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Leitfaden für landespflegerische Fachbeiträge bei Felssicherungen
Hessen Mobil Straßen- und Verkehrsmanagement
Entstanden in Kooperation mit:
Leitfaden Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 2
Impressum
Titel
Leitfaden für landespflegerische Fachbeiträge bei Felssicherungen
Herausgeber Hessen Mobil Straßen- und Verkehrsmanagement Wilhelmstraße 10 65185 Wiesbaden Tel.: (0611) 366 0 Fax: (0611) 366 34 35 [email protected] in Kooperation mit: Hochschule Geisenheim University AG Naturschutz und Umweltprüfung
Projektleitung
Projektbearbeitung
Projektbetreuung
Erstellung einzel-ner Fachbeiträge
Winfried Pasligh (Hessen Mobil)
Prof. Dr. Friedrich Bartfelder (Hochschule Geisenheim)
Thomas Büschel (Hochschule Geisenheim)
Annemarie Molter (Hochschule Geisenheim)
Dr. Edmund Ruttert (Hessen Mobil)
Sabine Hilker (Hessen Mobil)
Patrice Mahmoud (Hessen Mobil)
Thomas Ramolla (Hessen Mobil)
Dr. Oliver Kuhl (Hessen Mobil)
Dr. Dietmar Hönig (Hessen Mobil)
Winfried Strecker (Hessen Mobil)
Titelbild
Ausgabe
TB
Februar 2017
Leitfaden Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 3
Vorwort
Die Vereinbarkeit von Verkehrssicherungspflicht und Naturschutz stellen Hessen Mobil in vielen Aspekten ihrer
alltäglichen Arbeit vor große und nicht immer spannungsfreie Herausforderungen. Im Besonderen trifft dies auch
für Straßenabschnitte mit Felsböschungen zu. Zum einen besteht hier durch kleine und größere Felsabgänge
eine stetige Gefahr der Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit. Auf der anderen Seite bilden Felshänge oftmals
naturschutzfachlich sehr wertvolle Sonderstandorte, die aufgrund ihrer prägenden Merkmale wie Wärme, Tro-
ckenheit oder Mangel an Bodensubstrat zur Ausbildung besonders spezialisierter Lebensgemeinschaften führen.
Solche Straßenböschungen können damit in jahrzehntelanger Entwicklung quasi natürliche Zustände erreichen.
Die damit entstandenen Biotope unterliegen einem hohen gesetzlichen Schutzstatus, denen bei Eingriffen im
Zuge von Planung, Bau und Betrieb entsprechende Beachtung zu schenken ist.
Dieser Leitfaden ist in Zusammenarbeit zwischen Hessen Mobil und der Hochschule Geisenheim entstanden und
führt somit fachliche Kompetenzen und vor allem auch umfangreiche Erfahrungen im Umgang mit Felssiche-
rungsprojekten in einer erstmalig in diesem Maßstab ausgeführten Kooperation zusammen. Er richtet sich an die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hessen Mobil und dient den beauftragten Büros als Maßstab für eine mög-
lichst standardisierte Herangehensweise zur Erstellung landespflegerischer Fachbeiträge. Der Schwerpunkt des
Leitfadens liegt auf den ökologischen Aspekten, jedoch werden zudem auch der geologische und rechtliche Hin-
tergrund in einem vorausgehenden Textteil eingehend beleuchtet. Er ist nicht als isoliertes Regelwerk anzuse-
hen, sondern dient als Ergänzung zu weiteren einschlägigen Leitfäden wie insbesondere dem Leitfaden für die
Aufstellung landespflegerischer Begleitpläne von Hessen Mobil.
Insgesamt erhoffen wir uns, mit der vorliegenden Publikation, zu einer Versachlichung der Diskussion bei Felssi-
cherungsmaßnahmen beitragen zu können und wünschen im Umgang hiermit eine fachliche Bereicherung und
erfolgreiche Projektbearbeitung.
Prof. Dr. Hans Reiner Schultz
Präsident Hochschule Geisenheim University
Burkhard Vieth
Präsident Hessen Mobil Straßen- und Verkehrsmanagement
Leitfaden Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 4
Inhaltsverzeichnis:
Einleitung - Zielsetzung und Struktur des Leitfadens ...................................................................................... 10
Teil I: Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und deren verfahrensrechtliche Einordnung ............... 11
1 Geologische Grundlagen ......................................................................................................................... 11
1.1 Geotechnische Gefährdungsabschätzung ............................................................................................... 11
1.2 Verfahren zur Festlegung von Gefährdungsklassen ................................................................................ 11
1.3 Erfassung und Auswertung des geologischen Bestandes zur Gefährdungseinstufung ........................... 13
1.4 Umgang mit Felshängen aus geologischer Sicht ..................................................................................... 14
1.5 Geotechnische Maßnahmen .................................................................................................................... 15
2 Umweltrechtliche Einordnung und Überblick über mögliche straßenbaurechtliche
Zulassungsverfahren bei Maßnahmen zur Felssicherung ................................................................... 16
2.1 Errichtung oder Änderung von baulichen Anlagen am Straßenkörper oder Änderung der
Straßenböschungsgeometrie ................................................................................................................... 17
2.2 Pflege- und betriebliche Unterhaltungsmaßnahmen ................................................................................ 18
2.3 Baurechtsverfahren bei Felssicherungsmaßnahmen ............................................................................... 20
2.3.1 Planbare Maßnahmen – langfristige Felssicherungsmaßnahmen ................................................... 20
2.3.2 Nicht planbare Maßnahmen – kurzfristige Sofortmaßnahmen zur Felssicherung ........................... 22
2.3.3 Eigentumsverhältnisse ..................................................................................................................... 22
2.4 Formale Anforderungen an die Umweltfachbeiträge - Schnittstellen ........................................................ 24
2.4.1 Landschaftspflegerischer Begleitplan .............................................................................................. 24
2.4.2 Umweltverträglichkeitsstudie ........................................................................................................... 24
2.4.3 FFH-Verträglichkeitsprüfung ............................................................................................................ 25
2.4.4 Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag ................................................................................................. 25
Teil II: Inhaltliche Anforderungen und Besonderheiten bei der Erstellung von LBPs und verwandter
Fachbeiträge ............................................................................................................................................. 27
3 Besonderheiten bei der Erstellung landespflegerischer Fachbeiträge ............................................... 27
3.1 Festlegung des Untersuchungsraumes .................................................................................................... 27
3.2 Hinweise zu Ortsbegehungen .................................................................................................................. 30
3.3 Projektzwänge bei Maßnahmen zur Felssicherung .................................................................................. 31
4 Ermitteln und Bewerten des Bestandes ................................................................................................. 32
Leitfaden Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 5
4.1 Kartenmaßstab und Senkrechtprojektion ................................................................................................. 33
4.2 Hinweise zu Bestandserfassungen und -erhebungen .............................................................................. 33
4.2.1 Differenzierung der Erhebungen nach gesetzlichem Schutzstatus.................................................. 34
4.2.2 Artenschutzrechtlich relevante Tierarten ......................................................................................... 37
4.2.3 Besondere Erfassung von Geländestrukturen bei Felssicherungsmaßnahmen .............................. 38
4.3 Hinweise zur Bestandsbewertung ............................................................................................................ 39
4.3.1 Pflanzen und Biotope ....................................................................................................................... 39
4.3.2 Tiere und Habitatfunktion ................................................................................................................. 39
4.3.3 Landschaftsbild ................................................................................................................................ 40
4.3.4 Naturgüter mit geringer Prüfungsrelevanz ....................................................................................... 40
5 Ermitteln und Bewerten des Eingriffs .................................................................................................... 41
5.1 Konfliktanalyse / Eingriffsbewertung ......................................................................................................... 41
5.2 Konfliktminderung – Maßnahmen zur Vermeidung von Verbotstatbeständen .......................................... 42
5.3 Bewertung der Erheblichkeit vorhabenbezogener Beeinträchtigungen bei Maßnahmen zur
Felssicherung ........................................................................................................................................... 43
Teil III: Maßnahmenplanung und Kompensation .............................................................................................. 44
6 Maßnahmenplanung - Entwickeln von Zielkonzepten für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ....... 44
6.1 Allgemeines .............................................................................................................................................. 44
6.2 Kompensation bei der Felssicherung ....................................................................................................... 45
7 Hinweise zur Bilanzierung des Eingriffs ................................................................................................ 45
7.1 Hessische Kompensationsverordnung ..................................................................................................... 45
7.1.1 Artenschutzrechtlich begründete Maßnahmen (Besonderer Artenschutz) ...................................... 46
7.2 Kompensation von Eingriffen in Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-RL ...................................... 46
7.3 Kompensation von Eingriffen in § 30 BNatSchG-Biotope ......................................................................... 46
7.4 Mögliche Kompensationsmaßnahmen ..................................................................................................... 47
Leitfaden Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 6
Abbildungsverzeichnis:
Abbildung 1: Formblatt „Zuordnung von Felsböschungen“ zur Ermittlung der Gefährdungsklassen anhand geologischer Parameter ................................................................................................................ 12
Abbildung 2: Verteilung und Bewertung der einzelnen Parameter (Hessen Mobil; Stand: 2012) ..................... 13
Abbildung 3: Verteilung der Gefährdungsklassen gemäß vorgegebener Parameter
(Hessen Mobil; Stand:2012) ......................................................................................................... 14
Abbildung 4: Auf der Geländeoberfläche angebrachtes, eng anliegendes Felsnetz ......................................... 18
Abbildung 5: Rückverhängter Fangzaun in Kombination mit einem Felsnetz ................................................... 18
Abbildung 6: Steinschlagbarriere als Damm ..................................................................................................... 18
Abbildung 7: Steinschlagbarriere als Damm ..................................................................................................... 18
Abbildung 8: Übersicht über mögliche Baurechtsverfahren Maßnahmen zur Felssicherung ............................ 21
Abbildung 9: Felsböschung vor einer Sofortberäumung ................................................................................ 23
Abbildung 10: Abflachung der Felsböschung im Zuge einer Sofortberäumung mit Absperrung der Fahrspur ... 23
Abbildung 11: Minimierte Steinschlaggefährdung durch Abflachen der Böschung und Anlegen von
Terrassen (während Bau)............................................................................................................. 23
Abbildung 12: Minimierte Steinschlaggefährdung durch Abflachen der Böschung und Anlegen von
Terrassen (nach Bau) .................................................................................................................. 23
Abbildung 13: Abgrenzung des Eingriffs- und Wirkraumes (Schema) ................................................................ 29
Abbildung 14: Abgrenzung der Untersuchungsräume (Schema) ........................................................................ 29
Abbildung 15: Abgrenzung von gesetzlich geschützten Biotoptypen mit dem Merkmal „Felsen“ ....................... 36
Tabellenverzeichnis:
Tabelle 1: Hinweise zu Arbeitsschritte bei der Ermittlung planungsrelevanter Strukturen und Rahmenbedingungen .................................................................................................................... 30
Leitfaden Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 7
Materialverzeichnis
I.1
Maßnahmen zur Felssicherung
I.2 Handlungsempfehlung „Sofortmaßnahme“
II.3 Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
II.4 Hinweise zur Erstellung der Kartierungsgrundlage sowie Bestands- und Konfliktdarstellung
II.5 Wirkfaktoren
II.6 Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung
II.7 Hinweise zur Vermeidung und Minimierung von Beeinträchtigungen
III.8 Hinweise zum Entwickeln von repräsentativen Zielbiotopen
III.9 Mustergliederung LBP mit integrierter UVS bei Maßnahmen zur Felssicherung
Leitfaden Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 8
Abkürzungs-verzeichnis
ASB
Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag
BArtSchV Bundesartenschutzverordnung
BNatSchG Bundesnaturschutzgesetz
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
CEF-Maßnahme continuous ecological functionality
EHZ Erhaltungszustände der Natura 2000 Schutzgüter
FCS-Maßnahme favourable conservation status
FFH-VP Flora-Fauna-Habitat Verträglichkeitsprüfung
FFH-RL Flora-Fauna-Habitat Richtlinie (92/43/EWG DES RATES vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen)
FoRu Fortpflanzungs- und Ruhestätte im Sinne des Artenschutzes
FStrG Bundesfernstraßengesetz
GIV Gefahr im Verzug
HABB Hessisches Amt für Baustoff- und Bodenprüfung (BA3, jetzt: KC Geotechnik)
HAGBNatSchG Hessisches Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz
HM Hessen Mobil
HLNUG Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie
HStrG Hessisches Straßengesetz
HVA F-StB Handbuch für die Vergabe und Ausführung von freiberuflichen Leistungen im Straßen- und Brückenbau
KV Kompensationsverordnung Hessen
LBP Landschaftspflegerischer Begleitplan
LBP-Leitfaden Leitfaden für die Erstellung landschaftspflegerischer Begleitpläne zu Straßenbauvorhaben in Hessen (HESSEN MOBIL 2016)
LRT Lebensraumtyp (nach FFH-Richtlinie)
MUVS Merkblatt zur Umweltverträglichkeitsstudie
NSG Naturschutzgebiet
ONB Obere Naturschutzbehörde
RLBP Richtlinie für landschaftspflegerische Begleitplanung im Straßenbau
UNB Untere Naturschutzbehörde
USchadG Umweltschadensgesetz
UVS Umweltverträglichkeitsstudie
UVP Umweltverträglichkeitsprüfung
VS-RL Vogelschutzrichtlinie der EU (79/409/EWG DES RATES vom 2. April 1979)
Leitfaden Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 9
Glossar
Gefahr im Verzug
(GiV)
„GiV“ stellt eine Sachlage dar, bei der wahrscheinlich ein Schaden eintreten würde, wenn die Behörde nicht sofort tätig wird und somit ein Abwarten auf eine behördliche Entschei-dung als nicht möglich erscheint. Sind akute Steinschläge oder Hangrutschungen zu erwarten, obliegt es einer ersten Prognoseentscheidung des Mitarbeiters der örtlichen Straßenmeisterei, ob ein sofortiges Eingreifen bzw. kurzfristiges Handeln, z.B. mit einer maschinellen Beseitigung der Gefahr durch ein Abtragen des gefährdenden Felsens oder dergleichen, erforderlich ist.
Händische
Beräumung
Die händische Beräumung beschreibt das Entfernen von lockerem oder nur lose aufliegendem Gesteins- und Geröllmaterial mittels ausgeübter Muskelkraft ohne den Einsatz von Maschinen. Bei der händischen Beräumung sind lediglich Hilfsmittel wie Stemmeisen, Stangen oder ähnliche Gerätschaften zu verwenden. Das mit der händischen Beräumung beschriebene punktuelle Lösen von lockerem Gesteins- und Geröllmaterial erfüllt nicht den Eingriffstatbestand nach § 14 BNatSchG bzw. unterliegt keinem straßenbaurechtlichen Zulassungsverfahren nach HStrG bzw. FStrG. Vor der Durchführung einer händischen Beräumung ist die zuständige Naturschutzbehörde (i.d.R. die UNB) zu informieren.
STRADIS-
Straßendaten
Das Bildbetrachtungssystem von Hessen Mobil ermöglicht den zielgenauen Abruf von Streckenabschnitten. Die Verkehrswege (auch Radwege) werden durch synchrone Aufzeichnungen mehrerer Kameras erfasst, was eine exakte Verortung des Bildes in verschiedenen Perspektiven ermöglicht. Anhand der sichtbaren Elemente können die Straßenkilometer ermittelt werden.
Straßenkörper
Der Straßenkörper umfasst nicht nur den direkten Bereich der Straßenfahrbahn einschließlich seiner Böschungen, sondern auch die Anlagen zur Sicherung der Straße bzw. der Straßenverkehrsteilnehmer. Hierzu zählen auch die Einrichtungen zur Felssicherung.
Felsen
Felsen werden als „festes, kompaktes Gestein“, also Fest- und Halbfestgestein, in Unterscheidung von Lockergestein ohne Verband (Steine, Geröll, Schutt, Sediment, dem Boden usw.) unterschieden. „Gestein“ ist ein Wort für das Material, „Fels“ für den Zustand und die Erscheinungsform. In den Geowissenschaften taucht der Begriff dann in Bezeichnungen wie Felssturz („der plötzlichen Umwandlung von Fels in Steine“) auf. Felsflächen haben i.d.R. keine Grundwasserschutzfunktion, da der massive Fels nur sehr wenig bis kein Wasser aufnimmt und das Wasser relativ zügig abgeleitet bzw. in vorhandenen Spalten und Nischen versickern kann.
Fels-LRT
Unter „Fels-LRT“ werden alle Lebensraumtypen zusammengefasst, die auf trockenen bis sehr trockenen felsigen Standorten ihr Optimum finden. Meist sind diese in Kontakt mit Hang- und Schuttwäldern bzw. treten diese unterhalb ausgedehnter Felskomplexe mit silikatischen Felsspalten-, Rasen- und Gebüschgesellschaften auf. Als Zeigerpflanzen finden sich hier eine Vielzahl an geschützten Farnen, Moosen und Flechten. Vorzugsweise leben hier an die Trockenheit angepasste Tierarten wie Eidechsen bzw. nutzen Fledermäuse die Felsspalten als Fortpflanzungs- und Überwinterungsstätten.
Einleitung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 10
Einleitung - Zielsetzung und Struktur des Leitfadens
Felsen oder Felshänge stellen im straßennahen Bereich durch mögliche Steinschläge und Felsabgänge eine
Gefahr für den Straßenverkehr bzw. die Verkehrsteilnehmer dar. Die zur Gefahrenabwehr verwendeten konstruk-
tiven Sicherungsmaßnahmen und die damit verbundenen baulichen Anlagen bedingen Veränderungen des Stra-
ßenkörpers gem. § 1 Bundesfernstraßengesetz (FStrG) bzw. § 1 Hessisches Straßengesetz (HStrG) und können
einen Eingriff gem. §§ 14 ff. Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) in Natur und Landschaft darstellen, sofern sie
erheblich ausfallen. Für den von den Sicherungsmaßnahmen betroffenen Lebensraum „Felsen“ sind darüber
hinaus weitere umwelt- und naturschutzrechtliche Regelungen von besonderer Bedeutung, wenn die Felsflächen
als gesetzlich geschützte Biotope (§ 30 BNatSchG) und/oder LRT (Lebensraumtypen nach Anhang I der
FFH-Richtlinie) anzusprechen sind. Zusätzlich sind der Gebietsschutz des Europäischen Schutzsystems
NATURA 2000 (§ 34 BNatSchG) sowie die artenschutzrechtlichen Anforderungen für streng oder besonders
geschützte Arten zu berücksichtigen, die sich aus der Umsetzung der Vorgaben der europäischen Richtlinien
(FFH-RL und VS-RL) in die nationale Gesetzgebung (§ 44 Abs.1, § 45 Abs. 7 BNatSchG) und der Bundesarten-
schutzverordnung Anhang I (BArtSchV) ergeben.
Der vorliegende „Leitfaden für landespflegerische Fachbeiträge bei Felssicherungen“ richtet sich insbesondere an
die Mitarbeiter der Landespflege in der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung sowie an beteiligte Fach-
planer wie Geotechniker, Landschaftsplaner, Botaniker und Faunisten. Er stellt eine aus der praktischen Anwen-
dung heraus abgeleitete und praktizierte Methodik zur Bearbeitung von Felssicherungsprojekten für Hessen vor,
gibt praxisorientierte Hinweise zur Erarbeitung der erforderlichen Landschaftspflegerischen Begleitpläne (LBP)
und zeigt Verknüpfungen mit anderen umweltfachlichen Beiträgen auf. Der Leitfaden dient der Ergänzung der
bestehenden Arbeitsgrundlagen „Richtlinien für die landschaftspflegerische Begleitplanung im Straßenbau“
(RLBP), „Leitfaden zur Erstellung landschaftspflegerischer Begleitpläne zu Straßenbauvorhaben in Hessen“
(HESSEN MOBIL 2016) und „Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen“ (HMUELV 2015). Inhaltlich
gliedert sich der Leitfaden in drei Teile, die jeweils im Anhang durch weiterführende Materialien in Form von
Handlungsanweisungen und Hinweisen ergänzt werden.
In Teil I werden geotechnische Grundlagen, die umwelt- und naturschutzrechtlichen Instrumente sowie deren
baurechtliche bzw. plangenehmigungsrechtliche Anforderungen und Besonderheiten bei Felssicherungsmaß-
nahmen wiedergegeben.
Teil II erläutert die inhaltlichen Besonderheiten der einzelnen Umweltfachbeiträge in Bezug auf Felssicherungs-
maßnahmen. Weiter werden Anweisungen zur Bestandserfassung und -bewertung von Felsbereichen sowie die
Ermittlung und Bewertung des Eingriffs bei Felsbiotopen aufgezeigt.
Teil III bezieht sich auf die besondere Methodik zur Maßnahmenplanung und Erfordernisse der Kompensation
von Felslebensräumen.
Teil I: Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und deren verfahrensrechtliche Einordnung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 11
1 Geologische Grundlagen
1.1 Geotechnische Gefährdungsabschätzung
Gefährdungen durch Steinschlag und Felsstürze an Straßen können grundsätzlich nicht vermieden werden, da
aus ökonomischen Gründen im Straßenrandbereich steile Böschungen ausgeführt werden müssen. Bei Neu-
baumaßnahmen können besondere Gefährdungen durch Felsen schon im Planungsstadium durch die Ausfüh-
rung entsprechender Schutzsysteme berücksichtigt werden. Im bestehenden Straßennetz gibt es allerdings eine
große Anzahl von Felsböschungen, bei denen keine Schutzeinrichtungen vorhanden sind. Trotz regelmäßiger
Kontrollen und Wartungen sind verkehrsgefährdende Ereignisse nicht vollständig zu vermeiden. Das Gefähr-
dungspotential kann aber durch geeignete Maßnahmen reduziert werden.
Eine Möglichkeit hierfür ist die Gefährdungsbeurteilung der Felsböschungen. Dabei werden die Felsböschungen
nach einheitlichen Kriterien beurteilt und bewertet (s. Abbildung 1). Die Auswertung der ermittelten Daten ermög-
licht die Einteilung der Felsböschungen in sogenannte Gefährdungsklassen, wodurch eine der Gefährdung ange-
passte und optimierte Vorgehensweise ermöglicht wird.
1.2 Verfahren zur Festlegung von Gefährdungsklassen
Für die Festlegung der Gefährdungsklassen wurde von Hessen Mobil (hier: Dezernat BA3) ein DV-gestütztes
Formblatt erstellt, das auf die Regelungen der DB Richtlinie 836 „Erdbauwerke planen, bauen und instand halten“ aufbaut. Mit Hilfe des Formblattes „Zuordnung von Felsböschungen“ (s. Abbildung 1) wurde der gesamte
Straßenbestand von Hessen Mobil von insgesamt 256,4 km Felshängen neu aufgenommen. Für die flächende-
ckende Erfassung und Bewertung der von den Felsböschungen ausgehenden Gefährdungen wurden in jedem
Außenstellenbezirk die Mitarbeiter in der Anwendung des standardisierten Formblattes geschult. Folgende Para-
meter wurden bei der Bewertung erfasst:
Höhe der Böschung/Felshang Nähe zur Straße Steilheit der Böschung/Überhänge Größe der Kluftkörper
Öffnungsweite und Neigung der Trennflächen Verwitterungsgrad Wasserführende Schichten Frostwechsel und Niederschläge Höhe und Art des Bewuchses
Insgesamt wird jedem der o.g. geotechnischen Parameter eine Bewertungsstufe mit einer Punktzahl von „0-3“ zugewiesen. Aus der ermittelten Gesamtpunktzahl ergibt sich für die einzelnen Felshänge die Zuordnung der
Gefährdungsklassen „1-3“ mit „3“ als höchster Gefährdungsstufe.
Teil I: Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und deren verfahrensrechtliche Einordnung
Teil I: Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und deren verfahrensrechtliche Einordnung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 12
Abbildung 1: Formblatt „Zuordnung von Felsböschungen“ zur Ermittlung der Gefährdungsklassen anhand geologischer Parameter
Teil I: Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und deren verfahrensrechtliche Einordnung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 13
1.3 Erfassung und Auswertung des geologischen Bestandes zur Gefährdungseinstufung
Die Gefährdungseinstufung der Felsböschungen erfolgt i.d.R. im Frühjahr vor Beginn der Vegetationsperiode
durch geschultes Fachpersonal. Die Erfassungsblätter werden nach einheitlichen Kriterien zentral ausgewertet.
Jeder einzelne Parameter erhält eine Punktwertung, die am Ende aufsummiert wird und zur Einstufung in eine
Gefährdungsstufe führt. Auffallend bei der bisherigen Auswertung der einzelnen Kriterien ist die durchgehend
hohe Bewertung beim Parameter „Abstand zum Fahrbahnrand“. Bei 82 % aller bisher untersuchten Felsbö-
schungen wurde bezüglich dieses Parameters die höchste Bewertungspunktzahl für die Gefährdungsklasse ver-
geben. Grund hierfür ist, dass der Abstand zwischen Fahrbahnrand und Böschungsfuß aus ökologischen und
ökonomischen Gesichtspunkten im Regelfall möglichst gering gehalten wird. Die gefährdungsmindernde Auswir-
kung der meist vorhandenen Gräben und Mulden wird bei dem Kriterium „Abstand zum Fahrbahnrand“ allerdings
nicht berücksichtigt. Ebenfalls ist die positive Auswirkung der im Regelfall geringen Haltesichtweite - ein Autofah-
rer kann im Gegensatz zu einem Zug kurzfristig bremsen - nicht in die Beurteilung eingegangen. Um diesen bei-
den Punkten Rechnung zu tragen, wurde die in der als Anhaltspunkt dienenden „DB Richtlinie“ vorgesehene
Spanne der Gefährdungsklasse „2“ von ursprünglich 11-14 Bewertungspunkte auf 11-16 Bewertungspunkte an-
gepasst.
Abbildung 2: Verteilung und Bewertung der einzelnen Parameter (Hessen Mobil; Stand: 2012)
In einem weiteren Arbeitsschritt erfolgte eine Zuordnung zum Zuständigkeitsbereich der Außenstellen, bei der die
ermittelte Gesamtpunktzahl jedes Felshanges einer der drei definierten Gefährdungsklassen zugeordnet wurde.
Die Gefährdung nimmt von Gefährdungsklasse „1“ zur Gefährdungsklasse „3“ zu. Die Verteilung der Gefähr-
dungsklassen ist in Abbildung 3 dokumentiert. Danach ist ca. die Hälfte aller Felsböschungen der Gefährdungs-
klasse „3“ zuzuordnen. Die andere Hälfte verteilt sich auf die Gefährdungsklassen „1“ und „2“.
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10
20
30
40
50
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maximale
Höhe
geringster
Abstand
maximale
Neigung
Böschungs-
oberfläche
Wasserführung Bewuchs Entfestigung Neigung
Trennfläche
Kluftdichte
An
teil
in
%
Beurteilungscharakteristika:
0 Punkte 1 Punkte 2 Punkte 3 Punkte
Teil I: Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und deren verfahrensrechtliche Einordnung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 14
Bei der Auswertung mittels Erfassungsblatt wurden allerdings auch Böschungen, die nur relativ geringe Höhen
aufwiesen, teilweise in eine hohe Gefährdungsklasse eingestuft. Da die Höhe eines Felshanges mit entscheidend
dafür ist, ob und in welchen Mengen Gesteinsstücke auf die Fahrbahn gelangen können, wurde die maximale
Höhe des Felshanges zusätzlich als durchschlagendes Einzelkriterium berücksichtigt. Es wurde festgelegt, dass
grundsätzlich Felshänge ≤ 3 m Höhe der Gefährdungsklasse „1“ und Felshänge ≤ 5 m Höhe sowie
< 16 Bewertungspunkte der Gefährdungsklasse „2“ zuzuordnen sind.
Abbildung 3: Verteilung der Gefährdungsklassen gemäß vorgegebener Parameter (Hessen Mobil; Stand: 2012)
1.4 Umgang mit Felshängen aus geologischer Sicht
Die Einstufung der Felshänge in Gefährdungsklassen ermöglicht eine auf die Gefährdung ausgerichtete Verfah-
rensweise. Alle Felshänge werden im Rahmen der Streckenkontrolle nach visuellen Auffälligkeiten hin regelmä-
ßig beobachtet. Ergänzend zur regelmäßigen Streckenkontrolle werden die Felshänge der Gefährdungsklassen
„2“ und „3“ einer jährlichen Besichtigung durch geschulte Personen unterzogen. Diese Besichtigungen werden im
Regelfall nach Beendigung der Frostperiode zusammen mit notwendigen Wartungsarbeiten ausgeführt. Bei Fels-
hängen der Klasse „3“ sollte jedes dritte Jahr zusätzlich eine Begutachtung erfolgen. Die Begutachtung kann,
soweit vertretbar, eine erweiterte Sichtprüfung sein. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass auch die
Funktionsfähigkeit von bestehenden Felssicherungen zu untersuchen und zu beurteilen ist, was z.B. den Einsatz
von Hubsteigern erforderlich machen kann. In Anlehnung an die DIN 1076 „Ingenieurbauwerke im Zuge von
Straßen und Wegen – Überwachung und Prüfung“ kann für diese Prüfungen ein Untersuchungsturnus von sechs
Jahren als geeignet angesehen werden. Die Kontrollen, Besichtigungen und Begutachtungen müssen jeweils in
geeigneter Form dokumentiert werden. Bei den Kontrollen festgestellte Besonderheiten werden in den Tagesbe-
richten der Streckenwarte dokumentiert. Für die Besichtigungen und Begutachtungen wurden standardisierte
0
10
20
30
40
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80
Bad Arolsen Bensheim Darmstadt Dillenburg Eschwege Frankfurt Fulda Gelnhausen Kassel Marburg Schotten Wiesbaden
Ve
rte
ilu
ng
de
r
Ge
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n %
Klasse 1 (0 - 10) Klasse 2 (11 - 16) Klasse 3 (17 - 27)
Gefährdungsklassen:
Teil I: Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und deren verfahrensrechtliche Einordnung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 15
Besichtigungsprotokolle und Untersuchungsberichte entwickelt.
1.5 Geotechnische Maßnahmen
Auf Grundlage der Besichtigungen und Begutachtungen der Felsflächen können Maßnahmen zur Gewährleistung
der Verkehrssicherheit gezielt und fachgerecht abgeleitet werden (vgl. Material l.1 Maßnahmen zur Felssiche-
rung). Neben gefährdungsmindernden Sofortmaßnahmen (s. Kap. 2.3.2), die z.B. durch extreme Witterungsbe-
dingungen ausgelöst werden können, ist es so möglich, vorbeugende Schutzmaßnahmen zu planen und baulich
umzusetzen. In diesem Zusammenhang werden Felssicherungen mit Ankern, Dübeln und/oder Felsnetzen, Zäu-
nen sowie Felsräumungen und Gehölzrückschnitte ausgeführt. Die technischen Maßnahmen sind auf ihre Nach-
haltigkeit zu prüfen. Gerade bei Felssicherungsmaßnahmen sind aktuell die drei Säulen der Nachhaltigkeit Öko-
nomie, Ökologie und Soziales direkt betroffen. Alle Maßnahmen stehen im Spannungsfeld von Verkehrssiche-
rungspflicht und Naturschutz. Bei den wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist neben den Investitionskosten, die auf
die Sicherungsmaßnahmen selbst anfallen, besonders auf die Folgekosten bei der Instandhaltung der techni-
schen Sicherungssysteme zu achten. Bei den Felshängen handelt es sich - wie im vorliegenden Leitfaden be-
schrieben - häufig um naturschutzfachlich sensible Bereiche. Die Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft
sind daher auf das unvermeidbare Maß zu beschränken.
Gehölzrückschnitte sind in diesem Zusammenhang als vorbeugende Maßnahme zu beurteilen
(s. Kap. 2.2). Ein regelmäßiges Rückschneiden von Bäumen und Sträuchern bzw. ein „Auf-den-Stock-setzen“ kann eine durch Wurzelsprengung verursachte Aufweitung von Felsklüften und -spalten in Festgesteinen verhin-
dern.
Im nachfolgenden Kapitel werden die gängigen technischen Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und
deren umwelt- und straßenbaurechtliche Einordnung erläutert.
Teil I: Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und deren verfahrensrechtliche Einordnung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 16
Mat
eria
l 2 Umweltrechtliche Einordnung und Überblick über mögliche straßenbaurechtliche
Zulassungsverfahren bei Maßnahmen zur Felssicherung
Im Vorfeld einer jeden Felssicherungsplanung sind die straßenbaurechtlichen sowie umweltschutzrechtlichen
Anforderungen zu prüfen und einzuordnen. Je nach auszuführender Maßnahme können eine straßenbaurechtli-
che Zulassung und/oder Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen erforderlich werden.
Derzeit stehen zur Sicherung der Straßenverkehrsflächen gegen Steinschlag verschiedene Sicherungsvarianten
zur Verfügung. Die Art und Weise, wie Felsen zu sichern sind, wird zum einen von den geologischen Verhältnis-
sen bestimmt, kann aber zum anderen von der Wertigkeit bzw. dem Schutzstatus (NATURA 2000-Gebiet; NSG)
des jeweiligen Felsabschnittes (z.B. Vorkommen einer geschützten Art nach FFH-RL) abhängen.
Bei der Auswahl geeigneter Felssicherungsmaßnahmen sind die räumlichen Gegebenheiten vor Ort, die geo-
technischen Eigenschaften der Felsböschungen und die felsmechanischen Berechnungen der Gefährdungspo-
tenziale, die von den Fels- und Böschungswänden ausgehen, zu berücksichtigen (s. Kap. 1). Aus unterschied-
lichen Parametern, wie z.B. Kluftkörpergröße und maximale Fallhöhe werden „Einschlag-Energien“ berechnet
und die Felssicherungsmaßnahme entsprechend ausgewählt und dimensioniert. Für die Auswahl und die Be-
messung des Schutzsystems sind geotechnische Ingenieurbüros zu beauftragen.
Bei Felssicherungsprojekten unterscheidet man grundsätzlich zwei Maßnahmenschwerpunkte, deren baurecht-
liche Zuordnung entscheidend für das weitere verfahrensrechtliche Vorgehen und die zu beachtenden umwelt-
schutzrechtlichen Anforderungen ist:
Errichtung oder Änderung von baulichen Anlagen am Straßenkörper oder Änderung der Straßenböschungsgeometrie
o Maßnahmen mit dauerhafter Wirkung (s. Kap. 2.1)
Pflege- und betriebliche Unterhaltungsmaßnahmen o Maßnahmen mit vorübergehender Wirkung (s. Kap. 2.2)
l.1 Maßnahmen zur Felssicherung
I.2 Handlungsempfehlung - Sofortmaßnahme
Teil I: Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und deren verfahrensrechtliche Einordnung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 17
2.1 Errichtung oder Änderung von baulichen Anlagen am Straßenkörper oder Änderung der
Straßenböschungsgeometrie
Maßnahmen, die zu einer dauerhaften Sicherung der Felsflächen (bauliche Maßnahmen) führen, bedürfen auf-
grund ihrer Nähe zum Straßenkörper einer straßenbaurechtlichen Genehmigung bzw. eines Zulassungsverfah-
rens nach § 17 FStrG bzw. § 33 HStrG. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, die zu einer Änderung der
Geometrie der Felsböschung (§ 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG bzw. § 2 Abs.2 Nr.1 HStrG) und/oder zur Errichtung oder
Änderung von baulichen Anlagen am Straßenkörper (§ 1 Abs. 4 Nr. 3 FStrG bzw. § 1 Abs. 2 Nr. 3 HStrG) führen
(s. Abbildung 4-7).
Zur dauerhaften Sicherung der Straßenverkehrsflächen gegen Steinschlag und Felsrutschungen stehen eine
Reihe von zugelassenen Sicherungssystemen und Maßnahmen zur Verfügung. Dies sind Maßnahmen mit nach-
haltiger und andauernder Wirkung, die i.d.R. mit motorbetriebenen Maschinen (Bagger, Presslufthammer, etc.),
die straßenbegleitenden Hang-/Böschungsflächen umgestalten oder erweitern. Daneben stellen bauliche Anla-
gen, wie Steinschlagschutzzäune und -netze, weitere Sicherungsvarianten dar. Hierbei werden u.a. Felsnetze
mithilfe von Krallplatten und Nägeln, genauso wie Steinschlagbarrieren aus Drahtzäunen mit und ohne Seilrück-
haltung auf den zu sichernden Felsbereichen fixiert (s. Abbildung 4 und 5). Bei ausreichendem Platz können ggf.
auch Aufschüttungen bzw. Dämme aus Felsgestein ausgeführt werden (s. Abbildung 6 und 7).
Die nachfolgende Aufstellung gibt einen Überblick über gegenwärtig verwendete Felssicherungsmaßnahmen,
deren baulich-konstruktive Eigenschaften den Eingriffstatbestand nach § 14 BNatSchG erfüllen:
a) Zäune/rückverhängte Fangzäune (Auffangschürzen) (F1)
b) Verdübelung/Verplombung1/Verankerung (F2)
c) Steinschlagschutznetz (F3)
d) Maschinelle Beräumung (F4)
e) Aufbringen von Spritzbeton (F5)
f) Steinschlagbarriere als Damm (F6)
Bei Vorhaben zur Felssicherung ist eine Kombination aus unterschiedlichen Felssicherungsmaßnahmen die
Regel, wodurch die Sicherungsmaßnahmen auf die jeweiligen Gegebenheiten der Felsböschungen bzw. Schutz-
würdigkeit der Eingriffsfläche optimal angepasst werden können. Für eine ausführliche Erläuterung der o.g.
Sicherungsvarianten und den damit einhergehenden Eigenschaften, wie Bauweisen o.ä., wird auf Material I.1
Maßnahmen zur Felssicherung verwiesen.
1Großflächige Unterfütterung oder Verplombung mit dem Einsatz von Bindemitteln, wenn der zu sichernde Felsbereich >5% der Gesamthangfläche (z.B. auch Einsatz von Spritzbeton mit Anker)
Teil I: Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und deren verfahrensrechtliche Einordnung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 18
Abbildung 6: Steinschlagbarriere als Damm Abbildung 7: Steinschlagbarriere als Damm
2.2 Pflege- und betriebliche Unterhaltungsmaßnahmen
Unter Pflege- und betrieblichen Unterhaltungsmaßnahmen (hier: vorbeugende Maßnahmen zur Sicherung der
Felsflächen) versteht man in erster Linie das Rückschneiden von Bäumen und Sträuchern sowie das Abräumen
von lose aufliegenden Steinen und lockeren Felsteilen ohne den Einsatz von Maschinen.
Bei der Ausführung von Pflege- und betrieblichen Unterhaltungsmaßnahmen in straßenbegleitenden Felsbö-
schungen und –hängen, die keiner straßenbaurechtlichen Genehmigung bedürfen, ist die zuständige Natur-
schutzbehörde in Kenntnis zu setzen. Ein straßenrechtliches Zulassungsverfahren wird nicht notwendig, wenn
weder eine Änderung der Felsböschungsgeometrie noch die Errichtung oder Änderung von baulichen Anlagen
am Straßenkörper ausgeführt werden.
Abbildung 4: Auf der Geländeoberfläche ange-brachtes, eng anliegendes Felsnetz
Abbildung 5: Rückverhängter Fangzaun in Kom-bination mit einem Felsnetz
Teil I: Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und deren verfahrensrechtliche Einordnung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 19
Als Pflege- und betriebliche Unterhaltungsmaßnahmen zur vorbeugenden Sicherung von Felshängen an Straßen
und ohne das Erfordernis einer Baurechtschaffung kommen die nachfolgenden Maßnahmen in Betracht
(s. Material I.1):
a) Händische Beräumung2 (P1)
b) Ausräumen von bestehenden Mulden am Straßenbankett als Steinschlagfang (P2)
c) Rückschneiden von Bäumen und Sträuchern - auch Waldrand (P3)
d) Unterfütterung von Hohlräumen ohne Bindemittel (Steinpackung) (P4)
Die Entscheidung, ob es sich bei den o.g. Maßnahmen um einen Eingriff im Sinne des § 14 BNatSchG handelt,
obliegt dem Einzelfall. Die Zulassung erfolgt in jedem Fall durch Hessen Mobil im Benehmen mit der Unteren
Naturschutzbehörde. Die mit den o.g. Pflege- bzw. betrieblichen Unterhaltungsmaßnahmen verbundenen Wirk-
faktoren sind weiterhin auf Störungs- und Eingriffsrelevanz durch die zuständige Naturschutzbehörde zu prüfen.
Es bleibt weiterhin zu prüfen, ob ein Eingriffstatbestand nach § 14 BNatSchG sowie artenschutzrechtliche Ver-
botstatbestände nach § 44 BNatSchG vorliegen.
Ist bei der Ausführung der o.g. Maßnahmen u.a. ein baubedingter Flurschaden, eine Beeinträchtigung der
Wasserwegsamkeit oder eine FoRu-Stätte betroffen, bleibt ein Eingriff nach § 14 BNatSchG nicht aus. Sind
artenschutzrechtlich relevante Arten betroffen, liegt in jedem Falle ein Eingriff nach § 14 BNatSchG vor, woraus
ggf. Maßnahmen zur Vermeidung oder zur Kompensation erforderlich werden. Die Notwendigkeit der Prüfung
eines Eingriffstatbestandes bleibt bestehen, auch wenn bei den o.g. Maßnahmen vordergründig keine straßen-
baurechtliche Genehmigung erforderlich wird. Die naturschutzrechtlichen Anforderungen an den Straßenbe-
triebsdienst bleiben bei den Ausführungen der Maßnahmen weiterhin zu beachten.
2Kleinflächiges Entfernen von Felsgestein mit Einsatz eines von Hand geführten Presslufthammers - eine punktuelle Bearbeitung der Felsflä-chen mit einem von Hand geführten Presslufthammers kann in Ausnahmefällen als Pflege- und Unterhaltungsmaßnahme ausgeführt werden wenn die zu bearbeitende Fläche < 1m² ist. Gutachterlich ist zu festzulegen, ob ein Eingriff im Sinne des § 14 BNatSchG vorliegt. In jedem Falle ist das Benehmen mit der zuständigen Naturschutzbehörde herzustellen.
Teil I: Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und deren verfahrensrechtliche Einordnung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 20
2.3 Baurechtsverfahren bei Felssicherungsmaßnahmen
2.3.1 Planbare Maßnahmen – langfristige Felssicherungsmaßnahmen
Maßnahmen mit dauerhafter Wirkung (s. Kap. 2.1) unterliegen nach § 17 FStrG bzw. § 33 HStrG einem straßen-
baurechtlichen Zulassungsverfahren und sind als planbare Maßnahmen neben einem baurechtlichen Zulas-
sungsverfahren immer mit der Beteiligung der Naturschutzverwaltung verbunden. Welches Verfahren für die
Erlangung der straßenbaurechtlichen Zulassung einzuleiten ist, wird zum einen von der UVP-Pflicht bestimmt,
hängt zum anderen aber davon ab, ob Eigentum Dritter betroffen ist. Hierzu ist im Einzelfall durch den Vorha-
bensträger zu prüfen, ob das Erfordernis eines Plangenehmigungs- bzw. eines Planfeststellungsverfahrens ge-
geben ist oder ob das Entfallen von Planfeststellung und Plangenehmigung ausgesprochen werden kann.
Wird bspw. die Durchführung einer UVP erforderlich (z.B. aufgrund der Betroffenheit von Schutzzielen eines
NATURA 2000-Gebietes), so ist dies immer mit einem Planfeststellungsverfahren verbunden. Wenn keine UVP-
Pflicht besteht, kann das Felssicherungsvorhaben entweder als Plangenehmigungsverfahren oder durch Entfal-
len von Planfeststellung/Plangenehmigung von Hessen Mobil weitergeführt werden (s. Abbildung 8). Eine Plan-
genehmigung ist immer dann erforderlich, wenn eine andere behördliche Entscheidung gefordert wird und keine
UVP verbindlich erarbeitet werden muss.
Für die Prüfung, ob bei einem Vorhaben ein Fall von unwesentlicher Bedeutung vorliegt und damit die Voraus-
setzungen für das Entfallen von Planfeststellung und Plangenehmigung gegeben sind, hat der Antragssteller
darzustellen, ob3
für das Vorhaben keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht,
für das Vorhaben das Benehmen mit den Trägern öffentlicher Belange hergestellt ist und
durch das Vorhaben keine Beeinflussungen der Rechte Dritter vorliegen.
Sind Naturschutzgebiete nach §§ 22, 23 BNatSchG betroffen und keine spezifischen Bestimmungen für Ver-
kehrssicherungsmaßnahmen in den Schutzgebietsverordnungen enthalten, muss eine Befreiung von den ent-
sprechenden Verboten und Geboten nach § 67 BNatSchG durch die ONB erteilt werden. Bei der Durchführung
von Felssicherungsmaßnahmen in einem NATURA 2000-Gebiet sind die entsprechenden Bestimmungen nach
den geltenden Richtlinien zu beachten. Im Falle einer Betroffenheit von Schutzgebieten nach § 63 Abs. 2 Nr. 5
BNatSchG bzw. im Falle einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 23 Abs. 1 HAGBNatSchG sind die anerkannten
Naturschutzvereinigungen zu beteiligen. Sind durch die Sicherungsmaßnahmen Bannwälder betroffen, ist in
jedem Falle die Obere Forstbehörde (OFB) vor jeder tiefergehenden Planung in Kenntnis zu setzen. Ggf. erge-
ben sich weitere Bestimmungen, die nach dem Hessischen Waldgesetz (HWaldG) zu beachten sind.
3Im Einzelnen ist auf den Leitfaden „Entfallen von Planfeststellung und Plangenehmigung bei Maßnahmen an Bundesfern-, Landes- und Kreisstraßen in Hessen“ (HESSEN MOBIL 2014) zu verweisen.
Teil I: Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und deren verfahrensrechtliche Einordnung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 21
Abbildung 8: Übersicht über mögliche Baurechtsverfahren, Maßnahmen zur Felssicherung
Teil I: Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und deren verfahrensrechtliche Einordnung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 22
2.3.2 Nicht planbare Maßnahmen – kurzfristige Sofortmaßnahmen zur Felssicherung
Situationsbedingt werden sich immer wieder unerwartete Felsabgänge oder –rutschungen ergeben, welche eine
akute Gefährdungssituation (Unfallgefahr) für die Verkehrsteilnehmer darstellen. Dies erfordert eine schnelle und
unmittelbare Beseitigung der Gefahrenstelle durch die Behörde. Hierbei handelt es sich um eine sog. „Sofort-maßnahme“, welche sich auf den Rechtsbegriff „Gefahr im Verzug“ (GiV) bezieht. Da zur Gefahrenbeseitigung die Fahrbahn zumeist nicht über einen längeren Zeitraum gesperrt werden kann, kommt in einem ersten Schritt
der Sofortmaßnahme der händische Abtrag einzelner lockerer Felsbrocken und Steine in Frage. Ist dies nicht
ausreichend, ist der Einsatz maschineller Geräte zur Beräumung des Gefahrenbereichs in Betracht zu ziehen.
Der Eingriff, auch mit Beeinträchtigungen von gesetzlich geschützten Biotopen und LRT nach Anhang I der FFH-
Richtlinie, ist in diesem Falle rechtlich zulässig. Die Durchführung eines entsprechenden straßenbaurechtlichen
bzw. umweltrechtlichen Genehmigungsverfahrens ist aus zeitlichen Gründen i.d.R. nicht möglich. Die Beräumung
sollte allerdings auf ein Mindestmaß beschränkt werden, sodass ein weiteres Ausbrechen und Abrutschen von
Felsmaterial vorübergehend ausgeschlossen werden, und die Sicherung der Böschung in einem nächsten Schritt
in eine planbare Maßnahme überführt werden kann. Durch geeignete Arbeitsanweisungen einer ökologischen
Baubegleitung ist der Eingriff zu minimieren.
Nach einer Beräumung gilt weiterhin das Gebot der Eingriffsfolgenbewältigung nach § 14 BNatSchG. Entspre-
chend ist dies über Potenzialschätzungen sowie eine Fotodokumentation des Voreingriffszustandes zu ermitteln
und nachträglich abzuarbeiten (s. Material I.2 Handlungsempfehlung „Sofortmaßnahme“). Die Vorgehensweise
bei Sofortmaßnahmen ist in jedem Fall mit der zuständigen Naturschutzbehörde im Vorfeld abzustimmen. Die
Abbildungen 9 und 10 zeigen eine Felsböschung vor und nach einer Sofortmaßnahme.
2.3.3 Eigentumsverhältnisse
Duldung von Maßnahmen
Werden Felssicherungsmaßnahmen auf Grundstücken Dritter durchgeführt, ist bei dauerhaften baulichen Maß-
nahmen die Erlaubnis des Eigentümer einzuholen. Sollte der Eigentümer den erforderlichen Maßnahmen, die zu
einer Veränderung seines Grundstückes führen, nicht zustimmen, ist das Baurechtsverfahren automatisch in ein
Planfeststellungsverfahren zu überführen. Nur bei Bundesfernstraßen ist in diesem Falle eine Plangenehmigung
möglich, wenn die Inanspruchnahme von Grundstücken Dritter als unwesentlich zu erachten ist
(§ 17b Abs. 1 Nr. 2 FStrG). Dabei ist die Größe des Eigentums mit der Inanspruchnahme ins Verhältnis zu set-
zen. § 36 HStrG eröffnet diese Möglichkeit für Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen nicht, da er die enteig-
nungsrechtliche Vorwirkung auf planfestgestellte Vorhaben beschränkt. Nach § 3 Abs. 3 und
Abs. 4 HAGBNatSchG werden sowohl die Genehmigung als auch die Befreiung aufgrund der Konzentrationswir-
kung nach § 75 HVwVfG im Rahmen des Plangenehmigungs- oder Planfeststellungsverfahrens durch die Plan-
feststellungsbehörde erteilt. Bei akuten Gefährdungssituationen (s. Kap. 2.3.2) ist die Zustimmung des Grund-
stückseigentümers nicht erforderlich. Dieser muss in jedem Falle Maßnahmen zum Schutz der Verkehrsteilneh-
mer dulden (Schutzmaßnahmen nach § 11 FStrG/§ 27 HStrG). Kommt es zu dauerhaften Veränderungen des
Teil I: Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und deren verfahrensrechtliche Einordnung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 23
Abbildung 12: Minimierte Steinschlaggefährdung durch Abflachen der Böschung und Anlegen von Terrassen (nach Bau)
Grundstückes, so ist der Eigentümer schriftlich über mögliche geplante Maßnahmen, die zu Veränderungen
seines Grundstückes führen, in Kenntnis zu setzen. Sind mit den Sicherungsmaßnahmen nachteilige wirtschaftli-
che Auswirkungen verbunden, kann der Grundstückseigentümer ggf. Schadensersatzansprüche geltend machen.
Nachbarhaftung
Grundsätzlich hat der Grundstückseigentümer dafür Sorge zu tragen, dass die von seinem Grundstück ausge-
henden Gefährdungen (i.d.R. Steinschlag) durch entsprechende Maßnahmen zu minimieren bzw. zu beseitigen
sind. Kommt der Eigentümer der Sicherungspflicht nicht nach, kann dieser im Schadensfall haftbar gemacht
werden. In den meisten Fällen stellt diese Sachlage jedoch eine Ausnahmesituation dar: wird Steinschlag o.ä.
durch ein Naturereignis (u.a. Sturm, Gewitter oder Witterungseinflüsse wie Frostsprengung) ausgelöst und ist das
betreffende Grundstück in vollkommen naturbelassenen Zustand (es besteht keine von Menschenhand vorge-
nommene Veränderung bzw. darf das Grundstück keiner wirtschaftlichen Nutzung unterliegen) kann der Grund-
stückseigentümer i.d.R. nicht dafür haftbar gemacht werden4.
Abbildung 10: Abflachung der Felsböschung im Zuge einer Sofortberäumung mit Absperrung der Fahrspur
Abbildung 11: Minimierte Steinschlaggefährdung durch Abflachen der Böschung und Anlegen von Terrassen (während Bau)
4vgl. HEHN 2003
Abbildung 9: Felsböschung vor einer Sofortberäumung
Teil I: Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und deren verfahrensrechtliche Einordnung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 24
2.4 Formale Anforderungen an die Umweltfachbeiträge - Schnittstellen
Im Rahmen der Erarbeitung der für die Genehmigungsverfahren erforderlichen umweltfachlichen Unterlagen sind
fallbezogen neben dem Landschaftspflegerischen Begleitplan (LBP) weitere Fachgutachten zur Umweltfolgenab-
schätzung und –bewältigung abzuarbeiten. Dazu gehören standardmäßig:
Floristisches Fachgutachten (Moose, Flechten und höhere Pflanzen)
Faunistisches Fachgutachten
Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag (ASB)
Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) - nur bei einer vorgeschriebenen UVP-Pflicht
Flora-Fauna-Habitat Verträglichkeitsvorprüfung bzw. -prüfung (FFH-VP) - nur bei einer
nicht auszuschließenden Betroffenheit von NATURA 2000-Gebieten
Eine übergreifende Koordination der zu leistenden Umweltfachbeiträge ist von Beginn an erforderlich. Bereits bei
der Leistungsbilderstellung bzw. der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen sollte dies mit berücksichtigt wer-
den, um eine möglichst effiziente Bearbeitung von Felssicherungsprojekten zu gewährleisten.
2.4.1 Landschaftspflegerischer Begleitplan
Neben der Integration der UVS sind bei der Erstellung von LBPs bei Maßnahmen zur Felssicherung folgende
Materialien zu beachten:
Material II.3: Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
o Erhebung des im Wirkraum vorkommenden, relevanten Artenspektrums
o Methodik der Erfassung der spezifischen Naturraumausstattung „Felslebensraum“ Material II.4: Hinweise zur Erstellung der Kartierungsgrundlage sowie Bestands- und
Konfliktdarstellung
o Erarbeitung einer für Felssicherungsmaßnahmen entwickelten Kartierungsgrundlage und Dar-stellung der Kartierungsergebnisse
Material II.6: Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung o Hinweise zur Bilanzierung von Bestands- und Eingriffsflächen
Material III.9: Mustergliederung LBP mit integrierter UVS bei Maßnahmen zur Felssicherung
o Integration der UVS in den LBP
2.4.2 Umweltverträglichkeitsstudie
Bei einer wesentlichen Änderung des Straßenkörpers (s. Kap. 2) ist anhand der Prüfung der UVP-Pflicht nach
§ 3c Satz 1 UVPG im Einzelfall festzustellen, ob eine UVP durchzuführen ist. Der Vorhabensträger hat die
Prüfung der UVP-Pflicht nach Art und Umfang des Felssicherungsvorhabens mithilfe des „Prüfkatalogs zur
Ermittlung der UVP-Pflicht von Landes- und Kreisstraßen“, des „Prüfkatalogs zur Ermittlung der UVP-Pflicht von
Bundesfernstraßenvorhaben“ bzw. „Merkblattes zur Umweltverträglichkeitsstudie in der Straßenplanung“ (MUVS 2000) zu ermitteln. Gemäß § 33 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3a des Hessischen Straßengesetzes (HStrG) wird der
Teil I: Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und deren verfahrensrechtliche Einordnung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 25
Bau von Straßen5 u.a. UVP-pflichtig, wenn
geplante Vorhaben sich auf Gebiete auswirken, die nach der Vogelschutz-Richtlinie (79/409/EWG)
oder der FFH-Richtlinie (92/43/EWG) unter besonderem Schutz stehen oder
Natur- bzw. Wasserschutzgebiete (BNatSchG) betroffen sind.
Liegt eine UVP-Pflicht vor, wird die baurechtliche bzw. umweltrechtliche Genehmigung im Rahmen eines Plan-
feststellungverfahrens erteilt. Bei der Bearbeitung der UVS wird auf den „Leitfaden für Umweltverträglichkeitsstu-
dien zu Straßenbauvorhaben“ (HLSV 2000) verwiesen. Sind bei einem Vorhaben sowohl eine UVS nach § 6
UVPG als auch ein LBP nach § 17 Abs. 4 BNatSchG zu erarbeiten, ist die UVS in den LBP zu integrieren. Hierzu
ist Material III.9 Mustergliederung LBP mit integrierter UVS bei Maßnahmen zur Felssicherung als Gliederungs-
vorlage heranzuziehen.
2.4.3 FFH-Verträglichkeitsprüfung
Kann im Rahmen einer FFH-Vorprüfung eine Beeinträchtigung der Schutz- und Erhaltungsziele eines
NATURA 2000-Gebietes allein oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten nicht ausgeschlos-
sen werden, ist für das entsprechende NATURA 2000-Gebiet eine Verträglichkeitsprüfung in einer separaten
Unterlage zu erarbeiten. Werden Felssicherungsmaßnahmen innerhalb eines NATURA 2000-Gebietes durchge-
führt, ist die Prüfung der FFH-Verträglichkeit mit dessen Erhaltungszielen materiell-rechtlich und vollumfänglich
durch den Vorhabensträger vorzunehmen. Sofern Schutz- und Erhaltungsziele formuliert sind, ist die Erheblich-
keit von Beeinträchtigung unter Anwendung der Bagatellschwellen von LAMBRECHT & TRAUTNER 2004 zu ermit-
teln. Für Fels-LRT sind generell sehr niedrige Bagatellschwellenwerte angegeben. Sollte die Prüfung zu dem
Ergebnis kommen, dass die Maßnahmen zu erheblichen Beeinträchtigungen führen bzw. die Bagatellgrenzen
überschreiten, ist nach § 34 Abs. 3 BNatSchG eine Ausnahmegenehmigung erforderlich. Bei Pflege- und Gestal-
tungmaßnahmen innerhalb eines NATURA 2000-Gebietes entscheidet die ONB über deren rechtliche Zulässig-
keit.
Schnittstellen zum LBP sind in der Bestandserfassung und in der Maßnahmenplanung vorhanden. Sobald be-
kannt ist, dass durch die Felssicherungsmaßnahmen ein NATURA 2000-Gebiet berührt wird, müssen die Leis-
tungsinhalte der Bestandserhebungen entsprechend um die Erfassung von LRT und deren Erhaltungszustände
ergänzt werden.
2.4.4 Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag
Ein Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag (ASB) wird erforderlich, wenn der Verdacht besteht, dass nach
europäischem Recht geschützte Tier- und Pflanzenarten im Vorhabensbereich direkt oder indirekt durch die
Felssicherungsmaßnahmen negativ beeinträchtigt werden können (eine gleiche Prüfung nationaler Arten im ASB
ist erst nach Verordnungsermächtigung des § 54 BNatSchG möglich; diese Verordnung wurde bislang nicht
erlassen). Es sind die Verbotstatbestände nach § 44 Abs.1 BNatSchG zu prüfen. Im Vorfeld jeder
5 hier: Straßenkörper gemäß der gesetzlichen Definition
Teil I: Maßnahmen zur Sicherung von Felsflächen und deren verfahrensrechtliche Einordnung
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 26
Felssicherungsmaßnahme sind im Rahmen der faunistischen/floristischen Planungsraumanalyse diejenigen
Arten auszumachen, die im Wirkraum der Maßnahme vorkommen können und zugleich Empfindlichkeiten
gegenüber den vom Vorhaben ausgehenden Wirkfaktoren haben.
Der „Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen“ (HMUKLV 2015, 3. Fassung z.Z. in
Überarbeitung) sowie die „Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr“ (GARNIEL & MIERWALD 2010) finden hierbei
grundsätzlich Anwendung. Des Weiteren ist das Forschungsvorhaben zur HVA F-StB (FE 02.0332/2011/LRB)
sowie der „Leitfaden der Erfassungsmethoden und -zeiträume bei faunistischen Untersuchungen zu
straßenrechtlichen Eingriffsvorhaben in Hessen“ (HESSEN MOBIL 2013) zu berücksichtigen. Eine Auswahl
möglicher betroffener nach Anhang IV der FFH-RL geschützter Arten, wildlebender europäischer Vogelarten und
geschützter Arten nach BNatSchG ist im Material I.3 Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
aufgeführt. Die artenschutzrechtlichen Betrachtungen in Form eines ASB sind i.d.R. in einer separaten Unterlage
zu erarbeiten. Bei nicht umfangreichen kleineren Projekten können sie auch in den LBP als ein eigenes Kapitel
integriert werden.
Te i l I I : Inhaltliche Anforderungen und Besonderheiten bei der Erstellung von LBPs und verwandter Fachbeiträge
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 27
Mat
eria
l
Teil II des Leitfadens gibt die inhaltlichen Mindestanforderungen sowie die Besonderheiten bei der Erarbeitung
von landespflegerischen Fachbeiträgen für Felssicherungsvorhaben wieder. Allgemeine Vorgehensweisen bei
der Erstellung von LBPs bleiben hiervon unberührt und sind dem „Leitfaden für die Erstellung landschaftspflegeri-
scher Begleitpläne zu Straßenbauvorhaben in Hessen“ (HESSEN MOBIL 2016) zu entnehmen.
3 Besonderheiten bei der Erstellung landespflegerischer Fachbeiträge
3.1 Festlegung des Untersuchungsraumes
Die Dimension bzw. die Größe des Untersuchungsraumes gilt es in Bezug auf die vorhabensbedingten Beein-
trächtigungen (u.a. Bohrstäube, Trittschäden und Verlärmungen) für die bei Felssicherungsvorhaben relevanten
Naturgüter abzugrenzen. Für die zu untersuchenden Naturgüter werden unterschiedliche Untersuchungsradien
empfohlen. Die einzelnen Untersuchungsradien sind in Material II.3 Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Fels-
sicherung sowie der nachfolgenden Abbildung (s. Abbildung 14) zu entnehmen.
I. Felshang/-böschung (Eingriffsraum) + 10 m breiter Abschnitt hinter Felshang
/-böschungsoberkante
Der Untersuchungsraum der Biotop- und Nutzungskartierung beschränkt sich hierbei auf die Straßenseite6 des
Eingriffsbereiches. Es ist ab Straßenbankett entsprechend die zu sichernde Hang-/Böschungsseite bis 10 m
hinter der Böschungsoberkante zu untersuchen.
II. 50 m beidseitig des direkten Eingriffsraumes
Für das Naturgut Tiere ist ein Untersuchungsradius von 50 m um den Eingriffsraum vorgesehen. Die Erfassung
ist beidseitig von der zu sichernden Felsböschung bzw. Straße durchzuführen. Im Rahmen der Untersuchungen
ist parallel eine Besatzkontrolle von Habitatbäumen7 durchzuführen. Projektspezifisch kann der Untersuchungs-
raum aber variieren und ist in jedem Falle in Rücksprache mit der zuständigen Naturschutzbehörde festzulegen.
6Floristische Untersuchungen sind nur auf Seiten des Eingriffsraumes durchzuführen. 7Werden Habitatbäume im Untersuchungsraum erfasst, sind diese zu verorten und mittels Fotos zu dokumentieren. In den entsprechenden Fachdokumen-ten ist der naturschutzfachlich korrekte Umgang zu erläutern.
I.1 Maßnahmen zur Felssicherung
I.2 Handlungsempfehlung „Sofortmaßnahme“ II.5 Wirkfaktoren
Teil II: Inhaltliche Anforderungen und Besonderheiten bei der Erstellung von LBPs und verwandter Fachbeiträge
Te i l I I : Inhaltliche Anforderungen und Besonderheiten bei der Erstellung von LBPs und verwandter Fachbeiträge
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 28
III. Flucht-/Effektdistanzen entsprechend Material II.3
Kann ein Vorkommen von Wanderfalke, Dohle, Uhu, Rotmilan, Schwarzmilan, Schwarzstorch, Wespenbussard,
Habicht oder Baumfalke in angrenzenden Wald- und Feldgehölzbeständen nicht ausgeschlossen werden, ist
aufgrund der baubedingten Beeinträchtigungen je nach betroffener Vogelart der Untersuchungsraum nach den
Empfehlungen der Arbeitshilfe „Vögel und Straßenverkehr“ (GARNIEL & MIERWALD 2010) anzuwenden. Die artbe-
zogenen Fluchtdistanzen/Effektdistanzen sind im Material II.3 Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
zusammengefasst.
Eingriffsraum (direkt/erweitert)
Hier ist mit erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen für die Schutzgüter (< Wirkraum) zu rechnen. Bei
Maßnahmen zur Felssicherung unterscheidet man zwischen dem „direkten Eingriffsraum“, auf dem die Maßnah-
men zur Felssicherung durchgeführt werden, sowie dem „erweiterten Eingriffsraum“ (s. Abbildung 13). Der erwei-
terte Eingriffsraum umfasst die baubedingt zusätzlich in Anspruch genommene Fläche, die sich unmittelbar an
den direkten Eingriffsraum anschließt und wird i.d.R. durch einen Flächenpuffer von zwei Metern um den direkten
Eingriffsraum abgedeckt. In diesem Bereich ist beim Bau der Sicherungsmaßnahmen mit zusätzlichen Beein-
trächtigungen wie Bodenverdichtungen durch Maschinen, Schäden durch Vertritt oder von der Beräumung aus-
gelöste Fels- und Geröllstürze zu rechnen. Anlagebedingte Beeinträchtigungen wie Beschattung (bei Zaun- oder
Netzanlagen) bzw. Eutrophierung (Laubansammlungen) beziehen sich ebenfalls auf diesen Bereich.
Eine Differenzierung der o.g. Eingriffsräume (direkt/erweitert) wird bei der Eingriff-Ausgleichbilanzierung erforder-
lich. Der erweiterte Eingriffsraum ist, wie auch der direkte Eingriffsraum, in der späteren Flächenbilanzierung8
immer als beeinträchtigte Fläche gegenüber dem Bestand zu bewerten bzw. nach KV zu bilanzieren.
Wirkraum
Der Wirkraum geht über den Eingriffsraum hinaus und bezieht sich auf den gesamten Raum, in dem die
vorhabensbedingten Wirkungen (anlage-, bau- und betriebsbedingt) negative Beeinträchtigungen der Umgebung
zur Folge haben können. Bei den vorhabensbedingten Wirkungen ist u.a. neben dem Verlust von Flora und Fau-
na sowie felstypischer Habitatstrukturen, mit dem Eintrag von Bohrstäuben sowie mit wie Erschütterungen und
Verlärmungen, zu rechnen (s. Material II.5 Wirkfaktoren).
Kompensationsflächen
Eine erforderliche Fläche zur Kompensation sollte im Regelfall in der Planung von Felssicherungsvorhaben
schon Bestandteil der Biotop- und Nutzungskartierung bzw. des Untersuchungsraumes sein. Der
Kompensationsraum muss gemäß den Anforderungen der KV innerhalb des gleichen Landschaftsraumes bzw.
der gleichen naturräumlichen Haupteinheitengruppe liegen. Bei einer Betroffenheit von § 30 Biotopen bzw. von
8Der direkte Eingriffsbereich kann neben einer Abwertung nach KV, im Gegensatz zum erweiterten Eingriffsbereich, zusätzlich in einen anderen Nutzungs-typ übergehen. Aus Material I.3 kann die jeweilige Flächenbilanzierung der beiden Eingriffsräume entnommen werden.
Te i l I I : Inhaltliche Anforderungen und Besonderheiten bei der Erstellung von LBPs und verwandter Fachbeiträge
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 29
LRT in einem NATURA 2000-Gebiet muss ein räumlich-funktionaler Zusammenhang zum Eingriffsraum gemäß
den gesetzlichen Vorgaben Bestandteil des Maßnahmenkonzeptes sein.
Abbildung 14: Abgrenzung der Untersuchungsräume (Schema)
Abbildung 13: Abgrenzung des Eingriffs- und Wirkraumes (Schema)
Te i l I I : Inhaltliche Anforderungen und Besonderheiten bei der Erstellung von LBPs und verwandter Fachbeiträge
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 30
3.2 Hinweise zu Ortsbegehungen
Im Verlauf eines jeden Felssicherungsvorhabens empfiehlt es sich, mit den am Planungsprozess zu beteiligen-
den Fachdisziplinen (i.d.R. bestehend aus: Hessen Mobil (KC Geotechnik (BA3), technische Planung, Landes-
pflege und Straßenmeisterei), geotechnologischen und landschaftspflegerischen Ingenieurbüros, sowie der zu-
ständigen Naturschutzbehörde) einen gemeinsamen Besichtigungstermin des Planungsraumes durchzuführen. In
der bisherigen Praxis hat sich dies als verfahrensbeschleunigend und als kosteneffektiv erwiesen. Je nach Ver-
fahren und Schutzstatus des Vorhabensraumes kann es sinnvoll sein, örtliche Naturschutzverbände o.ä. Organi-
sationen von Anfang an mit in die Planungen zu integrieren.
Ein Treffen der Beteiligten ist zweckdienlich, sobald der technische Entwurf als Vorabzug vorliegt. Ergänzend
sollten die faunistischen bzw. floristischen Bestandsaufnahmen fertiggestellt sein. Vor Ort können Problem- und
Fragestellungen anhand der Vorentwürfe der geotechnischen und landespflegerischen Planung mit den o.g.
Beteiligten diskutiert werden. Es gilt, naturschutzfachliche Fragestellungen bzw. weitere Arbeitsschritte innerhalb
des Vor-Ort-Termins zu klären bzw. abzustimmen. Anregungen der Projektbeteiligten zu Minimierungs- bzw.
Vermeidungsmaßnahmen können unmittelbar in der weiteren Planung berücksichtigt werden. Ggf. sind im Pla-
nungsprozess nachsteuernde Termine zur Abstimmung der Planung und Eingriffsminimierung durchzuführen.
Die folgende Tabelle (Tab.1) zeigt einen allgemeinen Ablauf der Arbeitsschritte der landespflegerischen Pla-
nungsbüros, die bis zur Baurechtsschaffung abzuarbeiten sind.
Tabelle 1: Hinweise zu Arbeitsschritten bei der Ermittlung planungsrelevanter Strukturen und Rahmenbedingungen
Arbeitsschritte Landespflege (Planungsbüros): Material
1. Überblick über planungsrelevante Funktionen von Felslebensräumen und des Landschaftsbildes inkl. faunistisch/floristischer Planungsraumanalyse
2. Abfotografieren der entsprechend zu sichernden Felsböschungen II.4 Hinweise zur Erstellung der Kartierungsgrundlage sowie Bestands- und Kon-fliktdarstellung
3. Erstellung einer Kartiergrundlage mittels Fotografie (Senkrechtprojektion)
4. Durchführung der naturschutzfachlichen Erhebungen/Erfassungen - Zeitpunkt der Kartierungen ist abzustimmen
5. Bewertung des Bestandes II.6 Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung
6. Abstimmung der Notwendigkeit bzw. Abwägung in Frage kommender Sicherungsmaßnahmen
a) Abgleich der geotechnischen Vorplanung mit der naturschutzfachlichen Bestandssituation
b) Festlegung möglicher Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen c) Festlegung des Umfangs möglicher Kompensationsmaßnahmen
7. Erarbeiten von Vorschlägen zum Umfang der Umweltbaubegleitung (UBB) / Be-gleitung der Baumaßnahme
8. Ansprache möglicher Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen II.7 Hinweise zur Vermei-dung und Minimierung von Beeinträchtigungen
9. Erarbeiten von möglichen Kompensationsmaßnahmen III.8 Hinweise zum Entwi-ckeln von repräsentativen Zielbiotopen
Te i l I I : Inhaltliche Anforderungen und Besonderheiten bei der Erstellung von LBPs und verwandter Fachbeiträge
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 31
3.3 Projektzwänge bei Maßnahmen zur Felssicherung
Bei Maßnahmen der Felssicherung ergeben sich i.d.R. Projektzwänge, die zeitlich, räumlich oder sachlich
(auch in Kombination) einzuordnen sind:
Zeitliche Einschränkungen ergeben sich aus Bauzeitfenstern, die ihren Ursprung erhalten
o aus der naturschutzrechtlichen Genehmigung (Artenschutz)
o aus der verkehrsrechtlichen Anordnung zur (Teil-) Sperrung der Straße im Maßnahmenbereich
während der Bauzeit (Abhängigkeiten je nach Verkehrsbedeutung der Straße (Umleitungsstre-
cke Autobahn))
o aus benachbarten Bauprojekten (vorgesehene Umleitungsstrecken stehen erst nach Abschluss
der benachbarten Projekte zur Verfügung)
o aus witterungstechnischen Abhängigkeiten bei der Umsetzung der einzelnen Gewerke (keine
Arbeiten bei Eis und Schnee aus Arbeitsschutzgründen).
Räumliche Einschränkungen ergeben sich aus arbeitssicherheitstechnischer Sicht, da einzelne
Gewerke je nach herrschenden Platzverhältnissen nur unter Vollsperrung durchgeführt werden
können
Sachliche Einschränkungen ergeben sich aus der erforderlichen Beachtung einer Angemes-
senheit der Felssicherungsmaßnahmen aus technischer, verkehrlicher und betrieblicher Sicht
(Kosten-Nutzen-Verhältnis, Lebenszykluskosten)
Te i l I I : Inhaltliche Anforderungen und Besonderheiten bei der Erstellung von LBPs und verwandter Fachbeiträge
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 32
Mat
eria
l 4 Ermitteln und Bewerten des Bestandes
Die allgemeine Vorgehensweise bei der Erfassung und Bewertung von Naturhaushalt und Landschaftsbild
orientiert sich im Wesentlichen an den rechtlichen Grundlagen und relevanten Materialien des „Leitfadens für die
Erstellung landschaftspflegerischer Begleitpläne zu Straßenbauvorhaben in Hessen“ (HESSEN MOBIL 2016).
Besondere Anforderungen und Methoden für die Bestandserfassung und -bewertung bei
Felssicherungsmaßnahmen werden in Material I.3 Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
beschrieben.
Grundsätzlich hat die Bestandserfassung bei Felssicherungsmaßnahmen so zu erfolgen, wie es für die
Eingriffsbeurteilung entsprechend der unterschiedlichen Rechtsregime erforderlich ist. Dieses setzt voraus, dass
die örtlichen Erhebungen der Pflanzen- und Tierwelt (im Falle von Planfeststellung oder Plangenehmigung
Erfassungszeitpunkt < 5 Jahre vor Beschluss) die Vegetationsperiode und das Wanderverhalten sowie die
Lebenszyklen einzelner Arten berücksichtigen. Abweichungen zu Vorgaben hinsichtlich Untersuchungs-
zeiträumen nach HVA F-StB, wie örtliche Erfassungen der Pflanzen- und Tierwelt über einen Zeitraum von einer
Vegetationsperiode, können aufgrund straßenrechtlicher Belange aber durchaus gegeben sein (s. Kap. 2.3.2).
Die Bestandserfassung, insbesondere die Erfassungsmethode und der Kartieraufwand, muss ggf. dem zur
Verfügung stehenden Zeitfenster angepasst werden. Maßgeblich ist dabei, ob mit den ermittelten
Erfassungsergebnissen der LBP sowie weitergehende landespflegerische Fachbeiträge fachgerecht, eindeutig
und nachvollziehbar abgearbeitet werden können.
Wird aufgrund einer akuten Gefährdungslage für den Straßenverkehr eine sofortige Beräumung der Hangflächen
(Sofortmaßnahme) erforderlich und können aufgrund von zeitlichen Zwängen im Vorfeld keine ausreichenden
Erkenntnisse über den Eingriffsbereich durch aktuelle Erhebungen erlangt werden, ist mit Potenzialanalysen,
einer Fotodokumentation des Vor-Eingriffszustandes und ggf. Analogieschlüssen zu arbeiten (s. Material I.2
Handlungsempfehlung „Sofortmaßnahme“).
I.2 Handlungsempfehlung „Sofortmaßnahme“ II.3 Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
II.4 Hinweise zur Erstellung der Kartierungsgrundlage sowie zur Bestands- und Konfliktdarstellung
II.5 Wirkfaktoren
II.6 Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung
M6 (LBP-Leitfaden) Definition Naturgutfunktionen
M8 (LBP-Leitfaden) Biotoptypenliste
Te i l I I : Inhaltliche Anforderungen und Besonderheiten bei der Erstellung von LBPs und verwandter Fachbeiträge
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 33
4.1 Kartenmaßstab und Senkrechtprojektion
Felssicherungsprojekte erfordern eine eigens für diesen Maßnahmentypus aufbereitete kartografische Darstel-
lung. Die Maßstäblichkeit bzw. der Detaillierungsgrad der Bestands- und Konfliktdarstellung orientiert sich bei
Felssicherungsmaßnahmen i.d.R. an der geotechnischen Entwurfsplanung und ggf. am Flächenumfang sowie
den örtlichen ökologischen Erfordernissen der betroffenen Arten. Die Wiedergabe bzw. Darstellung der natur-
räumlichen Gegebenheiten erfolgt bei Felssicherungsprojekten aufgrund der besonderen topografischen Verhält-
nisse im Gegensatz zur konventionellen Praxis nicht als Draufsicht, sondern als Senkrechtprojektion
(Ansichtsfläche).
Vorhandene Kartenwerke sind daher i.d.R. für eine flächentreue Kartierung der Bestandssituation nicht geeignet.
Stattdessen ist die Kartierungsgrundlage mittels einer zusammenhängenden Fotoreihe (Panoramafoto) zu erstel-
len. Auf dieser Grundlage basieren die Bestands- und Konfliktdarstellungen sowie die Eingriffsbilanzierung. Der
Maßstab für die Bestands- und Konfliktpläne liegt für eine ausreichende Differenzierung i.d.R. bei den biotischen
Naturgütern im Maßstab 1:100 bis 1:200.
Erst auf Grundlage der Senkrechtprojektion können die Biotop- und Nutzungstypen, Einzelfundorte von Pflanzen
und Tieren sowie relevante Habitatfunktionen (z.B. Höhlen, Spalten, Verwerfungen, Nischen) und Wildwechsel-
korridore eindeutig in ihrer Lage und tatsächlichen Flächenausdehnung dokumentiert und abgebildet werden. Die
abiotischen Naturgüter werden anhand der thematischen Grundlagenkarten abgeleitet, schriftlich wiedergegeben
und als Abbildungen in den Fachbeiträgen (Maßstab ≤ 1:25.000) dargestellt. Die durch den Bau der Sicherungs-
anlagen gegebenen Veränderungen des Landschaftsbildes können nur schematisch anhand der Konfliktplanung
wiedergegeben werden. Aussagen zu negativen Veränderungen sind verbal-argumentativ zu beschreiben.
Vorgaben zur Erstellung der Bestands- und Konfliktdarstellung sind aus Material II.4 Hinweise zur Erstellung der
Kartierungsgrundlage sowie Bestands- und Konfliktdarstellung zu entnehmen. Allgemeingültige bzw. übertragba-
re Angaben in Bezug auf den Zeitbedarf für die Bestandskartierungen im Rahmen von Felssicherungsmaßnah-
men und den damit verbundenen Kosten sind schwer möglich. Der erforderliche Zeitbedarf ist nach Beschaffen-
heit bzw. der erforderlichen Bearbeitungstiefe (bspw. zusätzliche Bewertung der Erhaltungszustände von LRT in
einem NATURA 2000-Gebiet), der Größe sowie der Zugänglichkeit des zu kartierenden Gebietes einzelfallbezo-
gen zu ermitteln. Die örtlichen Verhältnisse können zusätzlich den Einsatz eines Hubsteigers erfordern, der sich
als weitere Position in Zeit und Kosten niederschlagen kann.
4.2 Hinweise zu Bestandserfassungen und -erhebungen
Die wichtigste Grundlage zur Bestandsbewertung ist das faunistisch-floristische Gutachten, das in seinem
Umfang auf die spezifischen Besonderheiten des jeweiligen Vorhabensraums abzustimmen ist. Bei der
Erfassung und Auswertung des gegenwärtigen Zustandes von Natur und Landschaft sind weiterhin bereits
vorliegende faunistische und floristische Informationen, Gutachten und Kartierungen (u.a. Datenrecherche,
Befragungen von Naturschutzverbänden oder anderer Fachkundigen, NATIS Abfrage, ADEBAR-Zählung, etc.)
auszuwerten. In der Beurteilung der Beeinträchtigungen der Leistungs- und Funktionsfähigkeit von Naturhaushalt
Te i l I I : Inhaltliche Anforderungen und Besonderheiten bei der Erstellung von LBPs und verwandter Fachbeiträge
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 34
und Landschaftsbild gilt es im Rahmen der Bestanderfassung bei Felssicherungsmaßnahmen die folgenden
planungsrelevanten Funktionen zu beachten:
die Biotop- und Habitatfunktionen für Tier- und Pflanzenarten
die Funktionen des Landschaftsbildes
Weitere Naturgutfunktionen weisen bei Felssicherungsmaßnahmen i.d.R. eine nachgeordnete bis fehlende Pla-
nungsrelevanz auf, da diese entweder nicht ausgeprägt sind oder gegenüber den vorhabenspezifischen Wirkfak-
toren keine Empfindlichkeit besitzen. Für jedes Felssicherungsvorhaben ist die Relevanz der einzelnen Naturgü-
ter mit der zuständigen Naturschutzbehörde zu erörtern.
4.2.1 Differenzierung der Erhebungen nach gesetzlichem Schutzstatus
Je nach Ausprägung, Artvorkommen oder Entstehung können Felslebensräume bzw. einzelne Arten einem mehr-
fachen gesetzlichen Schutz unterliegen. Dabei unterscheidet man grundsätzlich:
Geschützte Biotope nach § 30 BNatSchG
Lebensraumtypen nach Anhang I FFH-RL (auch außerhalb von NATURA 2000-Gebieten)
Artenschutzrechtlich relevante Arten nach § 44 BNatSchG
Der jeweilige Schutzstatus sollte grundsätzlich erfasst werden, da dieser bei Felssicherungsprojekten als wichti-
ges Wertelement für die spätere Bestandsbewertung und Maßnahmenplanung von besonderer Bedeutung ist.
Eine genaue räumliche Abgrenzung der Flächen mit ihrem jeweiligen Schutzstatus ist notwendig, um die ggf.
anfallenden Kompensationsanforderungen (z.B. funktionaler Ausgleich) vollumfänglich zu ermitteln sowie den
artenschutzrechtlichen Belangen gerecht zu werden. Ausführliche Informationen über die Ziele und methodischen
Anforderungen an die Bestandserfassungen bei Felssicherungsmaßnahmen sind im Material I.3 Kartierhinweise
bei Maßnahmen zur Felssicherung dargestellt. Neben der Angabe der artspezifischen Untersuchungsmethoden
werden darüber hinaus die artspezifischen Untersuchungsdistanzen für die potenziell im Planungsraum vorkom-
menden Arten beschrieben.
Entsprechend der gesetzlichen Definition sind für die Einstufung als gesetzlich geschützte Biotope nach
§ 30 BNatSchG bzw. als Lebensraumtypen nach der FFH-RL die Entstehung und/oder die Ausprägung
(Ausstattung) der Felslebensräume entscheidend (s. Abbildung 14).
Felslebensräume mit/ohne felstypische Vegetation: Felsen mit LRT-typischer Vegetation (Zeigerarten) gemäß Definition der HLBK (FENA 2015) sind als LRT anzusprechen. Felsen mit fehlender typischer Vegetationsausstattung sind nicht als LRT anzu-sprechen. Dabei ist nicht die Entstehungsform entscheidend (natürlich oder anthropogen), sondern es ist nur der aktuell vorgefundene Zustand mit vorhandener Vegetation ausschlaggebend.
Te i l I I : Inhaltliche Anforderungen und Besonderheiten bei der Erstellung von LBPs und verwandter Fachbeiträge
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 35
Felslebensräume natürlichen/anthropogenen Ursprungs: Offene Felsbildungen sowie Block-, Schutt- und Geröllhalden natürlichen Ursprungs sind nach § 30 BNatSchG gesetzlich geschützt. Maßgeblich auf menschliche Tätigkeiten zurückzuführende Fels-strukturen, wie z.B. künstlich entstandene Straßenböschungen, unterliegen dagegen keinem gesetzli-chen Schutzstatus nach § 30 BNatSchG. Dies gilt unabhängig vom Vorhandensein einer felstypischen Vegetation auf den Felsflächen. In diesem Fall ist der Nutzungstyp 10.132 (B) Anthropogen freigelegte Felsanschnitte im Straßenrandbereich (s.u.) anzusetzen.
Bei bisher im Taunus durchgeführten Felssicherungsmaßnahmen wiesen alle Kartierungen der Hanganschnitts-
flächen i.d.R. ein solches Alter auf, dass sich eine ausgeprägte felstypische Vegetation ausbilden konnte. Die aus
der Kompensationsverordnung verwendeten „Standard-Nutzungstypen“ der KV können nur annäherungsweise
den eigentlichen Wert und Ausprägung dieser Flächen beschreiben und wiedergeben. Zu diesem Zweck wird der
Nutzungstyp „10.132 (B) Anthropogen freigelegte Felsanschnitte im Straßenbereich“ in die Biotoptypenliste Mate-
rial M8 der neuen Fassung des „Leitfadens zur Erstellung landschaftspflegerischer Begleitpläne zu Straßenbau-
vorhaben in Hessen“ (HESSEN MOBIL 2016) neu aufgenommen. Dieser erhält einen Punktwert von 40 WP, der
aus der Interpolation der beiden bisher hierfür verwendeten Nutzungstypen „10.110 Felswände“ und „10.131
Sukzession im offenen Steinbruch“ hervorgeht. Dieser entspricht somit der tatsächlich angetroffenen Qualität der
Standorte und berücksichtigt die i.d.R. vorgefundenen Biotopausprägungen sowie die Exposition zu straßenbe-
dingten Emissionen. Frisch beräumte Felsanschnitte sind weiterhin - eine dreijährige Entwicklungszeit vorausge-
setzt - mit dem Nutzungstyp „10.131 Sukzession im offenen Steinbruch“ zu belegen.
Felsstandorte im Sinne des § 30 BNatSchG sind unabhängig vom Vorkommen bestimmter Vegetation geschützt,
sofern sie natürlichen Ursprungs sind. Da die Natürlichkeit der Entstehung nicht immer erkennbar ist, soll im
Zweifelsfall analog zum Vorgehen anderer Bundesländer in Hessen für die betreffende Felsstruktur ein gesetzli-
cher Schutz angenommen werden. Bezüglich der Ansprache als gesetzlich geschütztes Biotop können Mindest-
größen (Bagatellschwellen) herangezogen werden. Die im Entwurf der HLBK-Kartieranleitung enthaltenen
Mindestgrößen bewegen sich dabei im Rahmen der von LAMBRECHT & TRAUTNER 2007, Anh. 3 (Mindestflächen
für § 30 Biotope) zusammengestellten Untergrenzen (FENA 2015).
Dementsprechend kann es vorkommen, dass Felsbiotope aufgrund ihrer Vegetationsausprägung als LRT anzu-
sprechen sind, jedoch durch anthropogen bedingte Entstehung nicht der Definition nach § 30 BNatSchG „Felsen
natürlichen Ursprungs“ entsprechen. Genauso können Felsen natürlichen Ursprungs bzw. natürlich entstandene
Felslebensräume bei fehlender typischer Vegetationsausstattung bzw. bei Fehlen von Zeigerpflanzen nicht als
LRT nach der FFH-RL eingestuft werden. Entsprechend können sich bei gegebener „Natürlichkeit“ und „Ausprä-
gung“ die verschiedene Schutzregime überlagern (s. Abbildung 15).
Te i l I I : Inhaltliche Anforderungen und Besonderheiten bei der Erstellung von LBPs und verwandter Fachbeiträge
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 36
Abbildung 15: Abgrenzung von gesetzlich geschützten Biotoptypen mit dem Merkmal „Felsen“
Te i l I I : Inhaltliche Anforderungen und Besonderheiten bei der Erstellung von LBPs und verwandter Fachbeiträge
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 37
Bestimmte Teile von Felsstandorten unterliegen einem besonderen gesetzlichen Schutz nach § 30 BNatSchG.
Hierzu zählen:
Natürliche Block-, Schutt oder Geröllhalden [§ 30 Abs.2 Nr.3 BNatSchG] Trockenrasen, Lehm- und Lösswände [§ 30 Abs.2 Nr.3 BNatSchG]
Zwergstrauchheiden [§ 30 Abs.2 Nr.3 BNatSchG] Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte [§ 30 Abs.2 Nr.3 BNatSchG] Blockhalden- und Hangschuttwälder [§ 30 Abs.2 Nr.4 BNatSchG] Offene Felsbildungen [§ 30 Abs.2 Nr.5 BNatSchG]
Zur Bestimmung von LRT sind bei den floristischen Erhebungen entsprechende Zeigerarten zu erheben. I.d.R. ist
mit einem Vorkommen folgender LRT auf Felsstandorten zu rechnen:
LRT 8150 Kieselhaltige Schutthalden der Berglagen Mitteleuropas LRT 8160 Kalkhaltige Schutthalden der kollinen bis montanen Stufe Mitteleuropas
LRT 8210 Kalkfelsen mit Felsspaltenvegetation LRT 8220 Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation
LRT 8230 Silikatfelsen mit Pioniervegetation
Zusätzlich zu den o.g. Felslebensräumen können die nachstehenden LRT vorkommen:
LRT 4030 Trockene europäische Heiden LRT 6110 Lückige basophile oder Kalk-Pionierrasen LRT 9170 Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald LRT *9180 Schlucht- und Hangmischwälder
Gänzlich vegetationsfreie Felsbereiche natürlichen Ursprungs sind gesetzlich nach § 30 BNatSchG geschützt,
stellen aber kein LRT im Sinne der FFH-RL dar. Kommen außerhalb des Schutzregimes von NATURA 2000-
Gebiete LRT vor, müssen diese zwar erhoben werden, jedoch keine LRT-Erhaltungszustände (EHZ) erfasst
werden (Material II.3 Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung).
Die Ansprache der Biotop- und Nutzungstypen basiert auf der Biotoptypenliste M8 des „Leitfadens zur Erstellung
landschaftspflegerischer Begleitpläne zu Straßenbauvorhaben in Hessen“ (HESSEN MOBIL 2016).
4.2.2 Artenschutzrechtlich relevante Tierarten
Allgemein ist ein Vorkommen von artenschutzrechtlich relevanten Arten im Sinne der §§ 44 ff. BNatSchG nach
den Handlungsanweisungen des „Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen“ (HMUELV 2015)
abzuprüfen. Bei Felssicherungsmaßnahmen sind i.d.R. folgende planungsrelevante Tierartengruppen zu
berücksichtigen:
Säugetiere und bodengebundene Kleinsäuger (z.B. Fledermäuse, Haselmäuse)
Avifauna mit Brutnachweis (BN) oder Brutverdacht (BV) (hier: insbesondere fels-
brütende Vögel, z.B. Wanderfalken)
Reptilien (z.B. Zaun-/Mauereidechsen, Schlingnattern)
Te i l I I : Inhaltliche Anforderungen und Besonderheiten bei der Erstellung von LBPs und verwandter Fachbeiträge
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 38
Im Rahmen der Erhebung sind artenschutzrechtlich relevante Lebensräume, wie Höhlungen, Spalten, Verwer-
fungen und Nischen, auf Besatz und Eignung als Habitat oder Winterquartier zu untersuchen. Gleichfalls sind die
Fortpflanzungs-, Brut-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten zu berücksichtigen. Der
umgebende Baumbestand ist ebenfalls auf Besatz o.g. Tierarten zu prüfen.
Die Erhebungen müssen so umfangreich sein, dass bei eventuell notwendigen vorgezogenen
artenschutzrechtlichen Vermeidungsmaßnahmen (z.B. Ausgleichsquartiere) belastbare Aussagen getroffen
werden können, inwieweit die ökologische Funktion von betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im
räumlichen Zusammenhang gewährleistet bleibt. Prognosen für den Zeitaufwand der faunistischen
Bestandskartierungen sind hierbei schwer möglich, da der Aufwand der Kartierung von der Anzahl der
Begehungen sowie auch von Größe und Topografie des Untersuchungsgebietes (Hangneigung der Felsen,
Untergrundbeschaffenheit bzw. Erreichbarkeit sowie ggf. Oberflächenstruktur) abhängt.
Für die in Material I.3 aufgeführten Tier- und Pflanzenartengruppen sind ausreichend Kartierdurchgänge durchzu-
führen. Damit sollen Vorkommen von geschützten Arten bestätigt bzw. ausgeschlossen und Aussagen über de-
ren Populationsgrößen (näherungsweise) und Verhaltensweisen getroffen werden können.
Hinweise zur Darstellung artenschutzrelevanter Kartierungsergebnisse können aus dem Material II.6 Hinweise
zur Erstellung der Kartierungsgrundlage sowie Bestands- und Konfliktdarstellung entnommen werden.
4.2.3 Besondere Erfassung von Geländestrukturen bei Felssicherungsmaßnahmen
Durch die Darstellung der Kartierungsergebnisse auf Basis einer „Senkrechtprojektion“ ergeben sich Abweichun-
gen zwischen den dargestellten Ansichtsflächen auf den Bestands- und Konfliktplänen und der tatsächlichen
Hangoberfläche in der Örtlichkeit. Um eine annähernd genaue Flächenermittlung der einzelnen Biotop- und Nut-
zungstypen zu gewährleisten, sind Korrekturfaktoren mit einzubeziehen.
Je nach Örtlichkeit ergeben sich unterschiedliche Hangneigungen (1-3), die es bei der Berechnung der Flächen-
größen zu berücksichtigen gilt. (Ansichtsflächen x Korrekturfaktor = tatsächliche Flächengröße der Hangneigung).
Diese sind durch den Kartierenden vor Ort für den jeweiligen Felsböschungsbereich festzulegen. Die entspre-
chenden Korrekturwerte der Hangneigungen (1-3) zur Flächenberechnung sind im Material II.6 Hinweise zur
Erstellung der Kartierungsgrundlage sowie Bestands- und Konfliktdarstellung aufgeführt. Bei besonders klüftigen
Felsoberflächen (hier: Rauigkeit) kann in Ausnahmefällen der Korrekturfaktor „Hangrauigkeit“ in die Flächenbe-
rechnung einbezogen werden. Dies gilt dann sowohl für die Eingriffsbewertung als auch für die Bewertung mögli-
cher Kompensationsmaßnahmen.
Te i l I I I : Maßnahmenplanung und Kompensation
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 39
4.3 Hinweise zur Bestandsbewertung
Allgemeine Hinweise zu den Bewertungskriterien sind dem „Leitfaden zur Erstellung landschaftspflegerischer
Begleitpläne zu Straßenbauvorhaben in Hessen“ (HESSEN MOBIL 2016) zu entnehmen. Aufgrund der Besonder-
heit bzw. Seltenheit des Vorkommens von Felslebensräumen in Hessen sowie zu einer ausreichenden Würdi-
gung dieses Standortes ist die felsflächenspezifische „Zusatzbewertung Fels“ anzuwenden.
4.3.1 Pflanzen und Biotope
Die Bestandbewertung erfolgt auf Grundlage der Nutzungstypenkartierung nach dem entsprechenden Punktwert-
verfahren der Kompensationsverordnung (Anlage 2 und 3 KV). Die Liste der Nutzungstypen basiert auf der ge-
genüber der KV ergänzten Biotoptypenliste Material M8 des LBP Leitfadens.
Das Material II.6 Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung zeigt mögliche Aufwertungen auf Grundlage der
KV-Zusatzbewertung für Nutzungstypen mit dem Zusatzmerkmal „Fels“ auf, wenn dieser aufgrund einer beson-
deren Ausprägung (Wertstufe) vom definierten Durchschnittstyp abweicht. Eine Aufwertung kann insbesondere
dann vorgenommen werden, wenn dieser Nutzungstyp folgende Besonderheiten aufweist:
Lebensraumtyp des Anhangs I der NATURA 2000-RL (außerhalb von FFH-Gebieten)
geschützter Lebensraum nach § 30 BNatSchG
geschützte Arten nach der BArtSchV mit regional mittlerer oder hoher Bedeutung
gefährdete Arten nach den Roten Listen Deutschlands/Hessens mit regional mittlerer oder hoher
Bedeutung
Arten des Anhang II der FFH-RL
Habitatfunktion
Das Vorkommen von weniger gesteinsflächengeprägten Lebensräumen, wie ubiquitäre Gebüsche, Schlagfluren,
Wälder und Vorwälder, Ruderalfluren bzw. Säume oder grasige Vegetationsbestände, wird für eine Aufwertung
nach KV in der Bilanzierung nicht berücksichtigt. Die ermittelten Aufwertungen sind entsprechend in der
Eingriffs- und Ausgleichbilanzierung zu berücksichtigen. Von einer Bewertung der Vorbelastungen wird abgese-
hen, da i.d.R. die straßenbedingten Wirkungen (Schadstoffeinträge, Veränderungen des Wasserhaushaltes) bei
Felssicherungsmaßnahmen nicht relevant sind.
4.3.2 Tiere und Habitatfunktion
Das Vorhandensein von artenschutzrechtlich relevanten Tierarten bzw. das Vorkommen von Lebensstätten und
Strukturmerkmalen, die diese Funktion für diese Tierarten erfüllen, bedingen bei der Bestandsbewertung eine
Aufwertung der jeweiligen Nutzungstypen nach KV, sofern diese über den üblicherweise charakteristischen Art-
bestand hinausgehen. Strukturmerkmale mit Quartierspotenzial sind in jedem Falle zu untersuchen und zu be-
werten. Die faunistische Beurteilung bildet darüber hinaus die Basis für die Ermittlung der Schädigungs- und
Te i l I I I : Maßnahmenplanung und Kompensation
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 40
Störungsverbote nach § 44 BNatSchG. Beim Auffinden von Kot- oder Nahrungsresten an und um Lebensstätten,
die auf einen aktuellen Besatz durch eine artenschutzrechtlich relevante Tierart schließen lassen, sind die Vorga-
ben nach Artenschutzrecht des § 44 BNatSchG zu berücksichtigen. Tierarten, die vorwiegend von felstypischen
Strukturmerkmalen abhängig sind, werden in dem Material II.3 Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssiche-
rung detailliert aufgeführt. Im konkreten Fall eines Vorkommens der o.g. Tierarten sind - sofern es ansonsten zum
Eintreten von Verbotstatbeständen kommt - artenschutzrechtliche Vermeidungsmaßnahmen oder vorgezogene
Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) erforderlich.
4.3.3 Landschaftsbild
Zur Bewertung des Landschaftsbildes ist die Anwendung des „Darmstädter Modells“ bei engen und kurvigen
Straßenverläufen, die keine weiten Sichtbeziehungen zulassen, nicht zielführend. Bei weiträumigen Sichtbezie-
hungen kann die Anwendung dieses jedoch als sinnvoll erachtet werden. Einzelfallbezogen ist dies mit der zu-
ständigen Naturschutzbehörde abzuklären.
I.d.R. sind die Bewertungen bezüglich negativer Veränderungen bei Felssicherungsvorhaben jedoch verbal-
argumentativ zu erläutern. Bei Feststellung einer erheblichen negativen Beeinträchtigung durch bauliche Verän-
derungen kann hieraus eine Abwertung des Nach-Eingriffszustandes aus der Zusatzbewertung der Arbeitshilfe
nach KV (s. KV-Zusatzbewertung) zur Eingriffsbilanzierung abgeleitet werden.
Erhebliche Veränderungen des Landschaftsbildes sind im Rahmen der vergleichenden Gegenüberstellung über
die KV-Zusatzbewertung weiterhin zu berücksichtigen bzw. zu bewerten.
4.3.4 Naturgüter mit geringer Prüfungsrelevanz
Strukturen und Funktionen von Naturgütern wie Wasser, Boden (sofern keine Geotope betroffen sind), Luft und
Klima weisen bei Felssicherungsmaßnahmen i.d.R. kaum bis keine Relevanz hinsichtlich möglicher Beeinträchti-
gungen auf.
Einzig beim Naturgut Boden sind die flachgründigen Böden der Felskuppen und -nischen als besonders wertvoll
zu erachten. Diese bieten zahlreichen felsbesiedelnden Arten Lebensräume, die es in den Planungen (Minimie-
rung/Vermeidung) zu berücksichtigen bzw. zu schützen gilt. Eine Würdigung der besonderen Lebensraum-
funktion erfolgt hier über die Bestandsbewertung im Rahmen der Biotop- und Nutzungskartierung.
Übergeordnet bleiben die o.g. Naturgüter weiterhin für jedes Projekt auf ihre Bedeutung für den Naturhaushalt zu
prüfen und ggf. zu erörtern.
Te i l I I I : Maßnahmenplanung und Kompensation
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 41
5 Ermitteln und Bewerten des Eingriffs
5.1 Konfliktanalyse / Eingriffsbewertung
Die Projekteigenschaften bei Felssicherungsmaßnahmen sind hinsichtlich ihrer qualitativen und quantitativen
Merkmale möglicher Auswirkungen auf die Felslebensräume zu unterscheiden. Relevante Wirkfaktoren sind nach
Art, Intensität, räumlicher Reichweite und zeitlicher Dauer des Auftretens zu erfassen. Material II.5 Wirkfaktoren,
gibt einen Überblick über zu erwartende, vorhabensbezogene Projektwirkungen und kann zur Analyse und
Prognose von Beeinträchtigungen (Größe, Lage, örtliche Gegebenheiten etc.) herangezogen werden.
Die Bewertung des Eingriffs (Konfliktanalyse) orientiert sich im Wesentlichen an den rechtlichen Grundlagen nach
§§ 14 ff. BNatSchG sowie an den Ausführungen nach Material M6 des „Leitfadens für die Erstellung von
Landschaftspflegerischen Begleitplänen“ (HESSEN MOBIL 2016). Grundlage für das Ableiten von Vermeidungs-
und Minimierungsmaßnahmen zur Minderung des Eingriffs stellt die Konfliktanalyse dar. Anhand der Wirkfaktoren
der unterschiedlichen Felssicherungsmaßnahmen können Ursachen- und Wirkungsbeziehungen hergestellt
werden. Daraus abgeleitet, werden die unmittelbaren oder mittelbar ausgelösten Beeinträchtigungen
prognostiziert und in ihrer Erheblichkeit und ihren Folgewirkungen beurteilt. Es gilt im Sinne der Vorgaben nach
HVA F-StB, die maßgeblichen Funktionen und Strukturen des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes zu
ermitteln, die bei Vorhaben zur Felssicherung durch die Projektwirkungen herabgesetzt bzw. erheblich
beeinträchtigt werden (RLBP; BMVBS 2011). Die Methodik zur Prognose von Beeinträchtigungen erfolgt auf dem
Grundmuster der ökologischen Wirkungsanalyse in zwei Schritten. Zunächst ergibt sich durch die
Bestandsbewertung die Empfindlichkeit der Naturhaushaltfunktion. Im nächsten Schritt wird der
Beeinträchtigungsgrad bzw. die Erheblichkeit im naturschutzrechtlichen Sinne nach § 14 BNatSchG ermittelt. Für
den größten Teil der Projektwirkungen bzw. Wirkungspfade ist aber bereits bei der überschlägigen
Konfliktanalyse zu erkennen, dass für die Naturgüter und das Landschaftsbild aufgrund der Intensität, Zeitdauer
des Auftretens und Reichweite des Eingriffs mit erheblichen Beeinträchtigungen zu rechnen ist. Die bei der
Konfliktanalyse zu berücksichtigenden vorhabensbezogenen Wirkfaktoren werden in Material II.5 Wirkfaktoren
aufgeführt. Bereits während der Aufstellung des technischen Entwurfs sind in einem fortlaufenden
I.1 Maßnahmen zur Felssicherung
II.5 Wirkfaktoren
II.7 Hinweise zur Vermeidung und Minimierung von Beeinträchtigungen
M6 (HESSEN MOBIL 2016) Definition Naturgutfunktion M7 (HESSEN MOBIL 2016) Erfassungs- und Bewertungskriterien M8 (HESSEN MOBIL 2016) Biotoptypenliste
M12 (HESSEN MOBIL 2016) Vermeidungsmaßnahmen
Mat
eria
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Te i l I I I : Maßnahmenplanung und Kompensation
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 42
Planungsprozess gezielte Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen vorzusehen. Anschließend erfolgen die
Eingriffsbilanzierung sowie die Erarbeitung eines erforderlichen Kompensationskonzeptes.
5.2 Konfliktminderung – Maßnahmen zur Vermeidung von Verbotstatbeständen
Grundsätzlich muss die Verkehrssicherheit immer gewährleistet werden, sodass der Sicherungsaspekt im Zuge
der Konfliktminderung vorrangig zu betrachten ist. Zur Reduktion der Konfliktwirkung sind bei Vorhaben der Fels-
sicherung im Vorfeld Vermeidungsmaßnahmen nach den Vorgaben der HVA F-StB zu prüfen und im LBP zu
begründen und darzulegen. Bei Vorkommen europarechtlich geschützter Arten gemäß § 44 Abs. 5 BNatSchG
oder einer durch die Felssicherungsmaßnahme hervorgerufenen erheblichen Beeinträchtigung von Lebensraum-
typen bzw. Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie innerhalb und außerhalb von NATURA 2000-Gebieten ist
eine Vermeidung eines Eingriffes durch Optimieren der technischen Maßnahmen besonders anzustreben. Hin-
weise zur Vermeidung und Minimierung von Beeinträchtigungen sind in Material II.7 sowie im Material M12 des
LBP-Leitfadens aufgeführt. Die planungstechnischen Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen sind Bestand-
teil des straßenbautechnischen Entwurfs. Neben der Vermeidung von Maßnahmen steht eine Minimierung des
Eingriffs durch Dimensionieren und Anpassen der technischen Anlagen auf ein Mindestmaß an erster Stelle.
Vordergründig sind die Sicherungsmaßnahmen so anzupassen, dass diese auf weniger wertvolle Felsbereiche
verlegt und ausgeführt werden. Maßnahmen zur Vermeidung bestehen im Wesentlichen aus:
Anpassen der Linienführung bzw. Aussparen von felstypischen Habitatstrukturen, wie Höhlungen,
Spalten, Nischen und Verwerfungen
o Bestandsschutz von wertvollen Felsstrukturen für Tiere und Pflanzen
Verzicht auf die Installation von Maßnahmen in Wildwechselbereichen
o Minderung von Zerschneidungswirkungen für wandernde Arten, Unterbrechungen der Zaun-
und Netzverläufe sind in die Planungen zu integrieren.
Lage des Eingriffes beachten - ob direkt an der Straße, inmitten oder oberhalb der Böschungskante
o Das Installieren der Zaun- und Netzverläufe oberhalb der Böschungskante oder unmittelbar an
der Straße kann eine Akkumulation von Nährstoffen innerhalb der Böschungsflächen verhin-
dern und ist einer Maßnahme inmitten der Böschungsbereiche vorzuziehen.
Bau von technischen Anlagen vermeiden
o Ggf. ist eine maschinelle Beräumung einer baulichen Anlage vorzuziehen - nach Ausführung
einer maschinellen Beräumung ist davon auszugehen, dass sich der Ausgangszustand nach
spätestens fünf Jahren wieder einstellt.
Maßnahmen, die über eine bautechnische Minimierung des Eingriffs hinausgehen, bestehen i.d.R. aus Hand-
lungsweisen mit dem Ziel, standortabhängige Tierarten in ihrer Lebensweise nicht zu beeinträchtigen, zu gefähr-
den oder zu töten. Hierzu zählen u.a.:
Bauzeitenregelungen
o je nach Artvorkommen sind die Bauzeiten entsprechend anzupassen
Te i l I I I : Maßnahmenplanung und Kompensation
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 43
Vergrämung von felsbesiedelnden Arten
o müssen in der Aktivitätszeit der in Frage kommenden Art durchgeführt werden
Umweltbaubegleitung (UBB)
o Überwachung der Bauarbeiten (u.a. Inspektion von Höhlungen, Nischen und Spalten vor Be-
ginn jeder Baumaßnahme)
Sind artenschutzrechtliche Tierarten betroffen, so sind ggf. Maßnahmen einzuleiten die über artenschutzrechtli-
che Vermeidungsmaßnahme hinausgehen. Hier u.a.
CEF-Maßnahmen (bspw. Umsiedlung von felsbesiedelnden Arten auf umliegende Felsstrukturen)
5.3 Bewertung der Erheblichkeit vorhabenbezogener Beeinträchtigungen bei Maßnahmen zur
Felssicherung
Bei Maßnahmen zur Felssicherung sind die zu erwartenden Auswirkungen auf den Naturhaushalt, das Land-
schaftsbild sowie die natürliche Erholungseignung der Landschaft zu ermitteln und deren Erheblichkeit bzw.
Nachhaltigkeit zu bewerten. Die Auswirkungen von Felssicherungen sind erfahrungsgemäß vergleichbar, müssen
jedoch für jedes Projekt neu prognostiziert bzw. ermittelt werden. Als schutzwürdig sind an erster Stelle die natür-
lichen bzw. weitestgehend natürlichen Bereiche der Felshänge zu beschreiben. Die Bestimmung der Erheblich-
keit von unvermeidbaren Beeinträchtigungen ergibt sich bei Maßnahmen zur Felssicherung aus:
a) Art, Reichweite, Intensität und Dauer der Projektwirkungen
[s. Material II.5 Wirkfaktoren]
b) Bedeutung und Schutzwürdigkeit (Empfindlichkeit) der betroffenen Strukturen und Funktionen
[s. Material II.6 Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung]
c) Prognose der Veränderung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes und der
Überprägung der spezifischen Eigenart, Vielfalt und Schönheit des Landschaftsbildes
Material II.5 enthält eine zusammenfassende Aufstellung der Wirkfaktoren und der damit einhergehenden
Projektwirkungen. Dies sind u.a. folgende Projektwirkungen:
Baubedingt kommt es durch das Bohren und Verpressen der Felsnägel sowie das maschinelle
Beräumen der Felsflächen zu Vibrationen und Verlärmungen rund um den Eingriffsbereich. Zusätzlich
ist mit dem Eintrag von Bohrstäuben auf die Felsbereiche zu rechnen.
Anlagebedingt kann mit einer Steigerung des Nährstoffangebots auf den empfindlichen, bis dato relativ
nährstoffarmen Felsbereichen gerechnet werden da sich Im Nahbereich von Zaun- und Netzanlagen
lagern sich Laub- und Totholz anlagern, wodurch bodenbildende Prozesse in Gang gesetzt werden.
Diese können das Bodengefüge durch eine Nährstoffzufuhr langfristig verändern. Dies bedingt häufig
einen Totalverlust von Arten, die auf nährstoffarme Standortbedingungen angewiesen sind. Durch die
Installation von Zaun- und Netzanlagen kommt es zu einer dauerhaften Veränderung des
Landschaftsbildes.
Te i l I I I : Maßnahmenplanung und Kompensation
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 44
Mat
eria
l Betriebsbedingt ist i.d.R. mit keinen erheblichen Projektwirkungen zu rechnen.
Die von den Sicherungsmaßnahmen ausgehenden Beeinträchtigungen sind in einer vergleichenden Gegenüber-
stellung (Vorher-Nachher-Zustand) quantitativ (u.a. Anzahl, Länge, Breite, Tiefe, Restflächengröße) zu bilanzie-
ren und qualitativ zu beschreiben. Die Ermittlung der Beeinträchtigungen des Naturgutes Pflanzen/Biotope erfolgt
analog zur Bestandsbewertung nach dem Biotopwertverfahren der KV (Anlage 2 und 3 KV). Sind Beeinträchti-
gungen oder Verluste von erfassten Tieren oder relevanten Habitatstrukturen abzusehen, ist der Verlust mög-
lichst zu quantifizieren und ggf. zusätzlich eine hierdurch eintretende Beeinträchtigung der Funktionsbeziehungen
zu beschreiben. Aufbauend auf der Feststellung des Eingriffstatbestandes ist eine differenzierte Bewertung der
Schwere, der Intensität, Zeitdauer und räumlichen Reichweite der erheblichen Beeinträchtigungen vorzunehmen.
6 Maßnahmenplanung - Entwickeln von Zielkonzepten für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
6.1 Allgemeines
Im Rahmen der Zielkonzeptentwicklung sind bestehende Planwerke und Fachpläne (z.B. Landschaftsrahmen-
plan, Landschaftsplan, Forstlicher Rahmenplan, Regionale Landschaftspflegekonzepte bzw. Pflege- und Entwick-
lungspläne) für die Ableitung der erforderlichen naturschutzfachlichen Kompensationsmaßnahmen zu berücksich-
tigen. In jedem Falle ist das Kompensationskonzept in Rücksprache mit der jeweils zuständigen Naturschutzbe-
hörde und bei Betroffenheit von Wald mit der Forstverwaltung zu entwickeln. Mit der dringlichen Sicherung oder
dem Erwerb von Kompensationsflächen soll gemäß den Arbeitsprozessen bei Hessen Mobil die Hessische
Landgesellschaft mbH (HLG) beauftragt werden. Bei der Entwicklung der Zielkonzeption zum Ausgleich und
Ersatz sind die nachfolgenden Punkte zu beachten:
Identifikation und Auswahl räumlich-funktional geeigneter Maßnahmenräume bzw. -flächen
Ableitung räumlich konkreter Kompensationsziele für die Wiederherstellung der betroffenen Funktions-
komplexe/Konfliktschwerpunkte
Planung von möglichst zusammenhängenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
Ausgehend von der vorhabenbedingten Kompensationsverpflichtung ist ein multifunktionales Zielkonzept für
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen anzustreben. Dieses ist nach Möglichkeit in ein räumliches Gesamtkonzept
von Naturschutz- und Landschaftspflege zu integrieren.
II.6 Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung
III.8 Hinweise zum Entwickeln von repräsentativen Zielbiotopen
Teil III: Maßnahmenplanung und Kompensation
Te i l I I I : Maßnahmenplanung und Kompensation
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 45
Kohärenzsichernde Maßnahmen nach § 34 Abs. 5 BNatSchG sowie vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen und
kompensatorische Maßnahmen zum Artenschutz (CEF-/FCS Maßnahmen) im Sinne der §§ 44 Abs. 5 und
45 Abs. 7 BNatSchG werden an vorderster Stelle in das Zielkonzept einbezogen. Diese sind sowohl verbal-
argumentativ und auch nach KV zu bilanzieren. Verbleibende Beeinträchtigungen von Nutzungstypen nach der
Eingriffsregelung sind anschließend zu definieren und gemäß den Vorgaben des RLBP und der KV zu kompen-
sieren.
6.2 Kompensation bei der Felssicherung
Die Umsetzung der Zielkonzeption der Maßnahmenplanung sieht zur Eingriffsfolgenbewältigung eine Wiederher-
stellung der beeinträchtigten Leistungs- und Funktionsfähigkeit von Felslebensräumen in gleichartiger
(funktionaler Ausgleich) sowie gleichwertiger (Ersatz) Weise vor. Funktionaler Ausgleich und Ersatz nach der
Eingriffsregelung können auf ein und derselben Fläche erfolgen.
Hauptaugenmerk liegt auf der Wiederherstellung von Felslebensräumen, die eine Entwicklung der Biotopfunktion
und die Ansiedlung hierfür standorttypischer Tiere und Pflanzen fördert. Diese sind möglichst in räumlicher Nähe
oder im nahen Umkreis des Eingriffsraumes auf großen und zusammenhängenden Maßnahmenflächen zu entwi-
ckeln. Da es in der Regel schwierig ist, geeignete Kompensationsflächen zu finden, ist hierfür ein ausreichender
zeitlicher Vorlauf einzuplanen.
Das Zielkonzept beinhaltet eine Verbesserung degradierter Felsstandorte durch ein Freistellen oder Auflichten
von verschatteten Felsflächen. Zur Kompensation eignen sich i.d.R. standortfremde Waldbestände mit dem Zu-
satzmerkmal „Fels“. Durch ein selektives Entfernen standortfremder Bäume (hier: i.d.R. Fichte) kann durch eine
erhöhte Belichtung der Felsflächen eine Standortsituation geschaffen werden, die dem Wachstum von felsbesie-
delnden Arten förderlich ist. Das Zielkonzept ist nur dann durchzuführen, wenn vorausgesetzt werden kann, dass
keine Verschlechterung von vorhandenen schützenswerten Arten einhergeht (bspw. ist bei Vorkommen des
Prächtigen Dünnfarns oder anderer schattenliebender Arten das Maßnahmenkonzept anzupassen). Material III.8
Hinweise zum Entwickeln von repräsentativen Zielbiotopen zeigt ein mögliches Vorgehen bei der Umsetzung des
Zielkonzeptes und der damit verbundenen Herstellung der Maßnahmenflächen auf.
7 Hinweise zur Bilanzierung des Eingriffs
7.1 Hessische Kompensationsverordnung
Die erfassten Nutzungstypen sind entsprechend ihrem Bestandswert in das Formblatt der KV zu übertragen und
dem Nachher-Zustand gegenüberzustellen, woraus sich das Biotopwertdefizit ergibt. Zur Bestandsbewertung
wird auf Material II.6 Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung verwiesen, das mögliche Auf-/Abwertungen bei
Abweichungen vom definierten Durchschnittstyp nach KV wiedergibt. Bei der Ermittlung der KV-Wertpunkte des
Nach-Eingriffszustandes ist hierbei die jeweilige Felssicherungsmaßnahme zu beachten. Je nach Auswahl muss
in der Berechnung des Nach-Eingriffszustandes eine Änderung des Nutzungstyps oder eine Abwertung an
Te i l I I I : Maßnahmenplanung und Kompensation
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 46
Wertpunkten des bestehenden Nutzungstyps berücksichtigt werden.
Negative Veränderungen im Landschaftsbild können weiterhin nach den Möglichkeiten der KV-Zusatzbewertung
in die Bilanzierung miteinbezogen werden. Diese sind verbal-argumentativ zu begründen und ganzheitlich auf
den Maßnahmenraum oder auf den jeweiligen Felsabschnitt9 zu beziehen. Darüber hinaus kann bei weiträumigen
Sichtbeziehungen die Anwendung des „Darmstädter Modells“ zur Bewertung des Landschaftsbildes sinnvoll sein.
7.1.1 Artenschutzrechtlich begründete Maßnahmen (Besonderer Artenschutz)
Bei Eintreten eines Verbotstatbestandes nach § 44 Abs. 1 BNatSchG sind Maßnahmen einzuleiten, die eine
Verschlechterung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- und Ruhestätten vor dem Eingriff verhindern
bzw. zur Wahrung des Erhaltungszustandes der lokalen Population beitragen (vgl. § 44 Abs. 5 BNatSchG).
Artenschutzrechtlich begründete Maßnahmen sind über die KV-Zusatzbewertung (Anlage 1, Kap. 2) in den
Bilanzwert einzubeziehen. Generell sind CEF-Maßnahmen mit in die KV-Wertpunktebilanz einzurechnen. Dies
kann entweder über die KV-Punktwerte von aufgewerteten bzw. neugeschaffenen Fläche (Flächenansatz) oder
über die Herstellungskosten einer Maßnahmenfläche erfolgen (Kostenansatz).
7.2 Kompensation von Eingriffen in Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-RL
Nachteilig veränderte LRT innerhalb eines NATURA 2000-Gebietes müssen je nach Erhaltungszustand
in entsprechenden Flächenanteilen funktional kompensiert werden, sofern sie zu den Schutz- und Erhaltungszie-
len des jeweiligen NATURA 2000-Gebietes gehören. Anrechnungsfähig nach KV ist hierbei die Aufwertung von
einem Nicht-LRT-Zustand (Zustand [D]) in einen LRT-Zustand [C] oder aber eine Aufwertung vom Zustand [B]
nach [A], da dies im Gegensatz zu einer Aufwertung von [C] nach [B] nicht ohnehin schon gesetzlicher Auftrag
(FFH-RL Art.3 (1)) der Länder ist. Die Neuschaffung oder Aufwertung der LRT ist in diesem Falle anhand der
Vorschriften der FFH-RL bzw. HLNUG durchzuführen.
LRT außerhalb des Schutzregimes von NATURA 2000-Gebieten sind zwar flächendeckend zu kartieren, jedoch
müssen deren Erhaltungszustände nicht erfasst werden. Eine Kompensation möglicher Verluste dieser LRT
muss hier nicht zwingend funktional und in Abhängigkeit von den Erhaltungszuständen erfolgen, sondern kann
nach den Maßgaben der Eingriffsregelung erarbeitet werden. Möglichkeiten eines funktionalen Ausgleiches sind
abzuprüfen und sofern möglich zu nutzen - diese Abprüfung ist zu dokumentieren. Falls sich ein derartiger Aus-
gleich als unzumutbar erweist, wird nach KV kompensiert.
7.3 Kompensation von Eingriffen in § 30 BNatSchG-Biotope
Um einen Verlust oder eine Beeinträchtigung von nach § 30 BNatSchG gesetzlich geschützten Biotopen funktio-
nal auszugleichen, sind die betroffenen Strukturen gleichartig und in gleichen Flächenanteilen zu kompensieren.
Unerheblich ist hierbei, ob der betroffene § 30 BNatSchG Biotop gleichzeitig die Voraussetzungen für einen LRT
9Die Einteilung der Felsböschung in einzelne Felsabschnitte ist mit der zuständigen Naturschutzschutzbehörde abzustimmen.
Te i l I I I : Maßnahmenplanung und Kompensation
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 47
erfüllt (s. Abb.15: Abgrenzung von gesetzlich geschützten Biotoptypen mit dem Merkmal „Felsen“). Hierbei han-
delt es sich um eine reine Flächenbetrachtung: Verlust von 1 m² = Neuschaffung/Aufwertung von 1 m².
Sofern es sich bei dem gesetzlich geschützten Biotop zugleich um einen LRT handelt, ist bei dessen Kompensa-
tion eine Entwicklung von einem Nicht-LRT (Zustand [D]) zu einem LRT mit Zustand [C] sowie die Aufwertung
vom Erhaltungszustand [B] nach [A] generell für einen funktionalen Ausgleich anrechnungsfähig. Eine Aufwer-
tung von Erhaltungszustand [C] nach [B] ist funktional, jedoch nicht in der KV-Bilanzierung anrechnungsfähig.
7.4 Mögliche Kompensationsmaßnahmen
Material III.8 Hinweise zum Entwickeln von repräsentativen Zielbiotopen zeigt eine mögliche Vorgehensweise zur
Kompensation von Felslebensräumen auf. I.d.R. kommen zur Kompensation des Eingriffs Waldflächen mit ver-
schatteten oder anderweitig degradierten Felsstrukturen in Betracht. Eine Eingriffskompensation kann z.B. durch
eine behutsame Entnahme von Einzelbäumen und Baumgruppen erfolgen, um durch die so entstandene Auflich-
tung ein warm-trockenes Bestandsklima und eine höhere Belichtung zu erzielen. Rechtliche Bindungen, wie z.B.
Bannwald, sind bei der Auswahl geeigneter Standorte zu beachten. Durch die Maßnahme können felstypische
Kraut-, Moos- und Flechtenarten gezielt gefördert werden. Um Beschattungen auf Felsstandorten zu vermeiden,
die von weiter entfernt stehenden Bäumen ausgehen, können auch über die Maßnahmenfläche hinausgehende
Auflichtungsmaßnahmen erforderlich werden.
Alle Maßnahmen gemäß der Eingriffsregelung sowie diejenigen, die der Kompensation nach anderen Rechtsre-
gimen dienen, sind gleichsam in die KV-Bilanzierung mit einzubeziehen.
Quellenverzeichnis
Leitfaden Felssicherung 2017 Seite 48
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TU-TECHNISCHE UNIVERSITÄT DRESDEN (2001): MUVS - Merkblatt zur Umweltverträglichkeitsstudie in der Straßenplanung, Dresden.
Material I.1: Maßnahmen zur Felssicherung: Errichtung oder Änderung von baulichen Anlagen am Straßenkörper oder Änderung der Straßengeometrie
Leitfaden Felssicherung 2017 1
F 1 – Z ä u n e / r ü c k v e r h ä n g t e F a n g z ä u n e ( A u f f a n g s c h ü r z e n )
Beschreibung: Wirkfaktoren (potentiell) (++ hoch / + mittel / - nicht relevant):
bau-bedingt
anlage-bedingt
Eigenschaften
Zäune bzw. rückverhängte Felsfangzäune sind elas-tische Barrieren, die hohe Aufprallenergien von herabfallendem Felsgestein absorbieren können. Ihre Bemessung erfolgt in Abhängigkeit von den aufzu-nehmenden Energien, wobei die Höhe der Zaun-pfosten nach den potenziellen Versprunghöhen von herabfallenden Fels- und Geröllen berechnet wird. Die flexiblen Drahtring- oder Drahtseilnetze werden an verankerten Stützen mit Stahlseilen aufgehängt bzw. eingehakt. Mit seitlichen, zwischen- und rück-wertigen Abspannungen kann der Fangzaun zusätz-lich verstärkt werden. Herabfallende Felstrümmer werden durch die Zaunbarriere abgefangen und sammeln sich im unteren Zaunbereich. Einsatzmöglichkeiten: Zäune kommen i.d.R. zum Einsatz, wenn sich Stra-ßen in möglichen Ablagerungs- und Transitberei-chen von Stein-/ und Blockschlägen kreuzen. Je nach Zaunlänge können so große Flächen mit relativ geringem Materialeinsatz gesichert werden und bieten gleichzeitig einen sehr hohen Schutzwert. Bei ausreichendem Platz zwischen Straßenbankett und Böschungsfuß sind Zäune einer Vernetzung vorzu-ziehen. Bei der Installation von Zaunanlagen unmittelbar am Straßenbankett darf die Profildicke (Querschnitt) der Zaunpfosten einen gewissen Wert nicht überschrei-ten, da diese sonst ein aufrechtes Hindernis für die Verkehrsteilnehmer darstellen.
Flächenverlust + + Eingriff nach: § 14 ff. BNatSchG Straßenbaurechtliche Genehmigung nach: § 17 FStrG / § 33 HStrG
Beeinträchtigung auf Eingriffsbereich: Direkter Eingriffsbereich Änderung oder Abwertung bestehender Nutzungstypen je nach Lage des Zaunes Erweiterter Eingriffsbereich Abwertung bestehender Nut-zungstypen (s. Material II.6) Vermeidungs-maßnahmen: • Hubsteiger einsetzen • Betretungs- bzw.
Baukorridor festlegen • Bohrstaubvermeidung • angepasste Farbwahl • Zaunöffnungen/-versatz
(ca. alle 25-50 m) (s. Material II.7)
Erschütterungen + - Verlärmung + - Staubbelastung + - Verschattung (je nach Neigungswinkel) - +
Barrierewirkung/ Zerschneidung
- ++
Eutrophierung (Laub/Totholz) - + Neophyten- und Pionierpflanzen-wachstum
- ++
Verlust von Vegetation + -
Visuelle Veränderungen (anthropogen) + ++
Verlust von Habitatstrukturen + +
Bodenverdichtungen (Trittschäden/Maschinen)
+ -
betriebsbedingt: s. Pflege- und Unterhaltungsmaß-nahmen
I.d.R. sind Laub- und Totholzansammlungen an den Zaunbereichen zu erwarten. Von einer Begünsti-gung von Ruderalarten (z.B. Brombeere) durch Beschattungen und Veränderung der standörtlichen Verhältnisse sowie technischer Überprägung von vormals natürlichen Bereichen ist auszugehen. Das Landschaftsbild wird durch die Maßnahme verän-dert.
Material I.1: Maßnahmen zur Felssicherung: Errichtung oder Änderung von baulichen Anlagen am Straßenkörper oder Änderung der Straßengeometrie
Leitfaden Felssicherung 2017 2
F 2 – V e r d ü b e l u n g / V e r p l o m b u n g / V e r a n k e r u n g
Beschreibung: Wirkfaktoren (potentiell) (++ hoch / + mittel / - nicht relevant):
bau-bedingt
anlage-bedingt
Eigenschaften
Lockere Felspartien, die kipp- bzw. rutschgefähr-det sind, werden mit Verdübelungen, Bodennä-geln und/oder Dauerankern gesichert. Kleine bis große Zugkräfte werden mit sog. Ankerstäben in den Untergrund abgeleitet. Bei punktuellen Gefahrenstellen stellt die Maß-nahme eine sehr wirksame Methode dar und wird häufig mit anderen Sicherungsmaßnahmen kom-biniert. Für das Setzen der Plomben, Dübel und Anker sind Lochbohrungen in das Felsgestein notwen-dig. Die Bohrungen sind von der Straße aus mittels Ausleger oder Hubsteiger durchzuführen. Bei den Bohrungen kommt es zu größeren Staubaufwirbelungen. I.d.R. erfolgt eine Fixierung der Ankerstäbe mit einer Betonsuspension. Einsatzmöglichkeiten: Als aktive Sicherungsweise können mit der Maß-nahme kleinere Flächen sowie Einzelfelsen in Erwartung von Gefahren vorbeugend gesichert werden. Diese kommen zum Einsatz, wenn die Absturzenergie des zu sichernden Felskörpers nicht durch elastische Barrieren wie rückverhäng-te Felsfangzäune abgefangen werden kann.
Flächenverlust - + Eingriff nach: § 14 ff. BNatSchG Ausnahme: nicht als Eingriff zu bewerten sind kleinflächige punktuelle Verplombungen, deren Flächenanteil ≤ 5% der zu sichernden Felsflächen entspre-chen. Der Einsatz von Bindemit-tel wie Beton ist in diesem Falle gestattet. Straßenbaurechtliche Genehmigung nach: § 17 FStrG / § 33 HStrG
Beeinträchtigungen auf Eingriffsbereich: Direkter Eingriffsbereich: Abwertung bestehender Nutzungstypen Erweiterter Eingriffsbereich: Abwertung bestehender Nutzungstypen (s. Material II.6) Vermeidungsmaßnahmen: • Hubsteiger einsetzen, • Betretungs- bzw. Baukorridor
festlegen • Bohrstaubvermeidung • angepasste Farbwahl
(s. Material II.7)
Erschütterungen ++ - Verlärmung ++ - Staubbelastung ++ + Verschattung - - Barrierewirkung/ Zerschneidung
- -
Eutrophierung (Laub/Totholz) - - Neophyten- und Pionierpflanzen- wachstum
- -
Verlust von Vegetation + - Visuelle Veränderungen (anthropogen)
- +
Verlust von Habitatstrukturen - - Bodenverdichtungen (Trittschäden/Maschinen)
+ -
betriebsbedingt: s. Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen Das Bohren der Löcher ist mit erheblicher Staubent-wicklung und Erschütterungen verbunden. Bei den Bohrungen gehen kleinere Bereiche der Felsflächen verloren. Beim Verpressen der Dübel und Anker kann es zum Überlaufen der Betonsuspension kommen.
Material I.1: Maßnahmen zur Felssicherung: Errichtung oder Änderung von baulichen Anlagen am Straßenkörper oder Änderung der Straßengeometrie
Leitfaden Felssicherung 2017 3
F 3 – S t e i n s c h l a g s c h u t z n e t z e
Beschreibung: Wirkfaktoren (potentiell) (++hoch / +mittel / -nicht relevant):
bau-bedingt
anlage-bedingt
Eigenschaften
Viereck- oder Sechseckdrahtgeflechte werden mit Felsnägeln und -ankern über die Felsflächen ge-spannt. Steinschlagschutznetze können entweder als Abstands- bzw. Distanznetze oder als auflie-gende Netze installiert werden. Bei aufliegenden Netzen liegt das Drahtgeflecht unmittelbar auf den Felsflächen auf und wird mithil-fe von Felsnägeln angebracht. Das Felsgestein wird somit fixiert und am Herabrutschen gehindert. Bei distanzierten Abstandsnetzen liegt das Schutz-netz auf einer Unterkonstruktion aus Felsnägeln und Stahlseilen mit einem gewissen Abstand über der Geländeoberfläche. Felsgestein wird zwischen Böschung und Netz abgeleitet und rollt gefahrlos zum Hangfuß ab. Bei vereinzelten zu sichernden Felsblöcken kann zur Fixierung eine Sicherung mithilfe eines Drahtseils erfolgen (Einzelfelssiche-rung). Die Wahl der Drahtgeflechte hängt von der Art und Beschaffenheit bzw. Lockerheit und Größe des zu sichernden Felsuntergrundes ab. Steine und Fel-sen können so dauerhaft fixiert werden und stabili-sieren sich im besten Falle von selbst. Einsatzmöglichkeiten: Netze kommen als passive Maßnahmen zum Ein-satz, wenn das Straßenbankett relativ schmal bzw. die Böschungskante sehr steil ausgebildet ist, sodass die Verwendung von Zaunanlagen keine eindeutige Sicherheit bringen kann. Mit der Siche-rungsmaßnahme können sehr große, steile und klüftige Felsflächen dauerhaft gesichert werden.
Flächenverlust + ++ Eingriff nach: § 14 ff. BNatSchG Straßenbaurechtliche Genehmigung nach: § 17 FStrG / § 33 HStrG
Beeinträchtigungen auf Eingriffsbereich: Direkter Eingriffsbereich: Änderung bestehender Nutzungstypen Erweiterter Eingriffsbereich: Abwertung bestehender Nutzungstypen (s. Material II.6) Vermeidungsmaßnahmen: • Hubsteiger einsetzen • Betretungs- bzw. Baukorridor
festlegen • Bohrstaubvermeidung • angepasste Farbwahl (s. Material II.7)
Erschütterungen ++ - Verlärmung ++ - Staubbelastung ++ - Verschattung + ++ Barrierewirkung/ Zerschneidung
+ ++
Eutrophierung (Laub/Totholz) - ++ Neophyten- und Pionierpflan-zenwachstum
- ++
Verlust von Vegetation + ++ Visuelle Veränderungen (anthropogen)
+ ++
Verlust von Habitatstrukturen + ++ Bodenverdichtungen (Trittschäden/Maschinen) + -
betriebsbedingt: s. Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen Steinschlagschutznetze führen i.d.R. zu einer Veränderung der darunterliegenden Biotop- und Habitatstruktur. Eine durch das Netz hervorgeru-fene Verschattung kann Änderungen auf das Mikroklima bewirken. Durch das Ansammeln von bodenbildenden Stoffen wie Laub, Totholz o.ä. ist langfristig mit einem erhöhten Eintrag an Nährstof-fen in den Felsbiotopen zu rechnen. Mit anhalten-den Humifizierungsprozessen werden höhere Pflanzen dauerhaft begünstigt. Das Landschafts-bild wird durch die Maßnahme erheblich beein-trächtigt. Überstehende Bodennägel sind nach Beendigung der Maßnahmen auf ein Minimum zu kürzen, da diese eine Gefahr für Verkehrsteilnehmer und Tiere darstellen.
Material I.1: Maßnahmen zur Felssicherung: Errichtung oder Änderung von baulichen Anlagen am Straßenkörper oder Änderung der Straßengeometrie
Leitfaden Felssicherung 2017 4
F 4 – M a s c h i n e l l e B e r ä u m u n g
Beschreibung: Wirkfaktoren (potentiell) (++ hoch / + mittel / - nicht relevant):
baubdingt
anlage-beding
Eigenschaften:
Die maschinelle Beräumung ist i.d.R. mit einem Abschrägen bzw. einer Neuausformung der Bö-schungsgeometrie verbunden. Durch Abgrabungen mittels Großbaumaschinen, wie Bagger o.ä. motor-betriebenen Maschinen mit verschiedenen Anbau-geräten wie hydraulischen Pressen oder Pressluft-hämmern, werden die Felshänge der Straßenbö-schungen neu geformt. Ziel der Beräumung ist die Herstellung einer möglichst ebenen und in sich ungestörten Oberfläche. Kann aufgrund der Ge-steinsart keine ebene Felsböschung ausgeformt werden, ist ein Terrassieren der Böschung optional möglich. Wenn es die räumlichen Verhältnisse zulassen, kann die Beräumung der Felsflächen auch mit einer Abflachung des Böschungswinkels verbunden werden. Falls möglich, sollten die Kluft-körper dabei herausgearbeitet werden. Die Maß-nahme ist mit einem erheblichen Verlust an Boden bzw. Felsmaterial verbunden. Einsatzmöglichkeiten: Es werden Felsböschungen abgeflacht oder terras-siert und lockere Felsklüfte, Felsvorsprünge oder Einzelfelsen maschinell beseitigt. Im Zuge von Sofortmaßnahmen kommt die Maß-nahme zur schnellen Gefahrenbeseitigung zum Einsatz. Die beschriebene Maßnahmenart gewährleistet ggf. keine dauerhafte Sicherheit und erfordert bei Bedarf eine Wiederholung oder auch weitere Maßnahmen (z.B. Netze).
Flächenverlust (*) ++ ++ Eingriff nach: §14 ff. BNatSchG Ausnahme: nicht als Eingriff zu bewerten sind Beräumungen mit einem von Menschenhand ge-führten Presslufthammer, wenn die Größe des zu sichernden Felsbereiches ≤5% der Gesamt-fläche des zu sichernden Felsbe-reichs nicht überschreitet. Straßenbaurechtliche Genehmigung nach: § 17 FStrG / § 33 HStrG
Beeinträchtigungen auf Eingriffsbereich: Direkter Eingriffsbereich: Änderung bestehender Nutzungstypen Erweiterter Eingriffsbereich: Abwertung bestehender Nutzungstypen (s. Material II.6) Vermeidungsmaßnahmen: • Hubsteiger einsetzen • Betretungs- bzw. Baukorridor
festlegen • Bohrstaubvermeidung • Steinschlagschutzmatten
(s. Material II.7)
Erschütterungen ++ - Verlärmung ++ - Staubbelastung + - Verschattung (je nach Neigungswinkel)
- -
Barrierewirkung/ Zerschneidung
- -
Eutrophierung (Laub/Totholz) - + Neophyten- und Pionierpflanzen-wachstum
- +
Verlust von Vegetation ++ - Visuelle Veränderungen (anthropogen)
+ +
Verlust von Habitatstrukturen ++ + Bodenverdichtungen (Trittschäden/Maschinen)
++ -
betriebsbedingt: s. Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen
Die gegenwärtigen Biotope auf den zu bearbeiteten Felsflächen werden vollständig beseitigt. Darüber hinaus können durch herabfallende Felsteile etc. angrenzende Biotope beschädigt oder zerstört wer-den. Grundsätzlich ist je nach Abflachung eine Wiederansiedlung von felsbesiedelnden Arten und langfristig eine Rückentwicklung zum Ausgangsbio-top weiterhin möglich.
(*) hier: Änderung des bestehenden Biotoptyps. I.d.R. stellt sich nach >5 Jahre der Ausgangsbio-toptyp wieder ein.
Material I.1: Maßnahmen zur Felssicherung: Errichtung oder Änderung von baulichen Anlagen am Straßenkörper oder Änderung der Straßengeometrie
Leitfaden Felssicherung 2017 5
F 5 – A u f b r i n g e n v o n S p r i t z b e t o n
Beschreibung: Wirkfaktoren (potenziell): (++ hoch / + mittel / - nicht relevant):
bau-bedingt
anlage-bedingt
Eigenschaften
Weniger stabile Felspartien bzw. überhängende Kluftkörper und Felsüberhänge werden durch Auf-bringen von Spritzbeton gesichert. Ist der Beton ausgehärtet, bildet dieser eine nahezu ebene Ober-flächenstruktur. Das Aufbringen von Beton erfolgt meist in Kombination mit Felsverplombungen und stellt im ausgehärteten Zustand eine stabile Alterna-tive zu anderen Maßnahmen dar. Eine Verblendung mit ortstypischem Material kann die optische Beein-trächtigung minimieren. Einsatzmöglichkeiten: Sehr flexibler Einsatz an unzugänglichen und sehr steilen sowie sehr klüftigen Felsflächen. Bereiche, die einer hohen Verwitterung ausgesetzt sind, können so großflächig gesichert werden.
Flächenverlust ++ ++ Eingriff nach: § 14 ff. BNatSchG (Kleinflächige punktuelle Beton-verspritzungen, deren Flächen-anteil ≤5% der zu sichernden Felsflächen entsprechen, sind nicht als Eingriff zu bewerten. Der Einsatz von Bindemittel wie Beton ist gestattet). Straßenbaurechtliche Genehmigung nach: § 17 FStrG / § 33 HStrG
Beeinträchtigungen auf Eingriffsbereich: Direkter Eingriffsbereich: Änderung bestehender Nutzungstypen Erweiterter Eingriffsbereich: Abwertung bestehender Nutzungstypen (s. Material II.6) Vermeidungsmaßnahmen: • Hubsteiger einsetzen • Betretungs- bzw. Baukorridor
festlegen • Staubentwicklung vermeiden • angepasste Farbwahl • Auslegen von Matten zum
Schutz umliegender Biotope gegen Betonverspritzung
(s. Material II.7)
Erschütterungen + - Verlärmung + - Staubbelastung (Beton) ++ - Verschattung - - Barrierewirkung/ Zerschneidung
- +
Eutrophierung (Laub/Totholz) - - Neophyten- und Pionierpflanzen-wachstum
- -
Verlust von Vegetation ++ ++ Visuelle Veränderungen (anthropogen)
+ +
Verlust von Habitatstrukturen
+ ++
Bodenverdichtungen (Trittschäden/Maschinen)
+ -
betriebsbedingt: s. Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen
Durch das Nassverspritzen mit Druckluft kann es zu einer Verteilung der Betonsuspension auf umliegen-de Biotopbereiche kommen. Die glatte, ausgehärtete Fläche lässt eine Wiederansiedlung von felsbesie-delnden Arten nur schwer zu. Genauso erschwert die glatte Oberflächenstruktur die Überwindbarkeit für Säugetiere. Es findet eine vollständige Versiege-lung nahezu aller vorkommenden Nischen, Spalten und Verwerfungen statt. Von einem dauerhaften Totalverlust der Biotopfunktion ist auszugehen.
Fotos: Fa. Königl
Material I.1: Maßnahmen zur Felssicherung: Errichtung oder Änderung von baulichen Anlagen am Straßenkörper oder Änderung der Straßengeometrie
Leitfaden Felssicherung 2017 6
F 6 – S t e i n s c h l a g b a r r i e r e a l s D a m m
Beschreibung: Wirkfaktoren (potenziell): (++ hoch / + mittel / - nicht relevant):
bau-bedingt
anlage-bedingt
Eigenschaften
Ist ausreichend Platz zur Fahrbahn vorhanden, können durch Aufschüttungen von Felsen Barrie-ren angelegt werden, die herabfallendes Gestein abfangen. Mit maschinellem Gerät werden Barri-eren aus Felsmaterial zu einem Damm aufge-schüttet bzw. modelliert. Einsatzmöglichkeiten: Die Maßnahmen bieten nur bei ausreichendem Abstand zur Fahrbahn genügend Schutz vor herabfallenden Steinen und Felsen. Steinschlag-barrieren können eine Alternative zu Zaun- bzw. Netzanlagen sein und fügen sich im Gegensatz zu Fangzäunen relativ natürlich in die Umgebung ein. Als Maßnahme sind sie vergleichsweise einfach und kostengünstig herzustellen. Abweichend von nebenstehenden Abbildungen sind passive Schutzeinrichtungen (Schutzplan-ken) nach heutigem Stand der Technik nicht zur Felssicherung zugelassen.
Flächenverlust + + Eingriff nach: § 14 ff. BNatSchG Straßenbaurechtliche Genehmigung nach: § 17 FStrG / § 33 HStrG
Beeinträchtigungen auf Eingriffsbereich: Direkter Eingriffsbereich: Abwertung bestehender Nutzungstypen Erweiterter Eingriffsbereich: Abwertung bestehender Nutzungstypen (s. Material II.6) Vermeidungsmaßnahmen: • Betretungs- bzw. Baukorridor
festlegen • Steinschlagschutzmatten (s. Material II.7)
Erschütterungen ++ - Verlärmung + - Staubbelastung ++ - Verschattung - - Barrierewirkung/ Zerschneidung
- -
Eutrophierung (Laub/Totholz) - + Neophyten- und Pionierpflanzen-wachstum
- +
Verlust von Vegetation + - Visuelle Veränderungen (anthropogen)
- +
Verlust von Habitatstrukturen
+ +
Bodenverdichtungen (Trittschäden/Maschinen)
++ +
betriebsbedingt: s. Pflege- und Unterhaltungsmaß-nahmen Durch den Einsatz von Maschinen kommt es beim Anlegen der Flächen zu Bodenverdichtungen und Verlust von ehemals natürlichen Felsflächen. Die ursprüngliche Biotopfunktion bleibt weitestgehend vorhanden und eine Wiederansiedlung ist weiterhin möglich.
Material I.1: Maßnahmen zur Felssicherung: Pflege- und betriebliche Unterhaltungsmaßnahmen
Leitfaden Felssicherung 2017 7
P 1 – H ä n d i s c h e B e r ä u m u n g
Beschreibung: Wirkfaktoren (potenziell): (++ hoch / + mittel / - nicht relevant):
bau-bedingt
anlage-bedingt
Eigenschaften
Unter händischer Beräumung versteht man das mit reiner Muskelkraft ausgeübte Abräumen von lose auf den Felsflächen aufliegendem bzw. lockerem Geröll- und Gesteinsmaterial. Die Zuhilfenahme von Stemm- oder Brecheisen o.ä. Gerätschaften ist hierbei ge-stattet. Hydraulische oder motorbetriebene Pressen bzw. Maschinen sind hingegen grundsätzlich nicht vorgesehen, da ansonsten ein Eingriffs-tatbestand ausgelöst wird bzw. die Notwendigkeit einer Bau-rechtsschaffung infrage käme. Bei der Durchführung ist mithilfe von Seiltechnik oder von einem Hubsteiger aus zu arbeiten, um Trittbelas-tungen an den Felsflächen zu minimieren. Einsatzmöglichkeiten: Bei sehr klüftigen und kleinteiligen Felsbereichen können leicht abzulösende Stein- und Felsbrocken händisch entfernt werden. Durch permanent fort-schreitende Verwitterungsprozesse (Frost- und Tauwechsel) bietet das händische Beräumen keinen dauerhaften Schutz vor Felsabgängen und muss ggf. in einem regelmäßigen Turnus wiederholt werden.
Flächenverlust - - Eingriff nach: – (Einzelfallbezogen kann das Ver-wenden eines von Hand geführ-ten Presslufthammers gestattet werden, wenn der Bereich des Eingriffs nicht > 5% der Maßnah-menfläche übersteigt. Dies ist einzelfallbezogen mit der ent-sprechenden Naturschutzbehörde zu klären). Straßenbaurechtliche Genehmigung nach: – Beeinträchtigungen auf Eingriffsbereich: – Vermeidungsmaßnahmen: • Hubsteiger einsetzen • Betretungs- bzw. Baukorridor
festlegen • Steinschlagschutzmatten (s. Material II.7)
Erschütterungen + - Verlärmung - - Staubbelastung + - Verschattung - -
Barrierewirkung/ Zerschneidung
- -
Eutrophierung (Laub/Totholz) - - Neophyten- und Pionierpflan-zenwachstum
- -
Verlust von Vegetation + - Visuelle Veränderungen (anthropogen)
- -
Verlust von Habitatstrukturen
+ -
Bodenverdichtungen (Trittschäden/Maschinen)
+ -
betriebsbedingt: k.A.
Bei einer entsprechenden Einhaltung der Vermei-dungsmaßnahmen können Schäden an den Felsbereichen weitestgehend ausgeschlossen werden.
Material I.1: Maßnahmen zur Felssicherung: Pflege- und betriebliche Unterhaltungsmaßnahmen
Leitfaden Felssicherung 2017 8
P 2 – A u s r ä u m e n v o n b e s t e h e n d e n M u l d e n a m S t r a ß e n b a n k e t t a l s S t e i n s c h l a g f a n g
Beschreibung: Wirkfaktoren (potenziell): (++ hoch / + mittel / - nicht relevant):
bau-bedingt
anlagebe-dingt Eigenschaften
Mulden entlang des Straßenkörpers sind meist im Zuge des Straßenneubaus oder der Straßenunter-haltung entstandene, leichte Geländevertiefungen, die ohne erheblichen Aufwand bei ausreichendem Abstand zwischen Straßenbankett und Felskörper durch Vertiefungen wiederhergestellt werden kön-nen. Einsatzmöglichkeiten: Mulden sind nur begrenzt dazu geeignet, kleinere Stein- und Felsabgänge vor dem Erreichen der Fahrbahn abzufangen bzw. aufzunehmen. Mulden sind im engeren Sinn nicht als Felssicherungsmaß-nahmen zu bezeichnen, können aber bei ausrei-chendem Flächenabstand zur Straße als Auffangbe-reich einen wirksamen Steinschlagschutz darstellen.
Flächenverlust + - Eingriff nach: *
Straßenbaurechtliche Genehmigung nach: –
Beeinträchtigungen auf Eingriffsbereich: Direkter Eingriffsbereich: Abwertung bestehender Nutzungstypen Erweiterter Eingriffsbereich: Abwertung bestehender Nutzungstypen (s. Material II.6) Vermeidungsmaßnahmen: • Betretungs- bzw. Baukorridor
festlegen (s. Material II.7)
Erschütterungen + - Verlärmung + - Staubbelastung - - Verschattung (je nach Neigungswinkel) - -
Barrierewirkung/ Zerschneidung
- -
Eutrophierung (Laub/Totholz) - + Neophyten- und Pionierpflan-zenwachstum
- +
Verlust von Vegetation + - Visuelle Veränderungen (anthropogen)
- -
Verlust von Habitatstrukturen - -
Bodenverdichtungen (Trittschäden/Maschinen)
+ -
betriebsbedingt: k.A.
*Das Vertiefen bzw. Ausräumen bestehender, beim Straßenbau entstandener Mulden, ist mit keinem Eingriff verbunden.
Material I.1: Maßnahmen zur Felssicherung: Pflege- und betriebliche Unterhaltungsmaßnahmen
Leitfaden Felssicherung 2017 9
P 3 – R ü c k s c h n e i d e n v o n B ä u m e n u n d S t r ä u c h e r n
Beschreibung: Wirkfaktoren (potenziell): (++ hoch / + mittel / - nicht relevant):
bau-bedingt
anlage-bedingt
Eigenschaften
Im Zuge von Pflege- und betrieblichen Unterhal-tungsmaßnahmen (z.B. bei der Wartung der Netze) können Bäume und Sträucher zurückgeschnitten bzw. entnommen werden. Der Umfang der Maß-nahme ist in Absprache mit der zuständigen Natur-schutzbehörde durchzuführen. Vorgaben des Arten-schutzes sind zu beachten. Bei der Durchführung sind die entsprechenden Ar-beitsanordnungen der Betriebsdienste zu berück-sichtigen. Einsatzmöglichkeiten: Ein regelmäßiges Rückschneiden von Bäumen und Sträuchern bzw. ein Auf-den-Stock-setzen kann einer durch Wurzelsprengung (Sonderform der bio-logischen Verwitterung) hervorgerufenen Aufweitung bzw. einem Aufspalten von Felsklüften und -spalten in Festgesteinen vorbeugen. Gehölzrückschnitte sind in diesem Zusammenhang als vorbeugende Maß-nahme zur Verhinderung von Steinschlag und Fels-abgängen zu beurteilen. Das Rückschneiden von Bäumen und Sträuchern wird nicht nur als vorbeugende Pflegemaßnahme unabhängig von Felssicherungen durchgeführt, sondern geht meistens technischen Felssiche-rungsmaßnahmen voran.
Flächenverlust - - Eingriff nach: – Straßenbaurechtliche Genehmigung nach: –
Beeinträchtigungen auf Eingriffsbereich: Direkter Eingriffsbereich: Abwertung bestehender Nutzungstypen Erweiterter Eingriffsbereich: Abwertung bestehender Nut-zungstypen (s. Material II.6) Vermeidungsmaßnahmen: • Einweisung des Pflegeperso-
nals • Betretungskorridor festlegen, • Entfernen von neu angefalle-
nem Schnittmaterial (s. Material II.7)
Erschütterungen - - Verlärmung + - Staubbelastung - - Verschattung (je nach Neigungswinkel)
- -
Barrierewirkung/ Zerschneidung
- -
Eutrophierung (Laub/Totholz) - - Neophyten- und Pionierpflan-zenwachstum
- -
Verlust von Vegetation + - Visuelle Veränderungen (anthro-pogen)
- -
Verlust von Habitatstrukturen - - Bodenverdichtungen (Trittschäden/Maschinen)
+ -
betriebsbedingt: k.A.
Es ist mit einem geringfügigen Verlust an Vegeta-tion sowie vereinzelten Trittbelastungen zu rech-nen. Mit einem Entfernen von angefallenem Schnittgut kann ein Eintrag an organischem Material und eine Eutrophierung des Standortes weitestgehend ausgeschlossen werden. Durch eine entsprechende Einweisung der Mitarbeiter vor Beginn der Pflege- und Unterhaltungsmaß-nahmen können Schäden an sensiblen Felsstand-orten weitestgehend minimiert werden.
Material I.1: Maßnahmen zur Felssicherung: Pflege- und betriebliche Unterhaltungsmaßnahmen
Leitfaden Felssicherung 2017 10
P 4 – U n t e r f ü t t e r u n g v o n H o h l r ä u m e n ( S t e i n p a c k u n g )
Beschreibung: Wirkfaktoren (potenziell): (++ hoch / + mittel / - nicht relevant):
bau-bedingt
anlage-bedingt
Eigenschaften
Mit einer Unterfütterung von Hohlräumen ohne Bin-demittel in Form einer Steinpackung, einer Trocken-mauer o.ä., können ohne Boden- oder Felsabtrag Hohlräume bzw. Überhänge stabilisiert werden. Einsatzmöglichkeiten: Kleinflächige Hohlräume werden mit Steinpackungen ohne die Verwendung von Bindemitteln (Beton) unterfüttert. Einzelne Felsformationen können somit stabilisiert und die Gefahr von Hangrutschungen gemindert werden. Die Maßnahmen stellen eine sehr schonende Vari-ante der Felssicherung dar.
Flächenverlust + - Eingriff nach: – Straßenbaurechtliche Genehmigung nach: – Beeinträchtigungen auf Eingriffsbereich: Direkter Eingriffsbereich: Änderung bestehender Nutzungstypen Erweiterter Eingriffsbereich: Abwertung bestehender Nut-zungstypen (s. Material II.6) Vermeidungsmaßnahmen: • Einweisung des
Pflegepersonals • Betretungskorridor festlegen, • Sofortiges Entfernen von über-
schüssigen Steinen und Felsen (s. Material II.7)
Erschütterungen - - Verlärmung - - Staubbelastung - - Verschattung (je nach Neigungswinkel)
- -
Barrierewirkung/ Zerschneidung
- -
Eutrophierung (Laub/Totholz) - - Neophyten- und Pionierpflan-zenwachstum
- -
Verlust von Vegetation + - Visuelle Veränderungen (anthropogen)
+ -
Verlust von Habitatstrukturen - - Bodenverdichtungen (Trittschäden/Maschinen)
+ -
betriebsbedingt: k.A.
Durch den Verbau von Hohlräumen bleibt die felstypische Lebensraumdynamik erhalten. Pfle-gemaßnahmen sind nicht notwendig, sodass sich die Wirkfaktoren nur auf den Bau der Maßnahmen beschränken.
Material I.2: Handlungsempfehlung „Sofortmaßnahme“
Leitfaden Felssicherung 2017 1
1
Feststellung der Handlungsnotwendigkeit einer Sofortmaßnahme aufgrund von Gefahr im Verzug (G.i.V.) und damit einhergehender akuter oder bereits stattgefundener Felsabgänge
• Einstufung des Felsbereichs als „besonders gefährlich“ nach Er-messen der zuständigen Straßenmeisterei bzw. KC-Geotechnik (Hessen Mobil)
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2
Sofortiges Einschreiten ohne zeitverzögernden Aufschub erforder-lich.
• Absperren der entsprechenden Fahrspur(en)
3 � Information und Beauftragung des zuständigen Fachbereichs Lan-despflege durch die Straßenmeisterei erfolgt über das interne Auf-tragsbuch von Hessen Mobil. Einbeziehung der zuständigen Natur-schutzbehörde durch Hessen Mobil
• Dies erfolgt i.d.R. durch den zuständigen Fachbereich Landespflege
4
Beteiligung einer Umweltbaubegleitung (UBB)
• Fotodokumentation der zu sichernden Fels- und Böschungs-flächen
• Biotop- und Nutzungstypenkartierung des zu sichernden Bereiches (Falls die Beräumungsarbeiten keinen Aufschub dulden und somit ohne das Einschalten der Landespflege durchgeführt werden müs-sen, sind Analogieschlüsse über benachbarte Felspartien zu zie-hen)
5
Beseitigung der akuten Gefährdung
• Wahl einer Vorgehensweise, die das „mildeste Mittel“ darstellt; also bei einer vergleichbaren Wirksamkeit zu den geringsten Ein-griffen in Naturhaushalt und Landschaftsbild führen (v.a. händische Beräumung)
6
Darstellung der Sofortmaßnahme
• Rekonstruktion des „Voreingriffs-Zustandes“ von Flora und Fauna mit Strukturausstattung aus Fotodokumentation, Potenzialanalysen, wenn keine Biotop- und Nutzungskartierung vorhanden ist. Die Be-standsbewertung ist mittels Schätzungen und Analogieschlüssen aus Erhebungen der umliegenden, nicht beeinträchtigten Felsstruk-turen nachzuvollziehen
• Bilanzierung des „Nacheingriffs-Zustandes“ und Ableitung mögli-cher Kompensationsmaßnahmen in Form eines LBPs wie im vorlie-genden Leitfaden beschrieben (natürlich abgegangene Felspartien sind bei der Bilanzierung auszunehmen).
Material II.3: Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 1
Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung .............................................................................................................................................. - 2 -
2. Ziel der Bestandserfassung .................................................................................................................... - 2 -
2.1 Landschaftspflegerischer Begleitplan ................................................................................................. - 2 -
2.2 Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag .................................................................................................... - 2 -
2.3 FFH-Verträglichkeitsprüfung ............................................................................................................... - 2 -
3. Anforderungen an die Bestandserfassung ..................................................................................................... - 3 -
3.1 Faunistisch-/floristische Planungsraumanalyse ................................................................................. - 3 -
3.2 Untersuchungsrahmen ....................................................................................................................... - 3 -
4. Untersuchungsmethoden ............................................................................................................................... - 4 -
4.1 Vögel .................................................................................................................................................. - 5 -
4.2 Reptilien ............................................................................................................................................. - 6 -
4.3 Fledermäuse ...................................................................................................................................... - 8 -
4.4 Amphibien .......................................................................................................................................... - 8 -
4.5 Bodengebunde Säugetiere ................................................................................................................ - 9 -
4.6 Moose, Flechten und Farne in Lebensraumtypen .............................................................................. - 9 -
4.7 Geschützte Biotope nach § 30 Abs. 2 BNatSchG in Verbindung mit §13 HAGBNatSchG .............. - 10 -
5. Projektzwänge ............................................................................................................................................. - 11 -
6. Handlungsmöglichkeiten zur Schadensbegrenzung .................................................................................... - 13 -
Material II.3: Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 2
1. Einführung Die allgemeine Vorgehensweise bei der Erfassung und Bewertung von Naturhaushalt und Landschaftsbild orien-tiert sich im Wesentlichen am „Leitfaden für die Erstellung landespflegerischer Begleitpläne zu Straßenbauvorha-ben in Hessen“ (HESSEN MOBIL 2016). Darüber hinaus werden die Ziele sowie besonderen Anforderungen und Methoden für die Bestandserfassung bei Maßnahmen der Felssicherung nachfolgend dargelegt.
2. Ziel der Bestandserfassung Die Bestandserfassung bildet die Grundlage der nachfolgend aufgeführten naturschutzfachlichen Unterlagen. Grundsätzlich richten sich der Untersuchungsraum und der Untersuchungsumfang nach den vorhabensbezoge-nen Wirkfaktoren und deren Wirkung auf die vorkommenden Arten. Zu erheben bzw. zu erfassen ist die für den Wirkraum der Maßnahmen vorgefundene Biotopausstattung mit den dort zu erwartenden Arten. Aus Kapitel 4 sind jeweils die Untersuchungsdistanzen der nachfolgend aufgeführten Arten zu entnehmen.
2.1 Landschaftspflegerischer Begleitplan Die Bestandserfassung hat für den prognostizierten Wirkraum (=Untersuchungsraum) zu erfolgen. Artabhängig kann dieser variieren. Zu untersuchen sind hierbei:
Naturgut Tiere und Pflanzen der Eingriffsregelung (mit Bilanzierung der Nutzungstypen nach KV) Biotope nach § 30 BNatSchG LRT nach Anhang I FFH-Richtlinie, auch außerhalb von FFH-Gebieten Arten nach Anhang II FFH-Richtlinie
Lebensräume der Arten nach Anhang I Vogelschutzrichtlinie
Die Bestandserfassung erfolgt zielgerichtet für die nachfolgende Konfliktanalyse sowie für die Vermeidungs- und Kompensationsplanung. Die Anforderungen des Umweltschadensgesetzes (§ 19 BNatSchG) werden damit er-füllt.
2.2 Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag Die Bestandserfassung hat für den prognostizierten Wirkraum (=Untersuchungsraum) zu erfolgen. Artabhängig kann dieser variieren. Zu untersuchen sind hierbei:
europarechtlich geschützte Vogelarten nach Artikel 1 Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG, Richtlinie über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten)
Arten nach Anhang IV FFH-Richtlinie (92/43/EWG, Fauna-Flora-Habitatrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft).
Zu erfassen sind die im Wirkraum der Maßnahmen vorhandenen Habitate mit ihren jeweiligen Artenspektren. Es muss eine Aussage über Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Arten bei möglicher Beeinträchtigung sowie über den Erhaltungszustand der lokalen Populationen abgeleitet werden können, sofern diese einer erheblichen Stö-rung unterliegen (die Beurteilung hierüber erfolgt im ASB). Die Bestandserfassung erfolgt zielgerichtet, um mög-licherweise eintretende artenschutzrechtliche Verbote des § 44 Abs.1 BNatSchG bereits im Vorfeld zu erkennen und durch Vermeidungsmaßnahmen (VAS) oder vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF) zu verhindern, bzw. die Grundlage für eine Ausnahmezulassung nach § 45 Abs.7 (ggf. mit FCS-Maßnahmen) herzustellen.
2.3 FFH-Verträglichkeitsprüfung Die Bestandserfassung hat für den prognostizierten Wirkraum (=Untersuchungsraum) zu erfolgen. Artabhängig kann dieser variieren. Zu untersuchen sind hierbei:
LRT, die Erhaltungsziele der FFH-Schutzgebietsverordnung, einschließlich charakteristischer Arten der LRT (projektspezifisch in Abstimmung mit der ONB) die abzuprüfen sind,
Material II.3: Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 3
Arten, für die Erhaltungsziele in der Natura 2000-Verordnung, in den Standarddatenbögen und Grund- datenerhebungen aufgeführt sind,
Arten, die Erhaltungsziel der Vogelschutzgebietsverordnung sind.
Auf der Grundlage der Bestandserhebung erfolgt die Prüfung der erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungs-ziele von Vogelarten mit Hauptvorkommen in Vogelschutzgebieten bzw. von Erhaltungszielen der LRT und Arten in FFH-Gebieten. Erhebliche Beeinträchtigungen können durch Schadensvermeidungsmaßnahmen bzw. im Falle betroffener Arten durch vorlaufende Schadensbegrenzungsmaßnahmen vermieden werden. Dies ist ebenso zu prüfen wie der Kohärenzausgleich im Falle von nicht vermeidbaren erheblichen Beeinträchtigungen und der dann erforderlichen Ausnahmeprüfung.
3. Anforderungen an die Bestandserfassung
3.1 Faunistisch-/floristische Planungsraumanalyse
Der Erfassungsumfang ergibt sich aus einer faunistisch-/floristischen Planungsraumanalyse. Auf der Basis der im Planungsraum vorhandenen Artinformationen, Landschaftsstrukturen, Biotope und ggf. speziellen Habitate sowie der abgeschätzten Wirkungen des Vorhabens wird ermittelt, welche Arten bzw. Artengruppen zu erwarten bzw. welche auszuschließen sind (s. Kap. 4.2, Abb.3; Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen; HMUKLV 2015).
Die Annahme von Artvorkommen auf der Basis einer reinen Habitatpotenzialanalyse ist im Regelfall keine akzep-table Datengrundlage, da eine Bestandsermittlung die unerlässliche Grundlage einer qualifizierten Sachverhalts-ermittlung darstellt. Falls zu bestimmten Arten keine aktuellen Daten vorliegen und auch nicht erhoben werden sollen, sind stichhaltige Gründe zu benennen, warum das Verfahren dennoch weitergeführt und nicht für den Zeitraum einer Kartierung unterbrochen wurde. Sollte dieser Fall ausnahmsweise eintreten und Artvorkommen auf der Grundlage fachlich gut begründeter, hergeleiteter Artvorkommen im Sinne eines „Worst-Case-Szenarios“1 hergeleitet werden, so ist dieses Szenario für alle Planungsschritte (Konfliktermittlung, Vermeidungsmaßnahmen, Ausgleichsmaßnahmen, Ausnahmezulassung) durchzuziehen.
Das Ergebnis der faunistisch-/floristischen Planungsraumanalyse ist die Darlegung, welche Tierartengruppen und ggf. Pflanzenarten innerhalb welchen Untersuchungsraumes für die eigenen Kartierungen des Vorhabenträgers vorzusehen sind. Die Kartierung stellt die Grundlage aller folgenden Fachbeiträge dar. Der Untersuchungsrah-men (s. Leitfadentext, Kap. 3.1 ff.) sollte mit der zuständigen Naturschutzbehörde abgestimmt werden.
3.2 Untersuchungsrahmen
3.2.1 Datenermittlung
Die Erfassungen und Erhebungen erfolgen durch
Datenrecherchen
Befragungen Kartierungen
3.2.2 Untersuchungsraum
Der Untersuchungsraum ist anhand der vorhabensbezogenen Wirkfaktoren und deren Reichweite sowie der Empfindlichkeit der Arten gegenüber den Wirkfaktoren festzusetzen. Die Wirkfaktoren sind bei Felssicherungs-maßnahmen für jedes Vorhaben vergleichbar. Innerhalb des Untersuchungsraumes unterscheidet man zwischen
1In Fällen von Prognoseunsicherheiten wird für die weitere Planung nach dem Vorsorgeprinzip der schlechteste anzunehmende Fall (engl. worst case) zugrunde gelegt (RLBP 2011).
Material II.3: Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 4
dem „direkten“ und dem „erweiterten“ Wirkraum (s. Abb.14, Leitfadentext). Es wird von folgenden Wirkreichweiten bzw. Untersuchungsdistanzen ausgegangen:
Untersuchungsräume (I-III):
I. : Felswand/-böschung (Eingriffsraum) + 10 m breiter Abschnitt hinter Felsböschungsoberkante
II. : 50 m um den Eingriffsraum in jeweils geeigneten Habitatarealen
III. : entsprechend der Flucht- und Effektdistanzen nach Kap. 4.1
In Abhängigkeit von den Ergebnissen der Konfliktanalyse sind auch Untersuchungen in geeigneten Kompensati-onsräumen erforderlich. Generell empfiehlt es sich, dass Hessen Mobil bzw. die Hessische Landgesellschaft (HLG) bereits im Vorfeld in Abstimmung mit den Naturschutz- und Forstbehörden nach geeigneten Kompen-sationsräumen sucht.
3.2.3 Untersuchungsgegenstände
Es werden die Tier- und Pflanzenarten und Lebensräume erfasst, die in den projektspezifischen Untersuchungs-räumen (I-III) nach Kap. 3.2.2 vorkommen können und gegenüber den projektspezifischen Wirkfaktoren empfind-lich sind. Regelmäßig handelt es sich dabei um folgende Arten/Artengruppen und deren Lebensräume:
a) Tiere Untersuchungsraum:
I+II+III Avifauna nach Effektdistanzen (insbesondere: Wanderfalke, Uhu, Dohle, Rotmilan, Schwarzmilan, Schwarzstorch, Wespenbussard, Habicht, Baumfalke)
I+II Reptilien (Mauereidechse, Zauneidechse, ggf. Schlingnatter und Äskulapnatter)
I+II Säugetiere (Haselmäuse und weitere Arten nach lokalen Erfordernissen wie z.B. Wildkatzen, Fledermäuse)
b) Pflanzen Untersuchungsraum:
I charakteristische Vegetation von Felslebensräumen und Umgebung einschließlich Gefäßpflanzen, Flechten und Moose nach HLBK
c) Biotop- und Habitatstrukturen (Nutzungskartierung und Baumhöhlenerfassung) Untersuchungsraum:
I Natürliche Lebensraumtypen von gemeinschaftlichem Interesses nach Anhang I FFH-RL (innerhalb des NATURA 2000-Schutzregimes sind die Erhaltungszustände mit zu erfassen)
I Gesetzlich geschützte Biotope nach § 30 BNatSchG in Verbindung mit § 13 HAGBNatSchG
I Nutzungstypen nach KV-Hessen I+II Habitatstrukturen Fauna (u.a. Höhlungen, Spalten, Nischen und Wildwechselstellen)
I+II+III Habitatbaumuntersuchung bzw. Waldstrukturanalyse bei begründetem Vorkommen der unter a) genannten Arten der Avifauna
4. Untersuchungsmethoden Bei den in den folgenden Unterkapiteln aufgeführten Arten und Lebensräume sind bei den Untersuchungsmetho-den einige Besonderheiten zu beachten.
Da es sich um kleinflächige und kurzzeitige Eingriffe in Lebensräume handelt, die von einer übersichtlichen Ar-tenanzahl bewohnt werden, kann der Aufwand für die Kartierungen den zu erwartenden Eingriffen angepasst werden. Die Erfassungszeitangaben orientieren sich an den artbezogenen Empfehlungen für Erfassungstermine nach dem „Schlussbericht des Forschungsvorhabens FE 02.0332/2011/LRB zur HVA F-StB“. Die Erfassung muss zielgerichtet so erfolgen, dass damit Aussagen in den oben genannten Unterlagen belastbar möglich sind.
Material II.3: Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 5
Im Regelfall dulden die Maßnahmen zur Felssicherung durch die besonderen Gegebenheiten (s. Kap.1 und 2 des Textteils dieses Leitfadens) keinen längeren Aufschub. Der Untersuchungsaufwand und die -methode für die Erfassungen oder Kartierungen sind ggf. dem zur Verfügung stehenden Zeitfenster anzupassen. Maßgeblich ist, ob mit den ermittelten Informationen im LBP, dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag (ASB) und ggf. der FFH-Verträglichkeitsprüfung (FFH-VP) das Vorhaben und dessen Eingriffswirkung nachvollziehbar und rechtssicher abgearbeitet werden kann. Vor diesem Hintergrund ist der Kartierungsaufwand projektspezifisch anzupassen.
4.1 Vögel Gibt es Hinweise für ein Vorkommen der unten aufgeführten Vogelarten, sind in jedem Falle die entsprechenden aufgeführten Flucht- bzw. Effektdistanzradien nach GARNIEL & MIERWALD 2010 zu untersuchen. Entsprechend sind für die Erfassung der Greifvögel die Horststandorte zu erfassen und auf Besatz zu kontrollieren.
4.1.1 Vogelarten der Felsstandorte
Wanderfalke (Falco peregrinus)
Die Vorkommen (in Hessen sind 120-140 Brutpaare dokumentiert, VSW 2014) sollten bei den Naturschutzbehör-den und –verbänden bekannt sein. Die Erfassung durch Befragung der Vogelschutzwarte, Naturschutzbehörden und -verbänden ist daher im Regelfall ausreichend. Ergänzend ist die ADEBAR-Zählung aus 2009 heranzuzie-hen. Hier dürften alle Vorkommen zu diesem Zeitpunkt enthalten sein. Spätere Vorkommen sind durch eine NATIS-Abfrage zu überprüfen.
Weiterhin ist vor Ort abzuprüfen, ob der Standort überhaupt geeignete Brutstandorte in Form von Vorsprüngen, Nischen etc. bereithält. Sollten diese vorhanden sein, erfolgen Erhebungen bzw. Erfassungen bis zu einem Ab-stand2 von 200 m vom Eingriffsort bzw. zur Baustellentätigkeit.
Uhu (Bubo bubo)
Die Vorkommen (in Hessen gibt es 180-220 Reviere (VSW, 2014)) sollten bei den Naturschutzbehörden und -verbänden bekannt sein. Die Erfassung durch Befragung der Vogelschutzwarte, Naturschutzbehörden und Ver-bände ist daher im Regelfall ausreichend. Ergänzend ist die ADEBAR-Zählung aus 2009 heranzuziehen. Hier dürften alle Vorkommen zu diesem Zeitpunkt enthalten sein. Spätere Vorkommen sind durch eine NATIS-Abfrage zu überprüfen.
In einem ersten Schritt erfolgt eine Datenabfrage über die Standorte der Uhus. Ergänzend ist durch Vor-Ort-Begehungen zu prüfen, ob der Standort überhaupt geeignete Brutstandorte bereithält. Sollten diese vorhanden sein, erfolgen Erhebungen bzw. Erfassungen bis zu einem Abstand von 200 m vom Eingriffsort bzw. zur Baustel-lentätigkeit.
Dohle (Corvus monedula)
Zunächst erfolgt eine Datenrecherche und Auswertung vorhandener Unterlagen. Über mögliche Verbreitungsge-biete (in Hessen gibt es ca. 2.500 bis 3.000 Reviere, VSW 2014) gibt die ADEBAR-Zählung aus 2009 Anhalts-punkte.
In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob der Standort überhaupt geeignete Brutstandorte bereithält. Sofern nun ggf. eine Kartierung notwendig wird, kann diese in drei Begehungen Ende Februar, Anfang April und Mitte Mai zur Verortung des Nestes erfolgen (Südbeck et al 2005). Bezüglich des Schutzes brütender Dohlen erfolgen die Erfassungen bis zu einem Abstand von 100 m vom Eingriffsort bzw. zur Baustellentätigkeit.
2 nach WIRTZ et al. 2014
Material II.3: Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 6
4.1.2 Vogelarten der Gehölzstandorte
Bei randlich betroffenem Baumbewuchs sowie sonstigem Gehölzaufwuchs in felsigem Areal erfolgt die Gehöl-zentnahme außerhalb der Fortpflanzungszeit zwischen Oktober und Februar. Es wird im vorliegenden Papier davon ausgegangen, dass keine größeren Waldbereiche vom Eingriff direkt betroffen sein werden, sodass keine artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände ausgelöst werden und in diesen Fällen auf eine Erhebung verzichtet werden kann. Im anderen Fall (großflächiger, langandauernder Eingriff), wäre die Arterfassung insgesamt nach gängiger Praxis3 durchzuführen.
Mit an das Bauvorhaben angrenzenden Waldbereichen und Feldgehölzen ist jedoch zu rechnen. Hier sind bzgl. des Baubetriebs die Flucht- und Effektdistanzen von Vogelarten maßgeblich. Diese betragen für gefährdete Arten bis zu 300 m bzw. bei Schwarzstorchvorkommen 500 m.
Während bei Regelprojekten in einem Radius von 300 m bzw. 500 m eine Horstkartierung außerhalb der Belau-bungszeit Ende Februar durchzuführen wäre, ist das Erfordernis bei Felssicherungsprojekten anders zu bewer-ten:
Diese Baumaßnahmen finden i.d.R. in topographisch stark bewegtem Gelände statt. Eine Einsehbarkeit „Horst-Baustelle“ ist meist nicht gegeben. Eine außergewöhnliche Lärmbelastung erfolgt i.d.R. zeitlich stark begrenzt. Daher kann hier von der Regelkartierung abgewichen werden. Eine Horstkartierung erfolgt ausschließlich im sichtbaren Umfeld des Baubereiches und wird durch eine Abfrage bei der Naturschutzverwaltung (UNB, ONB, Vogelschutzwarte) und ortsansässigen Naturschutzverbänden ergänzt. Sollten Horste festgestellt werden, erfolgt die Besatzkontrolle in zwei Begehungen Anfang April und Mitte Mai. Bei Verdacht auf Vorkommen von Baumfalke und Wespenbussard ist eine dritte Begehung Mitte/Ende Juli durchzuführen. Ergänzend ist die ADEBAR-Zählung aus 2009 heranzuziehen.
4.2 Reptilien
4.2.1 Zauneidechse (Lacerta agilis)
Die Zauneidechse ist in ganz Hessen mit Verbreitungsschwerpunkt Südhessen anzutreffen, jedoch nur in geeig-neten Habitaten. Ein Vorkommen in nicht zu dicht verbuschten Brachen, Wiesen, Trockenfelsen, Schotterflächen, Waldrändern, o.ä. Geländestrukturen in sonnenexponierter Lage ist zu erwarten.
Im Rahmen der faunistischen Planungsraumanalyse (s. Leitfadentext, Kapitel 4.1) erfolgt zunächst eine Ein-schätzung zur prinzipiellen Geeignetheit des Standortes. Die Art benötigt Sonn- und Versteckplätze sowie Boden mit sandigem Anteil zur Eiablage. Durchweg beschattete Bereiche und Nordhanglagen sind für die Art ungeeig-net und es kann dann nachvollziehbar unterstellt werden, dass die Art nicht vorkommt.
Sind prinzipiell die Standortvoraussetzungen gegeben, kann eine Kartierung bis zu einem Radius von 50 m um den Eingriffsbereich auf jeweils geeigneten Habitatstrukturen in vier Durchgängen erfolgen (BMVBS 2014). Aus Sicherheitsgründen beschränkt sich die Kartierung auf gefahrlos zugängliche Bereiche. Die Ergebnisse sind mittels Analogieschlüssen auf unzugängliche Bereiche mit vergleichbaren Strukturen übertragbar. Das Zeitfenster für die Kartierung reicht von Mai bis August.
4.2.2 Mauereidechse (Podarcis muralis)
Ein Vorkommen außerhalb der Landkreise bzw. kreisfreien Städte wie
Bergstraße, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, südl. Hochtaunus, Main-Taunus, Rheingau-Taunus und Limburg-Weilburg,
3s. Leitfaden der Erfassungsmethoden und -zeiträume bei faunistischen Untersuchungen zu straßenrechtlichen Eingriffsvorhaben in Hessen (2013, aktualisiert 2016)
Material II.3: Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 7
Frankfurt, Darmstadt, Wiesbaden4
ist nicht zu erwarten und kann daher bei der faunistischen Planungsraumanalyse begründet ausgeschlossen werden. Innerhalb des Verbreitungsgebietes besiedelt die Mauereidechse wärmebegünstigte Stein- und Fels-lebensräume, die eine kleinräumige Gliederung an geeigneten Sonnen-, Versteck- und Eiablageplätzen aufwei-sen. Demensprechend können durchweg beschattete Bereiche und Nordhanglagen als Vorkommensbereich ausgeschlossen werden.
Sind prinzipiell die Standortvorrausetzungen gegeben, kann eine Kartierung bis zu einem Radius von 50 m um den Eingriffsbereich auf jeweils geeigneten Habitatstrukturen in vier Durchgängen erfolgen. Aus Sicherheitsgrün-den beschränkt sich die Kartierung auf gefahrlos zugängliche Bereiche. Die Ergebnisse sind mittels Analogie-schlüssen auf unzugängliche Bereiche mit vergleichbaren Strukturen übertragbar. Das Zeitfenster für die Kartie-rung reicht von Mai bis August.
4.2.3 Schlingnatter (Coronella austriaca)
Die Schlingnatter ist in ganz Hessen in geeigneten Habitaten anzutreffen: z.B. Rohböden mit verschiedenen Sukzessionsstadien, Ruderalfluren, extensiv genutzte Weideflächen, Felsstandorte, Magerrasen, Wacholderhei-den (FENA Artgutachten 2014).
Kartierungen sind bis zu einem Radius von 50 m um den Eingriffsbereich in sechs Begehungen von Mai bis Sep-tember durchzuführen. Wenn möglich sollen „Schlangenbretter“ sehr früh in der Vegetationsperiode ausgebracht werden (6-10 pro 1 ha; in reich strukturierten Gebieten bis zu 30 Stück pro ha). Lage und weiteres Vorgehen sind analog zur Äskulapnatter.
4.2.4 Äskulapnatter (Zamenis longissimus)
Ein Vorkommen in Hessen ist nur noch im Neckar-Odenwald im Raum
Hirschhorn/Eberbach (Hessen, Baden-Württemberg)5
sowie im
Rheingau-Taunus (Hessen)6
zu erwarten und kann daher in anderen Räumen im Rahmen der faunistischen Planungsraumanalyse begründet ausgeschlossen werden.
Voraussetzung für eine Besiedlung ist das Vorhandensein von geeigneten Sonn-, Versteck-, und Eiablageplät-zen, Winterquartieren sowie einem ausreichenden Nahrungsangebot. Demensprechend können durchweg be-schattete Bereiche und Nordhanglagen als Vorkommensbereich ausgeschlossen werden.
Sind prinzipiell die Standortvorrausetzungen gegeben, kann eine Kartierung bis zu einem Radius von 50 m um den Eingriffsbereich auf jeweils geeigneten Habitatstrukturen erfolgen. Aus Sicherheitsgründen beschränkt sich die Kartierung auf gefahrlos zugängliche Bereiche. Die Ergebnisse sind mittels Analogieschlüssen auf unzugäng-liche Bereiche mit vergleichbaren Strukturen übertragbar. Kartierungen sind in sechs Begehungen von Anfang Mai bis September im Eingriffsbereich durchzuführen.
Es ist ein Auslegen von Schlangenbrettern an besonnten Positionen im Gelände und Sicherung gegen das An-heben oder Umdrehen durch Wildschweine, möglichst im Vorjahr der Kontrollen. Eine Kontrolle im Rahmen der Transektbegehungen, jedoch bevorzugt bei Bewölkung, ggf. zusätzliche Termine vorsehen. Mögliche künstliche Verstecke: Schaltafeln, Profilbleche, Bitumenwellpappen, Dachziegel, Teichfolien.
4BfN (http://www.ffh-anhang4.bfn.de/ffh_anhang4-reptilien.html) 5Bfn.de 6Hessen-Forst 2012- Artenschutzinfo Nr.7
Material II.3: Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 8
4.3 Fledermäuse Es sind Datenrecherchen bei Naturschutzbehörden und Verbänden sowie über die NATIS-Artenschutzdatenbank durchzuführen. Ggf. ergeben sich hieraus Hinweise für ein mögliches Artenspektrum. In betroffenen und angren-zenden FFH-Gebieten sind die Grunddatenerhebungen auszuwerten.
4.3.1 Erfassung Felsstandorte
Es sind eine Beurteilung zur grundsätzlichen Geeignetheit des Standorts für Winterquartiere durchzuführen und Aussagen zu Tages- bzw. Wochenstubenquartieren zu treffen. Hierzu ist ein Absuchen von Spalten, Höhlen, Nischen und Überhängen mittels Endoskop durchzuführen, damit ein Vorkommen von Fledermäusen auf den Felsflächen weitestgehend ausgeschlossen werden kann. Werden Fortpflanzungs- und Ruhestätten gefunden, ist entsprechend der regulären Behandlung dieses Verbotstatbestandes zu prüfen, ob trotz Verlust dieser Stätten die ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang gewahrt werden kann und ob im Zuge von CEF-Maßnahmen Ausweichquartiere geschaffen werden müssen.
Das Eintreten des Tötungstatbestandes wird durch vorab durchgeführte Baufeldräumungen außerhalb der Win-terruhe vermieden, sodass verbleibende unvermeidbare Tötungen unter das allgemeine Lebensrisiko fallen und somit artenschutzrechtlich nicht relevant sind7. Für die Baufeldräumung kommen die Monate April bis Oktober in Frage. Im Oktober sollte der Eingriff allerdings nach der Dämmerung erfolgen, da die Winterquartiere zu dieser Zeit bei Tag eventuell genutzt werden. Gehölzentnahmen sind ausschließlich in den Wintermonaten durchzufüh-ren.
4.3.2 Erfassung Baumstandorte
Bei randlich betroffenem Baumbewuchs sind die Bäume auf Baumhöhlen/-spalten zu kontrollieren. Vor Bildung und nach Auflösung der Wochenstuben im April/Mai oder September/Oktober erfolgt vor Beginn der Vegetations-zeit ein Verschließen der vor bzw. nach der Vegetationszeit erfassten Baumhöhlen/-spalten. Die Baumhöhlen sind zuvor auf Besatz zu überprüfen bzw. der Verschluss erfolgt nach der Abenddämmerung. Es ist von der Be-troffenheit nur einzelner Baumhöhlen auszugehen, so dass von einer Aufrechterhaltung der Funktion der Fort-pflanzungs- und Ruhestätte im räumlichen Zusammenhang regelmäßig auszugehen ist.
Es wird im vorliegenden Papier unterstellt, dass größere Waldbereiche nicht betroffen sind. Im anderen Fall wäre die Arterfassung insgesamt nach gängiger Praxis (BAST 2014, HESSEN MOBIL 2013) durchzuführen.
Werden entsprechende Habitatbäume erfasst, so sind diese zu markieren und vor Beginn jeder Bau-maßnahme nochmalig auf Besatz zu kontrollieren. Erfasste Bäume sind per Foto zu dokumentieren und in einer Übersichtskarte in den entsprechenden Fachbeiträgen darzustellen bzw. zu verorten.
4.4 Amphibien
Im Regelfall sind keine Amphibien auf den Felsflächen zu erwarten. Im Zuge der Planung ist jedoch zu prüfen, ob eine grundsätzliche Eignung des Standortes vorliegt und ob Laichgewässer im näheren Umfeld vorhanden sind. Dementsprechend könnten Landlebensräume betroffen sein. In oder in der Nähe von FFH-Gebieten ist die Grunddatenerhebung auszuwerten.
Drängt sich das Vorhandensein von Lebensräumen auf, erfolgt eine Scheinwerfertaxierung und Kartierung der Laichgewässer im Frühjahr. Die Erfassung erfolgt entsprechend BAST (2014) sowie dem „Leitfaden der Erfas-sungsmethoden und -zeiträume bei faunistischen Untersuchungen zu straßenrechtlichen Eingriffsvorhaben in Hessen“ (HESSEN MOBIL 2013).
7Das artenschutzrechtliche Tötungsverbot ist nicht erfüllt, wenn das vorhabensbedingte Tötungsrisiko unter Berücksichtigung von Schadensvermeidungs-maßnahmen nicht höher ist als das Risiko, dem das einzelne Exemplar der jeweiligen Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens stets ausgesetzt sind. Das gilt nicht nur für das betriebsbedingte Risiko von Kollisionen im Straßenverkehr (st.Rspr; vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 91), sondern auch für bau- und anlagebezogene Risiken (BVerwG 9 A 4.13).
Material II.3: Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 9
Bei anzunehmenden Landlebensräumen für Amphibien erfolgt die Errichtung einer einseitig überwindbaren Barri-ere vor der Zuwanderung bis Ende Mai im Eingriffsjahr. Ggf. kann auch alternativ oder ergänzend nach Verste-cken unmittelbar vor Eingriffsbeginn gesucht werden (aktive Umsiedlung). Handelt es sich bei den Lebensräumen um Flächen der Straßenparzelle, kann eine Abzäunung frühzeitig vor Baurechtschaffung erfolgen.
4.5 Bodengebunde Säugetiere
Haselmaus (Muscardinus avellanarius)
Die anerkannte Methode zur Erfassung von Haselmäusen ist das Ausbringen von Nest-Tubes und Nistkästen in besonders geeigneten Teilhabitaten wie z.B. strauchreichen Waldrändern. Als Standard wird vorgeschlagen, Probeflächen mit einer Anzahl von jeweils 20-50 Nistkästen/Niströhren im 20 m-Abstand (ergibt 0,8-2,0 ha) in den Gehölzen vorzusehen, die im Bereich des bau- und anlagebedingten Flächenverlustes liegen (BAST 2014, Hes-sen Mobil 2013). Anzahl der Kästen und Tubes sowie Kartierzeitraum korrelieren miteinander. Sofern der Kartier-zeitraum projektbedingt begrenzt ist, kann das mögliche Defizit durch eine höhere Anzahl von Kästen und Tubes und ein geballtes Anbringen in den mit hoher Wahrscheinlichkeit besiedelten Habitaten aufgefangen werden.
Wenn das Vorkommen der Haselmaus im Wirkraum aufgrund der vorgefundenen Biotopausstattung als wahr-scheinlich anzunehmen ist und die Art nur mit unvertretbarem Aufwand erfasst werden kann, so ist diese mit entsprechender Begründung als mit hoher Wahrscheinlichkeit vorkommende Art (Worst-Case-Annahme) in die Prüfung mit einzubeziehen. In diesen Fällen liegt der Handlungsschwerpunkt auf Vermeidungsmaßnahmen (Ge-hölze im Winter bis Anfang März zurückschneiden). Baubeginn ist erst ab Mai, damit die Haselmäuse ihre Win-terhabitate verlassen können.) Bei großflächigen, dauerhaften Gehölzentnahmen ist eine Kompensationsplanung notwendig.
Wildkatze (Felis silvestris)
Wildkatzenbehausungen können im direkten Umfeld aufgrund der bestehenden Lärmwirkung durch die Straße nahezu ausgeschlossen werden. Dennoch ist durch eine Datenrecherche zu ermitteln, ob es sich um ein Haupt-populationsgebiet oder einen Wanderkorridor handelt. Des Weiteren können durch die Bestandskartierung kon-krete Wildwechselstellen nachgewiesen werden, woraus sich ggf. ein Erfordernis von Passierstellen ableiten lässt. Diese sind direkt vor Ort gutachterlich festzulegen und in die Planungen zu integrieren.
4.6 Moose, Flechten und Farne in Lebensraumtypen
Da die Bestimmung von Moosen und Flechten deutlich schwieriger als die der meisten Gefäßpflanzen ist, be-schäftigen sich nur wenige Botaniker mit diesen Pflanzengruppen. Da Moose und Flechten nicht zu den beson-ders oder streng geschützten Arten nach Maßgabe des § 44 Abs. 1 BNatSchG gehören bzw. im Anhang IV der FFH-RL nicht enthalten sind, besteht hinsichtlich des besonderen Artenschutzrechts kein Erfordernis zur Erfas-sung. Dennoch sind sie häufig die naturschutzfachlich wertgebenden Arten und somit für die pflanzensoziolo-gische Klassifikation aller Fels-Biotoptypen unentbehrlich. Zugleich sind aufgrund der Anforderungen der §§ 19 und 44 BNatSchG (Regelungen zum Umweltschadensgesetz und zum Artenschutz) für diejenigen Flächen, bei denen eine direkte Inanspruchnahme für das Vorhaben oder im Zuge der Baudurchführung erforderlich werden, ergänzende Erhebungen zu den Lebensraumtypen von gemeinschaftlichem Interesse nach Anhang I FFH-RL auch außerhalb von FFH-Gebieten zu berücksichtigen.
Zunächst erfolgt eine Ersteinschätzung, ob LRT im Wirkraum vorkommen können. In FFH-Gebieten ist die Grunddatenerfassung maßgeblich. Regelmäßig vorkommende Lebensraumtypen bei Felssicherungsmaßnahmen sind:
LRT 4030 Trockene europäische Heiden LRT 6110 Lückige basophile oder Kalk-Pionierrasen LRT 8150 Kieselhaltige Schutthalden der Berglagen Mitteleuropas
Material II.3: Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 10
LRT 8160 Kalkhaltige Schutthalden der collinen bis montanen Stufe Mitteleuropas LRT 8210 Kalkfelsen mit Felsspaltenvegetation LRT 8220 Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation LRT 9170 Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald LRT *9180 Schlucht- und Hangmischwälder
LRT 8230 Silikatfelsen mit Pioniervegetation
Bei einem Vorkommen von LRT werden diese nach den Kriterien der FENA vollumfänglich und in dem bei den Felskartierungen im Regelfall großen Kartiermaßstab (M 1:100 bis M 1:250) für den o.g. Wirkraum der Maßnah-men erfasst. Eine Kartierung erfolgt im Regelfall während der Vegetationszeit (Mai bis September). Des Weiteren sind bei den LRT 8160, 8150 und 8230 gut ausgebildete Moos- und Flechtenbestände zur Bestimmung erforder-lich und aus diesem Grund grundsätzlich zu erfassen, möglichst einschließlich epiphytischer, epixylischer und epilithischer Arten. Bei den LRT 8210 und LRT 8220 ist zu differenzieren, ob sie innerhalb oder außerhalb des Schutzregimes von NATURA 2000-Gebieten vorkommen. Außerhalb dieses Schutzregimes werden gemäß Kartiereinheitenbeschreibung (s. FENA 2015 Entwurf HLBK) lediglich höhere Gefäßpflanzen kartiert, und es besteht kein Erfordernis zur Erhebung von Moosen oder Flechten. Innerhalb von NATURA 2000-Gebieten ist zusätzlich die Erfassung bzw. Erhebung der Erhaltungsziele immer erforderlich. Sofern die beiden LRT zu den Erhaltungszielen gehören, müssen hier die Kryptogamen bestimmt werden.
Darüber hinaus listet der Anh. II der FFH-RL eine Reihe von Moosarten auf. Für Hessen relevant sind hiervon vier Arten (s. FENA 2014), von denen wiederum zwei Arten potenziell auch auf Felsstandorten vorkommen kön-nen. Diese sind bei begründeten Hinweisen, z.B. durch Auswertung der Grunddatenerfassung, Hinweise der Naturschutzbehörden entsprechend zu erfassen:
Grünes Besenmoos (Dicranum viride)
Rogers Kapuzenmoos (Orthotrichum rogeri)
Flechtenarten sind laut FFH-RL lediglich im Anh. V aufgeführt und besitzen daher ausschließlich eine Bedeutung für die LRT-Kartierung. Eine Kartierung kann grundsätzlich auch außerhalb der Vegetationszeit durchgeführt werden.
Bei der Suche neuer Kompensationsflächen sind zur Feststellung der Geeignetheit auch entsprechende Kartie-rungsarbeiten notwendig. In diesem Rahmen müssen auch geschützte Zeigerarten für Schatten und Feuchtigkeit erfasst werden, die den Standort für eine mögliche Freistellung als ungeeignet ausweisen. Zu nennen ist hier beispielsweise der überwiegend in atlantischen Gebieten, jedoch vereinzelt auch im kontinentalen Bereich vor-kommende Prächtige Dünnfarn (Trichomanes speciosum; geschützt nach Anh. II und IV)
4.7 Geschützte Biotope nach § 30 Abs. 2 BNatSchG in Verbindung mit §13 HAGBNatSchG
Maßgeblich bei Felssicherungsmaßnahmen sind nach § 30 Abs. 2 BNatSchG
Offene natürliche Block-, Schutt- und Geröllhalden, Trockenrasen, Lehm- und Lösswände, Zwerg-strauchheiden, Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte (Ziff. 3.),
Blockhalden- und Hangschuttwälder (Ziff. 4.),
Offene Felsbildungen8 (Ziff. 5.).
Die Abgrenzung und Einstufung erfolgt durch Kartierungen im Gelände. Zu beachten ist, dass nur natürliche Vorkommen in Bezug auf den § 30 BNatSchG von Relevanz sind (s. Kap.4.2.1; Abb.15). Die Daten der Hessi-schen Biotopkartierung (1992-2009) sind auszuwerten. Die Biotopkartierung stellt zwar nicht die gesetzlich ge-
8Nach der Begründung zu § 30 BNatSchG aus dem „Leitfaden der geschützten Biotope“ (HMUKLV 2016 z.Z. in Arbeit) sollten nur basenhaltige und silikati-sche Felsen der alpinen Stufe erfasst werden. Diese Lebensräume sind durch spezifische Flechten- und Moosüberzüge, Felsspaltengesellschaften (Asple-nietea trichomanis) und Felssimsrasen (Seslerietea variae, Caricitea curvulae) sowie Geröll- und Schuttvegetation (Thlaspietea rotundifolii) mit hohem Anteil endemischer Arten gekennzeichnet. Insofern stellen die in Abs. 2 Nr. 5 genannten Felsbildungen eine landesspezifische Schutzform dar.
Material II.3: Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 11
schützten Biotope dar, gibt aber Hinweise, wo solche zu finden sind. Es gilt der „Leitfaden der geschützten Biotope“ (Veröffentlichung voraussichtlich 2016 durch HMUKLV).
5. Projektzwänge Erfassung:
Maßnahmen der Felssicherung unterliegen Projektzwängen, wenn akute Gefährdungen für die Verkehrsteilneh-mer vorliegen. Im Rahmen von Sofortmaßnahmen oder auch in Erwartung von Fels- und Geröllabgängen kann aufgrund der Handlungsnotwendigkeit der Umfang der hier vorgegebenen Erfassungsdurchgänge nicht immer eingehalten werden. Können die Kartierungen nicht in vollem Umfang nach den o.a. Vorgaben durchgeführt wer-den, so ist der Bestand mithilfe von Fotos zu dokumentieren und außerdem anhand von vorhandenen Unterlagen (Biotopkartierung, GGD) und Potenzialanalysen zu schätzen, sofern eine seriöse und nachvollziehbare Aussage getroffen werden kann. Ggf. müssen nicht ausschließbare Artvorkommen unterstellt bzw. muss auf ein „Worst-Case Szenario“9 zurückgegriffen werden. Maßgeblich bleibt, ob mit den ermittelten Informationen eine nachvoll-ziehbare und plausible Bearbeitung des LBP's, des ASB's und ggf. der FFH-VP möglich wird.
Maßnahmenumsetzung:
I.d.R. können Felssicherungsmaßnahmen das ganze Jahr über durchgeführt werden. Bei Schnee- und Eisglätte kann aufgrund mangelnder Arbeitssicherheit jedoch nicht gebaut werden.
Für den Großteil des zu betrachtenden Artenspektrums ist ein Baubeginn über die Wintermonate am günstigsten (s.Tab.1). Der Zeitpunkt liegt außerhalb der Brut- und Aufzuchtzeiten für Vögel und außerhalb der Wochenstu-benzeit von Fledermäusen. Damit kann eine Tötung in Fortpflanzungsstätten in den Felsflächen und eine erhebli-che Störung von Vogelarten in aller Regel ausgeschlossen werden.
Bei Vorkommen von europarechtlich geschützten Reptilien wie bspw. der Mauereidechse sollten bei planbaren Maßnahmen bereits im Vorjahr aktive Maßnahmen zur Vergrämung durchgeführt werden. Werden die Tiere nicht im Vorjahr vergrämt, kann nicht sichergestellt werden, dass die Höhlen und Nischen der Felshänge durch die Tierarten in den Wintermonaten nicht belegt sind.
Kann das Installieren der Sicherungsmaßnahmen nicht außerhalb der Aktivitätszeiten nach Tabelle 1 durchge-führt werden, sind alternative Maßnahmen (u.a. CEF-Maßnahmen) einzuleiten, die eine Beeinträchtigung der erfassten Arten eindeutig ausschließen.
Als durchschnittliche Bauzeit ist bei Projekten (Fläche: 100m x 15m) mit einer Bauzeit von rund drei Monaten zu rechnen. In Einzelfällen können unter Berücksichtigung von verkehrslenkenden Maßnahmen Bauzeiten von bis zu max. sechs Monaten erforderlich werden.
Angaben zu generellen Bauzeiten werden hier nicht gegeben. Je nach Artvorkommen sind diese für jedes Felssi-cherungsprojekt neu zu formulieren und mit der zuständigen Naturschutzbehörde abzustimmen.
9In Fällen von Prognoseunsicherheiten wird für die weitere Planung nach dem Vorsorgeprinzip der schlechteste anzunehmende Fall (engl. worst case) zugrunde gelegt (RLBP 2011).
Material II.3: Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 12
Tabelle 1: Aktivitätszeiten relevanter Arten bei Maßnahmen der Felssicherung. Die Aktivitätszeiten sind farblich hinterlegt.
Artgruppe: Art: Aktivitätszeiten relevanter Arten:
J F M A M J J A S O N D
Avifauna (hier: Brut-/ Mauserzei-
ten):
Wanderfalke (Falco peregrinus)
Brutzeit
Mauserzeit
Baumfalke (Falco subuteo)
Brutzeit
Mauserzeit
Uhu (Bubo bubo)
Brutzeit
Mauserzeit
Dohle (Corvus monedula)
Brutzeit
Mauserzeit
Wespenbussard (Pernis apivorus)
Brutzeit
Mauserzeit
Reptilien (hier: Aktivitätszeiten)
Zauneidechse (Lacerta agilis)
Mauereidechse (Podarcis muralis)
Schlingnatter (Coronella austriaca)
Äskulapnatter (Zamenis longissimus)
Fledermäuse (hier: Wochen-stubenzeiten)
u.a. Großes Mausohr (Myotis myotis)
Säugetiere (hier: Aktivitätszeiten)
Haselmaus (Muscardinus avellanarius)
Wildkatze (Felis silvestris)
Material II.3: Kartierhinweise bei Maßnahmen zur Felssicherung
Leitfaden Felssicherung 2017 13
6. Handlungsmöglichkeiten zur Schadensbegrenzung Maßnahmen zur Minderung der Beeinträchtigungen sind in den Planunterlagen darzulegen und durch die UBB anzuleiten (s. Material II.7 Hinweise zur Vermeidung und Minimierung von Beeinträchtigungen).
Handlungsmöglichkeiten zur Schadenbegrenzung:
Die Gehölzentnahme bzw. Baufeldräumung erfolgt außerhalb der Brutzeiten, vorzugweise im Winter (Zeitraum: 01. Okt. bis 28. Feb.).
Für europarechtlich geschützte Reptilienvorkommen sind stets aktive Vermeidungsmaßnahmen, wie Vergrämen oder Aufstellen von Leitzäunen, durchzuführen. Flankierend bzw. bei nicht planbaren Maßnahmen erfolgt ein Abfangen in den Aktivitätsphasen ab April/Mai vor Baubeginn in Verbindung mit der Schaffung von Ersatzhabitaten und Maßnahmen zur Verhinderung der Wiederbesiedlung der Eingriffsstandorte.
Die Eingriffsbereiche sind vor Beginn jeder Baumaßnahme möglichst für eine Wiederansiedlung während der Bauzeit unattraktiv zu machen (z.B. Auslegen von Silofolie).
Eine Betroffenheit von Fledermäusen in ihren Ruhestätten kann durch ein Verschließen von unbesetz-ten Baumhöhlen bzw. die Baufeldräumung nach der Dämmerung vermieden werden.
Für Vogel- und Fledermausarten sind über eine Bauzeitenregelung (Bauen ausschließlich außerhalb der Fortpflanzungszeiten zwischen Oktober bis Ende Februar) Schädigungen und Störungen weitest-gehend zu vermeiden.
Festlegen von Bautabuzonen, um Störungen vorhandener Arten zu vermeiden und Fluchtdistanzen einzuhalten.
Material II.4: Hinweise zur Erstellung der Kartierungsgrundlage sowie Bestands- und Konfliktdarstellung
Leitfaden Felssicherung 2017 1
Aufgrund der stark geneigten Topografie der Felswände kann bei Vorhaben der Felssicherung in den überwiegenden Fällen nicht auf Lagepläne in der klassischen Horizontalprojektion
zurückgegriffen, sondern es muss eine Senkrechtprojektion angefertigt werden. Als Grundlage für alle Kartenwerke ist ein Panoramafoto aus einer zusammengesetzten Bilderreihe
herzustellen. Mit der so erzeugten Senkrechtprojektion können Nutzungstypen nach KV, § 30 BNatSchG Biotope, LRTs nach der FHH-RL, Einzelfundorte von Pflanzen bzw. Tieren
sowie relevante Habitatstrukturen (bspw. Höhlen, Spalten, Nischen, Verwerfungen) lagegenau vor Ort dokumentiert und flächenmäßig abgegrenzt werden.
Tabelle 1: Arbeitsschritte zum Erstellen der Kartenwerke bei Maßnahmen der Felssicherung
Erstellen von: Beschreibung: Seite:
Kartengrundlage (Schritt 1-4):
• Erstellung einer Kartierungsgrundlage mittels zusammengesetzter Bilderreihe
o Auf dieser Grundlage werden die vor Ort vorgefundenen Biotope/Nutzungstypen und
artenschutzrechtlich relevanten Einzelfunde in einem ersten Schritt händisch
eingetragen
���� 2-4
Bestandskarte (Schritt 5-6): • Die Kartierungsergebnisse werden in der Bestandskarte digitalisiert und dargestellt
o Hieraus erfolgt die Bilanzierung der Fläche bzw. der Punktwert nach KV ���� 5-6
Konfliktkarte (Schritt 7-8): • Darstellung der unterschiedlichen Maßnahmen zur Felssicherung
o Aufzeigen der Konflikte
o Aufzeigen von Veränderungen in der Biotopausstattung durch den Eingriff
���� 7
Material II.4: Hinweise zur Erstellung der Kartierungsgrundlage sowie Bestands- und Konfliktdarstellung
Leitfaden Felssicherung 2017 2
Erstellen der Kartiergrundlage (Schritt 1-4): Die Abbildungen 1 und 2 zeigen den ersten Arbeitsschritt zum Anfertigen des Panoramafotos, das als spätere Grundlage für die
Kartenwerke dient. Hierzu ist der entsprechende Felsabschnitt der Länge nach abzufotografieren. Alle 3-5 m sind Fotos mit leichter Überschneidung zum nächsten bzw.
vorangegangenen Foto aufzunehmen (s. Abb.2). Vorhandene Referenzpunkte wie Straßenleitpfosten oder das Aufstellen einer Nivellierlatte o.ä. in den Felsflächen sind zum späteren
Referenzieren bzw. maßstabsgetreuen Skalieren mit in die Fotoaufnahmen zu integrieren. Der Standpunkt der Fotoaufnahmen sollte sich immer im gleichen Abstand zu Felsfläche
befinden. Die erstellte Fotoreihe wird anschließend mithilfe eines Bildbearbeitungsprogrammes zusammengesetzt.
Abbildung 2: Schema: Abfotografieren der Felsflächen (Draufsicht) Abbildung 1: Schema: Abfotografieren der Felsflächen (Querschnitt)
Material II.4: Hinweise zur Erstellung der Kartierungsgrundlage sowie Bestands- und Konfliktdarstellung
Leitfaden Felssicherung 2017 3
Tabelle 2: Erstellen der Kartierungsgrundlage bei Maßnahmen der Felssicherung
Arbeitsschritte: Ziel/Zweck: Vorgehen: Grundlage:
Erst
elle
n de
r Kar
tierg
rund
lage
1
Fotoreihe aufnehmen Abfotografieren des gesamten Planungsbereichs (Böschungs-/Hanganschnitt) in Einzelbildern
• Frontalaufnahme der Hang-/Böschungsflächen • Einheitlicher Abstand vom Felsen (frontal von gegenüberlie-
genden Fahrbahnmarkierung) • Bezugspunkte zum Skalieren des Maßstabes einbeziehen
(bspw. mit Nivellierstange oder Metermaß, Leitpfosten, Bord-steine, Schilder, Baken)
Digitalkamera, Referenz-/Bezugspunkte (z.B. Nivellierstange, Meter-maß, Leitpfosten, etc.)
2 Fotoreihe (Panoramafoto) zusammensetzen
Zusammensetzen der aus Einzelbildern bestehenden Fotoabfolge mit einem Bildbearbeitungsprogramm
• Nahtlose Überlappung/Überschneidung der Bilderabfolge • Dopplungen durch Verkrümmungen/Transformation vermeiden
(ggf. Trapezform) Bildbearbeitungsprogramm
3 Skalierung der Arbeitsgrundlage
Anpassen der Fotoreihe an „Realzustand“ zur Flä-chengrößenermittlung der Biotope und Nutzungsty-pen
mögliche Referenzpunkte:
• Bordsteinbreite (i.d.R. 1m) • Straßenbarke (i.d.R. 1m) • Metermaß aufstellen (2m)
• Größe der Fotoansichtsfläche anhand von Bezugspunkten an-passen - Skalieren
Zeichenprogramm (z.B. CAD, GIS)
Material II.4: Hinweise zur Erstellung der Kartierungsgrundlage sowie Bestands- und Konfliktdarstellung
Leitfaden Felssicherung 2017 4
Arbeitsschritte: Ziel/Zweck: Vorgehen: Grundlage:
4
Hinzufügen von Kilometer-angaben (Kilometrierung)
Einordnung des Streckenabschnitts bzw. Planungs-bereichs (Böschungs-/Hanganschnitt) an Straßenki-lometer
• Eintragen von Straßen- und Baukilome-tern
Darstellung der Straßenkilometer (Str.-km) und Baukilometer (Bau-km)
• Auswertung der Str.km anhand von STRADIS Daten • Kilometerangaben in einem sinnvollen Intervall/Abstand
(ca. 50 m)
STRADIS- Daten/ Zeichenprogramm (z.B. CAD)
Erst
elle
n de
r Kar
tieru
ngsr
undl
age
Zusammengesetztes skaliertes Panoramabild mit
Straßenkilometer-/ und Baukilometerangaben
Material II.4: Hinweise zur Erstellung der Kartierungsgrundlage sowie Bestands- und Konfliktdarstellung
Leitfaden Felssicherung 2017 5
Erstellen der Bestands- und Konfliktkarten (Schritt 5-6):
In den Bestandskarten werden die Ergebnisse der floristischen und faunistischen Erfassung
dargestellt. Nutzungstypen nach KV, LRT (nach Anhang I der FFH-Richtlinie) und gesetzl.
geschützte Biotope (§ 30 BNatSchG) werden mit unterschiedlichen Schraffuren und
Beschriftungen kenntlich gemacht. Vorkommen bemerkenswerter, gefährdeter oder geschützter
Pflanzenarten und artenschutzrelevante Strukturen werden ebenso mittels Symbolen vermerkt.
Die Berechnung der realen Flächengröße der Felsböschung erfolgt unter Zuhilfenahme von
Hangneigungsfaktoren (s. Tab. 3 und Abb. 3-4). Bei besonders klüftigen Felspartien kann neben
der Hangneigung auch die Hangrauigkeit (Klüftigkeit) als Korrekturfaktor in die Berechnung der
Felsflächengröße mit einfließen (s. Tab 3).
Tabelle 3: Korrekturfaktoren - Hangneigung
1. Stufe: Hangneigung 90°-75° Ansichtsfläche x Hangneigungsfaktor 1,02
2. Stufe: Hangneigung 75°-60° Ansichtsfläche x Hangneigungsfaktor 1,10
3. Stufe: Hangneigung < 60 Ansichtsfläche x Hangneigungsfaktor 1,30
Optional:
Tabelle 4: Korrekturfaktoren - Hangrauigkeit
A Stufe: Stark rau, zerklüftet Ansichtsfläche x Hangrauigkeitsfaktor 1,8
B Stufe: Mittel rau, zerklüftet Ansichtsfläche x Hangrauigkeitsfaktor 1,4
C Stufe: Glatte Struktur Ansichtsfläche x Hangrauigkeitsfaktor 1,0
Abbildung 3: Schematische Darstellung der Böschungsneigung (Stufe 1-3). Für die Flächenberechnung werden je nach Neigungswinkel die Korrek-turfaktoren nach Tabelle 3 angewendet.
Abbildung 4: Ableitung der Hangneigungsfaktoren (Stufe:1-3) je nach Böschungs- winkel
Material II.4: Hinweise zur Erstellung der Kartierungsgrundlage sowie Bestands- und Konfliktdarstellung
Leitfaden Felssicherung 2017 6
Arbeitsschritt: Ziel/Zweck: Vorgehen Grundlagen: Er
stel
len
der B
esta
ndsk
arte
n
5
Einpflegen der Ergebnisse aus der floristischen und faunistischen Bestandserhebung Bewertungskarte (optional): Bewer-
tung der Biotop- und Nutzungstypen
Differenzierte Darstellung von Tieren und Pflanzen
Verorten von: • Nutzungstypen (KV) • Gesetzlich geschützten Biotopen (§ 30 BNatSchG) • Lebensraumtypen (Anhang I der NATURA 2000-RL) • Artenschutzrelevanten Strukturen und Habitaten z.B. Wildwechseln, Höhlenbäumen, Spalten, Nischen • Pflanzenarten nach BArtSchV+NATURA 2000-RL
Rote Liste Deutschland und Hessen (Optional: Darstellung der Bewertung (Zustandsbewertung a-d))
Gutachten zu Flora und Fauna mit Biotop- und Nutzungstypenkartie-rung Zeichenprogramm (z.B. CAD, GIS)
Optional Bewertungskarte: Hier werden die auf
dem Fels vorhandenen Biotop- und Nutzungs-
typen bewertet (a-d) und unterschiedlich
kenntlich gemacht. Die Bewertungskarte
ermöglicht die eindeutige Feststellung beson-
ders sensibler Bereiche und hilft als Abwä-
gungsgrundlage bei der Maßnahmenauswahl
und -entwicklung bzw. bei der Entscheidungs-
findung von Minimierungs- und Vermeidungs-
maßnahmen. Die Bewertungskarte dient
zudem einer besseren Nachvollziehbarkeit bei
der KV-Bilanzierung.
Material II.4: Hinweise zur Erstellung der Kartierungsgrundlage sowie Bestands- und Konfliktdarstellung
Leitfaden Felssicherung 2017 7
Arbeitsschritt: Ziel/Zweck: Methode: Grundlagen:
6 Flächenermittlung mit Korrekturfaktoren
Anwendung von Korrekturfak-toren zur Bestandserhebung bzw. realen Flächengrö-ßenermittlung
Böschungswinkel: • Berücksichtigung der Hangneigung nach den 3 Stufen (1-3) • Optional: Berücksichtigung der Hangrauigkeit nach den 3 Stufen (A-C)
Ansichtsfläche x Hangneigungsfaktor (x Hangrauigkeit)
7
Übertrag der technischen Maßnahmen (Optional: Zielbiotope)
Darstellung des Eingriffes (Optional: Darstellung Zielbiotope)
Übertrag der technischen Sicherungsmaßnahmen zur Felssicherung aus der geologi-schen Planung. Darstellung von:
• Zäunen • Maschineller Beräumung • Netzen • Betonverspritzung • Händischer Beräumung • Arbeitsraumflächen (erweiterter Eingriffsraum)
(Optional: Darstellung der möglichen Zielbiotope, die sich durch die jeweilige Siche-rungsmaßnahme ergeben)
Technische Planung (Maßnahmen) Biotop- und Nutzungskartierung
8 Ermittlung des Eingriffsumfangs
Gegenüberstellung von Konfliktbereich und Bestand-flächen
Gegenüberstellung des Bestands und der durch die geplanten technischen Maßnahmen verlorengegangenen Biotoptypen zur Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung nach KV.
Technische Planung (Maßnahmen) Biotop- und Nutzungskartierung KV-Tabelle
Material II.4: Hinweise zur Erstellung der Kartierungsgrundlage sowie Bestands- und Konfliktdarstellung
Leitfaden Felssicherung 2017 8
Mögliche Darstellung der Konfliktkarten Er
stel
len
der K
onfli
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rten
6-8
x
Optional: Die unterschiedliche Darstellung hilft zum besseren Verständnis der KV-Tabelle, in der die Zielbiotope je nach Maßnahme unterschiedlich auf- oder abgewertet werden.
Material II.5: Wirkfaktoren
Leitfaden Felssicherung 2017 1
Tabelle 1: Hinweise über vorhabenbezogene Wirkfaktoren bei Maßnahmen der Felssicherung und Beschreibung potenzieller Auswirkungen auf einzelne Naturgüter. Innerhalb der einzel-nen Wirkräume unterscheidet man zwischen Art, Intensität (++ = hoch / + = mittel / – = nicht relevant), räumlicher Reichweite sowie zeitlicher Dauer (▪=ja / ▫=nein)
W i r k f a k t o r e n ( A r t ) B e s c h r e i b u n g Dimension (Reichweite)
Zeitraum (Dauer) Naturgut
anlagebeding
baubedingt
betriebsbedingt
Tiere
Pflanzen
Landschaftsbild
Flächeninanspruchnahme, Flächenversiegelung
• Durch die technischen Sicherungsmaßnahmen und deren Zubehör (u.a. Fundamente, Verankerungen mit Felsankern) werden durch Überbauung/Versiegelung natürliche oder teilweise natürliche Flächen (Felslebensräume) dauerhaft technisch überprägt. Nischen, Spalten, Höhlen können verlorengehen. Durch die bauliche Überprägung entstehen Bereiche, die einer künstlichen Verschattung ausgesetzt werden bzw. bedingt das Ansammeln von organischem Material eine Veränderung der Habitatstrukturen.
ha, km², m², lfdm ▪ ▫ ▫ ++ ++ ++
Eutrophierung, Akkumulation von Nährstoffen
• Veränderung der morphologischen Verhältnisse und charakteristischen Dynamik durch Humifizierung und Ablagerungen von organischem Material und Totholz an den Sicherungsmaßnahmen (vornehmlich Netzen und Zäunen), was zu einer direkten Veränderung der nährstoffarmen Vegetations-/ Biotopstrukturen führen kann. Durch den veränderten Nährstoffeintrag ist mit einem verstärkten Wachstum von Neophyten- und standortfremden Pioniergehölzen zu rechnen.
ha, km², m² ▪ ▫ ▫ – ++ –
Abgrabungen, Lochbohrungen
• Felshänge werden u.a. künstlich abgeflacht und/oder begradigt, wodurch die Biotopfunk-tion verloren geht. Durch die Hangbearbeitungen entstehen gerade bei der maschinellen Beräumung Verluste an Boden und gewachsenen Felsflächen. Durch Lochbohrungen werden natürliche Felsbereiche verändert.
m², lfdm ▪ ▫ ▫ + ++ + +
Barrierewirkung, Verschneidung, Verinselung, Fallenwirkung
• Aufgrund der Sicherungsmaßnahmen kann es bspw. für Großsäuger zu linienhaften Barrierewirkungen kommen. Durch die Vernetzung der Felsflächen kann es ggf. zur Fallenwirkung für einzelne Tierindividuen kommen. In Bezug auf die Flora wird der natürliche Aufwuchs für Bäume durch das Drahtgeflecht erschwert.
ha, km², m², lfdm ▪ ▫ ▫ + – +
Überprägung des Landschaftsbildes
• Natürliche oder annähernd natürliche Bereiche werden durch die Sicherungsmaßnahmen anthropogen überprägt, wodurch sich dauerhafte visuelle Veränderungen einstellen.
ha, km², m², lfdm ▪ ▫ ▫ – – + +
Verschattung • In der Umgebung der technischen Sicherungsmaßnahmen kommt es zu künstlichen
Verschattungen, die eine Änderung der Biotopverhältnisse bewirken können. m², lfdm ▪ ▫ ▫ + ++ –
Material II.5: Wirkfaktoren
Leitfaden Felssicherung 2017 2
W i r k f a k t o r e n B e s c h r e i b u n g Dimension
Wirkfaktoren Naturgut
anlagebeding
baubedingt
betriebsbedingt
Tiere
Pflanzen
Landschaftsbild
Bodenverdichtungen
• Beim Bau der Sicherungsmaßnahmen können in und um die Sicherungsmaßnahmen Trittbelastungen auftreten. Aufgrund von maschinellem Gerät wie Bagger o.ä. ist mit Bo-denverdichtungen gerade in den unteren Bereichen, wie dem Straßenbankett, zu rech-nen. Genauso kann durch Herabfallen von bei der Beräumung losgelösten Fels- und Gesteinsbrocken Bodenverdichtungen in darunterliegenden Bereichen entstehen.
km², m², lfdm ▪ ▪ ▪ – + –
Bodenabtrag, Lochbohrungen
• Im Zuge der maschinellen Beräumung, dem Bohren der Fundamentlöcher sowie der Verankerung der Krallplatten kommt es zu Verlusten von Boden- und Felsmaterial.
km², m², lfdm ▫ ▪ ▫ + + +
Akustische Reize (Lärm) • Beim Bohren von Löchern und Verpressen der Felsanker kommt es zu einer erhöhten
temporären Lärmbelastung, die über die durchschnittliche Lärmbelastung des Straßen-verkehrs hinausgehen.
dB(A) ▫ ▪ ▪ + + – –
Schadstoffemissionen, Eintrag Bohrstäube/-schlämme
• Bohrstaub, der beim Bohren und Verpressen der Felsnägel entsteht, kann sich auf den Felsflächen absetzen und eine Änderung der mineralischen Zusammensetzung des Bodens bewirken. Das Austreten von Bohrschlämmen beim Bohren oder Verpressen ist hier ebenfalls zu erwarten.
m², lfdm ▫ ▪ ▪ – + –
Erschütterungen, Vibrationen
• Beim Bohren und Verpressen kommt es zu temporären Erschütterungen und Vibrationen.
k. A. ▫ ▪ ▪ + + – –
Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen
• Bei Instandhaltungsmaßnahmen der technischen Anlagen kann es zu kurzeitig auftretenden hohen Lärmbelastungen durch den Einsatz von maschinellem Gerät wie Motorsägen o.ä. kommen.
ha, km², m², lfdm ▫ ▫ ▪ – – –
Material II.6: Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung
Leitfaden Felssicherung 2017 1
1 Allgemein
Grundlage für die nachfolgend aufgeführte Bewertung und Bilanzierung bildet die Zusatzbewertung nach Anlage 2 Nr. 1 der KV-Hessen. Zur Würdigung des in Hessen selten vorkommenden Biotoptyps „offene Felsbildungen“ bzw. von „Waldflächen mit dem Zusatzmerkmal Fels“ kann bei entsprechenden Abweichungen in der Arten- und Strukturausstattung (Felsanteil, Mehrschichtigkeit, Totholzvorkommen, besondere Standortverhältnisse, Verbu-
schungsgrad, Alter, etc.) mit der nachfolgend beschriebenen Bewertung eine Auf- und Abwertung des jeweiligen Nutzungstyps erfolgen1.
2 Bewertung (Bestand)
2.1 KV
Die vorgegebenen Kriterien für die Zusatzbewertung nach Tabelle 1 geben Hinweise für Auf-/Abwertungen bei Vorkommen von Nutzungstypen (gemäß Biotoptypenliste M8, Hessen Mobil 2016).
Der definierte Durchschnittstyp der Nutzungstypen nach KV entspricht einer Normalausprägung mit standardisiertem Arteninventar und bildet den Basiswert für die Bestandsbewertung. Neben den drei Wertstufen zur Aufwertung [a-c] - aufgrund besonderer vegetationskundlich-floristischer Ausprägungen sowie typischer Habitatstrukturen - wird mit der Wertstufe [d] die Möglichkeit eingeräumt, eine Abwertung aufgrund stark anthropogener Vorbelastungen vorzunehmen.
1Hier: 2.2.5 Besondere örtliche Situation: „Zu bewerten ist eine, aufgrund der örtlichen Situation von den in der Wertliste unterstellten durchschnittlichen Verhältnissen abweichende, Bedeutung eines Nutzungstyps für den Naturhaushalt, insbesondere für besonders oder streng geschützte Arten, oder das Landschaftsbild. Siehe auch Kap. 3.2 des Leitfadens für die Erstellung landschaftspflegerischer Begleit-pläne zu Straßenbauvorhaben in Hessen (Hessen Mobil 2016).
Material II.6: Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung
Leitfaden Felssicherung 2017 2
Die Wertstufen [a-d] für die Zusatzbewertung nach Tabelle 1 ergeben sich aus einer Abweichung vom definierten Durchschnittstyp. Hieraus können sich Auf-/Abwertungen von -3 WP bis +9 WP begründen.
Tabelle 1: Zusatzbewertung „Fels“ - Vorschlag für die Auf-/Abwertung von Nutzungstypen zur Bestandsbewertung unter der Maßgabe der Anlage 2 KV
Kriterien für die Zusatzbewertung: Wertstufe: Auf-/ Abwertung:
LRT nach Anhang I der FFH-Richtlinie
oder Habitatfunktion mit Nutzungsnachweis von Tierarten nach Material II.3
oder geschütztes Biotop nach § 30 BNatSchG
und
Vorkommen geschützter Pflanzenart(en) von regional hoher Bedeutung oder
Vorkommen gefährdeter Pflanzenart(en) von regional hoher Bedeutung2
[a] +9 WP
LRT nach Anhang I der FFH-Richtlinie oder
Habitatfunktion für Tierarten nach Material II.3 oder
geschütztes Biotop nach § 30 BNatSchG und
Vorkommen geschützter Pflanzenart(en) von regional mittlerer Bedeutung oder
Vorkommen gefährdeter Pflanzenart(en) von regional mittlerer Bedeutung
[b] +6 WP
LRT nach Anhang I der FFH-Richtlinie oder
geschütztes Biotop nach § 30 BNatSchG (ohne Vorkommen geschützter Pflanzenarten von regional mittlerer oder hoher
Bedeutung) oder
Vorkommen geschützter Pflanzenart(en) von regional mittlerer Bedeutung oder
Vorkommen gefährdeter Pflanzenart(en) von regional mittlerer Bedeutung
[c] +3 WP
starke anthropogene Veränderungen (Standortfunktion gestört) [d] -3 WP
2Gefährdete Arten nach Rote Liste Hessen und Rote Liste Deutschland.
Material II.6: Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung
Leitfaden Felssicherung 2017 3
2.2 LRT
Eine Erfassung der LRT-Erhaltungszustände [A;B;C] außerhalb von NATURA 2000-Gebieten ist bei der Bestandsbewertung nicht erforderlich. Innerhalb von NATURA 2000-Gebieten sind die Erhaltungszustände zu erheben.
Tabelle 2: Bestandsbewertung bei Vorkommen von Lebensraumtypen (LRT) - Differenzierung innerhalb/außerhalb von Natura 2000-Gebieten
Bestandsbewertung
NATURA 2000-Gebiete:
innerhalb: Erhaltungszustände: [A] [B] [C]
außerhalb: keine Erhaltungszustände: [ - ]
3 Bewertung (Konflikt)
Zu bewerten sind die Eingriffsfolgen der unterschiedlichen Maßnahmen, der Felssicherung. Durch die unterschiedlichen Eigenschaften der Maßnahmen, wie Verschattung, Akkumulation von Nährstoffen etc., ergeben sich unterschiedliche Beeinträchtigungen von den Bestandsflächen.
3.1 KV
Zur Bewertung des Eingriffes ist grundsätzlich zwischen dem „direkten“ und dem „erweiterten Eingriffsraum“ (Leitfadentext Kap.3.1, Abb.13/14) sowie der durchgeführten Felssicherungsmaßnahme zu unterscheiden.
Für den direkten Eingriffsbereich ergeben sich i.d.R. Änderungen der bestehenden Nutzungstypen. Im erweiterten Eingriffsbereich sind baubedingte Wirkungen durch die Bauarbeiten zu erwarten, die i.d.R. eine Abwertung des bestehenden Nutzungstyps an KV-Wertpunkten bedingen. Die nachfolgende Tabelle (Tab.3) zeigt für jede Felssicherungsmaßnahme mögliche Veränderungen bzw. die zu erwartenden Folgen auf die Nutzungstypen je nach Maßnahme und deren Lage (im direkten oder erweiterten Eingriffsbereich) im Böschungsbereich.
Material II.6: Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung
Leitfaden Felssicherung 2017 4
Tabelle 3: Erläuterung möglicher Veränderungen von Nutzungstypen auf den „direkten“ bzw. den „erweiterten“ Eingriffsraum je nach durchgeführter Maßnahme und deren Lage im Böschungsbereich.
Baubedingte bzw. anlagebedingte Beeinträchtigungen beziehen sich auf den direkten bzw. den erweiterten Eingriffsraum (s. Leitfadentext, Kap.3.1; Abb.13) und bewirken
= eine Änderung des bestehenden Nutzungstyps [erwarteter Zielzustand]
und/oder
= eine Abwertung des bestehenden Nutzungstyps
Maßnahmen: Veränderungen des Eingriffsraum:
direkt: erweitert3:
Zäune/Fangzäune4 (F1):
a) Felsschulter
[09.120 B Ruderalflur5]
b) Abstand zur Felswand
(<2m)
[09.120 B Ruderalflur]
c) Abstand zur Felswand
(>2m)
Verdübelungen/Verplombungen (F2):
Netz (F3): [09.120 B Ruderalflur]
Maschinelle Beräumung (F4):
10.130 (Künstlicher/neuer Gesteinsaufschluss)
oder
10.131 (Sukzession im aufgelassenen Steinbruch)
Aufbringen von Spritzbeton (F5):
[10.510 stark oder völlig versiegelte Flächen]
Steinschlagbarriere als Damm (F6):
3Der Nutzungstyp im erweiterten Eingriffsraum wird durch die Maßnahmen im direkten Eingriffsbereich qualitativ verschlechtert, bleibt aber
in seiner Funktion erhalten. 4Lage des Zaunes unmittelbar vor oder auf der Felswand ist entscheidend für Wirkung auf die Felsflächen. 5Ausgangszustand der Nutzungstypen variiert je nach standörtlicher Situation.
Material II.6: Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung
Leitfaden Felssicherung 2017 5
3.2 Natura 2000 (funktionaler Ausgleich)
Der funktionale Ausgleich ist in der vergleichenden Gegenüberstellung aufzuführen und in entsprechenden Flächenanteilen nach Tabelle 4 auszugleichen.
Tabelle 4: Funktionaler Ausgleich inner-/außerhalb von NATURA 2000-Gebieten
Funktionaler Ausgleich
Lebensraumtypen nach FFH-RL:
innerhalb:
Erhaltungszustand: Ausgleich:
[A] [B] [C]
1:3 1:2 1:1
außerhalb: keine Erfassung - 6
6Funktionaler Ausgleich nicht zwingend erforderlich (s. Leitfadentext Kap.7.2)
Material II.6: Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung
Leitfaden Felssicherung 2017 6
4 Bilanzierung – Übertrag in die KV-Bilanzierungstabelle
Unter Berücksichtigung der oben aufgeführten Tabellen (Tab.1-3) wird eine mögliche Verteilung an KV-Wertpunkten für den Vor-/Nacheingriffszustand in Tabelle 5 zusammengefasst. Die ermittelten Auf-/Abwertungen aus der Bestandserfassung bzw. Konfliktanalyse sind in entsprechende Spalten der KV-Bilanzierungstabelle (Vor-/Nacheingriffszustand) zu übertragen.
Die in der Tabelle (Tab.5) aufgeführten Zusatzfelder [A1] und [A2] sind in die Spalten 4 und 5 der KV-Bilanzierungstabelle im Vor- bzw. Nacheingriffszustand zu übertragen.
Bestand (KV-Tabelle; Seite 1, Spalte 4)
• [A1] = Auf-/Abwertungen bei Abweichung vom definierten Durchschnittstyp (nach Tab. 1)
Konflikt (KV-Tabelle; Seite 2, Spalte 5)
• [A2] = Abwertungen aufgrund Maßnahme sowie Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes
o Durch die Maßnahmen der Felssicherung hervorgerufene Auswirkungen sowie Veränderungen des Landschaftsbildes nach Tabelle 3
Bei Änderungen des bestehenden Nutzungstyps hin zu einem anderen Nutzungstyp ist dieser auf Seite 2 (Nacheingriffszustand) der Bilanzierungstabelle entsprechend mit seiner Flächengröße einzutragen.
Tabelle 5: Zusammenfassung der Bilanzierung (Auf-/Abwertungen) bei Maßnahmen der Felssicherung
Bilanzierung Bewertung Zusatz-felder
Begründung Wertstufe7 Auf-/
Abwertung
Zusatzfelder
für
KV-Tabelle [A1-A2]
Bestand gemäß Tab.1
[A1]
Auf-/Abwertungen bei Abweichung vom definierten Durchschnittstyp (Bestand)
[a] + 9 WP
[b + 6 WP
[c] + 3 WP
[d] - 3 WP
Konflikt gemäß Tab.3
[A2]
Abwertungen aufgrund Maßnahme und/oder Veränderungen im Landschaftsbild (Nacheingriffszustand)
[–] - 3 WP
7Nach Tab. 1 Bewertung mit dem Zusatzmerkmal „Fels“
Material II.6: Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung
Leitfaden Felssicherung 2017 7
Tabelle 6: Bilanzierung von Bestand und Konflikt bei Abweichungen des definierten Durchschnittstyps nach KV (Beispiel)
Konflikt = [A2] Abwertungen aufgrund Maßnahme sowie Veränderungen im Landschaftsbild -> Seite 2 KV-Tabelle Konflikt = [Nutzungstyp nach M8 Biotoptypenliste + Konfliktbewertung (Tab.3)] x [Flächen in (m²)]
Zustand nach Ausgleich: [Nutzungstyp nach M8 Biotoptypenliste]
09.120 Kurzlebige Ruderalflur 23 WP
[A2] Abwertungen aufgrund Maßnahme und/oder Veränderungen im Landschaftsbild - 3WP
Konfliktwert in WP 09.120 Kurzlebige Ruderalflur = 20 WP/m²
Bestand = [A1] Auf-/Abwertungen bei Abweichung vom definierten Durchschnittstyp -> Seite 1 KV-Tabelle Bestand = [Nutzungstyp nach M8 Biotoptypenliste + Bewertung (Tab.1)] x [Flächen in (m²)]
Zustand vor Eingriff: [Nutzungstyp nach M8 Biotoptypenliste]
10.100 Felswände (natürlich) 47 WP
[A1] Auf-/Abwertung vom definierten Durchschnittstyp Wertstufe [b] nach Tab.1 + 6 WP
Bestandswert in WP 10.100 Felswände (natürlich) mit Zusatzmerkmal (hier: bes. Artvorkommen)
= 53 WP/m²
Material II.6: Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung
Leitfaden Felssicherung 2017 8
Tabelle 7: KV-Tabelle bei Maßnahmen der Felssicherung mit entsprechenden Auf-/Abwertungen [A1-A2]) (Bestand)
Material II.6: Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung
Leitfaden Felssicherung 2017 9
Tabelle 8: KV-Tabelle bei Maßnahmen der Felssicherung mit entsprechenden Auf-/Abwertungen [A1-A2] (Konflikt)
Material II.6: Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung
Leitfaden Felssicherung 2017 10
5 Allgemeine Bedeutungseinstufung des Naturgutes Pflanzen und des Landschaftsbilds zur
Bestimmung der Erheblichkeit
Die nachfolgenden Tabellen dienen zur Beurteilung der Erheblichkeit des zu erwartenden Eingriffs im
Zusammenhang mit den Wirkfaktoren.
5.1 Tiere und Pflanzen :
Nachfolgend werden allgemeine Hinweise zur Bedeutungseinstufung des Naturgutes Tiere und Pflanzen bei Maßnahmen der Felssicherung gegeben. Diese erfolgen grundsätzlich durch die Bewertungskriterien:
a) Naturnähe/Natürlichkeit b) Wiederherstellbarkeit/Entwicklungstendenz c) Gefährdung (lokal, regional, überregional) d) Strukturvielfalt bzw. Funktion als faunistischer Lebensraum e) Seltenheit/Vorkommen f) Repräsentativität
Tabelle 9: Allgemeine Bewertungsmaßstäbe für das Naturgut Tiere und Pflanzen
Wertigkeit Bewertungskriterien
sehr hoch
a) große Naturnähe, nahezu natürlich; kaum oder kein menschlicher Einfluss b) sehr lange Entwicklungszeit (>120 Jahre) oder nicht wieder herstellbar c) geschützte bzw. stark gefährdete Biotoptypen d) sehr artenreiche oder strukturreiche Biotoptypen/Pflanzengesellschaften; meist nährstoffarme Standorte
mit sehr hohem Standort- und Habitatpotenzial; sehr hohe Intaktheit; Arten der Roten-Listen 1, 2 und R [extrem selten]; Fortpflanzungs- und Ruhestätte mit Nutzungsnachweis; Überwinterungsquartier
e) Biotoptypen, die sehr selten in der Landschaft anzutreffen bzw. deren Bestände rückläufig sind f) sehr große Repräsentativität und wichtige prägende Funktion für den Natur- oder Landschaftsraum
hoch
a) naturnahe Standorte; menschlicher Einfluss sehr gering; Vegetationsbestand ähnelt potenziell natürlicher Vegetation
b) sehr lange Entwicklungszeit (50-120 Jahre) bzw. nur mit hohem Aufwand wieder herstellbar c) gefährdete und geschützte Biotoptypen d) gute Ausprägung des Arteninventars und der Bestandsstruktur, nährstoffarme und mäßig nährstoffreiche
Standorte mit hohem Standort- und Habitatpotenzial; Arten der Roten-Listen 3; Fortpflanzungs- und Ru-hestätte ohne Nutzungsnachweis
e) Biotoptypen, die selten in der Landschaft anzutreffen bzw. deren Bestände rückläufig sind f) hohe Repräsentativität und prägende Funktion für Naturraum und Landschaftsraum
mittel
a) halbnatürliche Biotoptypen; menschlicher Einfluss; gestörte Biotoptypen b) langfristig wieder herstellbar (25-50 Jahre) c) Biotoptypen, die teilweise durch menschliche Eingriffe gefährdet sind bzw. sich am Rande des Verbrei-
tungsgebietes befinden d) mäßig artenarme oder strukturarme Biotoptypen/Pflanzengesellschaften; Störungseinflüsse erkennbar;
mäßiges Standort- und Habitatpotenzial; Arten der Roten-Listen V e) mittlere Häufigkeit in der Landschaft, zerstreutes Vorkommen; Vorkommen von Wildwechselpfaden f) mittlere Repräsentativität und durchschnittliche Funktion für den Natur- oder Landschaftsraum
gering
a) naturfern; unter starkem menschlichen Einfluss entstanden; standortfremde, nicht gebietsheimische oder junge Gehölzpflanzungen; meist nährstoffreich, meist intensive land- und forstwirtschaftliche Nutzung
b) mittelfristig wieder herstellbar (5-25 Jahre) mit geringem Aufwand c) geringe Gefährdung d) schlechte Ausprägung der Arten- und Strukturausstattung durch erhebliche Störungen, geringes Stand-
ort- und Habitatpotenzial; ältere und strukturreiche, standortfremde/gebietsfremde Gehölze; e) häufig in der Landschaft anzutreffende Biotoptypen f) geringfügig charakteristisch und repräsentativ für den Natur- oder Landschaftsraum
Material II.6: Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung
Leitfaden Felssicherung 2017 11
Wertigkeit Bewertungskriterien
sehr gering
a) naturfremde oder künstliche Standorte, anthropogen geprägt; degradierte Standorttypen der intensiv genutzten Kulturlandschaft
b) sehr einfach und schnell wieder herstellbar (bis 5 Jahre) c) keine Gefährdung durch menschliche Eingriffe absehbar d) artenarme Biotope; starke Störungen beeinträchtigen deutlich das Artengefüge, sehr geringes Standort-
und Habitatpotenzial e) Biotoptypen, die nicht gefährdet sind und deren Anteil in der Landschaft eher zunimmt f) ubiquitäre Biotoptypen, nicht charakteristisch und repräsentativ für den Natur- oder Landschaftsraum
5.2 Landschaftsbild
Nachfolgend werden allgemeine Hinweise zur Bedeutungseinstufung des Landschaftsbildes bei Maßnahmen der Felssicherung gegeben. Diese erfolgt grundsätzlich durch die Bewertungskriterien:
g) Naturnähe/Natürlichkeit h) Wiederherstellbarkeit/Entwicklungstendenz i) Landschaftsgebundene Erholungseignung j) Strukturvielfalt k) Repräsentativität
Tabelle 10: Allgemeine Bewertungsmaßstäbe für das Landschaftsbild
Wertigkeit Bewertungskriterien
sehr hoch
a) Mosaikreichtum, Abwechslung zwischen bewachsenen Böschungen und Felswänden, welche wiederum verschiedene Ausbildungen, abwechselnde Artenvielfalt und Artenzusammensetzung aus Moosen, Flechten und Gefäßpflanzen aufweisen
und
b) das Landschaftsbild der Region prägend bzw. repräsentativ dafür ist
und
c) Erholungseignung durch Fuß- und Fahrradwege mit Sichtachsen
hoch
d) Mosaikreichtum, Abwechslung zwischen bewachsenen Böschungen und Felswänden, welche wiederum verschiedene Ausbildungen, abwechselnde Artenvielfalt und Artenzusammensetzung aus Moosen, Flechten und Gefäßpflanzen aufweisen
oder
e) das Landschaftsbild der Region prägend bzw. repräsentativ dafür ist
und
f) Erholungseignung durch Fuß- und Fahrradwege mit Sichtachsen
mittel
g) Mosaikreichtum, Abwechslung zwischen bewachsenen Böschungen und Felswänden, welche wiederum verschiedene Ausbildungen, abwechselnde Artenvielfalt und Artenzusammensetzung aus Moosen, Flechten und Gefäßpflanzen aufweisen
oder
h) das Landschaftsbild der Region prägend bzw. repräsentativ dafür ist
oder
i) Erholungseignung durch Fuß- und Fahrradwege mit Sichtachsen
gering
j) wenig Abwechslung von Relief und Struktur mit Übergang zur Monotonie oder
k) wenig ausgeprägte Artenvielfalt und Artenzusammensetzung aus Moosen, Flechten und Gefäßpflanzen
sehr gering
l) keine Abwechslung von Relief und Struktur mit Übergang zur Monotonie
oder
m) keine ausgeprägte Artenvielfalt und Artenzusammensetzung aus Moosen, Flechten und Gefäßpflanzen, Vorbelastungen durch technische Überprägung
Material II.6: Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung
Leitfaden Felssicherung 2017 12
6. Sonstige Naturgüter und Naturgutfunktionen
Die Naturgüter Wasser, Boden, Luft und Klima sind bei Maßnahmen der Felssicherung i.d.R. nicht
planungsrelevant und müssen daher bei Felssicherungsmaßnahmen i.d.R. nicht in die Bestandserfassung und
Konfliktanalyse einbezogen werden. Ggf. können bestehende Wertigkeiten dieser Naturgüter über die Bewertung
des Naturgutes Tiere und Pflanzen mit abgedeckt werden.
Material II.7: Hinweise zur Vermeidung und Minimierung von Beeinträchtigungen
Leitfaden Felssicherung 2017 1
sTabelle 1: Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen bei Maßnahmen der Felssicherung
Maßnahmen zur Vermeidung (inkl. Minimierung) von Beeinträchtigungen ▲ = Wirksamkeit hoch O = Wirksamkeit mittel ― = ohne Auswirkungen
Naturgut
Biotopfunktion Lan
dsch
afts-
bild
Tiere
Pflan
zen
Wahl angepasster Sicherungsmaßnahmen; Vereinheitlichen der Maßnahmenabfolge •••• Vermeiden der Installation von technischen Anlagen •••• Dimensionierung der Maßnahmen auf ein Mindestmaß •••• Linienführung anpassen •••• Verzicht auf kurze Abfolgen bzw. Planungen unterschiedlicher Maßnahmenarten (nur für das Landschaftsbild relevant)
▲ ▲ ▲
Aussparung sensibler/wertvoller Felsbereiche •••• Aussparung von Felspartien - Verzicht von Eingriffen in wertvolle Biotope bzw. in faunistisch wertvolle Funktionsräume (u.a. Spalten, Nischen
und Höhlen) •••• Versatz/Offenlassen von Zäunen für Wildwechselpfade - Zerschneidungseffekte minimieren • Ausweisung von Tabuflächen während der Bauausführung
• Auslegen von Steinschlagschutzmatten bei maschineller Beräumung
▲ ▲ O
Vergrämung/Baufeldräumung •••• Abdecken der Felsflächen mit Folie (z.B. Silofolie) •••• Errichten von Reptilienzäunen o.ä. zur Lenkung von Tierindividuen • Verschließen von Stollen, Höhlen, Nischen und Spalten zum Verhindern einer Neubesiedlung während bzw. vor der Bauzeit •••• Baufeldräumung - sollte von einer Seite her beginnen und in Richtung sicherer Bereiche erfolgen
▲ ― ―
Staubschutzmaßnahmen •••• Verwendung von Schutzmanschetten zum Absaugen von Bohrstaub oder Auslegung von Folien zum Schutz vor Bohrstaub •••• Abschließende Reinigung der Felspartien mit Druckluft (Bohrstaub auf Felsflächen darf nicht nass werden)
O ▲ O
Anpassung der Materialien •••• Verwenden von mattierten Materialien ggf. Überstreichen/Ansprühen zur Minderung von Landschaftsbildbeeinträchtigungen •••• Verwenden von Korrosionsschutz um Auswaschungen wie Zink o.ä. zu vermeiden
O ▲ ▲
Konfliktvermeidende Bauzeitenregelung(en) •••• Anpassen von Bauzeiten
ο Einhaltung von Tabuzeiten bei besonderem Vorkommen von artenschutzrechtlich geschützten Arten ο Beachten von Fortpflanzungs-, Mauser- und Brutzeiten zur Vermeidung von Störungen oder Tötungen (z.B. bei Wanderfalke)
▲ ― ―
Material II.7: Hinweise zur Vermeidung und Minimierung von Beeinträchtigungen
Leitfaden Felssicherung 2017 2
Tabelle 2: Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen bzw. CEF-Maßnahmen1 zur Minderung von Beeinträchtigungen
Pflanzen:
• Freistellung/Auflichtung von Felsflächen ο Entfernen von standortfremden Arten wie bspw. Brombeere ο Einzelbaumentnahme auf den Felsflächen ο Einzelbaumentnahme im nahen Umfeld der Felsflächen
Tiere:
Säugetiere (Fledermäuse): • Aufhängen/Anbringen von Fledermausnistkästen • Bohren von Löchern, die zur Überwinterung oder als Tagesquartier geeignet sind
ο leicht nach oben weisende Bohrlöcher (Gefälle 3 % nach außen, Mindestbreite 10 cm, Mindesttiefe rund 1,5 m (frostfrei) in den Hang hineinreichend)
• Vergitterung eines Stollens oder einer Felshöhle zur Störungsminderung und damit Aufwer-tung der Lebensstätte für die Überwinterungsgesellschaft von Fledermäusen
Reptilien/Schlangen: • Anlage bzw. Wiederherstellung sonnenexponierter Habitatstrukturen (Lebensstätten) unmit-
telbar im Bereich des Vorhaben ο Vergrößerung des Habitates z.B. durch Auflichtung von Besonnungsbereichen, die
barrierefrei und selbständig erreicht werden können; Umsetzung der Maßnahmen min. 1 Jahr vor Eingriff; es ist ausreichend Fläche zu schaffen - für Eidechsen sind pro adultem Tier 50-80 m² an Flächen zu schaffen; max. Entfernung zum Eingriffsort rund 500 m)
ο Aufschichtung von Stein- und Gehölzhaufen zur Schaffung neuer Versteckplätze (Stein-riegel). Neuanlage von sog. Sandlinsen auf der Südseite der Steinriegel, die zur Eiabla-ge genutzt werden können
ο Anlegen von Trockenmauern (1 m-2,5 m hoch, mit hohl aufliegenden Steinplatten) ο Neuanlage von „Löchern“ zur Überwinterung (leicht nach oben weisende Bohrlöcher,
Gefälle 3% nach außen, Mindestbreite 10 cm, Mindesttiefe rund 1,5 m (frostfrei) in den Hang hineinreichend)
• Umsiedlung ο das Absammeln der Tiere ist nur zu veranlassen, wenn keine ausreichende Ersatzquar-
tiere im Vorfeld geschaffen werden können (ggf. Zwischenhälterung) ο Herstellung von Ersatzhabitaten: Steinriegel oder Lesesteinhaufen mit Hohlräumen zwi-
schen 0,4 cm und 2,5 cm, Reisighaufen, Trockengebüsche und Hecken oder auch Baumstubben und Totholz, Entbuschungsmaßnahmen an umgebenden/anschließenden Felsbereichen
1CEF-Maßnahmen sind zeitlich so durchzuführen, dass diese vor dem vorgesehenen Eingriff oder der Durchführung des Vorhabens wirksam sind (≥1 Jahr). Diese sind in der Ausschreibung ggf. mit zu berücksichti-gen.
Abbildung 1: Anlage von Stein- und Gehölzhaufen als Ausgleichsquartier (Ersatzhabitat) für Mauereidechsen (Podarcis muralis) während einer Maßnahme zur Felssicherung (hier CEF-
Maßnahme)
Material II.7: Hinweise zur Vermeidung und Minimierung von Beeinträchtigungen
Leitfaden Felssicherung 2017 3
Landschafts-bild:
• Reaktivierung, Neuschaffung oder Ergänzung von Sichtbeziehungen ο Entwicklung von naturnahen Bereichen bzw. Vegetationsstrukturen
• Mattierung der technischen Einrichtungen (Netze, Zäune, Anker etc.)
Material III.8: Hinweise zum Entwickeln von repräsentativen Zielbiotopen
Leitfaden Felssicherung 2017 1
1Zur allg. Vorgehensweise ist auf die Materialien M8, M13, M14 des LBP-Leitfadens (Hessen Mobil 2016) zu verweisen. 2Aufwertung von in ihrer Funktion gestörten Nutzungstypen mit dem Zusatzmerkmal „Felsen“.
Hinweise zum Entwickeln von repräsentativen Zielbiotopen zum Ausgleich und Ersatz (hier: Felslebensräumen)1
Zielbiotop(e)2:
KV:
Nutzungstypen mit
dem Zusatzmerkmal
Fels (Aufwertung/
Neuschaffung)
FFH-RL:
LRT
8220; 8230; 8150
Neuschaffung /
Aufwertung nach
Erhaltungszustand
[C]; [B]; [A]
§ 30 BNatSchG:
Offene
Felsbildungen
Ausgangs-
biotop(e):
Nutzungstypen mit
dem Zusatzmerkmal
Fels
Maßnahmenziel: Wiederherstellung von Felslebensräumen (funktional/KV)
• Ausgleich für beeinträchtigte/verlorengehende Funktionen an Felslebensräumen durch Aufwertung oder Neuschaffung gleichartiger Funktionen
• Ersatz nicht ausgleichbarer Biotope/Lebensräume durch Schaffung ähnlicher, gleichwertiger Biotope/Lebensräume
Maßnahmenkonzept: → Auflichten von Felsstandorten zur Entwicklung felstypischer Vegetation
I.d.R. kommt eine Wiederherstellung eines in der Funktion gestörten bzw. degenerierten Waldnutzungstyps mit dem Zusatzmerkmal „Fels“ in Betracht (Aufwertungsbe-dürftigkeit gegeben). Bei großflächigeren Felsvorkommen können diese auch Ausgangs- sowie Zielbiotope darstellen. Eine Anrechenbarkeit der Zielbiotope nach KV (Anlage 2 und 3) ist über die Ermittlung des Aufwertungspotentials zu erreichen - bei Darlegung einer entsprechenden Entwicklungspflege ist eine Anrechenbarkeit nach KV zulässig (s. Kap.5.2 LBP-Leitfaden). Maßnahmen zum Artenschutz [vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahme/FCS Maßnahmen)] sind in das Konzept zu integrieren (multifunktionale Kompensation) und nach KV anrechenbar.
Auswahl und Darstellung von Maßnahmenflächen: I.d.R. kommen süd-/südostexponierte bis südwestexponierte Waldbestände mit dem Zusatzmerkmal „Fels“ für eine Aufwertung in Betracht. Zu bevorzugen sind stand-ortfremde Waldbestände mit Felsen, bei denen maßnahmenbedingt keine Verschlechterung in der KV-Bilanz eintritt. Folgende Datengrundlagen sind auszuwerten: FFH-Grunddatenerfassung (GDE); NSG-Schutzwürdigkeitsgutachten inkl. Pflegepläne; Datenbank „Hessische Biotopkartierung“ (HB); bzw. folgende Verwaltungen sind zu befragen: Revierförster (Hessen Forst); Naturschutzbehörde (UNB/ONB), ehrenamtlicher Naturschutzbeirat bzw. -verbände. Im Vorfeld der Biotop- und Nutzungskartierung ist bei der Vorauswahl der Flächen das jeweilige Entwicklungspotenzial der Maßnahmenflächen zu beurteilen. Vorkom-men geschützter Pflanzenarten mit besonderen Standortansprüchen an Schatten und Feuchtigkeit (bspw. Prächtiger Dünnfarn) können z.B. die Eignung zur Kompensa-tion mindern. Weiterhin sind die Flächenverfügbarkeit sowie die Wirtschaftlichkeit der geplanten Maßnahmen (u.a. Zugänglichkeit, Einsatz von Forstmaschinen) abzu-prüfen. Die Vorabstimmungen sind in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Naturschutz- und Forstbehörden durchzuführen (Ortstermin). Der zuständigen Natur-schutzbehörde ist in einem Zwischenschritt um ein Konzept der Maßnahmenumsetzung bzw. Zielerreichung nach HVA- FStB zu erläutern -> Schaffung von besonderen Standortbedingungen zur Zielerreichung. Die ausgewählten und vorabgestimmten Maßnahmenflächen sind anschließend mittels GPS (Felsflächen + Pufferflächen) einzumessen. Darstellung der Kompensationsflächen anhand von Bestands- und Maßnahmenkarten.
Durchführung der Maßnahmen:
• Habitatbaumkartierung mit Markierung von Höhlenbäumen
• Biotop- und Nutzungstypenkartierung
• Auflichten durch Entnahme von Einzelbäumen - Freistellung von Felsflächen von verschattenden, nicht standortgerechten Bäumen (Radius um die Felsen: ≥ 20 m)
• Schlagabraum und Totholz ist um und auf den Felsflächen komplett zu entfernen (Radius um die Felsen: ≥ 7 m). Die entnommenen Gehölze dürfen nicht auf den Felsflächen liegen bleiben, um künstlich hervorgerufene Nährstoffeinträge zu vermeiden. Eine Verbringung in angrenzende Flächen ist i.d.R. in Abstimmung mit Na-turschutz und Forst möglich.
Entwicklungspflege u.a.:
• Funktionskontrollen in Verbindung mit dauerhafter Verhinderung von Aufwuchs störender Gehölze (z.B. Brombeeren, Nadelholz), Pflegedurchgang i.d.R. 1x jährlich durch Forstbehörde
• Ein Monitoring der Maßnahmenflächen ist im Einzelfall gemäß der Auflagen aus den Genehmigungsunterlagen durchzuführen.
Material III.8: Hinweise zum Entwickeln von repräsentativen Zielbiotopen
Leitfaden Felssicherung 2017 2
Hinweise zur Bilanzierung: Durch das Freistellen von Felsflächen sollen standorttypische felsbesiedelnde Arten begünstigt werden. Häufig handelt es sich hierbei um forstliche Grenzertrags-standorte (WARB-Flächen), auf denen vorhandene Felsen durch Aufgabe historischer Waldnutzungsformen (z.B. Köhlerei, Waldweide) zunehmend verschatten und die ursprünglich vorhandene typische Felsvegetation immer mehr zurückgedrängt wird. I.d.R. wird als Entwicklungsziel ein nährstoffarmer lichter Laubwald mit Felsen mit typischer Vegetation angestrebt. Die Werteinstufung der Ziel- bzw. Ausgangsbiotope erfolgt auf Grundlage der Materialien M8 – Biotoptypenliste (Hessen Mobil 2016). Abweichungen in der Arten- und Strukturausstattung (Mehrschichtigkeit, Tot-holzanteil, Standortverhältnisse, Verbuschungsgrad etc.) sowie das Alter des Bestands sind hier maßgeblich und mittels Auf-/Abwertungen in der Bilanzierung nach KV zu berücksichtigen (s. Material II.6 Hinweise zur Bewertung und Bilanzierung).
Bilanzierung nach KV und funktionaler Ausgleich: Nach KV ist die Gesamtfläche3 [Felsflächen+Felspuffer4] zu bilanzieren. Für den funktionalen Ausgleich sind nur die Felsflächen selbst zu bilanzieren. Die Felsflächen sind immer in ihrer tatsächlichen Ausdehnung (Vertikal- und Horizintalprojektion) zu erfassen. Die Plandarstellung erfolgt nur in der Horizontalprojektion. Die obere Tabelle zeigt die Aufwertung der freigestellten Gesamtfläche nach KV. Die untere Tabelle zeigt die Aufwertung/Neuschaffung der reinen Felsflächen für den funktionalen Ausgleich.
Beispiel hier: Zielkonzept - Freistellen von Felsflächen mit standortfremden Gehölzen zur Entwicklung felstypischer Vegetation
(Beispiel) Bewertung nach KV: Kompensationsfläche [Felsfläche(n)+Felspuffer] = [Ausgangsbiotop(e) – Zielbiotop(e)]
Ausgangszustand: 01.122 (B) Eichenmischwälder (forstlich überformt) mit Felsflächen verschattet 41 WP
Maßnahme: Auflichten von Felsflächen (Maßnahmenkonzept) Abweichung vom definierten Durchschnittstyp [Zusatzmerkmal (+/- WP)]
+ 8 WP
Zielzustand: 01.122 (B) Eichenmischwälder (forstlich überformt) mit Felsflächen freiliegend/freigestellt
49 WP
Ergebnis: Durch das Auflichten der Waldflächen bzw. das Freistellen der Felsflächen kann eine Aufwertung von 8 WP pro m² erreicht werden
(Beispiel) Funktionaler Ausgleich: Felsfläche(n) [Aufwertung und/oder Neuschaffung] in m² in m2
Ausgangszustand: Kein LRT 100
Maßnahme: Auflichten von Felsflächen (Maßnahmenkonzept) 100
Zielzustand: LRT 8220 Erhaltungszustand C 100
Ergebnis: Durch das Auflichten der Felsflächen kann eine Neuschaffung von 100 m² nicht LRT zu LRT 8220 [C] erreicht werden
Aufwertung/Neuschaffung je nach Erhaltungszustand: Neuschaffung: 10.110 Felswände (natürlich) zu LRT 8220 [C]
1:1
Aufwertung: LRT 8220 [C] zu LRT 8220 [B] LRT 8220 [B] zu LRT 8220 [A]
5,6
3Gesamtfläche: Fläche der Maßnahmenumsetzung (Kompensationsfläche) bestehend aus freizustellenden Felsflächen sowie einem Flächenpuffer um die Felsflächen herum, um eine ausreichende Belichtung der Felsflächen sicherzustellen. 4Felspuffer: i.d.R. 20 m bzw. eine Baumlänge um die Felsflächen herum. 5Aufwertung von Erhaltungszustand (C) nach (B) für LRT 8220 anrechnungsfähig, nicht jedoch als Kompensation im Sinne der KV, daher nur in Ausnahmefällen anzuwenden. 6Der Aufwertungsquotient ist im Einzelfall mit der zuständigen Naturschutzbehörde abzustimmen.
Material III.9: Mustergliederung LBP mit integrierter UVS
Leitfaden Felssicherung 2017 1
Mustergliederung (kommentiert) Leitfaden/ Material
1 Einleitung
• Anlass • Rechtliche und fachliche Grundlagen • Projektbeschreibung
2 LBP - Planungsraumanalyse
2.1 Kurzbeschreibung des Untersuchungsraumes
• Lage im Raum • Naturräumliche Gliederung • Schutzgebiete und -objekte
2.2 Abgrenzen von Bezugsräumen und Ermitteln der planungsrelevanten und nicht planungsrelevanten Funktionen und Strukturen
Dieser vorbereitende Arbeitsschritt bildet die Grundlage der Bestandserfassung. Sie dient der projektspezifischen Ermittlung der planungsrelevanten und sonstigen Funkti-onen und Strukturen des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes sowie der hiermit einhergehenden Abgrenzung von funktional homogenen Bezugsräumen.
Je Bezugsraum (bei Felssicherungsmaßnahmen ist dies i.d.R. nur einer) werden zu-nächst die planungsrelevanten Funktionen und Strukturen als Ergebnis der Planungs-raumanalyse abgeleitet und dann im 2. Schritt (Kap. LBP - Bestandserfassung und -bewertung) zur Dokumentation der Bestandserfassung und -bewertung differenziert beschrieben. Die Inhalte bauen somit aufeinander auf.
Kap.3.1/
31 Integrierte Umweltverträglichkeitsstudie
3.1 UVS - Bestandsanalyse
Beschreibung und Bewertung der Schutzgüter und deren Wechselwirkungen im Einwir-kungsbereich des Vorhabens
• Schutzgut Menschen • Schutzgut Kultur- und sonstige Sachgüter • Übrige Schutzgüter (Zusammenfassende Darstellung mit Bezugnahme auf die
Planungsraumanalyse) • Wechselwirkungen
3.2 UVS - Auswirkungsprognose, Variantenvergleich
• Anderweitige Lösungsmöglichkeiten einschl. Nullvariante • Variantenbetrachtung • Vermeidungsmaßnahmen und Möglichkeiten der Kompensation (knappe
Zusammenfassung unter Verweis auf das nachfolgende Kap. 5) • Abschließende Betrachtung der verbleibenden erheblichen Umweltauswirkun-
gen unter Einbeziehung der im LBP abgehandelten Naturgüter • Vorzugsvariante • Hinweise auf Schwierigkeiten
4 LBP - Bestandserfassung und -bewertung
Darstellung der relevanten Daten- und Informationsgrundlagen und der Erfassungsme-thoden und -zeiten eigener Kartierungen.
Kap.4/ II.3
1Bei nicht UVP-pflichtigen Vorhaben entfällt das Kap. 3. Die Nummerierung der nachfolgenden Kapitel ist entsprechend anzupassen.
Material III.9: Mustergliederung LBP mit integrierter UVS
Leitfaden Felssicherung 2017 2
Mustergliederung (kommentiert) Leitfaden/ Material
4.1 Methodik der Bestandserfassung
4.2
Zusammenfassende Darstellung der planungsrelevanten Funktionen / Strukturen
Diese erfolgt über einen Steckbrief je Bezugsraum. Hierin werden alle Funktio-nen/Naturgüter kurz beschrieben und darauf aufbauend die Auswahl der planungsrele-vanten und die Ausscheidung der nicht weiter betrachteten Funktionen begründet.
4.3
Beschreibung und Bewertung der planungsrelevanten Funktionen / Strukturen
i.d.R. sind dies:
• Pflanzen und biologische Vielfalt (Biotopfunktion) • Tiere (Habitatfunktion) • Landschaftsbildfunktion
Auswahl abhängig von den ausgewählten planungsrelevanten Strukturen und Funktio-nen.
/II.6
4.4
Zusammenfassung der Bestandserfassung
Überblick über den Landschaftsraum; zusammenfassende Darstellung des/der Be-zugsräume mit ihren jeweiligen planungsrelevanten Funktionen im Einwirkungsbereich des Vorhabens; Darlegung der wesentlichen Auswahlgründe und der spezifischen Charakteristika; Überblick über die Schutzgebiete und Schutzobjekte.
4.5 Artenschutz u. NATURA 2000-Gebietsschutz
Ergebnisse der europarechtlichen Untersuchungen
5 Dokumentation zur Vermeidung und Verminderung von Beeinträchtigungen
5.1 Bautechnische Vermeidungsmaßnahmen /II.7
5.2 Vermeidungsmaßnahmen bei der Durchführung der Baumaßnahme
6 Konfliktanalyse / Eingriffsermittlung
6.1 Projektbezogene Wirkfaktoren /II.5
6.2 Methodik der Konfliktanalyse
6.3 Darlegung der Beeinträchtigungen
7 Maßnahmenplanung
7.1
Ableiten des Kompensationskonzeptes
• Maßnahmen nach europarechtlichen Vorgaben (Artenschutz / NATURA 2000) • Maßnahmen zum funktionalen Ausgleich gesetzlich geschützter Biotope • Maßnahmen gemäß Eingriffsregelung und Hessischer Kompensationsverord-
nung unter besonderer Beachtung der betroffenen Strukturen und Funktionen sowie der Schutzgegenstände des USchadG
7.2 Maßnahmenübersicht
8
Gesamtbeurteilung des Eingriffs
• Ergebnisse der Gegenüberstellung von Eingriff und Kompensation und der KV-Berechnung
• Dokumentation der Einhaltung weiterer naturschutzfachlicher Planungsanfor-derungen aus Artenschutz, NATURA 2000-Gebietsschutz, USchadG und Forstrecht
Material III.9: Mustergliederung LBP mit integrierter UVS
Leitfaden Felssicherung 2017 3
Mustergliederung (kommentiert) Leitfaden/ Material
• Abschließende Beurteilung zur Kompensation von Naturhaushalt und Land-schaftsbild
9 Literatur- und Quellenverzeichnis
Anlagen
I Maßnahmenverzeichnis (Unterlage 9 der RE-Unterlagen)
II Vergleichende Gegenüberstellung (Unterlage 9 der RE-Unterlagen)
III Berechnung nach Hessischer Kompensationsverordnung
IV Artenschutzbeitrag
V FFH-Verträglichkeitsprüfung
VI Waldflächenbilanz
VII Befreiungsvoraussetzungen für Schutzgebiete
VIII Kostenschätzung2
2Erfolgt nach Bedarf