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15. ALTBERGBAU-KOLLOQUIUM Leoben 2015
Konservative Sanierungsmethoden fur verflussigungsgefahrdete
Altkippen des Braunkohlenbergbaus
Nandor Tamaskovics
TU Bergakademie Freiberg, Institut fur Geotechnik
Lehrstuhl fur Bodenmechanik, Grundbau und bergbauliche Geotechnik
Lehrstuhl fur Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren
ZUSAMMENFASSUNG:
Die spontane Verflussigung von Lockergesteinen gehort zu den gefahrlichsten Versagensarten
in der Geotechnik. Ein lokales Verflussigungsversagen kann nahezu ohne wahrnehmbare Vor-
zeichen ein gefahrliches Setzungsfließen mit großen Massenbewegungen auslosen. Das kon-
servative und langzeitstabile Vorgehen zur Vermeidung einer Verflussigung besteht in einer
notwendigen und hinreichenden Verdichtung des Korngerustes. Der sicherste Weg zur Ver-
meidung von Instabilitaten in den setzungsfließgefahrdeten Lockergesteinsmassen mit hoher
flachenhafter Ausdehnung besteht in der Anwendung eines schonenden, schnellen und wirt-
schaftlichen Sanierungsverfahrens, das die Baugrunderkundung, die Stabilisierung und die geo-
technische Erfolgskontrolle in einem Prozess vereinigt. Unter ungunstigen geotechnischen Be-
dingungen konnen auch Injektionen als alternative und sehr effiziente Methode der Baugrund-
verbesserung eingesetzt werden.
ABSTRACT:
The spontaneous liquefaction of soils belongs to the most dangerous types of failure in geo-
technics. A local liquefaction failure can occur without any previous signs and trigger a harmful
mass movement extending to large areas. The most conservative and long-term feasible tech-
nical solution for the stabilization of liquefaction susceptible sites extending to large surface
areas is their compaction to a necessary and sufficient level with a smooth, fast and economic
soil compaction method, combining geotechnical ground exploration, remediation and quali-
ty control in one unified technical process. Under unfavourable geotechnical conditions, soil
grouting could also be applied as an alternative and very efficient stabilization method.
Der Beitrag ist Herrn Dr. G. Gajari und Herrn Prof. P.-A. von Wolffersdorff gewidmet
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1 Einleitung und Problemstellung
Die spontane Verflussigung von Lockergesteinen ist eine sehr gefahrliche Versagensart, weil bei
einem dadurch ausgelosten Setzungfließen bedrohliche Massenbewegungen ohne wahrnehm-
bare Vorzeichen eintreten und sich durch einen fortschreitenden Bruchmechanismus auf sehr
große Flachen ausdehnen konnen.
Zu einem Verflussigungsversagen eines Lockergesteins ist das gleichzeitige Vorliegen einer
Reihe von bodenmechanischen Bedingungen notwendig:
• spezielle Kornverteilung und Kornbeschaffenheit (Textur) des Lockergesteins
• niedrige Dichte durch eine sehr lockere Lagerung des Korngerustes
• spezielle Ausrichtung der Korner zueinander (Struktur) im Korngerust
• ein hinreichend hoher Grad der Wassersattigung des Porenraumes
• niedrige wirksame Spannungen im Korngerust im Ausgangszustand
• eine uberwiegend durch Reibungswirkung gepragte Scherfestigkeit wegen einer fehlen-
den wirksamen Kohasion
• eine hinreichende Storung des wirksamen Spannungsfeldes infolge einer außeren oder
inneren Einwirkung (Initial)
Besondere Schwierigkeiten liegen vor, wenn locker gelagerte, wassergesattigte und verflussi-
gungsgefahrdete Lockergesteine im Baugrund unmittelbar unterhalb der Gelandeoberflache in-
folge einer sehr hohen Lage des Grundwasserspiegels anstehen. Wegen des Auftriebs im Grund-
wasser entstehen sehr niedrige wirksame Spannungen im Korngerust und in oberflachennahen
Lockergesteinsgebieten ist ein Stabilitatsverlust schon infolge kleinster Initiale moglich.
Niedrige wirksame Spannungen und eine niedrige Dichte verursachen sehr niedrige Steifig-
keiten im Korngerust des verflussigungsgefahrdeten Lockergesteins. Durch eine starke Anre-
gung sind hohe Dichteanderungen und große Verformungen im Untergrund moglich, die sich
bis zur Oberflache fortpflanzen und zu einer unerwunschten Gelandeabsenkung fuhren konnen.
Die erfolgreiche Abwendung von einem oder mehrerer der zuvor genannten notwendigen bo-
denmechanischen Bedingungen der Verflussigung kann das Verflussigungspotenzial im Locker-
gestein erheblich reduzieren. Die Erfahrung der geotechnischen Praxis mit verflussigungsge-
fahrdeten Lockergesteinen zeigt, dass eine Verdichtung des Korngerustes eine langzeitstabile
und zuverlassige ingenieurtechnische Losung zur sicheren Vermeidung von Setzungsfließen
darstellt. Nach diesem Konzept wurden zahlreiche Stutzkorper aus verdichtetem Kippenma-
terial in Form von versteckten oder schwebenden Dammen zur erfolgreichen Sanierung und
Sicherung von verflussigungsgefahrdeten Kippenstandorten ehemaliger Gebiete des Braunkoh-
lenbergbaus in Deutschland in großem Umfang hergestellt.
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In jungster Zeit haben sich haufig Setzungsfließereignisse an Standorten mit einer ebenen
oder flach welligen Oberflache auf Innenkippen von fruheren Tagebauen des Lausitzer Berg-
baureviers ereignet und erfordern dringende Uberlegungen zu einer wirtschaftlichen, nachhal-
tigen, konservativen und schnellen Stabilisierung von verflussigungsgefahrdeten Gebieten mit
einer großen flachenhaften Ausdehnung.
Die geotechnischen Bedingungen in den Innenkippen der Lausitz sind fur ein Setzungsfließen
uberall dort gunstig, wo im locker gelagerten, kohasionslosen und vorwiegend rundkornigen
Kippenmaterial durch einen weitgehend nahe an der Gelandeoberflache anstehenden Grund-
wasserspiegel sehr niedrige wirksame Spannungen vorherrschen. In vielen bekannten Scha-
densfallen hat sich auch mehrfach positiv gezeigt, dass die aus verdichtetem Lockergestein
errichteten Stutzkorper den geotechnischen Beanspruchungen im Versagensfall ausnahmslos
erfolgreich wiederstehen konnten.
Bei der Auswahl von geeigneten Sanierungsverfahren fur die Stabilisierung der verflussi-
gungsempfindlichen Innenkippen der Lausitz ist zu berucksichtigen, dass große Gelandeumfor-
mungen unerwunscht sind, weil einerseits die wirtschaftliche Nachnutzung der Innenkippen-
flachen bereits haufig begonnen hat und andererseits Ausgleichsmassen nur sehr begrenzt zur
Verfugung stehen. Die Erzeugung von neuen Vernassungsflachen wahrend der Sanierung sollte
deshalb weitgehend vermieden werden.
Als optimale Stabilisierung der Innenkippen der Lausitz bietet sich eine kleinstmogliche
jedoch hinreichende Verdichtung (bodenmechanische Desensibilisierung) des verflussigungs-
empfindlichen Kippenmaterials an. Die Auswahl von geeigneten Sanierungsverfahren erschwert
weiterhin der stark begrenzte geotechnische Kenntnisstand uber die Innenkippen. Sanierungs-
verfahren sind im klaren Vorteil, die den zuvor genannten Anforderungen entsprechen und bei
denen eine genaue ingenieurtechnische Bemessung soweit moglich ist, dass aus dem eintreten-
den Sanierungserfolg auf die Standsicherheit des behandelten Standortes unmittelbar geschluss-
folgert werden kann.
2 Sanierungsverfahren zur Abwendung des Setzungsfließens
Zur Verdichtung des locker gelagerten Korngerustes werden in der Praxis oft dynamische Bau-
grundverbesserungsmethoden als Sanierungsverfahren eingesetzt, die auf dem Prinzip basieren,
dass die zur Verdichtung des Korngerustes notwendige Energie mithilfe einer dynamischen Be-
lastung eingetragen wird. Die Verdichtung des Lockergesteins im Baugrund erfolgt durch einen
intensiven Energieeintrag in Form eines Wellenfeldes, wodurch lokal eine hohe Verdichtungs-
wirkung entstehen kann. Das Wellenfeld regt jedoch Gebiete mit verflussigungsgefahrdeten
Lockergesteinen auch an, die von dem aktuellen Sanierungsort weiter entfernt und außerhalb
des gewunschten Sanierungsbereiches liegen. Die Folge des hohen Energieeintrags sind un-
erwunschte Gelandeverformungen, die einen hohen Nachgestaltungsaufwand der Gelandeober-
flache verursachen.
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Ein weiteres und sehr bedeutsames Problem mit der Anwendung von dynamischen Bau-
grundverbesserungsverfahren zur Sanierung von verflussigungsgefahrdeten Lockergesteinen ist
weiterhin die Tatsache, dass ihre Wirkungsweise in theoretischen Modellen der Bodendynamik
bis heute quantitativ nur schwer erfasst werden kann, wodurch eine rechnerische Dimensionie-
rung stark erschwert wird. Ungeklart ist weiterhin, welche genaue Verdichtungswirkung mit
welcher Reichweite in den Untergrund eingetragen wird und wo unsanierte Bereiche zuruck-
bleiben. Die Ungleichmaßigkeit des entstehdenden Dichtefeldes wird besonders bei der Eintra-
gung von geringfugigen Verdichtungswikungen im Rahmen einer schonenden Sanierung mit
reduzierter dynamischer Energie kritisch.
Bei der Errichtung von versteckten und schwebenden Dammen in naturlich gesattigten Kip-
penbereichen wurde das Verfahren der Rutteldruckverdichtung umfangreich eingesetzt.
Bei der Behandlung von uberwiegend rolligen Lockergesteinen basiert der Mechanismus der
Rutteldruckverdichtung auf eine lokal starke dynamische Anregung und Umlagerung des Korn-
gerustes, wodurch sich eine dichtere Lagerung einstellt. Eine besondere Schwierigkeit beim
Einsatz der Rutteldruckverdichtung zur Sanierung von oberflachennah anstehenden stark was-
sergesattigten und verflussigungsgefahrderten Boden liegt darin, dass die wirksamen Spannun-
gen und die dadurch gepragte Festigkeiten im Untergrund bei einem niedrigen Grundwasser-
flurabstand sehr klein sind. Der Energieeintrag mit dem Ziel einer Kornumlagerung fuhrt we-
gen der Inkompressibiliat der Porenfullung zum raschen Anstieg von Porenwasseruberdrucken.
Das Anrutteln von dichteren Kippenzonen, wie ehemalige Arbeitsebenen oder des gewach-
senen Liegenden kann eine unerwunschte Amplitudenverstarkung hervorrufen und als Initial
fur große Kippengebiete wirken. Die Arbeitsweise bei der Rutteldruckverdichtung ermoglicht
grundsatzlich den Einsatz von Fruhwarnsystemen und damit die Anwendung der Beobachtungs-
fahrweise. Beim Erreichen von vorgegebenen Grenzwerten der Porenuberdrucke kann die Ge-
fahr eines Setzungsfließens durch periodisches Unterbrechen der Verdichtungsarbeit (Intervall-
fahrweise) gesenkt werden.
Trotz betrachtlicher praktischer Erfahrung sind in jungster Vergangenheit mehrere großrau-
mige Versagen durch die Rutteldruckverdichtung bei der Verdichtung von oberflachennahen
Kippengebieten ausgelost worden. Als vorteilhafte Nebenerkenntnis sollte vermerkt werden,
dass die ausgelosten Rutschungen bereits verdichtete Kippengebiete nicht erfassen konnten,
womit die Verdichtung des Untergrundes als sicheres und nachhaltiges Sanierungsverfahren
mehrfach bestatigt wurde.
Als alternatives dynamisches Sanierungsverfahren bietet sich die Sprengverdichtung mit klei-
nen, im Baugrund oberflachennah gezundeten Ladungen in vertikalen oder horizontalen Bohrlo-
chern an (schonendes Sprengen). Die Nutzung der Sprengverdichtung als Sanierungsverfahren
fur die Innenkippen gilt jedoch aus mehrfacher Hinsicht als problematisch.
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Zur ingenieurtechnischen Bemessung von Sprengverdichtungen fehlen bis heute mathema-
tisch fundierte geotechnische Verfahren. Mit der Extrapolation existierender empirischer Erfah-
rungsgesetze ist eine annahernde Bemessung wohl moglich, ohne jedoch die flexible Steuerung
der raumlichen Verdichtungswirkung erreichen zu konnen. Das Verfahren ist fur die Tiefenwir-
kung und fur die Starke der eintretenden Verdichtungswirkung schlecht oder gar nicht skalier-
bar. Die Folge der flachenhaften Anwendung der schonenden Sprengverdichtung unter wechsel-
haften geotechnischen Innenkippenverhaltnissen werden halbempirisch kontrollierte Setzungs-
betrage und ein welliges Gelande mit der Notwendigkeit einer Nachprofilierung sein, die zum
Teil auch das großflachige Absenken von Flachen unter Wasser bedeuten konnen. Dies kann
einerseits einen empfindlichen Flachenverlust mit einer Notwendigkeit zur Umwidmung der
geplanten Nachnutzung bedeuten und andererseits konnen weitere aufwendige Maßnahmen zur
Sicherung neu entstandener Uferlinien notwendig werden.
Bei der Sprengverdichtung entsteht kein raumlich gleichmaßiges Verdichtungsfeld im Bau-
grund. In der Umgebung der Sprengladung ist die Verdichtung starker und in einer großeren
Entfernung lasst die Verdichtungswirkung deutlich nach. Die Verdichtungswirkung ist dahin-
gehend positiv, dass im Einflussbereich der Sprengung eine Homogenisierung des Dichtefel-
des durch hohere Verdichtung in lockereren Bodenzonen eintritt. Die vorliegenden praktischen
Erfahrungen zeigen diese Effekte ganz deutlich. Bei einer Tiefenverdichtung mit sehr hohen
erdfeuchten Uberdeckungen (30− 40 Meter) treten durch die hohen wirksamen Spannungen
beachtliche Verdichtungseffete nach einer Sprengung mit entsprechend hohen Ladungsmengen
ein. Bei einer schonenden Sprengverdichtung auf Standorten mit dem Grundwasserspiegel we-
nige Meter unter der Gelandeoberflache fehlen die hohen wirksamen Spannungen als treibende
Kraft einer effizienten Verdichtung.
Die schonende Sprengverdichtung induziert hohe Porenuberdrucke in der Umgebung der
Sprengladung, deren quantitative Prognose selbst bei einem hohen geotechnischen Erkundungs-
niveau auf dem zu sanierenden Standort sehr schwierig ist. In oberflachennahen Lockergesteins-
gebieten mit einem niedrigen wirksamen Spannungsniveau konnen hohe Porenuberdrucke eine
Setzungsfließrutschung auslosen. Wahrend des Konsolidationsvorganges nach der Sprengbelas-
tung erfolgt ein großraumiger, wenn auch moderater Porendruckanstieg, der nur mit gezielten
Porendruckentspannungselementen, wie Schottersaulen mit hoher Durchlassigkeit kontrolliert
werden konnen. Die Installation dieser zusatzlichen geotechnischen Bauwerke zur gezielten
Lenkung der raumlichen Porendruckentwicklung verursachen einen erheblichen okonomischen
Zusatzaufwand und wirken sich sehr nachteilig auf die Wirtschaftlichkeit einer Sanierung mit
der schonenden Sprengverdichtung aus.
Durch den Aufwurfcharakter einer oberflachennah ausgelosten Sprengung werden Locker-
gesteinsgebiete oberhalb der Sprengladung aufgelockert. Darauf weisen intensive Rissbildun-
gen in der Umgebung einer schonenden Sprengung an der Oberflache deutlich hin. In diesen
Baugrundzonen tritt nicht nur kein Sanierungserfolg ein, sondern die Baugrundverhaltnisse ver-
schlechtern sich aus der Sicht einer Veflussigungsneigung weiter und stellen bei einem nachfol-
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genden Grundwasseranstieg eine erhohte Gefahrdung dar. Durch die fehlende hohe wirksame
Spannung wird in der Umgebung der Schwadenblase aus dem Sprengstoff ebenso eine starkere
Auflockerungszone zu erwarten sein. Eine weitere Nachsanierung zur Vermeidung einer Erd-
fallgefahr konnte dadurch zusatzlich notwendig werden. Eine Nichtverdichtung oder sogar Auf-
lockerung des Bodengebietes unmittelbar unterhalb der Gelandeoberflache (naturlich gesattigte
erdfeuchte Uberdeckung und in der Umgebung des Kapillarsaumes) ist aus der Sicht der Insta-
bilitaten in den Innenkippen bodenmechanisch sehr nachteilig. In den Ergebnissen von Druck-
sondierungen in Kippen erscheinen im Tiefenbereich des Grundwasserspiegels systematisch
niedrige Eindringwiderstande, die auf eine sehr lockere Lagerung bereits im Ausgangszustand
hindeuten.
Eine flachendeckende Qualitatskontrolle der Sanierung mit einer schonenden Sprengverdich-
tung stellt ebenso eine aus geotechnischer Sicht ungenugend geklarte Problemstellung dar.
Einen Hinweis auf die Verdichtung geben markscheiderische Messungen an der Oberflache.
Punktuell ist die Kontrolle des Sanierungserfolges mit Drucksondierungen moglich. Zu einer
flachendeckenden quantitativen Qualitatskontrolle der raumlichen Verdichtungswirkung eignen
sich seismische Methoden, wie die Tauchwellentomografie oder Oberflachenwellenmessungen,
bedurfen jedoch einer weiteren Kalibrierung an bodendynamischen Experimenten, damit eine
Dichteanderung ermittelt werden kann.
Bei der Sprenverdichtung entsteht zusatzlich die große Gefahr, dass die Verdichtungsenergie
impulsartig eingetragen wird und sich in dem sehr empfindlichen Baugrund der Innenkippen
ungehindert auch in Gebiete fortpflanzt, wo diese nicht benotigt werden. Schwache Lockerge-
steinszonen konnen auf die dynamische Anregung mit einem großraumigen Verflussigungsver-
sagen reagieren und damit zur Verschlechterung der bereits im Ausgangszustand vorliegenden
ungunstigen Innenkippenverhaltnisse fuhren. Nachteilig ist weiterhin, dass durch den impulsar-
tigen Energieeintrag der Einsatz von Fruhwarnsystemen (wie zum Beispiel Porenwasserdruck-
messungen) erschwert wird, weil die Reaktionszeit zwischen Warnung und Havarie gegen Null
geht.
Die Sanierung von Innenkippenflachen mit schonenden Sprengungen ist weiterhin aus der
Sicht des Umweltschutzes nicht unbedenklich. Das großraumige und massive Injizieren von
giftigen Schwadengasen, wie diverse Stickstoffverbindungen, in das Grundwasser kann die
Gewasserqualitat im Untergrund beeintrachtigen.
3 Das geotechnische Konzept der statischen Teilverdichtung (StaTeV)
Die statischen Baugrundverbesserungsverfahren basieren auf dem Prinzip, dass die zur Ver-
dichtung des Korngerustes erforderliche mechanische Beanspruchung mithilfe einer statischen
Last eingetragen wird. Dabei wird das zu sanierende Kippenstandort mechanisch weitgehend
geschont.
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Das Sanierungsverfahren StaTeV erhielt seinen Namen im Gegensatz zur DynIV (dynami-
sche Intensivverdichtung). Wahrend der technischen Umsetzung werden dynamische Anregun-
gen des Baugrundes weitgehend vermieden und die Verdichtung des Lockergesteins erfolgt
so sanft und langsam wie moglich. In dem zu verbessernden Baugrund wird nur bis zu einer
begrenzten Tiefe (Teil) und nur in einem Bereich (Teil) des zur Anderung verfugbaren Dichte-
spektrums zwischen der lockersten und dichtesten Lagerung eine Verdichtung hervorgerufen.
Das Sanierungsverfahren StaTeV vereint die Baugrunderkundung, Sanierung und Qualitats-
kontrolle in einem Prozess, weil es sich praktisch um eine wandernde statische Probebelas-
tung des Baugrundes handelt, die eine fortschreitende raumliche Konsolidation sowie eine
damit verbundene leichte Verdichtung und Strukturveranderung in dem Korngerust des ver-
flussigungsgefahrdeten Lockergesteins hervorruft. Die Verdichtung des Korngerustes ist dabei
selektiv, wodurch in lockeren Gebieten eine großere und in dichteren Gebieten eine kleinere
Verdichtungswirkung eintritt. Die Homogenisierung der Dichteverteilung vermindert die Emp-
findlichkeit des verflussigungsgefahrdeten Materials hauptsachlich gegenuber der Einwirkung
von inneren Initialen, wie die Wirkung von Stromungsdrucken oder das Auftreten von inneren
Erosionen. Durch den Belastungs- und Entlastungszyklus wird zusatzlich der Erdruhedruckbei-
wert in dem Lockergestein erhoht. Der Spannungszustand im Korngerust wird insbesondere aus
der Sicht des Widerstandes gegenuber einem Verflussigungsversagen positiv verandert, indem
die Mobilitat des Bodens zum Festigkeitsverlust herabgesetzt wird.
Das Sanierungsverfahren StaTeV basiert auf einen raumlich kontinuierlich fortschreitenden
Belastungsvorgang des verflussigungsgefahrdeten Lockergesteins. In den Baugrund wird eine
starke Erhohung der vertikalen und horizontalen Spannungen sowie eine geringfugige Erhohung
der Schubspannungen eingetragen. Die mechanischen Beanspruchungen im Baugrund haben
eine Reichweite in horizontaler Richtung, die sich auf Gebiete weit außerhalb der Flache der
statischen Last ausdehnen (Spannungszwiebel). Damit setzt die Verdichtungswirkung bereits
im Vorfeld der wandernden Lastflache ein. Insbesondere die schonende Erhohung der Schub-
spannungen fuhrt zu einer entscheidenden Verdichtung und Strukturanderung des verflussi-
gungsgefahrdeten Lockergesteins. Die eingetragene Belastung verursacht zusatzlich eine Po-
rendruckanderung und einen anschließenden Porendruckabbau (raumliche Konsolidation), wo-
bei die flussige und gasformige Porenfullung zu einer Bewegung im Porenraum gezwungen
werden. Die Große der erzeugten Porenuberdrucke kann mit der Fortschrittgeschwindigkeit der
Belastung bewusst gesteuert werden. Die im Lockergestein auftretenden bodenmechanischen
Belastungsprozesse werden auf dem heutigen Stand des Wissens theoretisch sehr gut verstan-
den, wodurch eine rechnerische Prognose und ingenieurtechnische Kontrolle des Sanierungs-
vorganges quantitativ ermoglicht wird.
Bei dem Sanierungsverfahren StaTeV erfolgt die Baugrundverbesserung kontinuierlich und
nur vom sicheren Standort aus. Der Sanierungsprozess ist mit diversen Betriebsparametern bo-
denmechanisch sehr gut steuerbar sowie skalierbar und gilt wegen einer definitiven luckenlosen
Baugrundbehandlung als eins der konservativsten Sanierungsverfahren. Mit fortgeschrittenen
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inversen bodenmechanischen Methoden kann der Zustand des Baugrundes aus der Echtzeitana-
lyse der wahrend der Sanierung zeitabhangig eingetretenen Verschiebungen sowohl zur Qua-
litatskontrolle der Verdichtungswirkung und als auch zur vorauseilenden Parametrisierung des
Verfahrens eindeutig zuruck gerechnet werden. Ziel der außerst schonenden Sanierung ist es,
in dem Korngerust des behandelten Lockergestein nur eine NOTWENDIGE und nur eine HIN-
REICHENDE Verdichtung zur Abwendung einer Verflussigungsneigung herbeizufuhren.
1 2
Fig.1
1 2
Fig.2
Abb. 1: Statische Teilverdichtung (StaTeV) - Technisches Konzept
4 Das technische Konzept der statischen Teilverdichtung (StaTeV)
Die einfache technische Umsetzung des statischen Sanierungsverfahrens StaTeV ist in der Ab-
bildung 1 in einer Ansicht von der Seite (Fig.1) und von oben (Fig.2) ersichtlich. Die Sanie-
rungstechnologie besteht aus einer großflachigen Totlast (1) und aus einem elekromagneti-
schen Kran, der die Totlast (1) in Richtung der Sanierung reihenweise (2) systematisch umsetzt
[5]. Der Kran kann sich dabei vorteilhafterweise auf der Totlast und damit auf einem siche-
ren Standort befinden. Die Totlast besteht zweckmaßig aus quaderformigen Blocken, die aus
einzelnen Gusseisenplatten nach Bedarf zusammengestellt werden. Die zweckmaßige Große
eines Blockes sollte eine Grundflache von einem Quadratmeter haben und bei einer Hohe von
h = 1, 00 [m] hatte ein Block eine Masse von etwa m = 7.500 [kg] sowie eine Sohlpressung
von q = 75 [kN/m2].
Das Sanierungsverfahren StaTeV verfugt uber drei wesentliche technische Betriebsparameter.
Die flachenhafte Ausdehnung der Belastungsflache legt die Zieltiefe der Baugrundbehandlung
fest, die Große der Sohlspannung in der Belastungsflache beeinflusst die Amplitude der eintre-
tenden Verdichtungswirkung und die Geschwindigkeit des Fortschreitens bestimmt die Rate der
provozierten Porenuberdrucke sowie ihren Abbau durch eine kontinuierliche raumliche Konso-
lidation.
Die flachenhafte Ausdehnung der Totlast sollte bei der Behandlung von verflussigungsgefahr-
deten Innenkippenflachen nicht unter A = 20 x 20 [m] = 400 [m2] bleiben, damit eine sichere
mechanische Sanierungswirkung bis zu einer Zieltiefe von z = 20 [m] erreicht werden kann.
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Die eintretende mechanische Belastung ist oberflachennah am starksten und nimmt mit zu-
nehmender Tiefe ab. Mit der Masse der einzelnen Blocke der Totlast kann die eingetragene
Belastung und damit die Große der Verdichtungswirkung gesteuert werden. Bei starker Emp-
findlichkeit des Untergrundes kann die Belastung zunachst klein gehalten und dann in mehreren
Durchgangen schrittweise gesteigert werden. Aus der Beobachtung des zeitabhangigen Sen-
kungsvorganges der Baugrundoberflache konnen die resultierenden Untergrundeigenschaften
zuruckgerechnet werden. Wegen der Vielzahl von geometrischen Belastungskonfigurationen,
die auf einen Punkt des Baugrundes einwirken, ist eine tomografische Inversionsberechnung
zur Ermittlung der raumlichen Steifigkeitsverteilung des Untergrundes moglich (statische Stei-
figkeitstomografie).
Zur Uberwachung der Betriebssicherheit der StaTeV-Ausrustung ist eine bodenmechanische
Echtzeit-Monitoring mit begleitenden Feldmessungen und kontinuierlicher Uberwachung nach
der im Bauwesen gelaufigen Beobachtungsmethode unerlasslich. Auf sehr problematischen
Standorten mit einer extrem lockeren Lagerung des Baugrundes und einem gleichzeitig sehr
hoch anstehenden Grundwasserspiegel kann es notwendig werden, das Sanierungsverfahren
StaTeV mit weiteren Sanierungsmethoden, wie eine Perforation mit Druckluftlanzen ohne oder
mit zusatzlichen Drainagen als Maßnahmen einer gezielten Porendruckentspannung zu kombi-
nieren.
5 Das wirtschaftliche Konzept der statischen Teilverdichtung (StaTeV)
Die flachenhafte Sanierung von setzungsfließgefahrdeten Innenkippenflachen des Braunkoh-
lenbergbaus ist mit der statischen Teilverdichtung StaTeV eine außerordentlich wirtschaftliche
Methode, weil das Verfahren sowohl die Baugrunderkundung, die Sanierung sowie die Erfolgs-
kontrolle in einem Prozess vereinigt. Durch die schonende Behandlung der Kippenoberflache
werden nur geringfugige Kosten fur notwendige Folgemaßnahmen anfallen. Es ist weiterhin
sehr wahrscheinlich, dass ein großer Teil der Investitionskosten durch Wiederverkauf der Tot-
last aus Eisen und der verwendeten Krantechnik zuruckgewonnen werden kann.
Die folgende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung basiert auf plausible jedoch pauschale Annah-
men zu den wichtigsten auftretenden Kostenarten. Bei einer vorgeschlagenen Totlastflache von
A = 20 × 20 [m] = 400 [m2] mit einer Tiefenreichweite der Sanierung von z = 20 [m]
kann ein Block mit Hilfe eines elektromagnetischen Kranes in der Zeit von etwa einer Mi-
nute t = 1 [min] umgesetzt werden, insofern gewohnliche bodenmechanische Eigenschaften
in der behandelten Innenkippe vorherrschen. Damit entsteht eine Sanierungsgeschwindigkeit
von v′′ = 20 [m3/min]. Einen dreischichtigen Betrieb in der frostfreien Wetterperiode des Jah-
res vorausgesetzt, kann durch eine Totlast eine Flache von A = 300.000 [m2] = 30 [Ha] mit
einem Durchgang in einem Jahr saniert werden. Mithilfe von N = 100 [1] Totlasten kann in
funf Jahren eine Flache von A = 15.000 [Ha] vollflachig und bodenmechanisch kontrolliert
verdichtet werden. Bei der Errichtung der Totlasten in diesem Umfang mit einer geschatzten
Investitionssumme von KI = 500 [MioEUR] und geschatzten Betriebskosten von weiteren
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KB = 500 [MioEUR] uber funf Jahre belaufen sich die spezifischen Sanierungskosten auf
nicht mehr als K′
S = 0, 20 [EUR/m3], vorausgesetzt, dass die Totlasten nach der Sanierung
zum Schrottpreis nahezu zu der Investitionssumme wiederverkauft werden konnen. Bei der Ver-
wendung von Eisen als Ballaststoff ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass das in der Totlast
gebundene Kapital beim Verkauf wiedergewonnen werden kann. Die Investition in die Totlast
ist jedoch zugleich eine langzeitige Geldanlage, die in Abhangigkeit der Rohstoffpreisentwick-
lung auf dem Weltmarkt auch einen hohen Gewinn einbringen und die Sanierungskosten mit
der Verrechnung der Rendite erheblich weiter reduzieren kann.
Als Vergleich zu der pauschalen Wirtschafltichkeitsbetrachtung zum Verfahren der statischen
Teilverdichtung StaTeV konnte die schonende Sprengverdichtung mit vertikalen Bohrlochern
beispielhaft betrachtet werden, die eine kostengunstige alternative Methode der flachenhaften
Baugrundverdichtung auf Innenkippenflachen darstellt. In Anbetracht der ungelosten Fragen
zur Bemessung, effektive Verdichtungswirkung, Skalierbarkeit und Erfolgskonrtrolle ist eine
ingenieurtechnische Optimierung der Sanierungskosten bei der Sprengverdichtung jedoch we-
sentlich schwieriger, als bei der statischen Teilverdichtung. Die hochsten Kostenanteile entste-
hen bei der Sprengverdichtung beim Bohren. Mit einem angenommenen erforderlichen Ab-
stand der vertikalen Bohrlocher von d = 20 [m] mit einer Tiefe von h = 15 [m] und spezifi-
schen Bohrkosten von K′
B = 100 [EUR/m] entstehen bei N = 25 [1] Bohrungen auf einem
Hektar Sanierungsflache uberschlagige Gesamtbohrkosten von etwa KB = 37.500 [EUR/Ha].
Wenn die Sprengungen eine Tiefenreichweite von h = 20 [m] haben und weitere geschatzte
KS = 12.500 [EUR/Ha] fur den Sprengstoff und Sprengarbeiten sowie fur die ingenieurtech-
nische Bemessung und Uberwachung bei N = 25 [1] Gruppensprengungen kosten, belaufen
sich die spezifischen Sanierungskosten auf geschatzte K′
S = 0, 25 [EUR/m3], ohne Folgekos-
ten fur Profilierung und Nachbehandlung der Kippenoberflache sowie fur den Nachweis des
Verdichtungserfolges zu berucksichtigen.
6 Quantitative Wirksamkeitseinschatzung der statischen Teilverdich-
tung (StaTeV)
Der mechanische Sanierungsprozess mit der statischen Teilverdichtung wurde mit modernen
bodenmechanischen Ansatzen quantitativ untersucht. Das theoretische Modell basiert auf die
numerische Losung des Anfangs- und Randwertproblems mit der Methode der Finiten Ele-
mente. Die Berechnung wurde mit dem Programmsystem PLAXIS-2D V9.02 in einer zweidi-
mensionalen Betrachtung mit einem ebenen Deformationszustand durchgefuhrt. Das Berech-
nungsmodell stellt damit in etwa einen Schnitt durch die Mitte der Totlast mit einer Flache von
A = 20× 20 [m] = 400 [m2] und einer Sohlspannung von q = 75[kN/m2] dar, die in Richtung
senkrecht zur Modellierungsebene theoretisch als unendlich erstreckt erfasst wird. Die Berech-
nungsergebnisse uberschatzen damit die tatsachliche Verdichtungswirkung geringfugig, die un-
ter den wahren dreidimensionalen Bedingungen zu erwarten sind. Zur theoretischen Abbildung
eines raumlichen Konsolidationsvorganges und Prognose der erzwungenen Porenuberdrucke
wurde die Sanierungsgeschwindigkeit mit v′ = 1 [m2/min] abgebildet.
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Tab. 1: Bodenphysikalische und bodenmechanische Kennwerte
Bodenphysikalische und bodenmechanische Kennwerte
Kennwert: Dimension: Kennwertansatz ALT Kennwertansatz NEU
γn [kN/m3] 1700, 0 1700, 0
γr [kN/m3] 2000, 0 2000, 0
B [1] 0, 99 0, 99
kx [m/s] 5, 0 · 10−5 5, 0 · 10−5
ky [m/s] 5, 0 · 10−5 5, 0 · 10−5
Kennwerte der Hypoplastizitat
ed0 ≈ emin [1] 0, 440 0, 470
ec0 ≈ emax [1] 0, 850 0, 973
ei0 [1] 1, 000 1, 120
hs [MPa] 1600, 0 20, 0
n [1] 0, 19 0, 50
α [1] 0, 25 0, 10
β [1] 1, 00 3, 00
ϕ′
c [o] 33, 00 35, 00
p′
t [kPa] 5, 00 5, 00
Legende:
γn: Wichte bei naturlicher Sattigung
γr: Wichte bei vollstandiger Sattigung
B: Skempton’scher Porenwasserdruckfaktor fur isotrope Belastung
kx: Hydraulischer Durchlassigkeitsbeiwert fur horizontale Stromung
ky: Hydraulischer Durchlassigkeitsbeiwert fur vertikale Stromung
ed0: Porenzahl bei dichtester Lagerung des granularen Feststoffkorngerustes
emin: Porenzahl bei dichtester Lagerung des granularen Feststoffkorngerustes
ec0: Porenzahl im residualen Zustand des granularen Feststoffkorngerustes
emax: Porenzahl bei lockerster Lagerung des granularen Feststoffkorngerustes
ei0: Porenzahl rein isotroper Kompression des granularen Festststoffkorngerustes
hs: Granulatharte
n: Kompressionsexponent
α: Pyknotropieexponent zur Erfassung des Dichteeinflusses auf die Festigkeit
β: Pyknotropieeexpoent zur Erfassung des Dichteeinflusses auf die Steifigkeit
ϕ′
c: Reibungswinkel im residualen Zustand
p′
t: Maximale Zugspannungen im Feststoffkorngerust
295
15. ALTBERGBAU-KOLLOQUIUM Leoben 2015
AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA
AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA
0.00 20.00 40.00 60.00 80.00 100.00 120.00 140.00 160.00 0.00 20.00 40.00 60.00 80.00 100.00 120.00 140.00 160.00 0.00 20.00 40.00 60.00 80.00 100.00 120.00 140.00 160.00
-40.00
-20.00
0.00
20.00
40.00
60.00
80.00
100.00
Total displacements (Utot)
Extreme Utot 535.15*10-3
m
[m]
-0.040
-0.000
0.040
0.080
0.120
0.160
0.200
0.240
0.280
0.320
0.360
0.400
0.440
0.480
0.520
0.560
AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA
AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA
0.00 20.00 40.00 60.00 80.00 100.00 120.00 140.00 160.00 0.00 20.00 40.00 60.00 80.00 100.00 120.00 140.00 160.00 0.00 20.00 40.00 60.00 80.00 100.00 120.00 140.00 160.00
-40.00
-20.00
0.00
20.00
40.00
60.00
80.00
100.00
State variable 7
Extreme value 849.71*10-3
[*10-3
]
760.000
765.000
770.000
775.000
780.000
785.000
790.000
795.000
800.000
805.000
810.000
815.000
820.000
825.000
830.000
835.000
840.000
845.000
850.000
Abb. 2: Statische Teilverdichtung (StaTeV) - Quantitative Wirksamkeitseinschatz-
ung - Verschiebung und Porenzahlanderung im Untergrund
296
15. ALTBERGBAU-KOLLOQUIUM Leoben 2015
AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA
AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA
0.00 20.00 40.00 60.00 80.00 100.00 120.00 140.00 160.00 0.00 20.00 40.00 60.00 80.00 100.00 120.00 140.00 160.00 0.00 20.00 40.00 60.00 80.00 100.00 120.00 140.00 160.00
-40.00
-20.00
0.00
20.00
40.00
60.00
80.00
100.00
Shear stresses (sig'-xy)
Extreme sig'-xy 21.13 kN/m2
[kN/m2]
-20.000
-18.000
-16.000
-14.000
-12.000
-10.000
-8.000
-6.000
-4.000
-2.000
0.000
2.000
4.000
6.000
8.000
10.000
12.000
14.000
16.000
18.000
20.000
22.000
AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA
AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA
0.00 20.00 40.00 60.00 80.00 100.00 120.00 140.00 160.00 0.00 20.00 40.00 60.00 80.00 100.00 120.00 140.00 160.00 0.00 20.00 40.00 60.00 80.00 100.00 120.00 140.00 160.00
-40.00
-20.00
0.00
20.00
40.00
60.00
80.00
100.00
Excess pore pressures
Extreme excess pore pressure -8.53 kN/m2
(pressure = negative)
[kN/m2]
-9.000
-8.500
-8.000
-7.500
-7.000
-6.500
-6.000
-5.500
-5.000
-4.500
-4.000
-3.500
-3.000
-2.500
-2.000
-1.500
-1.000
-0.500
0.000
0.500
Abb. 3: Statische Teilverdichtung (StaTeV) - Quantitative Wirksamkeitseinschatz-
ung - Schubspannung und Porenuberdruck im Untergrund
297
15. ALTBERGBAU-KOLLOQUIUM Leoben 2015
0
0.01
0.02
0.03
0.04
0.05
0.06
0.07
0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1 1.1 1.2
Aenderu
ng d
er
Pore
nza
hl i
n 1
0m
Tie
fe [1
]
Porenzahl im Ausgangszustand [1]
StaTeV - Bodenmechanische Berechnung der Wirksamkeit
Porenzahl - Kennwertansatz ALTPorenzahl - Kennwertansatz NEU
0
0.01
0.02
0.03
0.04
0.05
0.06
0.07
0.08
0.09
0.1
0.11
0.12
0.13
0.14
0.15
-0.4 -0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1Aenderu
ng d
er
bezo
genen L
ageru
ngsd
ichte
in 1
0m
Tie
fe [1
]
Bezogene Lagerungsdichte im Ausgangszustand [1]
StaTeV - Bodenmechanische Berechnung der Wirksamkeit
Bezogene Lagerungsdichte - Kennwertansatz ALTBezogene Lagerungsdichte - Kennwertansatz NEU
Abb. 4: Statische Teilverdichtung (StaTeV) - Quantitative Wirksamkeitseinschatz-
ung - Anderung der Porenzahl und der bezogenen Lagerungsdichte im Untergrund
298
15. ALTBERGBAU-KOLLOQUIUM Leoben 2015
In den bodenmechanischen Berechnungen wurde der Untergrund mit einem Grundwasserflu-
rabstand von hw = 2 [m] betrachtet und unterhalb des Grundwasserspiegels wurde eine nahezu
vollstandige Wassersattigung des Porenraumes vorausgesetzt. Zur Prognose der Verdichtungs-
wirkung wurde in den Berechnungen die Anfangsporenzahl systematisch variiert und in einer
zusatzlichen Berechnung fur ein relevantes Beispielergebnis exakt auf den Wert der Porenzahl
bei lockerster Lagerung emax eingestellt. Die Anfangsporenzahl wurde spannungsunabhangig
und mit einer homogenen raumlichen Verteilung eingefuhrt, damit ein Porenzahlkontrast infol-
ge der Verdichtungswirkung klar dargestellt werden konnte.
Als Materialgesetz fur das Kippenmaterial wurde die Theorie der Hypoplastizitat fur ein gra-
nulares Lockergestein in der von VON WOLFFERSDORFF vorgelegten Form verwendet [12]. Die
Materialparameter wurden aus Untersuchungen an typischen gestorten Kippenproben ermittelt.
Die in den Berechnungen verwendeten Kennwerte wurden in der Tabelle 1 zusammengestellt
und gehen aus Untersuchungen von HERLE an der Universitat Karlsruhe sowie aus Untersu-
chungen am Institut fur Geotechnik der Technischen Universitat Bergakademie Freiberg jeweils
an diversen Kippenmaterialien aus dem ehemaligen Tagebau Schlabendorf hervor [4].
Die rechnerische Prognose der eintretenden Verschiebungen, Porenzahlanderungen, Poren-
uberdrucke sowie Schubspannungen aus den Berechnungen zur Wirksamkeit der Verdichtung
mit dem Sanierungsverfahren StaTeV sind in den Abbildungen 2 und 3 fur den Kennwertan-
satz ”ALT” bei einer konstanten Anfangsporenzahl von e0= emax = 0, 850 [1] beispielhaft
dargestellt. Das wahrend der Sanierung eintretende Verschiebungsfeld zeigt eine gleichmaßige
Absenkung und Glattung der Gelandeoberflache, wodurch der große Vorteil des Sanierungs-
verfahrens StaTeV in der Vermeidung von unerwunschten Gelandeverformungen deutlich un-
terstrichen wird. Die Anderung der Porenzahl ist in der Nahe der Oberflache am starksten und
nimmt mit der Tiefe ab. Der Betrag der im Baugrund provozierten Porenuberdrucke hangt von
der Geschwindigkeit der Laststeigerung (Fortschrittgeschwindigkeit) ab und kann durch eine
rechnerische Dimensionierung sowie Echtzeituberwachung des Sanierungsprozesses auf einem
ungefahrlichen Niveau eingestellt und gehalten werden. Die statische Belastung erzeugt ein
Schubspannungsfeld im Baugrund, das sich jeweils von beiden Kanten der Totlast in Form von
zwei Flugeln bis in hohe Tiefen ausbreitet und den entscheidenden Mechanismus der Verdich-
tung des locker gelagerten verflussigungsgefahrdeten Kippenmaterials in Form einer sanften
Scherbelastung sichert. Die aus den bodenmechanischen Berechnungen folgenden Verdich-
tungseffekte wurden jeweils in einer Tiefe von z = 10 [m] detailliert ausgewertet und in der
Abbildung 4 graphisch aufgetragen, wo in den Diagrammen die Große der Anderung der Poren-
zahl sowie der bezogenen Lagerungsdichte entnommen werden kann, die sich in Abhangigkeit
von der Anfangsporenzahl im Baugrund vor der Sanierung einstellt. Aus den Darstellungen
wird deutlich, dass sich die Verdichtungswirkung mit der zunehmenden Große der Ausgangs-
dichte stark verkleinert. Bei einer gunstigen Ausgangsdichte besteht die Moglichkeit, durch eine
Verdichtung mit dem Verfahren StaTeV eine potenzielle Verflussigungsgefahr abzuwenden. Bei
einer extrem lockeren Lagerung im Baugrund im Ausgangszustand sind die Verdichtungseffekte
lediglich zu einer Teilstabilisierung des verflussigungsgefahrdeten Lockergesteins hinreichend.
299
15. ALTBERGBAU-KOLLOQUIUM Leoben 2015
Die erzielten Simulationsergebnisse stehen mit der praktischen Erfahrung mit Kippen des
Braunkohlenbergbaus im Einklang, wo Standorte bekannt geworden sind, die ihre Verflussi-
gungsneigung trotz einer hohen Vorbelastung aus einer daruber liegenden Kippscheibe und
spateren erheblichen Materialabtrages nicht verloren haben. Die Große der Porenzahlanderung
infolge der Vorbelastung war in dem naturlich gesattigten und wahrscheinlich dadurch sehr lo-
cker gelagerten Kippenmaterial zur Abwendung der Verflussigungsneigung nicht hinreichend.
Die bodenmechanischen Bedingungen in Innenkippen konnen sich jedoch im Ausgangs-
zustand der Sanierung durch eine hohe Wassersattigung bis nahe an die Gelandeoberflache,
durch die damit zusammenhangenden niedrigen wirksamen Spannungen sowie durch die be-
reits erhohte Dichte im Ausgangszustand nach dem Abschluss von Sackungs- und Eigenset-
zungsprozessen wesentlich gunstiger darstellen.
7 Merkmale und notwendige geotechnische Bedingungen der Anwend-
barkeit der statischen Teilverdichtung (StaTeV)
Die statische Teilverdichtung StaTeV zeichnet sich aus der Sicht der geotechnischen Bedin-
gungen bei der Sanierung der verflussigungsgefahrdeten Innenkippen der Lausitz durch eine
Reihe von sehr vorteilhaften Merkmalen aus. Bei der praktischen Umsetzung des Verfahrens
ist es unerlasslich, die eintretenden Belastungen im Baugrund mit einer Echtzeitmonitoring aus
markscheiderischen Messungen der Deformation, aus bodendynamischen Messungen der Parti-
kelgeschwindigkeit und aus der messtechnischen Uberwachung der erzeugten Porenuberdrucke
in der Umgebung der wandernden statischen Belastung zu begleiten. Durch den langsamen
Sanierungsvorgang konnen die Monitoringmessungen zu einem seismo-hydraulischen Fruh-
warnsystem zusammengefasst werden, womit die kontinuierliche geotechnische Sicherheit des
wandernden Belastungssystems durch eine Beobachtungsfahrweise mit Echtzeit-Monitoring
gewahrleistet werden kann. In problematischen Bereichen der Innenkippenflachen konnen den-
noch erganzende Maßnahmen zur Vorwegnahme einer extremen Verflussigungsneigung und zur
Entspannung von hohen Porenuberdrucken in Kombination mit der statischen Teilverdichtung
StaTeV notwendig werden.
Eine wichtige Voraussetzung fur eine Sanierung mit dem Verfahren StaTeV ist die boden-
mechanisch zufriedenstellende Klarung der Frage einer notwendigen und hinreichenden Ver-
dichtung, damit unter dem typischerweise auftretenden Beanspruchungsniveau verschiedener
potenzieller Initiale eine Verflussigung mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden
kann.
Durch eine notwendige und hinreichende Verdichtung muss in einem verflussigungsgefahrde-
ten Lockergestein ein bodenmechanischer Zustand eingestellt werden, in dem eine Verflussigung
unter den typischerweise auftretenden Anregungsamplituden der Folgenutzung mit großer Wahr-
scheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Die Fragestellung nach einer notwendigen Ziel-
dichte und einer notwendigen Zielstruktur, unter denen eine Verflussigung nicht mehr auftritt,
300
15. ALTBERGBAU-KOLLOQUIUM Leoben 2015
ist materialspezifisch dominiert und stark von der Amplitude potenzieller Initiale abhangig,
weshalb eine pauschale Bewertung zu einer zuverlassigen Klarung nicht ausreicht.
Zur zumindest einer qualitativen Beleuchtung der Fragestellung einer notwendigen und hin-
reichenden Verdichtung sollten einige aus der bodenmechanischen Praxis mit Verflussigung be-
kannten wichtigsten Erfahrungen genannt werden. Fur die Verflussigungsneigung eines Locker-
gesteins ist der naturliche Zustand und dabei insbesondere die Lagerungsdichte sowie der Was-
sersattigungsgrad und die Struktur des Korngerustes im Ausgangszustand der Anregung aus-
schlaggebend. Zur Sicherung von verflussigungsgefahrdeten Lockergesteinen unter dem Am-
plitudenniveau schwacher Initiale ist es haufig vollkommen ausreichend, eine geringfugige oder
sogar nahezu marginale Dichteanderung und eine damit unvermeidbar gekoppelt eintretende
Strukturveranderung des Korngerustes vorzunehmen, damit eine Verflussigungsgefahr wirksam
und langzeitstabil mit hoher Sicherheit beseitigt werden kann. Wichtig ist es dabei, moglichst
gleichmaßige und im gesamten Korngerust einheitlich eintretende mechanische Veranderungen
hervorzurufen.
Die vorliegenden quantitativen Untersuchungen zeigen eine notwendige Bedingung fur die
sinnvolle Anwendbarkeit des Verfahrens StaTeV zur Sanierung von verflussigungsgefahrdeten
Lockergesteinen mit großer flachenhafter Ausdehnung darin auf, dass die Dichte des anstehen-
den Materials hoher oder zumindest in der Großenordnung der an trockenem Material ermittel-
ten Dichte bei lockerster Lagerung liegen sollte.
8 Alternative Sicherungsverfahren
Auf Kippenstandorten mit anstehenden verflussigungsgefahrdeten Lockergesteinen ist die Lage
des Grundwasserspiegels eine grundlegende Entscheidungsgrundlage im Hinblick auf die Wahl
eines potenziell geeigneten Sanierungsverfahrens. Die Verdichtung des Lockergesteins ist eng
mit Senkungen der Baugrundoberflache verbunden. Bei einer sehr hohen Lage des Grundwas-
serspiegels konnen Vernassungsflachen und neue Wasserflachen entstehen, die die geotechni-
schen Bedingungen grundlegend verandern.
Die Lage des Grundwasserspiegels kann auch die Art einer vorgesehenen wirtschaftlichen
Flachennutzung, wie Landwirtschaft oder Forstwirtschaft, ungunstig beeinflussen. Insbeson-
dere, wenn Bauwerke auf dem verflussigungsgefahrdeten Standort errichtet wurden, kann die
Verdichtung des Baugrundes eine unvertretbar hohe Deformationen der bestehenden Bauwer-
ke und damit verbunden sogar die Verlust der Tragfahigkeit hervorrufen. In Verbindung mit
einem hohen Grundwasserspiegel kann die Gebrauchstauglichkeit des Bauwerkes ebenso be-
eintrachgtigt werden.
Wenn an einem Standort die Verdichtung des anstehenden verflussigungsgefahrdeten Locker-
gesteins nicht moglich ist, besteht die einzige Sanierungsalternative in der Anwendung von
Injektionsverfahren. Der Injektionsmittel kann den Porenraum auffullen und damit den Wasser-
301
15. ALTBERGBAU-KOLLOQUIUM Leoben 2015
sattigungsgrad senken. Zusatzlich kann der Injektionsmittel zu einer Zementierung des Korn-
gerustes fuhren, wodurch weitere Festigkeitskomponeten entstehen, die ein Verflussigungsver-
sagen verhindern. Infolge der Veranderung in der Porenfullung nach der Injektion ist als Ne-
beneffekt die gleichzeitige Verkleinerung der hydraulischen Durchlassigkeit zu erwarten.
Die Wirtschaftlichkeit der Stabilisierung von verflussigungsgefahrdeten Kippengebieten mit
Injektionsmethoden hangt sehr stark vom Aufwand zur Installation der Injektionstechnik zu-
sammen. Durch einen generell niedrigen Spitzenwiderstand bei Drucksondierungen und durch
sehr niedrige Schlagzahlen bei Rammsondierungen in wassergesattigten locker gelagerten Kip-
penboden ist es zu erwarten, dass sich Rohre zum Verpressen von Injekionsmitteln mit geringem
Aufwand installieren lassen.
Der verwendete Injektionsdruck ist ein wichtiger Sicherheitsfaktor beim Verpressen des Un-
tergrundes mit einem geeigneten Full oder Bindemittel. Hohe Injektionsdrucke konnen lo-
kal sehr hohe Porenuberdrucke provozieren, wodurch Verflussigungsversagen ausgelost wer-
den konnen. Im Rahmen einer Injektionsmaßnahme sind grundsatzlich zwei Strategien fur die
Stabilisierung verflussigungsgefahrdeter Standorte moglich. In einem ersten Ansatz ware das
Verpressen eines geeigneten Injektionsmittels mit großen Abstanden der einzelnen Injektions-
punkte und einem hohen Verpressdruck moglich, wodurch rippenartige Bruchstrukturen im lo-
cker gelagerten Kippenboden entstehen und sich mit Injektionsmittel fullen. Dieses Gerust aus
verfestigten Injektionsmitteln konnen im Untergrund eine großraumige Stabilisierungswirkung
hervorrufen. In einem zweiten Ansatz ware das Verpressen eines geeigneten Injektionsmit-
tels mit kleinen Abstanden der einzelnen Injektionspunkte und einem niedrigen Verpressdruck
moglich, wodurch der Porenraum des locker gelagerten Kippenbodens stark mit Injektionsmit-
tel afugesattigt wird und stabilisierende Saulen nach der Verfestigung des Zuschlagstoffes durch
die erhebliche Vergroßerung der Scherfestigkeit entstehen. Dieses Verfahren ist bevorzugt fur
eine lokale Baugrundverbesserung unter existierenden Bauwerken geeignet.
Bei der Anwendung des Injektionsverfahrens ist die Auswahl eines geeigneten Injektions-
mittels auch eine sehr wichtige Fragestellung. Das Injektionsmittel muss umweltvertraglich,
gegenuber Auswaschungen durch das Grundwasser inert und stabil sowie bei der Beschaffung
in großen Mengen wirtschaftlich sein. Eine sehr vorteilhafte Losung ware die Anwendung ei-
nes chemisch inerten Industrieruckstandes, der eine erhebliche Erhohung der Scherfestigkeit im
injizierten Boden bewirkt und gleichzeitig uber eine hohe chemische Bestandigkeit unterhalb
des Grundwassers verfugt. Geeignete Braunkohlenfilteraschen wurden als Injektionsmittel zur
Stabilisierung von verflussigungsgefahrdeten Kippenflachen des ehemaligen Braunkohlenberg-
baus bereits erfolgreich eingesetzt aber uber ihre sichere Umweltvertraglichkeit ist die Diskus-
sion noch offen.
302
15. ALTBERGBAU-KOLLOQUIUM Leoben 2015
9 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Die statische Teilverdichtung (StaTeV) vereinigt die Baugrunderkundung, die Sanierung und
die Qualitatskontrolle in einem geotechnischen Prozess und arbeitet nahezu ohne dynamische
Anregung des Baugrundes. Die mechanische Wirkung der statischen Belastung auf den Bau-
grund ist mit zeitgemaßen ingenieurtechnischen Methoden des Grundbaus gut berechenbar. Das
Sanierungsverfahren ist hinsichtlich der Tiefenwirkung mit der Große der Lastflache, hinsicht-
lich der Verdichtungswirkung mit der Große der Belastung und bezuglich der Sanierungsge-
schwindigkeit mit der Geschwindigkeit des Fortschreitens sehr gut skalierbar. Mit der Geo-
metrie der Lastflache kann die Tiefenwirkung eingestellt werden. Als setzungsgebende Tiefe
im Grundbau gilt in etwa das Doppelte der kleinsten geometrischen Ausdehnung eines Funda-
mentes. Diese Faustregel kann zur uberschlagigen Dimensionierung der Tiefenwirkung genutzt
werden.
Durch die systematische Belastung der Kippenoberflache wird praktisch eine wandernde
statische Probebelastung eingetragen und bietet die vorteilhafte Moglichkeit, die Untergrund-
verhaltnisse durch eine bodenmechanische Ruckrechnung systematisch zu ermitteln und mit to-
mografischen Verfahren zu interpretieren (statische Steifigkeitstomografie). Die erfassten Ruck-
rechnungsergebnisse bieten zugleich eine flachendeckende Qualitatskontrolle der im Rahmen
der Sanierung erzielten Verdichtungswirkung. Durch die wandernde Belastung werden alle Bo-
denelemente im Einflussbereich der Last belastet, wodurch die statische Teilverdichtung eine
sehr konservative Methode der Sanierung darstellt.
Infolge der statischen Teilverdichtung tritt eine sanfte Verdichtungswirkung und Struktur-
veranderung insbesondere in den Bereichen des Untergrundes ein, in denen die wirksame Span-
nung und damit die Steifigkeit im Korngerust besonders niedrig ist. Die eintretenden Dich-
teanderungen sind dabei selektiv, indem in lockereren Bereichen eine starkere Verdichtung als
in dichteren Bereichen auftritt. Die eintretende Dichteanderung nimmt mit zunehmender Tiefe
unter der Oberflache ab. Dies ist jedoch dahingehend unkritisch, dass mit der zunehmender Tie-
fe die wirksamen Spannungen ansteigen und sich der Widerstand gegenuber einer Verflussigung
mit einer zunehmenden Festigkeitsreserve sowie mit dem Abstand zu potenziellen Initialeinwir-
kungen naturlich vergroßert. Durch den statischen Lastwechsel aus einer Belastung und einer
Entlastung werden die Horizontalspannungen im Baugrund erhoht, wodurch die Spannungsa-
nisotropie und die Verflussigungsneigung verringert werden.
Die statische Teilverdichtung setzt einen umwelttechnisch unbedenklichen und sauberen Sa-
nierungsprozess um, weil mit dem Baugrund ein Stoffaustausch weitgehend vermieden wird.
Wenn landwirtschaftliche Flachen behandelt werden mussen, wird der Mutterboden flach ge-
druckt und muss anschließend oberflachennah aufgelockert und konditioniert werden. Die wei-
tere landwirtschaftliche Nutzung der Flachen ist zeitlich nahezu unmittelbar nach der Sanierung
moglich.
303
15. ALTBERGBAU-KOLLOQUIUM Leoben 2015
Die statische Teilverdichtung (StaTeV) ist ein sehr wirtschaftliches Verfahren, weil ein großer
Teil der notwendigen Investitionsmittel am Ende der Sanierung durch Verkauf der notwendigen
Belastungskorper und Baugerate im wesentlichen zuruckgewonnen werden. Die anfallenden
Sanierungskosten werden zum großen Teil durch Betriebskosten und Lohnkosten verursacht
und waren gleichzeitig mit der Entlastung der offentlichen Kassen verbunden.
Wenn an einem Standort die Verdichtung des anstehenden verflussigungsgefahrdeten Locker-
gesteins nicht moglich ist, besteht die einzige Sanierungsalternative in der Anwendung von
Injektionsverfahren. Der Injektionsmittel kann den Porenraum auffullen und damit den Was-
sersattigungsgrad senken. Zusatzlich kann der Injektionsmittel zu einer Zementierung des Korn-
gerustes fuhren, wodurch weitere Festigkeitskomponeten entstehen, die ein Verflussigungsver-
sagen verhindern. Infolge der eine Veranderung in der Porenfullung nach der Injektion ist im
allgemeinen die Verkleinerung der hydraulischen Durchlassigkeit zu erwarten.
Bei der Anwendung des Injektionsverfahrens ist die Auswahl eines geeigneten Injektionsmit-
tels auch eine sehr wichtige Fragestellung. Eine sehr vorteilhafte Losung ware die Anwendung
eines chemisch inerten Industrieruckstandes, der eine erhebliche Erhohung der Scherfestigkeit
im injizierten Boden bewirkt und gleichzeitig uber eine hohe chemische Bestandigkeit unterhalb
des Grundwassers verfugt.
Danksagung
Fur die forderlichen Diskussionen zu dem Thema der Stabilisierungsverfahren von verflussi-
gungsgefahrdeten Standorten sei an dieser Stelle Prof. G. Gudehus, Prof. W. Forster, Prof. W.
Kudla, Dr. A. Vogt, Dr. J. Keßler, Herrn U. Warmbold, Herrn S. Breier, Herrn Dr. G. Gajari und
Prof. P.-A. von Wolffersdorff ganz herzlich gedankt.
Literatur
[1] FORSTER, W. (EDS.): Beurteilung der Setzungsfließgefahr und Schutz von Kippen ge-
gen Setzungsfließen (Rosa Heft); pp.73, VE BKK Senftenberg, Bergakademie Freiberg,
Senftenberg, Freiberg, 1989.
[2] GUDEHUS, G; FORSTER, W. (EDS.): Beurteilung der Setzungsfließgefahr und Schutz
von Kippen gegen Setzungsfließen (Grunes Heft); pp.113, Institut fur Boden- und Felsme-
chanik der Universiat Fridericiana Karlsruhe, Institut fur Geotechnik der TU Bergakademie
Freiberg, LMBV mbH, Karlsruhe, Freiberg, Senftenberg, 1998.
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[4] HERLE, I.; GUDEHUS, G.: Determination of parameters of a hypoplastic constitutive
model from properties of grain assemblies; Mechanics of Cohesive-Frictional Materials,
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fahrdeter Boden mit statischem Schrittverfahren; Patentanmeldung, Nr.P1100575, Un-
garisches Patentamt, Budapest, 2011.
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flussigungsgefahrdeten Kippenflachen; Kudla, W. (ed.): Beitrage zum Fachkolloquium 4
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denverflussigung bei Kippen des Lausitzer Braunkohlenbergbaus; TU Bergakademie Frei-
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2012.
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Altkippen des Braunkohlenbergbaus; Meier, G. et. al. (eds.): Beitrage zum 13. Altberg-
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Braunkohlentagebauen; Meier, G. et. al. (eds.): Beitrage zum 14. Altbergbau Kolloquium,
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versitat Dresden, pp.15, refs.19, Dresden, 2014.
[10] TAMASKOVICS, N.: Standsicherheitsuntersuchungen fur verflussigungsgefahrdete
Standorte nach der Theorie zweiter Ordnung mithilfe von Phi-C-Reduktion; Kudla, W.
(ed.): Beitrage zum 2. Kolloquium Bodenverflussigung bei Kippen des Lausitzer Braunkoh-
lenbergbaus; TU Bergakademie Freiberg, Professur fur Erdbau und Spezialtiefbau, Schrif-
tenreihe, pp.351-368, refs.20, Freiberg, 2014.
[11] VOGT, A.; FORSTER, W.: Abschatzung der Ruckgriffweite von Setzungsfließrutschung-
en; Neue Bergbautechnik, vol.21(1991), no.10/11, p.366-371.
[12] VON WOLFFERSDORF, P.A.: A hypoplastic relation for granular materials with a prede-
fined limit state surface; Mechanics of Cohesive-Frictional Materials, vol.1(1996), p.251-
271.
[13] WEISSBACH, J.; KUDLA, W.: Auswertung und Erkenntnisse aus den bisherigen Scha-
densfallen auf Grund von Verflussigung bei Innenkippen der Lausitz; Kudla, W. (ed.):
Beitrage zum Fachkolloquium 4 im Rahmen des Freiberger Forschungsformums - 63. Berg-
und Huttenmannischer Tag: Bodenverflussigung bei Kippen des Lausitzer Braunkohlenberg-
baus; TU Bergakademie Freiberg, Professur fur Erdbau und Spezialtiefbau, Schriftenreihe,
p.25-39, refs.7, Freiberg, 2012.
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