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LEBEN AUF UNIVERSUM Dezember | Jänner 2010 16 NATURWUNDER | Meeresschildkröten

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LEBEN AUF

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NATURWUNDER | Meeressch i ldkröten

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Meeresschildkröten existieren seit 150 Millionen Jahren auf unserem Planeten. Heute sind sie massiv vom Aussterben bedroht, kaum eine Art, die nicht auf der Roten Liste zu finden wäre. Dabei sind die Reptilien wahre Meister der Anpassung an einen sehr nassen Lebensraum.

TAUCHSTATIONEIN BERICHT VON KATHRIN HERZER

DIESE GRÜNE SCHILDKRÖTEwird an einer seichten Stelle im Meer vorden Philippinen gefüttert. Wenn die Tiere

an Taucher gewöhnt sind, zeigen sie kaumScheu. Die sanften Lebewesen werden

leider heute noch gezielt bejagt, um sie zu Schildkrötensuppe zu verarbeiten.

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DER SCHIFFSHALTERam mächtigen Panzer der Grünen Schild-

kröte ist ihr ständiger Begleiter. Da sie zuden Weitwanderern unter den Meeres-

schildkröten zählt – Futtergründe und Nist-plätze liegen oft Tausende Kilometer von-einander entfernt – , hat er gute Chancen,große Strecken „per Anhalter“ zu reisen.

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Meeresschildkröten sind uralt.Vor etwa 150 Millionen Jah-ren eroberten diese Bewoh-ner unseres Planeten die

Ozeane. Ungefähr 70 Millionen Jahrespäter tauchte die Riesenschildkröte -Archelon ischyros – auf. Mit vier MeternLänge war sie die größte Meeresschild-kröte, die jemals existiert hat. Ein fossi-les Skelett dieser Art ist im Naturhistori-schen Museum in Wien ausgestellt.

Obwohl Reptilien, führen Meeres-schildkröten ein amphibisches Dasein.Um ihre Lungen mit Luft zu füllen,müssen die Tiere auftauchen. DieWeibchen nehmen beschwerliche undvor allem, wegen der Austrocknungsge-fahr, gefährliche Landgänge auf sich,um ihre Eier an Land abzulegen. Dieursprünglichen Landlebewesen habensich im Laufe der Evolution immermehr dem Leben im Meer angepasst.Ihre Panzer sind zu Gunsten derHydrodynamik stromlinienförmigergeworden. Dieser ehemals massiveKörperschutz wurde immer mehr re-duziert, um mit weniger Gewichtgleichzeitig mehr Auftrieb zu errei-chen. Extrembeispiel ist die Leder-schildkröte, die statt eines Panzers einedicke Lederhaut besitzt, in die nurnoch Knochenplättchen eingebettetsind. Die Extremitäten haben sich zugroßen starken Paddeln umgewandelt,die die Weitwanderern unter ihnen eineGeschwindigkeit von bis zu 30 Kilome-tern pro Stunde erreichen lassen.Innerhalb einer Saison begibt sich einSchildkrötenweibchen mehrere Male anLand, gräbt jedes Mal ein Loch im Sandund hinterläßt dort bis zu 100 Eier.Nach den Mühen der Fortpflanzung be-geben sich viele Arten auf eine mehreretausend Kilometer weite Reise zu ihrenNahrungsgründen. Die Brut überlassensie sich selbst. Die Temperatur, dasheißt, die Sonne, aber auch Winde, Stür-me und Wolken bestimmt über daskünftige Geschlecht der nach einigenMonaten schlüpfenden Schildkröten.Aufgrund dieses eigenartigen, bei denmeisten Schildkrötenarten aber gängi-

ECHTE KARETTSCHILDKRÖTENhalten sich gerne im Korallenriff auf, um dort ihre Lieblingsspeise –Schwämme – abzuknabbern. Mit ihren kräftigen Hornschnäbeln können sie aber auch am harten Kalkskelett von Korallen nagen. Ihr großes Pech ist, dass ihre Panzer Schildpatt höchster Qualität zur Schmuckerzeugung liefern.

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Kgen Mechanismus, erwarten mancheWissenschaftler, dass die globale Erder-wärmung das Geschlechterverhältnisder Meeresschildkröten künftig ändernkönnte.

In der Kühle der Nacht verlassen diekleinen, mit hektischen Bewegungenüber den Sand paddelnden Schildkrötenihr schützendes Zuhause. Ihr Weg vomNest zum Wasser ist wie der umgekehr-te Weg der Mutter, ein Wettlauf mit demTod. Zahlreiche Vögel warten amStrand auf die flinken Jungtiere unddurchbohren die noch weichen Panzer.Auf jene, die den Strand glücklich hin-ter sich gelassen haben, lauern im Was-ser nachtjagende Fische und Tintenfi-sche.Wenig verwunderlich, dass nur einBruchteil der Kleinen als geschlechts-reifes Tier an seinen Geburtsstrandzurückkehren wird, um selbst für Nach-wuchs zu sorgen.

Angefangen bei der Zerstörung derNester und Nistplätze, dienen sowohldie Eier als auch ihr Fleisch mancher-

orts als Nahrungsmittel. Aus ihren Kör-pern wird Öl für Medikamente und Im-prägnierungsmittel gewonnen. Riesige,im Meer treibende Müllinseln werdenden hauptsächlich Quallen fressendenTieren, die unverdauliches Plastik leichtmit ihrer Beute verwechseln, ebenfallszum Verhängnis. Aber der Hauptgrundfür ihr rasantes Verschwinden liegt dar-an, dass Tausende von ihnen als so ge-nannter Beifang enden – sie ertrinken,weil sie sich in Fischnetzen verfangenoder an Haken von Kilometer langenLeinen hängen bleiben. In einem Jahrmüssen weltweit hunderttausendeMeeresschildkröten auf diese Weise ihrLeben lassen.

Schutz für die Schildkröten

Ein Licht am Horizont kommt von ei-nem neu entwickelten Rundhaken. Erwurde in einem Vierjahresprojekt desWWF (World Wide Fund for Nature)statt der klassischen J-Haken an Lang-leinen getestet und die betroffenen

Die angegeben Daten sind Schätzwerte.

Sie werden durch die langen Wanderungen

im offenen Ozean erschwert. Es können

darüberhinaus nur die fortpflanzungsfähi-

gen Weibchen gezählt werden, da die

Männchen das Wasser so gut wie nie ver-

lassen. Da die weiblichen Tiere mehrmals

pro Saison an Land gehen und dann eine

Pause von mehreren Jahren einlegen, sind

Zählfehler ebenfalls vorprogrammiert.

Die Lederschildkröte (Dermochelys coriacea)

ist in vieler Hinsicht eine Ausnahme unter den

Meeresschildkröten und gehört einer eigenen

Familie an. Sie ist mit bis zu zwei Metern Panzer-

länge die größte aller Meeresschildkröten.

Weltweit: 34.000 adulte Weibchen; Art vom Aussterben bedroht

Unechte Karettschildkröte (Caretta caretta)

kosmopolitisch

Weltweit: 60.000 adulte Weibchen; bedrohte Art

Grüne Schildkröte (Chelonia mydas)

kosmopolitisch

Weltweit: 203.000 adulte Weibchen; bedrohte Art;Mittelmeer-Population vom Aussterben bedroht

Echte Karettschildkröte(Eretmochelys imbricata) Kosmopolitisch;

liefert Schildpatt höchster Qualität;

Weltweit: 10.000 adulte Weibchen; Art vom Aus-sterben bedroht; Bestand ist im letzten Jahrhun-dert um 80 Prozent zurück gegangen

Olive Ridley Schildkröte (Lepidochelys olivacea) Kosmopolitisch außer

Mittelmeer und Nordatlantik

Weltweit: 800.000 adulte Weibchen; bedrohte Art

Kemp´s Ridley Schildkröte(Lepidochelys kempii)

Sie ist die kleinste Meeresschildkröten-Art. Der

Bestand der vom Aussterben bedrohten Art hat

sich durch im Jahr 1980 getroffene Schutzmaß-

nahmen auf etwa 1.000 adulte Weibchen erholt.

Da sie nur im Golf von Mexiko nistet, wurde sie vonder Ölkatastrophe im Sommer 2010 besonders ge-troffen

Flachrückenschildkröte (Natator depressus)

Die Art kommt nur im nördlichen West- und Ost-

Australien vor. Weltweit: 10.000 adulte Weibchen;da noch zu wenig über diese Art bekannt ist, kannkein Gefährdungsstatus angegeben werden

DIE ARTEN UND IHR BESTAND

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Fischer in seinem Umgang geschult.Der Erfolg verblüffte selbst die Exper-ten des WWF. „An den Rundhakenbleiben die Tiere kaum hängen. Im Ge-gensatz zu den J-Haken, die auch inne-re Verletzungen verursachen, werdenRundhaken so gut wie nie verschluckt.Die Fischer können Schildkröten, diesich trotzdem verfangen haben, in denmeisten Fällen noch retten. Der für siezusätzliche Vorteil sind höhere Fang-erträge von Zielfischarten, weil derBeifang an Schildkröten so drastischreduziert wird.“ So gab sich GeorgScattolin, Meeresexperte des WWF,enthusiastisch. In den USA ist der neu entwickelte „Wunderhaken“ bereitsPflicht. Für Europa soll er es in Zukunftwerden. Der Einsatz von Rundhaken

Einbezug der Beifang-Daten vonFischern könnten in Zukunft sinnvolleregionale und zeitliche Schutzzonenfestgelegt werden.

Auch im Mittelmeer wird fieberhaftam Schutz der selten gewordenen Mee-resreptilien gearbeitet. Dort kommenneben der Lederschildkröte noch vierweitere Meereschildkröten-Arten vor,darunter die Unechte Karettschildkröte.Ihrem Schutz hat sich Michael Stacho-witsch vom Department für Meeresbio-logie der Universität Wien im Besonde-ren verschrieben. Unter seiner Leitungbetreuen Studenten seit Jahren Nistplät-ze an Stränden der Türkei. Leider kannder Meeresbiologe trotz jahrelangerBemühungen nur berichten, dass dieAnzahl der Nester, und somit auch dieder Schildkröten immer weiter zurückgeht: „Wenn nicht bald strengereSchutzmaßnahmen verordnet werden,deren Einhaltung konsequent kontrol-liert wird, werden mit den Meeres-schildkröten Arten für immer ver-schwinden, die älter als das Mittelmeerselbst sind.“ �

WENN ES DIE JUNGEN Lederschildkrötenins Meer schaffen und die Fährnisse desOzeans überstehen, werden sie als Er-wachsene die größten Meeresschildkrötenüberhaupt sein. Dann wagen es fast nurnoch große Haie die Reptilien anzugreifen.

DER PANZER DER LEDERSCHILDKRÖTEist einzigartig unter den Meeresschildkrö-ten. Einzigartig sind mit über 1.000 MeternTiefe auch ihre Tauchleistungen. Sehr vielmehr Zeit als alle anderen Meeresschild-kröten hält sie sich am offenen Ozean rund um den Globus auf.

hat in der Meeresregion zwischen Indo-nesien, den Philippinen und Fijimittlerweile die Beifangrate um 80 Pro-zent reduziert.

Im Ostpazifik ist die Lederschild-kröten-Population in den letzten 20Jahren um 90 Prozent zurück gegan-gen. Meeresbiologen nehmen an, dassvon den ehemals Zehntausenden Indi-viduen, heute wahrscheinlich nur noch4.000 Exemplare im gesamten Pazifikexistieren. Um dem entgegen zu wirkenhaben Wissenschaftler vom Census ofMarine Life (siehe Artikel im Univer-sum Magazin Mai 2008) in den letztenJahren durch eine Langzeitstudie ver-sucht, die bis dato geheimnisvollenWanderrouten der Tiere zu entschlüs-seln. Mithilfe der genaueren Kenntnisihrer Aufenthaltsorte, sollen die letztenNachkommen dieser uralten Art geret-tet werden.

Obwohl durch diese Studie längstnicht alle Geheimnisse im langen Lebender Lederschildkröten gelüftet werdenkonnten, liefert sie doch wertvolle Da-ten zum Schutz der Reptilien. Unter

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Einige Tage zuvor hat sich eine GruppeReisender in der westaustralischen StadtBroome versammelt. Sie stammen ausAustralien, Großbritannien, Finnland,Deutschland und Österreich. BiosphereExpeditions hat sie an diesen Treffpunktbestellt: Mit dabei ist Matthias Hammer,Gründer und Chef von Biosphere Ex-peditions, er begleitet „seine“ Touri-sten, die die ersten sind, die bei diesemSchildkrötenprojekt mitarbeiten dürfen.Biosphere Expeditions hat sich daraufspezialisiert, Freiwillige und Wissen-schaftler zusammen zu bringen.Wer lie-ber im Urlaub arbeitet, ist hier richtig.Anstatt „nur“ Urlaub zu machen, kön-nen die Teilnehmer bei wissenschaftli-chen Projekten helfen. Sie sind dringend

benötigte Hilfskräfte, finanzieren For-schungsprojekte gleichzeitig mit.

Von Broome geht es mit dem Auto130 Kilometer südwärts. Stützpunkt istein wunderschönes Resort, das auchdem Strand den passenden Namen EcoBeach gibt.Von hier aus sollen nachts 16Kilometer Strand überwacht werden.Das Forschungsobjekt nennt sichdeutsch „Wallriffschildkröte“, hat denlateinischen Namen Natator depressusund heißt lokal „Australian Flatback“.Früher hat man sie als eine australischeForm der gewöhnlichen Suppenschild-kröte angesehen und sie entsprechendals Australische Suppenschildkröte be-zeichnet. Erst in den 1960er-Jahrenwurde sie als eigene Art erkannt und gilt

Turtle! – Plötzlich laufen dieMenschen am Swimmingpoolvorbei, ein paar Touristen undAngestellte des Eco Beach Re-

sorts und deuten zum Meer, scharfe Bli-cke auf den Strand und immer wiederein Lächeln. Ich befinde mich gerade imSwimmingpool, das einzige, was man –außer Lesen oder Schlafen im Schatten– bei rund 45 Grad Tagestemperaturnachmittags hier machen kann. Aberder Ruf „Turtle“ belehrt eines Besseren:Eine Wallriffschildkröte ist drauf unddran, am helllichten Tag den Strand zuüberqueren, ein Nest zu graben unddann ihre Eier abzulegen. Und das zueiner ungewöhnlichen Uhrzeit: norma-lerweise kommen sie nur bei Nacht.

Wenn Meeresschildkröten in Westaustralien landen, um ihre Eier zu legen, werden sie bereitsvon Wissenschaftlern und freiwilligen Helfern erwartet. Biosphere Expeditions bringt Reisendeund Forscher zusammen, die dann als Team die Tiere markieren und Nester kartieren. Das Universum Magazin war eine Woche mit dabei.

BAYWATCH IN AUSTRALIEN EIN BERICHT VON JÜRGEN HATZENBICHLER

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heute als einzige der Gattung Natator.Auf der Roten Liste der gefährdeten Ar-ten wurde die Wallriffschildkröte als ge-fährdet geführt, dann aber auf „Keineausreichenden Daten“ zurück gestuft.

Nachts auf Patrouille

„Wir wissen zu wenig über AustralianFlatbacks“, meint Biologe GlennMcFarlane bei der Einführung, die dieGruppe im Yoga-Raum von Eco Beacherhält. „Genau deswegen sind wir hier.“Unterstützt von der australischenNaturschutzorganisation CVA, will manmehr über Anzahl und Wanderungs-bewegungen dieser Meeresschildkrötewissen. Grundprinzip der Arbeit: DieTiere werden mit Titaniummarken in

rechte und linke Vorderflosse markiert.Zuvor dürfen sie ungestört nesten, wo-bei die Anzahl der Eier gezählt, das Nestmit GPS verortet wird. Bevor das Mut-tertier sich ins Meer zurückzieht, wirdsie auf ihre Marken kontrolliert bzw.wird markiert, muss eine DNA-Probeabgeben und wird vermessen. Die Er-gebnisse landen in einem statistischenDatenblatt, das das Wissen der Men-schen über Natator depressus bereichert.Bisher ist bekannt, dass diese Art denkleinsten Verbreitungsraum aller Meeres-schildkröten hat: Sie bewohnt die nörd-lichen Küstengewässer Australiens, zwi-schen den Kimberley Islands bis zurTorres-Straße, seltener ist sie im Bereichdes Great Barrier Reef anzutreffen. Be-vorzugt werden Flachwasserzonen undihre Ernährung besteht aus Braunalgen,Tintenfischen und Seegurken.

Praxis und persönliche Erfahrungsind die schönsten Erlebnisse für Frei-willige. Und so geht es beim Meeres-schildkrötenprojekt schnell zur Sache:Drei Patrouillen zu je vier Leuten und

einem Wissenschaftler werden einge-teilt. Die eine kontrolliert einen fünf Ki-lometer langen Strandabschnitt vor Mit-ternacht, die zweite danach. Die drittearbeitet und übernachtet in Zelten am16 Kilometer entfernten Strandab-schnitt „Jack’s Creek“, dazwischenliegen Klippen, zu denen die Flut dasWasser treibt, das heißt die Gruppe istabgeschnitten. Am Morgen fährt dieseGruppe mit dem Geländewagen dennun wieder passierbaren Strand entlangund kontrolliert anhand der Schildkrö-tenspuren, ob und wieviele Tiere in derNacht übersehen wurden.

„Wie sollen wir in der finsterenNacht die Spuren finden?“, lautet dieerste Frage der Gruppe. Ich bin mitzwei jungen Frauen aus Australien –Rasha und Mehri – und dem pensio-nierten britischen Banker Gordon in ei-ner Patrouille. Tony Dingwall ist unserGruppenleiter und überzeugt, dass wirdie Spuren finden werden. Er solltedurch seine jahrelangen Routine mitSchildkröten Recht behalten. An einem

DAS OBJEKT DER FORSCHUNGDie Wallriffschildkröte nistet nachts:Hier hat eine Gruppe von Biosphere

Expeditions am Morgen eine Spur undein Nest entdeckt. Der Ort wird mit GPS

markiert, die Spur vermessen.

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nächtlichen Sandstrand ist die einenMeter breite Spur der Wallriffschildkrö-te wirklich nicht zu übersehen. Sehrbald stoßen wir bei unserem Gang amUfer entlang auf unsere erste Meeres-schildkröte. Die Spur wirkt wie eine Au-tobahn im Mondlicht. „Wer will sie auf-

halten“, fragt Tony. Ich melde mich frei-willig, knie vor das Tier, das bereits wie-der Richtung Meer will. Ich halte es anHals und Panzer und werde 40 Zenti-meter Richtung Meer geschoben. KeinWunder, die Schildkröte hat rund 100Kilogramm und die Stärke ihrer Flossen

ist beachtlich. Dann geht es schnell. DasNest ist schon gelegt, also vermisstMehri den Panzer der Schildkröte,während Rasha Protokoll führt. Gordonbedient das GPS. Die Arbeitsteilung inder Gruppe wechselt, ab dem drittenTier haben wir alles im Griff und sind

BESUCHER UND BETRACHTERDas Nest ist fertig, jetzt darf dieMeeresschildkröte von Besuchernbeäugt werden. In braunen Hemden:die Forscher Glenn und Tony.

AM RÜCKWEG INS MEERUniversum Magazin ChefredakteurJürgen Hatzenbichler nachdem erdie Schildkröte vermessen hat: 88mal 73 Zentimeter hat der Panzer.

PARADIES AM STRANDDie Expeditionsbasis ist das Eco

Beach Resort. Hier ist der Strand beiFlut zu sehen, bei Ebbe zieht sichdas Meer hunderte Meter zurück.

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vollwertige Mitarbeiter. Und erfolgrei-che obendrein: Spaßeshalber nennenwir uns, da wir als Biosphere Expediti-ons Gruppe die meisten Tiere sehen,„Turtle Group Number One“. JedeNacht gehen wir entlang der Küste aufStreife: Mühsam, wenn die Flut hochsteht, weil im weichen Sand schwierigmarschieren ist, angenehm bei Ebbe,weil nasser Sand fast einem betoniertenWeg gleicht. Das Meer entfaltet hierenorme Kräfte: der Tidenhub – also derUnterschied zwischen Ebbe und Flut –beträgt zehn Meter.

Begegnung bei Tag

Das Wetter wirkt auch: Im Vorjahr 2009wurden viele der Nester am Strand voneinem Zyklon weggewaschen. Davorhatten die Wissenschaftler und Freiwil-ligen in 40 Tagen Arbeit 318 Tierenachweisen können, 91 davon mit Ei-ablagen und 227 „Fals Crawls“, Spu-ren den Strand hinauf und wiederzurück ins Meer ohne erfolgreichenNestbau. 42 Tiere hatten bereits eineMarke, gleich viele Wallriffschildkrötenwurden neu markiert. Die Phase höch-ster Aktivität lag in der Woche von 10.bis zum 18. November.

Dass die Meeresschildkröten zur Ei-ablage an den Ort ihrer Geburt zurück-kehren ist normal. Dass ein Exemplardies bei strahlendem Sonnenscheinwagt, überrascht selbst Experten.„Man kann niemals sagen, was eineSchildkröte tut, es gibt für alles eineAusnahme“, meint Tony und grinst wiewir alle, weil wir das Privileg haben, das

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Tier bei Tag beobachten zu können.Unsere Gruppe hat sich schnell gesam-melt. Glenn und Tony stellen sicher,dass niemand die Schildkröte stört. Mitihren Flossen schaufelt sie Sand wegund beginnt ein 40 Zentimeter tiefesNest auszuheben. Rasha, die hinter derSchildkröte liegt, macht den „Eggcount“: 48 Eier zählt sie, die Mehri insProtokoll überträgt, bevor Natator de-pressus alles wieder zubaggert und mitzusätzlichem Sand das Nest tarnt.Dann bewegt sie sich wieder RichtungMeer: Rasha hält sie auf, legt ein Hand-tuch über die Augen, beruhigt das Tier.

Glenn und Tony setzen die Titanium-Marken und nehmen die DNA-Probe.Gorden vermisst das Nest, ich dieSchildkröte und dann begleiten wir siezurück zum Meer, wo sie kurz nocheinmal halt macht – als ob sie ihre Be-gleiter beobachten wollte – und dannin einer Welle verschwindet. �

BIOSPHERE EXPEDITIONS IM INTERNET:

Reisen und Forschen: www.biosphere-expeditions.orgEco Beach: www.ecobeach.com.auCVA: www.conservationvolunteers.com.auMeereschildkröten: www.seaturtle.orgAlle Links zum Anklicken: www.universum.co.at

Biosphere Expeditions ist eine mehrfach

ausgezeichnete, gemeinnützige Organisa-

tion, die Naturschutzexpeditionen als

Abenteuer mit Sinn für jedermann/frau

organisiert. Die Projekte sind keine

Touren, Fotosafaris oder Exkursionen,

sondern echte, handfeste Forschungspro-

jekte an denen Interessierte teilnehmen

können. Trotzdem sind die Expeditionen

absolut keine Militärcamps nur für Hart-

gesottene – mit dabei sein kann jeder, der

ein bißchen Schulenglisch beherrscht,

auch ohne biologische oder irgendwelche

anderen Vorkenntnisse oder besondere

Fitness. Altersgrenzen kennt Biosphere

Expeditions nicht. Die Oman-Expedition

(siehe Gewinnspiel rechts) ist nur eine aus

einer ganzen Bandbreite wie z. B. Großkat-

zen in Namibia, Wale auf den Azoren,

Schneeleoparden im Altai oder Schildkrö-

ten in Australien.

Infos: www.biosphere-expeditions.org

BIOSPHERE EXPEDITIONS

ARBEIT BEI NACHTEine Patrouille hat eine Meeresschildkrötegefunden. Hier wird im Rotlicht der Stirn-lampe ein Datenblatt ausgefüllt.

DAS SETZEN EINER MARKERasha hält und beruhigt die

Meeresschildkröte. Glenn undTony setzen eine Marke aus Titani-um in die Vorderflosse des Tieres.

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Weitere Informationen zur Bewerbung unterwww.biosphere-expeditions.org/wettbewerb

1. & 2. Preis:

DIE EXPEDITION IN DEN OMANDie Wüstenleoparden-Expedition führt in den Oman,

wo Sie Wüstenleoparden und deren Beutetiere, wie

die Arabische Gazelle, den Tahr oder Wildziegen,

studieren werden. Mit dem Land Rover, per Kamel

oder zu Fuß werden Sie das Gelände erforschen und

nach Spuren, Rissen, Losungen und den Tieren

selbst suchen. Unser Basislager liegt im schroffen

Bergland Omans und besteht aus Igluzelten, einem

Küchenzelt, sowie einem Beduinen/Aufenthaltszelt.

Weitere Informationen: www.biosphere-expeditions.org/oman

Oman liegt nur sechs Flugstunden entfernt von

Wien am östlichen Rand der Arabischen Halbinsel.

Das Sultanat überrascht mit wildzerklüfteten Hoch-

gebirgen, tiefen Canyons, idyllischen Oasen und

weitläufigen Plantagen. Endlose Weite kennzeich-

net die faszinierenden Sand- und Kieswüsten — ein

abwechslungsreicher Rhythmus aus weißen Strän-

den und steilen Klippen ist die 1.700 Kilometer

lange Küste. Das Land bietet aber noch mehr als

grandiose Landschaften und eine faszinierende Ge-

schichte: Sein besonderes regionales Klima und die

nur dünne Besiedelung machen es zu einem idea-

len Refugium für eine einzigartige Tier- und Pflan-

zenwelt. Oman ist die letzte

Heimat der Arabischen Oryx-

Antilope, des Wüstenleoparden

und des Tahr.

Weitere Informationen:www.omantourism.at

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geschaffen wurde. Neun Land Rover Experience

Zentren, flächendeckend in ganz Österreich,

stehen den Gewinnern zur Verfügung.

Weitere Informationen: www.landrover.at

Bewerben Sie sich für einen Oman-Expeditionsplatz, gesponsert von Land Rover,

dem Fremdenverkehrsamt Oman und Swarovski Optik, und helfen Sie aktiv

auf Expedition mit, Arabische Wüstenleoparden zu schützen. Voraussetzungen

sind Englischkenntnisse und die Breitschaft, auf einer echten

Naturschutzexpedition (keiner Luxusreise!) aktiv mitanzupacken.

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