunde Menschen wie uns, die sich einfach nur amüsieren wollen“, erklärt Marcel. Die Ecstasy-Pille sei wie ihr Drink an der Bar. Und weit weniger schädlich als das Maß an Al-kohol, das denselben Effekt hat.

Aus dem Drogenbericht der Bun-desrepublik von 2011 geht hervor, dass 200 Millionen Menschen welt-

weit illegale Drogen konsumieren. Rund 4 Milliarden Euro gebe die deutsche Justiz jährlich aus, um Dro-gendelikte aufzuklären, die Täter zu ermitteln und zu verfolgen, so Mar-cel Duda.

„Wenn jemand die Drogen aufgege-ben hat, dann wohl kaum aus Angst, das Betäubungsmittelgesetz zu ver-letzen.“ Marcel lacht. „Wenn man die Suchtkranken betrachtet, erkennt man viel eher ein neues Problem: Weil sie sich stellen müssten, holen sie sich aus Angst vor den Konse-quenzen keine Hilfe.“ Hier wird sein Blick wieder ernst. Denn lustig geht es auf dem Drogenmarkt ganz und gar nicht zu. Wenn die Menschen nicht legal kriegen, was sie wollen, entsteht ein Schwarzmarkt. Der 500 Milliarden Dollar schwere Drogen-markt ist einer der schwärzesten. Die Drogen haben diverse Mitfahr-gelegenheiten: zwischen Bananen-kisten, versteckt in Maschinenbau-teilen, Schuhsolen, Bibeln, Brüsten, Bäuchen von Hunden, Leichen, als Körperimplantat in Oberschenkeln oder Waden. Transportiert werden sie im Auftrag mafiöser Kartelle, auf Wunsch der Konsumenten wie dem Studenten Phillip.

Häufig ist das Marihuana, das er raucht, gepanscht. „Ich weiß nicht, mit was für einem giftigen Zeug der Stoff gestreckt wird.“ Denn auf dem Schwarzmarkt gibt es keine Qua-litätskontrolle. Der Konsument ist

dem Hersteller vollkommen ausge-liefert.

„Auch wird kaum jemand darauf achten, umweltbewusst anzubau-en.“ Nein, im Drogengeschäft regiert kein Parlament mit grünen Sitzen. Ein weiterer Aspekt, der die Grüne Jugend von der Legalisierung über-zeugt.

Die Politik versucht, dieses Prob-lem zu lösen, indem sie alle Beteilig-ten verfolgt. Sie kämpft gegen Koka-bauern in Kolumbien und Lagerchefs in Nigeria, gegen Drogenkuriere mit Kokstüten im Magen, gegen die Drogenkartelle in Mexiko und gegen Phillip, der am Wochenende ein paar Gramm Cannabis in der Hosenta-sche trägt. Sie kämpft gegen die Kil-ler der Drogenmafia, die sich sowohl gegenseitig, als auch den Feind, die Staatsgewalt, niedermetzeln. Allein in Mexiko fielen 60 000 Menschen im Drogenkrieg, die Amerikaner verstopfen ihre Gefängnisse mit Ma-rihuana-Rauchern und die Taliban finanzieren ihre Waffen mit Drogen-geschäften. „Der War on Drugs ist so global wie McDonald’s“ schrieb der SPIEGEL, „Der Drogenkrieg ist ge-scheitert. Es ist Zeit für Abrüstung.“

80 Prozent der Gefassten sind Kon-sumenten, Leute wie Philipp und sei-ne Freunde, die die großen Männer bei den Schultern packen und durch-rütteln wollen. „Eure Maßnahmen sind kontraproduktiv!“, rufen sie.

Der Drogenmarkt ist einer der schwärzesten

SchwarzmärkteMan sehe zwar das Problem, be-

greife aber nicht, dass selbst Hand angelegt werden müsse. Die jungen Grünen fordern die Verstaatlichung von Drogen. Will man sich heute ein Tütchen Marihuana kaufen, so kann man in die Niederlande fahren und das Produkt erwerben, ohne von der Justiz verfolgt zu werden. Weil es kein Angebot eines legal hergestell-ten Produkts gibt, landen zurzeit 100 Prozent der Gewinne eines Ge-schäfts, das größer als die Autoin-dustrie ist, bei Kriminellen.

Im kolumbianischen Putomayo kostet das Kilo reines Kokain nach seiner Herstellung 1300 Euro, an der kolumbianischen Grenze sind es

DARÜbER LASSEN wIR GRAS wACHSENEin Gespräch mit Marcel Duda über die Legalisierung von Cannabis & anderen Drogen

„Ein Martini-Abend wäre vollkommen legitim. Alkohol trinkt jeder. Dabei ist Cannabis deutlich weniger schädlich. Ein Joint reicht den ganzen Abend. Bei einem Gläschen Martini bleibt es hingegen selten.“

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bereits 4000 Euro und auf Jamaika 2000 Euro mehr. Die Dealer in Eu-ropa und den USA verlangen an die 30 000 Euro und der Konsument würde in Berlin 400 000 Euro be-zahlen müssen. „Willst du reich werden, dann fang an zu dealen. Das kann man den Leuten raten“, sagt Marcel höhnisch. Mittellose Men-schen brauchen den Stoff, wenn sie süchtig sind. Sie prostituieren sich und andere und stehlen, um an Geld zu gelangen. Und werden damit dop-pelt kriminell.

Illegaler Handel unterliegt keinen staatlichen Kontrollen. Ohne diese gibt es indes keinen Jugendschutz. Wer will, der bezahlt, und wer be-zahlt, der kriegt. Auch wurden Dro-gen vor Jahrtausenden als Naturheil-mittel angesehen. Heute scheut man sich, die medikamentöse Wirkung von Drogen zu erforschen. Verrück-te nähmen Drogen, Böse, Kriminel-le, Menschen, die mit ihrem Leben nicht fertigwerden könnten. Phillip meint, der Mensch suche von Natur aus die Flucht aus seiner tristen Welt, er sei „rauschbedürftig.“ Im Rausch suche er Trost und Glück, Größe und Sinn, Flucht und Erfüllung, Enthem-mung und Bewusstsein. Und Selbst-bewusstsein.

Regulation statt Prohibition

Marcel Duda wünscht sich, dass mehr Geld in die Prävention inves-tiert wird als in die Strafverfolgung. Der junge Politikmacher beschreibt, wie es nach der Vorstellung der Grü-nen Jugend sein könnte: „Der Staat errichtet Drogen- und Alkoholfach-geschäfte. Die kann man sich wie

Apotheken vorstellen. Die Werbung für Drogen und Alkohol wird gänz-lich verboten. Auf alle Rauschmittel wird eine Steuer erlassen. Es gilt das Prinzip: Regulation statt Prohibiti-on. Die Drogen kommen zum einen aus reguliertem Anbau, zum andern liegt ihnen eine Packungsbeilage bei.“ Auch ein Drogenführerschein ist vorgesehen, sodass die Aufklä-rung jedes Konsumenten garantiert wird. Höchstmengen und Altersbe-schränkungen könnten so leichter durchgesetzt werden.

„Wenn jemand dreimal wöchent-lich Heroin shoppen geht, fällt das auf. Ihn würde man ansprechen, ob er nicht Hilfe bräuchte. Da die meis-ten Menschen Wert auf den bewuss-ten Konsum legen und wissen wollen, was sie nehmen, würde das Geschäft krimineller Drogendealer immer kleiner werden und schließlich ganz der Vergangenheit angehören.“ Die eingesparten Gelder werden in eben-diese Läden investiert, in Prävention und Therapie, in Wohneinrichtun-gen wie die STEPKIDS. Der Umgang mit Drogen und Alkohol würde in einer Welt, in der mit offenen Kar-ten gespielt wird, automatisch be-wusster werden. „Die Leute hätten nicht mehr Zeit für Party als vor der Legalisierung. Vielleicht würden sie die eine oder andere Flasche Korn liegen lassen und einmal bewusster auf etwas weniger Schädliches zu-rückgreifen.“ Marcel hält inne. „Auch wir müssten uns nicht kriminell füh-len, wenn wir uns einmal im Monat einen Joint gönnen würden.“

Marcel Duda im Gespräch. Foto: Moritz Richter

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Der Rausch ist vorbei. Zumindest, was die Droge Spice betrifft. Durch das im Dezember 2008 gestartete Verbotsverfahren war es mit dem sogenannten „Legal High“ schnell wieder vorbei. Die als Räuchermi-schung verkauften Kräuter waren mit synthetischen Cannabinoiden versetzt, was ihnen geraucht eine ähnliche Wirkung wie Cannabis bescherte. Typisch für ein solches Rauschmittel ist die einfache Ver-fügbarkeit, möglich gemacht durch gesetzliche Grauzonen. In den letz-ten Jahren tauchten in einschlägigen Head- und Smartshops (Geschäften für Cannabis) immer mehr von den „Legal Highs“ auf. Im Internet ist das Bestellen der halblegalen Highma-cher genauso leicht wie das Bestellen einer Pizza. Doch im Internet ist die Auswahl viel größer. So sind viele der Inhaltsstoffe auch einzeln erhältlich. Allerdings können viele mit den Be-zeichnungen und Strukturformeln der einzelnen Chemikalien nicht so viel anfangen. Daher werden vie-le der Substanzen als Räuchermi-schungen, Badesalze und Düngerpil-len mit exotischen Handelsnamen, wie zum Beispiel „Jamaican Spirit“ oder „White Snowflake“ vermarktet.

Das Prinzip der im Volksmund als Designerdrogen bezeichneten Sub-stanzen ist simpel. Man nehme eine bekannte Substanz mit berauschen-der Wirkung und ändere lediglich ein bisschen die Molekülstruktur. Die Wirkung ist dann meist sehr ähnlich der Originalsubstanz. Ebenso unter den Begriff Research Chemicals fal-len Substanzen, bei denen mittels ei-ner neuen Molekülstruktur versucht wird, eine ähnliche Wirkung zu einer illegalen Substanz zu schaffen. Viele dieser Research Chemicals sind Ab-fallprodukte der Medizinforschung, insbesondere aus der Narkoseme-dizin und dem Bereich der psychi-schen Erkrankungen. Die klassischen Rauschmittel sind mittlerweile größ-tenteils sehr gut auf Toxizität, Risiken und Nebenwirkungen untersucht. Trotz ihrer oft „medizinischen“ Her-kunft“ fehlt den Research Chemicals der „Beipackzettel“, da sie überwie-gend unerforscht sind und es kaum verlässliche Informationen zu Wirk-mechanismen und Dosierung gibt.

Dadurch ergibt sich ein großes Problem. Konsumenten kennen die Konsumdosis der als „Badesalze“ oder „Düngerpillen“ getarnten Sub-stanzen nicht. Hier können sie sich nur anhand Erfahrungsberichte an-derer Menschen orientieren, was das Risiko einer Überdosis nicht unbe-dingt senkt. Es gibt bereits eine Rei-he von dokumentierten Todesfällen, die im Zusammenhang mit Research Chemicals stehen. Weitere Risiken entstehen durch falsche Etikettie-rung, Mischkonsum und eventuell auftretende allergische Reaktionen. Zudem gibt es noch keine Erkennt-nisse über Langzeitfolgen.

Viele werden sich jetzt fragen: Warum gehen Menschen diese Ri-siken ein? Die Antwort ist simpel: Die Substanzen sind ja legal, bezie-

HAUPtSACHE LEGAL!HAUPtSACHE RAUSCH!

Spice und andere Experimente

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hungsweise befinden sie sich in einer Grauzone und sind oft nicht nach-weisbar – beispielsweise bei Ver-kehrskontrollen. Dazu sind sie leicht zu beschaffen. Die Hauptmotivati-on ist jedoch, wie bei allen Drogen, der Wunsch nach Rausch. Viele der Konsumenten wissen nicht genau, was sie eigentlich konsumiert haben. Wer weiß schon was in der vermeint-lichen XTC Pille ist? Wer sich für den Konsum von synthetischen Drogen entscheidet, entscheidet sich häufig für den Konsum des Unbekannten. Schließlich sind die weißen Pulver schwer voneinander zu unterschei-den. Allerdings steht bei den meis-ten Räuchermischungen nicht ganz grundlos bei: „Nicht zum Verzehr, Rauchen oder sonstigem Konsum geeignet.“

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Zehn Personen sitzen im Keller der Villa Eden, einem großen Haus im Raum Hannover. Die Villa ist ein Haus der pädagogisch-therapeuti-schen Gemeinschaft STEPKIDS. Die offene Einrichtung hält zehn Plätze für Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren bereit. Um diese Jugendlichen kümmern sich fünf bis sechs Perso-nen: ein Leiter, zwei Erzieher, zwei Sozialpädagogen und einer Erzie-hungswissenschaftlerin. Das Ziel der Einrichtung ist, den Jugendlichen die Möglichkeit zu bieten, ein geregeltes Leben zu führen. Manche von ihnen waren vorher schon in der stationä-ren Psychiatrie, nachdem sie einen Entzug vollzogen haben.

Carolina Meyer, die voller Begeis-terung von ihrer Arbeit mit den Ju-gendlichen berichtet, ist eine Erzie-herin aus dem Haus. Sie gibt einen Einblick in die Welt des erfolgreichen Kampfes gegen unsachgemäßen Drogenkonsum unter Jugendlichen.

Rückfälle sind kein Grund, die Jugendlichen

vor die Tür zu setzen.

Hin und wieder würden die Perso-nen zu Rückfällen neigen, doch sei dies meist kein Grund, diejenigen vor die Tür zu setzen. Das individu-elle Verhalten stehe im Vordergrund. Gespräche im vertrauten Beisam-mensein auf der Beziehungsebene würden bessere Resultate bringen als ein Rausschmiss, auch nach zwei oder drei Rückfällen. Dies lässt ver-muten, dass die Arbeit in der Villa Eden ein Ort ist, an dem ein Mix aus Zuckerbrot und Peitsche – hier wohl vorwiegend Zuckerbrot – geschaf-fen wurde, um aus den jugendlichen Grenzgängern und Härtefällen selb-ständige erwachsene Menschen zu machen.

Die Basis bildet der Aufbau einer Beziehung zwischen BetreuerInnen und den Jugendlichen. Darauf auf-bauend wird ein geregelter Alltag angestrebt, sodass die Jugendlichen selbstständiger werden. Der Haus-halt wird in Schuss gehalten, die Jugendlichen gehen vormittags zur

Schule oder in den Ausbildungsbe-trieb.

Nachmittags ist Zeit für Freizeit-aktivitäten und Interessen. Die we-nigsten der Jugendlichen hatten in ihrem früheren Leben ein wirkliches Hobby neben den Drogen. Deshalb fällt es ihnen nicht leicht, den Alltag von Langeweile zu befreien und sich selbst zu motivieren.

Ziel ist, clean zu sein und auch zu bleiben.

Abends folgt ein gemeinsames Abendessen, wie in einer Familie. Viele kennen geregelte Tagesabläu-fe aus ihrer Familie nicht. So sitzen Personen aus den verschiedensten Gesellschaftsschichten und Milieus gemeinsam an einem Tisch.

Zweimal die Woche gibt es eine Gruppentherapiestunde. Auch an-sonsten haben die BewohnerInnen der Einrichtung jederzeit die Mög-lichkeit sich mit den BetreuerInnen zu einem Einzelgespräch zusam-menzusetzen. Am Wochenende sind Heimfahrten erlaubt. Nach diesen Heimfahrten steht eine Urinkont-rolle an. Ziel ist, clean zu sein und zu bleiben. Nikotin ist erlaubt, sonst ist jegliche Form von Drogen, auch Alkohol, strikt verboten. Bei Rück-fällen wird dies individuell thema-tisiert und als Möglichkeit genutzt, tiefer hinter die Beweggründe der Jugendlichen zu blicken. Denn die Droge ist nur das Symptom. Viele kommen aus zerrütteten Familien, manche auch aus Familien aus dem gehobenen Mittelstand, die aufgrund von Zeitmangel keine Beziehung zu ihrem Kind aufbauen konnten. Und dann gibt es noch Fälle, bei denen die Eltern ihrem Kind nicht die nötigen Freiräume zur eigenen Entwicklung eingeräumt haben.

Alle Jugendlichen in der Einrich-tung haben mit Süchten zu kämp-fen. Viele haben Drogen wie Nikotin, Alkohol, Cannabis, Amphetami-ne, Medikamente oder selten auch Heroin genommen und sich damit vor der Bewältigung ihrer anderen Probleme gedrückt. Zum Beispiel

DIE DRoGE ISt NUR EIN SyMPtoMIn der Einrichtung STEPKIDS lernen Jugendliche, nach ihrer Sucht auf eigenen Beinen zu stehen

„Fremdbestimmt sind die Meisten“, sagt sie und lächelt in die Runde. Fragende Gesichter, vor allem unter den jüngeren Zuhörern. „Es gibt viele Grenzgänger und Härte-fälle - einige schaffen es, andere leider nicht. Man-che brauchen länger als die üblichen acht bis neun Monate.“

von christian von boguszewski

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Psychosen oder Spielsucht. Dabei sei laut Carolina Meyer der Drogen-konsum bei Jugendlichen besonders heikel, da das Gehirn noch nicht vollends entwickelt ist und die wei-tere Entwicklung meist durch den Konsum eingeschränkt oder ver-hindert wird. Auffällig werden die Jugendlichen meist dadurch, dass sie die Schule vernachlässigen wird, kriminell werden, Freizeitaktivitä-ten vernachlässigen und Verwahrlo-sungstendenzen aufweisen.

Jugendliche müssen vor dem Einzug in die Villa

Eden einen Entzug bewältigen

Bevor die Jugendlichen in die Villa Eden einziehen dürfen, müssen sie zunächst einen Entzug bewältigen, damit sie sich nüchtern überhaupt den Problemen stellen können. An-schließend gibt es die Möglichkeit

durch die Eltern oder den Vormund beim Jugendamt „Hilfe zur Erzie-hung“ zu beantragen. Das Jugend-amt übernimmt die Kosten für jeden Platz, rund 4000 Euro pro Monat. Von diesem Geld werden unter an-derem das Personal, die Einrichtung, die Instandhaltungskosten, das Ta-schengeld und die Ferienfreizeiten bezahlt.

Für viele ist es nicht einfach, sich an das neue Leben zu gewöhnen. Zum einen ist da die Hausarbeit, die Schule, die eigenen Psychosen und dann auch noch das Evaluieren und Reflektieren des eigenen Handelns mit den BetreuerInnen. So kann es auch mal zwei Jahre dauern, bis die Jugendlichen sicher auf den eigenen Beinen stehen.

Für diejenigen, die in der Vil-la Eden gute Fortschritte machen, gibt es in der Nähe eine so genannte Nachsorgewohnung. Dort können die Jugendlichen die weiteren wich-

tigen Schritte zur Selbständigkeit bewältigen. In der Wohnung kön-nen sie zunächst über das Wo-chenende wohnen, dann auch in der Woche. Wenn die STEPKIDS sich auch hier bewiesen haben, sind sie in der Lage, ein eigenstän-diges Leben zu führen. Auch dann noch können sie an den nachbe-treuenden Gesprächsrunden teil-nehmen, denn die Einrichtung Villa Eden bietet den nun Selb-ständigen eine weiterführende Gesprächsbetreuung an, um mit ihnen im Kontakt zu bleiben.

Das große Ziel für die Jugend-lichen ist es meistens nicht unbe-dingt, ein Leben lang abstinent zu bleiben, sondern eine starke Per-sönlichkeit zu entwickeln. Dann können sie später selbst entschei-den, wie sie ihr Leben auch im Umgang mit Drogen gestalten wollen.

Foto: Moritz Richter

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Vorsicht:Neue Perspektive!

28. Juli bis 6. August: Recherchereise nach bosnien-Herzegowina mit der JPN!

Programm / Gespräche mit• „Schüler helfen Leben“• Demokratiebewegung „ZastoNe?“ • „Die Mütter von Srebrenica“• Jungen Feministinnen von CURE • Bosnischer Jugendpresseverband ONA• Deutsche KorrespondentInnen, bosni-

schen MedienvertreterInnen, PolitikerIn-nen und engagierte Jugendliche

StationenZagreb, Sarajevo, Mostar, Srebrenica

Preis: 349€ / 299€ ermäßigt(inkl. Reisekosten ab Hannover, Unterkunft sowie Teilverpflegung!)

Anmeldung unter: www.deinejpn.deBei Fragen: 0511 83 09 29 oder [email protected]

gefördert von

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2013

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DAS CAMP:DAS wARS, SCHÖN wARS :)

8. bis 12. Mai 2013

* Robert gibt es.

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Samstagmorgen, kurz vor Sonnen-aufgang. Schon jetzt glüht der bisher noch verlassene Zeltplatz vor Hitze. Einige einsame Mücken schwirren über das noch vom Vorabend qual-mende Lagerfeuer, aus einigen Zel-ten ertönt ein zufriedenes Schnar-chen. Mitten auf dem Zeltplatz liegt eine Plane, überzogen mit einem Muster von verschiedensten Ein-kaufstüten, scheint von der gestri-gen Party liegen gelassen worden zu sein. Als die Sonne langsam in Richtung Zenit zieht, beginnt sich die Plane plötzlich zu wölben. Grö-ßer und größer wird die Plane, bis sie langsam eine ovalförmige Gestalt annimmt. Plötzlich passiert es: Der Zeppelin hat den Bodenkontakt ver-loren, schwebt dicht über den Rasen, droht das nächste Zelt zu rammen. Kurz vor dem Zusammenstoß hebt der Ballon ab, zieht elegant gen Son-ne. Die vom wilden Geschrei aufge-

weckten Teilnehmer schrecken aus den Zelten, sind überwältigt von der großartigen Farbenpracht, mit der sich der Ballon ziert, als habe er per-sönlich das Fliegen erfunden.

So oder so ähnlich hatte sich Anna das Ergebnis ihrer Kunstpause ver-mutlich vorgestellt. Am Donnerstag-Abend machte sie sich mit einigen Teilis daran, einen zeppelinförmigen Ballon aus dutzenden von Anna mit-gebrachten Einkaufstüten zu basteln. Mit Klebeband werden die einzelnen Tüten zusammengeklebt, stets unter dem Druck, ja keine Stelle übersehen zu haben. Die Kunstpause entwickelt sich zu einer dramatischen Suche nach vielleicht noch vorhandenen Löchern. Was die Truppe braucht, ist ein Motivationsschub. Das über-nimmt Lisa: „Glaubt ihr im Ernst, dass das was wird?“

Die Idee zu der Kunstpause hat Anna von einem spanischen Pro-

jekt abgeguckt, welches mit einem ständig wachsenden Tüten-Ballon durch die ganze Welt von Festival zu Festival reist, um den Riesenballon dann schlussendlich steigen zu las-sen. „Museo Aero Solare“, also quasi „solares Kunstmuseum“ nennt sich das. Annas Ballon hat die Feuerpro-be nur bedingt bestanden: Nachdem Charles mit den zusammen gekleb-ten Tüten über den Platz gerannt ist, um „Luft einzufangen“, gelingt es nicht, den Ballon prall gefüllt zuzu-binden. Irgendwo scheinen sich doch noch Löcher zu befinden.

Am Samstagmorgen liegt die bun-te Plane einsam und verlassen neben dem Lagerfeuer. Vergessen scheint das erträumte Abenteuer. Eine dün-ne Tauschicht liegt über dem Ballon. Anstatt Lebensfreude scheint er nur noch Hoffnungslosigkeit auszudrü-cken. Nun also doch kein majestäti-sches Luftspektakel?…

Man nennt es „Museo Aero Solare“…von tim ruben weimer

Christian:Ist das Programm. . . hier. . . nicht für dich gemacht.

Dann... musst du etwas ändern.Daniel:

guck nicht die Soap. . . Kartoffel-couch.

Nein, gib 'selbst den Dingen ihren Inhalt.Lari:

Kreiere deine eigene Soap. . . Schreib 'ne scripted reality, wo es endlich Erdbeeren regnet.

Kai: und die Welt bunt ist. . .

Jaron:so voller Farben.

Theo:Ich will das alles. . . jetzt!

Steffi: Witze, die immer treffen und schöne Gesichter, denen schönere Worte folgen.

Christian:Ich werde eine Soap erfinden, die so schön ist wie das Zusam-mensitzen am Lagerfeuer und wo die Marshmallows aufgespießt am Stöckchen Blasen schlagen. (mmmh!)

Lari:Ich werde eine Soap erfinden,

die wie heiße Schokolade deinen Schlund herunterrinnt, deinen Korpus mit warmen Wölkchen umgibt, deine Seele kitzelt, sodass sie schallend zu lachen beginnt.

Kai: Eine Soap, die ihrem Namen auch gerecht wird und - Seifenblasen-Träume nicht zerplatzen. Wo stil-le Treppen zu - Rolltreppen wer-den und immer nach oben fahren, dass die Menschen mit ihren Händen schon den Himmel an-kratzen.Mit Menschen - die aus ihren Zelten kriechen, die Nase in den Himmel recken und Morgenluft riechen. Dabei bekomm ich dann ein gutes Gefühl in der Magengegend. An-statt sich selbst zum Sadisten zu machen und über Schmerz und Trauer der andern zu lachen.

Patrick:Ich werde eine Soap erfinden, die so schön wie die Erkenntnis ist, aus einem Flugzeug mit Fall-schirm gesprungen zu sein.

Daniel:Ich werde eine Soap erfinden, die so schön ist, wie der Genuss einer

Oreo-Sahne-Torte nach einer 4-wö-chigen Diät, während du mit einem Koalabären intensiv kuschelst.

Steffi:Ich werde eine Soap erfinden, die so gut klingt, wie meine Lieblings-band. . .wenn es los geht, kriegst du. . . GÄNSEHAUT!

Jaron:Ich werde eine Soap erfinden, die so echt ist, dass sie die Leute mit Furcht erfüllt und sie schreiend nach ihrem Leben greifen, um nur nicht so zu enden, wie die wan-delnden Leichen, die sie im Fern-sehen erlebt haben.

Theo:Ich werde eine Soap erfinden, die so grausam ist, wie das Leben selbst. Je fieser und ekliger, desto besser. Grausamkeit und Perversion für die Quote. Messiwohnungen in Afgha-nistan, oder Datingshows für alte Deutsche und thailändische Kin-der oder Tiere, die im australischen Dschungel Promihoden essen müs-sen. Alle werden sich darüber auf-regen, aber gucken werden es auch alle! Es wird sein wie ein Unfall, Eigentlich will es niemand sehen, wegschauen geht aber auch nicht.

Nicht für dich gemacht – Poetry Slam

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JMC

nW

2013

JPN Journal 13-226

Teili liebevolle, geschlechtsneutrale Bezeichnung für einen Teilnehmer /

eine Teilnehmerin

TeamerIn moderner Terminus für Mitarbeiter (sollte ursprünglich cool klingen)

JPN Abkürzung für „Junge Presse Niedersachsen“, dem Veranstalter des

JugendMedienCamps

JMC:nw BITTE????

Gitarre Musikinstrument, dass laut Nele neumodisch nicht mehr gestimmt,

sondern „geladen“ wird

Dispo Regierungssitz der Pampa, Koordinations-Zentrale, „Büro“, zentraler TeamerInnentreff, einziger WLAN-Point, quasi alles was wichtig ist.

(ist natürlich gleich neben der Küche gelegen)

Kiosk (auch Trinkhalle genannt):

einsamer Verkaufs-Wagen auf dem Camp-Gelände, an dem es KEI-NE Süßigkeiten, KEINE Zeitschriften, KEIN gutes Wetter und KEINE Andrea-Berg-CDs zu kaufen gibt. Aber was zu trinken gibt’s immer-

hin. Hat nur auf, wenn grad wer da ist.

FOH Patrick und Eike reden darüber.

Orga kein afrikanisches Reptil, sondern ein harmloses Organisationstalent

Kunstpause Künstlerisch wertvoller Moment, an dem ein durch höhere Mächte gesteuertes Kunstschaffen stattfindet. Kann auch mal ausfallen. Ist ja

auch egal. Kunst ist Kunst.

Uhdebuff Sammelbezeichnung für die Marvin-und-Eike-WG

Pampa Landschaftsstrich im Süden Lateinamerikas. […] Wie? Was? Ich bin mir da aber ziemlich sicher?? […] Na gut, in unserem Fall ist es ein-

fach die Einöde, in der unser einsamer Zeltplatz liegt.

Loxstedt 5.000-Einwohner-Dörfchen, Bahnanschluss einmal pro Stunde durch die Bummelbahn (scherzhaft „NordWest-Bahn“ genannt), die

an chronischer Verspätung leidet

Shuttle Frag mich keiner, wer auf diese hochtrabende Bezeichnung gekom-men ist. Jedenfalls meint es, dass man von schwarz vermummten

Personen vom Bahnhof abgeholt wird

Robert Ihn gibt es.

Was ist eigentlich …Fachvokabular des JugendMedienCampsvon tim ruben weimer

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So, jetzt seid ihr wieder mal an der letzten Seite dieses Journals ange-langt. Halt – eine Seite kommt noch. Und zwar die Seminartermine für das nächste Halbjahr. Denn in den nächsten Monaten steht eine Menge an, die Aktiven der JPN haben ein buntes, abwechslungsreiches Pro-gramm für euch zusammengestellt. Vielleicht ist ja was für euch dabei? Wir freuen uns darauf, euch bei einem der Seminare zu begrüßen.

Habt ihr Lust, auch mal was für das Journal zu schreiben? Immer her damit! Welches Thema geplant ist, erfahrt ihr von Marvin und Luisa (Mailadressen stehen auf Seite 2). Ganz egal, was ihr für Ideen habt, wir sind offen für alles und freuen uns über Anregungen und Kritik. Schreiben liegt euch nicht? Auch für interessante Fotos ist Platz im Journal!

Liegt euch etwas auf dem Herzen oder brennt euch etwas unter den Nägeln? Gibt es etwas, dass ihr uns immer schon mal sagen wolltet? Habt ihr Lust, euch auch in der JPN zu engagieren? Meldet euch bei uns!

Übrigens ist momentan eine Menge los auf der Facebook-Seite der JPN und auch auf Twitter gibt es immer wieder aktuelle Tweets. Wenn ihr die JPN-Seite noch nicht geliked oder uns auf Twitter noch nicht followed, solltet ihr das schleunigst ändern. Nachdem wir nun nötigste Portion Anglizismen eingestreut haben, bleibt uns nur eines zu sagen:

Es sendet euch ganz liebe Grüße und bis bald,eure JPN

EpilogtU

MA

L LIEbER

DIE M

ÖR

CH

EN

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Reportagefahrt Bosnien28. Juli bis 6. Augustin Zagreb, Sarajevo, Mostar, Srebenica

Vor 17 Jahren wurde der Krieg in Bosnien-Herzegowina beendet. Seitdem ist das Land in die Föderation Bosnien-Herzegowina und die Serbische Republik gespalten – und weiterhin tief zer-stritten. Die drei Volksgruppen und die vier prägenden Religions-gemeinschaften teilen sich ein kleines Land, das gerade mal so groß ist wie Niedersachsen. Krieg, Vertreibung und Völkermord haben ihre Spuren hinterlassen. Wir sprechen mit Journalisten, Politikern und engagierten jungen Menschen und recherchieren in Sarajevo, Srebrenica und Mostar.

Teilnahmebeitrag: € 349,- (€ 299,-)

BuTaWaReSe20. bis 23. September in Berlin

Es wird spannend, denn immer mehr WählerInnen entscheiden erst in letzter Minute, wem sie ihre Stimme zur Bundestagswahl geben. Hat der Fettnäpfchentreter Steinbrück daher doch noch eine Chance? Oder macht „Mutti“ wieder das Rennen und hängt dieses Mal sogar die lästigen Liberalen ab? Werden die Piraten den Bundestag entern oder sind sie endgültig abgesoffen? Wir werden diesen Wahlkrimi hautnah erleben und dabei sein, wenn die ersten Hochrechnungen auf den Wahlpartys der Parteien über die Bildschirme flimmern. Wir werden PolitikerInnen, WählerInnen und JournalistInnen befragen und Wahlkämpfe-rInnen bei ihrer Arbeit über die Schultern schauen. Wir werden mit ExpertInnen über Wahlkampfstrategien, Wahlalter oder Wahlprognosen sprechen und uns von all den spannenden, schrägen oder subtilen Wahlaktionen in Berlin mit reichlich Material für unsere Reportagen versorgen lassen.

Wahlberechtigte TeilnehmerInnen sollten Briefwahl beantragen. Eine Schulbefreiung für Montag, den 23.9., gibt es auf Anfrage. Teilnahmebeitrag: € 30,- (€ 25,-)

Rhetorikseminar & Debating30. August bis 1. September in Lutter

„Ich bin nicht zum Reden vor Menschen geboren!“ Wer kennt das nicht: Stottern, Schweißausbruch oder Zittern. JedeR reagiert anders, wenn sie/er vor Menschen steht und redet. Einigen sieht man an, dass sie nervös sind, andere wirken sehr sou verän. Aber das Reden vor Gruppen kann man lernen! Und genau das wollen wir an diesem Wochenende machen: Was gehört zu einer guten Vorbe-reitung dazu? Wie beeinflusse ich meine Körpersprache und Mimik? Wie wirke ich ruhiger? Wie baue ich eine gute Argumentation auf und diskutiere richtig? In einem klei-nen gemütlichen Kreis wollen wir mit vielen Übungen und Spielen an unseren rhetorischen Fähigkeiten feilen. Sei es eine Diskussion oder ein Vortrag in der Schule – nach diesem Seminar könnt ihr es mit allem aufnehmen!

Teilnahmebeitrag: € 25,- (€ 20,-)

Reportageseminar Scripted Reality8. bis 10. Oktober in Köln

Sie haben einen Marktanteil von bis zu 25 % unter den jungen FernsehzuschauerInnen und werden immer beliebter: Die Gerichtsshows und Doku-Soaps im Nachmittagsprogramm. Sie heißen Richter Alexander Hold, Die Schulermittler, Frauen-tausch, Familien im Brennpunkt, Berlin – Tag & Nacht oder Köln 50667. Weil viele Zuschau- erInnen glauben, die Inhalte wären real, fordern MedienexpertInnen und PolitikerInnen eine Kennzeichnungspflicht für Scripted Reality Shows und sprechen von „Unterschichtenprogramm“ und „Lügenfernse-hen“. Die MacherInnen der Shows halten dem entgegen, dass sie einfach nur gut unterhalten wollen. Wir werden in der Doku-Soap-Hauptstadt Köln recherchieren und mit Produzen-tInnen, SchauspielerInnen und KritikerInnen sprechen, uns Schauplätze und Studios anschauen und vielleicht sogar unsere eigene Doku-Soap inszenieren…

Teilnahmebeitrag: € 30,- (€ 25,-)

Aktiventreffen1. bis 3. November in Sievershausen

Nachdenken, grübeln, rumspinnen, abwägen, ausdiskutieren, Pläne schmieden, reflektieren, Ideen sammeln, sinnieren – vie-le Worte gibt es dafür, was wir an diesem Wochenende machen wollen. Alles dreht sich um das Thema: Was macht die JPN? Was war, was wird und was könnte werden? Wer Lust hat, aktiv zu werden, ist hierzu herzlich willkommen!!

Teilnahme: kostenlos!

JULI AUGUST SEPTEMBER OKTOBER