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Dr. Patrick Schreiner, Abteilung Wirtschaft – Umwelt – Europa, DGB Bezirk Niedersachsen – Bremen – Sachsen-Anhalt, Mail: [email protected] 1

Konsolidieren durch Kürzen?Die Haushaltspolitik der Bundes- und Landesregierung

August 2010


Konsolidieren durch Kürzen?

• 1. Krise, Steuersenkungen, Schuldenbremse

• 2. Kürzungspakete von Bundes- und Landesregierung

• 3. Politische Forderungen des DGB

• 4. Fazit



• Teil 1Krise, Steuersenkungen, Schuldenbremse


Krise, Steuersenkungen, Schuldenbremse

• Veränderung des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland gegenüber dem Vorjahr seit 1951in Prozent; Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Darstellung

– 6,0

– 4,0

– 2,0

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

12,0

14,0

1951

1954

1957

1960

1963

1966

1969

1972

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1981

1984

1987

1990

1993

1996

1999

2002

2005

2008



• Einnahmeausfälle der öffentlichen Haushalte durch steuerpolitische Maßnahmen in den Konjunkturpaketen I und II Quelle: Bundesfinanzministerium, Darstellung und Berechnung Kai Eicker-Wolf / IMK

-14

-12

-10

-8

-6

-4

-2

0

2009 2011 2013

Jahr

Mrd

. E

uro

Insgesamt

Bund

Länder

Gemeinden



• Zurückliegende Steuerreformen

– SPD, Grüne

• Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer von 53 auf 42 Prozent

• Reform und Senkung der Körperschaftsteuer

• � Steuerausfälle: 24 bis 43 Mrd. Euro

– CDU/CSU, SPD:

• Entlastung der Unternehmen um 5 Mrd. Euro

• Abbau von Steuervergünstigungen

• Erhöhung der Umsatzsteuer um 3 Prozentpunkte

• � Positives Saldo, ohne rot-grüne Steuerausfälle wettzumachen



• Durch Steuerreformen seit 1998 bedingte Steuerausfälle 2000-2013 Quelle: Bundesfinanzministerium, Darstellung und Berechnung Kai Eicker-Wolf / IMK

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

Jahr

Mrd

. E

uro

Insg.

Bund

Länder

Gem einden



• Deutschlands restriktive Haushaltspolitik

– Jährliche Wachstumsrate gesamtstaatlicher Ausgaben 1998-2008 in Deutschland: 1,4 Prozent

• EU-Durchschnitt: knapp das Dreifache davon

• Japan einziges Industrieland mit geringerer Zunahme der Staatsausgaben

– Staatsquote 2008: 43,7 Prozent – ca. 5 Prozentpunkte niedriger als Ende der 1990er



• Veränderung des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland gegenüber dem Vorjahr seit 1951in Prozent; Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Darstellung

– 6,0

– 4,0

– 2,0

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

12,0

14,0

1951

1954

1957

1960

1963

1966

1969

1972

1975

1978

1981

1984

1987

1990

1993

1996

1999

2002

2005

2008



• Staatsverschuldung

– Absolute Höhe oder relative Höhe?

– Mittel- und langfristige Finanzierbarkeit abhängig von Bruttoinlandsprodukt

– � Stabilisierung der Schuldenquote

– Reagibilität öffentlicher Haushalte auf konjunkturelle Schwankungen



• EU-Stabilitäts- und Wachstumspakt

– Defizit maximal 3,0 Prozent des nominalen BIP

– Schuldenstand von maximal 60 Prozent des BIP

– Restriktive Haushaltspolitik der rot-grünen Bundesregierung 2000-2005

– Massive Steuersenkungen

– Wachstumsraten BIP 2001-2005

• 2001: 1,2 Prozent

• 2002: 0,0 Prozent

• 2003: -0,2 Prozent

• 2004: 1,2 Prozent

• 2005: 0,8 Prozent



• Schuldenstandsquote Deutschlands 1991-2009 Quelle: Eurostat, eigene Darstellung und Berechnung

0,0

10,0

20,0

30,0

40,0

50,0

60,0

70,0

80,0

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

Jahr

Pro

zen

t d

es B

IP



• Schuldenbremse ab 2011

– Spätestens 2016: Strukturelle Nettokreditaufnahme des Bundes max. 0,35 Prozent des BIP

– Spätestens 2020: Keine Nettokreditaufnahmen der Länder mehr

– Ausnahmen:

• Naturkatastrophen oder Notsituationen (etwa auch aktuelle Finanzkrise)

• Antizyklisches Reagieren auf Konjunkturentwicklung

– Finanzhilfen für Bremen, Saarland, Berlin, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein

– Unklar: Ausgestaltung in den Ländern



• Teil 2Kürzungspakete von Bundes- und Landesregierung


Kürzungspakete von Bundes- und Landesregierung

• Kürzungsprogramme - Übersicht

– Bund: Über 80 Mrd. Euro Kürzungen bis 2014

• 2011: 11,2 Mrd. Euro

• 2012: 19,1 Mrd. Euro

• 2013: 24,7 Mrd. Euro

• 2014: 26,6 Mrd. Euro

– Land: 1,9 Mrd. Euro + 350 Mio. Euro Kürzungen in 2010

• Bis mindestens 2019 restriktive Ausgabenentwicklung

– Annahme: Selbsttragende Konjunktur

– Abwürgen der Binnenkonjunktur



• Bund: Umwelt- und Verkehrspolitik

– Ökosteuer: Reduktion von Ausnahmeregelungen

– Einführung einer ökologischen Luftverkehrsabgabe

– Atompolitik: Brennelementesteuer gegen Laufzeitverlängerung

– Dividende der Deutschen Bahn AG pro Jahr: 500 Mio. Euro



• Bund: Sozialpolitik

– Abschaffung des befristeten Zuschlags beim Arbeitslosengeld II

– Umwidmung von Pflichtleistungen der Bundesagentur für Arbeit in freiwillige Leistungen

– Abschaffung des Rentenversicherungsbeitragssatzes für Hartz-IV-Empfänger(inn)en

– Absenkung des Elterngelds für Menschen mit Nettoeinkommen über 1240 Euro von 67 Prozent auf 65 Prozent

– Abschaffung des Elterngelds für Hartz-IV-Empfänger(inn)en

– Abschaffung des Heizkostenzuschusses für Wohngeldempfänger(inn)en



• Kürzungsbeträge pro Einwohner in Euro; Quelle: Paritätische Forschungsstelle



• Kürzungen im Verhältnis zum Bruttoinlandsproduktin Prozent; Quelle: Paritätische Forschungsstelle



• Bund: Bildungspolitik

– Ländersache

– 4 Mrd. Euro pro Jahr mehr in Bildung und Forschung – elitäre und veraltete bildungspolitische Ansätze:

• Bildungskonten

• Betreuungsgeld

• Begabten-Stipendien

– Besser wären:

• Krippenausbau finanziell absichern

• Ganztagsschulprogramm

• Staatliche Studienfinanzierung

• Abschaffung von Bildungsgebühren



• Bund: Öffentlicher Dienst

– Pauschale Kürzung der Ministeriumshaushalte um insgesamt 4,0 Mrd. Euro pro Jahr

• Programmausgaben

• „sonstige disponible Ausgaben“

– Reduzierung der Streitkräfte um bis zu 40.000 Berufs- und Zeitsoldaten

– Bis 2014 dauerhafter Abbau von insgesamt 10.000 Stellen im öffentlichen Dienst

• „Anpassung an demografische Entwicklung“



0,40,50,70,30,8-0,2(Rechnerischer) Kürzungsbedarf

5,55,76,06,69,18,2Investitionsquote (%)

2,23,72,21,9-3,4Veränderung gegenüber Vorjahr (%)

3,54,96,48,09,28,9Kreditfinanzierungsquote (%)

0,91,31,62,02,32,2Nettokreditaufnahme

-1,3-1,8-2,3-2,3-3,1-2,0Finanzierungssaldo

24,123,622,822,321,822,6Bereinigte Einnahmen

?

2,1

25,0

Mipla2012

?

1,3

25,3

Mipla2013

?

0,1

25,4

Mipla2014

-1,71,2Veränderung gegenüber Vorjahr (%)

24,6

Ist2009

24,9

HP2010

1,9

24,5

HPE2011

Bereinigte Ausgaben

„Deckungslücke“

• Eckdaten des niedersächsischen Landeshaushaltsin Mrd. Euro, Quelle: Niedersächsisches Finanzministerium, teilweise eigene Berechnungen



• Land: Investitionen und Hochbauten

– 20 Mio. Euro Kürzungen bei Bauunterhaltung

– 10 Mio. Euro Kürzungen bei kleinen Neu-, Um- und Erweiterungsbauten

– 5 Mio. Euro im Rahmen der Städtebauförderung

– 3,8 Mio. Euro durch Verschiebung von Investitionen in der Steuerverwaltung

• Land: Sozialpolitik

– 30,5 Mio. Euro Nichtausgleich von Kostensteigerungen bei Trägern von (teil-) stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe

– 4,0 Mio. Euro Verzicht auf Anhebung der Krankenhaus-Pauschalförderung

• Land: Bildungspolitik

– 1,1 Mio. Euro bei Einrichtungen der Erwachsenenbildung

– 17,5 Mio. Euro Budgetreduzierung bei Schulen „infolge hoher Ausgabereste“



• Land: Öffentlicher Dienst

– Pauschale Kürzung der Ministeriumshaushalte um 2 Prozent, 345 Mio. Euro

– Bis 2015 dauerhafter Abbau von 1.900 Stellen

• „Anpassung an demografische Entwicklung“

– Bezüge: Begrenzung der Tarifsteigerung

• 2011: 50 Mio. Euro (Besoldung, Versorgung, Entgelte)

• 2012-2014: 1,0 Prozent lineare Bezügeerhöhungen



• Anteil der Beschäftigten im Öffentlichen Dienstin Prozent, Quelle: International Labour Organization, eigene Berechnung und Darstellung

10,0

15,0

20,0

25,0

30,0

35,0

40,0

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

USA

Frankre ich

Schwede n

Großbritannien

Italien

Nie derlande

Polen

Griechenland

De utschland



• Teil 3Politische Forderungen des DGB


Politische Forderungen des DGB

• Regulierung der Finanzmärkte

• Koordinierung der europäischen Wirtschafts- und Fiskalpolitik

– Vervollständigung der Währungsunion

• Nicht weniger, sondern mehr Staat



• Konsolidieren

– Zum richtigen Zeitpunkt

– Einnahmeseitige Stärkung öffentlicher Haushalte:

• Wachstum

• Steuererhöhungen



• Steuergerechtigkeit

– Erhöhung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer

– Abschaffung der Abgeltungsteuer

– Erhöhung der Körperschaftsteuer

– Wiedereinführung der Vermögensteuer

– Einführung einer Finanztransaktionssteuer

– Offensiverer Steuervollzug

– Einführung einer Gemeindewirtschaftsteuer



• Teil 4Fazit


Fazit

• Schlussfolgerungen:

– Haushaltskonsolidierung über Kürzungen ist kontraproduktiv

– Deutschland lebt unter seinen Verhältnissen

• Stärkung von Gering- und Normalverdienenden

• Erhöhung der Staatsausgaben

– Kürzungspakete von Bundes- und Landesregierung sind unsozial

– Notwendig: Konsolidierung über Wachstum und mehr Steuergerechtigkeit

• Steuererhöhungen



Vielen Dank!

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