linz, am 21. juni 2007 Österreichische gesellschaft für forschung und entwicklung im bildungswesen...
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Linz, am 21. Juni 2007
Österreichische Gesellschaft für Forschung und Entwicklung im Bildungswesen
Der Vorstand der ÖFEB sendet Peter Posch und dem IUS seine Grüße und Glückwünsche und spricht seine Anerkennung für die kontinuierliche Aufbauarbeit sowie den großen Respekt für die dahinter stehende inhaltliche Arbeit und organisatorische Leistung aus.
Ferdinand Eder und der Vorstand der ÖFEB
Von der Reflexion eigenen Unterrichts zur
Bildungssystementwicklung Eine Governance-Perspektive auf die Transformation des österreichischen
Bildungswesens und die Rolle von Unterstützungssystemen
Herbert AltrichterJohannes Kepler Universität Linz
„Modernisierung des Schulwesens“
• Zentral sind Steuerungsfragen: Steuerungsstrukturen im Bildungswesen sollen so verändert werden, dass qualitätsvolle Ergebnisse zielgerichtet und ökonomisch erbracht werden können
Wie kann man Veränderungen der Systemsteuerung erfassen, analysieren und ‚steuern‘?
„Modernisierung des Schulwesens“
• Zentral sind Steuerungsfragen: Steuerungsstrukturen im Bildungswesen sollen so verändert werden, dass qualitätsvolle Ergebnisse zielgerichtet und ökonomisch erbracht werden können
Wie kann man Veränderungen der Systemsteuerung erfassen, analysieren und ‚steuern‘?
Governance-Perspektive
Von der Reflexion eigenen Unterrichts zur Bildungs-systementwicklung
1. Governance-Perspektive und Governance-Analyse
2. Kategorien der Governance-Analyse: Akteure im Mehrebenensystem und Handlungskoordination
3. Aktuelle Reform-Politiken und die Rolle intermediärer Akteure
Governance1 als normatives Reformprogramm
• Gegenbegriffe (z.B. zu hierarchischer Steuerung: Aushandlung, Partizipation, Marktkräfte)
• „normative Pakete“: Modernitätsbehauptung + spezifische Handlungskoordination + Versprechen effizienterer Problemlösung z.B. NPM, 'good governance', 'corporate governance', wirkungsorientierte Führung
Governance2 als Analyse-Perspektive
• Governance-Forschung untersucht • das Zustandekommen sozialer Ordnung und
sozialer Leistungen • unter der Perspektive der
Handlungskoordination • zwischen verschiedenen Akteuren• in komplexen Mehrebenensystemen
Governance2 als Analyse-Perspektive: Analysefragen
• Akteure: Welche („sozialen“) Akteure steuern wie mit?• Art der Handlungskoordination: In welcher Weise und
wodurch richten Akteure ihr Handeln aneinander aus?• Strukturen/Verfügungsrechte: Durch welche
„Instrumente“ wird neue Handlungskoordination relativ dauerhaft gemacht?
• Leitende Werte, erwartete und unerwartete Ergebnisse: Welche Intentionen werden Governances (strategisch) unterlegt? Welche (transintentionalen) Ergebnisse? talk - action
• Mehrebenensystem: An welchen sozialen Orten und mit welchen Instrumenten geschieht Handlungskoordination?
Regeln„Verfügungsrechte
(i.e.S)“
Ressourcen„Verfügungsfähigkeiten“
Handlung Ziele und Werte der Akteure
Qualifikationen, Zeitmanagement der Akteure
Struktur Normen, Regeln (Gesetze, Verordnungen, Verträge, Handlungs-anweisungen, informelle Rechte, „ungeschriebene Gesetze“, Umgangsregeln, Gepflogenheiten usw. )
Geld, Zeit, Kompetenz, Sinn
Duality of agency and structure
Regel„Verfügungsrechte
(i.e.S)“
Ressourcen„Verfügungsfähigkeiten“
Handlung Ziele und Werte der Akteure
Qualifikationen, Zeitmanagement der Akteure
Struktur Normen, Regeln (Gesetze, Verordnungen, Verträge, Handlungs-anweisungen, informelle Rechte, „ungeschriebene Gesetze“, Umgangsregeln, Gepflogenheiten usw. )
Geld, Zeit, Kompetenz, Sinn
Duality of agency and structure
Regel„Verfügungsrechte
(i.e.S)“
Ressourcen„Verfügungsfähigkeiten“
Handlung Ziele und Werte der Akteure
Qualifikationen, Zeitmanagement der Akteure
Struktur Normen, Regeln (Gesetze, Verordnungen, Verträge, Handlungs-anweisungen, informelle Rechte, „ungeschriebene Gesetze“, Umgangsregeln, Gepflogenheiten usw. )
Geld, Zeit, Kompetenz, Sinn
Duality of agency and structure
Zentrale Fragen der Strukturanalyse• Welche formellen oder informellen Regeln und
Normen spielen in der Handlungskoordination eine Rolle?– Welche Normen unterlegen Akteure ihren Handlungen?– Welche Handlungen werden durch die gängigen und
sanktionierten Normen im Feld nahe gelegt und bestärkt?
• Auf welche materiellen und immateriellen Ressourcen stützen sich die relevanten Handlungskoordinationen?
• Aus dem Mehrebenencharakter: An welchen Schnittstellen und mit welchen Instrumenten koordinieren verschiedene Akteure ihre Handlung?
Von der Reflexion eigenen Unterrichts zur Bildungs-systementwicklung
1. Governance-Perspektive und Governance-Analyse
2. Kategorien der Governance-Analyse: Akteure im Mehrebenensystem und Handlungskoordination
3. Aktuelle Reform-Politiken und die Rolle intermediärer Akteure
Intermediäre Akteure und die Steuerung des Schulsystems
IUS• Anspruch, Akteur in Transformationen des
Schulsystems zu sein• Dynamik erzeugen durch
– Forschungs- und Entwicklungsarbeit – Fortbildung
• „Unterstützungssystem“ für Entwicklungs-prozesse anderer Akteure
„Intermediäre Akteure“
• „Zwischen-Position“ zwischen dem Steuerungs-anspruch von Bildungspolitik und der Verpflichtung zur Leistungserbringung von SchülerInnen, LehrerInnen und Schulen
• produzieren nicht direkt die systemspezifischen Leistungen,
• treten nicht mit der Legitimation der globalen Systemsteuerung im gesellschaftlichen Auftrag auf,
• erfüllen gleichwohl wichtige Funktionen im System, die nicht umstandslos weggelassen werden können
• übernehmen dadurch „mitsteuernde“ Funktionen im System
• Systemfunktion: die Koordination zwischen den verschiedenen Akteuren unterstützen und verbessern
„Intermediäre Akteure“ Beispiele
• Verwaltung • Fortbildung• universitäres Institut IUS
Koordination zwischen den Akteuren unterstützen und verbessern, z.B. durch
• normative Intentionen zu Vorgangsweisen, Pflichten, Formularen etc. ausarbeiten
• Ressourcen verteilen und Verwendung kontrollieren• Kompetenzen vermitteln• Instrumente, Verfahrensweisen der Handlungskoordination
vorschlagen, erproben und evaluieren
„Intermediäre Akteure“ Beispiele
• Verwaltung • Fortbildung• universitäres Institut IUS
Koordination zwischen den Akteuren unterstützen und verbessern, z.B. durch
• normative Intentionen zu Vorgangsweisen, Pflichten, Formularen etc. ausarbeiten
• Ressourcen verteilen und Verwendung kontrollieren• Kompetenzen vermitteln• Instrumente, Verfahrensweisen der Handlungskoordination
vorschlagen, erproben und evaluieren
„Intermediäre Akteure“ Beispiele
• Verwaltung • Fortbildung• universitäres Institut IUS
Koordination zwischen den Akteuren unterstützen und verbessern, z.B. durch
• normative Intentionen zu Vorgangsweisen, Pflichten, Formularen etc. ausarbeiten
• Ressourcen verteilen und Verwendung kontrollieren• Kompetenzen vermitteln• Instrumente, Verfahrensweisen der Handlungskoordination
vorschlagen, erproben und evaluieren
Governance2 als Analyse-Perspektive: Analysefragen
Handlungskoordination: Wie koordinieren Akteure ihre Handlungen?
• Basale Governance-Mechanismen: Beobachtung, Beeinflussung, Verhandlung
• „Klassische Modelle“ - institutionell verdichtete, komplexere Formen der Koordination: Hierarchie, Markt, Gemeinschaft, Netzwerk, …
• zeit- und bereichsspezifische Koordinationsmechanismen
Selbststeuerung L-profession
Außensteuerung substanzieller Ziele
Hierarchische Selbststeuerung
Konkurrenz-druck und Quasi-Märkte
Staatliche Input-Regelung
Fünf Dimensionen der Analyse von Governance-Transformationen („Governance-Equalizer“ nach Schimank und Clark)
Von der Reflexion eigenen Unterrichts zur Bildungs-systementwicklung
1. Governance-Perspektive und Governance-Analyse
2. Kategorien der Governance-Analyse: Akteure im Mehrebenensystem und Handlungskoordination
3. Aktuelle Reform-Politiken und die Rolle intermediärer Akteure
Phasen der Schulentwicklung 0
Bildungspolitische Stagnation
• durch Strukturfrage in antagonistischen Positionen erstarrt
• „Grauzonenautonomie“ (Heinrich): grassroot development – Integration, neue Lernformen
Selbststeuerung L-profession
Außensteuerung substanzieller Ziele
Hierarchische Selbststeuerung
Konkurrenz-druck und Quasi-Märkte
Staatliche Input-Regelung
Phase 0: „Grauzonenautonomie“ – „Ausgangszustand“ – 1980er Jahre
Lehrgang „Pädagogik und Fachdidaktik für LehrerInnen“ (PFL)
• Überschreitung der Grenzen zwischen Fachwissen-schaft, Fachdidaktik, Pädagogik und Schulpraxis Raum öffnen für neue Handlungskoordinationen
• aktivierende Fortbildung mittels Aktionsforschung Akteursstatus der LehrerInnen stärken Überschreitung der Grenzen zwischen
universitärer Wissensproduktion und schulpraktischer Wissensanwendung
• Aufbau von Netzwerken innovationsinteressierter LehrerInnen Verdichtung der Handlungs-koordination innovationsbereiter Akteure (freiwillige Teilnahme)
Phase I: Öffnung von Spiel-räumen – 1. Hälfte 1990er Jahre
• 'Autonomie/Gestaltungsspielräume/Schulentwicklung, Curriculum, innere Organisation
• Adressat: „Einzelschule“ – Schulpartnerschaftsgremien• optional für entwicklungsinteressierte Schulen• nach 2 Jahren von 64% der Hauptschulen und 38% der
Gymnasien genutzt; mehr Konflikte in Gymnasien
Selbststeuerung L-profession
Außensteuerung substanzieller Ziele
Hierarchische Selbststeuerung
Konkurrenz-druck und Quasi-Märkte
Staatliche Input-Regelung
Phase 1: „Schulautonomie“
Rolle intermediärer Akteure
• Fortbildung : neue Qualifikationsanforderungen – fachdidaktische und curriculare Qualifikationen – Unterrichtsentwicklung für schulautonome Lehrpläne – schulentwicklerische Qualifikationen
• Beratungs-, Moderations- und Konfliktlösungsbedarf
• neue Rolle des/r SchulentwicklungsberaterIn gesamtösterreichischer Lehrgang für „autonome SchulentwicklungsberaterInnen“
PFL • fächerübergreifende Versionen• schulentwicklerische Inhalte und Anforderungen in die PFL-
Struktur integriert
Phase II: Innerschulisches Management und neue ‚Steuerungsvorstellungen‘ – 2. Hälfte der 1990er Jahre
• Interne Steuerungsinstrumente: Schulprogramm, Evaluation/Qualitäts-management, Stärkung des Managements
• Erste externe Steuerungsinstrumente: Vergleichsarbeiten, Aufgabenbeispiele, Neuorientierung der Schulaufsicht „Vielfalt orchestrieren“
Selbststeuerung L-profession
Außensteuerung substanzieller Ziele
Hierarchische Selbststeuerung
Konkurrenz-druck und Quasi-Märkte
Staatliche Input-Regelung
Phase 2: Innerschulische Steuerungsinstrumente
Rolle intermediärer Akteure
• Qualifikation von Schulleitungen• Instrumente und Prozesse der schulinternen
Koordination: Schulprogramm als zentrales schulinternes Koordinationsinstrument
IUS • Projekt „Schulprogrammentwicklung an
berufsbildenden Schulen“ (Krainz-Dürr/ Posch/Rauch 2002)
• Strategien und Instrumente der Selbstevaluation
Phase III: PISA-Schock und schulüber-greifende Steuerung 2003 - (2001 -)
• Vergleichende Leistungsüberprüfung, einheitliche Bildungsstandards, externe Evaluationsagenturen
• [Schulinspektion (mit Unterrichtsbeobachtung)]
Selbststeuerung L-profession
Außensteuerung substanzieller Ziele
Hierarchische Selbststeuerung
Konkurrenz-druck und Quasi-Märkte
Staatliche Input-Regelung
Phase 3: PISA-Schock und Bildungsstandards
Einstellungen zu Bildungsstandards (Freudenthaler/Specht 2005)
„aufgeschlossen-kritische Einstellung gegenüber Bildungsstandards im Allgemeinen“
Allgemeine Intentionen: – „Ziele der Schule transparenter machen“ (75 %) – „Standards sind ein nützliches Instrument zur
Qualitätssicherung“ (69 %) Allgemeine Befürchtungen
– „von Standards zu Schulrankings ist der Weg nicht weit“ (78 %) – „der Blick auf Ergebnisse vernachlässigt Prozessdimensionen“
(74 %) Skepsis bei Bewertung und Anwendung der Pilotversionen
– Standards-Entwürfe „entsprechen einem modernen Grundbildungskonzept“ (34 %)
– „bringen gegenüber Lehrplänen zusätzliche Klärung und Orientierung für die Unterrichtsarbeit“ (27 %)
Wie klar ist ihnen heute, in welcher Weise die Standards zu einer veränderten Steuerung und Gestaltung des Unterrichts genutzt werden können? (Freudenthaler/Specht 2005; 2006)
Ge-samt 04
VS05
HS05
AHS05
klar 23% 74% 62% 53 %
hilfreich für Diagnose des Lernstandes
65% 77% 63% 47 %
hilfreich für Planung u Gestaltung eines kompetenzor. Unterr
42% 71% 57% 45 %
Verwenden Sie derzeit die Standards für Ihre laufende Unterrichtsplanung?
HS 04
AHS 04
VS05
HS05
AHS05
intensiv und regelmäßig
12 % 15 % 11% 2% 2 %
hin und wieder 64 % 50 % 58% 51% 41%
nie 24 % 35 % 31% 47% 58%
Verhältnis von Aufwand und Nutzen bei der Erprobung von Standards?
HS 04
AHS 04
VS05
HS05
AHS05
Standard-Arbeit = eher Erleichterung
5 % 22 %
= eher Erschwernis
32 % 21 %
Aufwand größer 41% 52% 57 %
Nutzen größer 33% 22% 17%
„Umsetzungsprobleme“
• Akzeptanz der LehrerInnen und anderer „UmsetzerInnen“
• Kompetenzen: Evaluationsmethodologie, curriculare Entwicklung, neue Didaktik
• Instrumente und Prozeduren der Handlungskoordination
• stützende und fordernde Strukturen
IUSVergleich mit SINUS (Krainer 2007) • Entwicklungsprojekte und praxisbezogene Analysen
quantifizierende Forschung und Präsenz in scientific community • Implementation = forschende Weiterentwicklung von Handlungsvor-
schlägen in neuen Kontexten verstanden – gerahmt durch stützende und herausfordernde professional communities
• Systemische Entwicklung plus Unterrichts- und Schulentwicklung
IMST3 (2004 -)• „Fachbezogenes Bildungsmanagement“ als koordinierende Instanz
im Schulsystem
Gefahren: • fehlende strukturelle Abstützung durch Positionen und Ressourcen
im Schulsystem (vgl. Evaluation von Krainer/Müller 2007) • Spannung zwischen Breite und Tiefe der Arbeit der Teilnehme-
rInnen und der Betreuung durch die ProjektbetreiberInnen
Linz, am 21. Juni 2007
Österreichische Gesellschaft für Forschung und Entwicklung im Bildungswesen
Der Vorstand der ÖFEB sendet Peter Posch und dem IUS seine Grüße und Glückwünsche und spricht seine Anerkennung für die kontinuierliche Aufbauarbeit sowie den großen Respekt für die dahinter stehende inhaltliche Arbeit und organisatorische Leistung aus.
Ferdinand Eder und der Vorstand der ÖFEB