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MAG 32 Alexander Jones tanzt «In the Middle, Somewhat Elevated»

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Schwerpunkte: Ballettpremiere «Gods and Dogs», Gastspiel-Premiere «Norma»

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Alexander Jones tanzt «In the Middle, Somewhat Elevated»

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Editorial 1

Tanzlust Verehrtes Publikum,

Kunstwerke brauchen einen Namen, den man auf Plakate, Billette und Buchcover schreiben kann. Das ist beim Ballett nicht anders als beim Schauspiel oder in der Literatur. Aber nirgendwo scheint die Titelsuche so schwierig zu sein wie im Ballett, besonders im abstrakten Tanz: Wie soll man ein Werk nennen in einer Kunstform, die ohne das Wort auskommt, die nur aus Körper, Bewegung, Raum und Licht besteht und sich jeder Begrifflichkeit entzieht? Der Titel darf nicht zu wenig und nicht zu viel erzählen. Er soll der Fantasie Raum lassen und doch etwas fassen. Er muss leicht sein, offen und poetisch wie eine schöne Pas-de-deux-Hebung.

Die Stücke unseres dreiteiligen Ballettabends, der am 30. September Premiere hat, tragen geheimnisvolle Titel, sie heissen In the Middle, Somewhat Elevated; Gods and Dogs und Minus 16. Ihre Bedeutung hier erklären zu wollen, wäre ein törichtes Unterfangen. Antworten auf die Frage, was die Titel meinen, können nur die Auf-führungen selbst geben. Aber in ihrer Rätselhaftigkeit geben sie ein Versprechen auf grosse Kunst. Vor den Titeln stehen drei Choreografen-Namen, die die Einlösung dieses Versprechens garantieren. Der Ballettabend führt mit William Forsythe, Jiři Kylián und Ohad Naharin drei Grossmeister des zeitgenössischen Tanzes zusammen, und ihre für unsere Neuproduktion ausgewählten Werke haben eines gemeinsam: Sie sind allesamt Haupt- und Zentralwerke der Künstler.

Sie haben, verehrtes Publikum, also in dieser Ballettproduktion die Gelegenheit, William Forsythe, Jiři Kylián und Ohad Naharin auf dem Höhepunkt ihres choreo-grafischen Schaffens zu erleben. Unser Ballettdirektor Christian Spuck, der den Abend zusammengestellt hat, hatte in der Vorbereitung für einen kurzen Moment mit dem Gedanken gespielt, ihn mit dem Titel «Meisterwerke» zu überschreiben, was zwar ein bisschen allgemein formuliert gewesen wäre, aber inhaltlich gut gepasst hätte. Meisterlich sind die choreografischen Arbeiten nämlich allesamt. Da ist Jiři Kyliáns tänzerische Reflexion über das Ausgesetztsein und die Verletzlichkeit des Menschen und die fragwürdigen Kategorien von Normalität und Wahnsinn, Labilität und Gesund-heit, in die er sich gezwängt sieht. Da ist William Forsythes faszinierend energe ti sches und hoch dynamisches Stück, das er für die Pariser Oper kreierte und das zu seiner erfolgreichsten Arbeit überhaupt avancierte. Und es gibt Ohad Naharins spek takuläres, auf dem Grat zwischen Spass, Tanzlust und gesellschaftskritischer Abgründigkeit balancierendes Stück. Da zum ersten Mal eine Arbeit des charismatischen israelischen Choreografen am Opernhaus zu sehen ist, haben wir ihm einen Schwerpunkt in unserer aktuellen MAG-Ausgabe gewidmet.

Es gibt in den nächsten Wochen in unserem Spielplan aber noch ein weiteres Highlight: Cecilia Bartoli ist als Norma am Opernhaus Zürich zu erleben. Sie ist mit ihrer Salzburger Produktion für vier Vorstellungen zu Gast. Der Zürcher Auftritt gibt den Startschuss zu einer internationalen Tour, auf die diese Produktion anschliessend geht. Damit sind die Themen unseres MAGs aber noch lange nicht erschöpft. Lassen Sie sich überraschen!

Claus Spahn

MAG 32/ September 2015 Unser Titelbild zeigt Alexander Jones, ein Porträt des Tänzers finden Sie auf Seite 22 (Foto Florian Kalotay)

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3Inhalt

Opernhaus aktuell — 6Drei Fragen an Andreas Homoki — 7Wie machen Sie das, Herr Bogatu? — 9Die geniale Stelle — 32 Volker Hagedorn trifft... — 38 Meine Rolle — 40 Der Fragebogen — 42 Kalendarium und Serviceteil — 43Sibylle Berg — 48

—10 Alles Gaga?Erstmals tanzt das Ballett Zürich eine Choreografiedes israelischen Choreografen Ohad Naharin.Eva-Elisabeth Fischer hat ihn getroffen

—22Alexander Jones ist neuer Solistdes Balletts Zürich. Michael Küster porträtierteinen besonderen Tänzer

— 26 Das Ballett Zürich begeistert beimEdinburgh International Festival.Ein Gastspieltagebuch

—34 Cecilia Bartoli ist Norma: Die gefeierte Produktion der Salzburger Pfingstfestspiele ist ab 10. Oktober am Opernhaus Zürich zu sehen

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Liederabend Anne SchwanewilmsAnne Schwanewilms ist eine der füh ren­den Strauss­Sängerinnen unserer Tage. Mit Partien wie der Feld marschal lin (Der Rosenkavalier), der Kaiserin (Die Frau ohne Schatten), Chrysothemis (Elektra) und Arabella begeisterte sie das Publikum u.a. bei den Salzburger Festspielen, an der Mailänder Scala und an der Metropolitan Opera in New York. Dass sie ausserdem eine herausragende Lied gestalterin ist, davon zeugen zahlreiche Liederabende und Aufnah­men. Zu sammen mit dem Pianisten Malcolm Martineau präsentiert sich die vielseitige Sopranistin Ende Oktober am Opernhaus Zürich. Auf dem Pro­gramm stehen die Wesendonck-Lieder von Richard Wagner sowie Lieder von Claude Debussy, Hugo Wolf und Arnold Schönberg.

Montag, 26 Okt, 19 Uhr

Christian Gerhaher im MontagsgesprächSoeben hat der Bariton Christian Gerhaher am Opernhaus Zürich sein Debüt als Wozzeck gegeben. Nun haben Sie die Gelegenheit, diesem Aus­ nahmekünstler im Rahmen unserer Montagsgespräche zu begegnen: Chefdramaturg Claus Spahn unterhält sich mit Christian Gerhaher über dessen Weltkarriere als Liedsänger, seine Opern erfahrung mit dem Zürcher Wozzeck und sein Leben mit der Musik.

Montag, 5 Okt, 19 UhrRestaurant Belcanto

Opernhaus aktuell6

Einführungsmatinee «La bohème»In der Matinee zu unserer Neuproduk­tion von Giacomo Puccinis La bohème spricht das Inszenierungsteam um den norwegischen Regisseur Ole Anders Tandberg über seine Sichtweise auf diese Oper. Videos zum Probenprozess und musikalische Kostproben ergänzen die Gesprächsrunde. Kaffee und Gipfeli sind im Eintrittspreis inbegriffen.

Sonntag, 18 Okt, 11.15 UhrBernhard Theater

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Geschichten erzählen «Falstaff»«Mein Bauch ist mein Königreich». Nach diesem Motto lebt Sir John Falstaff, und weil er nichts lieber macht als zu essen, lässt sich der selbst er­nannte König des guten Geschmacks als Gourmet­Kritiker von ehrbaren Hausfrauen zum Essen einladen. Mrs. Quickly hat seine List durchschaut und will dem genusssüchtigen Herrn eine gepfefferte Lektion erteilen; die Kinder helfen ihr dabei. Mitwirken de: Liliana Nikiteanu, Stefanie Braun, Claire de Sévigné, David Margulis, Christoph Betulius; Konzept: Roger Lämmli. Für Kinder ab 4 Jahren und ihre Eltern.

19, 20, 26 und 27 Sept, 15.30 UhrBesammlung: Billettkasse

Marco Goecke ist «Choreograf des Jahres»Laut Kritikerumfrage der Fachzeitschrift tanz ist Marco Goecke der «Choreo­ graf des Jahres». «Er hat das, was einen Tanzkünstler einzigartig macht», heisst es in einer Kritiker­Begründung. «Er hat eine unverwechselbare Signatur. Sie kennzeichnet seine surreal vibrie renden Wunderwerke – der Zeit, des Raums, des Körpers.» Der gebürtige Wupper­taler ist Hauschoreograf des Stuttgarter Balletts und des Nederlands Dans Theaters (NDT). Für das Ballett Zürich, dem er auch in Zukunft verbunden sein wird, entstand 2014 die Choreo­grafie Deer Vision.

William Moore in «Deer Vision»von Marco Goecke

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Drei Fragen an Andreas Homoki 7

Herr Homoki, auch in dieser Saison präsentieren Sie Regisseure, die zum ersten Mal in Zürich arbeiten. Wie entdecken Sie Regietalente? Als Regisseur bin ich stolz darauf, eini ge der grössten meiner Kollegen regel­mässig nach Zürich einladen zu können. Aber bei neun bis zehn Neuproduktio­nen pro Saison habe ich auch die Pflicht, jüngere und bislang weniger bekannte Regisseure zu entdecken und zu fördern. Mit Intendanten­ und Regie­ Kollegen spreche ich viel über neue Talente, denn sie alle sind auch auf der Suche. Dann besorge ich mir regel­mässig Videos von Aufführungen, sei es auf Empfehlung oder direkte Bewer­bung. Da kann ich schon erkennen, wie ein Regisseur grundsätzlich an ein Stück herangeht, ob er ein Gefühl für Raum, dramaturgische und musikalische Ab­läufe hat und vieles andere mehr. Wenn mich ein Video neugierig gemacht hat, schaue ich mir etwas «live» an. Bei der Auswahl orientiere ich mich zunehmend international und muss mich nicht wie ein Schauspiel­Intendant auf den deutschsprachigen Raum beschränken. So präsentieren wir in dieser Saison den Norweger Ole Anders Tandberg in unserer Bohème und die Niederländerin Jetske Mijnssen für Orlando paladino in Winterthur. Beide sind allerdings alles andere als Newcomer.

Welche Ansprüche haben Sie an einen Regisseur?Das Inszenieren einer Oper stellt deut­lich andere Anforderungen an den Regisseur als im Schauspiel. Ich ärgere mich oft, wenn ich sehe, wie manche Opernhäuser versuchen, ungeheuer in­novativ zu wirken, indem sie junge Re­gisseure verpflichten, die zwar im Sprech theater von sich reden machen, in der Oper aber keinerlei Erfahrung haben. Solche Projekte scheitern eigent­lich immer. Das liegt daran, dass – an­ders als im Schauspiel – durch die Musik bereits eine starke Form vorgegeben ist,

Wie finden Sie Regisseure?zu der sich der Regisseur verhalten muss. Ein singender Darsteller, der seine Partie einstudiert hat, kann nicht geführt werden wie ein Schauspieler, der die Deklamation seines Textes gemeinsam mit dem Regisseur erst erarbeiten muss. Oder nehmen Sie die Chorszenen, in denen nicht selten bis zu hundert Perso­nen auf der Bühne stehen. Damit solche Tableaux nicht zu einer langweiligen Herumsteherei verkommen, bedarf es der Fähigkeit und auch der Erfahrung, eine solche grosse Gruppe von Men­schen zu inspirieren und sinnvoll mit der Musik in Bewegung zu setzen. Natürlich kann das auch ein Schau spiel­re gisseur lernen, aber es muss ja nicht gleich in Zürich sein. Wo soll ein Regisseur sein Handwerk lernen?Letztlich ist das Regieführen wie jede andere künstlerische Arbeit ein Beruf, den man aus der Praxis heraus erlernen muss. Richtig altmodisch: Man assistiert dem Meister, beobachtet seine Arbeit und erweitert Schritt für Schritt seinen eigenen Aufgabenbereich. Dies ge­schieht am besten in einem Theater mit Repertoirebetrieb, wo man als Assistent zum Beispiel Wiederaufnahmen selbst­ständig einstudiert. Man lernt, auf Sängerpersönlichkeiten einzugehen, sie im Sinne einer bestehenden Inszenie­rung zu führen und zu motivieren, ohne diese Inszenierung selbst kreieren zu müssen. Erst wenn alle handwerklichen Aspekte beherrscht werden, ist man als Regisseur in der Lage, eigenständige künstlerische und interpretatorische Aufgaben zu übernehmen und auf der Bühne zu zeigen. In den letzten Jahr­zehnten sind zunehmend auch akade­mi sche Studiengänge zur Regie entstan­den. Das muss kein Widerspruch sein, ein akademischer Hintergrund ist immer hilfreich, nur darf man sich nach er­folgreichem Abschluss nicht der Illusion hingeben, man sei jetzt schon ein fertiger Regisseur.Fo

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www.arbeit.landesmuseum.ch

KunsthausZürichwww.kunsthaus.ch

Mauer, Fries, Wandbild2.10.2015 – 24.1.2016Miró

Joan Miró, Femme et oiseau dans la nuit, 1945, Privatsammlung, © Successió Miró /2015 ProLitteris, Zürich

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rtWie machen Sie das, Herr Bogatu? 9

Der dreiteilige Ballettabend Gods and Dogs ist bühnentechnisch einfach: Eine nahezu leere Spielfläche, und im zweiten Teil des dreiteiligen Abends spielt noch ein Vorhang aus endlos langen Ketten mit. Kein Problem für die Technik. Aus diesem Grund habe ich gestern Abend einen Text für diese Kolumne geschrieben, in dem ich über die technischen Raffinessen der tollen Wandfahrten von Wozzeck berichtete und auch kurz beschrieb, wie man es schafft, eine riesige Gastspielproduktion, die Norma aus Salz-burg, an wenigen Tagen im Oktober in unseren straffen Spielplan einzufügen. Nach dem heutigen Tag lese ich noch einmal den gestern geschriebenen Text und muss ihn verwerfen, denn mich beschäftigt mittlerweile ein ganz anderes Thema.

Gerade stand völlig unerwartet unser Ballettdirektor Christian Spuck in meinem Büro, und das bühnentechnisch einfache Ballett, von dem ich annahm, dass es uns nicht herausfordern würde, meldete sich mit aller Kraft zu Wort. Christian teilte mir mit, dass die Gastchoreografin mehr Platz verlangt: Die Bühne müsse bis zur Rück-wand betanzbar sein.

Klingt erstmal nach einem einfach zu erfüllenden Wunsch, wenn da nicht vor der Rückwand der triumphale Torbogen der Salzburger Norma stehen würde. Sie fragen sich jetzt: Warum steht der da, obwohl wir erst im Oktober Norma spielen?

Da der Spielbetrieb im Opernhaus noch nicht begonnen hat, hatten wir letzte Woche etwas Zeit und probten den Aufbau dieser Norma. Hundertmal haben wir vom Hersteller dieser Gastspieldekoration verlangt, dass sie schnell auf- und abbau-bar sein soll. Was kam hier an? Ein Bühnenbild mit tausend Schrauben... Das kann man leider nicht schnell auf- und wegbauen, die Zeit für den Aufbau gibt es im Oktober-Spielplan nicht, und die einzige Lösung war, den riesigen Torbogen auf-gebaut auf der Hinterbühne stehen zu lassen.

Wie vermittle ich das unserer Gastchoreografin? Da brauche ich gar nicht erst mit dem Erklären anfangen, es hilft ihr ja auch nicht weiter. Lösung: Kann ich den Torbogen auf die Seite schieben?

Klingt auch erstmal einfach, wenn da nicht auf der Seitenbühne diese geniale Konstruktion des Wozzeck-Bühnenbildes stünde... Um die tollen Wandfahrten von Wozzeck zu realisieren, mussten wir nämlich fünf 16 × 8m grosse Rahmen aus Stahl bauen, von denen jeder mit 1000 Leitungen, Sensoren, Scheinwerfern, Motoren, Seilen und Umlenkrollen versehen ist. Auch hier fehlt uns die Zeit, diese jedes Mal auseinander zu nehmen. Deswegen stehen die ja fertig zusammengebaut auf der Seitenbühne. Auch das interessiert die Choreografin eher nicht.

Und jetzt? Wie lautet die Lösung? Tatsächlich fällt uns gerade keine ein. Da es aber ausser Frage steht, dass es eine Ballett-Premiere geben wird, bin ich mir sicher, dass es auch eine Lösung gibt. Ich werde im nächsten MAG darüber berichten. Zum Glück habe ich ja im neuen Layout ein paar Zeilen mehr Platz...

Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich

Wohin mit dem Bühnenbild?

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Alles Gaga

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GagaDie Basis von Ohad Naharins Tanz-Kunst ist ein selbst ent wickeltes Bewegungs- und Trainings system, das er «Gaga» nennt. Tänzerinnen und Tänzer des Balletts Zürich sind für unser MAG-Foto-shooting in die Unter-maschinerie des Opern-hauses gestiegen und haben in den Kostümen von «Minus 16» im Stile von Naharins «Gaga»- Kunst für uns impro visiert.Stefan Deuber hat sie fotografiert.

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Angepasst hat sich Ohad Naharin noch nie. Er brüskiert die Rechten, wenn er mit seiner Compagnie vor Arabern auftritt. Er schockiert die Religiösen, wenn er seine Tänzer in SM-Lederkleidung auf die Bühne schickt. Und dennoch

– oder vielleicht gerade deshalb – ist er hoch angesehen im eigenen, in sich zerrisse-nen Land. Die Batsheva Dance Company leitet Ohad Naharin seit 25 Jahren, es ist das wichtigste Tanzensemble Israels. Bereits vor zehn Jahren erhielt der weltweit bekannte Choreograf den Israel-Preis. Er kam zu Ehrendoktorwürden am Weizman Institute of Science und an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Die Stadt Tel Aviv hat ihm vor nicht allzu langer Zeit im armen Süden der Stadt ein Areal zur Verfügung gestellt, wo sein eigenes Tanzzentrum gebaut werden soll – wenn er die noch fehlenden 40 Millionen Dollar auftreibt. Ob er mit weiterer Unterstützung von Stadt und Staat rechnen kann?

Stolz präsentiert Naharin die Baupläne. Sie stammen von dem berühmten briti-schen Architekten David Adjaye. Toll sehen sie aus. Sollten sie realisiert werden, wird er seine jetzigen Räume im Suzanne Dellal Center im angesagten Stadtteil Neve Tzedek zwar weiter nutzen, aber dann hat er endlich eine eigene Bühne mit 500 Sitzplätzen und genügend Probenräume. Möglicherweise kommt ihm zugute, dass sich sein Ansehen auch in seinem Einkommen widerspiegelt. Naharin nämlich ist der höchst-bezahlte Künstler Israels. Kein Dirigent, kein Musiker, kein Schauspieler, kein Sänger verdient so viel wie er, was immer wieder Neider auf den Plan ruft. Und das alles in einer Sparte, die in den deutschsprachigen Kulturnationen, in der Schweiz, in Öster-reich und in Deutschland, nach wie vor gegen Oper und Schauspiel anstrampeln muss.

Israel ist Tanzland, obgleich es all jene, die von den fantastischen Ausbildungs-möglichkeiten profitieren und dann dort als Tänzer und Choreografen leben und arbeiten, nicht so sehen. Ohad Naharin gilt als der Botschafter des israelischen zeitge-nössischen Tanzes. Er ist sozusagen dessen Synonym, das, zumindest in der westlichen Welt, nur mit Bewunderung ausgesprochen wird. Und nun will Miri Regev, die Kultur- und Bildungsministerin im vierten Kabinett Benjamin Netanjahus, die Künstler im

Energie, die niemals versiegtDer Israeli Ohad Naharin ist ein Weltstar unter den Choreografen und eine der angesehensten Künstler-persönlichkeiten seines Landes. Mit «Minus 16» präsentiert das Ballett Zürich zum ersten Mal eine Choreografie des charismatischen Künstlers Von Eva-Elisabeth Fischer

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Land auf Linie zwingen und denen, die in den neuralgischen Punkten Palästinenser- und Siedlungspolitik nicht regierungskonform sind, den Geldhahn zudrehen. Unvor-stellbar, dass sie sich mit einem vom Renommee eines Naharin ernsthaft anlegen würde. Das würde Israel innen- wie auch aussenpolitisch dramatisch schaden. Es wäre echt gaga.

Naharins Tänzer arbeiten allenach der Gaga-Methode

Wobei Naharin gegen Gaga nichts hätte. Er mag den Klang dieses Wortes, auch seine zweisilbige Kürze. Gaga steht bei ihm für die Basis, für den Ausgangspunkt seiner Arbeit. Es ist ein Bewegungs- und Trainingssystem, das er in den vergangenen 30 Jahren entwickelt und immer weiter verfeinert hat und das man am besten mit der Selbstwahrnehmung des eigenen Körpers umschreiben könnte. Man kann Gaga als Nicht-Tänzer nur anhand Videoclips im Internet allenfalls in Ansätzen kennenlernen, denn während des Trainings darf niemand zuschauen. Eine Gaga-Klasse sieht auf den ersten Blick so aus, als könne jeder machen, was er will. Stimmt aber nicht. Egal, ob es sich um Gaga-Klassen für Kinder oder Senioren, Laien oder Profis handelt: Vorn steht einer, der ansagt, was erlaubt und was verboten ist. Selbstverständlich trainieren alle Tänzer der Batsheva Dance Company nach der Gaga-Methode. Und selbst Leute, die diese Methode für eine letztlich nicht erklärbare Spinnerei halten, können nicht leugnen, dass Naharins Tänzer über eine offenbar niemals versiegende Energie und enorme Kraft verfügen. Sie sind biegsam, geschmeidig und ebenso hochtrainiert wie Tanzvirtuosen, die sich täglich an der Stange schinden. Denn Ohad Naharin schätzt Virtuosität ebenso wie den Groove. Mit dem Unterschied, dass seine Tänzer keiner sturen Technik folgen, sondern danach trachten, ihren Körper immer besser kennen-zulernen, um ihn dann ganz gezielt und sehr bewusst vielschichtig einsetzen zu können. Auch in der Attacke, und immer ein wenig über die eigenen Grenzen hinaus. Totes Fleisch, wie Ohad Naharin besinnungslos gedrillte Tanzautomaten nennt, mag er nicht.

Seine Tänzer müssen bereit sein, sich ihren Dämonen zu stellen, auf die ein jeder bei kontinuierlicher Selbstinspektion notgedrungen trifft. Sie müssen sich ihren Schwächen stellen, aber auch ihrer Sinnlichkeit, um all das, worauf sie stossen, im Tanz zu sublimieren. Wer tanzend nach innen schaut, braucht keinen Spiegel und erst einmal kein Publikum. Die Selbstbespiegelung der danse d’école weicht der In-trospektion. Dennoch garantiert Naharin denen, die sich auf Gaga einlassen, auf die spektakulären Bewegungen wie auch auf die nahezu unsichtbaren Gesten, die der Körper bei gestärkter Wahrnehmung hervorzubringen imstande ist, eine Menge glücklicher Momente.

Ein völlig entspannter und trotzdem ungemein präsenter Künstler

Man sieht das an Naharin selbst, wenn er einen Raum betritt. Er ist, wenn man so will, der perfekte Werbeträger seiner eigenen Methode, wirkt völlig entspannt und dennoch durch seine aktive Körperspannung ungemein präsent. Man schaut automa-tisch hin und wähnt ein Raubtier auf dem Sprung vor sich. Solch freundliches Ent-gegenkommen, die Lässigkeit, die Selbstverständlichkeit, mit der er seinen Mitmen-schen lächelnd begegnet, die hatte er noch nicht, als er jung war. Zur Jugend gehört die Arroganz. Wer mit 63 – so alt ist Ohad Naharin jetzt – immer noch die blasierte Allüre vor sich herträgt, ist dumm. Und Naharin ist alles andere als dumm. Wer ihn bei Proben beobachtet, wenn er, wie fast alle Regisseure und Choreografen, etwa zehnte Reihe Mitte lümmelt, der gewinnt schnell den Eindruck, Naharin nehme die Welt im Weitwinkel wahr wie ein Pferd. Generalprobe im Juni dieses Jahres im Suzanne Dellal Center in Tel Aviv, wo Naharin und die Batsheva Dance Company seit 1990

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Tanzautomaten mag Ohad Naharin nicht. Er setzt auf

Selbstwahrnehmung, Sinnlichkeit und Groove

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Naharins Choreografien sind

hochenergetisch und haben

einen politischen Kern

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beheimatet sind. Bevor er die letzten Anweisungen für sein jüngstes Stück Last Work gibt, fegt ein kleines Mädchen, vielleicht acht oder zehn Jahre alt, über die Bühne, springt und kreiselt wild herum, neckt den Hausfotografen Gadi Dagon, gibt sich ungezügelt seiner Bewegungslust hin. Kinder geniessen in Israel alle Freiheiten. Und als Kind des Choreografen Ohad Naharin, eines alten Vaters, der mit Gleichmut vieles gewährt, gehört die Erfahrung von Freiheit wohl von Beginn an zum Lebens-gefühl. Auch die Mutter des Mädchens, die erst 31 Jahre alte Eri Nakamura, ist Tänzerin bei Batsheva (Naharin ist nach dem Tod seiner ersten Frau im Jahr 2002 nun ein zweites Mal verheiratet). Und so hat auch die gemeinsame Tochter die bes-ten Chancen, ihr Talent erblühen zu lassen. Ganz ohne die andressierte Affigkeit so mancher Mädchen im rosa Tutu.

Dabei ist Naharin auch streng. Man könnte sagen, die Tänzer sind ein gemein-schaftlicher Körper mit ganz individuellen Ausprägungen, die er gezielt herausarbei-tet. Es ist erst einmal schwer begreiflich, wenn er sagt, dass seine Tänzer nicht nur hochintelligent, sondern auch schwach sein sollten. Wahrscheinlich versteht er unter Schwäche den geringen Widerstand, den die Menschen, mit denen er bevorzugt ar-beitet, leisten, wenn sie sich dem eigenen Ich und dessen Untiefen stellen. Stark, selbstreflektiert, sensibel, ja porös, so stellt man sich die Tänzerpersönlichkeiten der Batsheva Dance Company vor. Umso mehr verwundert es, wie Naharin es immer wieder schafft, mit fremden Tanzcompagnien zu arbeiten und seine Stücke dennoch authentisch aussehen zu lassen. Schwer zu sagen, inwieweit er beim Training, bei den Proben manipulativ wirkt. Klar ist: Einer muss oben sein, im Theater gibt es keine Demokratie. Er ist der Kopf, agil, schnell und mit den Augen überall.

Minus 16, das nunmehr vom Ballett Zürich einstudiert wird, hat er 1999 beim Nederlands Dans Theater, also ebenfalls bei einer fremden Compagnie, uraufgeführt, was das Durchdringen ungewohnter Denk- und Bewegungsmuster wahrscheinlich ein wenig erleichtert hat. Minus 16 ist ein Kompendium starker Nummern aus diver-sen Naharin-Stücken, und es versteht sich von selbst, dass Zürichs vielseitige Com-pagnie parallel zu den Proben Gaga trainiert.

Erst als 22-Jähriger begann Naharin mit dem Tanzen

Es gibt zwei Brüder in Israel, sie firmieren als Heyman Brothers, beide übrigens total gaga, die haben Ohad Naharin gut zehn Jahre lang ganz ohne Finanzierung gefilmt. Nun ist sie endlich fertig, diese (nach wenigen Ausschnitten zu urteilen) höchstwahrscheinlich grossartige Dokumentation. Naharin freut sich herzlich. Geld floss über Crowd Funding im Netz. Und treffend heisst sie Mr. Gaga. Dabei hat dieser Mr. Gaga, der mittels Gaga nicht nur die Gymnastizierung des Körpers, sondern auch die der Seele und des Geistes praktiziert, vom Schulstil her eine ziemlich harsch reglementierte Tanzausbildung hinter sich.

Ohad Naharin ist ein Sabre, ein gebürtiger Israeli. Er wurde 1952 in eine künst-lerisch geprägte Familie geboren, begann aber erst 1974, also sehr spät, mit 22, nach dem obligatorischen dreijährigen Militärdienst, mit der Tanzausbildung bei der Batsheva Dance Company. Zu jener Zeit ahnte noch niemand, dass er eines Tages der Vater des israelischen Tanzes genannt werden würde, am wenigsten er selbst. Zumal da der freie Tanz in Palästina/ Israel, der heuer auf eine Erfolgsgeschichte von exakt hundert Jahren zurückblicken kann, von Frauen geprägt wurde. Es waren zu-nächst drei Wienerinnen, die diese Tradition begründeten, zunächst Gertrud Kraus, dann die Ornstein-Schwestern, die bereits lang vor der Schoah ins damalige Palästina einwanderten. Nach dem Zweiten Weltkrieg, 1948, im Jahr der Staatsgründung, kam Yehudit Arnon mit ihrem Mann nach Israel. Die gebürtige Tschechin hatte Auschwitz überlebt, weil sie tanzen konnte. Und sie brachte mit der Gründung der Kibbuz Dance Company in ihrem Kibbuz Ga’aton nahe der libanesischen Grenze neuen Schwung in den israelischen Tanz, der bis dato einzig und allein vom Ausdruckstanz geprägt

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war. Den radikalen Umbruch aber schaffte die Modern-Dance-Ikone Martha Graham. Die Mitbegründerin der Batsheva Dance Company, Batsheva de Rothschild, holte Martha Graham, auf dass sie der ersten israelischen Compagnie für zeitgenössischen Tanz auch noch nach dem Gründungsjahr 1964 buchstäblich auf die Beine helfe. Graham war dann auch Naharins Lehrerin und vermittelte ihm die Grundpfeiler seiner Technik: körperliche Kraft und dramatischen Ausdruck. Sie verschaffte ihm ein Stipendium und brachte ihn nach New York, wo er an der School of American Ballet und an der hochberühmten Juilliard School studierte. Erste Engagements führten ihn zurück nach Israel zur Bat-Dor Dance Company und nach Brüssel zur seinerzeit berühmtesten europäischen Modern-dance-Company schlechthin – Maurice Béjarts Ballet du XXème Siècle. Nach ersten eigenen Choreografien gründete er mit seiner ersten Frau Mari Kajiwara, einer grossartigen Tänzerin, Anfang der Achtzigerjahre in New York die Ohad Naharin Dance Company, die bis 1990 bestand.

Aus einem spassigen Lied wird ein Schreckensgesang

Denn in diesem Jahr kehrte er heim, um die Batsheva Dance Company als künst-lerischer Leiter zu übernehmen. Fortan wirkte er stilprägend. Wie überall auf der Welt fungiert der zeitgenössische Tanz als Seismograf eben jener Gesellschaft, in der er entsteht. Tanz aus Israel ist dynamisch, hoch energetisch und bisweilen ziemlich aggres siv. Ohad Naharins Choreografien haben allesamt einen politischen oder zu-mindest gesellschaftskritischen Kern, den er selbst zwar weniger wichtig findet als den Tanz selbst, der im krisen- und kriegsgebeutelten Israel aber fast zwangsläufig ins Zentrum rückt. An dem Lied Echad Mi Yodea aus der Pessach-Erzählung über die Grundfesten des Judentums von 13 Strophen, das wegen seiner Abzählreime vor allem Kinder beim Seder-Abend verzückt, bestrickte ihn der suggestive Rhythmus, sagt er. Der religiöse Inhalt sei ihm egal. Seine Version von im Halbkreis sitzenden Tänzern, die stampfend ihre Kleider von sich werfen, brachte 1988 nach der Uraufführung die Frommen auf den Plan. Sie wollten den Tanz verboten sehen. Denn Naharin macht aus dem spassigen Lied einen gewalttätigen Schreckensgesang: Angetrieben von dunklen Percussion-Schlägen, skandieren Männer und Frauen in schwarzen Anzügen und weissen Hemden eine Art Schlachtruf entfesselter Gotteskrieger. Echad Mi Yodea übrigens ist ein gewichtiger Teil von Minus 16. Auch in Zürich wird das Stück, das Ohad Naharin seiner ersten Frau Mari Kajiwara gewidmet hat, seine suggestive Wir-kung nicht verfehlen.

Eva-Elisabeth Fischer ist Redakteurin der «Süddeutschen Zeitung» und eine langjährige Tanzjournalistin. Ihr Interesse gilt hauptsächlich den grenzüberschreitenden Kunstformen.

Die TänzerInnen des Foto shootings:Juliette Brunner (S.12) Mélissa Ligurgo (S.10)Alba Sempere Torres (S.16)Benoît Favre (S.15 u. 19)Daniel Mulligan (S. 12)

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Gods and DogsChoreografien von William Forsythe, Jiří Kylián und Ohad Naharin

In the Middle,Somewhat Elevated Choreografie/Bühnenbild/ Kostüme/Lichtgestaltung William ForsytheMusikThom Willems / Leslie Stuck EinstudierungKathryn Bennetts

Gods and DogsChoreografie/ BühnenbildJiří KyliánMusik Dirk HaubrichLudwig van BeethovenKostüme Joke Visser Lichtgestaltung /ComputerprojektionKees Tjebbes / Daniel Bisig, Tatsuo UnemiEinstudierung Urtzi Aranburu

Minus 16Auszüge aus «Zachacha», «Anaphaza» und «Mabul»Choreografie/ Bühnenbild / KostümeOhad NaharinMusikSoundtrack «Cha-Cha de amor», Dean Martin,Yma Sumac, Rolley Polley; Dick Dale, Tractor’s Revenge & Ohad Naharin,Antonio Vivaldi,Harold Arlen/ Marusha, Frédéric Chopin u.a.LichtgestaltungAvi Yona Bueno (Bambi)Einstudierung Guy Shomroni

Premiere30 Sept 2015Weitere Vorstellungen 2, 4, 9, 11, 16, 24, 30 Okt, 7 Nov 2015Vorstellungen Winterthur27, 28 Okt 2015Einführungsmatinee20 Sept 2015

Exklusiver Partner Ballett Zürich

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Gods and DogsJiří Kylián

Eine flackernde Kerze am Bühnenrand. Ein auf den Bühnenhintergrund projizierter Wolfshund, der auf die Besucher zuhechelt, und ein silbern schimmernder Schnur-vorhang – das sind nur drei der Zutaten für eine der magischsten Tanzschöpfungen des tschechischen Choreografen Jiří Kylián. Das Ballett Gods and Dogs entstand 2008 für das Nederlands Dans Theater, das Kylián als langjähriger Direktor entscheidend geprägt hat. Seine einhundertste Kreation für die renommierte Compagnie aus Den Haag ist ein dunkel-geheimnisvolles Kammerballett für vier Paare, in dem Kylián die Grenzen zwischen Normalität und Wahnsinn reflektiert und nach den Normen fragt,

Szene aus «Gods and Dogs» am Nederlands Dans Theater (NDT)

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Eine Studie über die «Elemente akademischer Virtuosität» – so hat der amerikanische Choreograf William Forsythe sein Ballett In the Middle, Somewhat Elevated genannt. Rudolf Nurejew hatte seinerzeit den Auf-trag für dieses Stück gegeben, das 1987 vom Ballett der Pariser Oper ur aufgeführt wurde. Bis heute gilt es als Forsythes erfolgreichste Choreo-grafie, finden sich doch hier zum ersten Mal alle Elemente seiner cho-reografischen Ästhetik vereint. Das Ballett lebt von der ungeheuren Dyna mik zwischen Verlangsamung und Beschleunigung. Angespannt- kompakte Körper stemmen ihr Ge-wicht gegeneinander und lassen beim Ringen um die Balance explosions-

artige Entladungen entstehen. Unter stützt von Thom Willems’ elektronischer Musik, verteilt sich die Körperenergie zentri fugal im Raum, während die klassi sche har mo-nische Linienführung in neue Dimensionen ausgreift und Altvertrautes plötzlich fremd und neuartig erscheint.

Traditionelle Figuren des Balletts verfremdet Forsythe, indem er sie beschleunigt, spiegelt oder in ihre Einzelteile zerlegt. «Das Auseinanderreissen von überlieferten Schrittfolgen und Zusammenhängen», so Forsythe-Spezialist Gerald Siegmund, «ver-leiht den Bewegungen eine ungeheure Kraft und Dynamik, weil sie gleichsam ohne Vorbereitung getanzt werden. Wird im Ballett zu jeder Figur durch vorbereitende Schritte hingeleitet, spart Forsythe die Übergänge einfach aus und isoliert auf diese Weise die Figuren zu einer Aneinanderreihung von Höhepunkten.»

In the Middle, Somewhat ElevatedWilliam Forsythe

die beides definieren: «In jedem Augenblick kann man der einen oder anderen Katego-rie zugeordnet werden. Aber der genaue Moment, an dem man ultimativ über die un sichtbare Grenze ins düstere Reich krankhafter Verrücktheit gestossen wird, entzieht sich unserer Wahrnehmung. Mir ist klar, dass ich nicht der Erste oder Letzte bin, der diese Frage stellt, und dass jede neue Generation jene zwielichtigen Zonen der mensch-lichen Existenz neu für sich definieren muss. Dennoch ist sicher, dass jede Art von Ent wicklung einen gesunden Schuss Verrücktheit braucht.»

Elektroklängen von Kyliáns «Hauskomponisten» Dirk Haubrich sind die beiden ersten Sätze aus Ludwig van Beethovens Streichquartett op. 18 Nr. 1 an die Seite ge stellt, deren melodiöse Schönheit immer wieder von harten Schlägen konterkariert, fast zerrissen wird. In den Niederlanden wurde Gods and Dogs 2009 mit dem Theater-preis Zwaan als «Beeindruckendste Tanzproduktion des Jahres» ausgezeichnet.

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Ich brauche neue ImpulseAlexander Jones ist neuer Solist des Balletts Zürich. Nach erfolgreichen Jahren in Stuttgart wagt er einen Neuanfang

Ein heisser August-Nachmittag in Zürich. Alexander Jones wartet am Bühneneingang des Opern-

hauses und wirkt angespannt. Gerade mal drei Wochen ist er in Zürich und hat noch längst nicht alle Hürden genommen, die jeder ausländische Neuankömmling in der Schweiz überwinden muss, egal ob es sich um die Wahl der richtigen Krankenkasse oder den passenden Handy-Vertrag han-delt. Doch all das wird zur Nebensache angesichts des Gastspiels mit dem Ballett Zürich beim Edinburgh International Festival und der wenig später folgenden Premiere des neuen Ballettabends Gods and Dogs. Die Choreografien von Wayne McGregor und William Forsythe, in de-nen Alex tanzen wird, sind eigenwillig und hoch kompliziert. Höchste Konzen-tration ist deshalb unabdingbare Voraus-setzung, um sie in der Kürze der zur Verfügung stehenden Probenzeit zu er-lernen. Doch als wir wenig später unweit des Opernhauses im Café sitzen, scheint aller Stress von ihm abzufallen. Schnell sind wir mitten im Gespräch. Seine gerade mal vier Ferientage, erzählt er, habe er dazu benutzt, seinen Umzug nach Zürich zu bewerkstelligen. Keine Sommerreise ins englische Suffolk, wo seine Familie wohnt. Kein Ausspannen, kein Loslassen. Doch Alex sieht es gelassen: «Während sich meine neuen Tänzerkollegen in ihren Ferien erholt und entspannt haben, kam ich direkt aus der gerade erst zu Ende gegangenen Ballettsaison in Stuttgart. Aber das hatte auch Vorteile. Ich war noch absolut in Form und konnte mit 100 Prozent in meine neue Arbeit einsteigen.»

Beste Voraussetzungen, um sich gleich an seinem zweiten Arbeitstag in Zürich einer Audition für Forsythes In the Middle zu stellen. «Obwohl ich einige Tänzer hier in Zürich kenne, bin ich für die meisten doch ‹Der Neue›, und so war dieses Vortanzen nicht nur für Kathryn

Bennetts, die das Stück mit uns einstu-diert, sondern für die gesamte Compagnie bestimmt. Da wird natürlich sehr genau hingeschaut, denn jeder möchte wissen, was du drauf hast.» Doch zum Glück ist der Erwartungsdruck mittlerweile verflo-gen. Alex weiss, was er kann. Zehn Jahre hat er im Stuttgarter Ballett getanzt, seit 2011 als dessen Erster Solist. «Dabei hatte ich ursprünglich gar nicht die Absicht zu tanzen», lacht er. Sport wurde gross ge-schrieben in der Jones-Family: Schwim-men und Netball, eine englische Basket-ball-Variante, waren bei den Eltern an der Tagesordnung, und auch für Alex und seine drei Geschwister war klar: Bewe-gung muss sein! Und dazu gehört eben auch ein bisschen Ballettunterricht.

Ungläubiges Staunen allerdings, als Alex völlig unerwartet mit dem «Best Boy’s Award» von einem Tanzwettbewerb in London zurückkehrt. Die Mutter eines ebenfalls tanzenden Freundes wirft das Stichwort «Royal Ballet School» in die Runde, und dann geht alles ganz schnell. Aufnahmeprüfung in letzter Minute, denn die Bewerbungsfrist ist längst abge-laufen. «Bestanden!», lautet das Urteil der Prüfungskommission, und wenige Wo-chen später ist Alex mit gerade mal elf Jahren Schüler an Englands altehrwürdi-ger Tänzerschmiede.

«Die ersten zwei Jahre wusste ich eigentlich nicht, was ich da mache. Ich habe das damals sehr ernst genommen und hart gearbeitet, aber auch viel ge-weint. Gar nicht so sehr aus Heimweh, sondern weil die anderen Jungs, die viel länger Ballettunterricht gehabt hatten als ich, in meinen Augen viel, viel besser waren. Ich fühlte mich nicht gut genug. Das war ein Gefühl, das ich von meinen sportlichen Aktivitäten – vom Schwim-men, Tennis, Judo und Rugby – nicht gewöhnt war. Aber ich hab die Zähne zusammengebissen. Ab der Upper School

«Ich geniesse die Spontaneität auf

der Bühne.»

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lief es dann wirklich gut, und mit etwa 14 wusste ich dann auch, wo das hinführen könnte.» Ein Weggefährte seit diesen Londoner Jahren ist übrigens ein anderer Zürcher Solist: William Moore. «Die acht Jahre in der Schule haben wir im gleichen Zimmer gewohnt, sieben Jahre haben wir zusammen in Stuttgart getanzt, und es ist fantastisch, ihn jetzt in Zürich wieder-zutreffen. Für mich ist er noch mehr ein Bruder als meine eigenen Brüder, die ebenfalls beide Tänzer sind.»

Stuttgarts weitsichtigem Ballett-inten danten Reid Anderson ist es zu verdan ken, dass beide Tänzer zu Aushän-geschildern der württembergischen Tra-ditionscom pag nie wurden. Noch bevor die beiden von ihren Auditions in Stutt-gart und Dresden nach London zurück-gekehrt wa ren, hatte er bei der Schuldirek-tion be reits sein Interesse an den beiden Absol venten angemeldet: «Ich konnte ihm wirklich vertrauen. Stuttgart war ideal für mich. Die Verbissenheit des Anfangs ist mit der Zeit verflogen. Gerade in den letzten drei Jahren haben ich mehr den Spass an der ganzen Sache gesehen und die Spontaneität auf der Bühne genossen. Es ist so ein tolles Gefühl, sich wirklich frei zu fühlen und Freude an dem zu emp finden, was man da tut.»

In Stuttgart mit seiner grossen Tra-dition des erzählenden Balletts ist Alex-ander Jones zum Tänzer und Darsteller gereift. Er hat als Romeo in John Crankos Romeo und Julia, als Armand Duval in John Neumeiers Kameliendame und als Crankos Onegin auf der Bühne gestan-den. «Im Handlungsballett ist es wichtig, die Aufmerksamkeit ab einem bestimm-ten Moment von den Schritten ganz auf das Gefühl zu lenken, das du mitteilen willst.» In die verschiedensten Rollen hi-neinzuschlüpfen, sei allerdings keine Sa-che gewesen, die er erst in Stuttgart ge-lernt habe. «Schon auf der Schule», erin-nert er sich, «hat es mir eine Riesenfreude bereitet, mich in die verschiedensten Charaktere zu verwandeln. Damals hatten wir Gelegenheit, Aufführungen der Royal Shakespeare Company zu besuchen. Das hat mich jedes Mal unglaublich gefesselt.» Alex’ Augen leuchten, wenn er von den Shakespeare-Aufführungen im legendä ren Globe Theatre erzählt. Als ich ihn nach

sei nen Lieblingsrollen frage, muss er la-chen: «Bestimmt erwartest du jetzt, dass ich dir was über Romeo oder Onegin erzähle. Aber gerade mit einem Charakter wie Onegin habe ich mich schwer getan. Der dritte Akt ist toll, aber gerade in den ersten beiden Akten ist er so abgehoben! Man mag sich da selbst nicht, wenn man das tanzt, und auch am Schluss weisst du nicht, ob du dich drüber freuen sollst, dass du gerade zwei Stunden der arroganteste Typ der Welt gewesen bist.»

Für seine Auftritte hat Alex Jones im Laufe der Jahre seine eigene Vorberei-tungstechnik entwickelt. Am Vorstel-lungstag wird man ihn nicht schon am Morgen als liebestrunkenen Romeo oder vergeistigten Hamlet erleben. «Ich habe mir angewöhnt, so unbeschwert wie mög-lich zu jeder Vorstellung zu kommen – egal, was an dem Tag gewesen sein mag. In der Maske beim Schminken liebe ich es zu singen und vor der Aufführung mit meinen Freunden herumzualbern, fast ein bisschen hyperaktiv», lacht er, und die schalkhaften Augen blitzen. «Das schafft eine Leichtigkeit in mir, auch wenn es sich um einen dunklen, schwierigen Charakter handelt. Wenn man schon den ganzen Tag vorher am Rumgrübeln ist, was soll dann noch kommen? Es gibt auch eine Art des ‹Overthinking’s›. Früher habe ich mich den ganzen Tag nur auf den Abend konzentriert, mich mit nichts anderem beschäftigt und jedes Detail auf die Gold-waage gelegt. Aber inzwischen habe ich mir angewöhnt, ein Gefühl eher im jewei-ligen Moment entstehen zu lassen, als es in jeder Nuance vorzubereiten.» Es ist Kenneth MacMillans 1965 in Stuttgart uraufgeführte Mahler-Choreografie Das Lied von der Erde, bei der Alex ins Schwär-men gerät: «Der letzte Pas de deux im Abschied ist ein Moment, bei dem man die Leute zum Weinen bringt und selbst so ein Ewigkeitsgefühl hat. Das war für mich jedes Mal viel mehr als eine An-sammlung von Schritten, sondern dieser Abschied war immer mit den Händen zu greifen: Dieses Loslassen und Sich- dem-Ausliefern, was kommen wird.»

Einen Neuanfang wagt Alex Jones jetzt als neuer Solist des Balletts Zürich. Es ist ein Schritt, den er sich gründlich überlegt hat. «Ich fände es zu bequem,

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die Karriere nur an einem Ort zu machen und sich mit dem einmal Erreichten zu-frieden zu geben. Ich möchte nicht an den Punkt gelangen, an dem andere Leute für mich entscheiden, was ich tun soll. Das habe ich bei anderen Tänzern oft genug erlebt. Für mich war es jetzt der richtige Zeitpunkt, sich von Stuttgart zu verabschieden. Ich habe dort so viel ge-lernt und möchte das auch an einem neuen Ort anwenden und auf die Bühne bringen. Tanzen ist für mich nicht mit einem normalen Job zu vergleichen. Es ist Leidenschaft pur, und die möchte ich mir auch weiterhin bewahren. Ich brauch te jetzt neue Impulse, um mich weiterzu-entwickeln. Zürich kommt da gerade zur richtigen Zeit.»

Christian Spuck, den Alex schon aus dessen Zeit als Hauschoreograf in Stutt-gart kennt, war nur ein Grund, um vom Neckar an die Limmat zu wechseln: «Christian ist ein junger Ballettdirektor und hat eine Vision für seine Compagnie, an der ich gern mitwirken möchte. Mich reizt das abwechslungsreiche Repertoire, das hier getanzt wird. Sicher wären En-gagements in Amerika, England oder den Niederlanden möglich gewesen. Doch auch die Nähe zu Italien, der gut vernetzte Zürcher Flughafen und die Möglichkeit, in kürzester Zeit bei meiner Familie zu sein, haben mir die Entscheidung für Zürich leicht gemacht. Und ausserdem: Wo gibt es schon einen See in Wurfweite vom Bühneneingang?»

Eine riesige, anonyme Ballettcom-pagnie – das wäre der Albtraum für Alex. Mit gemischten Gefühlen erinnert er sich an einen Gastaufenthalt beim Holländi-schen Nationalballett, wo es angesichts der grossen Tänzerzahl fast unmöglich war, jeden Kollegen vor der Probe zu begrüssen. Das Gefühl, Teil einer grossen Familie zu sein, hat sich in Zürich hinge-gen sofort eingestellt: «Ich finde es un-glaublich wichtig, täglich im Gespräch mit den anderen Tänzern zu sein. Hände zu schütteln und zu wissen, dass man erwartet wird. Sich jeden Morgen auf die Leute zu freuen – das brauche ich einfach zum Glücklichsein.» Mit der Tänzerer-fahrung aus zehn Stuttgarter Jahren hat Alex zunehmend Freude daran, jüngere Tänzer beratend zu unterstützen. Das war

nicht immer so: «Als ich in Stuttgart an-gefangen habe, war ich zunächst ganz auf mich selbst fokussiert. Aber mit der Zeit habe ich gemerkt, dass es mir Spass ge-macht, meine Erfahrungen weiterzuge-ben. Das heisst nicht, dass ich später viel-leicht einmal unterrichten werde. Aber wir älteren Tänzer haben eine besondere Verantwortung. Man muss sich immer wieder klar machen, dass wir Kinder sind, wenn wir in eine Compagnie aufgenom-men werden. Gerade für junge Tänzer ist es schwierig, sich in ihrem nicht gerade stressarmen Beruf zurechtzufinden. Da kann sich aus Unsicherheit schnell auch negative Energie entwickeln. Deshalb sollten ältere Tänzer den jungen zur Seite stehen.»

Sein Zürich-Debüt wird Alex Jones am 30. September in William Forsythes Ballettklassiker In the Middle, Somewhat Elevated geben. Ist dieses hochabstrakte Stück wirklich geeignet, um sich einem neuen Publikum vorzustellen, oder wür-den sich ein Romeo oder ein Albrecht in Giselle nicht viel mehr anbieten? Alex verneint kategorisch: «Besser könnte es gar nicht sein! Ich habe diese Forsythe- Choreografie nie vorher getanzt. Ich fange bei Null an und muss mir meinen Part von Grund auf erarbeiten. Bei der Uraufführung in Paris wurde der seiner-zeit von Manuel Legris, einem der besten Tänzer überhaupt, getanzt. Das ist eine echte Herausforderung. Wenn du dich schonst, hast du in diesem Stück keine Chance! You have to do it! Kathy Bennetts macht uns das in jeder Probe klar. ‹Don’t be safe!›, ermahnt sie uns immer wieder. Und sie hat recht!»

Michael Küster

«Tanzen ist nicht mit einem normalen Job zu

vergleichen.»

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Proben, Pubs und OvationenDas Ballett Zürich ist mit einem Gastspiel beim berühmten Edinburgh International Festival in die neue Spielzeit gestartet und wurde für Wayne McGregors «Kairos» und Christian Spucks «Sonett» vom schottischen Publikum gefeiert. Ein Tagebuch

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Dienstag, 25.8.Wir werden erwartet! Schon bei der

Ankunft in Edinburgh überrascht uns die schottische Metropole mit einem herzli­chen Willkommen: Auf Bussen und Taxis ist in riesigen Lettern unser Gastspiel an­gekündigt, und auf grossen Videowänden laufen Ausschnitte aus unseren beiden Stücken Kairos und Sonett.

Heute ist noch probenfrei, wir nut­zen den Abend für einen Streifzug durch die Pubs. Das Wetter ist überraschend schön. Die Tattoo­Parade mit Trommlern und Dudelsackpfeifern marschiert nach ihrem Auftritt im Edinburgh Castle an uns vorbei.

Mittwoch, 26.8.Heute regnet es. Das geplante Fo­

toshooting mit einigen unserer Tänzer für die Times muss vom romantischen Park der Scottish National Gallery ins Festival Zentrum The Hub verlegt werden. Im Innern erinnert die umgebaute Kirche an ein Märchenschloss: Dort werden wir in Ausschnitten aus Sonett fotografiert. Am Nachmittag klart der Himmel auf, und nach einem kurzen Lunch erkunden wir die Stadt, bevor um 16.30 Uhr unsere Proben im Playhouse Theatre beginnen.

Wir treffen Daniels Mutter, die aus London angereist ist, um die morgige Vorstellung anzuschauen. Daniel ist Brite. Und noch jemand Wichtiges ist angekom­men: Unser Choreograf Wayne McGre­gor. Toll, dass wir wieder mit ihm arbeiten dürfen! Die Probe geht bis halb elf. Nach einem kurzen Drink geht’s direkt ins Ho­tel. Morgen wird ein langer Tag: unsere Edinburgh­Premiere!

Donnerstag, 27.8.Die Generalprobe im Playhouse

Theatre dauert bis zum frühen Nachmit­tag. Christian Spuck und Wayne McGre­gor arbeiten noch einmal intensiv an ihren Stücken. Tolles Mittagessen im Anschluss, nur 12 Pfund für zwei Gänge (wir sind nicht in Zürich), und der Kaffee schmeckt prima. Anschliessend ruhen wir uns im Hotel aus, um fit zu sein für den Abend.

Warm­Up um halb sieben. Lampen­fieber! Aber das gehört dazu. Die heutige Premiere ist auch die erste Vorstellung nach unseren Theaterferien.

Die Vorstellung läuft super, wir wer­den vom schottischen Publikum begeis­tert gefeiert. Applaus und Bravorufe wol­len kein Ende nehmen. Anschliessend Premierenfeier im Festival Theatre, ge­

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meinsam mit den Mitwirkenden der Zau-berflöte von der Komischen Oper Berlin, die heute ebenfalls Premiere hatten.

Freitag, 28.8. Heute Vormittag beginnt die Probe

erst um elf, wir nutzen die Zeit zu einem ausgedehnten Scottish Breakfast mit Da­niels Mum in der Stadt und gehen dann ins Theater für das Training und ein paar Korrekturen. Christian ist superzufrieden mit der gestrigen Vorstellung, und auch die Kritiken in den Zeitungen sind fan­tastisch. Am Nachmittag gibt’s ein schnel­les Mittagessen, wir bringen Daniels Mum zum Bahnhof. Für ihn war es ein tolles Gefühl, endlich wieder mal in seiner Hei­mat aufzutreten und sie im Publikum zu wissen.

Auch unsere zweite Vorstellung am Abend läuft bestens. Wir bekommen fast noch mehr Applaus und Ovationen als gestern. Anschliessend essen wir in der Nähe des Theaters und beschliessen den Abend mit ein paar Cocktails in der Forth Floor Bar auf dem Dach des Edelkaufhau­ses Harvey Nichols.

Samstag, 29.08.Heute Vormittag haben wir frei.

Ausschlafen! Nach dem Kaffee erkunden wir die Umgebung des Hotels. Wir be­sichtigen eine kleine Pop Art Ausstellung, entdecken ein wunderbares Antiquariat und werfen einen Blick in einige tolle Antiquitätenläden. Für einen annehmba­ren Preis erstehen wir einen dänischen Designspiegel und ein paar andere Klei­nigkeiten. Nach dem Mittagessen geht’s zur Royal Mile und zum Grassmarket, um ein bisschen Festivalatmosphäre zu schnuppern. Auf der Strasse und in den Bars gibt’s überall Live­Music.

Aber schon heissst es wieder Fertig­machen zur nächsten Vorstellung. Auf dem Weg ins Hotel buchen wir noch schnell Last­Minute­Tickets für eine Late­ Night­Comedy. Am Abend wieder tolles Publikum in der Vorstellung (war es die beste von den dreien?). Am Ende sind alle glücklich über unseren Wahnsinnserfolg. Jetzt schnell zum Fringe Festival. Ich bin ein Riesenfan von Stand­up Comedy, und die hier ist fantastisch! Im Hub, dem Begegnungs­ und Vorverkaufszentrum

des Festivals, treffen wir Tänzer, Leute vom Festival und andere Künstler auf ein paar Drinks – tolle Atmo sphäre! Wir er­leben die letzte Tattoo­ Parade inklusive Feuerwerk und sind diesmal ganz nahe dran. In einem Nightclub feiern wir das Ende unserer Tour, es ist seeeeehr lustig. Auf dem Heimweg ins Hotel gibt’s Fish and Chips.

Sonntag, 30.8.Der Bus zum Flughafen geht in aller

Herrgottsfrühe, aber zum Glück können wir beide ein bisschen länger schlafen, weil wir noch einen Extra­Tag in Man­chester verbringen werden. Goodbye, Edinburgh! Es war eine fantastische Tour und der perfekte Beginn für eine neue Ballettsaison.

Irmina KopaczynskaDaniel Mulligan

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Festivalfieber Edinburgh summt wie ein Bienenkorb. An vielen Orten ertönt Dudelsackmusik. Überall werben Schauspieler und Artisten um die Aufmerksamkeit der Gäste. Princess Street und Royal Mile sind erfüllt von vielsprachigem Stimmengewirr. Die schottische Hauptstadt im Festivalfieber. An die zwei Millionen Besucher kommen jeden Sommer zu den fast 2000 Veranstaltungen eines der grössten Kulturfeste der Welt. Neben dem International Film Festival und dem Edinburgh Book Festival lockt vor allem das Fringe Festival (Fringe bedeutet so viel wie Rand) mit seinen alternativen Veranstal­tungen in atemberaubender Vielfalt: Kabarett, Folk Music, Pantomime, Life Perfor­mances, Multi Media Shows, Musik aus der Dritten Welt. Das 1947 gegründete Edinburgh International Festival ist der Mittelpunkt dieses wahren Festivalreigens. In seinem ersten Jahr setzt der neue Festival­Direktor Fergus Linehan auf grosse Namen. Juliette Binoche spielt Antigone. Alain Platels hinreissende Blasorchesterhommage En avant, marche ist ebenso zu Gast wie die Berliner Volks­bühne mit ihrem Erfolgsstück Murmel, Murmel oder der Bariton Matthias Goerne mit dem russischen Klavierstar Daniil Trifonov. In der Tanzsparte ist das Ballett Zürich in hochkarätiger Gesellschaft. Neben einer Hommage an die französische Superballerina Sylvie Guillem gastieren Chinas berühmtes «Tao Dance Theatre», Israel Galváns Flamenco­Ensemble «Lo Real» und Martin Schläpfers Ballett am Rhein. Programmplaner Roy Luxford sagt: «Kairos und Sonett haben uns mit ihrer choreo­grafischen Sensibilität und ihrer theatralischen Kraft überzeugt. Englands Choreogra­fiestar Wayne McGregror das erste Mal überhaupt hier präsentieren zu können, und Christian Spuck mit seiner eigenen Compagnie vorzustellen, waren für uns gute Gründe, das Ballett Zürich einzuladen. Toll, dass die Rechnung aufgegangen ist.» Das Playhouse Theatre am Fusse des Hausbergs Calton Hill ist an allen drei Abenden gut gefüllt. Das ehemalige Kino aus den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ist Schottlands Broadway – ein riesiger Saal in Weinrot für Musical­Aufführungen und mit über 3000 Plätzen das grösste Theater Grossbritanniens! Tänzer Manuel Renard bringt es auf den Punkt: «Bei dieser Saalgrösse tanzt man mit einer ganz anderen Intensität, um auch den Zuschauer in der letzten Reihe zu erreichen.» Das Publikum feiert Wayne McGregors Kairos und Christian Spucks Shakespeare­Stück Sonett mit der grandiosen Mireille Mossé als Poet’s Shadow und Eva Dewaele als Dark Lady. Und – selten genug bei Tanzproduktionen – der landesweit erscheinende Guardian prämiert das Ganze mit fünf Sternen. Danke, Edinburgh!

Michael Küster

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The Turn of the Screw

Die Neuproduktion von Brittens Kammeroper «wagt viel und verdient dafür jedes Lob», schrieb die Neue Zürcher Zeitung nach der Premiere im vergangenen November.Die zu Beginn scheinbar harmlose Er­zählung über eine junge Gouvernante, die den Auftrag annimt, zwei Waisen­kinder in einer abgelegenen Villa zu er­ziehen, schraubt sich in immer ab­gründigere Tiefen. Das Auftauchen einer unbekannten Männergestalt und bizarre Geschichten über die Vergan­gen heit dieses Orts beunruhigen die Gouvernante zunehmend. Spukt es im Haus? Oder doch nur im Kopf der jungen Frau?In unserer Wiederaufnahme singen er­neut Layla Claire (Gouvernante) und Pavol Breslik (Peter Quint). Die Partie der Mrs. Grose übernimmt Diana Mon­tague. Es dirigiert Constantin Trinks.(Siehe auch unsere Rubrik «Meine Rolle» auf Seite 40.)

Wiederaufnahme: 11. Oktober 2015Weitere Vorstellungen: 14, 17, 23 Okt

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Wer die Odyssee gelesen hat, der wird eine Begebenheit nie vergessen: Odysseus betritt nach vielen Jahren zum ersten Mal wieder sein Haus. Niemand erkennt ihn, nur sein inzwischen alt und zahnlos gewordener Hund, den man auf den Misthaufen gewor­fen hat, hebt den Kopf, erkennt sein Herrchen, wedelt noch einmal schwach mit dem Schwanz, lässt dann den Kopf sinken und stirbt.

Diese berührend humane Szene hat Dichter, Maler und Dramatiker jahrhunderte­lang zu Adaptionen verschiedenster Art inspiriert. Auch in Hugo von Hofmannsthals Elektra­Libretto fand sie ein – freilich fatales – Echo. Die Assoziation lag nahe: Auch Orest kehrt nach langer Zeit in sein Vaterhaus zurück. Auch er muss zunächst uner­kannt bleiben, um sich nicht in Gefahr zu bringen. So mögen Hofmannsthal fast von selbst Worte in den Sinn gekommen sein, die von jener Odyssee­Stelle inspiriert waren und den Höhepunkt des Werkes, die Erkennungsszene, emotional vorbereiten: «Die Hunde auf dem Hof erkennen mich. Und meine Schwester nicht?» Der Leser des Librettos oder der Partitur reibt sich die Augen und geht ein paar Zeilen zurück, um sich zu vergewissern, dass er die Regieanweisung richtig gelesen hat. Und in der Tat steht dort, dass sich Diener vor dem Herrn, den sie erkannt haben, niederwerfen, seine Füsse, seine Hände und den Saum seines Gewandes küssen. Kein Zweifel: Orests Satz bezieht sich auf diese Menschen. Aber sind es wirklich Menschen? Für Orest – und auch für Hofmannsthal – anscheinend nicht. Es sind nur Diener, nicht mehr wert als Hofhunde.

Ist dem Librettisten hier ein Lapsus unterlaufen? Gut möglich, aber wissen wir nicht spätestens seit Freud, dass «Versprecher» oft die verschwiegene Wahrheit an die Oberfläche bringen? Liegt der «Lapsus» also nur darin, dass Hofmannsthal – kultiviert wie er nun einmal war – seine Missachtung der kleinen Leute nie so offen ausgespro­chen hätte? Falsch fand er sie anscheinend nicht.

Richard Strauss freilich brach bei der Komposition dieser Stelle die Stimme. So sehr er sich bemüht haben mag, das Echo der rührenden Odyssee­Szene in Töne zu bannen, die melodische Linie, die er Orest in den Mund legt, ist so sentimental­ schwülstig, dass man sie eher einem Werk von Kálmán oder Lehár zuordnen würde. Eine Phrase, deren Süsslichkeit eine Weiterführung unmöglich macht, weshalb Orest auch schon im zweiten Halbsatz «und meine Schwester nicht» in einen überraschend heftigen, brutalen Gestus verfällt.

Missgriff oder nicht – es liegt eine tiefe und grosse Wahrheit in diesen seltsamen zwei Takten: Die alte Zeit, deren Ende in diesem Werk mit entsetzensstarrem Blick vorausgeahnt wird, war nicht für alle auch eine gute. Sie war es nicht für jene, die an der verfeinerten Kultur keinen Anteil hatten, die für die Subtilitäten der Welt eines Hugo von Hofmannsthal keinen Sinn hatten entwickeln können, nicht für jene, die unter Verhältnissen lebten, in denen der Mensch «ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist» (Karl Marx). Es hat also auch sein Gutes, wenn diese Zeit zu Ende geht und die Möglichkeit eines Neuen eröffnet wird, einer anderen Zeit, in der Menschen nicht mehr Hofhunden gleich gelten. Zwar dürfte Hofmannsthal und Strauss ein solcher Gedanke ganz fern gelegen haben, aber auch hier trifft zu, was Heiner Müller formulierte: Das Werk ist immer klüger als sein Autor.

Werner Hintze

Von Hunden und MenschenZwei Takte aus Richard Strauss’ «Elektra»

Die geniale Stelle32

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NormaDas Opernhaus Zürich präsentiert Bellinis Oper «Norma» in einer Produktion, die erstmals vor zwei Jahren bei den Salzburger Pfingstfestspielen zu sehen war. Diese Gastspiel- Premiere ist der Auftakt zu einer internationalen Tournee. Cecilia Bartoli singt die Titelpartie

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36 Norma-Gastspiel

Wir kennen Vincenzo Bellinis Oper Norma heute vor allem in einer Auffüh-rungstradition, die vom Verismo geprägt ist, mit der Titelfigur Norma als einer Hohepriesterin, die sich zu dramatischen Ausbrüchen von der Wucht

einer Brünnhilde steigert. Adalgisa, ihre Nebenbuhlerin wider Willen, wird gerne mit einem Mezzosopran besetzt, und Pollione, der römische Verführer beider Frauen, ist ein stählerner Heldentenor. Mit diesem Klangbild bricht die vor zwei Jahren bei den Salzburger Pfingstfestspielen entstandene Norma-Produktion, die jetzt am Opernhaus Zürich als Gastspiel zu erleben ist.

Cecilia Bartoli, die Sängerin der Titelpartie, verweist darauf, dass Vincenzo Bellini die Norma-Partie nicht für einen dramatischen Koloratursopran geschrieben hat, sondern dass Giuditta Pasta die Sängerin der Uraufführung war, eine Mezzo sopranistin. Und so sucht auch Cecilia Bartoli mit ihrer virtuosen Stimme in der Norma- Partie in erster Linie nach einem empfindsamen Ausdruck. Nicht von der Strahlkraft der Sopran-stimme wird die Figur in ihrer Interpretation geprägt, sondern von der Verletzlichkeit der Emotionen. Mit Rebeca Olvera steht ihr eine Adalgisa mit einem leichten Sopran gegenüber, die dem Charakter einer zarten Novizin entspricht. Und den Pollione singt John Osborne, dessen Stimme neben dramatischer Kraft auch über viel Beweglichkeit verfügt.

Auch das Zürcher Originalklang-Orchester La Scintilla musiziert unter der Lei-tung von Giovanni Antonini aus dem Geist einer noch ganz dem klassischen Ideal verpflichteten Stilistik. Vor diesem Hintergrund entfalten die Züge der Partitur, deren

Seite 34-35:eine Szene mit Rebeca Olvera und Cecilia Bartoli

oben und rechts:Cecilia Bartoli undJohn Osborn

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gesteigerter Ausdruck auf die musikalische Romantik vorausweist, ihre erschütternde Wirkung. Die Salzburger Produktion basiert auf der quellenkritischen Neuausgabe, die Maurizio Biondi und Riccardo Minasi unter Einbeziehung zeitgenössischer Ab-schriften erarbeitet haben, und überrascht mit vielen Details, unter anderem dem Terzett am Ende des Ersten Aktes, das erstmals wieder in der ursprünglichen Gestalt erklingt.

Die Inszenierung von Moshe Leiser und Patrice Caurier verlegt das Geschehen um die gallische Seherin Norma, die aus Liebe zum Anführer der feindlichen Be-satzungs macht zur Verräterin an ihrem Volk wird, in die Zeit des Zweiten Weltkriegs. Der in der Oper thematisierte Freiheitskampf begegnet uns als eine Geschichte, die unter den Partisanen der Résistance spielt. Anklänge an die Ästhetik des Neorealismus im italienischen Nachkriegskino liegen nahe – etwa zu Roberto Rosselinis Film Rom, offene Stadt von 1945. Die politische Brisanz des Stoffes, die zur Uraufführungszeit im Italien des Risorgimento zu einem Theaterskandal geführt hatte, wird theatralisch nachvollziehbar. Schauplatz der Handlung (Bühnenbild: Christian Fenouillat) ist eine Schule, die von den Besatzern heimgesucht wird. Partisanen machen die Schule später zu einem heimlichen Treffpunkt, der ihnen heilig ist.

Für die Titelpartie hat sich Cecilia Bartoli die rückhaltlose Wahrhaftigkeit der grossen italienischen Filmschauspielerin Anna Magnani zum Vorbild genommen, die uns immer wieder mitreisst. Magnani hat in ihren Filmen häufig Frauen porträtiert, die sehr stark sind und trotzdem ihre Schwächen nicht verleugnen. Etwas von dieser Verletzlichkeit offenbart auch Norma, wenn sie es trotz ihrer verzweifelten, ohnmächti-gen Wut nicht übers Herz bringt, ihre beiden Kinder zu töten. Erst, wenn er am Ende im gemeinsamen Flammentod wieder mit ihr vereint ist, erkennt Pollione ihre wahre Grösse.

Die hochgelobte Salzburger Aufführung ist geprägt vom Bemühen um grösst-mögliche musikalische Authentizität und dem Willen zu einer realistischen szenischen Darstellung, die uns die Hauptfiguren als fassbare Charaktere und ihre Verstrickungen als konkret nachvollziehbare Situationen erleben lässt. Norma ist hier keine mythisch überhöhte und entrückte Figur. Vielmehr erleben wir das Scheitern einer leidenschaft-lich liebenden Frau, die in einen unlösbaren Zwiespalt geraten ist.

NormaOper von Vincenzo Bellini

Musikalische Leitung Giovanni AntoniniInszenierungPatrice Caurier,Moshe LeiserBühnenbildChristian FenouillatKostümeAgostino CavalcaLichtgestaltung Christophe ForeyChoreinstudierung Diego Fasolis,Gianluca CapuanoDramaturgieKonrad Kuhn

NormaCecilia BartoliAdalgisaRebeca OlveraPollioneJohn OsbornOroveso Péter KálmánClotildeLiliana NikiteanuFlavioReinaldo Macias Orchestra La ScintillaCoro della Radio tele-visione Svizzera Italiana, Lugano

Premiere Zürich10 Okt 2015Weitere Vorstellungen 13, 15, 18 Okt 2015

Eine Produktion der Salzburger Festspiele

In Zusammenarbeit mit U-Live/Universal Music Arts & Entertainment, London

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38 Volker Hagedorn trifft…

Giovanni Antonini

A bsolutely no! Er hat nie davon geträumt, im berühmtesten Haus seiner Ge-burtsstadt als Dirigent aufzutreten. Die Scala war nicht sein Ding, das Diri-gieren auch nicht, selbst mit der Musik hat es gedauert. Als er acht Jahre alt

war, wurde Giovanni Antonini von seinen Eltern im Mailänder Konservatorium vorgestellt, sie wollten ihn dort das Geigenspiel erlernen lassen. «Man fand mich nicht begabt genug», sagt er und lächelt, «zum Glück.» Er hat seinen Weg trotzdem ge-funden und dirigiert mittlerweile nicht nur an der Scala, sondern an vielen Häusern; in Zürich leitete er schon Alcina. Und jetzt sind wir in Salzburg, wo der schmale Mann mir aus dem Festspielhaus entgegenkommt. Er wirkt kleiner als am Vorabend, als er Norma dirigierte, selbst die graue Mähne scheint gebändigt, und überhaupt ist Antonini nicht der Typ Maestro, den man schon von weitem als solchen verdächtigen könnte, er ist es nicht mal aus der Nähe. «Ich war ein ziemlich schüchterner Junge», erzählt der 52-Jährige, «und die Blockflöte war mein Weg, mich auszudrücken.» Er entdeckte sie mit elf, weil ein Freund eine hatte, und er erlernte sie nur ein paar Schritte vom Elternhaus entfernt, in der Civica Scuola di Musica. «Es gab da Kurse für histo-rische Instrumente, sehr neu für Italien, und in diesen Kursen lernte ich das natürliche Repertoire der Blockflöte kennen, Renaissance und Barock.»

Das war seine Welt. Künstlerisch gesehen wuchs er auf wie ein Musiklehrling um 1600. «Es war ein Traum mit viel Platz für Freiheit, denn schon in einer simplen sonata muss man viel verzieren, improvisieren, und diese Freiheit ist grossartig für einen Heranwachsenden.» Als Geiger, der sich mit Etüden an seinen ersten Paganini heranarbeitet, hätte er wahrscheinlich aufgehört, «ich fühle mich sowieso nicht wohl in strengen Strukturen.» 1985, er war zwanzig, bildete sich ein Ensemble. Zuerst nur ein Trio mit Flöte, Cembalo, Cello, dann kam eine Laute dazu, dann waren es acht, schliesslich ein Kammerorchester, dessen Name heute berühmt ist in der Alten Musik, Il Giardino armonico. Geplant war das nicht. «Heute machen sich junge Musiker viel grössere Sorgen um ihren Job. Als ich zwanzig war, habe ich darüber nicht nachge-dacht. Wir haben nie gedacht, ob und wie Giardino finanziell läuft. Effizient sein ist nicht dasselbe wie kreativ sein. Man muss auch Zeit verlieren, Musse haben, otium nannten das die alten Römer, das ist heute nicht so in Mode. Es vergingen fünf Jahre, bis wir dachten, das könnte was werden.» Und in aller Ruhe entwickelte sich das Konzept einer «viaggio musicale», einer musikalischen Reise durchs 17. Jahrhundert, eine Achterbahnfahrt künstlerischer Freiheit, quer durch zersplitternde Vitrinen, ein pausenloser, von Improvisationslust sprudelnder Barockrausch. Das Konzeptalbum von 1999 schlug ein, nicht nur in der schon etwas verfestigten Szene der Alten Musik. Auch Cecilia Bartoli wurde hellhörig, mit der die Giardinos dann mehrere kultver-dächtige CDs produzierten, alles Musik um 1700 herum.

Aber wie kommt Antonini zu Vincenzo Bellini, dem italienischen Frühromantiker? Er grinst. «Ich bin überhaupt kein Hörer der italienischen Opern des 19. Jahrhunderts. Bis mich Cecilia Bartoli für Norma fragte, kannte ich aus der Oper nur die Casta Diva-Arie. Ich sagte, ich bin kein Experte. Sie sagte, das ist auch besser so. Sie wollte die Musik ohne all die Konventionen, die sich um die Interpretationen gebildet haben und oft weit weg von den Quellen sind.»

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Immerhin hatte er mittlerweile auch schon Mozart dirigiert, an der Scala, aber das reibt er einem nicht unter die Nase. Er sagt, dass die Rhetorik und die Kunst der Rezitative, viele Effekte, etwa das Tremolo der Streicher, auf Monteverdi zurückgehen. «Auf gewisse Art hat Monteverdi schon alles erfunden, und was die Rhetorik angeht, hat sie sich im italienischen Leben bis heute nicht verändert.» Und es ist das Sprachli-che, das Artikulieren, das er in der quellengetreu neu rekonstruierten Norma plastisch macht, das, womit er musikalisch aufgewachsen ist in einer Musik, die auch im Instru-mentalen dem menschlichen Gesang folgt. Dazu kommen die Farben der Instrumente, die man um 1830 verwendete. «Da beginnt eine Evolution. Die Traversflöte klingt noch viel fragiler und lyrischer als die spätere Böhmflöte, die ist dagegen fast eine Kriegsmaschine. Bei den Hörnern gibt es noch Naturhörner und schon Ventilhörner, beide werden von Bellini gleichzeitig eingesetzt. Die Unterschiede der Tonarten sind verbunden mit dem Charakter der Instrumente. Zum Beispiel klingt F-Dur auf der Flöte viel geschlossener als G-Dur.» Und die Streicher? Verbietet er ihnen das Vibrato? «Es ist überhaupt nicht gut, in der Musik etwas zu verbieten. Der Körper will schwin-gen, und das Vibrato ist so alt wie die Musik. Wenn ich mit modern geschulten Musikern arbeite, sage ich ihnen, macht bitte Vibrato, und sie freuen sich: Wir dürfen!» Man müsse es eben gut dosieren.

Zudem finde sich in den Orchestern eine neue Generation von Musikern, «die sich dessen viel bewusster sind, für die historische Aufführungspraxis längst zum Standard gehört.» Die Entwicklungen in der «historischen» Szene selbst machen ihn nicht so glücklich. «Was wir noch ausprobiert haben, wird zum Modell: So macht man das. Es ist ein passiver Zugang zur Musik. Es ist heutzutage nicht mehr so leicht, Ensembles zu finden, die speziell und anders sind. Was ist neu, unerwartet, aufregend? Neunzig Prozent der Szene bieten heute Standard auf hohem Level, man ist fast nie überrascht, dabei ist die Überraschung die Essenz des Barock!» Womit wir wieder bei der Effizienz wären, dem Mangel an Musse. Und nicht nur Kreativität braucht Zeit, auch Kompetenz. Besonders in der frühen Barockoper gebe es viel zu entwickeln. Die Ornamentik sei bei Sängern «eine Wüste», obwohl die Quellen alle erschlossen sind. «Der Cornettist, der Geiger improvisieren, aber nicht die Sänger. Ich würde dafür gern ein Laboratorium gründen mit Sängern, die das wirklich studieren wollen, da war man in den 1970ern schon weiter. Ein Sommerkurs in der Toskana vielleicht, bei dem Leben und Arbeit nicht getrennt sind.» Beeindruckt haben ihn irische Folk-musiker bei einem Crossover-Projekt, die sich wunderten, dass um fünf die Probe zuende sein sollte. «Wieso machen wir nicht weiter, fragten sie. Sie spielten bis Mitter-nacht, es war wie Atmen für sie. Und es waren Profis.»

Solche Profis, bei denen Kunst und Leben zusammen gehören, sieht er in langer Tradition. Er erzählt von den Malerlehrlingen in Renaissance und Barock, die den ganzen Tag im Atelier verbrachten, komplett in eine Kunst eintauchten, «die genau deswegen einen so hohen Level schon unterhalb der Ebene der Meisterwerke hatte.» Er erzählt von den Schülern indischer Musiker: «Um Tabla zu lernen, lebt man im Haus des Meisters.» Nur so könne man auch die für Monteverdi so wichtige «sprezza-tura» entwickeln, eine Mischung von rhythmischer Präzision und «floating», völliger Freiheit. «Ich finde diese Verbindung der Gegensätze auch im Jazz, zum Beispiel bei der Sängerin Billie Holiday. Unglaubliche Tiefe des Ausdrucks!»

Da spricht keiner, der es sich im Betrieb eingerichtet und seine Ursprünge hinter sich gelassen hat. Im Gegenteil. «Wenn ich als Dirigent unterwegs bin, habe ich alle meine Instrumente dabei. Die Blockflöten, Traverso weniger, dafür aber auch den Dulcian, ein Barockfagott. Übermorgen spielen wir in Gent ein Programm mit Giar­dino, das heisst «Tod der Vernunft». Es geht um das Erwachen der Gefühle in der Musik, von Josquin bis zu einem völlig Unbekannten, Belbuono, der hat schon 1641 den Tristanakkord geschrieben. Total chromatisch, wie eine Droge!» Eine Fortsetzung von «Viaggio musicale» hat Antonini auch schon im Sinn. Diese Reise soll dann tief ins 16. Jahrhundert führen. Und er wird dafür sorgen, dass es dabei kein bisschen effizient zugeht.

Der italienische Dirigent Giovanni Antonini stand in der Zürcher Erfolgsproduktion von Händels «Alcina» am Pult und dirigiert nun das «Norma»-Gastspiel mit Cecilia Bartoli.

Volker Hagedorn trifft…

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Meine Rolle40

«Wer kann das sein?»Der Tenor Pavol Breslik über seine Rolle Peter Quint in Benjamin Brittens Oper «The Turn of the Screw»

Peter Quint in Benjamin Brittens Oper The Turn of the Screw zu beschreiben, ist keine leichte Aufgabe. Nicht nur diese Figur, die ich in dieser Oper verkörpere, sondern auch die ganze Erzählung wirft nämlich mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Alles beginnt damit, dass ich zu Beginn der Oper, im Prolog, nicht als Peter Quint auftrete, sondern als ein namenloser Erzähler. Er berichtet von einer jungen Gouvernante, die auf einer abgelegenen Villa die Erziehung zweier Waisenkinder übernehmen soll. Der Vormund der Kinder stellt allerdings eine Bedingung: Nie darf sie den Kontakt zu ihm suchen. Dass diese Tenorpartie im Prolog vom selben Sänger gesungen wird, der auch die Rolle des Peter Quint singt, hat Britten offenbar so gewünscht; schon bei der Uraufführung sang sein Lebenspartner Peter Pears beide Partien.

Zu Beginn der Haupthandlung wird geschildert, wie sich die junge Gouvernante auf den Weg zu ihrer neuen Aufgabe macht und wie sie in der Villa willkommen geheissen wird: von der Haushälterin Mrs. Grose und den beiden Kindern Flora und Miles. Meinen ersten Auftritt als Peter Quint habe ich in einer der folgenden Szenen, in der die Gouvernante allein ist. Plötzlich bin ich da. Aus dem Nichts. In unserem architektonisch strengen Bühnenbild von Wolfgang Gussmann, das sich konstant in einer Drehbewegung befindet, ist dieser Effekt besonders gespenstisch. Die Gouver-nante kann diese Erscheinung überhaupt nicht einordnen: «Wer kann das sein?», fragt sie sich, «ein Irrer, ein Abenteurer, ein Eindringling?» Nachdem ich im Prolog als namenloser Erzähler aufgetaucht bin, bleibt meine Figur auch in dieser Szene noch unnahbar und meine Existenz ein Rätsel. Natürlich stehe ich auf der Bühne; aber aus der Sicht des Publikums muss man sich auch die Frage stellen, ob Quint nur der Fantasie der Gouvernante entstammt, ob sie sich seine Existenz nur einbildet? Mit der Zeit gewinnt der Charakter an Kontur: Aufgrund der Beschreibungen der Gou-vernante erkennt ihn die Haushälterin Mrs. Grose als Peter Quint, einen ehemaligen Diener des Hauses, der vor einiger Zeit gestorben ist. Besonders weist sie auf den engen Kontakt zwischen Quint und dem Jungen Miles hin. Zwischen den beiden besteht ein komplexes, ambivalentes Verhältnis. Am Ende des ersten Aktes gibt es eine Szene, in der ich nach Miles rufe. Die Rufe klingen sehnsüchtig und verführerisch zugleich. Quint und Miles unterhalten sich in dieser nächtlich-irrealen Szene in einer höchst rätselhaften Sprache. Die Gouvernante wird zunehmend von Angst gepackt und verfällt in einen Wahn, die beiden Kinder vor Quint schützen zu müssen. Quint und sie versuchen gleichermassen den fragilen, noch ungeformten Jungen Miles auf ihre Seite zu ziehen. Als die Gouvernante den Vormund der Kinder verbotenerweise zu informieren versucht, verführt Quint Miles dazu, den Brief zu entwenden – gleich-zeitig mahnt er ihn aber, keine Geheimnisse preiszugeben. Auch hier stellt sich wieder die Frage, was meine Partie mit dem Erzähler aus dem Prolog zu tun hat, und was ich für ein Verhältnis zum Vormund der Kinder habe... Es bleibt ein grosses Rätsel. Aber unaufgelöste Rätsel fordern in Brittens Opern immer Opfer: Sowohl Peter Grimes, der seine Fischerjungen in den Tod hetzt, als auch John Claggart, der den unschuldigen Matrosen Billy Budd zum Tod verurteilen lässt, tragen dunkle Geheim-nisse mit sich herum. Auch Miles hält dem Druck, der auf ihn ausgeübt wird, nicht stand. Hin- und hergerissen zwischen Quint und der Gouvernante bricht er zusammen.

Pavol Breslik

Der slowakische Tenor Pavol Breslik gehört seit der Spielzeit 2012/13 zu unserem Ensemble und war am Opernhaus Zürich zuletzt als Alfredo in Verdis «La traviata» zu erleben.

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Was fällt Ihnen auf, wenn Sie in Zürich ankommen? Die Selbstverständlichkeit, mit der Mehrsprachigkeit gelebt wird.

Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück?Selbstvergessen zu sein – beim Spielen im Familienkreis, in der Arbeit mit Studierenden, gelegentlich auch auf der Bühne.

Was wäre das grösste Unglück? Ohne meine Familie zu sein!

Welche musikalische Erfahrung hat Sie geprägt?Eine einzige herauszugreifen ist nicht möglich. Prägende musikalische Ein­drücke vermittelten sich aber zumeist anhand von Aufnahmen: Eine be­reichernde Erfahrung war die Begeg­nung mit den Beethoven­Einspielungen Klemperers, zu dessen Grab ich hier in Zürich eine «Pilgerfahrt» unternehmen konnte. Es fällt mir aber auch ein Live­ Erlebnis ein: ein 2009 im Rahmen einer Abschiedstournee in Kopenhagen gegebenes Konzert des Beaux Arts Trio – das reichste Musizieren, das ich je miterleben durfte!

Wer ist Ihr Lieblingsschriftsteller?Auch hier ist es mir unmöglich, nur ei­nen zu benennen, aber es gibt eine Tendenz: Während mich früher vor allem alles stilistisch Herausragende be­geisterte, interessiere ich mich heute eher für die grossen Erzähler menschli­cher Schicksale. Vielleicht eine Alterser­scheinung...

Ihre Lieblingsfilme?2001 – Odyssee im Weltraum als die per­fekte Synthese von Bild und Ton! Natür­lich suchte Kubrick auch hier in erster Linie nach einer seine Bilder intensivie­renden Musik, aber wäre in Hinsicht auf das Ergebnis nicht auch der umgekehrte Vorgang denkbar gewesen? Und ein

Lars WoldtFragebogen

Film, für den man tatsächlich diesen umgekehrten Weg gegangen ist: Disneys Fantasia, ganz naiv, dabei un­geheuer liebenswert – zwei Filme als schlagende Argumente gegen eine oft genug zu absolute Sicht auf Musik...

Ihr liebstes Laster?Das Sammeln von Schallplatten und CDs in so grossem Umfang, dass es bei der Immobiliensuche bereits zu einem entscheidenden Kriterium geworden ist...

Welchen überflüssigen Gegenstand in Ihrer Wohnung lieben Sie am meisten?Einen Abguss der Lebendmaske Beet­hovens. Man kann wunderbare Zwiege­spräche mit ihr führen.

Welche Eigenschaften schätzen Sie bei Ihren künstlerischen Partnern?Vor allem Humor, Kollegialität und die Fähigkeit, sich gegenseitig zu inspi­rieren.

Welche menschlichen Schwächen entschuldigen Sie?Unbeabsichtigte Dummheit.

In was verlieben Sie sich bei einem Menschen?Auch hier stelle ich eine Akzentver­schiebung von äusseren hin zu inneren Werten bei mir fest. Bemerkenswert aber ist, dass meine Frau mir in beiden Kategorien als das jeweilige Ideal er­scheint!

Worum geht es für Sie in Wozzeck?Wozzeck ist für mich das unendlich bewundernswerte Zeugnis für die Fähig­keit eines Komponisten, im wahrsten Sinne des Wortes unerhörten Visionen seiner musikalischen Fantasie eine Gestalt gegeben zu haben.

Nennen Sie drei Gründe, warum das Leben schön ist! Meine Frau, meine Tochter und Schall­platten!.

Lars Woldt singt den Doktor in Alban Bergs «Wozzeck», der gerade im Opernhaus Premiere hatte.

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Kalendarium 43

September 2O15

18 Fr Falstaff 19.30 Oper von Giuseppe Verdi Donnerstag-Abo B, Preise E

Der Schauspieldirektor 19.30 Komödie mit Musik von W. A. Mozart Koproduktion mit dem Theater Kanton Zürich, in Stäfa (Gemeindesaal)

19 Sa Führung Opernhaus 14.00 Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Führung Maskenbildnerei 15.30 Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Geschichten erzählen mit Musik 15.30 FALSTAFF Für 4- bis 9-Jährige und ihre Eltern Kreuzstrasse, CHF 12/20

Wozzeck 19.00 Oper von Alban Berg Deutsche Oper-Abo, Preise E

2O So Einführungsmatinee «Gods and Dogs» 11.15 Bernhard Theater, CHF 10

Elektra Wiederaufnahme 14.00 Oper von Richard Strauss Sonntag-Abo B, Preise E

Geschichten erzählen mit Musik 15.30 FALSTAFF für 4- bis 9-Jährige und ihre Eltern Kreuzstrasse, CHF 12/20

2O So Falstaff 20.00 Oper von Giuseppe Verdi Wahl-Abo, Preise E

21 Mo Andreas Homoki im Gespräch mit Bryn Terfel 19.00 Bernhard Theater, in englischer Sprache, CHF 10

22 Di Wozzeck 19.30 Oper von Alban Berg AMAG-Volksvorstellung Preise H

23 Mi Führung Werkstätten 15.30 Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

24 Do Falstaff 19.30 Oper von Giuseppe Verdi Donnerstag-Abo A, Preise E

25 Fr Wozzeck 19.30 Oper von Alban Berg Freitag-Abo B, Preise E

26 Sa Führung Opernhaus 14.00 Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

26 Sa Geschichten erzählen mit Musik 15.30 FALSTAFF für 4- bis 9-Jährige und ihre Eltern Kreuzstrasse, CHF 12/20

Elektra 20.00 Oper von Richard Strauss Samstag-Abo, Preise E • 27 So Falstaff 14.00 Oper von Giuseppe Verdi Sonntag-Abo A, Preise E

Geschichten erzählen mit Musik 15.30 FALSTAFF für 4- bis 9-Jährige und ihre Eltern Kreuzstrasse, CHF 12/20

Bruckner 20.00 1. Philharmonisches Konzert Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 8 c-Moll Fabio Luisi, Opernhaus Konzert-Abo, Preise P1

W H Y N O T P R O D U C T I O N S e t P A G E 1 1 4 p r é s e n t e n t

EIN FILM VON

JACQUES AUDIARD

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AB 29. OKTOBER IM KINO

«Ein schauspielerisch und inszenatorisch brillanter Film.» NZZ w

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Kalendarium44

29 Di Wozzeck 19.30 Oper von Alban Berg Kombi-Abo, Preise E

3O Mi Gods and Dogs Premiere 19.00 Choreografien von William Forsythe, Jiří Kylián und Ohad Naharin Premièren-Abo A, Preise C

Oktober 2O15

2 Fr Führung Kostümabteilung 15.00 Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Führung Bühnentechnik 16.00 Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Gods and Dogs 20.00 Choreografien von William Forsythe, Jiří Kylián und Ohad Naharin Premièren-Abo B, Preise B

4 So Elektra 14.00 Oper von Richard Strauss AMAG-Volksvorstellung Preise H

Gods and Dogs 20.00 Choreografien von William Forsythe, Jiří Kylián und Ohad Naharin Ballett-Abo Gross, Preise B

5 Mo Montagsgespräch mit Christian Gerhaher 19.00 Restaurant Belcanto, CHF 10

6 Di Wozzeck 19.30 Oper von Alban Berg Dienstag-Abo A, Preise E • 9 Fr Gods and Dogs 19.30 Choreografien von William Forsythe, Jiří Kylián und Ohad Naharin AMAG-Volksvorstellung Preise H

1O Sa Führung in die Maskenbildnerei 14.30 Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Norma Premiere 18.00 Oper von Vincenzo Bellini Eine Produktion der Salzburger Festspiele, Galapreise

11 So The Turn of the Screw 14.00 Wiederaufnahme Oper von Benjamin Britten AMAG-Volksvorstellung Preise H

Rumpelstilzchen 14.00 Ab 4 Jahren, Studiobühne, CHF 25

11 So Rumpelstilzchen 16.00 Ab 4 Jahren, Studiobühne, CHF 25

Gods and Dogs 20.00 Choreografien von William Forsythe, Jiří Kylián und Ohad Naharin Sonntag-Abo D, Preise B

13 Di Norma 19.00 Oper von Vincenzo Bellini Eine Produktion der Salzburger Festspiele Galapreise

14 Mi The Turn of the Screw 19.00 Oper von Benjamin Britten Mittwoch-Abo A, Preise D

15 Do Norma 19.00 Oper von Vincenzo Bellini Eine Produktion der Salzburger Festspiele Donnerstag-Abo A, Galapreise

16 Fr Gods and Dogs 19.00 Choreografien von William Forsythe, Jiří Kylián und Ohad Naharin Wahl-Abo, Preise B •

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Kalendarium 45

17 Sa Führung Opernhaus 14.00 Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

The Turn of the Screw 19.00 Oper von Benjamin Britten Samstag-Abo, Preise D

18 So New Creations 11.00 Junior Ballett Ballett-Abo Gross, Preise H, CHF 15–75

Einführungsmatinee «La bohème» 11.15 Bernhard Theater, CHF 10

Rumpelstilzchen 14.00 Ab 4 Jahren, CHF 25, Studiobühne

Rumpelstilzchen 16.00 Ab 4 Jahren, CHF 25, Studiobühne

Norma 18.00 Oper von Vincenzo Bellini, Eine Produktion der Salzburger Festspiele Belcanto-Abo, Galapreise

23 Fr The Turn of the Screw 20.00 Oper von Benjamin Britten Freitag-Abo A, Preise D

24 Sa Führung Opernhaus 14.00 Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Familien-Workshop 14.30 GODS AND DOGS Ballettsaal A, CHF 20

Rumpelstilzchen 16.00 Ab 4 Jahren, Studiobühne, CHF 25

Gods and Dogs 19.00 Choreografien von William Forsythe, Jiří Kylián und Ohad Naharin Ballett-Abo klein, Preise B

25 So New Creations 14.00 Junior Ballett, Preise H, CHF 15–75

Rumpelstilzchen 14.00 Ab 4 Jahren, Studiobühne, CHF 25

Familien-Workshop GODS AND DOGS 14.30 Ballettsaal A, CHF 20

Les Pêcheurs de perles Wiederaufnahme 20.00 Oper von Georges Bizet Sonntag-Abo C, Preise E

26 Mo Liederabend 19.00 Anne Schwanewilms Malcolm Martineau, Klavier Lieder-Abo, CHF 60

28 Mi Les Pêcheurs de perles 19.00 Oper von Georges Bizet französische Oper, Preise E

29 Do Der Schauspieldirektor 18.30 Komödie mit Musik von W. A. Mozart Koproduktion mit dem Theater Kanton Zürich Hauptbühne Opernhaus, CHF 50/35

Der Schauspieldirektor 20.30 Komödie mit Musik von W. A. Mozart Koproduktion mit dem Theater Kanton Zürich Hauptbühne Opernhaus, CHF 50/35

3O Fr Gods and Dogs 19.30 Choreografien von William Forsythe, Jiří Kylián und Ohad Naharin Freitag-Abo B, Preise B

31 Sa Führung Opernhaus 14.00 Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Familien-Workshop 14.30 LES PÊCHEURS DE PERLES Kreuzstrasse, CHF 20

Les Pêcheurs de perles 19.00 Oper von Georges Bizet AMAG-Volksvorstellung Preise H

November 2O15

1 So Brunchkonzert 14.00 WIEN UM 1900 Kammerkonzert mit anschliessendem Brunch im Restaurant Belcanto Spiegelsaal, CHF 60

Familien-Workshop 14.30 LES PÊCHEURS DE PERLES Kreuzstrasse, CHF 20

La bohème Premiere 19.00 Oper von Giacomo Puccini Premieren-Abo A, Preise F

Opernhaustag Die Werkeinführung findet jeweils 45 min. vor der Vorstellung statt.

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Serviceteil46

Billettkasse Öffnungszeiten: Mo–Sa 11.00 Uhr bis Vorstellungsbeginn, an Tagen ohne Vorstellung bis 18.00 Uhr. Sonntags jeweils ab 1,5 Stunden vor Vorstellungsbeginn. T +41 44 268 66 66, Mo-Sa, 11.30 – 18.00 Uhr / [email protected] Zürich AG, Falkenstrasse 1, CH-8008 Zürich

AMAG-Volksvorstellungen Die AMAG-Volksvorstellung ermöglicht es Theaterliebhabern, das Opernhaus Zürich zu einem deutlich reduzierten Preis zu be suchen. Die regelmässig stattfindenden AMAG-Volksvor stel lungen werden in der kalendarischen Übersicht dieses Magazins, online in unserem Monatsspielplan sowie per News letter an gekündigt. Die MAG- Volksvorstellungen gelangen jeweils einen Monat vorher in den Ver-kauf. Fällt der Tag des Verkaufsbeginns auf einen Sonn- oder Feier tag, beginnt der Vorverkauf am Öffnungstag davor. Schriftliche Kartenbestellungen sind nicht möglich. Der Maximalbezug für diese Vorstellungen liegt bei 4 Karten pro Person.

Opernhaus-Tag Das Opernhaus Zürich für Kurzentschlossene: Am Opernhaustag erhalten Sie 5O% Ermässigung für die gekennzeichnete Vorstellung. Fällt der Opernhaustag auf einen Sonntag, können die ermässigten Tickets bereits ab Samstag erworben werden. Die Termine finden Sie im Kalendarium dieses Magazins und werden Ihnen auf Wunsch regelmässig per E-Mail mitgeteilt. Newsletter abonnieren unter: www.opernhaus.ch/newsletter

Club JungStark vergünstigte Tickets, Probenbesuche, interessante Einblicke hin-ter die Kulissen und mit Gleichgesinnten die neuesten Opern- und Ballettproduktionen besuchen: all das und mehr bietet der Club Jung für junge Leute zwischen 16 und 26 Jahren. Die Mitgliedschaft ist kostenlos und unverbindlich (einmalige Aufnahmegebühr von CHF 20). Club Jung-Mitglieder erhalten Last-Minute-Karten ab 30 Minuten vor der Vorstellung für CHF 15. Auch stehen ihnen bereits im Vor-verkauf Karten zum Preis von CHF 15 für ausgewählte Vorstellungen zur Verfügung. Spezielle Veranstaltungen wie Probenbesuche oder Workshops geben einen exklusiven Einblick hinter die Kulissen und sind für Clubmitglieder kostenlos. Der Club Jung-Newsletter informiert regelmässig über die aktuellen Angebote und Aktionen. Details zur Mitgliedschaft im Club Jung und zum aktuellen Programm finden Sie auf www.opernhaus.ch/clubjung.

Ermässigungen Das Opernhaus Zürich bietet unterschiedliche Ermässigungen für Kinder, Schüler, Studenten, Lernende und KulturLegi-Inhaber, AHV- und IV-Bezüger. Informationen hierzu finden Sie unter www.opernhaus.ch/besuch oder in unserem Sai son buch.

MAG Abonnieren MAG, das Opernhaus-Magazin, erscheint zehnmal pro Saison und liegt zur kostenlosen Mitnahme im Opernhaus aus. Sie können das Opernhaus-Magazin abonnieren: zum Preis von CHF 38 bei einer inländischen Adresse und CHF 55 bei einer ausländischen Adresse senden wir Ihnen jede Ausgabe druckfrisch zu. Bestellungen unter: T +41 44 268 66 66 oder [email protected].

Billettpreise und Platzkategorien

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Preisstufe A 92 76 65 43 16

Preisstufe B 141 126 113 56 20

Preisstufe C 169 152 130 56 20

Preisstufe D 198 173 152 92 32

Preisstufe E 230 192 168 95 35

Preisstufe F 270 216 184 98 38

Preisstufe G 320 250 220 98 38

Preisstufe VV 75 59 44 25 15

Kinderoper K 60 50 40 30 20

Preisstufe P1 95 80 65 50 35

Preisstufe P2 125 105 85 65 40

Legi (Preisstufen A-C) 35 25 20 18 13

Legi (Preisstufen D-G) 45 33 25 20 15

Alle Preise in CHF

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Serviceteil 47

Impressum

Magazin des Opernhauses ZürichFalkenstrasse 1, 8008 Zürichwww.opernhaus.ch T + 41 44 268 64 00

Intendant Andreas Homoki

Generalmusikdirektor Fabio Luisi

BallettdirektorChristian Spuck

Verantwortlich Claus Spahn Sabine Turner

Redaktion Beate Breidenbach Kathrin Brunner Fabio Dietsche Michael Küster Claus Spahn

Gestaltung Carole Bolli Florian Streit

Fotografie Stefan DeuberDanielle LinigerFlorian Kalotay

Bildredaktion Christian Güntlisberger Anzeigen Nathalie Maier Schriftkonzept und Logo Studio Geissbühler

Druck Multicolor Print AG

IllustrationenLaura JurtLina Müller

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Sponsoren

Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Zug und Aargau im Rahmen der interkanto nalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden und Obwalden.

Partner

ProduktionssponsorenEvelyn und Herbert AxelrodFreunde der Oper ZürichWalter Haefner StiftungSwiss ReZürich Versicherungs-Gesellschaft AG

ProjektsponsorenAMAG Automobil- und Motoren AGBaugarten StiftungFamilie Christa und Rudi BindellaRené und Susanne Braginsky-StiftungClariant FoundationFreunde des Balletts Zürich Max Kohler StiftungRingier AGGeorg und Bertha Schwyzer-Winiker-StiftungZürcher FestspielstiftungZürcher Kantonalbank

GönnerAbegg Holding AGAccenture AGJosef AckermannAlfons’ BlumenmarktAllreal Ars Rhenia StiftungART MENTOR FOUNDATION LUCERNEFamilie Thomas BärBerenberg SchweizBeyer Chronometrie AGElektro Compagnoni AGStiftung Melinda Esterházy de GalanthaFitnessparks Migros ZürichFritz Gerber StiftungErnst Göhner StiftungEgon-und-Ingrid-Hug-StiftungWalter B. Kielholz StiftungKPMG AGLandis & Gyr StiftungLindt und Sprüngli (Schweiz) AGStiftung Mercator SchweizFondation Les MûronsNeue Zürcher Zeitung AGNotenstein Privatbank AG

Pro Helvetia, Schweizer KulturstiftungElse von Sick StiftungSwiss Casinos Zürich AG

FördererConfiserie TeuscherFrankfurter Bankgesellschaft (Schweiz) AGGarmin SwitzerlandHorego AGIstituto Italiano di Cultura ZurigoSir Peter JonasLuzius R. SprüngliElisabeth Stüdli StiftungZürcher Theaterverein

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Sibylle Berg denkt über Operngefühle nach48

Unser täglicher Albtraum

In Benjamin Brittens Oper The Turn of the Screw nach Henry James vollzieht sich eine albtraumhafte Handlung, von der man bis zum Ende nicht weiss, ob sie Wirk lichkeit ist oder nur ein Gespinst der Fantasie. Warum werden wir von Albträumen heimgesucht und was haben sie zu bedeuten?Die Albträume in der Nacht, ob sie bei jedem anders sind? Oder ob es nur ein paar Dauerfilme gibt, die in jedem der Milliarden Menschenhirne nachts rotierend gesendet werden? Nackt durchs Dorf laufen. Im Flugzeug ins Trudeln kommen. Die Prü fung nicht bestehen. Sterben. Immer sterben welche im Albtraum oder gehen weg oder gehen verlustig, das Haus brennt, der Wald brennt, das Wasser kommt, die Mutter geht. Verschlafen aufgewacht, begleitet einen das Grauen noch im Sonnenlicht.

Bricht man all die persönlichen Träume, die Ängste meinen, auf den kleinsten gemeinsamen Nenner herunter, so bleibt die Wahrheit: Nichts fürchten die meisten Menschen mehr als den Verlust von Gewohnheiten. In dem kleinen geschundenen Wort «Gewohnheit», das nach schweigenden Ehepaaren an Restauranttischen klingt, nach Vorgärten und Weihnachten, steckt das, was unser Leben ausmacht. Die Routine, die Tradition, der Alltag, das, was wir immer schon so machen, wie wir es machen. Der Ort, an dem wir leben, die Familie als Schirm gegen die Welt, der Gang zum Markt, die immer gleichen Menschen auf den immer gleichen Strassen, das schlechte Wetter, der Frühling, der Geruch des Waldes, der Ärger über die fünf Treppen – das ist das Mosaik, aus dem unser Sein besteht.

Mit Gewohnheiten zu brechen, gehört zu den schwierigsten Willensleistungen. Das kann jeder Ex-Raucher und jeder Ex-Junkie bestätigen. Da ist man stolz, da hat man etwas geleistet. Doch wehe, wenn einem die Gewohnheiten genommen werden. Gestohlene Routine erzeugt grossen Hass. Die Welt, die sich gerade rasend schnell ver ändert, die Flüchtigen, die von Europa die Zahlung alter Kolonial- und ewiger Aus beutungsschulden ihres Kontinents einfordern, fremde Menschen, die uns etwas von unseren Gewohnheiten nehmen könnten, sind darum so willkommen als Futter für die rechtsnationale Empörungsmaschinerie. Denn sie bedrohen unser gewohntes Strassenbild. Fremde Menschen, die Eurozone, die Unwetter bedrohen das Gewohn-heitsrecht, das viele zu haben meinen – ein angenehmes Leben als überlegener West-europäer.

Viele Europäer hatten sich an die Abwesenheit eines Krieges so sehr gewöhnt, dass sie es für ihren eignen Verdienst halten. So wie sie sich an den Wohlstand gewöhnt hatten und nun aggressiv werden, wenn der scheinbar bedroht ist. Ich bin es doch so gewohnt, sagen wir, das ist unsere Tradition. Was nichts anderes meint, als: Lasst alles so, wie es ist. Nichts soll sich verändern durch ein bedrohliches Aussen, das Sonn tags- frühstück mit unserer Familie, die leisen Gespräche mit dem Partner unter der Bett-decke. Der Tag besteht aus Millionen kleiner Gewohnheiten, vom Kaffee am Morgen bis zum Zähneputzen am Abend.

Ich möchte behaupten, der grösste Albtraum der meisten Menschen ist, Gewohn-heiten zu verlieren. Denn am Ende steht der Tod, der uns unser Gewohnheitsrecht am Leben nehmen wird. Und das ahnen wir mit jedem kleinen Detail, das uns ge-nommen wird. Das ist der wahre Albtraum unseres Daseins.

Sibylle Berg

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Cecilia BartoliJohn OsbornRebeca OlveraPéter KálmánLiliana NikiteanuReinaldo Macias

Conductor

Giovanni AntoniniStage Directors

Moshe Leiser | Patrice Caurier

Orchestra La ScintillaChoir of the Radiotelevisione Svizzera Italiana, Lugano

A production of the In association with

10 | 13 | 15 | 18 October 2015+41 44 268 66 66 | www.opernhaus.ch

The European Tour of the Salzburg Production

BEST NEW PRODUCTIONInternational Opera Awards 2014

«…Primadonna assoluta unserer Zeit»Die Zeit

«…eine grandiose Befreiungstat»Süddeutsche Zeitung

«…einfach grandios!»Frankfurter Allgemeine Zeitung

«Sacrée mezzo»Libération

«…a triumph»The New York Times

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© UBS 2015. Alle Rechte vorbehalten. ubs.com/gemeinsam

Wie kann ich wirklich etwas verändern?Investiere ich in die Welt, wie sie heute ist?

Oder in die Welt, wie ich sie möchte?Gutes tun und gleichzeitig Erfolg haben; wir halten es für möglich.

Gemeinsam können wir etwas verändern, indem wir neue und innovative Wege gehen. Mit nachhaltigem Impact Investing, das Ihren Werten entspricht und helfen kann, Ihr Einkommen zu sichern.

Das richtige Portfolio kann tatsächlich die Welt verbessern. Und dabei erst noch Ihre Chance auf Rendite erhöhen.

Bei einigen Fragen im Leben ist man nicht allein. Gemeinsam können wir eine Antwort finden.

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