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Nachdem nun die Marburger Studenten mit ihrer
ersten Ausgabe diese Zeitung ins Leben gerufen haben
; habenwir,eine studentische Tutorengruppe der
Allgcmeinmediz in aus Frankfurt, die Aufgabe über-
nonmcn, in Erhaltung dt.* r nun e in jährigen Tradition,
die Zweitausgabe des POH's zu verfassen.
Di e Idee von POM war einen Gedanken- und Er-
fahrungsaustausch zwischen all denjenigen zu
ermöglichen, die an patientenoricntierter
Medizin und Medizinerausbildung interessiert
sind. Wir haben versucht in diesem Heftchen möglichst
viele verschiedene Berichte zusammenzutragen.
Wir wünschen Euch viel Spaß beim Lesen und hoffen
daß ihr mit Euren vielfältigen Reakti onen und
- Leserbriefen positive und negative (natürlich....
\ auch!!!) Kritik uns ein Feed-Back und der
-i neuen Redaktion einen Ansporn zum Weiterarbeiten
4 gebt.
•;j Also, viel Soaß
DIE ANAMNESEGRUPPE - studentische
in der MedizinerausbildungSelbsthilfe
Definit_ion; Anamnesegruppen sind themenbezogene
Selbsterfahrungsgruppen, in denen die Beziehung
zwischen Patient und Arzt exemplarisch in der für
beide grundlegenden Situation des ersten Kontaktes
(Anamneseerhebung) im Mittelpunkt steht.
Ziele und Inhalte: Es geht um eine bewußte Ausein-
andersetzung mit ärztlicher Einstellung und ärzt-
lichen Verhalten (sozial-affektives Lernen) mit dem
Ziel eines ärztlichen Handelns, das sich an den
Problemen des Patienten orientiert ("patienten-
orientierte Medizin"). Heben der körperlichen soll
auch die psychische und soziale Situation des Pa-
tienten erkannt und damit die individuelle Bedeut-
samkeit der Erkrankung in der Biographie des Pa-
tienten in das diagnostische und therapeutische
Vorgehen miteinbezogen werden ("ganzheitliche Medizin")
Ein weiteres Ziel ist das "Erlernen" von Team-
Arbeit als Grundlage patientenorientierten Arbeitens.
Struktur und Rahmen: Die Gruppe besteht aus max.
10 Teilnehmern (Medizinstudenten unterschiedlicher
Semester), einem Gruppenleiter und einem Co-Leiter.
Nach einem Einführungsteil (2x wöchentlich) trifft
sich die Gruppe ein Mal die Woche.
Zu Beginn jeder Gruppenstunde erhebt ein Gruppenmit-
glied bei einem Patienten, der an einer allgemein-
medizinischen Krankheit leidet, vor der Gruppe die
Anamnese. Technische Orientierung bietet dabei die
"biographische Anamneseerhebung11 (nach G.Engel).
Anschließend diskutiert die Gruppe anhand ihrer sub-
jektiven Wahrnehmungen, Phantasien und Gefühle
einerseits, sowie der gewonnenen Informationen an-
dererseits die Gesamtsituation des Patienten und
und versucht - Je nach Gruppenentwicklung -
daraus Handlungsweisur.gen für das weitere
Vorgehen abzuleiten.
Die Gruppenleiter sind selbst Studenten, die eine
Gruppe durchlaufen und anschließend ein spezielles
Training dafür absolviert haben. Außerdem treffen
sie sich wöchentlich zu einer Supervision.
Einordnung; Die Anamnesegruppen zeigen exemplarisch
die Möglichkeiten deiner praxisnahen und patienten-
orientierten Medizinerausbildung in Form einer
integrierten Vermittlung von Wissen, Fertigkeiten
sowie Einstellung und Verhalten. Da die deutschen
Medizinfakultäten zu sehr in ihrem Prinzip "Karriere
durch wissenschaftliche Forschung" gefangen sind
und dadurch Ausbildungsengagement uninteressant ist,
kann dies nur durch studentische Selbsthilfe
verwirklicht werden. Die Arbeit mit studentischen -•
Gruppenleitern ermöglicht dies.
-¥• -
Anamnesegruppen in Aachen
Die Anamnesegruppen unterscheiden sich in mehreren Punkten
was deren Akzentuierung anbei an t, vom sog. "l! l m-Marburger
Modell":
l . Entere inst... tut ijn.el le Anb ir.riung ; hier: Hed . P^ycholopJ e )
2. Kürzerer Verlauf i l Semester) m i r de::, reduzierten An-
spruch für Pat ientenzentn ertes Hände l !i innerhalb und
außerhalb (Selbsthilfe; des off iziel len Ausbi IdungLs-
. Systems lediglich zu motivieren (Bausteinmode] J }
3. deshalb: Konzentration auf vorklinische Semester
4 . deutl ichere Abgrenzung von einem engeren psychosornat i sehen
Krankhe i tsverstandni s, rieshalb: Konzentration auf nicht-
intern i st i Gehe Abteilungen (Neurologie, Dernatiologie)
5. Akzentverlagerung weg von der sog. "biographi sehen
Anamnese" hin zu einer pat i e ritenbezogenen Gesprächsführung
Kurz zusammengefaßt verstehen wir in Aachen unsere Arbeit
mit Anamnesegruppen als eine, die - ausgehend von den Lehr-
angeboten der Hed. Psychologie - so frühzeitig wie möglich
fUr patientenzentriertes Arbeiten motivieren will. Diese
Gruppenarbeit läßt sich als themenzentrierte Selbsterfahrung
beschreiben, die mit der Methode der Selbsterfahrung das
Thema: 'patientenzentrierte GesprächsfUhrung' bearbeitet
mi t dem Ziel eine ganzhei tlichere Wahrnehmung des Patienten
und die Fähigkeit zu einer hilfreicheren Begegnung mit
dem Patienten (aber auch anderen Menschen) auf den Weg zu
bringen, die im Verlaufe des Studiums durch weitere Initiati-
ven entwickelt und vertieft werden sollte.
Sowe it unsere - ein wenig wirk]ichkei tsfremde - Ziel vor-
Stellung. Defacto sieht es so aus, daß seit drei Semestern
jeweils zwei Gruppen stattfinden (Hautklinik, Neurologie),
die Tutoren mittlerweile kos tnelos arbeiten müssen, Super-
vi sion von der Med. Psychologie an gebot er. und durchgeführt
wird, das Interesse an den Gruppen wächst, angesichts der
desolaten psychosuzialen Versorgung jedoch zu befürchten
ist, daß die erhoffte Ergänzung und Wei terentwicklung
allenfalls bei einigen wenigen inform von Selbsthilfe und
Privatinitiativen stattfinden wird. Zumal die finanzielle
Beschneidung und das offenkundige Schattendasein der Med.
Psychologie selbst um die Erhaltung der ohnehin schmalen
Ausgangsbas i s fürchten läßt.
S:nnhaft i^keit nur selten auftauchen. Was jedoch sowohl
bei Tutoren als auch Teilnehmern offenkundig wird, ist die
Notwendi gkei t, das elementare Angebot der Anamnesegruppen
problembezugen zu erwei tern und zu spezifizieren, d.h..
das a l l ge-;e : ne patientenzentrierte Modell an kl inische
Prob; er;si t u a t innen anzupassen .
Ariamnesegruppen in Marburg
In Marburg existierten bisher drei Formen von Anamnese-
gruppen:
1. die freiwilligen Anamnesegruppen
2. die AO-Pflicht-Anamnesegruppen
3. Ar.amnesegruppen, die nicht mit der Abteilung Psychosomatik
assoziiert sind
zu l.) Anfang Oktober fand ein 14-tägiges Tutorentraining
in Marburg statt. Daran nahmen auch zukunftige
Tutoren aus Heidelberg und Bonn teil. Zum Beginn des
Wintersemesters bildeten sich 4 freiwillige Anamnese-
gruppen mi t jeweils einem Tutorenpaar als Gruppen-
ieiter bei einer Gruppenstarke von 12 bzw. 13 Mi t-
gliedern, deren Arbeit über den Zeitraum von einem
Jahr geplant ist. Im Mittelpunkt der Gruppenarbeit
3 teh t das Gespräch eineu Gruppenmi tgliedes mit
eir.em Pat ienten vor und die anseht leßende Diskussion
i n der Gruppe . ]• u: ei <_• 'i u '„u r o n L,': die Mbglichkei t
/ f '. :ie r ;_:.::pe r v i s . •,'' T : n r.. Ch' e t wurde-n .
zu 2.) Die AO-Pfli cht-Anamnesegruppen sind ein Bestandteil
der medizinischen Ausbildung im Fach Psyehosomatik und
werden von einem studentischen Tutor geleitet und
von einen Arzt der Abteilung Psychosomatik betreut.
Di« Gruppen setzen sich zusammen aus allen Studenten
eines Semesters. Anamnese- und Detreuungsgespräch
bilden eine Unterrichtseinheit. Den Tutoren stehen
eine Supervision und Selbsterfahrungswochenenden
zur Verfügung.
zu 3.) Bis zum Ende des letzten Semesters gab es z.B. eine
Anamnesegruppe, die ohne Tutor und in An]ehnung an
das Bai int-Korizept gearbeitet hat, sich aber nach
dreijähriger Tätigkeit weger, Ortswechsels, Examens-
vorbereitung, etc. aufgelbst hat. Im Augenblick sind,
soweit bekannt, keine derartigen Ariarnnesegruppen mehr
tätig.
In Main? gibt es zur Zeit. 4 Anamnesegruppen. Angefangen hatte
es im März 1982, als zwei von uns Studenten in Ascona beim
Balinttrcffen waren. .Port hörten sie vor, Anamneseßruppen
und kamen mit dem Wunsch nach Mainz zurück, ähnliches auf-
zubauen. Sie fragten Freunde und machten einen Anschlag an
der Ur. r. verKi t äL , and so traf sich ein Interessentenkreis
von 10 Studenten an einem Wochenende zur Vorberei tung.
U. Fgle und F. Wenzel aus Marburg kamen dazu, um die Gruppe
am Anfang zu unterstützen und - aus ihren zahl reichen Anamnese-
erfahrungen - zu leiten. Nach diesem Wochenende biIdete
sich die endgültige Gruppe, die aus zwei Vorklinikern, sieben
Klinikern sowie fünf Frauen und vier Männern bestand. Der
Tutor der Gruppe wurde dann U. Egle, der an der Mainzer Uni-
klinik eine Assistentenstelle angenommen hatte. Die Patienten
für die Anamnesegruppe bekamen wir über eine sehr aufge-
schlossene Oberärztin der zweiten medizinischen Klinik. Im
gesamten Zeitraum der Gruppenarbeit war die Zusammenarbeit
mit :h r problemlos, offen und von großem Interesse von
ihrer Sei tu her an der gesamten Arbei t gekennzeichnet.
Die Station zeigte kaum Interesse, behinderte die Arbei t
aber nicht. Wir trafen uns in der Gruppe einmal pro Woche
für zwei S tunden und arbei teten so ein Jahr zusammen. Die
Gruppe blieb in dem ganzen Jahr konstant.,. Nach diesem
Jahr hatten einige den Wunsch, weiter mit Gruppen zu
arbei ten. Andere wollten eher chronisch kranke Patienten
betreuen, dies scheiterte aber nicht zuletzt an organisa-
torischen Schwierigkeiten. So machten zum Schluß fünf von
uns als Anamnesegruppentutoren weiter, auf die Aushänge
an Uni und Klinik, die unter dem Thema "Studenten sprechen
mi t Kranken" knappe Informationen und ein erstes Treffen
enthielten, meldeten sich 35 Studenten. Wir ordneten die
Bewerber nach Ausbildungsstand und Geschlecht und bildeten
drei neue Gruppen zu Je 10 Studenten. Seit dem Sommer-
semester arbeiten diese drei Gruppen jeweils einmal pro
Woche 2 Stunden. Es war schwierig, Patienten zu bekommen.
Zwei Stationen konnten wir gewinnen an der Inneren Klinik,
eir.e Staitjn in der neurologischen Klinik. Insgesamt
sti.e,'jen wir' auf große vorbehalte gegenüber einer solchen
Gruppe. Zusätzlich zur Gruppenarbeit machen die Gruppen-
leiter einmal pro Woche mit U. Egle Supervision.
Im Oktober 1983 fand ein Tutorentraining für Gruppenleiter
in Mainz statt, an dem neben Studenten aus Ulm, Bonn, Zürich
auch die Mainzer Tutoren t e i ln ahme n.
Zum Beginn des WS 83/84 wurde noch eine vierte Anamnese-
gruppe gegründet, die aus 1U Studenten besteht. Die Gruppe
wird von einem Studenten geleitet, der auch Mitglied der
ersten Anamnesegruppe war. Wir merken, daß an der Mainzer.
Klinik die Anamnesegruppen bei Studenten und Ärzten bekannter
werden. Für die Zukunft hoffen wir, daß die Anamnesegruppen
an der Mainzer Klinik nicht mehr wegzudenken sind
-8—Anamnesegruppen in Bonn
Angefangen hat's im März. '82 in Ascona (wo sonst?!}. Während
des Studenten-Nachmi t tag s auf dein Balint-Tref f en hörten wir
das erste Mal was über Anamnesegruppen und dann hat's sofort
gezündet. Tr; Bonn kommt die Psychosomätik und die patienten-
orientierte Medizin sowohl vom Lehrplan als auch von den
Lehrstuhl ei i her sehr seh l echt weg, Psychosomat i k wird von
einem Gastdozenten und ?. i /2 Assis gemacht (für 250 Studenten
pru Semester! ! ! ) und die inod. Psychologie muß ein Oberarzt
aus der Nervenklinik (der allerdings sehr engagiert ist)
nebenher machen. Dementsprechend groß war unser Bedürfnis
nach Anamnesegruppen (lechz!). Von offizieller Seite hatten
wir nichts zu erhoffen und waren so nur auf unsere Eigen-
initiative angewiesen. So fuhren wir erst mal zum Anamnese-
gruppentreffen nach Marburg, um die nötigen Informationen
über Ablauf und Voraussetzungen von Anamnesegruppen zu
kriegen. Außerdem konnten wir dort zum ersten Mal selber
an einer Gruppe teilnehmen. Mit neuem Schwung kehrten wir
nach Bonn zurück und drehten eine Runde über das Klinik-
gelände, uir. nach Patienten und Gruppenleitern zu fragen,
Denn wir konnten ja nicht auf studentische Tutoren zurück-
greifen, da es ja niemanden gab, der schon in einer' Gruppe
war. Die erst unüberwindlich scheinenden Schwierigkeiten
waren dann recht schnell beseitigt: wir bekamen Patienten
in der Inneren Klinik und als Gruppenleiter stellten sich
zwei Ärzte und ein Oberarzt aus der Inneren Klinik und oben
erwähnter Oberarzt aus der Nervenklinik zur Verfügung. So
konnten zum Wintersemester'82 die ersten vier Gruppen an-
fangen. Es waren noch viel mehr Interessenten da, aber mehr
war leider nicht möglich.
Diese Gruppen sind nun nach zwei Semestern erst mal zu
Ende. Im Laufe des Sommersemesters fand sich dann aus den
Teilnehmern dieser Gruppen eine Tutorengruppe zusammen. In
dieser Gruppe haben wir versucht, unser Tutorentrainjng
vorzubereiten und zu machen. Wir haben dann an einigen
Abenden Rollenspieie gemacht, in denen Tutoren die Situation
durchspielen konnten, vor der sie größte Angst hatten, z.B.
es sagt keiner aus der Gruppe was, einige wenige reden
die ganze Zeit, der Patient wird überfordert usw. Anfang
des Wintersemesters wollen wir noch zwei Wochenenden zu-
sammen verbringen und dann ab Ende Oktober mit den neuen
Gruppen, etwa sieben, diesmal mit Studentischen Tutoren,
anfangen. Wir fühlen uns zwar noch recht unsicher, zumal
unsere Vorbereitung im Vergleich zum Marburger Training
recht dünn ist. Zum Glück konnten wir jemand finden, der
die Supervision macht. Was dabei rausgekommen ist, könnt
Ihr dann '84 auf dem Marburger Treffen erfahren.
Ein großes Problem für uns ist, daß sich unsere Klinik von
Anfang an geweigert hat, Vorkliniker in die Gruppen zu
lassen und das bis jetzt immer noch tut. Dabei halten wir
es für sehr wichtig, daß gerade Vorkliniker in die Gruppen
gehen, da sie es bei ihrem trockenen Lehrstoff besonders
nötig haben und zumindest in den tieferen Semestern noch
nicht so medizinisch verbildet sind und so vielleicht noch
offener an die Patienten herangehen können. Das Bedürfnis
der Vorkliniker nach Gruppen war so groß, daß sich dort
gegen Semesterende eine eigene gebildet hat, die dann auch
Patienten in einem anderen Krankenhaus gekriegt hat. Wir
hoffen, unsere Klinikleitung bis zum Oktober überzeugen
zu können, damit wir mit dieser schwachsinnigen Trennung
zwischen Klinik und Vorklinik zumindest in den Anamnese-
gruppen erst mal Schluß machen können.
Kontaktadressen:
Volker Kb'llner, Köslinstr, 30, 5300 Bonn l
Axel Glasmacher, Oderstr. 39, 5300 Bonn l
Heidelberger Anamnesegruppeji
l . Zur Geschichte
Die Heidelberger Anamnesegruppen entstanden 1979 aus einer
Eigeninitiative einiger Studenten, die von Ascona und Ulm
inspiriert, auch auf dieser Basis in einer Gruppe arbeiten
wollten. In Heidelberg, als einer Hochburg der Psychosornat ik,
war es dann verhältnismäßig einfach, einen Ohorarz t der
Medizinischer. Klinik zu finden, der sich als Gruppenleiter
zur Verfugung stellte. Diese erste Gruppe bildete den
Pool für die Gruppenleiter weiterer Generationen im nächsten
Jahr. Hinzu kam eine Supervision für die Gruppenleiter
unter der Mitarbeit von Dr. Petzold (jetzt Prof.) und der
Free-Clinic. Näheres über- diese erste Zeit könnt Ihr nach-
lesen in dem Buch:
"Patientenbezogene Medizin" lieft 4
Gustav-Fischer-Verlag 1982
2. Heute ...
..hat sich einiges geändert. Im Augenblick laufen gerade
4 Anamnesegruppen 2-semestrig, wobei in dem jetzigen WS
wieder eine neue dazukommen wird. Das Institut für medizi-
nische Psychologie hat sich unserer Idee angenommen und
stellt zwei Psychologen zur Supervision der studentischen
Tutoren. Diese findet wöchentlich statt.
Als weitere Hilfe für die Tutoren haben wir uns zu Beginn
des letzten Semesters eine HUtte im Odenwald gemietet, in
der wir ein sog. Wochendtutorentraining absolviert haben.
Solche Dinge finden in eigener Regie statt und werden nicht
von der Med. Psychologie betreut. Übrigens arbeiten die
Tutoren unentgeltlich. Es gibt auch keine weiteren Vor-
aussetzungen zu erfüllen, um eine Gruppe zu leiten außer,
daß man selbst ein Jahr lang an einer AG teilgenommen hat.
Die Ziele und Inhalte der Gruppen selbst sind sehr unter-
schiedlich. Jp-ier Tutor erarbeitet mit den Mitgliedern
die Zielt: der 'Jruppe. Dadurch entsteht ein Spektrum von
Selbsterl'ahrung bis hin zur reinen Gesprachsfuhrung m i t dem
Patienten. So entstehen z.B. Gruppen, die sich v.a. mit
Schwerstkranken auseinandersetzen oder andere beschäftigen
sich ;;:it den Thema "Tod". Allen gemeinsam ist jedoch, daß
die Lernprozesse möglichst über Einzelinterviews mit
Patienten oder Rollenspiele mit anschließendem Gespräch
i aufen.
Zusammengestellt werden die Grjppen zu Beginn des Semesters
auf einem großen Treffen, das von einigen Interessenten
organisiert wird. Dort; stellen sich die Tutoren vor und
jeder Tel inehmer kann schon eine Vorauswahl treffen welcher
Tu t u r u:id dessen Programm seinen Interessen an: ehesten
er.tsprieht, An diesem Troffen :-.ehn;pn Studenten aus allen
Sfr:t-otern teil .
'}. Kür die Zukunft . .
..sind wir in der Diskussion mit der Psychosomatischen
Medizin (Prof. Petzold) und der Med. Psychologie, um eine
bessere Vorwegbetreuung der Tutoren zu erreichen. Bislang
war es so, üaß mehr Interessenten für eine AG vorhanden
waren als Tutoren zur Verfügung standen. (Die Zahl der
Gruppenmi t>>;l ieder soll nicht größer als 10 sein plus 2
Tutoren). Die relativ zu geringe Anzahl von Tutoren hing
auch damit zusammen, daß einige ehemalige AG-Mitglieder
gern als Tutor weitermachen würden, sich aber nicht kompetent
genug fühlten. Insofern wünschen wir uns ein Tutoren-
training hier in Heidelberg nicht nur für die Betreuung
der jetzigen Tutoren, sondern auch im Hinblick auf die
nächste Tutoren-Generation.
Ich hoffe, daß ich einen ersten Eindruck von dem vermitteln
konnte, was bei uns so läuft.
Tschüß, Jürgen
Ar.amnesegruppen in 'Jlm
In Ulm bestehen momentan 3 Anamnes^ruppen. Vier der
sechs Tutoren nahmen am Trainig in Mainz teil., die übrigen
zwei sind aus der alten Tutorengruppe. Die Gruppen mit je
10 Teilnehmern treffen sich über 2 Semester lang einmal
pro Woche für zwei Stunden. Die Mitglieder sind aus dem
ersten bis fünften Semester. Wöchentlich haben wir eine
zweistündige Supervision bei Prof. Herrmann und Frau
Simons (Dipl. Psych. ). Die Supervision lief regelmäßig
und unserer Meinung nach konstruktiv ab im Gegensatz zu
frUher. Obgleich wir aus zwei Tutorengenerationen bestehen
raufen wir uns zusammen. Unser Problem war, daß am
Anfang des Semesters 70 Studenten interessiert waren, wir
jedoch nur 30 aufnehmen konnten. Auf Grund dieses Tutoren-
mangels sind in letzter Zeit Bestrebungen entstanden,
Anamnesgruppen ohne Tutor zu gründen. Deshalb wollen wir
darauf hinarbeiten, daß im Wintersemester neue Tutoren
zu uns hinzukommen. Bei den neuentstandenen Gruppen
zeichnet sich für uns das alte Problemzwischen Theorie
und Praxis wieder ab. Die vier neuen Tutoren setzen sich
mit dem Training und ihrer Gruppe Auseinander:
- Prob lern der Di stanz dfr Tutoren ?M r Gruppe (Konzept t reut;)
- Gegensatz der Troibhau^atinosphärf? des Trainings zur
rauhen Wirklichkeit der Gruppe
- noch .keine Erfahrung herauszufühlen, was Gruppenprozeß
ist und was ganz eigene Probleme der Gruppe und der
Tutoren sind. z.B. Auseinandersetzung der Gruppe mit den
Tutoren.
- hohe Ansprüche der Tutoren bedingt durch das Training
Abgesehen von diesen P rb l einen macht's uns ganz einfach
Spaß uns selbst zu erfahren und d;e Gruppe zu erleben.
Anamnesegruppen in Zürich
Folgendermaßen kam es in Zürich zur B i l düng der ersten
Anamnesegruppe: Ein Student urd eine Studentin vom Fachverein
Medizin hatten den Wunsch, in Zürich eine Anamnesegruppe
anzubieten. Auf ihrer Suche, die Idee in die Tat umzusetzen,
trafen wir zueinander. Als Psyoholugin mit Interesse und
Zuneigung für Baiintarbei t, die ich in der Wei terbi ldüng
kennengelernt und erfahren habe, erwänr.te ich mich schnei l
für das Konzept und die Art und Weise des Lernens wie es
sich in der Anamnesegruppe-Arbei t versteht.
Ich besuchte das Maitreffen in Marburg und im Herbst machte
ich dort mit Medizinstudenten und -Studentinnen das
Tutorentraining während zweier Wochen mit. Ich gewann
darüber den Eindruck, daß ich den Start als Gruppenleiterin
In Zürich wagen könnte. Einen Co-Leiter (und Weggefährten)
hatte ich nicht.
Aber es gab Stefan und Antje, die beiden Medizinstudenten,
die alle übrigen Einsätze leisteten bis sich schlussendlich
eine Anamnesegruppe in einem Raum der Uni zusammenfinden
und etwas später den ersten Patienten empfangen konnte.
Wir begannen im Wintersemester '62 mit dreizehn in der Gruppe
und waren zu Ende des Somrnersemesters ' tf J noch acht plus
Gruppenleiterin. In der letzten Anamnesengruppenstunde
äußerte jed°r von uns einige Gedanken im Rückblick. Aus-
nahmslos fanden wir, die Arbeit habe uns etwas gebracht
in persönlicher und beruflicher Hinsicht. Es wurde von
vieler, geäußert, daß das Empfangene teils anders aussieht
als was sie erwartet haben und daß das Erlebte für sie
wertvoll sei. Ein Student und ein»-- Studentin aus der Gruppe
wollen nach de;;i Sommer er; t so he: :ler., ob sie als Co-Leiter
n,i c.-nachen würden, falls wieder eine Anamnesegruppe ange-
boten würde.
Esther
Ich b e r i c h t e über die Gruppen, man könnte sie
auch Anamneseg ruppen nennen, die von uns, einer
Gruppe von 6 Tutoren im Inst i tut für Al lgemein-
medizin gelei tet uarden. V on anderen Anamnese-
gruppen an unserem Fachbereich haben uir nie
etuas gehör t . Schon in dar Ansiedelung bei der
AI Igerneinmedi z in wird eine unserer frankfurter
B.esonaerhe i ten deutl ich, die, uie einige andere
Bedingungen, nicht cnne L i n f l u ü auf unsere A r -
beit gebl ieben sind. Ich s t e l l e unsore A r b e i t
nicht zu le tz t deshalb zur D iskuss ion, um durch
ein Feed-hack von F_uch Lasern Anregungen zur HR
f l ex iondessen zu bekommen, was uir machen.
Vie l le icht schre ibt Ihr uns wirkl ich einmal,
uas Ihr für einen L indruck von u n s e r e m P r o j e k t
habt, uie es tuen v o r k o m m t , L-äs lucn g e f a l l t
und was nicht.
Uie es_an f ing ;
Als Student im 2. Semester ging ich zu einer
ein stündigen Veranstaltung, "Allgemeinmedizin für
Vorkliniker" genannt. Zunächst kam ich einfach,
weil es im Stundenplan aufgeführt war . Dort
saGen etua 3C Studenten in klassischer Frontal-
aitzordnung, vorne Dr. Jork, ein Patient und
ein Student. Vor dem Auftritt des Patienten
hatte Dr. 3ork allgemeine Themen, z.B. die 12
Basisfragen, L eitsymptome etc., angesprochen.
Aber nur das wenigste dauon hat mich interessiert,
Das 5pannende uar vielmehr die Begegnung mit dem
Patienten. Der schien ein Uesen aus einer anderen
Uelt, zumindest hatte ich desgleichen seit mei-
ner (probeuaisen) Aufnahme der Arztrolle noch
nicht erlebt. Gefährlich konnte es auch werden,
bedrohlich für micn, sodaG ich mich lieber in
eine hintere Reihe setzte (das versuch ten die
meisten anderen auch), konnte doch der Patient
z.B. auf eine ungeschickte Frage schweigend ins
Publikum blicken oder gar zurückfragen. G an z
alleingelassen aber brauchte sich der Inter-
vieuer nichtzu fühlen: Or. Jork legte ihm z.B.
die Hand auf die Schulter und forderte ihn auf,
den Patienten doch noch zu fragen, ob der Aus-
uurf ueiß oder gelb gewesen sei.
Heute sehe ich diese Veranstaltung, die es in
ähnlicher Farm noch gibt, rächt kritisch. Meine
*r i tk in Stichucrten: Exposition einzelner statt
Üruppenarbeit und -atmosphäre; Konsumentenhaltun g
beim "Publikum"; Überhäufung mit kognitivem Wissen
statt Bearbeitung dessen, uas emotional "mit
einem abgeht"; ;r reflektiertes Hätscheln der
Größenphantasie "Arzt", einer Suggestion, der man
im ersten oder zweiten Semester so hilflos gerne
erliegt. Trutz alladem habe ich noch deutlich
in Lrinnerung, üaO der Montag durcn diese Ver-
anstaltung für mich etwas de3anderes darstellte,
sicn durch etuas Spannend-An ziehendes von den
übrigen Wochentagen abhob.
Am Ende des Semesters fragte ür. Jork, wer In tsr-
esse habe, als Tutor einen ähnlichen Kurs zu
leiten. L~s meldeten sich 1G Studenten, darunter
ich, und begannen mit Dr. Jork unö Uerner Hellen-
kamp, einen in Gruppen arbeit schon erfahrenen
studentischen Hiwi, im US 80/81 den Versuch,
uns auf die Arbeit mit Studenten, die im SS 81
beginnen sollte, vor zubereiten.
Nun mag mancher Leser fragen, warum ich so ueit
aushole. Ich schildere die Historie deshalb so
ausführlich, um deutlicn zu machen, daß die
-sr* _r - " - .. •-= ? r-j -rc;ekts nicht in einer primär
•_'..., :-d" ;; =r" r •• : " i * i =; 11 ve liegt, soncern in einem
" 'S'., r IST,?-.; e i t e^ MS- ^raxisorientierten Aus-
:j : • "•""'•—-—"'•:-- • — •;.'-"- e i^ed i z in" , -äs der In s t i-
tutsleiter, Or, Jcrk, aufzubauen begönne n hatte.
Das Institut für Allgemeinmedizin uar erst kür z zu-
vor als Stiftung der Kassen arztliche Verein igUHQ
gegründet uorden. Es bietet freiuillige Lehrver-
anstaltungen an (darunter unser Projekt)» die sich
als Angebot an jeweils einzelne Semester des vor-
kl in i sehen und klinischen Studiums richten. Der
einzige Pflichtkurs, und damit die formale Legi-
timation und Anbindung des Instituts ün den LJni-
betrieb ist der Kurs "Einführung in die Fragen
der allgemeinmedizinischen Praxis" im 7. Semester.
"Das Symptom als.Angebot des PatJ.enten"
So nennen wir unsere Veranstaltung und kenn-
zeichnen damit in Anlehnung an 3AL IN T unser
Krankheitsverstandnis, uie auch unsere Arbeits-
weise. (Siehe auch Beitrag uan Uerner Hellen-
kamp)
Uorum geht as_bei der_Arbeit in unseren Gruppen?
Uorrangig, meine ich, geht es darum, die Kon-
takt aufnähme mit dem Patienten zu üben und
sich probeweise mit der Rolle des professio-
nellen Helfers (Ziel: Arzt) zu identifizieren.
Seidas konnte man aber auch ohne Gruppe (und
diesen Einjand hören yir auch gelegentlich).
Die Gruppe aber bietet die Gelegenheit, Affekte,
Eindrücke und Beobachtungen auszutauschen und
zu bearbeiten,die aus der Kon takt aufnähme mit
dem Patienten entstehen. Daoei ist es die Auf-
gabe der Tutoren, in der Nachbesprechung dafür
zu sorgen, daß Emotionen geäußert und verglichen
uerden können, ohne daß es ein Richtig oder
Falsch gibt. Durch Sammeln und Strukturieren
regen die Tutoren die Gruppe an, sich ein
ganzheitliches Bi l d von dem Krankheits-Angebot
des Patienten 2u machen. Dazu gehört es auch,
zu klären und zu trennen, was Emotionen zum
Patienten, uas Beobachtungen und was Infcrma-
tionen aus dem Hund des Patienten sind. Hier-
bei werden auch Informationslücken, die das
Intervieu hinterlassen hat, umschrieben. Daru
gehört auch, zu klären, warum eine bestimmte
Frage nicht gestellt uerden konnte. Zugleich
spiegeln die Tutoren der Grupps: das Geschehen
in der Nachbesp rechung wiöer und beziehen es
auf das, uas Der Patient "dagelassen" hat.
Sie selbst halten eigene Emotion an und Eindrücke
bezüglich des Patienten zurück. Auch verstehen
sie sich nicht als Dozenten, die bestimmte
Inhalte vermitteln uollen, sondern lassen die
•Gruppe arbeiten und stellen dabei ihre Aufmerk-
samkeit zur Verfügung. Zusammenfassen d läßt
sich der Arbeitsgegenstand unserer Gruppen als
patientenzentrierte Selbsterfahrung beschreiben.
Die B e s on d e r JTS i t en un seres Projekts:
* Es richtet sich als freiwilliges Angebot
vor allem an Studenten des 1. vorklini-
schen Semesters
* Uir arbeiten über 1 Semester in (derzeit 3)
Gruppen mit je max. IQ Studenten und 2 Tutoren
* Die Patienten stammen aus Praxen niederge-
lassener Allgemeinärzte und werden im UU-Bus
in die Uni und zurück gebracht
* Uir 6 Tutaren fahren alle 2 Uochen zu einer
doppelstündigen Supervision
* Am Ende jeden Semesters machen uir eine
Projektsupervision mit Frau Krejci (Psycho-
analytikerin) aus Freiburg
* Unser Projekt ist die einzige vorklinische
Veranstaltung mit Patienten an der Uni
(einmal abgesehen von einer anderen, von
ftrzten durchgeführten freiwilligen V eran-
staltung des Instituts)* n s e r i11 r oj e * t üeinnültet als einziges in oer
-ll^eTieinmedizin studentische Tutarien
* Zugleich ist es CBS mit dem meisten persön-
l.icnen Engagement uno der intensivsten in-
haltlichan Auseinander Satzung betriebene
im Bereich der AI Igemeinmedizin, das ich
kenne
Vom SS 81 bis US 82/B3 uar unser Projekt Teil
eines Forschungsmodells im Auftrag der Bund-
Ländar-Kommission für Bildungsplanung
Die Arbeitsbedingungen für Tutoren:
* Anfertigen eines Protokolls über jede Gruppen-
stunde
» gelegentliches Treffen mit dem Projektleiter
» Supervision
* Prajektsupervision
* Bezahlung
* Teilnahme am Tutorentraining
» Aufnahmekr iterien für neue Tutaren sind:
» Teilnahme an einer unsrer Gruppen
» Vorschlag durch einen Tutdr
* Teilnahme am Tutorentraining
Das Satting unserer Gruppen
Jede Gruppe trifft sich wöchentlich vormittags
für eine Doppelstunde und wird von 2 Tutoren ge-
leitet. Neben ihrer Funktion in der Nachbespre-
chung sorgen diese für den äußeren Rahmen in
ihrer Gruppe: Sie organisieren Patient und Raum
und stellen eine Sitzordnung im Kreis her, bei
der sie sich am besten gegenüber sitzen. Ein
Tutor holt den Patienten in die Gruppe, wo er ihm
auf dem Ueg kurz die Gruppe (als Erstsemester)
und das Vorhaben (Üben, mit Patienten zu sprechen)
erläutert. In der Gruppe stellt der Tutor den
Patienten mit Namen vor, der Interviewer steht
auf und begrüßt den Patienten. Von jetzt an halten
sich beide Tutoren zurück und greifen nur ein,
wenn es unumgänglich ist. So streben sie an, daß
der Interviewer sein Gespräch auch selbständig
beendet. Ueiß der Interviewer im Gespräch nicht
mehr weiter, so haben wir abgemacht, daß er der
Gruppe Gelegenheit zu Fragen an den Patienten
-19-
geben kann. Nach dem Interview begleitet ein Tutor
aen Patienten zurück zum V u- Bus, während der andere
die Nachbesprechung mit der Gruppe beginnt.
In den ersten Stunde am Semestefbeginn haben uir
noch keinen Patienten. Stattdessen beginnen uir
mit einem Kennen lernspiel und nähern uns. dem
Interviewe r- Patien t- Gesp räch zunächst im Rollen-
apiel. Nach und riacn sollen daran alle Gruppen-
mitglieder teilnehmen, sei es in der Rolle als
"Arzt "/"Interviewer", sei es als "Patient".
Dabei schildert der "Patient" eine selbst er-
lebte oder hautnah miter l eb t e Kr ankheit. Nach
5 - 7 Minuten brechen die Tutoren das Rollen-
spiel ab, damit das Material in der Machbesprechung
übsrscnaubar bleibt.
Daß unsere Gruppen aus Erstsemestern bestehen,
hat proj ekthistor ische Gründe. Da uir dies
aber nicht als nachteilig empfinden - ganz im
Gegtinteil: unsere Gruppenmitglieder haben noch
einen von Schuirnedi zin ueitgehend unverstellten
dlick - naben uir daran nie etwas geändert.
Dagegen erscheint mir immer deutlicher die Laufzeit
unserer Gruppen von _]_ Semester als zu kurz.
ulenn ich Berichte über die gruppendynamische
und inhaltliche Entwicklung von 2-semestrigen
«•namnesegruppen lese, verdichtet sich mein
Gefühl, auf halber Strecke stehen zu bleiben.
Uerbung - 5 t_ud_gn t en— Scnwun d - Uerjjindlichkeit
Bei einem Problem, dem Pli tgl ieder- Schwund in
unseren Gruppen sehen wir inzwischen klarer.
Es hat uns viele Semester lang beschäftigt
und zahlreiche, oft traumatische Erfahrungen
für uns Tutoren (im Sinne einer narzißtischen
- r jnx'„r. :_. } r •; tgeo r ach t , rjach habe ich fast das
-" c^""i ; e r, ; : ei^en .Turcnbruch zu erleben.
-20-
Bisher hatten uir durch große Plakatuerbung
und mündliche Ankündigungen versucht, die Stu-
denten in unsere Gruppen einzuladen, aie mit
der Chemievorlesunq dergestalt konkurrieren,
daß sich die Studenten zuisehen unseren Grup-
pen und der Chemie entscheiden müssen (und das
im ersten Semester!). Nicht zuletzt durch diese
aufuendige Uerbung entstand bei manchen Studenten
der Eindruck, daß uir um jeden froh seien,
der käme. Nach unseren traumatischen Mitglieder-
Uerlusterlebnissen war dies ja auch nicht ganz un-
begründet. So forderte dieses System die Fluk-
tuation in unseren Gruppen.
Auf einen Rat unseres Supervisors Uli F.gle hin
haben uir nun unser Vorgehen geändert, uir
hängen jetzt zu Semesterbeginn nur beschaidane
Aushänge aus, die auf die begrenzte Teilnehmer-
zahl und unsere L inführungsveranataltung hinueisen,
Dort haben uir nach ein er kurzen Ansprache des
Institutsleiters erstmal s und mit gutem Erfolg
den marburger Uideofilm "Sprechen mit dem
Patienten" übar die Anamnesegruppen gezeigt
(in Ausschnitten). In dieser Veranstaltung haben
wir dann Listen umlaufen lassen, in die sich
die Interessenten ein trugen. Später haben uir
die durch Los gebildeten Gruppen ausgehängt.
Die spu'rbar stärkere Verbindlichkeit, mit der
unser Angebot seither aufgenommen uird, halte
ich aber nur zu einem Teil für die Folge der
organisatorischen Veränderungen. Sie ist mehr
als das Ergebnis eines Tricks. Vielmehr rührt
sie von der uachsenden Verbindlichkeit her, die
wir Tutoren dem Projekt entgegenbringen. Dazu
gehört, uie sehr uir selber hinter unserem
Angebot stehen können, und auch, daß uir uns
unsere gelegentlichen inneren Bedenken und
Zueifel gegenüber unserer Arbeit beuußter ge-
macht haben und so besser mit ihnen umgehen
können. Last but not l east trägt auch die ge-
wonnene Arbeitsfähigkeit als Tutorengruppe dazu
bei. Mir ist insbesondere an diesem Beispiel
deutlich geuorden, uie Probleme (z.S. Studenten-
schuund), die ganz klar durch uidrige organi-
satorische Umstände bedingt erschein en, oft
zumindest auch bei mir/bei uns persönlich uurzeln.
Supejry ision
... gab es bei uns.icht von Anfang an. Und auch
als uir dann in Aqidius Schneider («r zt) aus Marburg
einen Supervisor gefunden hatten, fuhren uir zu-
nächst unregelmäßig, ja, machten die fahrt nach Har-
aurg oft uon unserem "Supervisionsbedürfnis"
abhängig. Rückblickend erschein t mir dieser
Zustand sehr problematisch, haben uir doch später
oft genung erlebt, daß keiner von uns ein aktuelles
Problem zu haben schien vor ein er Superuisions-
stunde, die dann brisan t uurde. Seit bestimmt
2 Jähr an fahren uir Tutoren nun regelmäßig zur
Supervision, seit Agidius Ueggang aus Marburg
zu Ulrich Egle (Arzt) nach Mainz. Plitlerueile,
verteidigen uir auch unsere Supervision gegen
E insparungsbestrebungen als unabdingbare Ar-
beitbedingunQ. Ich glaube, daß uns die Grundhal-
tung, Reaktionen auf die Studentengruppe, in sbe-
sondere Aggressionen, dort zuar uahrzunehmen, aber
nicht auszuagieren, schon ein gutes Stuck ueit
in Fleisch und Blut übergegangen ist. Gerade auch
angesichts kränkender Erlebnisse, uie z.B. des
Uegbleibens eines Studenten, hat uns die Super-
v ision geholfen, nicht in schädlich Re-Aktionen
zu verfallen. So emp finden uir sie als unerläß-
lich, um 51orungsmomente, die auf unsere Ar-
beit einuirken, verstehen zu können und unbeein-
trächtigt unserer Funktion als Tutcr gerecht
7 ,. ercen . .. .^c1- -i-n-ien uir m an ehe Probleme mit
reu1 F r tner tu * rr n^.r in aer Supervisionsgruppe
•-.Lsren. -'.er; l : ej L; cr erleben uir die Superuision
-22- - 2-3 -
als Flodell für unsere Gruppen und versuchen,
demSupervisor Denkansätze und Techniken abzu-
gucken, insbesondere zu beobachten, uie er
regelmäßig das in der Supervision Geschehende
auf den Patienten der Problern-5tunde zurückbe-
zieht.
Tutoren trainj.njj
Vor jedem Semester machen uir ein 3- bis 4-
tägiges Tutarentraining. Es dien t dazu uns neu/
erneut zu orientieren, worum es in unseren Grup-
pen gen t und methodische Grundlagen zu erar-
beiten. Es geht also um das Backgraund und
das Handuerkszeug für die Tutoren.
Uährend die neubeginnenden Tutoren (das sind
etwa 1 bis 'i pro bemester) sich mit der neuen
Rolle als Tutor auseinandersetzen und sich da-
bei auch an alten Tutoren orientieren können
(durch Identifizieren mit ihnen oder Absetzen
von ihnen), profitieren umgekehrt die alten
vom In fragestellen durch die neuen im Sinne
Reflexion bisheriger Arbeit. Zugleich konsti-
tuiert sich aus alten und neuen die Gruppe
der Tutoren, von deren Arbeitsfähigkeit .als
Gr_ypg_a viel für die Semtsterarbeit abhängt.
G an z unver ztcbthar finde ich Tutcrentrainer,
habe ich doch noch die Erfahrung eines zer-
mürbenden Trainings "aus eigener Kraft" in
Erinnerung. Uichtig erscheint mir zum einen
die Kompetenz des Trainers im Sinne einer
inhaltlichen Orientierung, die aus eigener
E rfahrung kommt. Zum anderen zählt er einfach
als unabhängige Person: Sie behält den Über-
blick, uenn es drunter und drüber geht und sieht
mit dem Blick des Neuhin zugekommenen vieles,
was uns nicht mehr auffällt. Sind mehrere
Trainer da, ist ihre Interaktion zugleich
Modell für die eines Tutorenpaares.
Zwei Arbeitsueisen aus dem Training mochte ich
•kurz herausstellen:
Arbeit auf der Basis eines Patienteriinteruieus:
Dieses Interuieu und die Nachbesprechung finden
im selben Setting statt, uie unsere Gruppen, uobai
die "Tutoren" ausgedeutet sind. Anschließend an die
Nachbesprechung folgt unter Leitung der Trainer
die Nach-Nachbesprechung; Uie uurdan die Tutoren
erlebt? Uie ging es ihnen? Uie knoperierten sie?
Welche Gefühle hatten die "Gruppenmitglieder",
uelche der "Interviewer"? Diese Form der Arbeit
uar mir immer besonders uertvoll, gab sie mir doch
einen oftmals ersten Einblick in die Zusammenarbeit
mit einem neuen Tutorpartner, gab uns also eine
Gelegenheit, noch vor dein Ernstfall Semesterbeginn
zu erahnen, uo die Probleme und uo die Chancen
unseres Tutoranpaares liegen. Darüoer hinaus
habe ich selten ein so unmittelbares Feedback
auf mein Tutoruerhalten bekommen.. Umgekehrt
konnte mir diese modellhafte Arbeit vermitteln,
uie es sich anfühlt, uenn ich als'Gruppenmitglied"
helfende Tutoren vermiete, oder sie als uohl tuend
strukturierend empfand, uo mir ein Durchblick
fehlte, oder ich sie angreifen mußte etc.
Als strukturierende Leiter in dar Nachbesprschung
gaben uiderum die Trainer ein Modell für Tutoren-
verhalten. Diese Arbeitsueise bildete den Kern
der Trainings mit marburger Tutoren aus der Psycho-
somatik als Trainern.
Jan Graat, ein Dozent der niederländischen Uni-
versität in Maastricht, der uns ebenfalls mehrfach
trainierte, setzte einen ueiteren Schuerpunkt in
der Arbeit mit Roll anspielen. Sc haben uir Probleme
dar Tutoren aus früheren Gruppen aufgegriffen
und ?un Ogenstand von Pollenspielen gemacht:
_as p a s s i e r t , uenn ein Patient mit, unheilbarer
*rar;*r.oit zum i n t e r v i e w Kämmt? „i e soll ich als
Tut er " 11 "icrutirjsn in aer Gruppe umgehen? Uas
mache ich, uenn die Gruppe vom Ihema abzukommen
scneint? etc. Meist erhielten die Hollenspieler
getrennt eine kurze Vorgabe vom Trainer. Schon
nach 3 üi3 7nHinuten brach Jan das Rallenspiel
ab. Die Nachbesprechung konnte dann an konkretem
Erlebnis- und Vernal ten s-Pla ter ial festgemacht uer-
clen. Bei unserem letzten Training haben wir uns
zusätzlich Video-Auf Zeichnung zunutze gemacht.
Kritisch möchte ich zu unseren Trainings anmer-
ken, daß sie aufgrund des engen Zeitplans und
der kurzen Dauer oft zu gedrängt und belastend
empfunden uurden. Belastend auch, usil es ja um
Inhalte geht, die uns alle emotional stark berührt
haben, sadaß unsere Reaktionen uon Hochs t immung
über Tränen bis zu tiefer Erschöpfung reichten.
Zunehmend Defähigen uns die emotionalen Lernuor-
gange aber, die theoretischen H intergrün de von
Anamneaeerhebung, Gruppendynamik, Gesprächsführung
u.a. - also das kognitve Rüstzeug des Tutors -
systematisch zu erarbeiten.
XII. Internationales Balint-Treffen, Ascona29. März-1. April 1984
Psychologische Ausbildung des Arztes
Zwischen Leiden und Hoffen
Christian MarkuortInformationen und Gedankenaustausch zu Problemen
der Arzt-Patienten-Beziehung
r '9 •
Patronat:Gesellschaften für psychosomatische Medizin von
Frankreich, Österreich, Japan, Italien und der Schweiz;Deutsches Kollegium für Psychosomatische Medizin;
Internationale Balint-Vereinigung
Ehrenpräsidentschaft von Mrs. Enid Balint, London
Wissenschaftliche Leitung:Prof. Dr. med. B. Luban-PlozzaPiazza Fontana Pedrazzini
CH-6600Locarno
Unterkunftsreservierung:
VerkehrsvereinCH-6612 Ascona
Psychosomotikich Humanmedizin der Philippi-Univeriitöt
Prof. Dr. med. W. SJiGffel
3550 MarWg/Lahn, den 2 0 . l S . 8'lKt>berl Kodi-SlioB« 7Tti.ion (O« :n istanno
-z?--
F O R D E R U N G H E Z 1 E H U H G S O R I E N T I E R T E H A U S B I L D U N G S A H S A T Z E :
P R E I S F'JR M E D I Z I N S T U D E N T E N : "ASCONESER MODELL"
E I N T ,
L l e b e A n a m n p s e g r u p p lc> r,
zum nächst jäh r i gen Maitreffen darf ich Sie bereits jetzt, auchim Namen der Marburger Tutoren und aller im Lande verstreutenUralt-Tutoren herzlich einladen. Das Treffen wird stattfinden:
Freitag, II. - Sonntag, 13.Mai 1984.
Bitte planen Sie dieses Treffen frühzeitig ein, da es erfahrungs-gemäß im Mai immer mehr Termine gibt, je naher dieser Wonnemo-nat ruckt !
Hie immer soll auch das nächste Haitreffen zu einem p e r s o n -liehen Treffen werden. Bei den Veranstaltungen wollen wirunmittelbar auf die Arbeit zurückgreifen. Wir planen, daß Tutarenverschiedener Orte Anamnesegruppen leiten. Dabei stellen dieGruppen praktisch den Innenkreis dar und die anderen Teilnehmerdes Maitreffens sind der Außenkreis. Anschließend wird das Vor-gehen diskutiert. Es sollen Schlußfolgerungen für das weitereVorgehen gezogen werden.
Bereits jetzt soll ab<?r auf zwei entscheidende Themen hingewiesenwerden, die für die Weiterentwicklung der Anamnese g ruppen vonentscheidender Bedeutung sind:
1. Die Supervision2. Das Training
Sie alle sind sehr herzlich eingeladen. Dabei spielt es keineRolle, ob Sie Tu t o r sind, w.^ren, werden wollen oder ganz einfachderzeit an einer An dm n eseg ruppe teilnehmen. Erfahrung in derM i t a r b e i t an einet An amne s e g r u p p e ist aber erwünscht.
Dam i t wir einigermaßen vernünftig planen können:Anmeldungen werden bereits: j t:L x t angenommen; spätestenss o l l t e n Sje sich aber bis zum 30.April 1984 angemeldethatten an folgende Anschrift:
Die Tutoren der Anamnesf-qruppenc /o Abteilung PS g c h os otnat i kHöbe r r. Koch 5fr. 7
3550 Marburg
Mit den Bai int-Treffen von Asccna soll u.a. das studen-
ti sehe Bemühun gefordert werden eine palienten- und be-
ziehungsorientierte Ausbildung zum Arzt aus neuen Ansätzen
weiter zu entwickeln. Mit einem - von der Firma Pharmaton
(Lugano) gestifteten - Pre_ls_ in der Hohe von 5.000 Sfr.
sollen die Arbeiten von Medizinstudenten ausgezeichnet
werden, die sich aufgrund persönlicher Erfahrung mit Aus-
biIdungsaspekten der Arzt-Patient-Beziehung befassen.
Das Deutsche Kollegium für Psychosomatisehe Medizin (DKPM),
die Gesellschaften für psychosomatische Medizin von Frank-
reich, Oesterreich, Italien und der Schweiz sowie die
Internationale Balint-Vereinigung benennen Beauftragte,
die zusammen mit studentischen Vertretern das Preisrichter-
kollegi um biIden.
Die Arbeiten werden nach folgenden Gesichtspunkten beurteilt
vl . Die vorgelegte Arbei t ist wesentlich zentriert auf eine
t je r s ein l i ehe Erfahrung innerhalb der Student-Patient-
Bez i ehung. (Kxposi Liun)
"J . Ji ese w i rd - allein oder in de r Gruppe - im Rahmen des
He?, iehunp.sne t zes zwischen dem Studenten, dem Pflege-
personal, der Hierarchie und den verschiedensten Insti-
tutionen erlebt und verarbeitet. (Reflexion)
3. Sie zeigt die Reflexion des U"ndL-r.1.1:n über solche Er-
fahrungen und ihren Fi nfluss auf ^ein berufl i ehes Erleben
und Handeln t. u f. (Aktion)
4. Sie öffnet Wege, die hierfür nutwendigen Freiräume In
seiner Ausbildung zu schaffen. Der oft unterdruckte
Zugang zu den eigenen Gefühlen und Fantasien wird in
die Auseinandersetzung mit der ärztlichen Verantwortung
einbezogen (Progression)
5. Bereits eingereichte Diplomarbeiten und Dissertationen
werden wie bisher nicht berücksichtigt.
EjrisendeschlLiss: 33. Januar 1984.
D.ie Preisverleihung findet anlässlich des l?. Balint-
Treffens in Ascona am 30. Harz 1984 statt.
Je 8 Exemplare der Arbeit, jedes mit der genauen Adresse
der Einsender, sind zu richten an:
Prof.Dr.med. W. Schuffei. Leiter der Abteilung Psycho-
somatik der Universität, 0-3550 Marburg; und
Prof.Dr.med. B. Luban-Plozza, Piazza Fontana Pedrazzini,
CH-6600 Locarno.
ASCONESER PREISARBEIT 1983
von Marlan Wagner, Utrecht, Niederlande
Teilnehmende Observation einer Sterbensbegleitung
Einleitung
Ich bin eine Studentin in der Medizin fUrs dritte Jahr,
in Utrecht. An unserer Fakultät Ist es Brauch, daß man
im dritten Jahr eine wissenschaftliche Probezeit macht
und weil ich an Stcrbensbeglei tung interessiert bin,
wählte ich dieses Thema zu meinem Probezeitgegenstand.
Wei l dies das erste Mal war', daß dieses Thema gewählt
wurde habe ich selbst Form und Inhalt bestimmen dürfen.
Der Zweck dieser Probezeit war der Versuch eine Antwort
zu finden zu den folgenden Fragen:
1. Weiche sind die Wünsche und Erwartungen der Patienten
bezüglich der Sterbensbegleitung und wie schließt
::iar. im Krankenhaus daran an?
2. Hat das ja oder nein g laubig zu sein Einfluß auf die
SterbensbegJeitung und die Verarbei tung des annahenden
Sterbens?
Ich hatte die Hoffnung mitte l s teilnehmender Observation
eine Antwort zu diesen Fragen zu bekommen.
Die Probezeit dauerte sechs Wochen und fand statt auf
einer Abteilung für Innere Medizin eines Regionskranken-
hauses, in dem eine Arbei tsgruppe Sterbensbeglei tung
funktioniert. In der Abteilung für Innere Medizin führen
Ärzte, Pflegende, Sozialfürsorger und Seelsorger einmal
pro Woche Rucksprache Über die Patienten. Ich war an-
wesend bei Anamnese, Untersuchung, Behandlung, Besuch der
Ärzte in den Krankenzimmern und Patientenbesprechungen;
daneben führte ich Gespräche mit Patienten. Diese Probe-
zeit führte mich auch zum t-rsten Mal in meinem Studium
'•r. eir. Krankenhaus und dort hatte ich also auch meine
ers'_e:i Kontakte rr.il. Pa'.ienten.
-30-
Folgender Bericht ist nicht mein offizieller Probezeit-
bericht, sondern die Beschreibung einer apeT- teilen
Erfahrung, die mich sehr beeindruckt hat.
In der dritten Woche meiner Probezeit lernte ich Frau A.
kennen. Ich hatte sie schon beim Arztbesuch in i hrem
Zimmer gesehen, aber noch nicht mit ihr gesprochen: sie
lag in einem Saale und dort hatte ich ni chts zu suchen.
Später wurde sie in ein Einzel z immer vcrl egt, in rierp
sie immer alleine am Fenster saß. Nachdem ich lange ge-
zögert hatte und manches Mal den Korridor auf und ab
gegangen war bin ich doch endlich in ihr Zimmer hinein-
gegangen, sagen wir "nur so wegen der Gemütlichkeit".
Ich sage "sagen wir", weil ich tatsächlich mit größter
Scheu hereinkam. Ich wußte via Gesprächen mit Pflegenden,
daß sie zlemlich einsam war und etwas plaudern oder ein
kleines Zeichen der Teilnahme schätzen würde. Aber ich
wußte auch, daß sie sterbenskrank war und daß sie, eigener
Bitte nach, keine Behandlung mehr bekam, nur entnahm
man ihr noch Blutproben.
Ich zögerte so lange, weil ich.noch nie in meinem Leben
mit einem Sterbenden Kontakt gehabt hatte und weil ich
keine Ahnung hatte was ich sagen sollte und möglicherweise
noch weniger wußte, was ich nicht sagen sollte. Aber ...
es lief alles hundertprozentig; Frau A. hatte selber
vieles zu erzählen. Sie plauderte frisch von der Leber
über Früher, über ihren Mann, der l 1/2 Jahre eher ge-
storben war und über ihre einzige Schwester, die einige
Jahre jünger war als sie. Sie erzählte mir auch, schon
während unserer ersten Begegnung, daß ihre Behandlung
nicht mehr fortgeführt wurde. Sie freute sich darüber,
daß Dr. B., der Staitons-Arzt, ihr versichert hatte, daß
nichts mehr unternommen we r den würde. Kurz und gut : ich
könnt ruhig bei ihr sitzen und ihr zuhören, es machte
ihr tatsächlich Spaß jemanden zu Besuch zu haben und ich
verabredete m 11 ihr, daß Ich nach dem Wocheneride (es war
Freitag) wieder zu ihr kommen würde.
-34 -
Erleichtert trat ich wieder hinaas: ich hatte keine
dummen Dinge gesagt und Frau A. hatte mich akzeptiert,
was für mich sehr wichtig war, denn in meinem Hiriterkopf
hatte doch die Idee gespielt, sie konnte es vielleicht
nicht angenehm finden, daß eine Fremde nur so wegen
der Gemütlichkeit bei ihr vorbei kommt.
Seit dieser ersten Begegnung ging ich tatsächlich regel-
mäßig bei ihr vorbei, erst einmal pro Tag, später zwei-
mal und mit der Zeit, immer öfter. Im Anfang redete sie
sehr viel über früher, über die Sorge die sie sich um
ihre Schwester machte und über alltagliche Angelegen-
heiten. Auch sprach sie über' ihr Sterben. Sie hatte in-
zwischen von den Ärzten vernommen, daß sie ein Karzinom
hatte und nicht mehr gesund werden wurde. Mit der Zeit
sprach sie immer mehr über ihr Sterben und Über Euthanasie.
Ich war nicht in der Lage mein passives Verhalten lange
durchzuhalten, denn sie fragte mich direkt nach meiner
Meinung diesbezüglich. In den Tagen nachdem sprach sie
eigentlich nur noch über Sterben und Euthanasie. Auf
meine Frage, ob sie außer mir noch mit anderen hierüber
sprach sagte sie nein. In diesen Tagen auch ging sie
sich sehr schnell an mich hängen; sie schaute tatsächlich
nach meinen Besuchen aus (ich kam immer morgens zu etwa
derselben Zeit). Auch behauptete sie, es sei eine Schickung
der Vorsehung, daß wir einander auf diesem für sie letzten
Stuckchen Wege hatten treffen müssen. Sie hielt viel auf
körperlichen Kontakt und so konnte es also- geschehen,
daß wir Hand in Hand am Tisch saßen, dann und wann sogar
hielten wir beide Hände. Wenn ich ganz offen sein soll
muß ich sagen, daß ich mich in dieser Si tuation sehr un-
hei m i seh fühl te . Es war immer Frau A., die die Initiative
ergriff und obschon ich es ihr nicht verweigerte habe ich
jedoch in dieser Zeit niemals aus eigener Initiative ihre
Hände gefaßt . Ich konnte d; e f.e Tu h", c? , die sie für mich
hat te und die mi t der Zeit immer stärker wurden nicht
erwidern und konnte F,ie auch nicht vorwenden. Wohl ver-
:r:-jjhte ich es auf zubri ngen {wenn wi r denn doch einmal Hände
h.iuilc:ij "ia I ihre Hand 7. u drücken, worauf sie dann angeblich
-32.-
reagierte. Ich hoffte jedoch, ich würde in dieser Situation
nicht von vielen Leuten gesehen werden (und ich fühlte
mich si tzen, denn die Tür stand immer auf), Erst später
im Laufe ihrer Krankheit, als sie nicht mehr meine Hände
halten wo Ute, fing ich an dies zu schätzen, wel l ich
dann die Idee hatte, daß unser einziges Mittel zum Kontakt
abgeschnitten sei, denn sprechen konnte sie in dem Stadium
nicht mehr gut. Damals auch habe ich erst recht verstanden,
was alles man sich mittels Hände halten noch an Zuneigung
geben kann und einander zu "sagen" vermag. Als sie denn
auch später angab, daß sie wieder gerne meine Hände
halten würde war -es auch meinetwegen von Herzen aus ge-
meint wenn ich Ihre Hand faßte und tat ich das nicht mehr
nur weil ich wußte, daß sie es gerne hatte.
Während ihres Krankenhausaufenthaltes wurde Frau A. von
zwei Ärzten behandelt: im Anfang von Dr. C. und als dieser
in Ferien ging von Dr. D. Daneben war selbstverständlich
immder Dr. B,, der Stationsarzt, da. Daß ihre Behandlung
im Zeitlauf von Dr. D. übernommen wurde kam Frau A. sehr
gut gelegen. Sie sehnte sich noch immer nach Euthanasie
und hatte die Idee, Dr. C. lehnte dies vollends ab; also
setzte sie ihre ganze Hoffnung auf Dr. D. Mir erzählte sie,
warum sie Euthanasie wünschte (seit dem Tod ihres Mannes
hatte sie keine Lebenslust mehr, sie war einsam, sie wollte
nicht anderen zur Last fallen) und durch mich versuchte sie
zu erfahren, wie die verschiedenen Arzte der Euthanasie
gegenüber standen. Insbesondere die Meinung des Dr. B.
diesbetreffend war für sie sehr wichtig. Sie fragte mich
ob er es tun würde und in wi efern er diesbezüglich den
anderen Ärzten Verantwortung schuldig sei. Bis zum Tage
ihres Sterbens hat sie immer ihre ganze Hoffnung auf
Dr. B: gesetzt und glaubte, er würde ihr helfen.
Langsam aber sicher wurde ich zu ihrer Vertrauensperson.
Sie erzählte mir ihre Beschwerden und Bemerkungen, sie
teilte mit mir ihre Sorgen (zum Beispiel die über das
Entnehmen der Blutproben: sie hatte Angst, daß man ihr
-33. -
Blut zuführen wu'rde; sie merkte dies als lebensverlängernd
an). Sie hoffte offensichtlich, daß ich dies alles Dr. B.
überbringen würde und fragte mich dies dann und wann auch
di rekt. Dr. B. war wlrklich eine Hoffnung für sie.
Sie hielt es durch, meine Meinung für wichtig zu halten
und ich begann zu lernen, wie ich Jemandem, der tatsächlich
mir ganz fremd ist, etwas von mir selber geben kann.
Jedoch hatte ich mir dazu viel Mühe zu geben, denn ge-
wöhnlich behalte ich gerne meine Meinung fUr Mich; aber ich
begann einzusehen, daß, wollte ich zum wesentlichen Kontakt
mit jemandem geraten, ich es wagen sollte, etwas von mir
hinzugeben.
Mit ihrer Schwester sprach Frau A, nie über ihr Sterben
oder Über Euthanasie: ihre Schwester vermutete nicht ihre
Gedanken diesbetreffend. Sie wolIte auch nicht, daß ihre
Schwester bei ihrem Sterben anwesend sein würde, sie
wollte ihr soviel Leid ersparen wie möglich. Jedoch würde
sie es schätzen, wenn jemand dabei wäre und als ich fragte',
wer das denn sein sollte sagte sie: "Du, zum Beispiel".
Dieser Ausspruch von ihr hat bei mir eine Menge Angst und
Unsieherhe i t verursacht. Meinem Gefühl nach würde ich da-
durch sehr eng in dies a11es mi t einbezogen; in den Ge-
sprächen, die ich nachher mit ihr hatte spielte dieser
Ausspruch immer im Hintergrund mit und hat mir auch bei
al lern was ich sagte oder tat das Gefühl gegeben, daß ich
mi tmachte etwas zustande zu bringen (oder vielleicht gerade
das Entgegengesetzte) dem ich nicht gewachsen war. Bis
zu diesem Moment war ich in der Lage gewesen, alles ohne
Vorurteil überdenken und beurteilen zu können, aber seitdem
wußte ich bewußt oder unbewußt, daß ich mit im Spiel war
und rechnete ab da auch meine eigenen Gefühle mit. Ich
nehme an, daß mein Urteil deswegen doch eine Art eigene
Farbe bekommen hat und nicht mehr nur auf Frau A. bezogen
war; man ist ja in der Lage unbewußt Situationen, die man
nicht bewältigen kann, aus dem Wege zu gehen.
Ich dachte ich würde es kaum aufbringen, dabei zu sein wenn
sie "ordentlich" starb; wie ich mich benehmen würde wenn
man mittels Euthanasie ihr Leben beenden würde konnte ich
nur ahnen.
Ab diesem Moment habe ich be i nahe ununterbrochen darüber
nachgedacht was man tun soll wenn jemand stirbt. Was soll
man sagen....? Was so 11 man tun... . ? Wenn Euthanasie gegeben
wird, wie verarbeite ich das selbst? Wie verantworte ich
das mir selber- gegenüber? Daß ich i n so fern als es in
rieiriem Ver::io>i,er: lag ihrer "Bitte" nachkommer, würde stand
für mich fest. Meinen: Gefühl nach war ich ihr gegenüber
dazu verpflichtet, we i i ich nie i hre Bi t le als unverbind l ich*
angemerkt hatte. Wenn sich einer in einer derartigen
Situation an dich wendet kannst du meiner Überzeugung nach
nichts anderes tun als diesem entgegenkommen und in diese
Bitte einwi 11 i p,en .
f. s ist m i r jedoch ganz kl a r, daß ich, als Frau A. tataach-
l i e h um Eu'hanaKie bat, ganz anders reagierte und nicht auf
i hre t! i ttc eing i rig . Auch we i ß ich , daß d i CG wi eder genau
so passierte als sie m:ch bat, Tabletten für sie mitzu-
nehmen : auch damals verweigerte ich. Erst sehr spät habe
ich den an de ren (Dr. D . , Dr. B . , Pfarrer E . ) e r 7. äh L t, daß
Frau A. wo11 te, daß ich dabei bin wenn sie stirbt und
vordem hat te ich Frau A. gefragt, ob sie das noch immer
wünschte; sie bejahte das.
Während einer unserer Gespräche fragte Frau A. mich, ob ich,
wenn ich Dr. D. alle ine traf, ihn fragen wolIte, ob er
mal mit ihr sprechen wird. Sie wollte ihm das nicht selber
sagen, weil wenn Dr. B. zu ihr kam immer andere dabei
waren: tatsächlich meinte sie die Oberschwester. Dr. B.
war hierzu bereit und danach war sie davon überzeugt, daß
Dr. B. ihr ohne Bedenken helfen würde. Später wUrde sie
noch hierauf zurückkommen.
Zehn Tage nach unserer ersten Begegnung fragte Frau A. Dr.D.
während se iner Visi te (also in jedermanns Beise in) , ob er ihr
helfen wollte (sie Meinte:Euthanasie geben). Dr. D. hat
ihr in diesem Moment nicht geantwortet, aber- kam zu dem
Beschluß, mit Dr. B,, Pfarrer F., der Oberschwester (und mir)
über die Bitte der Frau A. sprechen zu wollen. Dieses
Gespräch fand am nächsten Nachmittag statt und dauerte
mehr als l 1/2 Stunden. Bevor diesem Gespräch habe ich
bei mir selbst gebetet, daß die richtige Entscheidung
getroffen werden würde. Ob auch meine Meinung ins Gewicht
gefallen ist, weiß ich nicht; vielleicht ist sie. Es
war übrigens (?ine sonderbare Erfahrung mit fünf Menschen
über das Leben eines anderen Menschen zu entscheiden. In
einer erster. Runde gab jeder Anwesende (außer mir) seine
Meinung Frau A. betreffend. Hieraus zeigte sich, daß Frau A,
einerseits erkennbar angab sterben zu wollen, anderer-
seits in vielem unbewußt merken ließ, daß sie noch am
Leben interessiert war. Als Argumente zu ihrem Wunsch
sterben zu wollen hatte Frau A. ihre Einsamkeit und Aus-
sichtslosigkeit vorgebracht, 'unerträgliche Schmerzen hatte
sie nicht; sie möchte nur gerne auf eine menschenwürdige
Weise ihr Leben beenden.
Die Me i nung des Dr. D. war, er trüge als behandelnder
Arzt die Verantwortung. Er sagte, daß er diese auf sich
nehmen- wollte und erklärte sich bereit Frau A. zu helfen.
Wenn man ihr ihre Bitte verweigerte sagte er, sollte man
sehr gut wissen was man ihr statt dessen bieten könnte.
Ohne Zweifel würde sie eine Verweigerung wie "im Stich
gelassen werden" empfingen. In diesem Moment habe ich zum
ersten Mal während dieses Gespräches etwas hervorgebracht.
Ich hatte lange gezögert bevor ich etwas sagte und auch
in der ersten Runde hatte ich nicht die Chance ergriffen,
etwas beizutragen. Ich war in der Annahme, daß ich nur
als Zuhörerin diesem Gespräch beiwohnte und in dergleichen
Fällen werde ich nicht leicht etwas hervorbringen, es
sei denn, daß man mich dazu einlädt. Andererseits wußte
ich so vieles Frau A. betreffend und hatte ich soviel
Kontakt mit ihr, daß ich es wie eine Verpflichtung fühlte,
etwas zu sagen. So hatte ich die Überzeugung, daß man
ihr statt Euthanasie nichts bieten konnte. Sie wünschte
ihren Tod und was wir auch sonst antragen würden, es würde
fUr sie a 11 es unwtcht lg ü'.'irs, wie DOS l t, i v wir es auch dar-
srel l t er;.
Es folgte dann eine zweite Runde, in der sich jeder
betreffend Euthanasie aussprach. Dr. D. und Pfarrer E.
waren dafür, Dr. B. war selber noch nicht so weit, die
Oberschwester war aus prinzipiellen Gründen dagegen und
ich sagte, ich würde es nicht selber tun können in ihrem
heutigen Zustand. Die endgült ige Entscheidung war also:
nein, keine Euthanasie, Ich muß zugeben, daß ich mich
über diese Entscheidung freute; aber nur weil ich den
Gedanken, sie in ihrem heut".gen Zustand töten zu lassen
nicht ertragen konnte. Aber ich fühlte und wußte auch,
daß wir angefangen hatten, sie im Stich zu lassen und
das war genau was wir heranfolgend taten. Sofort nach
dem Gespräch gingen wir, außer Pfarrer E. zur Frau A.
Dr. D. stand rechts vom Bett, Dr. B. und die Oberschwester
links und ich am Fußende. Dr. D. erzählte der Frau ganz
liebevoll und sehr vorsichtig, daß sie ihr nicht helfen
könnten, nicht schon jetzt. Er versicherte ihr, daß sie
alles Mögliche tun würden, um ihr Leiden einzuschränken,
aber daß sie in ihre Bitte nicht einwilligen konnten.
Es war danach tief erschütternd,ansehen und anhören zu
müssen, wie Frau A. immer wieder flehentlich betete,
doch sterben zu dürfen; immer wieder bat sie Dr. D.,
ihr doch um Gottes willen zu helfen; sie machte den
Vorschlag es selbst zu tun, damit Dr. D. sein Gewissen
nicht zu belasten brauchte. Dr. D. aber konnte nichts
anderes tun als wiederholen was er gesagt hatte; er sagte,
er hätte ihren Wunsch verstanden, aber konnte ihr nicht
helfen.
An der anderen Seite des Bettes hatte inzwischen Dr. B.
es sehr schwer. Er wurde abwechselnd rot und blaß und
putzte sich wi ederho 11 die Nase. Glücklicherweise konnte
Frau A. dies nicht sehen; sie lag mit dem Rücken ihm
zugekehrt und blickte nur auf Dr. D. Glücklicherweise''
Vielleicht hatte sie es gerade doch sehen sollen, wie
das alles jemanden traf. Auch Dr. D. hatte es schwer.
Frau A. hat dann angefangen, uns ein«n nach dem anderen
persönlich anzureden, wobei sie jeden beim Namen nannte
und gerade ins Gesicht blickte. Wie h i l f l o s man sich dann
fühlt
-3?--Als Dr. D. das Gespräch beendete gingen alle fort und
Frau A. biieb alleine zurück. Ich wäre gern bei ihr be-
blicben, doch mir fehlte der Hut. Es erschien ja auch so
schrecklich gemein: sie alleine gegen uns vier. Dr. B.
lief mehr oder weniger fluchend weg und weinte. Es war
ja auch tief angreifend, einen Menschen auf diese Weise
flehen und beten zu sehen, un doch, sterben zu dürfen.
Dr. B. wurde aber sofort wieder von den Pflegenden mit
Prob lernen konfrontiert; selbst in diesen Augenblicken
brachten sie es nicht fertig, sich für fünf Hinuten zu
gedul der.. Ich für mich habe es nicht weiter gebracht,
als hart mi t me inem Fuß auf den Boden zu stampfen (wie
ich meistens tue, wenn ich etwas nicht verdauen kann).
Nach etwa einer Viertelstunde bin ich denn doch wieder
zur Frau A. gegarigen. Sie war sehr still und sagte, sie
hätte all ihre Hoffnung verloren. Sie dachte, Dr. B.
hätte ihr sicher geholfen, hätte alleinig er die Ent-
scheidung treffen müssen. Sie dachte dies aufgrund des •
Gesprächs, welches sie früher in der Woche mit ihm ge-
führt hatte. Sie wollte auch von mir wissen, wer am meisten
gegen Euthanasie gewesen war und ob ich ihr geholfen
hätte, wäre ich Ärztin gewesen. Eigentlich war es gar
keine Frage: sie nahm ohne weiteres an, daß ich es dann
tun würde. Ich habe ihr darum ganz offen gesagt, daß ich
es nicht hätte tun können. Fast gleich danach fragte sie
mich, ob ich eine Tablette für sie mitnehmen wollte. Ich
habe dann nur mit dem Kopf geschüttelt. Nein "schütteln"
scheint nicht so schlimm zu sein wie nein sagen. Als sie
jedmanden zu Besuch bekam bin ich nach Hause gegangen.
Ai:i nächsten Tag war ich einige Maie bei Frau A. Über
S t erbe n öde:' £uthanasi e sprach sie nicht mehr; sie wollte
nur noch meine Hände halten. Sie erzählte mir, wie gern
sie mich hatte, fing an mich "Schätzchen" und "Liebling"
zu nennen und benahm sich mir gegenüber wie ein Mütterchen.
Als ich ging gab sie mir einen KUSS. Auf dieses Benehmen
der Frau A. reagi erte ich :-si '. Panik. Es war mir unmöglich,
dl j Gefühle , d; e Frau A. für :::ich hat. !e , zu erwidern. Das
- 52-
zeigte sich am nächsten Tag auch in meinem Benehmen.
Ich kam ebenso oft wie an anderen Tagen zu ihr, aber
als sie zu mir sagte: "Schätzchen, achtes-t du wohl auf
Deine Zeit", machte ich einen dankbaren Gebrauch davon
und ging. Im Korridor lief ich seitdem auch sehr leise,
denn Frau A. kannte meinen Gang und da das Büro ihrem
Zimmer benachbart war, kam ich mehrere Male am Tag
bei ihr vorbei. Weil ich nicht mit ihren Gefühlen für
mich zurechtkam, sie nicht erwidern konnte und sie auch
nicht "spielen" wollte, versuchte ich extra Kontakte
zu vermeiden: ich wollte sie Ja auch nicht verletzen.
Später habe ich zwar dieses Benehmen bedauert, aber
damals konnte ich wirklich nicht anders.
Zum Glück war ich am nächsten Tag nicht mehr derartig
schlimm betroffen; es fiel mir leichter Frau A. entgegen
zu treten und ich kam besser mit ihren Gefühlen aus.
Diese zu erwidern vermochte ich jedoch auch dann noch
nicht.
Im Verlauf der Woche sagte Frau A. immer weniger. Ihr
Interesse an ihrer Umgebung verwischte sich immer mehr;
sie war sehr müde und es gelang mir immer weniger,
Kontakt mi t ihr aufzunehmen. Auch körperlich ging es
bergab mit ihr. Diese Abwärtslinie dauerte auch die nächste
Woche noch an und am Mittwoch erreichte sie einen Tief-
punkt. Sie interessierte sich für nichts mehr, zum mit-
einander reden hatte sie keine Lust mehr und auch Hand in
Hand sitzen lehnte sie ab. Sie wendete sich sogar wie ein
kleines Kind von mir ab und das hat mir schon weh getan.
In diesen Tagen habe ich mir viele Vorwürfe gemacht; ich
dachte , meine Reaktion auf ihre Gefühle se ien die Ursache
dafür, daß es ihr nicht gut ging. Und weil ich sie nicht
zu erreichen vermochte, blieb ich in dieser, Schuldgefühlen
stecken. Zum Glück habe ich nicht aufgehört sie zu besuchen,
Frau A. sagte zwar nichts und reagierte auf nichts
aber ich war bei ihr. Wahrscheinlich kam ich später an
diesem Mittwoch in einem günstigen Moment herein, denn
plötzlich sagte Frau A. mir, daß sie sich niedergeschlagen
-3?-
fühlte. Sie war nicht böse, aber so traurig, daß man ihr
keine Euthanasie geben konnte. Sie wollte ab da wieder
ein b i liehe n mi t einander reden, auch Hand in Hand sitzen
fand sie wieder schön und gottlob ging es ihr am nächsten
Tag viel besser. Ab diesem Tag faßte sie, so krank sie
auch war, ihre Sache mittels einer neuen Taktik an. Sie
fragte Dr. B. aufs Neue, ob er ihr helfen wollte und dies
hat sie ihn (wie sie mir erzählte) ab da jeden Tag gefragt,
Der Freitag dieser Woche war eigentlich der letzte Tag
meiner Probezeit, aber ich versprach Frau A., daß Ich nach
dem Wochenende wieder bei Ihr vorbei kommen würde. Mit
Dr. B. hatte ich verabredet, daß ich an festen Stunden
Frau A. besuchen und ihr dies auch erzählen würde. Aus
dieser Verabredung zur Regelmäßigkeit aber kam nicht
viel heraus, da es Frau A. doch schon ziemlich schlecht
ging. Montags ging ich zum ersten Mal nach meiner Probe-
zeit wieder zu Besuch zur Frau A. Sie war nicht leicht
anzusprechen, war sehr müde und freute sich nicht erkenn-
bar, daß ich da war. Wir hatten nicht viel Kontakt mit-
einander und ich muß sagen, daß ich ein wenig enttäuscht
war von ihrer Reaktion. Meine Enttäuschung wurde aber
mi t dadurch verursacht, daß ich, obschon ich in der
Ab teilung eine schöne Probezeit verbracht hatte, ich nicht
gerade von Herzen gern dorthin zurück ging.
Diens tags ging es Frau A. wieder viel besser; sie saß
aufrecht im Bett und war sehr mitteilsam. Sie redete
wieder über früher, über sich selber. Hie war dankbar,
daß ich da war und erzahlte mir, wie sie sich freute, als
ich hereinkam; daß es so hätte gehen mUssen, daß wir
einander auf diesem Stückchen Wege begegnet sind und wie
lieb sie mich fand. Glücklicherweise reagierte ich nun
viel besser als beim ersten Mal als sie mir dergleichen
Dinge sagte und machte nicht dieselben Fehler wie damals.
Sie war in den zwischenliegenden Tagen auch viel mehr
jemand für mich geworden, für den ich Gefühle hegte und
auch das machte es leichter für mich. Ich war nun auch so
weit, daß ich in Ruhe und bequem mit ihr Hand in Hand
sitzen konnte. Sie erzählte noch, wie gern sie Dr. B.
hatte und daßsie empfand, er wollte ihr schon heifen,
aber war nicht dazu in der Lage. Deswegen hielt sie es
noch immer durch, um Euthanasie zu bitten. Ich bin in
dieser Woche noch öfter bei ihr gewesen, aber an ihrem
Zustand änderte sich nicht viel.
Am Samstag wurde ich von ei ner Pflegeri n des Kranken-
hauses angerufen, weil es Frau A. sehr schlecht ging
und sie wiederhol t nach Dr. B. fragte. Ich hatte als
ich meine Probezeit beendete meine Telefonnummer hinter-
lassen, so daß man mich anrufen konnte, wenn es Frau A.
schlechter ging (wie ich es ihr auch versprochen hatte).
Auch Frau A. wußte, daß sie mich immer anrufen lassen
konnte, wenn sie mich bei Pich wünschte. Ich habe denn
auch in der Woche, in der Frau A. starb, dieses Telefon
verwünscht. Obschon ich nur einmal angerufen wurde, hatte ich
ununterbrochen Angst, daß der Apparat läuten würde. Denn
das bedeutete für mich, daß ich wahrscheinlich aufgerufen
wurde, um zum ersten Mal in meinem Leben Jemanden sterben
zu sehen. Auch wußte ich noch immer nicht, auf welche
Weise das geschehen würde: F'rau A. bat dermaßen durch-
haltend um Euthanasie, daß ich dachte: vielleicht ent-
schließt man sich doch endgültig dafür. Zuletzt hatte ich
beinahe nicht mehr den Mut, das Telefon zu beantworten und
Überließ dies anderen. Ich wagte es auch nicht mehr aus-
zugehen, weil ich Angst hatte, ich würde gerade dann
angerufen und lief die Gefahr zu spät bei Frau A. einzu-
treffen. Aber am Samstag läutete es denn doch und ich ging
ins Krankenhaus.
Den ganzen weiteren Nachmittag und Abend habe ich bei
Frau A. verbracht. Es ging ihr sehr schlecht aber sie
freute sich sehr, daß Ich gekommen war und bei ihr bleiben
wurde. Wahrscheinlich wurde ihre Freude noch erhöht da-
durch, daß sie wußte, ich würde eigentlich erst am Montag
kommen; wenn ich also jetzt schon da war konnte es, dachte
sie für sich, nicht mehr so lanp.e dauern. Das Sprechen fiel
ihr schwer und manchmal konnte ich sie denn auch nicht
verstehen. Aber wir konnten einander die Hände halten,
dies war denn auch die einzige Möglichkeit zum Kontakt.
Ich habe mich während der ganzen Zeit schrecklich ohnmächtig
und gespannt gefühlt und war bange. Ich konnte so gut wie
nichts für sie tun, außer ihr helfen wenn sie trank, sie
ein wenig verlegen, ihr Kissen aufschütteln. Ich hatte
Angst, daß sie sterben würde während ich alleine mit ihr
da war und am liebsten wollte ich, daß Dr. B. den ganzen
Tag hinter meinem Rücken stand oder mindestens auf der
Station war, so daß ich die Idee behalten konnte, daß für
mich auch einer da war. Aber außer den Pflegenden war
niemand anwesend; also war ich tatsächlich mit ihr allein.
Bei jedem stockenden Atemzug erschrak ich und dachte: nun
wird's geschehen. Auch wenn sie wegdöste erschrak ich.
Während diesem ganzen Tag hindurch fürchtete ich mich
schrecklich davor, daß sie sterben wurde. Aber sie starb
nicht und abends um Zehn schickte sie mich heim. "Gehe
schon", sagte sie. "Es dauert noch". Im Laufe dieses Tages
hatte ich ein paar Male erfahren, daß sie Medizinen ver-
weigerte. Sie sollte Nozipan i.m. bekommen, aber jedesmal
wenn einer der Pflegenden ihr das geben wollte verweigerte
sie und sagte es sei nicht kräftig genug, Dr. B. hätte
ihr etwas stärkeres versprochen und sie wünsche ihn zu
sprechen. Aber Dr. B, war nicht da und auch nicht erreichbar.
Ich sah sie danach erst am Montag wieder. Sie sprach
schwer aber war nicht dösig. Sie begrüßte mich .sehr hoffnungs-
voll mit: "Geht's zu Ende?" Als .ich sagte ich glaubte es
nicht war sie sehr enttäuscht. Wie schrecklich hoffnungs-
voll ihre Frage auch klang! Dies hat mich später zu der
Einsicht gebracht, warum es so wichtig ist, daß man jemand
in dieser Situation immer zum selben Zeitpunkt besucht.
Auch nun konnte ich nicht viel für sie tun und weiterhin
verweigerte sie das Nozipan. Diesbetreffend war sie ganz
festentschlossen: sie wollte Dr. B. sprechen. Als die
Pflegerin h i nausging um \ hn zu suchen sagte Frau A., daß
sie jeden Tag betete, daß Dr. B. ihr helfen würde und
daß seine Gedanken diesbetreffend sich schon geändert
hätten. Als die Pflegerin wieder da war haben wir noch
versucht sie ?.u überreden, das Nozipan duch zu akzeptieren,
aber sie hielt durch: sie fand die Injektion nicht stark
genug. Die Pflegerin mußte unverrichte ter Ding wleder
gehen.
Ich muß zugeben, daß ich viel Bewunderung habe für jemand,
der in solch einer abhängigen Situation durchhält für das
zu kämpfen, was er als sein Hecht betrachtet: Euthanasie.
Ich finde, daß es vun Mut und Au'dauer zeugt, daß sie
i'mrner aufs Neue Ihre Medizinen verweigerte und nach Dr. B.
fragte. Sie war davon überzeugt, daß er ihr doch noch
helfen würde. Dr. B. fühlte sich in dieser Situation der-
maßen unbequem, daß er zuletzt mit hochgehobenem Haupt
vorbei an ihrem Zimmer ging und absichtlich starr vor
sich hin blickte. In diesen letzten Tagen wußte ich nicht
mehr, was ich zu Frau A. sagen sollte. Jedes Mal, daß Ich
mich von ihr verabschiedete dachte ich: "Vielleicht habe
ich sie zum letzten Mal gesehen". Ich war jedoch auch
nicht in der Lage mich ordentlich von ihr zu verabschieden:
"Bis Morgen" paßte nicht, weil sie hoffte es gäbe für sie
kein "Morgen" mehr und auch "Auf Wiedersehen" war nicht
am Platze. Meistens ging ich also mit einem gemunkelten
"Guten Tag" hinaus.
Am nächsten Tag rief Dr. B. mich am Anfang des Abends an
und erzählte mir, daß Frau A. vorschieden war. Ich erschrak
doch noch sehr als ich dies vernahm und meine erste Reaktion
war "Wie unangenehm". Das paßte selbstverständlich gar nicht,
weil ich wußte, wie gerne Frau A. hatte sterben wo]len und
auch, daß dies zu jedem Augenblick hat geschehen können.
Ich war also doch nicht da gewesen, als sie starb. Ich
hatte zwar keine Schuld daran, aber trotzdem habe ich lange
das Gefühl gehabt, daß ich diesbetrefferid mein Versprechen
ihr gegenüber nicht eingelost hatte. Ich hatte mir sehr
bewußt ihr Sterben vorgestellt, gerade aus Angst davor.
Ich hatte unzahlbare Male versucht, mir vorzustellen, wie
es sein würde: das Sterben, meine Reaktion darauf und was
ich machen würde, wenn sie gestorben ist. Jedenfalls war
ich innerlich sehr damit beschäftigt gewesen und nun war
sie doch gestorben, als ich nicht dabei war. Es war eine
Art Antiklimax zu mir.
Im Krankenhaus war seit zwei Wochen ein dritter Internist.
Dieser hatte anderswo Erfahrung mit terminalen Patienten
gesammelt und war an meiner Probezeit interessiert. Er
wo l Ite darüber ein Gespräch in i t mir führen. Ein paar
Tage bevor meine Probezeit im Krankenhaus endete hatten
Ur. B. und ich ein Gespräch mit Dr. F. Dr. B. und ich
nahmen hieran Teil mit Frau A. im Hintergrund unserer
Gedanken, Dr. F. sprach im Allgemeinen. Wir haben u.a.
darUber gesprochen,auf welche Weise Euthanasie gegeben
werden soll. Dr. F. sagte, er gäbe zuweilen eine anlaufende
Dosis Morphin. Man könnte es aber auch auf einmal mittels^
einer Spritze erledigen. Meine Meinung war, hätte man sich
einmal zur Euthanasie entschieden, man es am besten auf
einmal tun könnte und das sagte ich auch. Als davon die
Rede war, wer es tun soll fanden wir endgültig alle, es
sollte jemand sein, der das Vertrauen des Patienten hat.
Dr. B. hatte Dr. F. mittlerweile von Frau A. erzählt und
von dem Gespräch, das wir sie betreffend hatten. Als ich
an der Reihe war erklärte ich, weswegen ich in Ihrem Fall
zuerst gegen Euthanasie gewesen war und später dafUr.
Meine Meinung hatte sich nämlich ziemlich schnell nach
diesem Gespräch über ihre Bitte um Euthanasie geändert.
Ich hatte erfahren, wie Frau A. ihr Interesse verlor und
immer mehr hilfsbedürftig wurde. Das was für sie als ein
menschenwürdiges Leben zählte hatte sie schon sehr schnell -
nicht mehr. Das einzige, womit wir ihr helfen hätten können,
war das, wonach sie fragte, Ein paar Tage später war es
eigentlich schon zu spät und sie hatte auf eine Weise leben
müssen, die sie nicht mehr als menschenwürdig betrachtete.
Ich hatte denn auch die Hoffnung, daß Dr. B. auf seine
Entscheidung zurückkommen würde und das war ja möglich,
weil er gesagt hatte: nicht nun, nicht in diesem Moment.
Auch Dr. B. selber dachte so, aber leider (für sie) kam
er nicht auf seine Entscheidung zurück. Danach sagte Dr. F.
-V-V1-zu mir: "Na also, well du nun dafür bist, so gibst du
dieser Frau die Euthanasie, wenn man sich dafür entschließt."
Am Anfang des Gesprächs hatte ich noch behauptet, daß ich
selber für Euthanasie war aber es nicht selber tun konnte,
und na, nun wußte ich nichts zu sagen. In diesem Augen-
blick flog durch meinen Kopf der Gedanke: Hätte ich doch
nur das Morphin gewählt. Dem Gang des Gesprächs folgend
aber konnte Ich nicht davon laufen: ich konnte nichts
anderes tun als ja sagen und ich sagte auch ja. Zu Dr. B.
hatte ich früher mal gesagt: man soll niemals sich selbst
oder seine GefUhle gefährden in einer solchen Situation
und doch war das genau das, was ich nun mir selber zu-
mutete .Nachts träumte i ch vom Krankenhaus und redete noch als
ich erwachte: "Und trotzdem wurde ich ni emals wissentlich
jemanden töten, ach nein, ist ja nicht mehr in Frage,
ich habe ja gesagt".Mit dem Wiedergeben dieses Gesprächs habe ich eigentlich
die Absicht, klar z.u machen, daß man sehr leicht über
etwas entscheiden kann, das man nicht selber zu erledigen
hat. Wie sorgfältig man sich auch besinnt und redet, man
hat die Sicherheit, da(i man es nie selber auszuführen
braucht und für die Folgen vcrantwortl ich ist. Ich durfte
mitdenken über Euthanasie, aber brauchte es nicht selber
zu tun - die? kam sogar nicht einmal in Frage. Bei näherer
Überlegung hat das alles für mich leicht gemacht. Mittels
dieses Gesprächs mit Dr. F. wurde es mir klar, daß es
sehr wichtig ist, daß Rücksprache gehalten wird, z.B.
über ja oder nein Euthanasie, aber daß die Meinung des
behandelnden Arztes entscheidend sein soll. Dieser Arzt
soll hinter seiner Entscheidung stehen. Die Meinung der
Anderen ist schon wichtig (zum Beispiel die der Pflegenden)
aber sie darf nicht allein ausschlaggebend sein. Sie
brauchen die Entscheidung nicht durchzuführen und das
macht einen wesentlichen Unterschied.
Diese Probezeit hat mich geändert. Ich habe sehr zurück-
haltend diese Probezeit angefangen und ohne mein Zutun
wurde ich immer enger auf Frau A. bezogen. Als ich ihre
Bekanntschaft machte hatte ich gewiss nicht die Absicht,
sie in irgendeiner Weise zu begleiten, ich hatte sogar nie
daran gedacht. Zu Anfang der Probezeit, als die Idee vor-
gebracht wurde, es wäre vielleicht sinnvoll jemanden zu
begleiten, habe ich dies abgelehnt. Ich fand es nicht
zu verantworten, mich auf jemanden loszulassen; wer
hätte wissen können, welchen Schaden ich zufügen würde.
Heute weiß ich, daß niemand mich zu jemandem schicken
kann und daß ich nicht selber jemanden auswählen kann
um von mir begleitet zu werden. Es kann geschehen, daß
jemand mich wählt und wenn das geschehen ist kann ich
dies annehmen oder ablehnen.
Besonders für mein persönliches Leben hat mir diese Probe-
zeit sehr genützt. Ich habe viele Barrieren übergehen müssen,
die für andere nicht so erkennbar waren, aber für mich
schon.
Körperlicher Kontakt
Ich habe mir schon Mühe geben müssen, körperlichen Kontakt
schätzen zu lernen. Ich bin nicht jemand, der schnell
trostvoll einen Arm um die Schultern eines anderen legt.
Ich weiß schon, daß solch eine (menschliehe) Gebärde
manchmal viel Stütze gibt, aber meistens tue ich es nicht.
Ich kann stundenlang jemandem zuhören, ich werde alles
l i egen lassen, mit dem ich beschäftigt bin, aber ich berühre
jemanden nicht. Für mich ist berühren so etwas Persönliches,
daß ich dies auch nicht leicht tun werde, wenn ich keine
persönliche Bindung mit jemandem habe. Deswegen kann ich
auch nicht einem Fremden auf diese Weise begegnen. Wenn
ich es doch mache, wie im Anfang bei Frau A., weil ich
wußte, daß sie es gerne hatte, geht für mich etwas von
dem Wert einer solchen Gebärde verloren und außerdem hat
diese Gebärde dann nicht den Wert, den der andere ihr
beimißt. Ich werde aber nicht verweigern, wenn jemand
meine Hand faßt, denn jeder hat das Recht, auf seine
eigene Weise um Unterstützung zu fragen.
Dies ist die Bedeutung, die körperlicher Kontakt fUr mich
hatte, als ich meine Probezeit anfing und die er noch
immer hat, aber da ist eine Dimension dazu gekommen.
Ich weiß heute nicht nur welche Bedeutung die Gebärde hat,
sondern habe diese auch selbst empfunden. Ich habe
empfunden, was körperlicher Kontakt sein kann. Jetzt
werde ich vielleicht in der Lage sein, spater in meinem
Beruf tröstend einen Arm um jemandes Schulter zu legen
oder Hand in Hand zu sitzen, ohne daß es ein spezielles
Band gibt zwischen dem anderen und mir aber denn doch
nicht mit dem Behalt des Wertes, den die Gebärde für
mich hat.
Umgehen mit Gefühlen
Das Band zwischen jemandem und mir wird nicht nur von
mir bestimmt, sondern auch von dem anderen und KO kann
es geschehen, daß das Band für den Anderen eine tiefere
Bedeutung hat als für mich. Das zeigte sich auch während
dieser Probezeit. Frau A. bekam immer mehr sehr spezielle
Gefühle fUr mich, die ich nicht beantworten konnte und
wollte. Ich ließ sie schon Über mich kommen, aber fing
nichts damit an. Meinerseits war da keine positive Reaktion,
wohl eine negative. Ich versuchte nämlich extra Kontakte
zu vermeiden. Je mehr sie mich lieb fand, desto mehr ver-
suchte ich sie von mir fern zu halten. Es war sehr lästig,
den Abstand zwischen uns zu vergrößern, wo sie den immer
zu verkleinern suchte. In dieser Probezeit habe ich
gelernt mit ihren und meinen eigenen Gefühlen auszukommen
und später konnte ich ihre Gefühle wohl bejahen.
i sc hen Theori e und P rax i s
Daß es einen großen Unterschied gibt zwischen der Theorie
und der Praxis zeigte sich in dieser Probezeit sehr klar.
Ich habe dies sehr deutlich empfunden in dem Gespräch
mit Dr. F. Erst dann realisierte ich für mich völlig,
was es für mich bedeutete, die Verantwortlichkeit einer
Entscheidung für Euthanasie tragen zu müssen und die Ent-
scheidung auch durchführen zu müssen.
Wenn wir während des Gesprächs über die Bitte der Frau A.
in diese Bitte nicht einwilligten, fühlte ich mich ebenso
verantwortlich wie die anderen. Als Dr. F. suggerierte,
ich werde die Euthanasie durchführen müssen, fühlte ich
diese Verantwortlichkeit wie eine Last und ich fand
keine Unterstützung in dem Gedanken, daß wir die Ent-
sche idüng alle zusammen getroffen hatten, denn ich würde
es tun müssen.
Bezogenhei t
In diesem selben Gespräch fiel es mir auch auf, daß Dr. F.
sehr uribezogt; n über Euthanasie sprach, während Dr. B.
und ich tags vorher noch das Gespräch Über die Bitte
der Frau A. gehabt hatten und emotionell hiermit noch
stets beschäftigt waren. Wir redeten denn auch von dieser
Situation heraus. Übrigens wußte Dr. F. am Anfang des
Gesprächs nicht, daß sich dies auf unserer Abteilung ab-
spielte. Ich konnte denn auch merken, daß das Gespräch
sich auf verschiedenen Niveaus bewegte. Dr. F. sprach
im Allgemeinen, wahrscheinlich ohne daß er eine spezielle
Person vor Augen hatte, während wir über Frau A. sprachen,
Verantwortlichkeit
Wahrscheinlich gibt es eine ähnliche Unterschiedlichkeit
der Ausgangspunkte, wenn da an einem Gespräch über Eutha-
nasie Menschen teilnehmen, die auf verschiedene Weise
darauf bezogen sind. Die Ärzte, die wissen, daß sie die
Euthanasie durchzuführen haben, werden anders denken als
z.B. die Pflegenden, die weder verantwortlich sind für
die Entscheidung, noch die Euthanasie durchzuführen haben,
Man kann als Gruppe die Entscheidung fällen und denken,
daß man gemeinsam die Verantwortung trägt, aber endgültig
ist es ein? einzige Person, die die Handlungen durchführen
muß.
Man kann s i ch noch fragen, wer cruigül t ig die Entsehe i düng
ja oder nein Euthanasie treffen so 11 : der verantwortliche
Spezialist oder der Stationsarzt, Der Spezialarzt kennt
den Pati enten doch nicht so gut wie der Stationsarzt und
viel leicht sollte dieser denn auch das entscheidende Wort
sprechen,
Personliches Funktionieren
Während dieser Probezeit habe ich vieles gesehen und
gelernt. Am meisten hat mir die Erfahrung mit Frau A.
genützt und was ich hier geschrieben habe war nicht alles:
es gibt viel mehr. Ich habe gesehen, wie man nicht funk-
tionieren soll und wie man es gut tun kann. Ich würde
nie funktionieren wollen wie die Oberschwester, sie er-
schien mir kühl. Schon wirksam und selbstsicher, aber
sie strahlte keine Wärme aus. Ich konnte nicht merken,
daß Frau A. sie dauerte. So hatte sie zum Beispiel nicht
aus dem Mund der Frau A. selber gehört, daß diese Eutha-
nasie wollte. Sie ist dann zu Frau A. gegangen und ist
so lange dort geblieben, bis diese es ihr gesagt hatte.
Bevor sie ging hatte sie noch gesagt: "ich gehe nicht von
ihr weg, bevor sie es mir gesagt hat." Als Dr, D. nach
dem Gespräch über Frau A. fragte, wer ihr das Ergebnis
sagen würde sagte diese Oberschwester: "Ach, das mache
ich schon." Auch während des Gesprächs lebte sie anscheinend
wenig mit. Ich behaupte nicht, daß sie wirklich nichts
fühlte, aber eLi kam mir so vor und ich werde davor auf
der Hut sein, daß andere Menschen mich so erfahren.
Ich bin sehr verschlossen und werde meine Gedanken und
Gefühle nicht schnei l zeigen. Wenn Menschen mich verwunden
werden sie es mir nicht ansehen können, höchstens schließe
ich mich noch weiter ab. Wenn Menschen mir etwas bedeuten
zeige ich ihnen das auch nicht leicht, vielleicht doch
in kleinen Di ngen, denn in denen versuche ich es wohl zu
zeigen, aber sagen tue ich es nicht. Wenn ich meine
Schwachheiten nicht zeige bin ich auch nicht leicht zu
verwunden.
In dieser Probezeit habe ich gelernt, ich habe es gesehen
und empf.und.en, daß ich mich besser doch kennen lassen
soll. Denn dann komme ich den Menschen glaubwürdiger
vor und kann auch ich selbst sein ohne eine Mauer der
Unerüpfindlichkeit um mich, die ich innerlich eigentlichnicht habe,
Dies ist das Allerwichtigste, was ich in dieser Probezeit
gelernt habe. Es hat mein persönliches Leben beeinflußt
und hiermit sicher auch mein zukunftiges Handeln.
- 5b-August 63
Als uir im Februar 83 in den Zirka l der damals mit
uns 8 Tutaren aufgenommen waren, hatten uir beide -
Lydia und Heiner - das 1 . Semester Bedizin hinter uns(A)
und einen 1. Kurs in patientenonentierter nedizin be-
sucht. Die Uaraussetzungen, die uir für unsere Tätigkeit
als Tutoren mit brachten »empfinden wir im Nachhinein als
gering.
Unser Einstieg in patientenoroentierte Medizin, um den
es hier geht, ist nach nicht abgeschlossen, dafür war
alles zu neu und zu schnall; insofern bietet der Bericht
auch noch keine abgeschlossene Reflektion über unsere
Erfahrungen. Die Erfahrungen, positive uie negative, ma-
chen uir ständig, also schildern uir sie für uns und
für etuaige Neuanfänger in patientsnorientierter Fledi-
Es ging uns um eine gemeinsame Aufarbeitung unseres 1.
Tutorensemesters, allerdings ohne daß uir die Unterschied-
lichkeit unserer Erfahrungen zwanghaft auf einen Nen-
ner zu bringen uersuchten: Daher die Torrn unseres Berichtes.
Die Aussagen sind mit den jeueiligen Namen verbunden. Zum
Schluß stellte sich jedoch heraus, daß die Reflektion der
Eindrücke gar nicht so unterschiedlich ausfiel, so daß
die Zuordnung der Namen beliebig uäre.
Lydia: Den Kurs, den ich im 1. Semester besuchte, war ei-
gentlich der einzige Kurs, der mir an dar Uni Spaß
•-0Dieser Kurs bietet für vor klinische Studenten die Plöglich-
keii eines 1. Kontakts mit Patienten und versteht sich als
Grundlagankurs in Hinblick auf Anamneseerhebung im Sinne pa-
tientenorientierter Medizin. Schwerpunkt ist die Beziehungs-
arbai t zwischen Student und Patient (siehe Bericht Christi an)
-S1-machte: In dem ganzen Uust von naturuissenschaft-
licher Theorie hatte ich hier das Gefühl auch
praktisch mit Medizin in Berührung zu kommen. An-
fänglich hatte ich allerdings einige Zweifel, zB
"der Patient uird ausgenutzt, die Umstände unter
denen das Patienteninteruieu stattfindet sind un-
realistisch und gestellt" und vor allem hatte ich
Hemmungen vor einer Gruppe ein Zueiergesprach zu
führen.
Heiner:Ich hatte am Anfang das Gefühl, daß der Patient
für die Gruppe hauptsachlich eine Alibifunktion
darstellte: man diskutierte über ihn und ließ
sich selbst und die Gruppe draußen. Es hat ganz
schön gedauert, bis auch eine persönliche Ausei-
nandersetzung mit dem Patienten erfolgte.
Lydia: Als ich dann von Oliver (mein Tutor in. 1. Semester)
gefragt uurde, ob ich Lust hätte selbn t Tutor zu
uerden, uar mir nicht klar, welche 2iale ich als
Tutor verfolgen sollte, außer der Organisation das
Kurses. Ich war noch zu sehr Student der Gruppe,
;ils daß ich die Uei terentuick lung der Gruppenarbeit
auf ein bestimmtes Ziel hin erkennen könnt«.
Heiner:3.i, daß die Zweifel und Unsicherheiten und die
Trage nach dem Sinn der Arbeit Stadinn und Pro-
zesse sind, in denen sich eine GruppH je nach Ent-
wicklungsstand befindet, uurde mir auch erst klar,
als ich als Tutor eine Gruppe erleben konnte. Über-
haupt: Ziele, Definitionen, Schemata (soueit sich
eine solche Arbeit überhaupt schematisieren läßt)
hatten wir als Studenten im Kurs nicht erarbeitet -
wohl zugunsten des emotionalen Lernprozesses. Als
"Emotionaler Lernprozeß" uird hier im Gegensatz zu "kog-
nitiven Lernprozeß" verstanden: Erfahrungen machen, sie
zu reflektieren und zu verwarten zB in Hinblick auf den
LJ~gc,~g ~it de.- Patienten, im Gegensatz dazu, sich im Lehr-
buch beschriebene Eingehensueisen auf den Patienten anzu-e ignen.
T u t, o r Mjt mir dann die Theorie g t= <" e n; •_; z 3
^eicne j t a a i e n macht eine Cruape a u r c h , u i e ist
öas ^allEanytrstanüniS des T utors unG ue icnes \ter-
h ai ten leitet sich üddurcn a o. Jas alles Kam
erst im L auf e des Semesters, teils u on selbst,
teils clurcn aie Supervision una durch aas Tu-
toren traininq.
Lycia: ji r hatten hohe Erwartungen an das er st = Tu-
torentraining. Hier sollten endlic'i meine diffusen
Vorstellungen von neiner zukünftigen Arbeit
konkret werden. £3 war auch unser erster Kon-
takt mit der gesamten Tutorengruppe und ich war
gespannt auf die Aroeitsweise in dieser Gruppe,
nachdem mir die Arbeitsweise in der Studen-
tengruppe gerade vertraut geworden uar.
Heiner:Els ist schwierig über diese Training zu be-
richten. Damals befand sich die Tutorengruppe
in einem Umbruch: 3 alte Tutaren hatten aufge-
hört und uir platzten in einen Gruppenprozeß
hinein, der durch Probleme, Auseinandersetzungen
und Konflikte geprägt uar, die scnon Tradition
waren, deren Klärung aber für eine funktionierende
Tutorenqruppe wichtig erschien.
Für mich uar da erst mal i*li3trauen und Unver-
ständnia - hin und wieder- auch Aha-f.rlebnisüe,
uienn die Tradition lebendig wurde. Insgesamt
jedenfalls eine Situation, mit der ich nur schürf r
umgehen konnte, aber als persönliche Erfahrung
sehr wichtig für mich wurae.
Lydia: Im Grunde ging es um Kommunikation, uie gehe
ich mit Konflikten um, die in der Zusammenarbeit
•n einer Gruppe entstehen? Jie artikuliere ich
Cisfjhle, ohne aie dnaeren Lrupoenmi tq l i eder zu
ver letzen? Uie gehe ich mit meinen Ängsten und
Aggressionen umf inwieweit kann ich sie bei
anderen akzeptieren und verstehen?
Im Nachhinein uar es wichtig für mich, das
erste Tutorentraining im Zusammenhang mit pa-
tientanorientierter Plsdizin zu sehen. Auch hier
geht es um Gefühle und Emotionen, di.e der Patient
in seinem Gegenüber (sei es Student, sei es Arzt)
auslöst. Auch hier werden Ängste, Aggressionen und
Ohnmachtagefühle frei, die immer im Zusammen-
hang mit dem Patienten stehen. Diese Gefühle
bei mir selbst wahrnehmen zu können erfordert
die Auseinandersetzung und den Umgang damit.
Nur durch diese Selbstuahrnenmung kann ich sen-
sibler und erfahrener dafür werden, das zu ver-
stehen, uas in der Auseinandersetzung mit dam
Patienten passiert. Im weitesten Sinne auch
das zu verstehen, was immen mit Krankheit zu-
sammenhängt, nämlich die sozialen und psychi-
schen Ursachen und Folgen einer Krankheit und
deren Bedeutung für den Patienten.
Heiner: Und diese Salbstuahrnehmung kann nur irr einer
Gruppe erfolgen: Der Patient wird von Jedem
unterschiedlich wahrgenommen, erlebt und er-
fahren. Eine Ergänzung und Integration und da-
mi t eine Erweiterung der eigenen Uabrnehmung
kann nur im Austausch mit anderen erfolgen.
Eine solche Arbei t in einer Gruppe beuegt sich
Zwangs läufig auf der Grenze zwischen patienten-
Dezogener und reiner Selbsterfahrung (uobei
das letztere sowohl in der Studenten-, als
auch in der Tutorengruppe vermieden wird).
Lydia: Um auf das Tutorentraining zurückzukommen:
Zum Schluß hatte ich jedenfalls das Gefühl bei
auftretenden Schulerigkeiten jederzeit auch
einen Rückhalt in der Tutorengruppe zu haben.
Das Uocnenande hatte bei mir ein unheimliches
Gruppenqefühl hinterlassen - aus diesem Gefühl
heraus lief dann auch maine erste Stunde in der
Studentengruppe to 11. Uir redeten über unsere
Erwartungen^ die die Gruppe und die Tutaren an
den Kurs stellten, machten spontan einige Rol-
lenspie le eines Student- Patient- Gesprächs.
Ich uar begeistert und führte es auf die Sicher-
heit zurück, die mir das Training gegeben hatte.
Heiner:Ich uar froh, als ich meine erste Stunde hinter
mir hatte. Alleine hätte ich da ziemlich hilf-
los dagestanden. So konnte ich mich auf Christian
(meinen Partner) verlassen. Aber im Laufe dar
Zeit wurde ich dann immer sicherer» die Grup-
pe lernte sich kennen und die Leute gingen
aufeinander ein. Am Anfang mußte ich mich auf
zu viele Dings auf einmal konzentrieren: Uas
lost der Patient in mir aus, uas lost er im
Interviewer aus, uie reagiert die Gruppe da-
rauf- daraus einen Zusammenhang herstellen
und rückbeziehen auf den Patienten und uia
bringe ich die Gruppe dazu , diesen Rückbezug
zu vollziehen?
Tür mich waren da am Anfang eine Menge von
Eindrücken und Empfindungen, die ich alle für
wichtig hielt, souohl was den Patienten, als
auch uas die Gruppe betrifft. Erst allmählich
lernte ich den überblick zu behalten und das
Geschehen einordnen zu können.
Zum Schluß uar es dann umgekehrt: Ich glaubte
relativ schnell ein Ziel gefunden zu haben im
Hinblick auf den'Patianten und fragte mich dann,
ob ich zu schematisch und lenkend eingegriffen
hatte, um dieses Ziel zu erreichen.
Lydia: Für mich wurde es im Laufe der Zeit immer
schwierige!) mich nicht als Gruppenmitglied zu
fühlen. Eigentlich stellte ich es mir so vor,
daO ich als Tutor ein Stück außerhalb der Grup-
pe stehe um die Wirkung der Patientensituation
auf die Gruppe besser erkennen zu können. Es
machte mir Schwierigkeiten Gefühle, die ein
Patientengesprach bei mir hervorrief, nicht
zu äuGern. Uann ich -sie aber äußerte, würde
ich dann nicht die Gruppe in eine Richtung
lenken, wo sie iinter Umständen gar nicht hin-
uollte?
Heine r:Zumal die Beziehung Gruppenmitglied - Tutor
auch so gestaltet sein kann, daß der eine
Vorbild für den anderen ist, in Bezug auf
die Art sich gegenüber der Gruppe oder dam
Patienten zu verhalten.
Lydia: Ein weiterer Punkt, der mir die Arbeit erschuar-
te, war das Problem, daß ich fast alle Grup-
penmitglieder auch außerhalb der Arbeitssitua-
tion der Gruppe sah. Da ich ja nur ein Se-
mester weiter uar, traf ich sie in Uorlesungen
und gemeinsamen AG*s. Es uurde immer schwieriger
für mich die Distanz zur Gruppe zu behalten,
die für meine Tutorrolle wichtig ist.
fall: In einer Stunde uurde es ganz extrem: Ein Pa-
tient mit einem "Loch im Kopf" nach einer Tumor-
operation, zudem ein Ausländer mit erheblichen
Sprachschuierigkeiten, sitzt während des In-
terviews verunsichert da und läßt die Gruppe
bedrückt zurück. In unserer Nachbesprechung
reden wir über AusländerProbleme und Schwierig-
keiten, die Patienten mit Ärzten haben.
Dia Bedrücktheit kann nicht raus, unterschwellig kommt
es zur Agressivität.. Aber auch Karin ( meine Partnerin )
und ich bekommen diese Entwicklung nicht mit; wir sind
zu sehr in der Gruppe drin, als daß uir den Vardräng-
ungsmechanismus erkennen könnten. Prompt äußert am
Ende der Stunde ein Gruppenmitglied seine Unzufried-
enheit, stellt unsere ganze Arbeit in Frage und krit-
isiert, daß es solchen Patienten zugemutet uird, zu
uns zu kommen. Daß die Studentin den Patienten als Zu-
mutung empfand, eruahnt sie nicnt. Uir fühlen uns per-
sönlich als Tutoren angegriffen; die Ursache sahen uir
nicht in der Belastung, die der Patient für die Gruppe
darstellte, sondern ganz direkt in uns. Uir gehen in
Uerteidigungsposftion, da wir in dem Angriff des Crupp-
enmitglieds eine Konkurrenz vermuten.
Ohne Superuision hätte ich diese Situation nie über-
schauen können. Nur so schaffen uir es in der nächsten
Stunde, die Problematik aufzuarbeiten, die Gruppen-
situation als Spiegel der Patientensituation zu ver-
deutlichen. Uir gestalten dann die Nachbesprechung
nach dem Vorbild unserer Superviaion und die Student-
engruppe findet zur Klärung des Problems, allerdings
nicht ohne nochmals unsere Arbeitsweise zu kritisieren.
Eine Kritik, die uir einfach aushalten und plötzlich
ist die Spannung weg.
Lydia : Überhaupt diente mir die Supervision immer wieder dazu,
Probleme, die in der Gruppe oder in Bezug auf den
Patienten auftauchten, zu lösen. Die Ergebnisse uaren
jedesmal faszinierend.
Heiner: Für mich war die Auseinandersetzung mit theoretischen
Begriffen und Zusammenhängen während der Supervision
und des Trainings wichtig. Es vermittelte mir auch ein
Stück Sicherheit, als Tutor auf etuas zurückgreifen zu
können, immer uiederkehrende 'Uorgange einordnen
zu können: Zum Seispiel anhand von Rollen-
Spielen spielten uir typische Situationen
in Student - Patientenintevieus nach und lern-
ten damit auf zuei Ebenen umzugehen: einmal
die Ebene der gefühlsmäßigen Interaktion
und auf dar zweiten Ebene versuchten uir die
erlebten Gefühle in Reaktionen umzusetzen, so-
gohl w 33 die Auseinandersetzung mit dem Pa-
tienten betraf, als auch was die Verhaltens-
weise der Tutoren in den Gruppen angeht. Mit
Hilfe von Videokameras konnten uir auf non- verbale
Reaktionen während des Intervieus achten und
uir analysierten die aufgenommenen Rollen-
spiele und Interviews nach kommunikations-
theoretischen Zusammenhängen.
Lydia: In den Supervisionen bekamen uir quasi vor-
gespielt, uie uichtig es ist, einer'Gruppe
klare Strukturen zu geben, nach denen sie
themenbezogen arbeiten kann. Außerdem setzten
uir uns in diesem Zusammenhang auch mit der
Rolle des Tutors auseinander, zS inwieweit
er sich auf die Gruppe einlassen darf,.bzw
Distanz zur ihr halten muß,.
Heiner: Das klingt ziemlich abstrakt* Daß eine sol-
che Arbeit aber neben der emotionalen Ausei-
nandersetzung auch eine rationale Ebene beinhal-
ten muO, wurde uns sehr deutlich. Andererseits
forderte mich die emotionale Auseinandersetzung
mit dem Patienten oft so sehr, daß ich an-
fangs Schwierigkeiten hatte, der Arbeit
zB in Supervisionen zu folgen.
Fall; Uieder wurde ein problematischer Patient •
geschildert, der in der Studentengruppe
einiges an Emotionen ausgelöst hatte. Dieser
Patient hatte einen künstlichen Blasenausgang
den er der Gruppe demonstrier te. L s tauchten
Assoziationen auf; Carzinom, anus praeter.
LJieder äußerte ein Student sein PliGfallen und
erhob generell den Uoruurf, daß man als Student
auf solch problematische Patienten nicht ein-wgehen könne.
In unserer Tutarengruppe spielte sich derselbe
Vorgang ab: anstatt sich auf die Angst, die der
Patient auslöst einzulassen fragte man sich,
uie man dem Voruurf des Studenten begegnen kön-
ne, damit er die Gruppenarbeit nicht ständig
behindere. Erst als der Superuisor dann dazu
aufrie f, sich den Patienten vorzustellen er-
innerte ich mich schlagartig, daG ich mir solche
Patienten eigentlich sehr gut vorstellen könnte:
Uä'hrend des Zivildienstes.im Krankenhaus hatte
ich eineinhalb Jahre lang Patienten mit künst-
lichen Ausgängen verbinden müssen. - Es hat
quasi den Rest der Stunde gedauert bis ich mich
an meine Gefühle erinnern konnte: daß ich Ckel
und inneren Uiderstand überwinden mußte und daß
ich das nur konnte,"indem ich mich innerlich
vollkommen davon distanzierte, die Gefühle ver-
drängte, bis sich die Handgriffe routinemäSig und
emotionslos abspieIten.
DaO ich mir dabei keinerlei Gedanken machte, uas
der Patient empfindet» uie er denn die Spannung
aushalten soll, nun mit einem künstlichen Ausgang
leben zu müssen und ihn gleichzeitig nicht
Sicher trifft dieses Argument für das Anfangsstadi um
einer solchen Gruppenarbeit zu. Die Gruppe, in der sich
dieser Fall abspielte, arbeitete jedoch schon das 2.
Semester zusammen.
dKzüa t L eren zu Kennen - und uie nun rr,ein
"auGrfl..ic- licher" Verüandsuechsei auf ihn
wirken mu^te - diese Gedanken beschäftigten
T.ich ois zum Lnde der Stunde.
i'ii r uurde auch beuuSt, da3 ich dieser» Ver-
drangungSTiechanismus a 1s urzt ständig ausge-
setzt sein uerde , uas u oh l auch die Ursache
für den Zynismus vieler Arzte sein muß und
für deren oft einseitige Fixierung auf natur-
uissenschaftlich - rationale Vorgänge. Gleich-
zeitig sah ich auch deutlich, uelche Möglich-
keiten 'patientenorientierte Medizin beinhal-
te t: nämlich die Möglichkeit der Auseinander-
setzung in einer Gruppe über solche Erfahrungen,
mit dam Ziel, dem Patienten gerechter zu uerden
und sich im Endeffekt mit seinem zukünftigem
Beruf als Arzt besser identifizieren zu können.
ja s unsere Arbeit in diesem Semester so spannend, aber
auch so schwierig machte, uar das Spannungsverhält-
nis zuischen Nationalität und Cmotionalität, welches
in jedem Bereich unserer Arbeit vorhanden uar, sei
es Tutorentraining, Studentengruppc, Tutarengruppe, usu,
•vUt beiaen Anteilen arbeiten zu können, uas patienten-
orientierte lledizin beinhaltet, sie zu integrieren
unc ueruert?n zu können, uar zum SchluO die erstaun-
lichste una wertvollste Erfahrung des Semesters.
Subj ektive Eindrücke vom internationalen Baiint-
Treffen in Ascona vom 24.3•-27.3.1983
Ich fahre dieses Jahr zum 2. Mal zum Balint-Treffen nach
Ascona. In der Hoffnung auch dieses Jahr notivationsge-
stärkt nach diesen k Tagen wieder an unsere Uni zurück-
zukehren, begab ich mich zur Eröffnungsveranstaltung
auf den "Monte Verita". Zunächst benötigtes ich eine gan-
ze Zeit, bis ich einen Sitzplatz in einer der Nebenrau-
me ( mit Video-Monitoren ausgestattet} fand. Der Haupt-
saal seibst war bi u zum Bürsten KI i t Mensch«n gcfui i t.
Die ersten beiden Beiträge, konnte ich nur mit geteilt,er
Aufmerksamkeit verfolgen, da ein ständige K o n. :n e r. und Ge-
hen diu Konzentration auf das Besagte störte.
Der Vortrag von PD Dr. F. Cavalli " Der Tumorpati cnt
und dia Angst des Arztes" fesselte dann schließlich
meine Aufmerk sank ei t. So wie ich den Beitrag verstand,
lost die Di agnosc bösartiger Tumor beim Arzt gro ße
Angs t aus, und zwingt ihn an seinen üiger.en T o a zu
denken. Dies sei nun eine sehr unangenehme Vorstell-
ung, was wiederum beim Arzt eine Art von Abwehr dem
Tumor-Patienten gegenüber auslose. Die Schlußfolger-
ung von Herrn Cavalli war, daß sich jeder Arzt, der
sich in einer verantwortlichen Therapeutenfunktion
gegenüber des Tumor-Patienten befindet auch mit seiner
eigenen Angat vor einein Tumor und dem Tod beschäftigen
müsse, um seinen Anteil in der Arzt-Patient-Beziehung
und die daraus resultierenden Konsequenzen für den
Patienten besser registrieren zu können. Diese Schluß-
folgerung schien mir eine sehr einleuchtende. Nach
diesem Bei trag war eine kurze Diskussion mit an-
schließender Pause gedacht. Ich nutzte die Gelegen-
heit mir einen Sitzplatz im Hauptsaal zu ergattern.
Als ich endlich saß, war bereits die Diskussion be-
endet. Im anschließenden Teil waren weitere Bei-
trage vorgesehen. Die Eindrucke von diesem Ta^
blieben bis auf diese Beiträge nur schemenhaft, äs
bleibt ein Gefühl einer typi sehen Tagungsatmo Sphäre,
an der ich nicht persönlich Anteil genommen habe.
Ganz im Gegensatz dazu blieben mir die Ereignisse
und Erfahrungen der nächsten Tage in Erinnerung.
Für den nächsten Tag war ein Fall-Seminar in der Groß-
Gruppe und ein Erfahrungsaustausch jeweils unter den
Arzter, und unter den Studenten geplant. Ich schloß
mich einer Großgruppe an und wir gingen'in. ein Neben-
gebäude, in dessen Flur provsori seh ein paar Stühle
herbei genolt wurden, auf xlrund des Platzmangel s.
t i n Großteil der Teilnehmer saß auf dem Boden und
unse r Gruppor. l ei r. er ve r such te nun nacn dem Pri nzip
du^ Außen- und Innerikreises eine Art Arbeitsatmos-
phäro herzustellen. Es dauerte eine ganze Weile, bis
sich einige Teilnehmer bereiterklärten in den Innen-
krL=is zu gehen. Es folgte eine lange Schweigepause,
c; s sie i; ein Teilnehmer entschloß, ein Fall aus sei-
nes; Erf ah rungs DP. rei ch zu berichten.
Z f. r Kau ist ;nir rii cht m eh r gegenwär t, i g, i ch kann
mi c.i nur noch a r, den V o r t ragenden erinnern . Meine
judanken kreisten mehr um die Person des Erzählenden
als u::; dun vorgetragenen Fall. Dieser Allgemeinmedi-
zitier aus Berlin faszinierte mich, mit welch_ einer
Selbstverständlichkeit er vortrug, und welche Gestik
er gebrauchte. Ich fragte mich, welche Erfahrungen
dieser Mann schon gemacht haben E u ß t e . Auch ein Stück
Bewunderung steckte in diesen Überlegungen. Ich spür-
te in mi r den Wunsch, an diesen Erfahrungen teilneh-
men zu wollen. Vieil eicht erklärt das, weshalb i ch von
der eigentlichen Fall-Beschreibung nur wenig im Ge-
dächtni s behalten habe, aber dafür mehr das Gefühl
hier ein Teil Praxis- ein Teil Erfahrung zu sammeln
in meinem sonst so theoretischen Studium.
In der anschließenden Diskussion war der Arbeitsauf-
trag zunächst nur im Innenkreis zu diskutieren. Dieses
ließ sich aber nicht lange auf r-:->c:; t erhalten, weil zum
einen di e räural: ch si ch tbart- Trennung zwi sehen Innen-
'!<•,:•. Außer.k "ei s n:r-ht, gegeben war, und zum anderen
st'hfinbar e: r- großes Verlangen von verschiedenen Per-
:-or;L'r vnr h a t": den war, nicht länger so passiv am Ge-
d i >= Redebeiträge, der sich hier austauschenden Ärzte-
schaft, Ich her tu Bei träge, die s i eh mit Zahlen, der
durch Heilpraktiker versorgten Patienten in der BRD
beschäftigter. , weiter Darstellungen der , ;wie mir
später erklärt wurde, r.cch nicht gültigen Abrech-
nungsziffern über therapeutische Gespräche in der
Allgemeiripraxi s. Ich verstand ni cht, was Abrechnung p -H
üi ffern und nie eventuelle - der flalintgruppen als
Zuaatzquali f ikati o r. ~i t de:1 ei^cn tli ehe n Bali ntarbei t
u n a der A r ;c t - F a t i o n t i: e ü i u n u r. fr zu tun hatten - oder
wollte ich ni cht vora tehen? ,; edenf all s hatte ich ni ch t
Mut genug , di esbezugi i er. Fragen zu stellen. I ch fühl-
te mi ch in di esem kaur: ni cht wohl, und di es schien
anderen auch so zu gehen, denn der Saal leerte sich ra-
pide. Ich suchte nun schnell den Studentesaal auf, und
dort erwartete mich ein extremer Gegensatz zu dem ge-
rade Erlebten. Ein total überfüllter Saal mi t ständig
sich wechselnden, motivationsgeladenen Redebeiträgen
über die Art der Kommunikation untereinander, über Mög-
lichkeiten der studentischen Selbsthilfe an den Unis
Anamnesegruppen zu bilden,über das Forum POM usw.
Dabei sah ich bei allen ein konzentrierten Ausdruck
im Gesicht, das Bemühen den ändern zu verstehen. Was
für ein Gegensatz zu dem Saal, der durch eine Schuing-
tür von uns getrennt war. Hier emsiges Bemühen eine
tragbere Kommunikationsebene zu finden, das Problem
der verschiedenen Fragen zu lösen, und dort die ge-
langweilte TagungsatmoSphäre mit langwierigen Rede-
beiträgen, in denen Emotionen keinen Platz haben.
Ich war wirklich vorwirrt. Diese Verwirrtheit löste
sich aber schnell auf, als wir uns entschlossen, in
Kleingruppen draußün auf der Wiese den Erfahrungsaus-
tausch der Studer;tt;.\ zu forcieren. Lieder war auch
diesmal (wie im letzten -Jahr) die Zeit dafür knapp be-
sessen.
Wir m i t unserer Gruppe waren eigentlich gerade et-
was über die persönliche Vorstellung und der Dar-
* Anerkennung
s ehe h er, teilzunehmen. Der ürupper. ieiter versuchte zwar,
seLne Arbeitsariweisungen durehzuse tz ten , hatte dam i t
aber kein Jlück.Somi t empfand ich die Diskussion zum
Schluß e twas konfus, etwas Verbindendes, besser ge-
sag t Raffendes , Klärendes f ehl te ^iir.
A'JL.':I in der zweiten Fallbeschreibung, in der eine Psy-
choiortin einen Fall aus ihrer psy cho therapeu *i sehen
Praxis darstellte, war die anschließende Diskussion
k o n f u ü und L; n d v t e mir 3er F '.• s r_ s t u l i u;; g des Gruppenlei-
ters, .~iaS dieser .-'all 7,:i kc.T.piex r'.Jr diese Gruppe sei,
da doch die Erfahrung si t psyehe therapeuti sehen Patien-
ter, hier i r. der Gruppe äußerst unterschiedlich seien.
Hierzu schien mir die Feststellung des Gruppenleiters
sehr bezei chnend,da i ch persönlich das Gefühl hatte,
da^ die vortragende Person eher einen fachlichen Rat,
als eine Bearbeitung der subjektiven 'A'uSerungen in der
Gruppe gesucht hatte. Vielleicht übertrug sieh dies
auf di e Gruppe und mußte folglich mit einer gewissen
Frustration-einhBrgefcen.Weiter schien mir im Hachinein
das Setting und das, was das Setting und die Arbei tswei-
se einer Balintgruppe ausmacht, nicht deutlich geworden
zu sein, wie es eigentlich ausformuliertes Ziel dieser
Großgruppe gewesen war.
Mit diesem Gedanken ging ich nun in die Mittagspause.
Die Zeit wollte ich nun nutzen, um am 'Jfer des Sees ei-
nen kleinen Imbiß einzunehmen, doch hielten mich die
hohen Preise von diesem Vorhaben ab, und es wurde nur
eine Tasse Kaffee daraus.Schon war es trotzdem hier in
einem Straßencafe zu sitzen, und auf die schneebe-
deckten Berge , mit dem darin eingebetteten See zu
schauen. So verträumte ich doch etwas die Zei t, und
ich kam einige Minuten au spät zu de~ geplanten Er-
fahrungsaustausch.
Der ürfahrungsaustausch der Ärzteschaft und der Stu-
denten fand in verschiedenen Raunen statt. Da ich nun
zunächst durch den Raum der Ärzte geh sn muß te, blieb
"l j:. X 'jr-zc.- r:, an i ;io r t. u r i *'a r inii d :;eh r erstaunt , über
Stellung der Motivation ei nz einer Studenten hinausge-
kommen, als die Zeit schon wieder ura war, und Herr
Schuffei zum Plenum drängte. Entsprechend dieses,
nur andeutungsweise durchgeführten Srfahrungsauetau-
sches, war dann auch ein langes Schweigen das Resul-
tat beim Plenum, K s dauerte eine ganze Weile, bis sich
einige Referenten auf den Vorschlag von Herrn Schuffei
einließen, aus den Kleingruppe r. zu berichton, denn es
konnte ja noch nicht so viel berichtet werden. Immer-
hin konnte man sich trotz dieser kurz«n Zei t eine Vor-
stellung machen, welch unterschiedliche Ansätze an
den verschiedenen Unis inzwischen angelaufen waren,
um der S tude.i t-Pati en tbezi ehung auf dun Pelz zu riik-
ken. Es wurde von einer Gruppe aus Zürich berichtet,
die jetzt nach einscmestriger Laufzeit, anfangt,
studentische Tutoren für Anarane segruppen auszubilden,
andere aus Marburg und Bonn haben zum Teil keine stu-
dentische Gruppenlei te r , wi eder andere a r bei t er: ?.u-
nächst nur mit Rollenspieien und nicht mit Patienten
in den Gruppen. Alles in allem war dieses Plenum nur
eine mangelhafte Auflistung der verschiedenen Gruppen,
wobei deren Arbei tsweisen und Erfahrungen nur in
groben Umrissen geschildert werden konnten, Ei n wei-
teres Problem, nämli ch die nächste Nachfolgeredaktion
des 1 . POM-Heftchens wurde noch angeschni tten. doch
die Zeit reichte nicht i'ur eine umfassende Di skussion,
so wurde dieses Thema fUr Interessierte auf die Zei t
nach dem Plenum vertagt. Mir bleibt hier nur zu fragen,
ob nicht für den Erfahrungsaustausch der Studenten ein
größerer Zei träum in der Zukunft eingeplant werden
sollte. Das Interesse ist groß, doch fühlt man sich
scheinbar auch als Student zu sehr an einen organisa-
torischön Rahmen gebunden, als man diesen hatte spren-
gen können- zum Zweck des Erfahrungsaustausches.
Der nächste Tag begann mit der. geplanten Kleingruppen,
in die man eingeteilt wurde, wenn mär. sich früh .ge-
nug in Ascona angemeldet hatte.
Wir waren eine Gruppe von ca. 2o Leuten. Sie bestand
aus Studenten, Ärzten (vorwi egend Allgeineinmediziner)
und Psychologen. Zunächst wurde geklärt, was wir in
den nächsten drei Treffs bearbeiten wollten. Di e Gruppe
einigte sich auch hier schnell auf die Bearbei tung von
Patientenvorstellungen. Wie auch schon ara Vortag in
der Großgruppe, dauerte es ziemlich lange, bis sich
ein Gruppen:rn tgli e-d zur Darstellung eines Falles be-
reite r klärte; u r: so erstaunlicher war dann auch die
•" f fe-nhei t m i t der berichtet wurde, teilweise sogar recht
i r, t i uii' Borci rho dos Beri ch t enden wurden ang«?chni t ten .
Von der. beiden Gruppe n ieitorn wurde besonders in den
Besprechungen nach dam jeweiligen Vortrag sehr oft
interveniert und eingegriffen, Ab und zu uferte dies
in ei no Art Fachdi skussion innerhalb der anwesenden
Psychologen aus. Trotz mehrmaliger, von stu dentischer
als auch ä r z t l i c h e r Sei te geäußerte Kritik in dieser
Ri ch tur.g, doch Kehr den spontanen Gefühl saußerungen
freier. Lauf zu geben, s n t st and in mir immer mehr der
Kindruck einer Expertenrunde, die sich teilweise so-
gar nicht scheute, wertende Urteile über das darge-
stellte Verhalten abzugeben. Insbesondere die Gruppen-
leiter hielten sich mit der Zeit immer weniger zurück,
was darin gipfelte, daß einer der beiden sogar einen
Fall darstellte, der nicht einmal aus einer thera-
peutischen, sondern aus einer familiären Beziehung
stammte. Dies mag für den Vortragenden eine Erleich-
terung , und für die Gruppe ein großer Vertrauenabe-
weis gewesen sein, doch hat dies nicht mehr viel mit
der eigentlichen Baiin t-Gruppenarbeit zu tun. Ich bin
nicht grundsätzlich dagegen, solch sehr persönlche Be-
gebenheiten in einer Balint-Gruppe zu besprechen,
an z im Gegenteil. Was mich aber störte war die Tatsache,
da 3 die Gruppenleiter i K T; o r -nchr in den Gruppenprozeß
eingriffen, anstatt die C-T'Uppn ar bei ten zu lassen, um
nur hie und da strukturierend einzugreifen. Ein wei-
t: r "s P"_'i üoi ril • da3 das Setting di*=spr Gruppe nicht
-j: rce:; t.- g ws - , tf\ g T <=: ;;; ch i n tUner Fal l darstell ung
einer Psy chol 3^1 n , d i e oi ch s t und i r, durch N a c:.-i fragen ,
wie z.B."was meinen Jiie als hochkomp^tenter Psychojog"
dazu"? usw. bei" Gruppenleiter zu vergewissern suchte.
Dieser gab ihr dann auch die Vergewisserung und Be-
stätigung , wobei er in gutnieinender Lehrerart die
Situation zu kommenti eren suchte.
Genau dieses Gefühl hatte ich dann auch, als ich am
nächsten Morgen einen Fall aus meinem studentisehen
Erfahrungsbereich vortrug. Von einigen wenigen Gruppen-
mitgliedern abgesehen, die ihre eigenen Gefühlsein-
drücke, die sie während meines Berichtes erlebten,
äußerten, hörte ich von den meisten und insbesondere
von den Gruppenleitern, dies alles seien Erfahrungen,
die man als werdender Arzt machen müße . Diese Ängste,
die mich da quälten, hätte man mit steigender Erfah-
rung und der daraus resulti erenden Di stanz nicht mehr
so stark.
Es handelte sich hierbei immerhin um die Ängste, je-
m an dem der im Sterben lag und der einem al.s Vertrauten
angenommen hatte, nicht die von ihm erhoffte Hilfu
geben zu können,
Ich kam mir in dieser Situation als nicht ernst ge-
nommen, als etwas beJachelt vor, als wolle nan mir
sagen : ".I ung-ir K öl l°gp , Ihre Angrte in al J en :]'n ren ,
aber dies gibt sich mit, zunehmender Erfahrung".
Ich habe hier meinen Ei ndruck aller Treffen in der
Kleingruppe im Zusammenhang geschildert. Zu ergänzen
bleibt noch, daß in dem abschließenden Resümee der Grup-
penleiter, die sehr wohl meine als auch die Kritik der
anderen bemerkt hatten, die Kürze der Zeit und die Tat-
sache, daß Balintarbeit eine Arbeit von Langzeitgruppen
sei,zu ihrer Rechtfertigung heranzogen. Grundsätzlich
stimme ich diesem Einwand bei, ich hatte aber genau vor
einem Jahr, beim letzten Balinttreffen die Erfahrung ge-
macht, daß man selbst bei solch kurzer Zeit durchaus den
Wert der subjektiven Gefühl seindrücke der Gruppenmit-
glieder zu schätzen gelernt hat, was ich leider von die-
ser Kleingruppenarbei t ni cht behaupten kann,
-67-
Bal in t a rbe i t z e i g t e n und hier in A s c o n a den e igent l ich-
e n W e r t d ieser A r b e i t e r f a h r e n w o l l t e n . I c h b e z w e i f l e ,
dai d ie s rr.it d i e s e r K l e i n g r u p p e g e l u n g e n is t .
Ich b e t o n e n o c h m a l s , d u ß i c h n u r v o n m e i n e n e igenen Er leb-
n issen und s u b j e k t i v e n E r f a h r u n g e n i n d iese r , v o n vie len
paral lel d a z u l a u f e n d e n Kle ing ruppen b e r i c h t e t h a b e . W i e
mir andere Studenten und auch andere T a g u n g s t e i l n e h m e r
be r i ch t e t en ,wa ren viele dieser Kle ingruppen als sehr po-
si t iv e m p f u n d e n w o r d e n , was sich auch mit meiner letzt-
j äh r igen E r f a h r u n g deckt .
Als A b s c h l u ß dieses l e t z t e n Tages, war noch eine allge-
m e i n e D i s k u s s i o n s r u n d e v o r g e s e h e n , i n de r d iese Bal in t -
tag'Jng k r i t i s ch be l euch t e t we rden soll te .
Die m e i s t e n R e d e b e i t r ä g e waren p o s i t i v g e f ä r b t und bt-son-
d e r s w u r d e de r wl rk l i ch schone u n d erlobr.i srei ehe Sams-
t agabend ( t e s s i n e r A b e n d g e n a n n t ) g e l o b t , wo bei M u s i k , ,
Tir.z und k u l i n a r i s c h e n G e n ü s s e n s i ch v ie le , j u n g und alt,
k o n s e r v a t i v u n d p r o g r e s s i v e t w a s näher k o m m e n k o n n t e n .
£o kar ipr . aber a u c h k r i t i s c h e S t i m m e n , Z . B . d a ß s ich die
ar. w f i ? i > r . Je:: •',?,?: st en zu r z tc boi di es er T a g u n g u n t e r r e p r ä -
se n t, i u r t v o r k a - e r ; ur.d di es i n Zukur . f l v c r b e s e c r t w e r d e n
2 oll V;. '. '-r. =elb. . -1 t rug j et 7, t ir,i ' k l o p f e n H •=> ™ H* er z «n r ei n R
K ri t ik ü b e r die A r t des s o g e n a n n t e n L r f a h r u n g saus tau s ehes
de r Ar z L t- vo r . W i e si ch d a r a u f h: n z ei g Le , waren andere
a'hnli ehe r A n 5 i ch t , doch w u r d e m i r dann v e r s u c h t m e i n e Be-
ä e r, k e n a u s z u r e d e n ; ich hatte da doch etwas mißverstanden
:r. i t -'.T. r ^ a s s e n a ' c r e c h n u n g s n u ^ r a e r n . '.'a j a , v i e l l e i c h t war
f ' S so , de:- E i n d r u c k j e d o r h b l e ib t
Was es unter anderem so gibt,
wenn man iral Lust und 7eit hat zu lesen
M. RALINT - Oer Arzt, sein Patient und die Krankheit
- 5 Minuten pro Patient
- Psychotherapeutische Techniken in d. Medizin
OVERBECK - Krankheit als Anpassung
G. GRODDECK - Der Seelensucher
- Buch vorn Es
E. KÜBLER-ROSS - Interviews mit Sterbenden
LUBAN PLOZZA - Wege zur psychosomatischen Medizin
TH.v.UEXKÜLL - Psychosomatische Medizin
WATZLAWICK - Menschliche Kommunikation
- Anleitung zum Unglücklichsein
A. MILLER - Das Drama des begabten Kindes
- Am Anfang war Erziehung
A. MITSCHERLICH - Krankheit als Konflikt - Studien zur
psyrhosomatischen Medi zin I -t- II
- Freihheit und Unfreiheit in d. Krankheit
W.SCHMIDBAUER - Die hilflosen Helfer
und last not least noch was Lustiqes
Jean-Jacques AERAHAMS - Jetzt werden sie analysiert, Doktor
- 69-
BUCHANKÜNDIGUNG
SPRECHEN MIT KRANKEN - £'r f s h r u n .7 f n studentischer Anamnese gruppenWolfram Schuffei f H r s g . ! mit rinem Geleitwort von Thure von
(Jvxku l lGrbun K Schwarzrnbrrg, Manchen f9fl.3
Prej B DM 28 . --
Das Ziel des Buches ist zweifach:
J . Dem Leser soll gezeigt werden, wie in der Anamnesegruppe/t a 11 e n t e n — in Abgrenzung von krankheitszentrierter Medizingeübt wird.
? . Dom Leser soll vermittelt, werden, wie die persönliche undberufliche* Entwicklung während des Medizinstudiums in einer
bewußten Weisn erfahren, d.h. eine bewußte Soziali-sier u n g betrieben werden kann.
Zu diesen zwei Zielvorstellungen wird in de r/E i n le i t u n g ausgeführt"Das Sprechen mit Kranken ist- eine unverzichtbare Aufgabe desArztes. Das Sprechen kann und muß erlernt werden. Die Fähigkeithierzu ist genausowenig angeboren, wie es den geborenen Arztgibt .
Vielmehr: Der Arzt wächst in seine Tätigkeit hinein. Studentenzeigen in diesem Buch, wie sie während des Sprechens in zweiberufliche Tätigkeiten hineinwachsen. Sie lernen, sich selbstzu verstehen und zu handeln:
!. Als Partner des Patienten,2. als Partner des anderen Studenten, d.h. des Mitg leides eines
Teams.
Die A n a m n e s e g r u p p e hilft ihnen als eine Arbeits-gruppe m i t themenbezogenem SeIbsterfahrungscharakter, Mode 11 -Vorstellungen für die beiden Par tner r n l len zu entwickeln.
Das Buch soll dazu dienen, fJie.se Mo de J l vo rs t e 11 ustgen erstmalszusammenfassend vorzulegen. Wichtiger; Die Autoren möchtenAnregungen gr b e- n , eigenständig Modellvnrstellungen zum s e l b s t -gesteuerten Lernen in der patieritcnzentrierten Medizinweitcrzuentwick&ln. "
Nutzen die Lernerfahrungen in den Anamnesegruppen
in der späteren Berufsarbeit?
Ich bin noch nicht ganz ein Jahr im Beruf als Arzt.
Habe ich in den Anamnesegruppen etwas gelernt, was
ich im Beruf gebrauchen kann? Es war zunächst gar
nicht so leicht ( in Hessen Raum Frankfurt) eine
Stelle zu finden. Hat, mir dabei der Verweis auf die
praktischen Erfahrungen m i t Patienten in den Ar.amnese-
gruppen gunütat? In A11gemeinen kaum oder ni cht. Wenn
ich davon berichtete in den Bewerbungsgesprächen
wurde das vordergründig wohlwollend gehört. Das Wohl-
wollen wich allzuschnell massiver Skepsis bis Mi ß-
traüen, wenn den Chefs mein Engagement zu " psy cho -
logisch", d. h. sachfrerod erscnien. Das war sehr
häufig so. Ich durfte vor.. Bemühen um eine vertrauens-
volle Azrt-Patientbaaiuhung Sprüchen- das bekannte
Gesabbere r. ach plappern. Sobald von methodiscn fun-
diertem Arbeiten die Rede kam, war der Ofen aus. Der
Name Baiint war dann schon zuviel, als markierte er
Dissidentenposition, Da werde zu viel psychoiogisiert,
fern ab vom Patienten bekam ich zu hören. Da pfuschten
fachfrerade Leute(sprich Analytiker) im ureigenen Ge-
biet des Arztes herum.
Ich empfehle die Anamnesegruppen vor dem Hintergrund
dieser Erfahrungen nur bei Bewerbungen zu erwähnen,
wo man sicher eine begründete Aufgeschlossenheit unter-
stellen kann, oder man erwähne sie nur ganz beiläufig.
Ich habe jetzt glücklich eine Stelle gefunden mit et-
wa dem Ulmer internistisch-psychosomatischen Arbeits-
konzept.Da hat mir der Hinweis auf die Anamnesegruppen
wohl genützt. Kann ich hier meine Erfahrungen gebrauch-
en, das Gelernte anwendee?
Ich meine ja,und möchte dies unter drei Gesichtspunkten
illus trieren:
Die E r f a h r u n g e n h e l f e n m i r i m U m g a n g m i t d e n
Patiencen.
Sie helfen mir im Umgang mit Kollegen.
Speziell profitiere ich bei meiner Arbeit von
meinen Erfahrungen als _Tutor in den Anamnese-
•gruppen .
Zu 1 . )
I c h m u ß d e n Pa t i en ten n i c h t m e h r a l s W i d e r s a c h e r
e r l e b e n , der d u r c h seine W i d e r s p e n s t i g k e i t u n d U n -
z i i ^ a n g i i c h k e i t z u n: S a b o t e u r m e i n e r A r b e i t w i r d . Der
P a t i e n t , w a r n i c h t m e h r d e r R i s i k o f a k t o r , der m e i n e In-
konpe tena o f f e n k u n d i g werden läßt. Ich habe zwar
s; ei r.1? -,-\l bs twer tp rob l eme und K o m p e t e r i z z w e i f el , bin
a b e r - u n b e l a s t e t ? o nu g , u TL n i c h a u c h d e n P a t i e n t e n
w i drrer. zu kb'r.r. er . 'r. s darf Lim den Pst, i er t es gehen-
p-j. t i en i er. z er. trl ^ r t .
In den Grupper , h a b e i ch i m m e r w i e d e r m: t e r leb t , daß
in den e r s t en S t u n d e n d ie I n t e r v i e w o r n ich t zu wi s-
sen m e i n t e n , w a s m a n f r agen m u ß , wo man doch n i cht s
w e i l . So al? g i n g u es d a r u m eis W i s s e n d e r dem Ra t -
s u e l e n d e n und F r a g e n d e n H e d e und A n t w o r t zu s ' tehen,
z u b';I ehrer , o .1er a h n l i c h e s .
D i e G r u p p e e r leb te o f t , w i e d e r P a t i e n t d e m In t e r -
v i e w e r das K o n z e p t aus der Hand n a h. T. , s i. ch v e r s c h l o ß
oder endlos unwi ch t i ge Dinge e r zäh l t e .
Das konn te i ch ü b r i g e n s nicht nur mi t S tud i enan fäng -
ern e r l e b e n , daß der Patient als O b j e k t angesehen oder
gebraucht wurde , an dem man sich selbst beweist oder
bei dem man e twas zur Darstel lung br ingt - wie es so
schön he iß t . A l l e m a l geht es um die A u s ü b u n g der me-
dizinischen Kunst am Gegenstand Patient, um Selbstbe-
w e i s de r M e d i z i n e r und w e n i g e r um die K r a n k h e i t des
P a t i e n t e n , sein A n g e b o t , m i t i h m g e m e i n s a m etwas bes-
ser zu ve r s t ehen .
I r h h a b e i n den G r u p p e n a u n h F / e s p e k t v n r d e m A n g e b o t
1 «=•? r 3 t : *=n t, r r. , d ^ r K r a n k h e i t , a l s E l e m e n t , se iner A r t
-72-
zu lebe n, d.h. vor seiner Integrität in Gegensatz zu
meinem gelernter, .fachlich stringenden .sachgerechten
Zugriff auf die K rank h ei t erworben .
Aus dem Erleben der Persönlichkeit des Patienten in
den Anamnesgruppen und der dadurch provozierten Re-
flexion rier eigenen Person habe ich ein bi Sehen ge-
lernt, die Grenzen der eigenen Eingriffsmöglichkei-
ten und Rechte zu bewerte.".. Die Anamnesen selbst waren
von ihrem Inhalt oft Geschichter, eines N' ehenein anders
oder Gegenein anders Ära t-Pati cnt , wobei der Patient
darauf bedacht war y si ch und soir.e Art zu leben zu
schützen, zugleich sich aber immer wieder an den Arzt
wandte in der Hoffnung auf Hilf? r ••?. i s e i n e r ? r D 1 1 <_• r,\ -
b~.w. K r an Y. r. P: i tsbewal t : gur. g .
l 2\\ hübe EI u c h in Ion A n a rr, r. * P g r u p p e n g e 1 1= IT. t , de:: k u r z e n
Kontak t :ni t de::i Pati e n l er. in sei ner He 3eu -ur.^ f L; r den
Patienten hoch genug - besser, nicht <s'j gering einzu-
schätzen. Ich habe eine Ahnung von de,- Tragweite solcher
kurzen Begegnungen bekommen, als ich nach den A n am-
auch der Fall gewesen sein, wenn auch die Verarbei-
tung des Kontaktes von seilen des Patienten anders
aussehen mag, z.B. weniger analytisch zergliedernd
als vielmehr integrierend.
In den Gruppen bin ich auf den Geschmack gekommen,
wie toll eine Arbeit ist, bei der ich außer mit dem
Kopf auch noch mi t Gefühlen arbei ten kann- so schwer
das auch ist. Patientenzentrierte Arbei t ist auch
arztzentriert, insofern sie mich umfassender fordert.
Die ßezi enungen zu den Pati enten sind dadurch für mich
auch befriedigender. Bei allem Enthusiasmus für diese
Arbeitsweise will ich aber auch ganz kühl meinen,daß
die patientenzentrierte Arbeitsweise gegenstandsadä-
quater ist als die krankenzen trierte.
Zu 2. )
Nicht ganz nebenbei habe ich in der Anamnesegruppe
mich ja auch mit den anderen Gruppenmitgliedern ge-
troffen und hier mein Verstehen des Patienten dem der
anderen gegenübergestellt. Der Patient war ja jeweils
mehrfach in der Gruppe repräsentiert, nämlich so, wie
er bei den einzelnen angekommen war. In der Gruppe war
die Auseindersetzung mit dem Patienten anschließend
an das Interview oft sehr viel heftiger als die Begeg-
nung des Interviewers mit der, Patienten unmittelbar
erkennen ließ. In dem offenen Austausch mit der Übung
von Fespekt vor de^ je anderen Erleben der Leute in
meiner Gruppe, habe ich vif-l eigene Vergessenheit, ei-
gene Wfjh rriehir.ungs schranken und - Vorlieben kennenge-
lernt und die Erlebni sweisen der anderen wertschätzen.
Bei dem Kampf um das "richti ge" Verständnis des Patien-
ter, habe ich gelernt, daß es gar nicht um richtig und
falsch primär geht.
Ir. meiner beruflichen Situation wirkt sich das jetzt im
Austausch mit der. Kollegen aus und zwar nicht nur in
der Supervi sionssi tuation. Sytemati sehe s Austauschen
von Phantasien über den Patienten um ihn differenzier-
ter zu verstehen.hat eine Fälligkeit des Umgangs mit
Phantasiematerial d.h. unterschiedlichen Verstehens-
weisen zur Voraussetzung. Aus den Gruppenerfahrungen
heraus kann eine Kollegialität geübt werden, die von
dem gemeinsamen Bemühen um aie Wahrnehmungseinstellung
gegenüber dem Patienten gestützt ist. Ich meine die Grup-
penarbeit war eine Schule in Kollegialität weit über
die technisch organi satorische Bewälti gung des Berufs-
alltags hinaus bis zu der gegenseitigen Teilnahme an
der Art der Berufsausübung.
Zu 3.)Speziell als Tutor habe ich gelernt, mich nicht den
Ansprüchen an eine Führungsrolle 7,u entziehen. Die
Schwester auf der Station will von mir die Sicherheit
meir:er jrtoi ] gf ahi gkoi T. und eine nicht mehrdeutige
Hai tun g im U n gang m i t äem Pati e n ten und mi t ihr.
vor. vor:;hörei:. wjr.igio
• '•'( e i ? r. I r j r. i •_ - d -:• r f ü t . tj i ) , b e s o n d e r s
vergleichbar "eir. e:r. i i T. tVn-*iK als T u t o r
f er tge jcr,ri t, t-unu.'i S t u de:. L er: mit Anfän
einen Weg, der nicht -direktiv in dem Sinne ist, daß
ich Position beaiuhu und zugleich voll gelten ias.se,
was (der Pati ont,) der Pfleger und die Schwester denken
und fühlen? I ch i.v,;ß auch auf der Stati o n di t Spannung
unterschiedlicher Erl'jbni swei aun ni ch L nur aufhalten
sondern einen wesentlichen Bei trag dazu leisten, sie
produktiv zu verwenden. Ich muß meinerseits auch mit
dem Psychologen fruchtbar zusammenarbeiten, der als
Professioneller speziell auf der Ebene des Verstehens
arbeitet. Der Austausch in der Stationspraxis ist da-
durch ein wenig kompliziert, daß die Beteiligten unter-
schiedliche Funktionen ausüben und unterschiedliche
Kompe tonnen bc sitze n. Funk tionsdifferer. zierung und Hi -
rarchi P s i nd zunächst ii n mal Real: tat, wi e auch das
Gefalle Arzt-Patient,hes.ser, die spezifische Bezi ehur.g
eines Hilfesuchenden zu o i n o m professionellen Helfer
durch das häufig zu hörende Partnersohaf t sge brabble
ni cht unwi rkli ch gemacht wi rd. Es wird dami t oh or ver-
sucht der besonderen Bezi ehungssi tuati or. z'j en *,wi schi-r;,
STUDENTISCHE BM,TNTGRUPPE
Seit zwei Jahren besteht ir. Frankfurt eine
Ral ir.tqrunpe. für Medi z ins t u den t er.. Als einer
der Teilnehmer schildere ich die Arbeit unserer
Gruppe, Zunächst werde ich berichten, wie diese
Gruppe überhaunt zustande kam, wie und wo wir
unsere 'Falle1 finden und wie wir arbeiten-,
Einen guter. Eir.blicV in diese Arbeitsweise
vermittelt die Vorstellung vor. zwei in der
Gruppe durchgesprochenen Fallgeschichter.. Hit
einer sehr kurzen Betrachtung meines Interesses
an der Baiint-Gruppenarbeit werde ich diesen
Bericht abschließen.
über ...die GruppeUnsere Gruppe hat sich eher zufällig konstituiert.
Auf der Suche nach Doktorarbeiten, im 2. bzw 3.
klinischen Semester bekamen wir das Angebot, uns
zu einer Balintgruppe für Medizinstudenten-zu-
sammenzufinden . Die Bedingungen waren: Dauer der
Gruppe wenigstens bis Ende des Studiums, ein-
schließlich des Praktischen Jahres, also etwa
3 Jahre. Wir treffen uns einmal in der Woche '
für 172 Stunden, meistens auch in den Semster-
ferien. Die Anzahl der Teilnehmer ist z.7t. sechs.
Prinzip!eil ist die Gruppe offen, soll aber nicht
größer werden. Geleitet wird sie von einer Psycho-
analytikerin, die während aller Sitzungen und für
die gesamte Dauer derselben anwesend ist. Patienten
werden unmi ttelbar während dieser Tormine nicht
vorgestellt.Vielmehr berichtet jeweils einer der
Teilnehmer - meistens ohne besondere Vorbereitung -
über eine Begegnung mit einem Patienten, die Ihn
weiter beschäft iqt hat. Solche Regeynunqen fin-
den in allen möglichen Situat ioner, statt. Meistons
sind es BeziehungGn zu Patienten, die entstanden
sind während Famulaturen, Da die meisten von uns
im Klinikbereich nebenher gejobbt haben, jetzt
machen fäst alle Praktisches Jahr, sind dabei
auch immer wieder .Situationen entstanden, die
ur.a dann in der Gruppe beschäftigt haben.
Das Gcncinsane dieser Situationen ist das Nicht-
zur echt "können . Alle berichteten Fal le sind
dadurch charakterisierbar, daß da irgendetwas
geschehen war, mit einem selbst, mit Patienten,
aber auch P i t, Kollegen oder der Inst i tut i on
Krankenhaus, womit H. a n nicht klarkam. Man
fühlte sich von einem Patienten besonders ah-
gestosson oder besonders hingezogen, iran hat
etwas Fi.qenart.iges beobachtet und es vielleicht
viel zu schnei l im Gespräch mit ihm angesprochen.
Oder: man hat sich , nach dem der Patient seine
Bereitschaft signalisiert hat über diese Be-
obachtung zu reden, dann, plötzlich wieder
zurückgezogen. Es geht also um Ereignisse,
die man nicht richtig verarbeiten konnte,
daß sie einem entweder immer wieder aufgestossen
waren oder daß man ihre innere Dynamik nicht
verstanden hatte.
Zur Hethod.e
Diese innere, zunächst verborgene Dynamik einer
solcher. Situation sichtbar zu machen, ist unser
Thema. Die Aufarbeitung solcher Ereignisse stellt
die Beziehung zum Patienten in den Mittelpunkt.
Das ist das Medium,in dem wir frei assozi ierend
verfahren. Wenn ein Fall vorgetragen wird, dann
geht es darum, in der Gruppe die geschilderte
Situation möglichst präzise nachzuerloben. Die
Phantasien, die dabei entstehen, nieist nit Emo-
tionen verbunden, dienen als Leitfaden, zunächst.
ganz untergründige Spannungen undGefühle auf-
zusoürer: . Auf dem Pro jektionsf eld dieser Phanta-
sien werden vorher abgewehrte,verleugnete Re-
cur.gen des Berichtenden selbst. wie auch des
Patienten sich t-ha r. So wird z.B. plötzlich in
der Gruppe der mächtige Konkurrenzkampf zwischen
Famulant und Stationarzt einfühlbar. Es werden
wesentliche Bedingungen sichtbar, die die ange-
troffene Situation so schwierig und oft uner-
träglich gemacht hat ten, Ober den Vorgang hinaus
kar.", sich so die Perspektive, unter der diese
Beziehung vorher betrachtet wurde völlig ver-
wandeln. Dadurch kar:r. dieses Ereignis qanz
anders verstanden werden.
j wgjL kurze, FalJLgeschichten
Um das soeben Angedeutete deutlicher zu machen,
werde " jetzt zwei Fallgeschichter erzählen.
Zwei Geschichten deshalb, weil sie unerwartet
gegensätzlich sind. Die erste resultierte aus
dem vergeblichen Versuch mit einer Patientin
eine, für sie aMcrdirgs lebenswichtige Pein-
lichkeit zu besprechen. Die andere Geschichte,
zeigt einen völlig erschöpften jungen Mann, der
während eines einstündigen gelungenen Gesprächs
wenigstens soweit seine Kräfte wiedergewann, daß
er sich wird selbst helfen können.
Die erste Beschichte: während der Famulatur in
einem Krankenhaus traf ich eine ungefähr 60ig
jähr ige Patirmtin , die dort wegen r e Dividierender
cerebraler ischämischer Attacken zur stationären
Behandlung aufgenommen war. Sonst war die Anam-
nese völlig leer. Sie fiel mir deshalb auf,
weil sie meine Fragen und mein Tnfrresse an ihr
so schroff zurückwies, da f es n r iiePnrache
verschlug. Ks gelang mir rieht iir die Patientin
-79-heranzukommen. Ganz anders war ihr Verhältnis
zum 5 Tationsar z t , den himmel te sie an.All er ding s
war er nicht so angestrengt neugierig wie ich.
Als Zufallsbefund fand sich dann eine positive
Lues-Serologie. Dieser Befund sprach für eine
nichtausqeheilte Syphillis und konnte die jetzigen
Symptome erklären. Als ihr dann dieses Resultat
bei der Visitc mitgeteilt wurde, schien das Fis
zu brechen, An nächsten Tag war diese kurze
Nähe schon wieder verflogen und sie verhielt
sich genauso wie vorher.
In der Gruppe wird schnei l sichtbar, wie ich da
vergeblich anrenne, Offenbar ganz im Gegensatz
zu™ Stationärst, der ganz ohne sich un: die
Patientin zu bemühen ihre Sympathien verdient.
Als ich versuche,diese beiden zu beschreiben,
findeich ganz spontan sehr abschätzige Attribute:
sie wird zum alternden BDM-Mädchen und der Eta-
tionsarzt zum braungebrannten Syltuclauber. DAs
verrät meine Wut auf beide deutlich genug und
damit meine Eifersucht. Statt zu verstehen, daß
es ihr darum geht, etwas ihr offenbar sehr
peinliches zu verbergen, bin ich eigentlich nur
auf den Stationsarzt und sie wütend geworden.
Statt zu verstehen, daß ich mich mit der falschen
weil zu verleugnenden Seite in ihr gleichgemacht
habe, reagierte ich mit Eifersucht auf den Sta-
tionarzt . Der kam ihrem Bedürfnis zu verleugnen
entgegen und vermied dadurch jede Erinnerung
an ihre viel leicht sicher nicht nur serologischen
Narben.
Die andere GesJiichte-ist die eines 28iq jährigen
Mannes, der mir auf der Liegendaufnahme begenet
ist. Er war völlig erschöpft, war direkt von
seiner Arbeitsstelle gekommen. Er Klagt, über
Ilerzrasen, Schmerzen in der Brust, Kopfweh und
Ohnmachtsgefühle. Diese Symptome haben sich seit
14 Tagen eingestellt und kontinuierlich verstärkt.
Besonders tratenpie Beschwerden aber an der Ar-i
beitsstelle auf. Eine körperliche Erkrankung
konnte schnei l ausgeschlossen werden. Ich begann
das Gespräch mit der Bitte, mir die Umstände
seiner Erschöpfung genau zu schildern. Dabei
stellte sich folgende Situation dar: er ist
Rumäne, Computerfachmann und hatte seit einem,
halben Jahr für seine jetzige Firma für einen
sehr niedrigen Lohn hochqualifizierte Arbeit
geleistet. Er habe sich für diese Firma aufge-
opfert . Vor 14 Tagen habe er dann end]ich einen
festen Vertrag erhalten. Das sei wie eine Er-
lösung für ihn gewesen. Denn er habe allein für
die Finanzierung des Studiums seiner Frau und
für beider Lebensunterhalt zu sorgen. Familie
hätten sie h/er in Deutschland keine. Als er
sich den Vertrag genauer angesehen habe, mußte
er finden, daß er auch jetzt nur zur Probe,
also jederzeit kündbar, eingestellt woeden sei.
Er reagierte sehr erstaunt bei dem Hinweis,
daß ja seine Erschöpfungszustände in der Firma
ziemlich genau zeitlich zusammenfallen mit seiner
Erkenntnis, daß der neue Vertrag nicht seinen
Hoffnungen entsprach. Übrigens schildert er
seine Feau als eher hart im Nehmen, nicht so
weich also, wie er sei. - Ich lasse mir Zeit, .
seine Schilderungen sind sehr detailliert.
Er opfere sich für seine Firma auf undbekomme dafür
keine Gegenliebe, jetzt sei er wieder abgelehnt
worden . Er verwechsele die Farnilie,die er hier
nicht habe mit seiner Firma. Das sei eine nieder-
schmetternde Erfahrung für ihn. Solange er diese
Verwechselung nicht auflöse, dürfe er sich auch
nicht von seiner Firma abgrenzen, geschweige
denn zu fordern, was ihm zusteht. Alle diese
Deutungen macht der Patient mehr oder weniger
erstaunt mit. Ich habe das Gefühl als würde
ihm ein Licht aufgehen. Gleichzeitig scheint es
mir gelungeneine Atmosphäre zu schaffen, wo er
sich wirklich gut aufgehoben und verstanden
fühlt. Plötzlich setzte sich der Patient dann
auf und sagte, er fühle sich jetzt viel besser.
Wir trennen uns schließlich. Er äußert zum
Schluß den Vorsatz, sich mehr um sein eigenes
Wohl kümmern zu wollen; vielleicht wird er
auch an einer psychotherapeutischen Gruppe
teilnehmen.
Mein Interesse an Baiintgruppenarbgit
Das Interesse an sol eher Arbeit beginnt für mich
da, wo ich gemerkt habe, daß ich an die meisten
Patienten überhaupt nicht herankomme. Um .so
mehr ich diese Patienten über ihre Kranknei t
ausfragte, um so mehr habe ich oft gespürt,
wie sie diese Fragen ^war beantworteten, aber
sich gleichzeitig immpr mehr verschlossen haben.
Am Anfang der A r bei t. in der Balintgruppe stand
dann die ziemlich beunruhigende Einsicht, daß
ich auch den Patienten 7-urückweise. oft in
bestem beiderseitigen K i n Verständnis , Das mag
bei einem Patienten mit seinem jährlichen
Schnupfen garnicht so wichtig sein.Aufregend
wird dieser so erfahrene Mangel, der aus irgend-
einem Grunde, organisch krank oder nicht,chronisch
krank oder nicht, immer wieder bein Arzt Hilfe
sucht - In diesen Situationen wird für mich -
jetzt deutlicher als vor 2 Jahren - sichtbar,
wie hilflos ich selber diesen Menschen gegenüber
bin, und wie wenig man mit den Mitteln der Medizin
die wir so gemeinhin lernen ausrichten kann.
Diese Patienten, wenn sie nicht das Glück haben,
eine durch angewandte Naturwissenschaft heilbare
Krankheit zu haben, diese Patienten haben gegen-
über einer Medizin, die beschränkt auf diese
mechanischen Anschauungen und den gesunden Men-
schenverstand agiert, überhaupt keine Chancen.
Oft genug haben wir in der retrospektiven Sicht
der Baiintgruppe sehen können, wie der Produktion
von Symptomen und Krankheit unglückliche lebens-
geschichtliche Bedingungen vorausgehen und korrosR.C?tt.'
i/ieren. Damit wird auch ein Widerspruch der
Medizin die wir lernen und deren einseitiger
Anschauungsweise sichtbar: bestimmte Patienten
sind in ihrer Not gezwungen Mediziner aufzusuchen
die ihnen auch helfen wollen, kraft beschränktem
Ausbildung aber überhaupt nicht helfen können.
Ich nehme an, daß viele Krankheiten, die dann
chronisch verlaufen, bei diesem ungelösten Wider-
spruch beginnen.
Während der Bai intgruppenarbeit habe ich aber auch
erfahren, daß dieseMedzin mit den Patienten eine
eigenartige Verleugnungsgemeinschaft bildet. Während
der Arzt anstelle des Subjekts des Patienten sozu-
sagen nur dessen zu objektivierende Daten erhebt,
tut er Fic1^ selbst ja den gleichen Tort an.
Dann freilich ist der Patient froh, wenn er
über seine inneren Probleme, die er abwehrt,
nicht nachdenken muß. So umgehen beide alles
Emotionale, Bedrückende, alle Animositäten, die
vielleicht schon lange schwelende Konflikte sigTnalisieren.
Für mich ist die Baiintgruppe daher ein Ort, wo
alle diese vielschichtigen Probleme praktisch
erfahrbar werden. Verstehendes, empathisches
Vorgehen schließt Hier das erklärende naturwissen^
schaftliche Denken nichts vielmehr kann sich
beides sinnvoll erqänzen. So stell R ich mir
vernünftige Medizin vor.(Jürgen Kochendörfer) "Das Symptom als Angebot des Patienten", so heißt ein
Kurs, der bevorzugt den Studenten im 1.vorklinischenSemester in Prankfurt als "Alternative" zur Vorlesung Chemiefür Mediziner angeboten wird.Da wir uns darunter zunächst nur wenig vorstellen konnten,besuchten wir die Einführungsveranstaltung, in der Prof.Dr. Jork, der sich als Schirmherr dieses Kurses vorstellte,eine kleine Einführung in das Thema dieses Kurses gab.Die Einführun^sveranstaltung war im Gegensatz zur Chemie-vorlesung mit ca. 30 Studenten {bei 250 im Semester) nurmager besucht, ja man hat anscheinend auch nicht mit einemstärkeren Interesse gerechnet, denn nach 1 Stunde stelltensich 4 x 2 Gruppenleiter zur Wahl, damit sich die Studentenzu 4 Arbeitsgruppen von je 6-8 Leuten zusammenfinden konnten.Wir hatten Glück, unsere Gruppe war mit 6 Studenten und 2Gruppenleitern noch relativ klein, und wir verzogen uns ineinen kleinen Raum, in dem uns die Gruppenleiter die vonProf. Jork noch sehr unklar formulierten Ziele und Arbeits-weisen des Kuraes erläuterten.
Arbe i t swe_i s_e :Wir sollten also Patientengespräche führen: Einmal in derWoche bekam ein Gruppenraitglied Gelegenheit, 1/2 - V 4Stunde einen Patienten zu interviewen. Danach schloß sich1 Stunde Diskussion, jedoch ohne Patient, an.Als Ziel des Gesprächs wie auch des Kurses wurde anfangsdefiniert, daß wir den Umgang mit Patienten lernen, dieSensibilität für seine Probleme gewinnen und ihn als eineEinheit mit seiner Krankheit sehen sollten.Da diese Vorstellungen uns noch sehr unklar waren, wurde unsereMotivation für den Kurs von unseren Erwartungen geprägt,Ängste gegenüber dem Patienten zu verlieren und Sicherheitim Umgang mit ihm zu gewinnen.Für einige Gruppenmitglieder war es wichtig, überhaupt mal
kranke Leute kennenzulernen, da ein Teil von uns noch kein.
Krankenpflegepraktikum geleistet hatte.
Viele erwarteten auch eine Bestätigung von eigenen Erfahrungen
und Vorurteilen gegenüber Ärzten und Krankenhaus. Das führte
bei den ersten Interviews dazu, daß der Interviewer den Ab-
lauf des Gesprächs im wesentlichen bestimmte und dem Patienten
meist nur eine Bestätigung seiner persönlichen Erfahrungen mit
der Schulmedizin abverlangte.
Nach einigen Patientengesprächen hatten wir endlich einen
neuen Zugang zum Ziel des Kurses gefunden. In den anscttlielenden
Diskussionen hatte eine Verschiebung des Diskussionsansatzes
vom Patienten auf die eigene Person stattgefunden. Im Brenn-
punkt stand nun unser Umgang mi t dem Patienten und unsere
Gefühle ihm gegenüber.
Wir reflektierten das eigene Vorhalten gegenüber dem Patienten
und kamen zu der Überzeugung, daß dieses von den subjektiver.
Gefühlen im Patientengespräch gesteuert wird.
Dadurch wurde federn Gruppenmitglied ermöglicht, sowohl sein
Verhältnis, als auch die unterschiedliche Sensibilität für dje
Probleme des Patienten zu klaren, die sich aus den Ihm
gegenüber empfundenen Gefühlen ergibt.
Darauf anschließend sollte eine Analyse des Verhaltens von
Interviewer und Patient stattfinden. Es Sei die Frage zu
klären, warum das Gespräch gerade so und nicht anders verlaufen
ist. Jedoch kam es durch Zeitmangel meist nicht dazu.
Die Rolle des Patienten
Die Patienten, die in einer allgemein-nedizinischen Praxis in
Behandlung waren, wurden von Ihrem Arzt gebeten, an einem
Gespräch mit uns Medizinstudenten aus den ersten Semestern
teilzunehmen.
Uns interessierte, warum der Patient überhaupt zu una kommt.
Hatte er bestimmte Erwartungen an das Gespräch, die ihn dazu
motivieren, oder wollte er nur die Bitte seines Arztes nicht
abschlagen ? Nach unserer Meinung sind beides Beweggründe für
sein Erscheinen.
Da der Verlauf und das Thema dies 'Gespräches vom Patienten
wesentlich mitbestimmt wurden, kamen seine Erwartungen sehr
schnell zum Ausdruck.
Im Verlauf des Gesprächs bekamen wir nicht nur einen Einblick
in die Kranken- und Lebensgeschichte der Patienten, sondern
sie vermittelten uns, oft sehr versteckt, Lebenserfahrungen
und Lebensproblerae.
Viele schilderten die Auswirkungen ihrer Krankheit auf ihr
Leben und Ihre Umwelt,und sie erregten bei uns starkes Mitleid
und Betroffenheit, ohne daß wir jedoch das Gefühl hatten, daß
der Patient damit sein SelbstweFtgefühl erhöhen.und sich nur
wichtig machen wollte.
Die Patienten teilten uns ihre Erwartungen an ihren Arzt, an
die Klinik und auch an uns Medizinstudenten mit. Es machte uns
betroffen, wenn wir Patienten, die Klarheit über ihre Krankheit
und Beschwerden bei uns suchten, enttäuschen mußten,
Dieses Problem führte immer wieder zu kontroversen Diskusaionen
in unserer Gruppe, und warf die Frage auf, ob wir denn hier nur
die Patienten ausnutz en wollten oder ob sie wirklich eine
kleine Hilfe in den; Gespräch sahen.
Unserem Gefühl nach war der größte Teil der Patienten mit dem
Gespräch zufrieden, denn sie konnten ihnen wichtige Dinge hier
aussprechen. Nur sehr wenige fühlten sich enttäuscht oder gar
verkohlt, wenn die z.T. durch Mißverständnisse geweckten
Erwartungen in dem Interview nicht erfüllt wurden.
So löste einmal die Erwartung einer Patientin, daß- sie bei uns
einen chirurgischen Eingriff gemacht bekäme, solch große
Frustrationen und Wut in unserer Gruppe aus, daß einige Gruppen-
mitglieder überlegten, aus der Arbeitsgruppe auszuscheiden.
Es kam zum Glück nicht dazu.
Rolle der Studenten
Ein Gruppenmltglied erklärte sich immer im voraus bereit, das
nächste Patientengespräch zu fuhren. Nach der Begrüßung er-
klärte er dem Patienten kurz Sinn und Zweck seines Kommens, und ver-
suchte während des (JosprächSAUf die ihm wichtigen Sachverhalte
und Problemfragen einzulenken.
Oft fühlte sich der Interviewer unter dem Leistungsdruck, ein
möglichst "gutes" Interview zu führen, und das Gespräch immer
in Gang zu halten, um d+e ihm peinliche Situation des gegen-
seititren Ar.schweiger.s zu verneinen. Dieser Leistungsdruck konnte
durch Diskussen in der Gruppe ctw^.s gemildert werden.
Die anderen Gruppenmitglieder hatten während des Interviews
die Rolle von Beobachtern, nur ab und zu schaltete üich ein
Gruppenmitglied in die Diskussion ein. Am Ende des Interviews
hatte jeder nochmal Gelegenheit, persönliche Prägen an den
Patienten zu stellen.
In der sich später anschließenden Diskussion versuchten wir
durch Zusammentragen von Eindrücken, Gefühlen und Verhaltens-
weisen uns ein Bild vom Patienten zu machen.
Dabei entstanden erstaunlicherweise oft sehr unterschiedliche
Einschätzungen von einem Patienten, die aber von allen Gruppen-
mitglieäer akzeptiert wurden.
Rolle_der Gruppenleiter.
Die 2 Gruppenleiter einer 3eden Arbeitsgruppe Bind Medizin-
studenten, die den Kurs mind. 1 Semester besucht hatten, und
durch Tutorentraining und wöchentliches Treffen die Arbeits-
sitzungen vor- und nachbereiten.
Die Gruppenleiter übernehmen die Organisation des Kurses,
d.h. sie kümmern sich um die Arbeitsräume, holen die Patienten
etc.
Sif setzen die sich anschließende Diskussion in Gang, leiten
und lenken die Eiskussion, falls hier mal der Rote Faöen ver-
loren geht. Für die Gruppe sind sie dabei wesentliche Hilfe, ihre
sehr oft noch unklaren Gedanken und Vorstellungen zu koordinieren,
und Mißverständnisse unter den Gruppenmitgliedern zu klären.
Ergebnis _des Kurses
In den Gesprächen mit den Patienten konnten wir zahlreiche
Erfahrungen über uns selbst, wie auch Über unseren Umgang mit
Patienten sammeln.. GM
So wurden einige in dem Verlauf des Kurses immer wieder mit dem
Problem konfrontiert, weshalb gerade sie Medizin studieremind
welches Interesse sie überhaupt daran haben, anderen Menschen
EU helfen.
Daß diese Auseinandersetzung nicht Im Rahmen eines solchen
Kurses gelöst werden kann,ist klar, sie erfordert aber dennoch
ihre Bearbeitung.
Wir haben oft eelebt, wie durch die Erwartungshaltung der Pati-
enten Arzte und Studenten überfordert werder. Dies erfordert
von uns in der Praxis eine Klärung und Korrektur der an uns
gestellte«Erwartung.
Sin weiteres großes Problem ist für uns die gefühlsmäßige
Ablehnung des Patienten durch den Arst bzw. des Arztes durch
der. Patient. Darf der Arzt den Patienten bzw. seine Behandlung
überhaupt ablehnen, verstöß^er damit nicht gegen ärztliche
Ethik, oder muß er ihn sogar ablehnen, um dem Patienten in
seiner Person und in der Behandlung seines Problemsteerecht
zu werden?Weitere große Schwierigkeiten bereitet uns, die•vom Patienten
angebotenen Informationen richtig einschätzen zu können.
Können wir uns da immer auf unsere Gefühle verlassen? Oft
ist es sehr schwer, nochmal klärend nachzufragen, besondera,
wenn sich der Patient dann verschließt.
Respektiert man hier die Schranke und die Hemmungen des
Patienten und vor allem, wie gehe ich dabei mit meinen eigenen
Hemmungen um?Dies sind alles Fragen, die uns auch nach dem Kurs noch aehr
lange in unserem 3tudium begleiten werden.
I.Keller
w,Rotter
W.Zündel
&AJL...
DER PATIENT ALS OBJEKT IN DER AUSBILDUNG DES ARZTES
Die 197O erlassene Approbati onsordnunq (AO) setzte
sich "eine Reform der ärztlichen Ausbildunq in allen
ihren Bereichen" zum Ziel. Durch zentrale Prüfungen
sollte eine "einheitliche Verbesserunq der ärztlichen
Ausbildung" erreicht werden.
Die AO verzichtete (ursprünglich) auf Pflichtvorlesungen
ur.d beschränkte sich auf den Nachweis des regelmäßigen
und erfolgrei ehen Besuchs von prakt ischenübungen und
Kursen - die Ausbildung soll "praxisnah und am Patien-
ten erfolgen". Die Gestaltung dieser Kurse und ihre
Wertigkeit im Curr iculurr. bleibt den einzelnen Fakul-
täten überlassen, Sie sollen jedoch möglichst problem-
orientiert und nicht getrennt von den einzelnen Fach-
gebieten gestaltet werden. Eine wesentliche Erweiter-
ung erfuhr das Medizinstudium nach der AO durch die
Hereinnahme der psychosozialen Fächer in das Curri-
culum. Damit wurde der wachsenden Bedeutung psycho-
sozialer Faktoren in der Pathogenese von Krankheiten
und Rehabilitation von Kranken Rechnung getragen. Über
diese Ergänzung des medizinisch-naturwissenschaftlichen
Wissens um psychische und soziale Faktoren hinaus,
bot diese Erweiterung der Ausbildung zum Arzt die Mög-
lichkeit "soziales Lernen", d.h., die Vermittlung von
Einstellung und Verhalten bewußt in das Studium zu
integrieren.
Die meisten dieser neuen Fächer (Med.Psychologie, Med.
Soziologie ,Psychosomatik, Psychotherapie, Teile der
ökologischen Fächer) konnten - zum Beispiel aufgrund
ihrer schlechten personellen Ausstattung seitens der
Fakultäten - oder wollten diese Möglichkeiten nicht nutzen
l)Anm.: Nach der Taxonomie von S.Rloom ! ) werden einkognitiver (Wi ssen, Fakten) ein psychomotorischer(Ferti qkeiten, z B . Durchführen einer kn rperl i ehe nUntersuchung) und affektiver (Ei nstellungen)Lernbereich unterschieden. Ärztliches Handelnwird von allen drei Bereichen gleichermaßenbeeinflußt.
Sie beschränkten sich darauf, die ohnehin schon mit
Wissenanforderungen vollgestopften Lernzielkataloge
durch weitere Wissensanforderungen (=kognitiver Lernbe-
reich) zu "ergänzen". Die Vermittlung von Fertigkeiten
(=psychomotorischer Lernbereich) wird in deutlich gerin-
gerem Ausmaß, von Einstellungen (=affektiver Lernbereich)
überhaupt nicht untenommen. Dies hängt nicht zuletzt
damit zusammen, daß vorallem Einstellungen nicht mit den
gleichen didaktischen Methoden wie Wissen (Frontalvor-
lesung, Bü'cher usw.) vermittelt werden können und dies
die Entwichklung neuer didaktischer Methoden erfordern
würde.So entwickelte sich die Umsetzung der AO seitens der
Fakultäten immer mehr in Richtung Wissensvermittlung,
ganz im Gegensatz zu den ursprünglichen Intentioenen.
Das in den Lernzielkatalogen festgelegte und durch das
Multiple-choice-System abprüfbare Wissen entspricht durch-
aus dem herrschenden Objektivitätsdenken im Selbstver-
ständnis der heutigen Medizin. Die Novellerung der AO
deren wesentlichster Aspekt die Anhebung des geforderten
Wissens von 5O auf 60% der Fragen darstellte, war eine
natürliche Konsecpens dieser Entwicklung.
Auch die Verlängerung der Famulatur von 2 auf 4 Monate
beinhaltete das Eingeständnis, daß die Fakultäten die
Ausbildung nicht "praxisnah und am Patienten" durch-
führen können. (Auf die vielfältigen Ursachen dieser
Entwicklung soll hier nicht eingegangen werden. Die ganze
Entwichklung nur mit den gestiegenen Studentenzahlen zu
begründen, genügt sicher nicht, da schon zu Beginn der
70er Jahre führende Vertreter verschiedener Fakultäten
gegen die AO, vorallem gegen die Abschaffung der Pflicht-
vorlesungen - für viele eine Art Sebstdarstellungsforum -
ins Feld gezogen sind.)Die bewußte Auseinandersetzung mit arztlicher Einstellung
und ärztlichen Verhalten, die sich zu allererst im Um-
gang mit dem Patienten manlf c-stierer, wird damit ausge-
klammert . In weiten Kreisen medizinischer Hochschullehrer
-9*-wird dies ohnehin für nicht möglich gehalten, vielmehr
herrscht die Überzeugung vor, daß es dem Einzelnen
"gegeben" ist, ein "guter Arzt" zu sein oder daß er
diese "Gabe" eben nicht mitbringt.
Was bedeutet dieses Ausbildungsangebot der Fakultät für
den Studienanfänger hinsichtlich seiner Studienmotivation?
Neben seiner leistung und statusorientierten Motiva-
tionebene trifft man bei den meisten Studienanfängern
auf die sehr idealistische Vorstellung eines unspezi-
fischen, nich wenig differenzierten Helfen-Wollens,
das den Medizinstudenten von den Studienanfängern anderer
Studienrichtungen unterscheidet (Beckmann, et. , 1972).
So charakterisieren Studienanfänger die Beziehung des
idealen Arztes gegenüber dem Patienten mit Ein-
fühlungvermögen, Aufgeschlossenheit und Offenheit und
ordnen sie im Merkmalsspektrum der eigenen "professio-
nellen" und privaten Beziehungen sehr nahe bei der
Beziehung des üblichen Arztes zum Patienten: Das wichtigste
dem Arzt dabei zugeordnete Merkmal ist Dominanz und ein
signifikanter Mangel an allen Eigenschaften des idealen
Arztes. Die eigene Beziehung zum Patienten liegt in der
Eischätzung der Studienanfänger dazwischen und ist noch
noch kaum durch signifikante Merkmale gekennzeichnet. Das
Studium soll sie ihren Idealvorstellungen näher bringen.(Egle,1982)
Das Angebot der Fakultät geht auf diese Erwartungen der
Studienanfänger nicht ein. Vielmehr wird ihnen impli-
ziert klargemacht, daß sie sich zunächst - in den vor-
klinischen Semstern - Wissen in Chemie, Physik, Physiolo-
gie, Anatomie, Biochemie und auch Med. Psychologie und
Med. Soziologie anzueignen haben, bevor sie überhaupt
an einen Menschen herangelassen werden. Sie lernen den
Menschen, dem sie - auf einer ganz emotionalen Ebene -
"helfen" wollten, als ein Abstraktum, als ein Gerüst aus
Grundsubstanzen, Formeln, Werten, Regelsystemen usw.
kennen - entfremdet.
Das übergeordnete affektive Lernzielfür den vorklini-
schen Studienabschnitt, wollte man es einmal bewußt
formulieren, müßte etwa so lauten: "Der Student soll
verstehen lernen, daß der Arzt einem Patienten nur
durch objektivierende Distanz helfen kann"
Eine wesentlicheFunktion in diesem Sozialisierungsprozeß
kommt dem Präparierkurs zu. Der Präparierkurs hat im vor-
klinischen Studium eine Stellung, die in Relation zu
seiner tatsächlichen Bedeutung für die Ausbildung zum
Arzt schlechterdings als "hypertroph" bezeichnet werden
kann. Im Vergleich mit Physiologie, Biofchemie und Med,
Psychologie, die als Vorbereitung auf das klinische
Studium sicher genauso bedeutsam wie die Anatomie sind,
leistet er jedoch etwas, was über diese Fächer hin-
ausgeht: Erstmals im Anatomiekurs macht der Mediziner
etwas, was nur ihm vorbehalten ist: er zerschneidet eine
Leiche.
Über die Wissenvermittlung hinaus hat der Präparierkurs
dadurch die Funktion eines "Initiationsritus" in das
Arztsein. Nach dem Präparierkurs ist der Student in
den Kreis der Mediziner aufgenommen, er gehört dazu.
Das gemeinsame Privileg, zum Wohle des Menschen einen
toten Menschen auseinanderschneiden (wir verzichten
bewußt auf dendistanzierenden Begriff "sezieren") zu
dürfen, verbindet ihn mit dem "Kollegen" {als der er
anschließend nicht selten angesprochen wird). Dieses
Privileg vermittelt erstmals in Studium das Gefühl von
Macht.Die pointiert erzählten Gesch ichten aus dem
Präparierkurs lassen Außenstehende erschaudern und ihn,
der diese Situation nicht nur aushalten,sondern dabei
auch noch hohen Leistunganforderungen genügen muß, als
besonders stark und überlegen erscheinen.
Dazugehören und Überlegenheit lassen den Studenten seine
Schuldgefühle darüber, daß er statt einem Menschen zu
helfen, zunächst mal den Körper eines Menschen"kaputt-
gemacht", hat und dieses Zerschneiden ihm auch noch Be-
stätigung gibt, verdrängen. Die Machtausübung verhindert
-93.-
das Aufkommen von Gefühlen. Je mehr der Student lernt,
je besser er die Anatomie "be-herrscht", desto leichter
kann er seine Schuldgefühle mit dem (suggerierten)Argument,
dadurch ein guter Arzt zu werden, wegschieben, desto besser
kann er sich "be-herrschen". Durch den im Präparicrkurs
bundesweit verbre iteten Leistungsdruck, die Machtaus-
Übung seitens der Fakultät, bleibt auch Studenten, die
diesen Mechanismus durchschauen, nichts anderes (ihr i g,
als zumindest teilweise mitzumachen, wollen sie ihre
Kursbescheinigung über die "regelmäßige und erfolgreiche
Teilnahme" bekommen.
Die Situation im Präparierkurs ist exemplarisch für die
klinischen Kurse. Der Patient wird - forciert durch die
hohen LeistungsAnforderungen der Fakultät - zum Ausbil-
dungobjekt gemacht.Mit dem Anspruch, ihm dadurch immer
besser helfen zu können, wird der Patient - entsprechend
der Anatomie - in immer mehr Organbereiche aufgeteilt,
die die Stdenten sich unter Beherrschung ihrer Gefühle
immer besser wissensmäßig zu beherrschen bemühen. Zum
Wohle des Patienten beherrschen die Studenten sich wie ihn.
Das ursprünglich emotionale Bedürfnis bleibt auf der
Strecke. Tauchen emotionale Probleme im Umgang mit
Patienten auf , hat er gelernt, sich hinter objekti-
vierender Distanz und zunehmender klinischer Kompetenz
zu verstecken. Diese emotionale Hilflosigkeit erscheint
dem nichtmedizinischen Außenstehenden dann oft als
Zynismus (Eron,1956), Auf alle Fälle veschwindet während
des Studiums die fürsorgliche Einstellung des Studienan-
fängers mehr und mehr, und am Ende stellt sich der
Mediziner als jemand dar, der sich nach Beckmann und al.(1972)
so selten wie niemand sonst unter den Studanten<jruppen
sorgenvolle Gedankern um andereMenschen macht. "Am Ende
ist ihm sorgenvolles Hitfühlen mit dem Mitmenschen fremder
als Juristen, Philologen oder Volksschullehrern".
A.Miller (198o) sieht in der Unterdrückung von Gefühlen
in der Erziehung des Kindes die Ursache für die
späteren negativen Formen von Machtausübung. Sie
überträgt dies auch auf die Sekundärsozialisation
von {Psychologie-)Studenten: "Im gleichen Jahrzehnt,
in dem die Dichter die Bedeutung der Kindheit emo-
tional entdecken und die verheerenden Folgen der als
Erziehung bezeichnetenverborgenen MachtausÜbung ent-
larven, lernen die Studenten der Psychologie an den Uni-
versitäten vier Jahre lang, den Menschen als Maschine
zu betrachten, un sein Funktionieren besser in den
Griff zu bekommen. Wenn man bedenkt wieviel Zeit und
Energie im besten Alter des Lebens dafür verwendet
wird, die letzte Chance der Adoleszenz zu vergeuden
und die in diesem Alter besonders stark auftretenden
Gefühle mit wissenschaftlischem Intellekt auf Spar-
flamme zu halten, dann wird man sich nicht wundernk
wenn die Menschen nach diesem Opfer ihre Patienten und
Klienten auch zu Opfern machen, sie als Instrumente
ihres Wissens und nicht als eigenständige, kreative
Wesen behandeln. Daß dies auf Medizinstudenten in einem
zumindest ähnlichen Ausmaß zutrifft, ist evident.
Die Widerstände gegen ein ganzheitliches Medizinver-
ständnis, vorallem gegen die davon nicht trennbare
Subjektivität von Arzt wie Patient, seitens der eta-
blierten Medizin und ihrer Vertreter wird durch den
von A.Miller aufgezeigten Zusammenhang klarer:
Das objektivistische Selbstverständnis der Medizin macht
den Arzt zum wissenschaftlichen Spezialisten ohne Ge-
fühle, den Patienten zum Gegenstand des Objektivierens:
zum Objekt, zum Träger pathologischer Befunde, zum
Demonstrationobjekt in Vorlesungen. Daraus resultiert
eine asymmetrische Kommuniktion zwischen Arzt und Pa-
tient (die es in einemstreng objektivistischen Denksystem
bei ihren subjektiven Anteilen gar nicht mehr geben
dürfte und die man ja häufig (konsoquenterweise?) mit dem
Begriff "Kommunikation" auch kaum mehr beigen kann) ,
eine Form von Machtausübung.
Obgleich keine Lernziele bezüglich Einstellung und
Verhalten im Medizinstudium nach der AO formuliert sind,
vollzieht sich also unbewußt ein affektiver Lernprozeß.
Da dem Studenten seitens der Fakultäten nichts ange-
boten wird, kopiert er mehr oder weniger zufällig
und bewußt Vorbilder. Diese Vorbilder sind die Dozenten
an den Hochschulen,überwiegend Spezialisten auf den
verschiedenen Organgebieten. Dementsprechend ist die
Medizin, die sie betreiben, speziaiistisch, in erster
Linie auf das kranke Organ konzentriert; der Patient
in seiner Ganzheit als Mensch wird aus dem Auge ver-
loren. Dies ist umso weniger verwunderlich, als die
meisten Dozenten im Rahmen ihrer beruflichen Soziali-
sation auf Denkkategorien wie wissenschaftusche
Objektivität und Aufteilung des Menschen in Organge-
biete getrimmt wurden.Hier kommen wir an den Punkt, wo man sich im Rahmen einer
Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Ausbildungssituation
nicht mehr auf die Ausbildung allein beschränken kann,
vielmehr - zumindest kursorisch - auf das herrschende
Selbstverständnis der Medizin eingegangen werden soll.
Seit Mitte des Letzten Jahrhunderts hängt die Medizin
einem naturwissenschaftlich-objektivistischen Selbst-
verständnis an. Die Konzentration auf das Objektivier-
bare, die zunehmenden Erkenntnisse über morphologische
Gegebenheiten, biochemische und physiologische Zusammen-
hänge brachtengroße Erfolge in der Erkennung und Be-
handlung vieler Krankheiten. Gleichzeitig brachte die
Entwicklung der heutigen naturwissenschaftlisch-objekti-
vistischen Medizin eine Spaltung in eine "Organmedizin"
und eine "Seelenmedizin". Diese Spaltung wurde durch
die Arbeiten Freuds, der Erforschung von Subjektivität
und Beziehungspathologie, nur noch verstärkt. Es ent-
standen zwei Arten von Medizin,von dene jede - nicht
im Hinblickauf die andere - von sich meinte, die bessere,
die wahre Heilkunst zu sein (vgl, W.Wesiack, 1980),
Beiden war jedoch gemeinsam, nur einen Teil der kranken
Menschen zu sehen, zumindest ihm Priorität einzuräumen:
sei es dem kranken Organ, sei es der k anken Seele.
Am Standpunkt der naturwissenschaftlich-objektivistischen
Medizin konntcndaran weder die Erkenntnisse der Verhal-
tensbiologie (J.v,Uexküll.Lorenz,Tlnbergen) noch der
experimentellen Psychologie (Wertheimer,Köhler) etwas
ändern, die besagen , daß die Beziehung zwischen Objekt
und Subjekt eine Veränderung der rein objektiven Wahr-
nehmung von Teilen bzw, der Summe der Teile erbringt.
Nachdem schließlich auch in die Physik, quasi dem Grals-
hüter der reinen Naturwissenschaften, durch die Rela-
tivitätstheorie und Quantentheorie die Erkenntnis Ein-
zug hielt, daß es eine objektive, vom Beobachter unab-
hängige Außenwelt gar nicht geben kann, kann die Be-
ziehung des Subjekts zur Umwelt nicht länger aus der
Wissenschafttheorie herausgelöst werden. Für die Organ-
medizin bedeutet dies, daß ihr naturwissenschaftlich-
objektivistisches SeIstverständnis für eine Humanmedizin
überholt ist. Vielmehr geht es um eine Integration, in
der der Organmedizin wie der Psychoanalyse (oder auch
der Lerntheorie) die Bedeutung von Grundlägenfächern
zukommt. Diese Integration von 'subjektiver' und
'objektiver1 Medizin versuchten in jüngster Zeit
Th.v.Uexküll und W.Wesiack durch das von ihnen ent-
wickelte "Situationskreismodell" (1979). Sie lösen dabei
das traditionell übliche Ursache/Wirkungsdenken ("line-
ar-kausale Denkweise") der Medizin, das nicht zuletzt
in der Aufteilung des Menschen in Organbereiche seinen
Niederschlag findet, durch eine zirkuläre Betrachtungs-
weise ab. Der Mensch in seinen psychosozialen Wechsel-
bezügen ist Gegestand pathogenetischer Überlegungen,
seine phylo- und entogenetiseh erworbenen "Programme",
die seine Kommunikationmit seiner Umwelt, wie eine
unsichtbar schützende Hülle, eine Art zweiter (psycho-
sozialer) Haut steuern. Bei Störungen dieser psychoso-
zialen Haut, das heißt in Situationen, zu deren Be-
wältigung ihm die entsprechenden Programme fehlen, ist
der Körper ungeschützt eigenen Spannungen bzw. den Er-
eignissen aus der Umgebung ausgesetzt - die psycho-
somatische Krankneitsgencse. - Ausgangspunkt dieser
zirkulären Betrachtungsweise ist die Umwelttheorie
J.v.Uexkülls zu Beginn dieses Jahrhunderts. Dessen
"biologischer Funktionskreis", der die Wahrnehmung der
Umgebung und die individuelle Reaktion seitens des
Tieres mittels angeborenen,artspezifischen Programmen
beschreibt, wird um den Faktor der "Phantasie"-Ent-
wicklung beim Menschen erweitert. Dadurch ist dem Men-
schen - im Gegensatz zum Tier - im voraus ein theore-
tisches Durchspielen von Situationen möglich ("Situation-
kreis" ) .Die Widerstände gegen ein derartiges Medizinverständnis
sind innerhalb wie außerhalb der Medizin immens. Die
technische Entwicklung der letzten hundert Jahre hat
nicht nur die Medizin, sondern natürlich auch das Den-
ken und die Vorstellungen unserer ganzen Gesellschaft
beinflußt und verändert. Die WachstumsIdeologie unserer
Industriegesellschaft erhebt Rationalität zum obersten
Prinzip. Emotionen sind Störfaktoren, da sie das Wachs-
tum in seiner Kalkulierbarkeit beeinflussen könnten
(vgl. Th.v.uexküll, 1977). So könnte auch eine Medizin,
die Subjektivität als Teil ihres Sebstverständnisses
sieht, ein Störfaktor sein. Diese "funktionelle Ratio-
nalität" der Gesellschaft ist für Zepf (1974) ein wesent-
licher Faktor in der Pathogenese psychosomatischer
Krankheiten, da so sozialisierte Mütter ihren Kindern
keine verbalen Zeichen für Gefühle mehr vermitteln
können und die Kinder auf der Ebene der Körperspräche
verbleiben.
Diese Machtausübung wird durch Balint (1969) als
"beteiligter Beobachter"bezeichnete, gefährdet, da sie
ein Infragestellen der eigenen Person bedeutet.
Durch die Vermehrung des Wissens umpsychologische und
soziologische Zusammenhänge kann per se noch keineVeränderung in der Beziehung des Arztes beziehungsweise
Studenten zum Patienten erreicht werden. So wichtig
psychologisches und soziololgisches Wissen für Mediziner
ist, um die steigende Zahl psychischer und sozialer
Faktoren bei der Entstehung vieler Krankheiten be-
rücksichtigen zu können, beinhaltet es - bleibt der
Student/Arzt auf der Wissensebene stehen - die Gefahr,
das Machtaufübung des Arztes über den Patienten, die
Asymmetrie in ihrer Beziehung nur nicht zu verstärken.
Erst wenn es geling, darüber hinaus im Studium Frei-
räume zu schaffen, in denen der Student seine Gefühle
gegenüber dem Patienten äußern und in seine Ausbildung
miteinbeziehen kann, anstatt sie (oft ein zweites Mal
nach der Primärsozialisation) unterdrücken zu müs-
sen, wird die "Schwarze Pädagogik" in der Mediziner-
ausbildung - wie ich sie in Anlehnung an A.Miller
nennen möchte - durchbrochen werden können. Bei der
immer mehr reglementierten Gestaltung der Approbations-
ordnung erscheint dies in der Bundesrepublik augen-
blicklich nur durch studentische Selbsthilfegruppen mög-
lich , die nach dein Prinzip der "guided discovery"
weitstgehend selbstbestimmt arbeiten. Erst dann
werden wir zu einem medizinischen Selbstverständnis
kommen, in dessen Mittelpunkt tatsächlich die "indi-
viduelleWirklichkeit" (Th.v.Uexküll) von Patient
wie Arzt steht (Ulrich Egle)
Referat der studentischen Teilnehmer am Workshopen im März 82, Bad Nauheim
für medizinische Ausbildungsfrag<
Studentische Tutoren _in der_ AJJ sM_ldung_
Zu ncineni The-ir.a r-bchtc ich über die Arbeit von studen-
tischen Tutoren ollqeneir,, u.a. auch in medi zinischen
Fachbereicher, etwas saqen. Bei sich bietpndem Anknüpf-
ungspunkt nochte ich SchiIderüngen unserer Tutorenar-
taeit im Rahmen der ' Praxisoriontierten Ausbildungs-
modells Allgemeinmedizin' an der Frankfurter Uni versi-
tät einflechten.Die sich abzeichnende ökonoirii sehe Krise Mitte der 6Oor
Jahre bildete den Hintergrund für Reformtaestrebunqen im
Hochschulbereich. L'nter dem Schlagwort einet drohenden
'DiIdungskataatrophe' wurden die Anpassungsprobleme
der BiIdungssystems an die ökonomischen und gesell-
schaftlichen Erfordernisse diskutiert.
Die Einführung von Kleingruppenunterricht, die Ein-
richtung studentischer Tutorien und wissenschaftlicher
Arbeitsgemeinschaften waren bedeutende Teilelemente
struktureller und inhaltlicher Reformversuche an den
Universitäten. Nch Vorbildern studentischer Selbst-
hilf egruppen an der FU Berlin, die schon seit den
5Oer Jahren bestanden, wurden erstmals im WS 68/69 von
der VW-Stiftung an 27 bundesrepublikanischen Uni-
versitäten Tutorenprogramjne finanziert. Die Wirtschaft
drängte auf Effektivierung der Ausbildungsprozesse;
es galt den Sputnikschock zu therapieren.
Die studentischen Selbsthilfeqruppen hatten das Ziel
einer Orientierungs- und Integrationshilfe für
Anfänger-Studenten verfolgt und in den Jahren ihres
Bestehens ihren Wert überzeugend dargelegt: die Ar-
beit in kleinen Grxippen ließ Anonymität und Passivität
der Teilnehmer aufbrechen, gab ihrer aktiven Mit-
arbeit Raum. Der Tutor, selbst Student, wur weniger
ein Artikulationshemmnis als vielmehr ein Agent
der studentischen Lerninitiativen.Funktionsdifferen-
zierur.qen dieser Einführungsgruppen ergaben sich
dadurch, daß Gruppen über diese Orientierungarbeit
hinaus sich auf das hehrangobot bezogen und zB. zu
semir.arbegleitenden Gruppen wurden. Die Integrations-
hilfe wurde ergänzt durch eine Studienhilfe.
Diese Selbsthilfegruppen hatten somit bereits wichtige
Elemente reformerischer hochschuldidaktischer
Strategien praktiziert:Studenten als Tutoren kooperieren mit Studenten
Kleingruppenarbeit schafft eine besondere Lernsituation
Studentische I. orn initiative bekommt ^aum
Hochschuldidaktik verstand sich nicht reduziert
als Unterrichtstechnik sondern betonte neben dem
methodischen Aspekt die inhaltliche Seite von
Bildungsprozessen, VDS und Bildungsrat proklamierten
im Einklang das Studienziel 'selbstständiges Denken
durch Wissenschaft' . Studenten waren als Individuen
gefragt und aufgefordert den Wissenschaftsprozeß
kritisch als ihre Sache weiterzutreiben, sosehr
man auch von seiten der Industrie bemüht war dem
Prozeß Effizienzforderungen - sprich Kapitalverwer-
tungsinteressen - aufzuzwingen.
Sowie die Kleingruppenarbeit und die studentischen
Tutorien von Studenten, Instituten und Fakultäten
aufgegriffen wurden, erfuhren sie Modifizierungen und Dif
Differenzierungen ihrer Arbeitsweise und Inhalte
die die reforrrerischen Impulse recht unterschied-
lich realisierten..Die ursprunglichen Selbsthilfegruppen bestanden
als E i n.f ühru_ng s_-_ un_d_ _0r_i ent_ie rumis^r uppein fort.
Sie arbeiteten ohne strenge thematische Vorgaben,
gaben Orientierur.gshilfe für Studienanfänger an
Studienort und Universität und ver ;ni ttelten einen
ersten Zugang zürn Studienfach zB. als Studienbet atunq.
Andere studentische Tutorien verstanden sich als
Ergänzung__ciner Lehrveranstal t u na n i ch t i :r. S i nne
einer bloßen Zudrbeit sondern als relativ selbst-
standige inhaltliche Annäherung an das Seminarthema.
Die Tutorion waren vorn Hochschullehrer anerkannte
Elemente des Seminar ab l auf s . Die Tutoren koordinierter,
ihre Gruppenarbeit mit Cotutoren und Seminarlei ter.
Fr_ei_e_ Tutori_e_n versuchter, sich insbesondere in der
Zeit der Studentenbewegung in kritischerDistan?,
zum etablierten Wissenschaftsbetrieb an?,usiedeln.
Verschiedentlich konnten die autonomen Tutorien
kritische, bi s lang ausgeklammerte Inhalte in den
laufenden Wissenschaftsbetrieb einbringen,
Rej3Q_ti.t_or_i_en. Tutorien, die vorwiegend die Funktion
eines Paukkurses hatten, waren weniger vom pro-
klamierten Studienziel gezeichnet als vielmehr Aus-
druck desolater AusbildungsVerhältnisse in weiten
Bereichen der Universität. Gerade deshalb stellten
sie einen erheblichen Teil studentische Klein-
gruppenarbeit.
Eine wichtige Differenzierung im Kleingruppenangebot
ergab sich durch die zusatzlich Einführung sog.
_; Wji. s_s.gnj5_cha f 11 i ehe r_ Aj~be i t s_g_enie_in scha !ten_!_, das sind
Kleingruppen unter Leitung eines Tutors mit abge-
schlossener Ausbildung, eines Poktoranden oder
Nachdiploirstudenter.. Während s ich die studentischen
Tutoen vorwiegend im Grundstudium (l . -4 . Sem.) betä-
tigten, hatten sie ihr Wirkungsfeld im Grund- und
Hauptstudium. Ihre Übungen ersetzten vielfach in-
effiziente Massenveranstaltungen oder stellten er-
gänzende Lehrveranstaltungen dar.
Ein Blick auf unseren Fachbereich hgut.6 kann leicht
Beispiele für studentische Tutorien ausmachen, die
den skizzierten Typen entsprechen: Die Didaktik
bietet Paukkurse an , die heute wie damals dazu be-
stimmt sind Studenten auf pfiffige Prüfungsmodali-
täten einzuschleifen. Die Fachschaft Medizin bietet
- sfo-i —
zu Beginn jedes Semesters in eigener Regie den
Studienanfängern Orientierungseinheiten als freie
Tutorien an - jedoch nur die Dauer einer Blockwoche.
Student i sehe Tutoren rekapitulieren r^it kleinen Gruppen
von Studenten irr, Anatomie-Kur s an der Leiche Vor-
lesung s Stoff . Im Physiologie- und Chemiepraktikum
.stehen sie als technische Assistenten ab und zu
auch als theoretische Stützen ihren Hitstudenten bei
der Durchführung der Versuche zur Seite, Im Anschluß
an die Übung haben sie Protokolle zu korrigieren. In den
Kursen der psychosozialen Grundlagen der Medizin
fertigten sie mit Kleingruppen Referate für die
Kursstunden an, bibliographieren, photokopieren r
wobei sich in diesen Kursen verschiedentlich die
Tutorenarbeit am ehesten von reiner Zuacbeit oder
Nacharbeit unterscheidet, insofern mit inhaltlichen
Akzentsetzungen bei den Referaten wissenschafts-
theoretiscne und politische Denkvarianten in den
festgeschriebenen psychosozialen Themenkatalog
eingebracht werden können.Studentische Tutorien sind - das mögen diese Beispiele
nur aus unserem Fachbereich belegen - aus der, Reform-
periode heraus zu etablierten universitären Institu-
tionen geworden. Mir ist es unweigerlich passiert,
die Tutorienarbeit, wie ich sie heute antreffe, zu
karr ikicrer. als Rüdchen im Getriebe des Unibetriebs.
A]s wäre dor damalig refarmer isehe Impetus heute
verschwunden. Was war das treibende Moment damals?
Es war eine den technokratischen Reorganisations-
bestrebungen nach Ende der Rekonstruktionsperiode
der Wirtschaft entgegengesetzte gesellschaftliche
Bewegung, die auf der Basis des erworbenen relativen
materteilen Reichtums vernachlässigte Bildungsziele
hervorkehrte: Mündigkeit, Emanzipation, Sexualität,
Chancengleichheit, Frieden urö nach der sinnvollen
Verwendung desdes gesellseheftliehen Reichtums fragte,
Repräsentanten der Inhalte dieser Bewegung waren die
Beatles ebenso wie Herbert Marcuse.che Guevara eben-
so wie Johannes XIII.. Marin Luther King wie Rudi
Dutschke, Heinrich Böll ebenso wie Alexander Mitscherlich,
Nicht das es heute keine Beilegung mehr gebe! Sie
ist auf den Bauplätzen technologischer Großprojekte
anzutreffen, in Regierungsstädten in nie gekannten
Größendimensionen und zunehmend auch in Parlamenten.
Die hat sehr stark defensiven Charakter und ist e
eher wissenschaftsungläubig. In der Universität ver-
kommt wünschenswerte und dringend notwendige Kooper-
ation zu Konkurrenz um allzu knappe Förderungsmittel.
Trotzdem glaube ich an einen konstitutionellen, stu-
dienreformerischen Faktor in allen studentischen
Tutorien,Daß es heute wie damals Bewegung gibt,
möchte ich am Beispiel des Projekts 'studentische
Tutorien im Rahmen eines praxisorientierten Aus-
bildungsmodells AI Igeraeir.iT-.edizin ' an der Frank-
furter Universität beweisen.
Rahmen des IPrayisorientierten
an_dor Uni Frankfurt
Unser Projekt ist ein Baustein des sogenannten
'Praxisorientierten Ausbildungsmodells Allgemein-
medisin'. Die Angebote dieses studienbegleitenden
Modells sind den Phasen des 12-semestrigen Studium
zugeordnet. Durch den Pflicht-Kurs zur Einführung
in Fragen der allgemeinmedizinischen Praxis ist das
Modell mit dem offiziellen Curriculum verzahnt.
Unser Projekt ist der Ausschnitt aus dem studien-
begleitenden Ausbildungsgang für das erste bis
dritte Semester des vorklinischen Studiums. Unsere
Tutorien sind wie alle anderen Veranstaltungen des
Modells - ausgenommen der Pflichtkurs für das 3.Klin.
Semester für die Studenten freiwillige Übungen,
Aus dem Rahmen des Modells fallen die studentischen
Tutorien insofern die Arbeit in bestimmter Weise in-
haltlich ausgerichtet ist:
Gegenstand der Lernarbeit ist die ' patier.tenzen-
trierte Menizin1 , d.h. der von Michael Balir.t
vorgestellte Krankheitsbegriff und die ihm korre-
spondierende Arbeitsweise.
Die 'patientenorientierte Medizin' nach Balint.um
die wir uns bemühen, ist nicht eine neue medizinische
Fachrichtung - etwa 'Psychosozialmedizin'. Es han-
delt eich bei der patientenzentrierten Medizin auch
nicht um eine oppositionelle Bewegung im Gesund-
heitssystem. Sie ist nicht speziell auf einer. Teil-
bereich der medizinischen Versorgung bezogen, den
stationären oder ambulanten Bereich (zB. die Allge-
meirr^edizin) . Sie ist keine Spielart herkömmlicher
Psychotherapie ur.d auch kein psychotherapeutischer
Zusatz zur herkömmlichen 'krankheitszentrierten'
Medizin. Patientenzentrlerte Medizin ist eine alter-
native McOizin, die sich durch ein erweitertes
Krankheits- b^w. Oesundhci t svcr r-tär.dnis auszeichnet.
Krankhext im Sinne der patientenzentrierten .Medizin
ist körperlich-seelische Versehrtheit.. Der Versehrte
Patient sucht sein Heil. Der Patient kommt mit der
Krankheit als enem Angebot zum Arzt, ihn in deiner
Verst'hrthei t zu verstehen, den Arzt an seiner Such?
nac.-h Heilung ?u beteiligen. Has Symptom als Angebot
will im Sinne der patientcr.zentrlerton Medizin
sowohl exploriert, d.h. nach den Hegeln der nedizi-
r.isch-somatischer. Anamnese angegangen als auch ver-
standen werden, d.h. auf seine Bedeutur.q als Ausdruck
der körperlich-seelischen Versehrtheit des Patienten
untersucht werden. Untorsuchunqsinstrument dieser
Dimension von Krankheit ist die Subjektivität des
Arstes. Voraussetzung für das patientenzentrierte
Arbeiten auf seiten des Arztes ist eine Einstellung,
die sich der subjektiven Bedeutung des Krankseins
beim Patienten aufschließt. Aufgeschlossenheit in
diesem Sinn will gelernt sein; sie ist nicht qua
guten Killen gegeben und auch keine Sache von Bega-
bunq.
Unsere Tutorien sollen dem Erwerb dieser Ein-
s tei lung di enen. Für die ist eine bcstir.::it Ar-
beitsweise typisch, derzufolge diese Aufgeschlossen-
heit auch im Umgang der Gruppenmitglieder unter-
einander angestrebt wird. - Das anamnestische
Gespräch eines Studenten mit dem Patienten f indet
in der Gruppe statt . Die \orper11 ehe '.'rtcrsuc-hnng
ist ausgekl arme r t . T m An seh l uß an das Gcsprärh -
der Patient hat die Gruppe verlassen - wird vor
Interviewer und den teilnehmenden Zuhörern das
je individuell erlebte zusammengetragen. Hierbei
kommen die medizinisch-anamestischen Daten, dazu
gehören auch psychosoziale Gegebenheiten,ebenso in
Betracht wie die subjektiven Faktoren, d.h. der
Gefühlseindruck, den der Patient hinterlassen hat,
das Angebot des Patienten,wie es von den Gruppen-
mitgliedern verstanden wurde..Es geht bei der Ver-
stehensarbeit an dem Patienten nicht primär um1 richtige'oder 'falsche' Eindrücke vom Patienten,
also nicht darum, wer sich am besten einfühlen kann
und wer den Patienten richtig versteht, sondern
um das Zusammentragen von unterschiedlichen Ge-
fühlsantworten der verschiedenen Gruppenmitglioder.
Jedes Gruppenmitglied kann dabei seine eigene,
persönliche Urngehensweise mit dem Angebot des Pa-
tienten, seine Wahrnehmung des Patienten, mit
der der anderen Gruppenmitglieder vergleichen und
persönlich auswerten {Selbsterfahrung machen) .
Wenn Selbsterfahrung bei unserer Arbeit zum Tra-
gen Kommt, dann vermittels der Auseinanderset zung
mit dem Angebot des Patienten.
Der Tutor hat die Funktion aus einer frei schweben-
den Aufmerksamkeit heraus die Diskussion der Gruppe
nach dem Interview immer wieder auf den Patienten
zu beziehen und jedem einzelnen in der Gruppe
seine Antwort auf das Angebot des Patienten aus
der Grupper.diskussion heraus greifbar werden zu lassser.
Zentrale Probleme dieser Lernarbeit erwachsen
aus den Lernvoraussetzunqen und der Lernsituation
der -in den Tutorien tei l nehmenden Studenten;
daneben aber auch aus der Holle der Tutoren in
den K] eingrupper; i nri der Art, wie sie ihre Auf-
gabe ausrichte r.. T r, der Arbeit bringen sich da-
rüber hinaus eine Fülle von Rahi'tenbedir.qunger.
dieser LernSituation zur Geltung, angefangen von
organisatorischen Faktoren im Projekt bis zu
Auswirkungen des gesellschaftlichen Rahmens, der
unser Projekt umgibt.
Ich mochtezunächst einige Erfahrungen wiedergeben
zu den Lernvoraussetzungen und der Lernsituatior.
der an den Tutorien teilnahmenen Studenten anhand
zweier stilisierter Typen von Teilnehmern.
Eine Gruppe von Studenten, die wir mit unserem
Angebot anziehen, - es ist zugleich die Gruppe
von Teilnehmern, die dann kontinuierlich mit-
arbeitet und einen stabilisierenden Faktor für
die Gruppenarbeit darstellt - bringt Erfahrungen
TCit, z D . aus dem Krar.ker.pf legebr reich wahrend
der Wartezeit auf den Studienplatz bzw. Berufs-
erfahrung aus der Zeit vor dem Abitur über den
2. Bi ldüngsweg. Die relative Lebenserfahrung,
Konflikterfahrur.g und spezielle Berufsfelder-
fahrunq prägen die Lerr.voraussetzur.gen im Sinne
einer vorgHr.gigen Aufgeschlossenheit und eines
speziellen Tnteresses. Diese Teilnehmer kritisieren
vor der Hinergrund ihres VorVerständnisses unseren
Arbei tsänsätz als psychologis t i seh, wirk lichkeits-
fremd oder idealistisch und schlagen eine ArbeitsT
richturg vor, die eher zu den parallel laufen-
der, Kursen der psychosozialen Grundlagen der
Medizin passen würde: Ur.tersuchima der Verhältnisse
im Gesur.dhei tssyster" und in der Gesel] srhnft .
Eine andere Gruppe von Teilnehmern ko^mt aerado
von der Schule an die t'riversita't. Sie '--.or-' t: r
i"i L idcü l l et i seh r-r. Vor n fei l ur.ger 71; Arztberci" .
Iraner rias Heifermotiv vor, haben weniger kon-
krete Vorstellungen odnr vielleicht sollte i <~h
sagen in anderer Weise unkonkrete Vorstcl lur.qen
was zu tun und zu lernen i st; der Arbei tsentwurf
der Gruppe, die an den gesellschaftlichen Ver-
hältnissen angreifen w i l l , ist ja nicht unbe-
dingt konkreter. Für die Gruppe Abiturienten ipt
die uriversitäre Situation stark iritierenö und
verursacht vorwiecend Insu rfizienzgefühle. Zwangs-
läufig sind die Anfänger durch das persönliche
Klima in unseren Gruppen angesprochen, mi ßver-
stehe n sie aber häufig als Selbsterfahrungs-
gruppen bzw.als Fortsetzung der Orientierungsein-
heit. Für die Studienanfänger mit Beruferfahrung
ist der Studentenstatus ein Verlust an Autonomie
und sie begrüßen in unseren Gruppen besonders
das Moment des autonomen kooperativen Arbeitens
in einer Gruppe mit Gleichaltrigen.
Beide Gruppen von Teilnehmern tun sich aufgrund
der unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und
unterschiedl ich erlebter Lernsituation schwer
mit unserem Arbeitsgeger.stand ' zwischenmenschliche
Beziehung'bzw. Arzt-Patient-Beziehung oder
Student -Patient-Beziehung. Die eine Gruppe ver-
sucht der konkreten Arbei t mit Gefühlen durch
Intelloktualinierung, Isolierung und Rationalisier-
ung zu entkommen, die andere"Gruppe verleugnet
seh l ichtweg die Anibi val enz von Gefühlsregungen .
So könnte man wiederum schematisierend die Ab-
wehrformationen charakterisieren.Insofern a M R
Teilnehmer ausdrücklich aufaefordert sind sieh
407- -
persönlich einzubringen, haben wir es dann tat-
sachlich mit einer Fülle recht unterschiedlicher
Umgehenswcisen n i t der-1 Patienten bzw . r i t der
Gruppensituat ion zu tun, d ie uns als Tutoren oft
arg durcheinarderbringen. Haben wir den reiferen
gegenüber Autoritäts- ur.rt Statusprobleme, sind wir
den eher hilfsbedürftigen, hilflosen Helfern
vorführt, die Tutorenrolle zu agieren als Hilfe
in besonderer Lebenslaoe. Gegen solches Agieren
unserer Übertragung soll uns eine Arbeitsregel,
das Abstinenzgebot - in Anlehnung an das Atastinenz-
gebot, das dem Psychoanalytiker gilt - schützen.
Wir sollen uns also in allen Beziehungsangelegen-
heiten, die nicht die Student-Patient-Beziehung
betreffen, zurückhalten. Das Abstinenzgebot be-
inhaltet auch, daß wir nicht in die Diskussion,
wie das Angebot des Patienten zu verstehen sei,
einschalten; wir sind als Tutoren in dienender
und schützender Funktion in der Grupper wir sind
konzentriert und aufmerksam in Richtung auf das
Gruppenthema, das Angebot des Patienten.
Die hier skizzierte Aufgabe wahrzunehmen ist eine
sehr schwierige Aufgabe. Wir Tutoren sind sehr auf
Supervisiosarbeit angewiesen, bei der wir jeweils
im "'achMnein die Schwierigkeiten unserer Tutoren-
gruppe im Umgang mit dem Patienten und unsere
eigenen Schwierigkeiten den Studenten dabei zu
helfen besser verstehen. Unsere ciaene Lernarbeit
am Gegenstand 'zwischenmenschliche Beziehung'
bzw. f .it d<jm Angebot des Patientenist selbst voll-
auf irr Gange. Wie sehr groß die Anforderungen an d
die Studenter in unseren Gruppen sind,sich auf
diesen Lerngeger.stand zu konzentrieren s pur er. wir
am eigenen Leib, wenn wir unsere Widerstände
bemerken qegen die Supervisionsarbeit.
Es tröstet uns dabei vielleicht ein wenig, daß
Sigmund Freud die Arbeit am Psychischen mit den
Patienten als Arbeit am Widerstand gegen das
Gesundwerden erkannt hat. F.S kann uns dann auch
weiter nicht erschüttern, wenn der antipsycho-
logische Affekt aus dem Kollegenkreis im Modell
sich der Formel bedient 'Humanisierung statt
Psychologisierung1.
(Werner Hellenkamp)
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Adressen l iste Mai treffen Marburg__198_3
Martin Niethammer, Untergasse 19, 355o Marburg
Angelika Stuttmann, Zasiusstr. 87, 7890 Freiburg
Marianne Muser, Gaisbergstr, 2, 6900 Heidelberg
Hans-Peter Mitteregger, Talbrünnliweg 10,CH-3098 Koni tz
Marita Mollerus, Weidenhäuser Str. 50, 3550 Marburg
Thomas Reuter, Landgrafenweg 9, 3550 Marburg
Edmund Faust, Breslauer Str. 11, 6501 Nd-Olm
Volker Baral, Waldbranner Str. 1,7500 Karlsruhe
Peter Stern, Alfred-Delpstr. 30, 6074 Rödermark
Ina Lopau, Fehrentzstr. 12, 6900 Heidelberg
Jürgen Jakob, Fehrentzstr. 12, 6900 Heidelberg
Ulla WÖrle, Weißenbachstr. 10, 7980 Ravensburg
Andrea Reszt, Gart.enstr. 7, 7922 Herbrechtingen 2
Stefan SchiH, Im Heuenheimer Feld 681, 6900 Heidelberg
Esther Stern, Drusbergstr. 118, CH-8053 Zürich
Roland Rahm, Sonnenweg 27, 7900 Ulm-Mähringen
Joseph Schmitt, Hofstatt 18,3550 Marburg
Rainer Ranft, Mörchweg l, 3572 Ambneburg
Annegret Eckhardt, Liebi^str.SO 3550 Marburg
Axe! Glasmacher, Orterstr, 39, 5300 Bonn ?
Bernd Salzberger, Agrlppinaufer 2, 5000 Köln l
Annette Pieper, Klufterstr. 11, 5300 Bonn 2
Iridra Diehl, Am Knippchen 54, 5300 Bonn 3
Freya Wenzel, Liebigstr. 50, 3550 Marburg
Carola Kunze, Bismarckstr. 12, 3550 Marburg
Ernst Spättv-Schwalbe, Olgastr. 150, 7900 Ulm
Ulrich Wichrrann, Holzhäuserstr. l, 3507 Baunatal 7
Joachim Schmitt, üubertusstr. 19, 5100 Aachen
Claudia Weber-Schneider, Falkenberg 4, ?390 Mensburg
Ägidius Schneider, Falkenberg 4, 2390 Flensburg
Hans-Jürgen Bendrig, Zeppelinstr. 13, 3550 Marburg
Michael Hoffmann, Uhlandweg 7, 6418 Hünfeld
Annegreth Gehrmann, Tulengasse 11, 7750 Konstanz
Heike Bruchhaus, im süßen Kämpen 28, 5900 Siegen
Hans Steinert, Im sUßen Kämpen 28, 5900 Siegen
Ruth Borget, Kur.nl dr,tr. 33, 3GOÜ KassM
Michael Ohn, Firn:ans t r. 2"'' a, A~So?0 Salzburg
Christian Markwor'., MC i. ;_•,:; t ;-. 13, 6000 Fra:ikfur'.
Wolfram Snhuffcl, KaiTwog 17 a, 3fibO Marburg
Anette Raab, Friedri ch-Kbert-Str. 111, 3bbO Marburg
Stefan Hange l, Turmstr. 77, 6411 Künzell
Doris Vater-Dargel , Turrntätr. 77, 6411 KUnzcll
Hiltrud Kichmann, Licgm t r. T. 3Ü>ÜO Marburg
'Ilrich Eglc, Am Südhang 1 1 , 6SOO Mainz 33
Klauü Wc.'H ing , Hektor-p] u"-Wep 4 , ob'.Kl Mal n/.
Christiane Eyr^ann, Im L,eimon ij, 6büO Mainz
Susanne Gase he, Rektor-Pluni-Weg 4, 6COO Mainz
Jörg Sattelmayer, Föhrenweg 8, 79b8 Lamphcim
Gabriele Geliert, Am Krappen bO, 3S50 Marburg
Volker Steinkopf, Remscheider Str. 11 a, 4000 Düsseldorf
Beatrix Zlerz, Am Thieleshof 33, 4006 Erkrath l
Monika Fehr, Frohngasse 20 a 5300 Bonn l
Volker Kollner, Köslinstr. 30, 5300 Bonn
Andrea Müller, Ermlandstr. 32, 5300 Bonn l
Silke Bachmann, Wenzelgasse 21, 5300 Bonn l
Johannes Heidmann, Endenicher Allee 37, 530U Bonn l
Roswitha Gramer, Henkelstr. 6, 3500 Kassel
Fritz. Stork, Henkelstr. 6, 3500 Kassel
Uta Bcdnarx, Frankenberge rstr. l, 35M Lahntal 3
JUrgenknorr, Kanalstr. 9, 2?1? Rrunsbüttel