kw axhausen ivt eth zürich · generalisierte kosten des verkehrs summe der entscheidungsrelevanten...
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Literaturhinweise
Schnabel / Lohse: Kapitel 10.6.4.4
Ortúzar / Willumsen: Kapitel 8.4.1
König, A. (2005) Entscheidungsmodelle in der Verkehrsplanung, Materialien zur Vorlesung Verkehrsplanung, IVT, ETH, Zürich.
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Heute
• Ansätze für Entscheidungsmodelle
• Idee der Schätzung
• Maximum Likelihood
• Logit - Modell
• Eigenschaften des Logit-Ansatzes
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Wo befinden wir uns thematisch?
Orientierung im Vier-Stufen-Modell
1) Verkehrs-Erzeugung (Einwohner, Arbeitsplätze)
2) Verkehrs-Verteilung (Quell-Ziel Matrix)
3) Verkehrs-Mittelwahl (Zu Fuss, PW, ÖV etc.)
4) Routenwahl, Umlegung (-> Belegung von Strassen/ÖV)
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Aufgabe
Verstehen von Verkehrsverhalten unter heutigen Bedingungen
und
Vorhersagen von Verhaltensänderungen unter zukünftigen Bedingungen
das heisst
Analyse der Entscheidungen der Verkehrsteilnehmer
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Was haben wir zur Verfügung?
Tatsächliches Verhalten:
Querschnitt:
• Beobachtung heutigen Verhaltens (RP) • Befragung zum heutigen Verhalten (RP)
Längsschnitt:
• Vergleich von früherem und heutigem Verhalten
Hypothetische Märkte:
• Befragungen zu möglichem künftigen Verhalten (SR/SP)
Jeweilige Beschreibung der Entscheidungssituation
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Was brauchen wir?
• Funktionalen Zusammenhang zwischen der Wahrscheinlichkeit einer Entscheidung (Einzelperson)/ Verteilung der Entscheidungen (Gruppen) und den erfragbaren (vorhersagbaren) Einflussgrössen
Pi(j) = f(Xik)
Pi(j) Wahrscheinlichkeit von Alternative j für Person i Xik Einflussgrössen der Entscheidungssituation k für Person i mit den Alternativen 1 bis n
• Konsistenz mit unserem Verständnis menschlicher Entscheidungsprozesse
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Entscheidungsprozess
Auswahl der besten unter den verfügbaren Alternativen"
Nein"Entscheidung notwendig"
Ja"
Unmittelbare Entscheidung"notwendig" Nein"
Akzeptable Alternativen" bekannt"
Akzeptable Alternativen" bekannt"
Konstruktion neuer"Alternativen mit dem"vorhandenen Wissen"
Ausreichend lange"Suche nach neuer "Information"Konstruktion neuer"Alternativen mit dem"vorhandenen Wissen"und der "neuen Information"
Nein"Nein"Ja" Ja"
Ja"
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Entscheidungsregel: Lexiographisch
Schritte:
1) Reihung der Kriterien und ihrer Ausprägungen
2) Solange mindestens zwei Alternativen gleich gut sind, verwende das nächstwichtigste Kriterium, um die beste Alternative zu bestimmen.
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Entscheidungsregel: Lexiographisch
Schritt 1)
Beispiel: Kriterien
Alter- A B C D native
1 4 4 2 1 2 4 4 0 6 3 4 2 3 2 4 3 1 5 4
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Entscheidungsregel: Lexiographisch
Schritt 2a)
Beispiel: Kriterien
Alter- A B C D native
1 4 4 2 1 2 4 4 0 6 3 4 2 3 2 4 3 1 5 4
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Entscheidungsregel: Lexiographisch
Schritt 2b)
Beispiel: Kriterien
Alter- A B C D native
1 4 4 2 1 2 4 4 0 6 3 4 2 3 2 4 3 1 5 4
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Entscheidungsregel: Lexiographisch
Schritt 2c)
Beispiel: Kriterien
Alter- A B C D native
1 4 4 2 1 !! 2 4 4 0 6 3 4 2 3 2 4 3 1 5 4
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Entscheidungsregel: Nicht-linear
Beispiel: Kriterien
Alter- A B C D native
1 4 4 2 1 2 4 4 0 6 3 4 2 3 2 4 3 1 5 4
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Entscheidungsregel: Nicht-linear
Beispiel: Kriterien βi = 1
Alter- A B C D Ergebnis native
1 4 4 2 1 2 4 4 0 6 3 4 2 3 2 4 3 1 5 4
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Entscheidungsregel: Nicht-linear
Beispiel: Kriterien βi = 1
Alter- A B C D Ergebnis native
1 4 4 2 1 32 2 4 4 0 6 0 3 4 2 3 2 48 4 3 1 5 4 60 !!
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Entscheidungsregel: Linear
Beispiel: Kriterien
Alter- A B C D native
1 4 4 2 1 2 4 4 0 6 3 4 2 3 2 4 3 1 5 4
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Entscheidungsregel: Linear
Beispiel: Kriterien βi = 1
Alter- A B C D Ergebnis native
1 4 4 2 1 2 4 4 0 6 3 4 2 3 2 4 3 1 5 4
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Entscheidungsregel: Linear
Beispiel: Kriterien βi = 1
Alter- A B C D Ergebnis native
1 4 4 2 1 11 2 4 4 0 6 14 !! 3 4 2 3 2 11 4 3 1 5 4 13
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Statistische Modellierung: Abstrakt
• Hilfsmittel zur Erkennung von Strukturen
Struktur ∼ Modellform, Einflussgrössen und deren funktionale Form,
Parameter der Einflussgrössen
• Ziel ist die Abbildung der Messungen mit kleinstmöglichem Fehler (abhängige Variable y)
• Ziel ist die Einbeziehung der geringst möglichen Anzahl von Einflussgrössen (unabhängige Variablen x) (Occam‘s razor)
• Verwendung von theoretisch begründbaren Modellformen, wo immer möglich.
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Statistische Modellierung: Konkret
• Bestimmung der relevanten Alternativen
• Identifikation der Einflussgrössen • Haushalt, Person, Fahrzeug • Entscheidungssituation (Tag, Reise, Fahrt/Weg) • Variablen der Alternativen
• Entscheidungsregel(n) • Deterministisch • Stochastisch
• Bestimmung der Parameter βi der Einflussgrössen
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Generalisierte Kosten des Verkehrs
Summe der entscheidungsrelevanten und subjektiv gewichteten Ressourcenverbräuche und Bedingungen der Fahrten:
• Elemente der Reisezeit (di,RZ) • Reisezeit, Wartezeit, Zugangszeit etc. • Geplante Verfrühungen und Verspätungen (di,früh, di,spät)
• (Subjektiv entscheidungsrelevante) monetäre Kosten (mimr)
• Komfort (cimr)
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Beispiel Verbindungswahl: Elemente des Zeitverbrauchs
IV" ÖV"
Zugangszeit zum Fahrzeug" Zugangszeit zur ersten Zugangsstelle"
Rüstzeit" Fahrscheinerwerb"
Wartezeit"
Fahrzeit inclusive Pausen und Fahrzeug weschsel"
Fahrtzeit inclusive Haltezeiten, Umsteigen und Umsteigezeiten"
Abgangszeit zum Ziel"
Geplante Verfrühung/Verspätung"
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Beispiel Verbindungswahl: Verfrühung/ Verspätung
Tatsächliche Ankunftszeit
Geplante Anfangszeit der Aktivität
Generalisierte Kosten
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Beispiel Verbindungswahl: Verfrühung/ Verspätung
Tatsächliche Ankunftszeit
Geplante Anfangszeit der Aktivität
Generalisierte Kosten
= Fahrplanankunft
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Beispiel Verbindungswahl: Verlässlichkeit
Tatsächliche Ankunftszeit
Geplante Anfangszeit der Aktivität
Generalisierte Kosten
= Fahrplanankunft
= Ankunftsverteilung
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Beispiel Verbindungswahl: Verlässlichkeit
Tatsächliche Ankunftszeit
Geplante Anfangszeit der Aktivität
Generalisierte Kosten
= Fahrplanankunft
= Ankunftsverteilung
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Beispiel Verbindungswahl: Elemente der Kosten
Art IV ÖV Feste Alter abhängige Monats- oder
Jahreskarte Abschreibung Halbtaxabo Steuer, Versicherung Abstellplatz/plätze (Beiträge)
Vermeidbare Kraftstoff Einzelfahrschein Mauten, Parkgebühren Reifen, Instandhaltung Reparaturen Gebrauchsabhängige Abschreibung (Miete)
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Beispiel Verbindungswahl: Elemente des Komfort
IV ÖV
Fahrstress Aufenthaltstress
Unfallrisiko
Gefährdung durch Verbrechen
Umgebungsqualität
Komfort des Fahrzeugs
Fahrkomfort
Informationsdichte und –qualität
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Logit-Modell
Grundannahme über den Nutzen Ujq der Alternative j für Person q:
Ujq = U(Xkjq) = η V(Xkjq) + εjq
V(Xkjq) Systematisch beschreibbarer Anteil
εjq Nicht systematischer, d.h. persönlicher oder nicht
beschriebener Anteil
V(Xkjq) = β0j + ∑ βk‘‘j pk‘‘q + ∑ βk‘j sk‘q + ∑ βkj xkjq
β0j Konstante für Alternative j pk‘‘q Eigenschaft k‘‘ = 1...m‘‘ der Person q sk‘q Eigenschaft k‘ = m‘‘+1...m‘ der Situation der Person q xkjq Eigenschaft k = m‘+1...m der Alternative j für Person q η Konstante, die von der Verteilung von εjq abhängt.
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Logit-Modell: Herleitung
Binärer Fall: Viq - Vjq = 1
εjq + (Vjq - Viq) ≥ εiq εjq - 1 ≥ εiq
εjq
εiq
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Logit-Modell: Herleitung
Aber welche Verteilung ?
Binärer Fall: Viq - Vjq = 1
εjq
εiq
j gewählt
i gewählt
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Logit-Modell: Gumbel-Verteilung
Der Fehler εjq ist die Summe vieler Elemente ⇒ Normalverteilung • aber keine analytische Lösung
Darum: Gumbel-Verteilung ist eine Näherung der Normalverteilung
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Logit-Modell: Gumbel-Verteilung
Zur Verteilung
ejq = µ (εjq - η)
Mittelwert = η + 0.577/η Varianz = π2/ 6η2
Modalwert = µ Skalierungsparameter : η
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Logit-Modell: Herleitung
Unter der Annahme, dass die Fehler unabhängig voneinander sind und alle den gleichen Mittelwert (Null) und Streuung σ haben:
Können wir das folgende Integral lösen:
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Logit-Modell: Herleitung
Zusammengefasst:
Mit e-s = t wird -e-s ds = dt und ds = -(dt/t) ; Für s → ∞: t → 0 und s → -∞: t → ∞ :
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Logit-Modell: Anmerkungen zur Grundversion
• Symmetrische Form
• Nur Nutzendifferenz entscheidend
• Independence of irrelevant alternatives (IIA)
• β0j d.h. konstant über alle Personen
• βkj d.h. konstant über alle Personen
• Lineare Nutzenfunktion
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Logit-Modell: Nur Nutzendifferenz entscheidend
Nebenbemerkung:
Da (β01 - β02) als Differenz mit beliebigen Werten der β0j bestimmbar sind, wird β01 zu null gesetzt. Wobei die Wahl der Alternative und des Wertes null willkürlich ist.
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Logit-Modell: IIA
IIA: Das Verhältnis der Auswahlwahrscheinlichkeiten zweier Alternativen hängt nur von ihrem Nutzen ab; andere Alternativen spielen keine Rolle (independence of irrelevant alternatives)
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Logit-Modell: Problem der IIA-Eigenschaft
Route 1
Route 2
Erw. Logit
R1 50%
R2 50%
Alle Routen sind gleich teuer !
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Logit-Modell: Problem der IIA-Eigenschaft
Route 1
Route 2
Erw. Logit
R1 50% 50%
R2 50% 50%
Alle Routen sind gleich teuer !
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Logit-Modell: Problem der IIA-Eigenschaft
Route 1a
Route 2
Erw. Logit
R1a 33% 33% R1b 33% 33% R2 33% 33%
Route 1b
Alle Routen sind gleich teuer !
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Logit-Modell: Problem der IIA-Eigenschaft
Route 1a
Route 2
Erw. Logit
R1a 28% R1b 28% R2 44%
Route 1b
Alle Routen sind gleich teuer !
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Logit-Modell: Problem der IIA-Eigenschaft
Route 1a
Route 2
Erw. Logit
R1a 28% 33% R1b 28% 33% R2 44% 33%
Route 1b
Alle Routen sind gleich teuer !
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Logit-Modell: Problem der IIA-Eigenschaft
Independence of Irrelevant Alternatives: P(i)/P(j) = exp(V(i))/exp(V(j)) = konstant!
P(1)/P(2) = 1 -> P(1) = P(2)= 50%
Nach Einführung der neuen Route
P(1a)/P(1b) = 1 -> P(1a) = P(1b) = P(2) = 33%
Das einfache Modell erkennt die Ähnlichkeit der Alternativen untereinander nicht!
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Schätzung: Ausgangslage
Was wissen wir ?
Eigenschaften Wahl Person A1 A2 B1 B2 W WA WB
1 15 8 8 17 B 0 1 2 12 14 13 5 B 0 1 3 10 8 12 6 A 1 0 4 8 12 4 18 A 1 0 5 7 5 5 1 B 0 1 6 7 11 14 12 A 1 0 7 3 2 1 5 A 1 0
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Ansatz: Maximum Likelihood
Ansatz der „Grössten Wahrscheinlichkeit“
L(α,β) = Pj1 Pj2 Pk3 Pm4 Pj5 Pm6 ...
Allgemein:
Oder vereinfacht:
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Formulierung der Nutzenfunktionen Vjp
Konstanten: • n-1 Konstanten schätzbar
Variablen: • Soziodemographische Variablen in der Regel in n-1
Alternativen • Transformationen möglich: Polynome, ln etc. • Kategorische Variablen in „dummy“-Variablen auflösen
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Logit-Modell: Modellgüte
Gesamtgüte: Analogon zum R² der linearen Regression: • L(0): Log-Likelihood mit allen Parametern = null; • L(C): Log-Likelihood mit optimalen Konstanten; • L(β): Log-Likelihood mit optimalen Parametern;
Die Masse sind dann:
ρ²(0) = 1 - L(β)/L(0) ρ²(C) = 1 - L(β)/L(C) (konservativer)
Adj. ρ²(0) = 1 - (L(β) - Anzahl Parameter K)/L(0)
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Logit-Modell: Gemeinsamer Test der Parameter
Analog zum F-Test der Regression:
Alle Parameter = null: -2 [L(0) - L(β)] χ²-verteilt mit K Freiheitsgraden
Alle Parameter ausser den Konstanten = null: -2 [L(C) - L(β)] χ²-verteilt mit K - Anzahl
konstanten Freiheitsgraden
Unterschied zweier Modelle -2 [L1(β) - L2(β)] χ²-verteilt mit K1 - K2
Freiheitsgraden
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Logit-Modell: Test einzelner Parameter
Analog zur Regression:
t-Test: β/sβ > Kritischer Wert für das gewählte Konfidenzniveau
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Beispiel
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
-30 -20 -10 0 10 20 30 Reisezeitdifferenz ÖV-IV
Aus
wah
rsch
einl
ichk
eit I
V [%
]
Beobachtet Geschätzt
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Beispiel: Differenz der „Mittelwerte“
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
-30 -20 -10 0 10 20 30 Reisezeitdifferenz ÖV-IV
Aus
wah
rsch
einl
ichk
eit I
V [%
]
Beobachtet Geschätzt Mittelwert der Einzelbeobachtungen Schätzung für den Mittelwert
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Logit-Modell: Pivot-Point Ansatz
Ausgangpunkt: Anteile zweier Alternativen vor und nach einer Massnahme:
Das Verhältnis der Anteile vor und nach ist dann:
A. D
aly
et a
l. (2
005)
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Logit-Modell: Zeitkostensatz
(de Serpa und andere Autoren)
Mit einer linearen Nutzenfunktion:
Wir können Reisezeit und Kosten mit dem Zeitkostensatz verrechnen (value of travel time savings, VTTS):
De
Serp
a (1
971)
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Zusammenfassung
• Konzeptionelles Modell der Entscheidungsfindung
• Spezifisches Modell zur Modellierung von Entscheidungen • Logit-Modell • Nutzenmaximierung • Herleitung • Eigenschaften
Literaturhinweise Vorlesung 5-6 (nächste Vorlesung)"
Schnabel / Lohse: Kapitel 10.7 und 10.8
Ortúzar/Willumsen: Kaptiel 4 und 5
Vrtic, M. (2005) Anwendung von Vier-Stufen-Modellen, Materialien zur Vorlesung Verkehrsplanung, IVT, ETH, Zürich
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Quellen
• Axhausen, K.W., I. Ehreke, A. Glemser, S. Hess, C. Joedden, K. Nagel, A. Sauer und C. Weis (2015) Ermittlung von Bewertungsansätzen für Reisezeiten und Zuverlässigkeit auf Basis der Schätzung eines Modells für modale Verlagerungen im nicht-gewerblichen und gewerblichen Personenverkehr für die Bundesverkehrswegeplanung: FE-Projekt 96.996/2011 Zeitkosten im Personenverkehr, Schlussbericht an das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), Berlin.
• Daly, A., J. Fox und J. G. Tuinenga (2005) Pivot-Point Procedures in Practical Travel Demand Forecasting, ERSA conference papers ersa05p784, European Regional Science Association.
• McFadden, D. (1974) Conditional Logit Analysis of Qualitative Choice Behavior, in P. Zarembka, Frontiers of Econometrics, Academic Press, New York.
• De Serpa, A. C. (1971) A theory of the economics of time, The Economic Journal, 81 (321) 828-846.
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