kontrapunkt-gesetze

4
ÜBERSICHT ÜBER DIE WICHTIGSTEN KONTRAPUNKTISCHEN GESETZE UND REGELN Melodie Intervalle: Alle übermäßigen und verminderten Intervalle sind ver- boten (S 66). Große und kleine Sekunde und Terz, reine Quarte. Quinte und Oktave können in beiden Richtungen verwendet werden, die kleine Sexte ist jedoch nur aufwärts erlaubt (S. 66). Reihenfolge der Intervalle: Bei aufwärtsgehender Bewegung stehen die großen Intervalle am besten vor den kleineren, abwärts gehen die kleineren Intervalle voran (S. 67). Diese Regel ist weniger streng bei größeren Noten- werten, unerläßlich dagegen bei Vierteln (S. 67). Bei Bewegungen in Viertel- noten ist die Aufeinanderfolge von stufenweiser Fortschreitung und Sprüngen übrigens auf zweierlei Möglichkeiten beschränkt: Terz mit nachfolgender Se- kunde bei aufwärtsgehender Bewegung, Sekunde mit nachfolgender Terz in entgegengesetzter Richtung (S. 93). Sprünge: Sprünge sind möglichst auszufüllen (S. 66). Verboten sind Sprünge von betontem Viertel aufwärts (S. 68). Bei Fortschreitung in Vierteln sind zwei oder mehrere in gleicher Richtung aufeinanderfolgende Sprünge unzulässig (S. 70). Terzsprünge von unbetontem Viertel nach unten sind immer durch einen nachfolgenden Sekundenschritt nach oben auszugleichen (S. 94). Stufenweise Fortschreitung: Stufenweise von unten eingeführte unbetonte Viertel müssen in der Regel stufenweise nach oben weitergeführt werden (S. 94). Rhythmus: Achtel dürfen nur je 2 und 2 zusammengestellt werden, dürfen nur an der Stelle eines unbetonten Viertels stehen und müssen stufen- weise ein- und weitergeführt werden (S. 73 (f.). Zwei Viertel dürfen nicht is- oliert an Stelle einer betonten Halben im Takt stehen; es muß ihnen entweder ein Viertel vorangehen oder nachfolgen, oder auch muß das erste der beiden Viertel synkopiert werden oder dem 2. Viertel eine synkopierte Halbe folgen (S 113). Der kleinste Notenwert, der mit einem Notenwert gleicher Größe synkopieren darf, ist die Halbe (S. 114). Kleinere Notenwerte dürfen nur in Schlüssen mit größeren nachfolgenden Notenwerten synkopiert werden (S. 115). Konsoante Zusammenklänge Konsonanzen: Als Konsonanzen betrachtet man im Zusammenklang die reinen Formen der Prim, Quinte. Oktave, Duodezime usw., die man voll- kommene Konsonanzen nennt, sowie die großen und kleinen Formen der Terz, Sexte, Dezime usw., die man unvollkommene Konsonanzen benennt (S. 78). Parallele Quinten und Oktaven sind verboten (S. 78). Verdeckte Quinten und Oktaven sind in zweistimmiger l., 2. und 3. Art verboten. In zweistimmiger 4. Art, wo sie durch Bindungen verzögert

Upload: soerduke

Post on 04-Dec-2015

6 views

Category:

Documents


3 download

DESCRIPTION

...

TRANSCRIPT

Page 1: Kontrapunkt-Gesetze

ÜBERSICHT ÜBER DIE WICHTIGSTENKONTRAPUNKTISCHEN GESETZE UND REGELN

Melodie

Intervalle: Alle übermäßigen und verminderten Intervalle sind ver-boten (S 66). Große und kleine Sekunde und Terz, reine Quarte. Quinteund Oktave können in beiden Richtungen verwendet werden, die kleine Sexteist jedoch nur aufwärts erlaubt (S. 66).

Reihenfolge der Intervalle: Bei aufwärtsgehender Bewegung stehendie großen Intervalle am besten vor den kleineren, abwärts gehen die kleinerenIntervalle voran (S. 67). Diese Regel ist weniger streng bei größeren Noten-werten, unerläßlich dagegen bei Vierteln (S. 67). Bei Bewegungen in Viertel- noten ist die Aufeinanderfolge von stufenweiser Fortschreitung und Sprüngen übrigens auf zweierlei Möglichkeiten beschränkt: Terz mit nachfolgender Se- kunde bei aufwärtsgehender Bewegung, Sekunde mit nachfolgender Terz in entgegengesetzter Richtung (S. 93).

Sprünge: Sprünge sind möglichst auszufüllen (S. 66). Verboten sind Sprünge von betontem Viertel aufwärts (S. 68). Bei Fortschreitung in Vierteln sind zwei oder mehrere in gleicher Richtung aufeinanderfolgende Sprünge unzulässig (S. 70). Terzsprünge von unbetontem Viertel nach unten sind immer durch einen nachfolgenden Sekundenschritt nach oben auszugleichen (S. 94).

Stufenweise Fortschreitung: Stufenweise von unten eingeführte unbetonte Viertel müssen in der Regel stufenweise nach oben weitergeführt werden (S. 94).

Rhythmus: Achtel dürfen nur je 2 und 2 zusammengestellt werden, dürfen nur an der Stelle eines unbetonten Viertels stehen und müssen stufen- weise ein- und weitergeführt werden (S. 73 (f.). Zwei Viertel dürfen nicht is-oliert an Stelle einer betonten Halben im Takt stehen; es muß ihnen entweder ein Viertel vorangehen oder nachfolgen, oder auch muß das erste der beiden Viertel synkopiert werden oder dem 2. Viertel eine synkopierte Halbe folgen (S 113). Der kleinste Notenwert, der mit einem Notenwert gleicher Größe synkopieren darf, ist die Halbe (S. 114). Kleinere Notenwerte dürfen nur in Schlüssen mit größeren nachfolgenden Notenwerten synkopiert werden (S.115).

Konsoante Zusammenklänge

Konsonanzen: Als Konsonanzen betrachtet man im Zusammenklangdie reinen Formen der Prim, Quinte. Oktave, Duodezime usw., die man voll-kommene Konsonanzen nennt, sowie die großen und kleinen Formen derTerz, Sexte, Dezime usw., die man unvollkommene Konsonanzen benennt (S.78).

Parallele Quinten und Oktaven sind verboten (S. 78).

Verdeckte Quinten und Oktaven sind in zweistimmiger l., 2. und3. Art verboten. In zweistimmiger 4. Art, wo sie durch Bindungen verzögert

Page 2: Kontrapunkt-Gesetze

werden, sind sie dagegen erlaubt und dürfen übrigens in zweistimmiger 5. Artauf gleiche Weise verwendet werden. Im freien zweistimmigen Satz können sie - mit äußerster Vorsicht - auch auf andere Weise zur Anwendunggebracht werden (S. 80). In dreistimmigen Sätzen sind verdeckte Quinten und Oktaven zwischen Außen- und Mittelstimmen zulässig. Verdeckte Quinten dürfen auch zwischen Außenstimmen vorkommen, doch muß die Oberstimme sich in solchem Falle am liebsten stufenweise bewegen. Verdeckte Oktavensind dagegen zwischen Außenstimmen möglichst zu vermeiden (S. 142). In vier-und vielstimmigen Sätzen können verdeckte Oktaven zwischen den Außen- stimmen verwendet werden, doch auch hier am besten bei stufenweise fort- schreitender Oberstimme (S. 161).

Betonungsquinten und -oktaven: a) müssen in der 2. Art mit Vorsicht benutzt werden (S. 91); b) dürfen in der der 3. Art nur ausnahmsweise zwischen zwei einander nächstfolgenden betonten Vierteln geduldet werden; besonders derartige Oktaven sind weniger gut (S. 101); c) sind bei Bindungen (4. Art) erlaubt; d) die vorstehenden Regeln gelten auch für die 5. Art und den freien Satz.

Parallele Terzen und Sexten sollten in ganzen Noten möglichst nicht öfter als je viermal unmittelbar nacheinander vorkommen (S. 87); auch bei halben Noten darf man nicht zu weit über diese Zahl hinausgehen, wahrendman dagegen bei Vierteln unbeschränkteren Gebrauch von ihnen machen kann (S. 128).

Einklang- a) darf in zweistimmiger I.Art nur im ersten und letzten Takt vorkommen (S. 87); b) darf bei zweistimmiger 2. Art (außer im ersten und letzten Takt) nur auf unbetonter Zeit eintreten und der Sprung, durch den er notwendigerweise eingeführt sein muß, ist durch stufenweiseFortschreitung in entgegengesetzter Richtung möglichst auszugleichen (S. 9l); c) ist in zweistimmiger 3. Art (vom ersten und letzten Takt abgesehen) auf dem ersten Taktviertel verboten, darf aber sonst frei verwendet werden (S. 101); d) kann in zweistimmiger 4. Art frei angewandt werden (S. 107); e) darf im zweistimmigen freien Satz verwendet werden, ist aber mit Vorsicht zubehandeln (S. 129); f) kann in drei- und mehrstimmigem Satz zwischen zweioder mehreren Stimmen frei angewandt werden. Jedoch dürfen nur im Anfangs-oder Schlusston sich sämtliche Stimmen im Einklang begegnen (S. 142).

Anfang : a) soll in zweistimmiger l., 2. und 4. Art mit vollkommener Konsonanz einsetzen, jedoch ist die Quinte ausgeschlossen, sobald derKontrapunkt in der Unterstimme liegt (S. 87); b) in zweistimmiger 3. Art kannwenn der Kontrapunkt mit Auftakt einsetzt, gelegentlich mit unvollkommenerKonsonanz begonnen werden (S. 101); c) drei- und mehrstimmiger Satz kannmit vollständigem Dreiklang anfangen, in solchem Falle immer mit großer Terz. Tritt die Terz als Auftakt ein, so kann sie auch klein sein; man kann hier nur mit vollem oder leerem „Dreiklang", d. h. mit fehlender Terzbeginnen (S. 142).

Schluß : a) muß im zweistimmigen Satz immer mit vollkommenerKonsonanz gebildet werden; liegt der Kontrapunkt in der Unterstimme, sokommen nur Einklang und Oktave in Betracht (S. 87); b) kann im drei- undmehrstimmigen Satz durch „vollständigen Dreiklang" oder „Dreiklang" mitfehlender Terz oder Quinte gebildet werden; die Terz kann hier nur groß sein(S.

Page 3: Kontrapunkt-Gesetze

142).

Dissonante Zusammenklänge

Dissonanzen: Alle gleichzeitigen übermäßigen und verminderten Intervalle,außerdem reine Quarte, große und kleine Sekunde, Septime, None usw. (S. 78).

In der l. Art können Dissonanzen nicht angewendet werden (S. 87) doch kann in drei- oder mehrstimmiger I.Art die reine oder übermäßige Quarte die verminderte Quinte und (mehr ausnahmsweise) die verminderte Quarte zwischen Ober- und Mittelstimme oder zwischen zwei Mittelstimmenkonsonant stehen (S. 141); dies gilt auch von den folgenden Arten.

In der 2. Art dürfen Dissonanzen vorkommen, doch nur als Durchgangsnoten(S. 90).

In der 3. Art kann die Dissonanz sowohl als Durchgangsnote wieauch als abwärtsgehende Drehnote benutzt werden, muß aber immer stufen-weise ein- und weitergeführt sein. Die einzige Ausnahme von dieser Regelist die sogenannte Cambiata, in der ein stufenweise von oben her eingeführtesunbetontes, dissonantes Viertel im Terzsprung nach unten verlassen w,rd;welch letzterem dann ein Sekundenschritt nach oben folgt (S. 97-98)

In der 4. Art darf die Dissonanz auf betontem Taktteil stehen, mußaber in solchem Fall vom vorhergehenden unbetonten Taktteil (wo siekonsonieren muß) übergebunden sein und darauf stufenweise abwärts zu einerKonsonanz auf der nachfolgenden unbetonten Zeit weitergeführt werden(S. 105). Einzige Ausnahme bildet hier die sogenannte „konsonierende"Quarte, eine Quarte, die auf unbetonter Halber über liegendem Baßton ein-geführt wird, um darauf zur nächstfolgenden Arsis übergebunden und hier zueiner stärkeren Dissonanz verändert und schließlich auf dem nachfolgendenunbetonten Taktteil regelrecht aufgelöst zu werden (S. 151). Liegt im zwei-stimmigen Satz der Kontrapunkt in der Oberstimme, so kann nur die reineQuarte und große oder kleine Septime als Bindungsdissonanz angewandt wer-den; liegt der Kontrapunkt in der Unterstimme, so kann man (ebenfalls imzweistimmigen Satz) nur die große und kleine Sekunde als Bindungsdissonanzsetzen. Übermäßige und verminderte Intervalle können hier nicht verwendetwerden (S. 106). Im drei- oder mehrstimmigen Satz lassen sich jedoch auchandere Dissonanzen anwenden, wenn sie gleichzeitig mit „guten" Bindungenauftreten (S. 15O-151).

In der 5 .Art kann eine unbetonte Halbe, die nach einer Bindung odereiner ganzen Note kommt, dissonieren, wenn die Dissonanz nach den Regelnfür die 2. Art behandelt wird, dagegen kann sie nach vorhergehendem Viertelnicht dissonieren. Auch Viertel können nach Bindungen oder punktierten Hal-ben dissonieren (S. 115). Viertel, die von der vorhergehenden unbetontenHalben übergebunden sind, dürfen nur ausnahmsweise dissonieren. Dagegenkönnen synkopierte Viertel dissonieren, wenn sie am Platze einer unbetontenHalben stehen (S. 127). Folgen zwei stufenweise abwärtsgehende Viertel aufeine betonte Halbe, so darf das erste der beiden Viertel dissonieren; derartigeunregelmäßige Dissonanzen sind jedoch nur bei abwärtsgehenderBewegung erlaubt (S. 116). Dissonante Drehnoten aufwärts sind als Viertelzulässig, jedoch am besten, wenn sie einer unbetonten (eventuell punktierten)

Page 4: Kontrapunkt-Gesetze

halben oder ganzen (synkopierten) Note vorangehen (S. 116). Die 1. Noteder Cambiata kann eine punktierte Halbe sein und die 3. Note kann dannentweder als Viertel oder als Halbe gesetzt werden. Ist der 1. Ton der Cambiata dagegen Viertel, so muß auch ihr 3. Ton notwendigerweise Viertel sein.Der dissonante Ton selbst (der 2. Ton der Cambiata) darf auf alle Fälle nur dieDauer eines Viertels beanspruchen (S. 116—117). Portamento-Dissonanzenlassen sich anwenden, dürfen aber nur als Viertel und stufenweise nach untenvor unbetonter Halben oder Ganzen gesetzt werden (S. 74). Achtelnoten dürfendissonieren, wenn sie nur nach den allgemeinen rhythmisch-melodischenGesetzen korrekt behandelt sind (S. 117).

In freiem Satz: a) kann bei zweistimmiger Setzweise Viertel mit Viertel dissonieren (Note gegen Note), wenn jede einzelne Stimme dieDissonanz korrekt behandelt; dies gilt ebenfalls für drei- oder mehrstimmigen Satz, in dem sich sämtliche Stimmen in Viertel gegen Viertel bewegen;kommen jedoch im drei- oder mehrstimmigen Satz liegende Töne in einer odermehreren Stimmen vor, während gleichzeitig zwei oder mehrere Stimmen inViertel gegen Viertel fortschreiten, so dürfen diese lebhafteren Stimmen freimiteinander dissonieren, wenn nur das Verhältnis jeder einzelnen Stimme zuden liegenden Stimmen korrekt ist (S. 122); b) es kann das dritte von vierVierteln, deren erstes voll betont ist, dissonieren, wenn alle vier Viertel instufenweiser Fortschreitung nach unten aufeinanderfolgen und das 4. Viertelvon dessen Obersekunde abgelöst wird, während die Gegenstimme eine korrekteSynkopendissonanz zur Viertelbewegung bildet (S. 123); c) es kann,während die Bindungsdissonanz zu ihrem Auflösungston schreitet, die Gegen-stimme gleichzeitig Tonwechsel vornehmen; in derartigen Fällen sind auch„schlechte" Bindungen, z. B. die None in der Oberstimme, brauchbar, da siesich hier in unvollkommene Konsonanzen auflösen lassen (S. 124—125); d) eskann sich die Gegenstimme bei Synkopendissonanzen schon nach der Dauereines Viertels weiterbewegen, wenn nur auf das erste (betonte) Viertel in dieserStimme zwei Sekundenschritte folgen, während die Bindung im übrigen korrekt behandelt wird (S. 126); e) können durchgehende Dissonanzen in Halbenüberhaupt nicht zur Anwendung gelangen, wenn in einer anderen Stimmegleichzeitig Fortschreitungen in Vierteln vorkommen (S. 148).