I n der Naclit voni 27. ziiin 2s. Jai i i~ai~ clieses Jahres mi*- schied plotzlicli Professor IConratl 1:ies:ilski. Organisator uiid bis zu seinem Tode Leiter der grossen Ptiftiingsanstalt fur ver- kriippelte Kinder, des Oscu~-lleTZizc-IIcinis in Berlin-Dahlein. Die Anstalt uiid ilir Griinder siiicl in cler gaiiarn Welt alleii belcannt, die init der inedizinisclien iiiid sozialeii Kriippeliir- sorge in naliere Geriihrung gelcoiiiiiieii sind.

Giesalski war im Jalire 186s in Ostpreussen geboren ; seine Haupttatiglceit ubte er in Berlin aiis. In der ganzeii Welt ist er als Orthopade bekaniit, vor allem d\irch win uiiablRssiges Be- streben, breiten Schichten des Volkes eiiie giite ortliopadische Behandlung zugangljch zu rnaclieii und die davoii umertrenii- liche soziale Kruppelfursorge zu schaffen. Als Orthopade ge- horte er der jetzt schon etmas ergrauteii Schar von Orthopaden an, die sich mehr oder weniger direkt durch Hoffas und Lorwtc' Pionierarbeit angefeuert, znr Zeit cler Jahrhiinclertwende iiber die ganze Welt verbreiteten, uni in allen Landerii als Tor-

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kampfer eines wohl uralten, aber in den letzten Jahrzehnten zum grossen Teil neu erstandenen und umorganisierten Arbeits- gebietes tatig zu sein. Er war recht kurze Zeit Assistent des unvergesslichen Hoffa gewesen und hatte im Gegensatz zu den meisten seiner Kameraden seine friihere Ausbildung mehr an padiatrischen als an chirurgischen Kliniken erhalten.

Biesalski war ein ausserordentlich tiichtiger, wissenschaft- lich interessierter und technisch geschickter Orthopade, der auf den meisten Hauptgebieten der Orthopadie, besonders jedoch auf dem Gebiete der neurologischen Orthopadie und Prothesen- therapie eine bedeutungsvolle wissenschaftliche Forschungs- und literarische Tatigkeit entfaltete. Seine zentrale Stellung und sein aus ihr sich ergebender Weltruf waren jedoch die Frucht seiner schon friih begonnenen Arbeit fiir die soziale Seite der Orthopadie, die Kriippelfiirsorge. Schon langst vor dem Kriege hatte er sich fur die Rationalisierung und organisatorische Sammlung der zur damaligen Zeit in Deutschland unbedeuten- den und in hohem Grade dezentralisierten und desorganisierten Wirksamkeit auf diesem Gebiete eingesetzt. Mit seiner auf- opfernden eigenen Arbeit und derjenigen seiner Hilfskrafte, die er zu begeistern verstand, brachte Biesalski die Zahlung der orthopadischen Falle Deutschlands und die 1909 abgeschlossene Bearbeitung ihrer Resultate zustande. Diese Arbeit war eine gewaltige Anregung fur weitere Tatigkeit, die zur Gesetzgebung Preussens und zu offentlichen Massnahmen beziiglich der ortho- padischen Kranken- und Invalidenbehandlung fiihrte. Diese In- validenfiirsorge, deren Grundlage schon vor dem Kriege geschaf- fen war, spielte natiirlich eine grosse Rolle, als die Kriegsin- validen iiber das Land zu stromen begannen. Biesalski war die gegebene Zentralfigur in der Arbeit fur die Kriegsinvaliden, und seine Organisationsfahigkeit und Arbeitsintensitat waren hervorragend.

Grosse Bedeutung fiir die Orthopadie der ganzen Welt hatte Biesalski auch seit 1915 als Herausgeber des von Hoffa gegriin- deten Hauptarchivs auf dem Gebiete der Orthopadie, der Zeit- schrift fiir orthopiidische Chirurgie. Ihre schon vorher vortreff- liche Referatabteilung mit ihrer Kontinuitat und Vollstandig- keit, fiir die es vielleicht kein Gegenstiiek gibt, erlangte durch

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KONRAD BIES-4LSKI 9

Biesalski noch weitere Vollendung. Wenige Spezialfacher der Medizin diirften sich eines so gut gefiihrten Zentralarchivs riih- men lionnen. Nachdem sich die skandinavische Orthopadie nun- mehr ein eigenes Sprachrohr geschaffen hat, sol1 sie sich stets mit Dankbarkeit an die ,Gastfreundschaftcc erinnern, die ihrer literarischen Produktion seitens Biesalskis in der Zeitschrift zuteil wurde.

In Biesalskis eigeiier Tatiglteit wurde die beriihmte Anstalt, das Oscar-HelBne-Heim in Berlin-Dahlem das stattliche Resul- tat einer Lebensarbeit. In gewissen Beziehungen eine Muster- anstalt, wurde sie ein Vorbild fur viele neue und umorganisierte Anstalten in Deutschland, und durch die bedeutende Person- lichkeit Biesalskis hat die deutsche Kriippelfiirsorgearbeit auch der jenigen ausserhalb Deutschlands ihr Gepraige aufgedruckt. Weniger war dies in den nordischen Landern der Fall, die ihre Richtlinien fur diese Arbeit schon friih klar hatten. Man diirfte sogar sagen konnen, dass Biesalski und damit die deutsche Ar- beit auf dem Gebiete der Kriippelfursorge wichtige Impulse aus dem Norden bekamen. Fur die Kruppelbehandlung schuf Bie- salski auch ein Organ, die Zeitschrif t fur KruppeZfursorge, die er im Jahre 1909 griindete und von da ab ununterbrochen, in den leteteren Jahren zusammen mit Hans Wiirtz als Koeditor herausgab.

Nun, da Biesalski raseh und unerwartet seine arbeitsreichen Tage beschlossen hat, steht seine Personlichkeit in hellem Licht als ein der bedeutendsten auf dem Gebiete, in dem er gearbeitet hat. Die deutsche Kriippelfiirsorge hat ihre dominierendste Per- sonlichkeit verloren ; der ganze grosse Kreis aller deutschen und vieler auslandischen Orthopaden steht trauernd an der Bahre des guten Kameraden und Freundes. Ich selbst habe einen mei- iier besten deutschen Freunde und Kameraden in der Arbeit an eiiiem gemeinsamen Ziel verloren.

I n seinem schonen Heim in Berlin-Dahlem, wo seine Gattin uiid seine Kinder uni ihn trauern, werden sich nie mehr in- und auslandische Kameraden versammeln.

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