lfb-info 3/2013

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Die Anforderung einer politisch und wirt- schaftlich enger zusammenrückenden Welt, in großen Maßstäben denken und handeln zu müssen, zeigt sich immer wieder. Dabei aber regionale Anforderungen und Bedingtheiten nicht aus dem Blick zu verlieren, ist Aufgabe der Interessenvertreter vor Ort. Der thematisch und inhaltlich konstruktive Austausch, der vor kurzem bei der Podiums- diskussion zwischen Fraktionsführern der Parteien im Brandenburgischen Landtag und Vertretern der Freien Berufsgruppen geführt wurde, zeigt deutlich, wie wichtig die gemein- same politische Arbeit der Freien Berufe ge- rade auch auf Landesebene ist. Hier wurden Entwicklungen thematisiert, die z.B. durch den Bologna-Prozess einer europäischen Ver- gleichbarkeit der Ausbildungsabschlüsse ein- geleitet wurden und auf europäischer Ebene sicherlich zu befürworten sind. Allerdings füh- ren diese in Deutschland zu Komplikationen, die sich hier wiederum nur von Bundesland zu Bundesland lösen lassen. Und von dort zum Bund für eine bundeseinheitliche Regelung. Die vielfältigen politischen und ökonomi- schen Prozesse machen deutlich, dass der Einsatz für die Interessen der Freien Berufe in Brüssel mit seinen vielfältigen Deregulierungs- tendenzen beginnt und bei den Landesparla- menten sicherlich nicht aufhört. So war auf der letztjährigen Podiumsdiskussion der Einsatz des LFB gegen die Einführung einer gesetz- lichen Regelung gescheitert, die es den Kom- munen und Städten erlaubt, eine Tourismus- abgabe auch für Freiberufler einzuführen. Die Stadt Potsdam ringt seit längerem um die Refi- nanzierung des freien Parkzutritts und möchte dafür die von der Landesregierung geschaffe- ne Möglichkeit nutzen und über eine Touris- musabgabe auch die Selbständigen der Stadt belasten. Der LFB hat in einer Stellungnahme gegenüber der Stadtverordnetenversammlung gegen dieses Vorhaben Stellung bezogen. Der Beschluss wurde vertagt und es sollen weitere Gespräche geführt werden. Die eleganteste Lösung für das gesamte Land Brandenburg wäre allerdings, wenn der Landtag sich dieser Entscheidung nochmals annähme und diese wieder revidierte. Thomas Baumgart Informationen 3/2013 Landesverband der Freien Berufe Land Brandenburg e. V. „Anerkennung der Freiberufler in der Gesellschaft und Politik in Brandenburg“ war in diesem Jahr das Thema der Podi- umsdiskussion am 7. August 2013. Der Präsident des LFB, Thomas Schwierzy hatte zu dieser bereits etablierten Veran- staltung wieder Spitzenpolitiker der im Landesparlament vertretenen Fraktionen eingeladen, um gemeinsam mit Vertretern der 22 Mitgliedsverbände des LFB die ak- tuelle Situation der Freien Berufe im Land Brandenburg zu erörtern. Von den fünf Landtagsparteien waren die Fraktionsvor- sitzenden Ralf Holzschuher, SPD Christian Göhrke, Die Linke Dieter Dombrowski, CDU Axel Vogel, Bündnis 90/Die Grünen und die parlamentarische Geschäftsführerin Marion Vogdt, FDP der Einladung zum Gespräch gefolgt. Die Veranstaltung moderierte in diesem Jahr der Journalist und Chefredakteur beim Axel-Springer-Verlag Gunnar Schupelius. Der Präsident des LFB Thomas Schwierzy begrüßte die Anwesenden und Umriss in seiner Rede kurz wichtige Themen der Freiberufler, wie den Erhalt und die regelmäßige Anpassung der Ge- bührenordnung, den demographischen Wandel, den Bedarf von qualifizierten Mit- arbeitern und das Problem der flächende- ckenden Versorgung der Bevölkerung mit Dienstleistungen der Freien Berufe. Herr Schupelius bat die Podiumsmitglieder um ein kurzes Statement zu wichtigen lan- despolitischen Themen und ihre jeweilige Position zu den Freien Berufsgruppen. Im weiteren Verlauf der Diskussion kamen un- ter anderem folgende Themen, Fragestel- lungen und Probleme zur Diskussion: Ralf Holzschuher (SPD) wies auf die Wichtigkeit der Bildung und Berufsausbil- dung als zentrale bundes- und landespo- litische Aufgabe hin und dass dafür über Steuererhöhung mehr Geld bereitgestellt und der sich abzeichnende Mangel an Fachkräften über Arbeitskräfte aus dem Ausland abgefedert werden sollte. Hier konterte Dieter Dombrowski (CDU) und bemerkte, dass die desaströse Bildungs- politik in Brandenburg gerade von der SPD zu verantworten wäre, da diese in den letz- ten 20 Jahren den Bildungsminister stellte. Zum Thema „Honorarordnungen“, merkte Dombrowski an, dass diese oft nicht fle- xibel auf die Realität eingehen könnten und ständige Unterschreitungen zu beob- achten wären. Christian Görke (Die Linke) berichtete von seinen drei Tagespraktika in Podiumsdiskussion mit der Politik Diskussion um die Frage: „Wie anerkannt sind Freiberufler?“ LFB-Präsident Thomas Schwierzy (li.) eröffnet die Diskussion mit einem Statement

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Mitteilungsblatt des Landesverbandes der Freien Berufe Land Brandenburg

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Page 1: LFB-Info 3/2013

Die Anforderung einer politisch und wirt-schaftlich enger zusammenrückenden Welt, in großen Maßstäben denken und handeln zu müssen, zeigt sich immer wieder. Dabei aber regionale Anforderungen und Bedingtheiten nicht aus dem Blick zu verlieren, ist Aufgabe der Interessenvertreter vor Ort.

Der thematisch und inhaltlich konstruktive Austausch, der vor kurzem bei der Podiums-diskussion zwischen Fraktionsführern der Parteien im Brandenburgischen Landtag und Vertretern der Freien Berufsgruppen geführt wurde, zeigt deutlich, wie wichtig die gemein-same politische Arbeit der Freien Berufe ge-rade auch auf Landesebene ist. Hier wurden Entwicklungen thematisiert, die z.B. durch den Bologna-Prozess einer europäischen Ver-gleichbarkeit der Ausbildungsabschlüsse ein-geleitet wurden und auf europäischer Ebene sicherlich zu befürworten sind. Allerdings füh-ren diese in Deutschland zu Komplikationen, die sich hier wiederum nur von Bundesland zu Bundesland lösen lassen. Und von dort zum Bund für eine bundeseinheitliche Regelung.

Die vielfältigen politischen und ökonomi-schen Prozesse machen deutlich, dass der Einsatz für die Interessen der Freien Berufe in Brüssel mit seinen vielfältigen Deregulierungs-tendenzen beginnt und bei den Landesparla-menten sicherlich nicht aufhört. So war auf der letztjährigen Podiumsdiskussion der Einsatz des LFB gegen die Einführung einer gesetz-lichen Regelung gescheitert, die es den Kom-munen und Städten erlaubt, eine Tourismus-abgabe auch für Freiberufler einzuführen. Die Stadt Potsdam ringt seit längerem um die Refi-nanzierung des freien Parkzutritts und möchte dafür die von der Landesregierung geschaffe-ne Möglichkeit nutzen und über eine Touris-musabgabe auch die Selbständigen der Stadt belasten. Der LFB hat in einer Stellungnahme gegenüber der Stadtverordnetenversammlung gegen dieses Vorhaben Stellung bezogen. Der Beschluss wurde vertagt und es sollen weitere Gespräche geführt werden. Die eleganteste Lösung für das gesamte Land Brandenburg

wäre allerdings, wenn der Landtag sich dieser Entscheidung nochmals annähme und diese wieder revidierte.

Thomas Baumgart

Informationen3/2013

Landesverband der Freien Berufe Land Brandenburg e. V.

„Anerkennung der Freiberufler in der Gesellschaft und Politik in Brandenburg“ war in diesem Jahr das Thema der Podi-umsdiskussion am 7. August 2013. Der Präsident des LFB, Thomas Schwierzy hatte zu dieser bereits etablierten Veran-staltung wieder Spitzenpolitiker der im Landesparlament vertretenen Fraktionen eingeladen, um gemeinsam mit Vertretern der 22 Mitgliedsverbände des LFB die ak-tuelle Situation der Freien Berufe im Land Brandenburg zu erörtern. Von den fünf Landtagsparteien waren die Fraktionsvor-sitzenden

• Ralf Holzschuher, SPD• Christian Göhrke, Die Linke• Dieter Dombrowski, CDU• Axel Vogel, Bündnis 90/Die Grünen

und die parlamentarische Geschäftsführerin• Marion Vogdt, FDP

der Einladung zum Gespräch gefolgt. Die Veranstaltung moderierte in diesem Jahr der Journalist und Chefredakteur beim Axel-Springer-Verlag Gunnar Schupelius.

Der Präsident des LFB Thomas Schwierzy begrüßte die Anwesenden und Umriss in seiner Rede kurz wichtige Themen der Freiberufler, wie den Erhalt und die regelmäßige Anpassung der Ge-bührenordnung, den demographischen

Wandel, den Bedarf von qualifizierten Mit-arbeitern und das Problem der flächende-ckenden Versorgung der Bevölkerung mit Dienstleistungen der Freien Berufe. Herr Schupelius bat die Podiumsmitglieder um ein kurzes Statement zu wichtigen lan-despolitischen Themen und ihre jeweilige Position zu den Freien Berufsgruppen. Im weiteren Verlauf der Diskussion kamen un-ter anderem folgende Themen, Fragestel-lungen und Probleme zur Diskussion:

Ralf Holzschuher (SPD) wies auf die Wichtigkeit der Bildung und Berufsausbil-dung als zentrale bundes- und landespo-litische Aufgabe hin und dass dafür über Steuererhöhung mehr Geld bereitgestellt und der sich abzeichnende Mangel an Fachkräften über Arbeitskräfte aus dem Ausland abgefedert werden sollte. Hier konterte Dieter Dombrowski (CDU) und bemerkte, dass die desaströse Bildungs-politik in Brandenburg gerade von der SPD zu verantworten wäre, da diese in den letz-ten 20 Jahren den Bildungsminister stellte. Zum Thema „Honorarordnungen“, merkte Dombrowski an, dass diese oft nicht fle-xibel auf die Realität eingehen könnten und ständige Unterschreitungen zu beob-achten wären. Christian Görke (Die Linke) berichtete von seinen drei Tagespraktika in

Podiumsdiskussion mit der PolitikDiskussion um die Frage: „Wie anerkannt sind Freiberufler?“

LFB-Präsident Thomas Schwierzy (li.) eröffnet die Diskussion mit einem Statement

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Apotheken und dass die zunehmende Büro-kratie das Leben der Apotheker erschwere. Marion Vogdt (FDP) wies auf die Bundes-tagsdebatte zur Lage der Freien Berufe im Frühjahr 2013 hin. Sie forderte Bürokratieab-bau, Erhöhung des Bildungsniveaus und die sprach sich gegen die Wiedereinführung der Vermögenssteuer aus. Axel Vogel (Bündnis 90/Die Grünen) forderte einen Mindestlohn in Deutschland, eine adäquate Bezahlung der Angehörigen der Freien Berufe und den Aufbau einer Landesbauverwaltung.

Anschließend konnten einige Teilnehmer Fragen stellen. Die Restauratoren wiesen darauf hin, dass ihr Beruf kein „geschützter Beruf“ ist. Jeder könne sich an einer Aus-schreibung beteiligen. Obwohl es in Bran-denburg ein Hochschulstudium für die Aus-bildung von Restauratoren gibt, und auch die Handwerkskammern die Weiterbildung von Tischlern, Malern, Sattlern und anderen Berufen zu Restauratoren anbieten, kann sich jeder, der sich dazu berufen fühlt, auf diesem Felde tummeln und sich Restaurator nennen. Dadurch könne es zu Beschädigun-gen wertvoller Kulturgüter kommen, da das Fachwissen und die Qualität nicht von der Berufsbezeichnung abgeleitet werden kann. Die Länder Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen haben deshalb Regelungen erlas-sen, um diesen Wildwuchs zu unterbinden. Die Restauratoren forderten das Land Bran-denburg auf, ebenfalls derartige gesetzliche Regelungen zu erlassen. Von Seiten des Landesverbandes der Freien Berufe bot Ehrenpräsident Thomas Schmidt in dieser Sache die Unterstützung des Verbandes an.

Der Präsident der Rechtsanwaltskammer wies darauf hin, dass z.B. Ärzte, Zahnärzte und Rechtsanwälte zwar eine Art Arbeitsmo-nopol haben, dieses aber auch aus berech-tigten Gründen besteht . Dieser Vorteil ist darin begründet, dass diese Berufsgruppen Tätigkeiten für das Gemeinwohl ausüben und dieses Monopol in erster Linie den Ver-braucher schützt. Das sollte die Politik bes-ser anerkennen.

Die Wirtschaftsprüfer forderten das Land

auf, sich im Bundesrat für eine Gebühren-ordnung einzusetzen. Die Qualität einiger Prüfer lasse sehr zu wünschen übrig, da oftmals Dumpingpreise angeboten würden, um Aufträge zu bekommen. Zumindest soll-te es schärfere Vorgaben oder eine gesetzli-che Regelung mit einer Mindeststundenzahl beim Gesamtprüfungsaufwand von Un-ternehmen geben, um damit eine bessere Qualitätskontrolle gewährleisten zu können.

Der Präsident der Landesapothekerkam-mer wies nochmals auf das Nachwuchs-problem bei approbierten Apothekern hin und die Schwierigkeit, trotz übertariflicher Bezahlung, ausreichend qualifiziertes Per-sonal in ländlichen Regionen zu bekom-men. In diesem Zusammenhang warb er für die Möglichkeit ein Institut für Pharmazie in Brandenburg einzurichten, denn im eigenen Bundesland Ausgebildete würden eher im Land bleiben als Arbeitssuchende aus an-deren Bundesländern.

Die selbstständigen Ingenieure wiesen auf die Wichtigkeit der Honorarordnung hin und sprachen Probleme bei der Brandenbur-gischen Bauordnung an. Zudem wurde auf

den Verlust der Berufsbezeichnung „Diplom Ingenieur“ im Rahmen des Bologna-Pro-zesses hingewiesen und eine Landesrege-lung, besser eine bundesweite Lösung, zum Schutz der Berufsbezeichnung eingefordert, die auch im Sinn des Verbraucherschutzes der Qualitätssicherung dienen würde.

Gegen Ende der sehr lebhaften und auf den dialogischen Austausch der Teil-nehmer fokussierten Veranstaltung warb Herr Schwierzy um Verständnis und Un-terstützung bei den Politikern gegenüber bestimmten Deregulierungstendenzen aus Brüssel, die als Bürokratieabbau verpackt, nicht zu Erleichterung bei den Freien Beru-fen führten, sondern die Transparenz und Qualitätssicherung der unterschiedlichen angebotenen Dienstleistungen hintergehe.Am anschließenden Buffet gab es noch Gelegenheit zum gegenseitigen Meinungs-austausch und die Möglichkeit zum persön-lichen Gespräch mit den Politikern.

Burkhard Wendland/Thomas Baumgart

Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung gilt nur befristet

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) hat kürzlich auf ein „brisantes Ur-teil“ des Bundessozialgerichts (BSG) aufmerksam gemacht. Darin hätten die Kasseler Bundesrichter (Az.: B 12 R 3/11 R vom 31. Oktober 2012) festgelegt, dass alle Mitglieder berufsständischer Versor-gungswerke, die im Angestelltenstatus arbeiten, bei jedem Arbeitsplatzwechsel und sogar bei „jeder wesentlichen Ände-rung im Tätigkeitsfeld“ (z.B. Beförderung) erneut eine Befreiung von der gesetz-lichen Rentenversicherung beantragen müssen. Wenn dies nicht oder nicht recht-zeitig erfolge, seien Beiträge in die Deut-sche Rentenversicherung abzuführen.

Bisher wurde davon ausgegangen, dass eine einmal erteilte Befreiung ihre Gültig-keit behält. Betroffen sind alle Ärzte, Apo-theker, Architekten, Notare, Rechtsanwäl-te, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Tierärzte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Zahnärzte sowie Ingenieure und Psychotherapeuten, die nicht frei-beruflich tätig sind. Laut „FAZ“ warnen Fachjuristen vor hohen Nachforderungen der Rentenkassen für die vergangenen Jahre, die nach entsprechenden Betrieb-sprüfungen sowohl für den Arbeitgeber als auch den „angestellten Freiberufler“ kompromisslos und sofort fällig gestellt würden. Quelle: adp

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Zusätzliche Arztsitze für die MarkKV Brandenburg und Krankenkassen haben sich auf eine neue Bedarfsplanung geeinigt

Wie viele Ärzte einer Fachgruppe oder Psychotherapeuten dürfen in einer be-stimmten Region gesetzlich versicherte Patienten ambulant behandeln? Das regelt die so genannte ärztliche Bedarfsplanung. Für die gelten seit 1. Juli in Brandenburg – wie auch bundesweit – neue Regeln. Ziel-genauer als bislang soll sie sein, flexibler und den tatsächlichen Versorgungsbedarf besser abbilden.

Ausschlaggebend für die Berechnung einer bedarfsgerechten ambulanten Ver-sorgung in einer Region war schon immer deren Einwohnerzahl. Neu ist jedoch, dass jetzt auch die Altersstruktur der Menschen vor Ort berücksichtigt wird. Über 65-Jäh-rige benötigen Ärzte mit einem anderen Leistungsspektrum und haben einen hö-heren Versorgungsbedarf als Jüngere. Ein „Demografie-Faktor“ bildet das ab und passt die Arztdichte entsprechend an.

Um zu regeln, wo die Ärzte gebraucht werden, ist das Land Brandenburg in Pla-nungsbereiche eingeteilt. Bislang waren das – egal ob für Hausärzte oder beispiels-weise Radiologen – die Landkreise und kreisfreien Städte. Davon hat sich die neue Bedarfsplanung verabschiedet. Als Faust-regel gilt nun: Je höher der Spezialisie-rungsgrad einer Arztgruppe, desto größer der Planungsbereich. Oder im Umkehr-schluss: Die ärztlichen Grundversorger

werden am kleinräumigsten „beplant“, weil sie für eine wohnortnahe medizinische Ver-sorgung der Menschen unerlässlich sind.

Für Brandenburger Hausärzte gelten beispielsweise jetzt die 46 so genannten Mittelbereiche; für Kinderärzte, Gynäkolo-gen, Augenärzte und andere fachärztliche Grundversorger die Landkreise und kreis-freien Städte. Der Bedarf an spezialisier-ten Fachärzten, etwa Radiologen oder Kardiologen, wird über mehrere Landkrei-se hinweg ermittelt. Für Anästhesisten und andere hochspezialisierte Fachärzte bildet das gesamte Land Brandenburg die Grundlage.

Durch den Neu-Zuschnitt der Planungs-bereiche und die Berücksichtigung der Altersstruktur der Menschen gibt es nun in Brandenburg im Vergleich mit der al-ten Bedarfsplanung 21 zusätzliche Zulas-sungsmöglichkeiten für Fachärzte und 29 für Psychotherapeuten.

Ein Heilmittel gegen den Ärztemangel insbesondere in den ländlichen Regio-nen ist die neue Bedarfsplanung dennoch nicht. Sie schafft zwar die Voraussetzung, dass neue Arztsitze entstehen – eine Ga-rantie, dass diese dann auch tatsächlich besetzt werden, kann sie allerdings auch nicht geben.

Ute Menzel

Kommentiert

Ja, aber …Ja, die neue Bedarfsplanung ist ein

Schritt in die richtige Richtung. Die seit 20 Jahren fast unverändert bestehenden Planungskriterien entsprachen schon lan-ge nicht mehr der Wirklichkeit. Gerade in den neuen Bundesländern mit ihrem überdurchschnittlich großen Anteil älterer Menschen.

Aber neue Planungskriterien bringen noch keinen einzigen Arzt nach Bran-denburg. Hierzu bedarf es intensiver An-strengungen, um Anreize für junge Ärzte zu schaffen. Und da sind alle gefragt: die Kassenärztliche Vereinigung Branden-burg, die Kommunen, die Kassen, der Ge-setzgeber. Jeder auf seine Art, mit seinen speziellen Möglichkeiten.

Finanzielle Anreize sind ebenso wich-tig wie strukturelle. Um insbesondere in den ländlichen Regionen auch in zehn, fünfzehn Jahren noch ambulante Medizin in hoher Qualität anbieten zu können, die Menschen ärztlich zu versorgen, benöti-gen wir ein engeres Miteinander aller Heil-berufe, keine starr getrennten Sektoren mit ihren mannigfaltigen Schnittstellen-problemen.

Diese zu schaffen, sie zu finanzieren, ist die eigentliche Herausforderung. Mit dem „KV RegioMed-Konzept“ der KV Brandenburg sind wir in Brandenburg dabei schon auf einem guten Weg (siehe www.kvbb.de).

Ralf Herre

116 117 – ein Erfolgsmodell mit brandenburgischen KV-Wurzeln

Wer hat‘s erfunden? Die Schweiz hat‘s erfunden. Vielleicht kennen Sie die Wer-bung, in der in einer Sauna ein kleiner Schweizer …

Bei der 116 117, der europaweit reser-vierten Nummer für den ärztlichen Bereit-schaftsdienst, verhält es sich ähnlich, nur ist es nicht die Schweiz, die’s erfunden hat, sondern die KV Brandenburg. Mittlerwei-le sind von der ersten Idee bis heute acht Jahre vergangen. Eine lange Zeit, könnte man meinen. Wenn man jedoch einmal bedenkt, wie lange andere europäische „Produkte“ benötigen, um im Alltag anzu-kommen, ging es fast rasend schnell.

Im April 2012 startete bundesweit die 116 117, und das Land Brandenburg war das erste, das flächendeckend, zu einhun-dert Prozent, diese Rufnummer von einem Tag auf den anderen einführte. Mittlerwei-le haben fast alle anderen Bundesländer nachgezogen, nur im Süden Deutsch-lands, in Baden-Württemberg, gibt es noch den einen oder anderen weißen Fleck.

Der riesige Vorteil dieser bundesweit einheitlichen und für die Länder Euro-pas reservierten Rufnummer liegt auf der Hand: Egal, wo ich mich aufhalte, wenn ich außerhalb der üblichen Sprechzeiten von Arztpraxen ärztliche Hilfe benötige, die nicht lebensbedrohlicher Art ist, errei-che ich mit der 116 117 diese Hilfe. Es wird übrigens nicht mehr lange dauern, da sind uns andere europäische Länder gefolgt, so dass ich dann auch im Urlaub auf Anhieb diese Hilfe in Anspruch nehmen kann.

Bevor dieses Projekt, für das die KV Brandenburg als Initiator, das KV-System insgesamt als umsetzende Struktur, aus-gezeichnet wurde, gab es bundesweit über 10.000 unterschiedliche Rufnummern für den ärztlichen Bereitschaftsdienst. Ein Chaos, alles andere als Nutzerfreundlich. Der tägliche Blick in eine regionale Zeitung war notwendig, um die Rufnummern he-rauszufischen, da oftmals jeden Tag eine andere Arztpraxis Dienst hatte.

Seit dem 1. April 2012 nutzten rund 170.000 Brandenburger und Urlauber in unserem Land diese Service-Rufnummer. Ein stolzes Ergebnis für dieses Erfolgsmo-dell mit brandenburgischen KV-Wurzeln.

Ralf Herre

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Nachwuchs fördern und gewinnenInterview mit Wenzel Weber, der von der Brandenburgischen Ingenieurkammer bei seinem Studium unterstützt wird

Deutschland braucht leistungsfähigen Nachwuchs

Deutschland verdankt seinen Wohlstand, seine gute wirtschaftliche Entwicklung und seine Innovationskraft vor allem den vielen hervorragend ausgebildeten Fachkräften, die hier arbeiten. Ihr vielseitiges Wissen, ihre Ideen und ihre Leistungsbereitschaft sichern uns im globalen Wettbewerb eine gute Ausgangslage. Angesichts des demo-grafischen Wandels in Deutschland und des wachsenden Wettbewerbs überall auf der Welt kommt der gezielten Spitzenför-derung junger Talente eine immer größere Bedeutung zu.

Die Brandenburgische Ingenieurkam-mer sieht sich ebenfalls in der Pflicht und investiert in die Zukunft junger Talente. Ne-ben der Veranstaltungsreihe „Ingenieure treffen Schule“, mit der die BBIK seit gut vier Jahren Schüler für das Ingenieurs-studium wirbt, unterstützt sie im Rahmen des Deutschlandstipendiums auch einen Studenten der Fachhochschule Potsdam (FHP) mit einem Stipendium. Sein Name ist Wenzel Weber und er studiert zurzeit im 8. Semester im Diplom-Studiengang Bau-ingenieurwesen. Im Oktober 2012 wurde er im Rahmen seines Studiums mit dem Deutschlandstipendium ausgezeichnet und seit dem durch die BBIK gefördert. Von der FHP wurden 13 leistungsstarke Studenten für ein Stipendium ausgewählt. Dazu kommen 13 weitere Studenten, die als sogenannte Nachrücker eingeplant sind. Drei Studenten absolvieren davon ein Ingenieursstudium.

Nicht nur finanziell möchte die BBIK Herrn Weber unterstützen. Ihm sollen auch verschiedene Möglichkeiten gegeben wer-den, Kontakt zu den Mitgliedern und somit zu den Ingenieurbüros zu erhalten. Im März nahm Herr Weber u. a. an der BBIK-Veran-staltungsreihe „Ingenieure treffen Schule“

am Carl-Friedrich-Gauß Gymnasiums in Frankfurt (Oder) teil und beantwortete den Schülern Fragen zum Studium des Bauin-genieurwesens.

Herrn Weber möchten wir Ihnen anhand ei-nes mit ihm geführten Interviews vorstellen.

Welche Motivationen haben Ihre Stu-dien- bzw. Berufswahl bestimmt?

Wenzel Weber: Da mein Vater in der Baubranche tätig ist, hatte ich bereits sehr früh Einblick in das Geschehen auf der Baustelle. In der Schule entwickelte ich außerdem ein Interesse für Technik und Ar-chitektur, so dass ich mich nach dem Abitur für ein Studium des Bauingenieurwesens entschied. Um vorab erste praktische Er-fahrungen zu sammeln, arbeitete ich bei einem Internationalen Bau- und Dienstleis-

tungsunternehmen in der Bauleitung und Bauausführung auf der Baustelle Airport Berlin Brandenburg. Nachdem ich ein Jahr im Studiengang Bachelor of Science Bau-ingenieurwesen studiert hatte, wechselte ich zum Diplomstudiengang nach Potsdam.

Wie schätzen Sie das Studium zum Dipl.-Ing. ein?

Wenzel Weber: Das Diplomstudium, so wie ich es erfahren habe, ist meiner Meinung nach besser konzeptioniert als ein Bachelor-Master-Studiengang. Die Fachgebiete sind besser aufeinander abgestimmt und bieten so eine bessere Grundlage für den späteren Beruf des Bau-ingenieurs.

Wie denken Sie über die Hochschul-reform in Deutschland bezüglich der Abschlüsse Dipl.-Ing., Bachelor und Master?

Wenzel Weber: Der Ansatz, auf interna-tionaler Ebene einheitliche Studienbedin-gungen zu schaffen, ist aus meiner Sicht sehr gut. Allerdings lässt die Umsetzung von Seiten der Politik und Hochschulen eher zu wünschen übrig. Die Vorlesungs-inhalte und Wertungen der verschiedenen Hochschulen innerhalb Deutschlands sind immer noch nicht ohne weiteres kompati-bel und Auslandssemester immer noch ein Thema für sich.

Was raten Sie Studienanfängern für das Studium zum Diplomingenieur?

Wenzel Weber: Ich denke, freiwillige Praktika sind ein wichtiger Bestandteil auf dem Weg zum Ingenieur und erleichtern den Einstieg in das Berufsleben erheblich. Außerdem ist dieser Blick in die Praxis auch für Studienanfänger empfehlenswert, da man wissen sollte, für welche Ziele man studiert.

Wie sollte sich der Übergang vom Studium zum Beruf gestalten?

Wenzel Weber: Während des Studi-ums habe ich mich für eine Vertiefung des Konstruktiven Ingenieurbaus und der Bauerhaltung entschieden. Weiterhin habe ich zahlreiche zusätzliche Lehrangebote wahrgenommen, um auch in den Berei-chen Verkehrswegebau sowie Bau- und

Herausragende Leistungen von engagierten Studierenden anzuerkennen und ge-meinsam zur Förderung der Fachkräfte von Morgen beizutragen – das ist der Grundge-danke des 2011 von der Bundesregierung eingeführten Deutschlandstipendiums. Es ist das größte öffentlich-private Projekt im Bildungsbereich, das es in Deutschland je gab. Allein 2012 haben rund 11.000 Studierende davon profitiert. Der Anteil der mit BAföG geförderten Deutschlandstipendiaten entspricht mit etwa einem Viertel dem Anteil der BAföG-Studierenden an deutschen Hochschulen. (Quelle: BMBF)

Wenzel Weber studiert Bauingenieur-wesen an der Fachhochschule Potsdam

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Projektmanagement zukünftig gut aufge-stellt zu sein. Neben dem Angebot an der Hochschule habe ich zahlreiche Praktika in verschiedenen Ingenieurbüros und Bau-unternehmen gemacht, um möglichst viele praktische Erfahrungen zu sammeln und einen guten Überblick über die verschiede-nen Aufgabenfelder eines Bauingenieurs zu gewinnen. Zurzeit arbeite ich bei der In-genieurgruppe Bauen in Berlin und bin dort in verschiedene Planungs- und Prüfprojek-te involviert.

Wie bereits angedeutet, ist ein früher Einstieg in die Wirtschaft, über Praktika oder der Gleichen, empfehlenswert. Vor al-lem die großen Bau- und Dienstleistungs-unternehmen sind dabei sehr gerne be-hilflich. Sie bieten Praktika meist schon für Studienanfänger an und schreiben Stellen gezielt an den Hochschulen aus. Ich den-ke, viele Studenten wünschen sich ein ähn-liches Auftreten auch von Ingenieurbüros.

Welche Fachrichtung schlagen Sie ein-mal ein?

Wenzel Weber: Im Mai schreibe ich mei-ne Diplomarbeit, in der ich mich mit einer Softwarelösung für Stahlbaunachweise nach Eurocode beschäftige. Nach meinem Abschluss plane ich mein Studium mit dem Schwerpunkt Konstruktiver Ingenieurbau an einer anderen Hochschule fortzusetzen, um dann in der Tragwerksplanung tätig zu werden.

Welche Zukunftsthemen sehen Sie im Bereich des Ingenieurwesens, im Besonderen des Bauingenieurwesens?

Wenzel Weber: Alles in Allem sehe ich der Zukunft gelassen entgegen. Neue Märkte wie die Erneuerung der Innenstadt-bereiche oder Erneuerbare Energien bie-ten zukünftigen Ingenieuren, wie auch mir, ein breites Betätigungsfeld.Wir danken Herrn Weber für das Interview.

Die Förderung engagierter Nachwuchs-talente ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Sie zählt zu den schönsten und nachhal-tigsten Investitionen in die Zukunft. Machen

auch Sie diese Erfahrung und wirken aktiv an der neuen Stipendienkultur mit, die mit dem Deutschlandstipendium auf den Weg gebracht wurde. Gemeinsam mit kleinen und großen Unternehmen, mit Privatperso-nen, Stiftungen und Verbänden wird somit etwas gegen den Fachkräftemangel getan und der Wissens- und Wirtschaftsstandort Deutschland gestärkt.

Nähere Informationen erhalten Sie auch unter www.deutschland-stipendium.de

Daniel Petersen Brandenburgische Ingenieurkammer

Bund der Öffentlich bestellten Vermessungs-ingenieure (BDVI) kritisiert die Novellierung der HOAI

Der Bundesrat hat am 7. Juni 2013 dem Verordnungsentwurf der Bundesregie-rung zur Novelle der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI 2013) zugestimmt. Somit erfolgt mit der aktu-ellen HOAI-Novelle keine Rückführung der Teile X bis XIII der HOAI-Fassung von 1996 (Umweltverträglichkeitsstudien, Thermische Bauphysik, Schallschutz und Raumakustik, Bodenmechanik, Erd- und Grundbau sowie Vermessungstechnische Leistungen) in den verbindlich geregelten Teil. Diese Planungsleistungen werden seit der Novellierung 2009 unverbindlich in der Anlage 1 der Honorarordnung als angebliche „Beratungsleistungen“ ge-führt.

Der BDVI kritisiert scharf, dass der mehr-fach begründeten Forderung sowohl der Bundesländer als auch der Ingenieurver-bände nach Rückführung dieser wichtigen Ingenieurleistungen in den verbindlichen Teil der HOAI 2013 durch die Bundesre-gierung nicht entsprochen wurde. Wie an-dere Planungsleistungen auch, gehört die Ingenieurvermessung in den verbindlichen

Teil der HOAI! Sie ist sachlich und inhalt-lich nachgewiesener Maßen integraler Be-standteil der Planung am Bau.

Auch wenn die Ingenieurvermessung mit fadenscheinigen Argumenten im unver-bindlichen Teil der HOAI 2013 verblieben ist, wäre zu erwarten gewesen, dass die Regelungen wenigstens in sich konsistent und annähernd richtig sind. Weit gefehlt!

Auftraggeber und Auftragnehmer haben für die Ingenieurvermessung gemeinsam 400 abgerechnete Aufträge mit den neuen Tabellen verglichen. Ergebnis: Die Hono-rare sind laut Tabelle beim Leistungsbild Planungsbegleitende Vermessungen um bis zu 40 Prozent zu niedrig (durchschnitt-lich – 20 Prozent) und beim Leistungsbild Bauvermessung um bis zu 76 Prozent zu hoch (durchschnittlich + 25 Prozent). Da-mit sind die Empfehlungen der Anlage 1.4 der HOAI 2013 obendrein unangemessen und nicht marktfähig. Eine Regelung in ei-ner Verordnung, die eine nicht marktkon-forme Empfehlung enthält, ist bestenfalls entbehrlich, aber eher kontraproduktiv.

Als Folge ist davon auszugehen, dass die unverbindlichen Empfehlungen keine Anwendung finden. Die Ingenieurvermes-sungsleistungen werden so zu „Beigaben“ bei anderen Planungsleistungen und höh-len damit das Preisrecht an anderer Stelle zusätzlich aus. Es ist nicht auszuschließen, dass dieser Effekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gewünscht ist, um demnächst weitere Teile der HOAI abzuschaffen.

Um die schwerwiegenden Fehler in den Honorartabellen zu korrigieren und vor allem um alle Planungsleistungen in den verbindlichen Teil zu überführen, ist eine erneute Novellierung in der kommenden Legislaturperiode dringend erforderlich. Nach der Unterstützung unserer Anliegen durch die brandenburgischen Ministerien hoffen wir, dass diese Unterstützung uns auch in Zukunft zuteil werden wird.

Frank ReichertGeschäftsstellenleiter des BDVI

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Zukunft kommt von HerkunftDer preußische König und sein Anteil an der Ingenieurausbildung und der Etablierung des Ingenieurberufes

Im Jahre 2012 standen die Feierlichkei-ten zum 300. Geburtstag von König Fried-rich II ganz im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. König Friedrich II und seine Nachfolger haben erheblichen Anteil an der Ingenieurausbildung und Etablierung des Ingenieurberufes.

Durch einen Zufall wurde in der BBIK die Existenz einer königlichen Ingenieurakade-mie zu Potsdam bekannt, welche vor 225 Jahren gegründet wurde.

Das abzuklären war ein Besuch im Ge-heimen Staatsarchiv Berlin-Dahlem wert. Aus insgesamt sechs Fundstellen wurden drei ausgewählt und die vorgelegten Akten eingesehen. Beim Lesen der Stiftungsur-kunde und den darin enthaltenen Lehrplä-nen ist schnell klar geworden, dass das Mi-litär hier Vorreiter war, in dem dort erstmalig ein Ingenieurabschluss vergeben wurde und die so ausgebildeten Ingenieuroffiziere somit auch im Zivildienst eingesetzt wer-den konnten.

Diese erste Recherche brachte auch die Erkenntnis, dass hier erstmalig eine richti-ge Ingenieurausbildung erfolgte, die nicht nur einen reinen militärischen Hintergrund hatte. Hier wurde laut Stundentafel Arith-metik, Mathematik, Geometrie, Zeichnen, Vermessung, Zivile Architektur, Hydraulik, Französische Sprache und ebenso die große Feldbefestigung mit Nivellement und Artillerie gelehrt. Ein sehr umfangrei-ches und anspruchsvolles Lehrprogramm für eine zweijährige Ausbildung. Wer diese Ausbildung erfolgreich abschloss, wurde Ingenieur-Offizier.

Mit der Preußischen Ingenieurakademie wurde erstmals ein Civil-Ingenieur aus-gebildet und die Ingenieurausbildung auf eine höhere staatliche Ebene gehoben. Ingenieurausbildung gab es bis dahin nur für das Militär, dessen Ingenieurfähigkeiten in Friedenszeiten vom Staat für zivile Bau-maßnahmen genutzt wurden. Nun gab es auch den Ingenieur für zivile Bauaufgaben.

Das ist die Geburtsstunde des staatlich anerkannten Bauingenieurs, der durch ei-nen kaiserlichen Erlass im Jahre 1899 mit der Einführung des Titels Diplomingenieur besiegelt wurde. Darauf aufbauend ist eine kontinuierliche Entwicklung des Ingenieur-wesens in Preußen nachweisbar.

Die Ingenieurakademie wurde am Neuen Markt 1 in Potsdam untergebracht. Seitdem ist das Haus ohne Unterbrechung im Besitz des Staates und heute als Kabinetthaus in Potsdam bekannt. Die Ausbildungstätig-keit der Ingenieurakademie unterlag der Kriegstätigkeit Preußens und so gab es Jahrgänge, die mehrere Jahre lang in der Ausbildung waren.

Was kann man nun aus diesem histori-schen Schatz machen?

Nach einiger Abwägung entstand der Ge-danke, daraus eine Festveranstaltung aus Anlass des nahenden 225. Stiftungstages am 15.4.2013 zu machen. Am 16.4.2013 fand die Festveranstaltung im Haus der Brandenburgisch-Preußischen-Geschichte Potsdam statt.

Zu früher Stunde enthüllte Brandenburgs Minister Vogelsänger, Ministerium für In-frastruktur und Landwirtschaft, am Haus der ehemaligen Ingenieurakademie, dem heutigen Kabinettshaus Potsdam, eine Gedenktafel. Diese weist auf das Grün-dungsdatum und dem damaligen Nutzen des Gebäudes als Ingenieurakademie hin. Anschließend wurden im Säulensaal des nahegelegenen Hauses der Brandenbur-gisch-Preußischen-Geschichte vier Vorträ-ge zur Entwicklung des Ingenieurwesens gehalten.

Mit einer solchen Würdigung möchte die Brandenburgische Ingenieurkammer öf-

fentlich die führende Rolle des Ingenieur-wesens im Land Brandenburg zeigen und das Geschichtsbewusstsein der Ingenieure auf ein neues Niveau heben.

Dem Geheimen Staatsarchiv Berlin-Dahlem, dem Landeskirchenarchiv Berlin-Brandenburg und dem Haus der Branden-burgisch-Preußischen-Geschichte ist es zu verdanken, dass in einem Schaukasten die Originale der Stiftungsurkunde der könig-lichen Ingenieurakademie vom 15.4.1788, die Kopie der Taufurkunde in der Phillip Chesé als Ingenieur am 02.12.1664 ein-getragen wurde, die Abrechnungsurkunde vom 16.11.1807 von Direktor Rauch und der kaiserliche Erlass vom 11.10.1899 be-sichtigt werden können. Da die Stiftungs-urkunde der königlichen Ingenieurakade-mie handschriftlich ausgefertigt wurde, ist sie für viele Menschen nicht lesbar. Daher wurde die Urkunde von der BBIK seitenge-recht transkribiert und zusammen mit den anderen Urkunden in einer Broschüre ein-gebunden, so dass sie von den Besuchern vor Ort gelesen werden konnte.

Zur Historie und der Entwicklung des In-genieurwesens in Brandenburg steht inter-essierten Bürgern eine ausführliche Doku-mentation in einfacher Form zur Verfügung, welche über die Kammer-Homepage unter „Downloads/Informationsmaterial“ herun-tergeladen werden kann.

Klaus HaakeVorstand BBIK

Enthüllung der Gedenktafel durch Minister Vogelsänger (re.) und den Präsidenten der Brandenburgischen Ingenieurkammer, Matthias Krebs

Page 7: LFB-Info 3/2013

Die Energiewende und die IngenieureQualifikationsangebot der BBIK bietet Brandenburger Ingenieuren neue berufliche Möglichkeiten

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Schon wieder eine Wende in Deutsch-land. Dazu eine globale und komplexe Herausforderung. Sie ist trotzdem deutsch geprägt. Die Komplexität als Herausfor-derung heißt Komplexität im Denken und Handeln, in der Suche nach vollkommen neuen technologischen und technischen Lösungen aber auch gesetzlichen Rege-lungen. Die zeitnahe globale Endlichkeit herkömmlicher Energieressourcen steht komplexen Herausforderungen mit ge-samtgesellschaftlichen Folgen gegenüber. Wir befinden uns mit der Energiewende in einem technologischen-technischen ande-rerseits in einem gesamtgesellschaftlichen Umbruch. Technologische, technische, soziale, ökonomische, finanzielle und po-litische Anforderungen stehen zur komple-xen Lösung an. Was ist nun die deutsche Prägung?

Nach außen schimmert wieder einmal die traditionelle deutsche Kleinstaatlichkeit in ihren Widersprüchen, Ziel- und Plan-losigkeit, Verlogenheit und dem Agieren unterschiedlichster Interessen. Der Ge-setzgeber leistet mit einer Vielfalt an Be-griffen zusätzliche Verwirrung. Die Liste ist lang. Scheinbar gilt das Denken von 12 bis Mittag und Ressortbeschränktheit. Aber es werden auch per Gesetz Möglichkeiten geschaffen zur materiellen und finanziel-len Förderung von Projekten, Entwicklung neuer Technologien und Technik, sowie Bausystemen. Dabei haben deutsche In-genieure weltweit die Nase vorn. Trotzdem, Komplexität sieht anders aus. Fünf Ministe-rien und 16 Bundesländer haben ihre eige-nen Fördermittel. Jeder agiert für sich und fördert nur Teilbereiche.

Für den Privatmann, für das Gewer-be aber vor allem für Kommunen, die in Fragen der Daseinsvorsorge eine hohe Verantwortung tragen, ist die Energie-wende oft ein Buch mit sieben Siegeln. In Deutschland vollziehen sich jedoch sehr unterschiedliche Entwicklungen.

Mit der Einführung des Energie-Ein-speise-Gesetzes und den neuen Ener-gieerzeugungstechnologien kamen sofort die Renditejäger auf den Plan. Der Staat sichert jeweils für 20 Jahre Maximalprofit für eine kleine Interessengruppe. Die Ener-giewende und deren neuen Technologien verkamen zu einer reinen Renditesiche-rung. Folge, die Strompreislüge. Die Ener-giewende kam in Verruf. Nicht die Lösung

der gesellschaftlichen Herausforderungen steht im Mittelpunkt der Renditejäger. Zu-sätzlich steigern Energiekonzerne bestän-dig die Energiepreise. Privathaushalte, Kommunen, Gewerbetreibende stehen mit dem Rücken an der Wand. So wehren sich Bürger auf unterschiedlichste Art. Längerer Zeit schon. Lange vor Fukushima suchen diese nach Möglichkeiten, sich aus dieser „globalen“ Energieversorgungsfalle und Preisspirale zu befreien. Dieser Prozess wird begleitet durch die Einbindung vom interdisziplinären ingenieurtechnischen Sachverstand. Die Komplexität der Her-ausforderungen wird angenommen. Voll-kommen neue komplexe Denkansätze zur dezentralen Energieversorgung und Ener-gieeffizienz an Gebäuden sind entstanden. Für alle ist es ein Lernprozess.

Lösungsansätze und Initiativen zur Energiewende

Die Brandenburgische Ingenieurkammer (BBIK) widmet sich verstärkt der Energie-wende. Ein auf Komplexität ausgerichte-tes Qualifikationsangebot der BBIK bietet Brandenburger Ingenieuren neue berufli-che Möglichkeiten. Denn die Energiewen-de bietet den Ingenieuren die Chance, sich neue Geschäftsfelder zu erschließen! Es sind u. a. Chancen für neue Kooperati-onsbeziehungen zwischen Planungsbüros unterschiedlichster Fachbereiche, Kommu-nen und Gewerbetreibenden. Komplexität geht über die Bauvorlagenberechtigung und der Energieeinsparverordnung (EnEV) hinaus! Die Ingenieure können so stärker Bestandteil der regionalen Wertschöpfung in den Kommunen werden.

Komplexes Agieren fordert ingenieur-technische Tugenden wie Denken in Zusammenhängen, rationelle Herange-hensweisen u. a. geradezu heraus. Mit Brandenburger Institutionen, die schon längere Zeit innerhalb der „Energiestrate-gie 2030 des Landes Brandenburg“ unter-wegs sind, werden Bildungskooperationen eingegangen. Mit einer breiten Verlinkung mit Institutionen und Kommunen des Lan-des Brandenburg wird „energetisches“ Know-How vernetzt. Diese „EnergieAl-lianz“ umfasst u. a. die ZAB, die IHK, die Handwerkskammer, den Fachverband Heizung-Sanitär-Klima, die ARGE Bioener-gie-Region-Ludwigsfelde. Die Potsdamer Energiemesse, der Ingenieurkammertag,

die regionalen Mitgliederversammlungen, eine Pressefahrt und die „energetische“ Ausrichtung des Brandenburger Baukultur-preises sollen Zeugnis davon sein.

Interessant und gegensätzlich waren die Diskussionen zur Energiewende auf dem 18. Ingenieurkammertag, welchen die BBIK im Juni durchführte. Dabei wurden teilweise mehr Fragen aufgeworfen als be-antwortet. Dass zeigt die Widerspiegelung der derzeitigen widersprüchlichen Situa-tion bezüglich der Energiewende. Einige Schlagworte seien aufgezeigt.

„…die Energiewende läuft Gefahr zu ei-nem Geschäftsmodell zu verkommen…“. „… die Atomenergie hat (ist) die Zukunft…“. „…Brandenburg hat die meisten Standorte für regenerative Energieerzeugung… er-zeugt mehr Strom als es verbraucht…hat im Bundesdurchschnitt aber die höchsten Strompreise… in Baden-Württemberg - wo Energiemangel herrscht - sind die niedrigs-ten Strompreise Deutschlands…“.

Dies zeigt doch, dass an dezentralen Lösungsansätzen für die Strom- und Wär-meerzeugung gearbeitet werden muss.Dort wo der Verbrauch anfällt soll der Strom und die Wärme erzeugt werden. Das ist die „Spielwiese“ für die Brandenburger Ingenieure und Architekten. Rund wird die „Energiewende“ in Brandenburg, wenn sie einhergeht mit der wirklichen Energieeffizi-ens an Gebäuden. Nachhaltigkeit und Öko-logie der Baustoffe müssen oberste Priori-tät bekommen. Z. B. sollte Gebäudetechnik in ihrer Wahl nicht überdimensioniert sein und im engen Kontext stehen zu geplanten alternativen Baustoffen. Weniger ist oft-mals mehr (Energieverbrauch, Wartungs-aufwand). Alternative Baustoffe (Stichwort Nawaro) können durch ihre nachhaltigen und ökologischen Eigenschaften übertrie-benen technischen Aufwand für ein ange-nehmes Wohnklima (Bauhygiene) auf ein Minimum reduzieren.

Sie sehen, die Themen Nachhaltigkeit, Energie und Umwelt unter dem Aspekt Energiewende gehören eng zusammen. Sie sollten nicht losgelöst voneinander be-trachtet werden.

Dipl. GeWi./HS-Ing. Stephan ThudeFachsektion Nachhaltigkeit, Energie und

Umwelt der BBIKProjektmanager Bioenergie-Region-

Ludwigsfelde

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Nach 2007, 2009 und 2011 startet am 16. September dieses Jahres bereits die vierte landesweite Impfaktion der KV Brandenburg. Die im Sommer in Berlin und Süddeutschland, aber mit einigen Fällen auch in Brandenburg ausgebro-chenen Masern waren ein alarmierendes Signal, den Impfschutz nicht zu vernach-lässigen.

Dabei geht es nicht nur um die alljährlich in dieser Zeit angesagte Grippeschutz-impfung, sondern vor allem darum, einer sich einschleichenden Impfmüdigkeit in allen Altersgruppen entgegen zu wirken. Denn letztlich geht es nicht allein um die Gesundheit des einzelnen, sondern um jene in der Gesellschaft überhaupt. Je mehr Menschen Impfschutz genießen, desto geringer ist die Gefahr, dass sich solch gefährliche Krankheiten wie die Ma-sern wieder ausbreiten können.

Reicht mein Impfschutz aus?

Das ist die zentrale Frage, von der sich die diesjährige Impfkampagne leiten lässt.

Sensibilisieren, informieren, animieren – das ist Aufgabe und Ziel zugleich. Dazu bedarf es zum einen des engagierten Wirkens aller Ärzte und deren Praxisper-sonal, zum anderen der Bereitschaft der Medien, dieses Thema verstärkt in diesen drei Wochen vom 16. September bis 4. Oktober 2013 zu transportieren.

Das diesjährige Plakat ist – wieder ein-mal – ein Hingucker. In Kombination mit dem Motto „Besser: Rechtzeitig Impfen“ wird es anregen, über den eigenen Impf-schutz nachzudenken.

Alle brandenburgischen Haus, Kinder- und Frauenarztpraxen werden mit spe-ziellen Impfpaketen ausgerüstet, in dem sich ein Plakat, Flyer, Impfkalender und speziell gestaltete Bestellblöcke befinden. Aber auch Checklisten für den Arzt und das Praxispersonal sollen dazu beitragen, das Thema Impfen in den Praxen mehr in den Mittelpunkt zu rücken.

Am besten, in dieser Zeit einen Ter-min beim Arzt des Vertrauens vereinba-

ren, den Impfausweis mitbringen und gemeinsam mit dem Praxispersonal den Impfschutz überprüfen. Insbesondere die Haus- und Kinderarztpraxen sind darauf vorbereitet.

Ralf Herre

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ImpressumOffizielles Mitteilungsblatt des Landesver-bandes der Freien Berufe Land Branden-burg e.V.Herausgeber: Landesverband der Freien Berufe Land Brandenburg e.V.V.i.S.d.P.: Thomas Schwierzy, Präsident LFB-Geschäftsstelle: Ines PhilippHelene-Lange-Str. 4-5, 14469 PotsdamTel.: 0331-2977- 413, Fax: 0331-2977- [email protected], www.freie-berufe-brandenburg.deSatz/Layout: Agentur Hentschel, Yorckstraße 4, 14467 Potsdam, Tel: 0173-6069949, E-Mail: [email protected]: Hans Gieselmann GmbH&Co. KG, A.-Scheunert-Allee 2,14558 Bergholz-Rehbrücke

Treffen der LandesverbändeBFB-Entwicklung stand im Mittelpunkt der Beratungen in Weimar

Auf Einladung des Landesverbandes der Freien Berufe Thüringen trafen sich am 23./24.August Verbandsvertreter aus Hes-sen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg in der Goethe-Stadt Weimar zum gemeinsamen Gedankenaustausch. Seit vielen Jahren finden diese Zusammenkünfte der ostdeut-

schen Landesverbände mit wechselndem Gastgeberland statt, um sich über beste-hende Probleme und erarbeitete Lösungen auszutauschen. Erstmalig nahmen in die-sem Jahr auch Berufsvertreter aus Hessen teil. Im Mittelpunkt der Beratung stand die derzeitige Situation des Bundesverbandes der Freien Berufe, die mit dem Austritt der

Bundesärztekammer und der Kassenärztli-chen Bundesvereinigung (KBV) als heikel betrachtet wurde. Sämtliche Landesver-bände bedauerten die Entscheidung dieser beiden wichtigen Institutionen der Ärzte-schaft die gemeinsame Interessenvertre-tung der Freien Berufe auf Bundesebene zu verlassen. Allerdings gelte es jetzt diese Entscheidung als gegeben hinzunehmen und die Zusammenarbeit auf Landesebene möglichst auszubauen.

Von Brandenburger Seite wurden bei den Verbandskollegen unter anderem Er-fahrungen eingeholt, die diese mit dem Schutz der Berufsbezeichnung für Restau-ratoren und der Berufsbezeichnung „Dip-lom Ingenieur“ gemacht haben.

Der Landesverband der Freien Berufe wurde von Thomas Schwierzy, Dr. Till Bel-linghausen, Thomas Baumgart und dem Eh-renpräsidenten Thomas Schmidt vertreten.

Thomas Baumgart

Besser: Rechtzeitig ImpfenKV Brandenburg startet am 16. September dreiwöchige landesweite Impfaktion