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  • Kakteen und andere Sukkulenten 55 (5) 2004 15

    T A X A N O M I E

    Micranthocereus polyanthus subsp. alviniiM. Machado & Hofacker (Cactaceae) subsp. nov.

    von Marlon Machado & Andreas Hofacker

    Eine neue Unterart aus Bahia, Brasilien

    beschriebene Art Cephalocereus polyanthusWerdermann. C. BACKEBERG (1938) fhrte die-se Art dann in die neu von ihm geschaffeneGattung Micranthocereus Backeberg ber.Ein weiterer Fundort dieser Art sdlich vonCaetit bei Brejinho das Ametistas wurdezwischenzeitlich ebenfalls bekannt. Der Typ-fundort bei Caetit ist durch den Abbau vonQuarzsand extrem bedroht.

    A us dem brasilianischen BundesstaatBahia, bei Caetit stammt die vonProf. E. WERDERMANN (1933: 114-116)

    Abb. 1:Ein Goldbauchkoli-bri (Chlorostilbonaureoventris) be-stubt Micrantho-cereus polyanthussubsp. alvinii beiLagedo Bordado.Foto: Machado

    Vor einigen Jahren entdeckte Delmar Alvinin der Gegend von Morro de Chapu einenMicranthocereus, welcher von der Typform inmehreren Merkmalen abweicht. Dieser Fundsoll als neue Unterart beschrieben werden:

    MMiiccrraanntthhooccrreeuuss ppoollyyaanntthhuuss subsp. aallvviinniiiiM. Machado & Hofacker, subsp. nov.

    Diagn.: A subspecie Micranthocreus po-lyanthus (Werdermann) Backeberg subsp. po-lyanthus differt saetis in basi absentibus, flo-ribus plene aperientibus, spinis centralibus

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  • perspicue separatis a marginalibus, spinisatrioribus et epiphloema lignescenti.

    Holotypus: Brasilien, Bahia, Mun. Morrode Chapu, nahe des Berges Morro deChapu, 8. Juli 2003, M. Machado 32 (HU-EFS).

    Beschreibung: Krper kurzsulig, bis 1,20m hoch, an der Basis reich sprossend, Leit-bndel meist verholzt, hypertrophische Bors-ten an der Basis meist fehlend, Sprosse teil-weise niederliegend, 5-6 cm im Durchmesser.Rippen 12-15 (-17), 3-4 mm hoch, 6-8 mmvoneinander entfernt. Epidermis graugrn,bereift. Areolen 2 mm im Durchmesser, 4-8mm voneinander entfernt, mit langen weienbis grauen Haaren. Dornen nadelfrmig,nicht biegsam, sprde, strohgelb bis rtlich-braun. Mitteldornen 4, 1 aufwrts gerichtet, 4-26 mm lang, 1 horizontal oder abwrts wei-send, 4-32 mm lang und 2 seitwrts gerichtet,4-6 mm lang. Randdornen 16-26, 2-6 mmlang. Blhzone 4-5 mm breit und 15-20 cmlang, lateral, eben bis leicht eingesunken, zu-sammengesetzt aus dicht zusammenstehen-den Areolen, die Rippenstruktur verlierend,Blten tragende Areolen mit zahlreichen,lockeren, weien Haaren und 10-30 mm lan-gen Borsten. Blten 16-18 mm lang und 6-8mm im Durchmesser, tagblhend. Perikarpell2 mm lang und 3 mm breit, blasspink, Rhrebis zu 12 mm lang und 5-6 mm breit, ver-breitert an der Basis (in der Region der Nek-tarkammer ca. 4 mm), in der Mitte einge-schnrt, pinkrot bis rot, mit breiten Schuppen

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    Abb. 2:Micranthocereuspolyanthus subsp.alvinii bei Tabu-leiro dos Tigreswird auch vonSchmetterlingen,hier Phoebis phi-lea, besucht.Foto: Machado

    Abb. 3:Micranthocereuspolyanthus subsp.alvinii am Fundortbei Tabuleiro dosTigres.Foto: Machado

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  • Vor einigen Jahren entdeckte er auch die jetztzu seinen Ehren benannte Unterart und pflegtsie seither in seinem Garten.

    Fundorte und Verbreitung: Micranthoce-reus polyanthus subsp. alvinii wchst indurch Verwitterung von Quarz-Felsen ent-standenen sandigen Gebieten in einer Hhezwischen 645 bis 1175 m im Campo Rupest-re und bergangszonen zwischen Campo Ru-pestre und Caatinga in der Sommerregenre-gion der nrdlichen Chapada Diamantina,Bahia, Brasilien. Das Verbreitungsgebiet liegt

    nur an der Spitze. Perianthsegmente 3-4 mmlang und 1-3 mm breit, dreieckig bis lanzett-frmig, die ueren Perianthsegmente abges-preizt, auen pinkrot, oberhalb der Basisblasspink, die inneren Perianthsegmente nurwenig ffnend, wei bis blasscremefarben.Zahlreiche gelbliche Staubgefe, die Peri-anthsegmente nicht berragend. Griffel 12-14mm lang, weilich bis cremefarben, 5-6 Nar-benlappen, die von den Staubgefen einge-schlossen werden. Frucht eifrmig bis rund-lich, an der Basis abgeflacht, 6-8 mm langund 6-8 mm breit, matt bis leicht glnzend,glatt, rot bis rtlich pink, Bltenreste blass-braun bis schwrzlich. Samen ca. 1 mm langund breit, lffelfrmig, schwarz, glnzend, Te-stazellen flach bis konvex, Kutikula nicht ge-faltet.

    Etymologie: Micranthocereus polyanthussubsp. alvinii wird zu Ehren von Delmar Lo-pes Alvin, Morro de Chapu, Bahia, Brasilien,benannt, einem aktiven Umweltschtzer undKopf der lokalen Umweltschutzbewegung inMorro de Chapu. Delmar Lopes Alvin unter-hlt in Morro de Chapu einen kleinen Lehr-garten, in dem er insbesondere Straenkin-dern die Schnheit ihrer Heimat nher brin-gen will. Er hat zu diesem Zweck einigePflanzen der Umgebung zusammengetragen.

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    Abb. 5:Eine Pflanze mitrelativ hellen Mit-teldornen am Typ-fundort.Foto: Hofacker

    Abb. 4:Micranthocereuspolyanthus subsp.alvinii am Typfun-dort bei Morro deChapu.Foto: Machado.

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  • fast ausschlielich in den Grenzen der Mun-cipio Morro do Chapu. 8 Fundorte in einemUmkreis von 50 km um die Stadt Morro deChapu sind bislang bekannt. Es ist aller-dings zu erwarten, dass in der Gegend nochweitere Populationen existieren. Andere Kak-teenarten an den Fundorten sind z. B. Melo-cactus paucispinus Heimen & Paul, Melocac-tus glaucescens Buining & Brederoo und Ste-phanocereus luetzelburgii (Vaupel) N. P.Taylor & Eggli. Bemerkenswert ist die rum-liche Entfernung der beiden Unterarten (ca.300 km Luftlinie).

    Untersuchtes Material: Brasilien, Bahia:Mun. Morro do Chapu, nahe des Berges

    Morro do Chapu, 1090 m, 8. Juli 2003, M.Machado 32 (HUEFS). Loc. cit., 8. Juli 2003,M. Machado 33 (HUEFS). Loc. cit., 7. Juli2000, A. Hofacker 420 (UFG 24.355). Loc.cit., nahe des Drfchens Olhos Dgua doFagundes, 645 m, 19. Juli 2003, M. Machados. n. Loc. cit., 18 km stlich von Morro doChapu, nahe des Wasserfalls Ferro Doido,915 m, 8. Juli 2003, M. Machado 34 (HUEFS). Loc. cit., 8. Juli 2003, M. Machado 35 (HU-EFS). Loc. cit., 5 km sdlich von Morro doChapu an der Strae nach Bonito, Tabuleirodos Tigres, 1090 m, 20. Mrz 2002, M. Mach-ado s. n. Loc. cit., Serra da Gurgalha, Tabu-leiro das Guaribas, 1075 m, 6. Februar 2003,

    Abb. 6:Die typischeWuchsformam Typfundort.Foto: Hofacker

    Abb. 7:Die Blte des Micranthocereuspolyanthus subsp. alvinii.Foto: Hofacker

    Abb. 9:Die Frchte des Micranthocereuspolyanthus subsp. alvinii.Foto: Hofacker

    Abb. 8:Bltenschnitt des Micranthocere-us polyanthus subsp. alvinii.Foto: Hofacker

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  • M. Machado s. n. Loc. cit., Serra Duas Irms,Fazenda Lagoa dos Dourados, Tabuleiro dasDuas Irms, 1175 m, 11. Juli 2003, M. Mach-ado 36 (HUEFS). Loc. cit., 8. Juli 2003, M.Machado 37 (HUEFS); Mun. Morro doChapu, nahe Ic, Lagedo Bordado, 740 m,5. Mai 2000, M. Machado s. n. Mun. Ou-rolndia, 4,5 km nrdl. Varzea Nova, 7. Juli2000, A. Hofacker 421.

    DiskussionMicranthocereus polyanthus subsp. po-

    lyanthus bildet schon nach wenigen Jahrenan der Basis typische bis zu 10 cm langeBorstenhaare. Diese fehlen bei Micranthoce-reus polyanthus subsp. alvinii vllig.Whrend M. polyanthus subsp. polyanthusstets nichtholzige, relativ weichfleischige Kr-per ausbildet, verholzen die Leitbndel vonM. polyanthus subsp. alvinii. Rand- und Mit-teldornen sind bei der Unterart polyanthusschwer voneinander zu trennen. Die ber-gnge sind flieend. Bei M. polyanthus subsp.alvinii hingegen sind Rand- und Mitteldor-nen klar voneinander zu unterscheiden. DieMitteldornen sind bei der Unterart alvinii inder Tendenz deutlich dunkler. Allerdings be-sitzt eine Minderzahl der Pflanzen auch wei-liche bis cremefarbene Mitteldornen. Die Bl-

    ten der beiden Unterarten des M. polyanthussind von der Frbung her meist identisch. Al-lerdings ffnen sich die Perianthsegmente dersubsp. polyanthus nicht vollkommen und ge-ben der Blte so ein mehr rhrenfrmigesAussehen, whrend die Perianthsegmente der

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    Abb. 10:Micranthocereuspolyanthus subsp.alvinii am LagedoBordado-Fundort.Foto: Machado

    Abb. 11:Micranthocereuspolyanthus subsp.polyanthus beiBrejinho das Ame-tistas.Foto: Machado

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    Abb. 12:Micranthocereuspolyanthus subsp.polyanthus beiBrejinho das Ame-tistas bildet zahl-reiche Blten.Foto: Machado

    Abb. 14: Detailaufnahme der Blten vonMicranthocereus flaviflorus subsp. densi-florus, 20 km westlich von Morro doChapu. Foto: Hofacker

    Abb. 13:Micranthocereusflaviflorus subsp.densiflorus, 20 kmwestlich von Mor-ro do Chapu.Foto: Machado

    Unterart alvinii wesentlich weiter ffnen unddies bevor die Blte vollkommen entwickeltist.

    M. polyanthus subsp. alvinii unterscheidetsich von Micranthocereus flaviflorus subsp.densiflorus (Buining & Brederoo) P. J. Braun

    & Esteves durch die Bedornung, Bltenfarbe,verholzende Krper und die Entwicklung vonlangen Dornen an der Basis. M. flaviflorussubsp. densiflorus ist dorniger, der Krperverholzt nicht und verrottet vollkommen,whrend bei M. polyanthus subsp. alvinii dieverholzten Leitbndel noch lange Zeit sicht-bar sind. Auerdem entwickelt M. flaviflorussubsp. densiflorus an der Basis sehr lange, ge-bogene Dornen, was bei M. polyanthus sub-sp. alvinii nur bei einigen wenigen Popula-tionen in Anstzen sichtbar ist. Der vielleichtentscheidende Grund fr eine Trennung derzwei Taxa sind ihre kologischen Prferen-zen. M. flaviflorus subsp. densiflorus wchstauf reinem Sandstein, whrend M. polyan-thus subsp. alvinii auf Sand wchst.

    Insgesamt scheint die neue Unterart einVerbindungsglied zwischen M. polyanthusund Micranthocereus flaviflorus Buining &Brederoo zu sein und gemeinsame Vorkom-men knnen nicht ausgeschlossen werden.Feldstudien zu diesen Taxa, welche gegen-wrtig von der Universitt Estadual de Feira

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  • de Santana (UEFS) durchgefhrt werden,werden hoffentlich Licht in die Verwandt-schaftsbeziehungen dieser Taxa bringen.

    GefhrdungsstatusObwohl die neue Unterart von 8 verschie-

    denen Fundorten bekannt ist, sind die Popu-lationen nie sehr gro, jeweils nur wenigeHundert Individuen umfassend. Am FundortTabuleiro dos Tigres sind die Pflanzendurch Abbau von Quarzsand, der beim Haus-bau Verwendung findet, gefhrdet, an den an-deren Fundorten durch die Feuer, die die lo-kale Bevlkerung regelmig legt. Die Popu-lation nahe des Ferro Dido Wasserfalls isthierdurch praktisch ausgelscht. Eine gewisseAnpassung erfolgt durch die strkere Tendenzder Pflanzen zur Sprossung, aber durch dieregelmigen Brnde scheint die Regenerati-onskapazitt der Pflanzen erschpft. Wirschlagen daher vor, die Unterart in die Kate-gorie VU [= vulnerable, Kriterien A4ac,B2ab(iii), C2a(i), nach IUCN 2001] einzustu-fen.

    DanksagungDie Autoren bedanken sich bei Drs. Sjef

    Theunissen fr die Erstellung der lateinischenDiagnose.

    Literatur:BACKEBERG, C. (1938): Cactaceae Lindley. Bltter

    Kakt.-forsch. 5(6). C. Backeberg, Volksdorf/Hamburg.

    IUCN (2001): The IUCN Red List of threatened spe-cies - 2001 categories & criteria (v. 3.1). IUCNSpecies Survival Commission, Gland & Cambridge.

    WERDERMANN, E. (1933): Brasilien und seine Su-lenkakteen. J. Neumann. Neudamm.

    Marlon MachadoRua 29 de Julho121 SuzanaCEP 44.380-000 Cruz das AlmasBahia, BrasilienE-Mail: [email protected]

    Andreas HofackerNeuweiler Str. 8/1D 71032 BblingenE-Mail: [email protected]

    Abb. 15:Eine bersichtber das Vorkom-men der neuenUnterart Micran-thocereus polyan-thus subsp. alvinii.

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    Summary: A new subspecies of Micranthocereus polyanthus, M. polyanthus subsp. alvinii M. Machado & Ho-facker, is described. The new subspecies differs from the typical subspecies in the absence of long spines at the ba-se of the stems, by the flowers with patent perianth segments even before anthesis, central spines clearly distin-guishable from radial spines, and a woody vascular cylinder.

    Resumo: Uma nova subespcie de Micranthocereus polyanthus, M. polyanthus subsp. alvinii M. Machado & Ho-facker, descrita. A nova subespcie difere da subespcie tpica pela ausncia de longos espinhos na base dos cau-les, pelas flores com segmentos do perianto patentes at mesmo antes da antese, pelos espinhos centrais claramentedistinguveis dos espinhos radiais, e por possuir cilindro vascular lenhoso.

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