„komm, spiel mit mir!“
TRANSCRIPT
1
„Komm, spiel mit mir!“ - Cybergrooming in
Computerspiel-Chats
Landeskriminalamt
3
„Komm, spiel mit mir!“
• Was ist Cybergrooming, wo passiert es und wer ist involviert?
• Fälle in der Praxis – was passiert, wenn es passiert?
• Prävention – wer kann was tun?
Worüber reden wir?
4
To groom something or someone…(Um etwas oder jemanden zu pflegen ...)
• streicheln
• striegeln
• pflegen
• putzen
• vorbereiten
• präparieren…
Der Begriff „Cybergrooming“
5
Unter Grooming wird
allgemein die sexuelle
Belästigung
Minderjähriger im Internet
verstanden.
Cybergrooming = das
zielgerichtete
Erschleichen des
Vertrauens von Kindern
und Jugendlichen, um
diese sexuell zu
belästigen oder gar zu
missbrauchen.
6
Die Idee der Kindheit ist
• relativ neu
• dem Wohlstand entsprungen
• mit Nicht-Sexualität konnotiert
Soziologie der (sexualisierten?) Kindheit
7
Wandel?
Soziologie der (sexualisierten?) Kindheit
8
Sexualität
wird dem Kind aufgezwungen
wird im Kind gesucht?
9
10
11
• Einstieg ins Internet beginnt mit ca. 8 Jahren
• …über soziale Netzwerke und Spiele (56% der 6-7jährigen nutzen Online-
Spiele)
• 91% der Jugendlichen sind regelmäßig im Internet unterwegs
• Mit dreizehn Jahren haben 70% der Mädchen und 50% der Jungs Selfies
von sich ins Netz gestellt
Digitaler Narzismus… und Exhibitionismus?
12
• 1/3 der 6-13 Jährigen darf das Internet ohne vorherige Erlaubnis der
Eltern nutzen. Bei den 12-13 jährigen sind es schon 55%.
• Bitcom-Studie: 80% der Eltern halten sich für fähig, ihre Kinder im Netz zu
begleiten. Von diesen 80% denken 60%, dass ihr Kind nur kindgerechte
Seiten nutzt.
• Jedes dritte Kind ist allein im Netz unterwegs, nur 12% werden von den
Eltern begleitet.
• 55% der Kinder geben an, dass ihre Eltern die von ihnen besuchten
Seiten noch nie kontrolliert haben.
Verbale Zustimmung bei zeitgleicher Verhaltensresistenz
Kontrolle durch die Eltern ist mangelhaft
13
Das Hellfeld sagt uns
• dass die Opfer zu 75% weiblich und zu 25% männlich sind.
• dass 95% der Täter männlich sind.
• dass 65% der Täter unter 30 sind.
Das Dunkelfeld schweigt uns leider an
• Anzeigeverhalten bei Internetkriminalität recht niedrig
• Mangelndes Unrechtsbewusstsein (seitens der Opfer?)
• Scham der Opfer / Angst vor Strafe
Ein verbreitetes Phänomen? …vermutlich
14
• Wie häufig ist Cyber Grooming?
Um die 2000 Fälle bundeweit jährlich
16
• Wen trifft es?
Alle. 75 Prozent Mädchen, 25 Prozent Jungs,
die sich allerdings seltener "outen" als die
Mädchen.
17
• Wer sind die Täter?
25 Prozent der Täter sind unter 18 Jahre.
Unterschieden wird zwischen zwei Typen.
Typ 1 möchte Vertrauen aufbauen, gerne "in
spielerischer Interaktion, das ist immer eine
vertrauensbildende Maßnahme" (Rüdiger), um
daraus einen "realweltlichen Kontakt" herzustellen.
Typ 2 geht es in erster Linie um Nacktfotos oder
sexualisierte Chats, um Erpressung, Cybermobbing
und Macht. Sex wollen sie beide.
18
• Sind das alles Pädophile?
Pädosexualität trifft auf die wenigsten Täter zu.
19
• Warum haben Täter es so leicht?
Die Opfer 10 bis 15-Jährige, befinden sich in
einer sexuell aufgeladenen Situation der
(Prä-)Pubertät und der damit verbundenen
Neugier für sexuelle Annäherungsversuche.
20
• Warum haben Täter es so leicht?
Je weniger ein Kind von Erwachsenen etwas
Böses erfahren hat, desto weniger erwarte es
dergleichen im Netz.
21
• Warum haben Täter es so leicht?
Hat der Täter erst einmal das Vertrauen seines
Opfers gewonnen, "dann ist der ein Netter" -
auch wenn er sich beim ersten Treffen als 53-
Jähriger mit Wampe und Glatze entpuppt.
22
24
„(…) Das Problem des Cyber-Groomings wird gleichzeitig vorzugsweise
durch das Vorurteil geprägt, dass jeder erwachsene Chatter automatisch zum
Missbrauchstäter wird, während für die kindlichen und jugendlichen Opfer
unterstellt wird, dass sie unfreiwillig, ahnungslos und zufällig in sexuelle
Virtualitäten verwickelt werden.“
(Torsten Kniebel, 2013 – Cyber-Mobbing und Cyber-Grooming als lebensweltliche Problemfelder in virtuellen
Netzwerken)
25
Kinder und Jugendliche in der digitalen Welt
• Was wissen die Kinder und Jugendlichen?
„Auf dem Schulhof ist man sich solcher
Behelligungen bewusst, ohne allzu viel
Aufhebens darum zu machen. Die Eltern
ahnten eher nichts.“Beate Krafft-Schöning freie Journalistin
"Die sexuelle Missbrauchsbeziehung verläuft
unter dem Radar der Eltern."Thomas-Gabriel Rüdiger Kriminologe
26
Lene (13)
27
Vor einem halben Jahr!
28
29
32
33
• Bist du alleine vor dem Bildschirm?/ Bist du alleine zu Hause?
• Was hast du an?/ Hattest du schon mal Sex?
• Wo kann ich Fotos von dir finden?/ Hast du eine Webcam?
• Wie heißt du denn richtig?/ Auf welcher Schule bist du?
• Kannst du mir nicht deine Handynummer geben?/
Bist du auch auf WhatsApp?
34
• Pornographie
• Gewalt
• Hakenkreuze
• … aber Menschen?
Interaktions- und
Kommunikationsrisiken
bestehen weiterhin
Kontrolle durch Jugendmedienschutz ist mangelhaft
35
• Auf „Ignore - Liste“ setzen
• Wegklicken
• Verlassen des Chats
Nur 8% der Betroffenen sprechen mit Erwachsenen darüber, obwohl
es die meisten negativ berührt.
Strategien im Umgang mit sexualisierter Belästigung
im Chat
36
Quelle: Aggression, Gewalt und sexuelle Belästigung in Chatrooms. Eine Untersuchung der Chat-Kommunikation Jugendlicher im Alter zwischen 10 und 19 Jahren. Catarina Katzer,
Institut für Wirtschafts- und Sozialpsychologie, Köln 2005
• Mädchen, die eine konflikthafte Beziehung zu ihren
Eltern haben oder zu sehr alleine gelassen werden
• Jungen, die sich über ihre sexuelle Identität nicht im
Klaren sind
• depressive und einsame Mädchen und Jungen
Erkenntnisse
37
• Täter gehören nicht nur zu den Pädophilen
• Sie manipulieren ihre Opfer und nutzen deren Bedürfnisse und
deren natürliches Interesse an sexuellen Themen aus
•
Sie verheimlichen weder ihre Interessen noch ihren erwachsenen
Status
• Bis auf wenige Ausnahmen benutzen sie keine Gewalt oder Zwang
Erkenntnisse
38
§ 176 StGB Sexueller Missbrauch von Kindern
Der Begriff des sexuellen Missbrauchs von Kindern wurde erweitert und an die neuen
Formen der Kommunikation angepasst.
War bisher nur das Einwirken auf Kinder mittels Schriften zur Animierung sexueller
Handlungen strafbar, wird nunmehr auch das Einwirken mittels Informations - oder
Kommunikationstechnologie unter Strafe gestellt. Damit wird auch das sogenannte
„Cybergrooming“ von dem Tatbestand des sexuellen Missbrauchs umfasst.
Aktuelle Änderungen im Sexualstrafrecht
Verbesserter Schutz für Kinder und Jugendliche vor sexuellem
Missbrauch (27.01.2015)
39
Polizeiliche Praxis
40
• Was tut die Polizei?
Sie lernt dazu. Die Aufklärungsquote ist sehr
hoch, sofern es überhaupt zur Anzeige kommt.
Wünschenswert währe das die Polizei im Netz
eine ähnliche Präsenz zeigt "wie im
Straßenverkehr".
41
Fahndung
42
● 13 jährige Schülerin aus Schwerin
● Chattet auf mehreren Plattformen
Schwerin (August 2016)
Fallbeispiel
● Sie lernt im „OMEGLE“-Chat einen Fremden (engl.
Stranger) kennen
● Besonderheit bei „Omegle“ automatische
Verbindung zu einem zufällig ausgewählten,
anonymen Chat Partner
Schwerin (August 2016)
Schwerin (August 2016)
● Der „Fremde“ überredet Sie in den Skype-Chat
zu wechseln
● Dort beginnt er sie zu erpressen
● Sie zieht sich vor der Kamera aus
Skype-Chat (Beispiel)
● Anzeige der Eltern erfolgt noch am gleichen
Abend
● Verfahren wird durch das Dezernat 45
Cybercrime im LKA M-V bearbeitet/ unterstützt
● Herausforderung! Skype-Kontakt kurzfristig
ausfindig machen
Polizeiliches Handeln
● Täter konnte zeitnah durch die Mitarbeiter des
LKA ermittelt werden
● „Mehrfachtäter“(mehrere Straftaten können
ihm jetzt eindeutig zugeordnet werden)
● Staatsanwaltschaft erwirkt
Durchsuchungsbeschluss
Polizeiliches Handeln
Google Map Bildschirmausdruck aus dem Kölner Stadtteil
● Kind hat gutes Vertrauensverhältnis zu Eltern
● schnelles Reagieren der Eltern
● Spezialisten der Polizei können Täter dank der
zeitnahen Informationen schnell ausfindig
machen
● trotz des „glücklichen“ Ausganges hinterlässt
dieses Ereignis dennoch Spuren bei den
Betroffenen
Zusammenfassung
Europol startet Kampagne gegen sexuelle Erpressung
im Internet 19.06.2017
51
Der Umfang der sogenannten Webcam-Erpressung habe in den vergangenen
Jahren ein erschreckendes Ausmaß angenommen, teilte Europol mit. Sie
setzt nun auf Aufklärung.
52
Teil 3 - Prävention
53
Teil 3 - Prävention
54
Täterbezogene Prävention
55
Primäre Prävention
Sekundäre Prävention
Tertiäre Prävention
Normverdeutlichung
(positive Generalprävention)
Präventive Beratung
Sexualtherapie
Strafandrohung
(negative Generalprävention)
Psychotherapie
(Sexualtherapie)
Verhängung und Vollstreckung von
Strafe
Internetverbot
„Online-Pranger“
Anlehnung an Meier, Kriminologie, § 10, Rn. 17.
Situationsbezogene Prävention
56
Primäre Prävention
Sekundäre Prävention
Tertiäre Prävention
Vorratsdatenspeicherung
Klarnamenpflicht im Internet
Chat-Moderatoren
höhere Polizeipräsenz im Internet/ in Sozialen
Netzwerken
Einrichten von
Sperr-/Blockier-/ Meldefunktionen in Sozialen Netzwerken und Chatrooms
Zugangskontrollen zu extremen
Internetseiten
Altersbeschränkungen
für Jugendchats/ -portale
Bad-word-Filter
Jugendschutzsoftware Vorratsdatenspeicherung
Einziehung der Tatmittel
(Computer, Handy)
Einfaches Melden und Anzeigen
der Delikte („Notrufbutton“)
Anlehnung an Meier, Kriminologie, § 10, Rn. 17.
Primäre Prävention
Sekundäre Prävention
Tertiäre Prävention
Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit
Schulfach Medienerziehung
Selbstbehauptungskurse
Sexuelle Aufklärung
Cybergrooming-Ratgeber
Beratungsstellen
Sorgentelefon
Sorgentelefon
psychologische Behandlung
Therapieangebote
Ermöglichung einfacher Anzeige
Opferbezogene Prävention
57 Anlehnung an Meier, Kriminologie, § 10, Rn. 17.
Primäre Prävention
58
Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit
Schulfach Medienerziehung
Selbstbehauptungskurse
Sexuelle Aufklärung
• Aufklärung "Sobald das Kind allein durchs
Internet chattet, muss es über die Gefahren
aufgeklärt werden". Nicht "mit dem
Weichspülprogramm". Sondern so richtig.
• Kinder rechtzeitig über die zwiespältige Natur
der menschlichen Sexualität zu unterrichten.
Bevor es ein 53-jähriger Bernhard Haase tut. Beate Krafft-Schöning freie Journalistin
59
Lösungen?
60
Schwerin, Februar 2005 61
62
Verständnis - Vertrauen - Ich bin nicht Alleine !!!
64
Verständnis - Vertrauen - Ich bin nicht Alleine !!!
65
66
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!
Landeskriminalamt
LKA M-V (Dezernat 61 / Prävention)
Retgendorfer Straße 9
19067 Rampe
Telefon: (0 38 66) 64 00
E-Mail: [email protected]