massenträgheitsmomente - ovgu - ifme · 2018. 10. 23. · zylinder 4 π =ρ und m a2b loch =ρ es...

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1 Massenträgheitsmomente Die Massenmomente 2. Ordnung (Massenträgheitsmomente) eines starren Körpers kennzeichnen die Trägheitseigenschaften eines starren Körpers bei der Drehung. Es sind mathematische Größen, die von der Körpermasse, der Massenverteilung und der Wahl des Bezugssystems abhängen. Man unterscheidet zwischen axialen Massenträgheitsmomenten und Deviationsmomenten (Zentrifugalmomenten). Hinweis: Man beachte die Analogien zu den Flächenträgheitsmomenten. Die axialen Massenträgheitsmomente sind definiert durch ein Integral über alle mit dem Quadrat ihrer Abstände r a von der Drehachse a multiplizierten infinitesimalen Masseteilchen dm eines Körpers: = Θ ) ( 2 m a a dm r Berechnung der axialen Massenträgheitsmomente in kartesischen Koordinaten ( ( 29 ( 29 + = = Θ + = = Θ + = = Θ ) ( 2 2 ) ( 2 ) ( 2 2 ) ( 2 ) ( 2 2 ) ( 2 m m z z m m y y m m x x dm y x dm r dm z x dm r dm z y dm r Berechnung der zentrifugalen Massenträgheitsmomente in kartesischen Koordinaten - = Θ - = Θ - = Θ ) ( ) ( ) ( m zx m yz m xy dm x z dm z y dm y x wobei sich dm darstellen lässt als dz dy dx dV dm ρ ρ = = . Es ergeben sich also im allgemeinen Dreifachintegrale. Die Deviationsmomente sind ein Maß für die dynamischen Unwuchten eines Körpers, denn sie charakterisieren die unsymmetrische Verteilung der Massen bezüglich der Koordinatenebenen. Sie bewirken ein Kippen um eine zur Drehachse senkrechte Achse oder dynamische Lagermomente und eine S-förmige Biegung in einer umlaufenden Welle. Bei Rotationskörpern bietet sich die Verwendung von Zylinderkoordinaten an. Dann ergibt sich das axiale Massenträgheitsmoment bezüglich der Rotationsachse z zu = Θ ) ( 2 m z dm r

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Page 1: Massenträgheitsmomente - OVGU - IFME · 2018. 10. 23. · Zylinder 4 π =ρ und m a2b Loch =ρ Es ist ( ) 2 1 0 1 Stange Zylinder Zylinder Loch 2 2 2 2 1 Θ=Θ=Θ +Θ + − l m m

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Massenträgheitsmomente Die Massenmomente 2. Ordnung (Massenträgheitsmomente) eines starren Körpers kennzeichnen die Trägheitseigenschaften eines starren Körpers bei der Drehung. Es sind mathematische Größen, die von der Körpermasse, der Massenverteilung und der Wahl des Bezugssystems abhängen. Man unterscheidet zwischen axialen Massenträgheitsmomenten und Deviationsmomenten (Zentrifugalmomenten). Hinweis: Man beachte die Analogien zu den Flächenträgheitsmomenten. Die axialen Massenträgheitsmomente sind definiert durch ein Integral über alle mit dem Quadrat ihrer Abstände ra von der Drehachse a multiplizierten infinitesimalen Masseteilchen dm eines Körpers:

∫=Θ)(

2

m

aa dmr

Berechnung der axialen Massenträgheitsmomente in ka rtesischen Koordinaten

( )

( )

( )∫∫

∫∫

∫∫

+==Θ

+==Θ

+==Θ

)(

22

)(

2

)(

22

)(

2

)(

22

)(

2

mm

zz

mm

yy

mm

xx

dmyxdmr

dmzxdmr

dmzydmr

Berechnung der zentrifugalen Massenträgheitsmomente in kartesischen Koordinaten

−=Θ

−=Θ

−=Θ

)(

)(

)(

m

zx

m

yz

m

xy

dmxz

dmzy

dmyx

wobei sich dm darstellen lässt als dzdydxdVdm ρρ == . Es ergeben sich also im allgemeinen Dreifachintegrale. Die Deviationsmomente sind ein Maß für die dynamischen Unwuchten eines Körpers, denn sie charakterisieren die unsymmetrische Verteilung der Massen bezüglich der Koordinatenebenen. Sie bewirken ein Kippen um eine zur Drehachse senkrechte Achse oder dynamische Lagermomente und eine S-förmige Biegung in einer umlaufenden Welle. Bei Rotationskörpern bietet sich die Verwendung von Zylinderkoordinaten an. Dann ergibt sich das axiale Massenträgheitsmoment bezüglich der Rotationsachse z zu

∫=Θ)(

2

m

z dmr

Page 2: Massenträgheitsmomente - OVGU - IFME · 2018. 10. 23. · Zylinder 4 π =ρ und m a2b Loch =ρ Es ist ( ) 2 1 0 1 Stange Zylinder Zylinder Loch 2 2 2 2 1 Θ=Θ=Θ +Θ + − l m m

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Hauptträgheitsmomente und Hauptträgheitsachsen Man kann alle Massenträgheitsmomente in einer Matrix anordnen.

ΘΘ

Θ →

ΘΘΘΘΘΘΘΘΘ

=H

H

H

ationntransformHauptachse

zzyzxz

yzyyxy

xzxyxx

3

2

1

00

00

00

Θ

Es existiert für jeden Körper ein orthogonales Achsensystem im Massenmittelpunkt für das diese Matrix Diagonalform annimmt. Diese Achsen sind die Hauptträgheitsachsen (HTA) und die entsprechenden Massenträgheitsmomente sind die Hauptträgheitsmomente (HTM). Die Lage dieses orthogonalen Achsensystems berechnet sich aus dem Matrizeneigenwertproblem.

( ) 0xIΘ =Θ− H

Aus ( ) 0=Θ− IΘH folgt die charakteristische Gleichung 3. Grades zur Bestimmung der drei HTM.

Für jedes HTM lässt sich danach durch Lösen des homogenen Gleichungssystems ( ) 0xIΘ =Θ− H

der zugehörige Eigenvektor x bestimmen. Der Eigenvektor enthält die Richtungscosinus für die entsprechende Achse. Hinweis: Dieser Rechenweg wurde auch schon bei der Berechung der Hauptspannungen benutzt. Hinweise zu Hauptträgheitsachsen: Rotationskörper: Symmetrieachsen sind Hauptträgheitsachsen spiegelsymmetrische Körper: eine HTA steht senkrecht auf der Symmetrieebene,

die anderen beiden liegen in ihr Körper mit zwei Symmetrieebenen: die Schnittgerade ist HTA Sind zwei HTM gleich groß, sind alle Achsen in der Ebene dieser beiden HTA ebenfalls HTA. Sind drei HTM gleich groß, sind alle Achsen HTA. Transformation der MTM auf zum Ausgangssystem paral lele Achsen Hier gilt wiederum der schon bekannte Satz von STEINER. (vergleiche: Flächenträgheitsmomente)

2assa mr+Θ=Θ wobei S der Massenmittelpunkt ist

In kartesischen Koordinaten ergibt sich dann

( )( )( )22

22

22

ssz

ssy

ssx

yxm

zxm

zym

++Θ=Θ

++Θ=Θ

++Θ=Θ

ζ

η

ξ

sszx

ssyz

ssxy

xzm

zym

yxm

−Θ=Θ

−Θ=Θ

−Θ=Θ

ζξ

ηζ

ξη

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Der Satz von Steiner darf nur angewendet werden, wenn eine der beiden Achsen durch den Massenmittelpunkt verläuft. Anderenfalls geht man folgendermaßen vor:

( )222

2

asbsabssb

asas

rrmmr

mr

−+Θ=+Θ=Θ

−Θ=Θ

Beispiele: (In der Vorlesung wurden der Quader, der Kreisringzylinder, der schlanke Stab, die dünne Kreisscheibe und die Hohlkugel behandelt.) dünne Rechteckplatte Man berechne die Massenträgheitsmo-mente einer homogenen dünnen Recht-eckplatte konstanter Dicke s für die Ach-sen x, y und z. Die Achsen x, y, z sind Symmetrieachsen des Körpers und damit auch HTA. Es sind folglich nur die axialen Massenträgheitsmomente zu bestimmen. Das Massenelement dm kann ausgedrückt werden durch dzdybdVdm ρρ == . Das Dreifachintegral über die Masse bzw. das Volumen reduziert sich hier auf ein Zweifachintegral. Es folgt für

( )

( )

( ) ( ) ( )2222

332

2

33322

2

2

2

322

2

2

2

2

2

22

)(

2

121

121

121

121

31

121

31

shmshshb

hsshbyssybdyssyb

dyzzybdydzbzydmr

h

h

h

h

s

s

h

h

h

hy

s

szm

xx

+=+=

+=

+=

+=

+=+==Θ

−−

−−−= −=

∫∫ ∫∫

ρ

ρρρ

ρρ

Das ist das bekannte Ergebnis für den Quader. In gleicher Weise ergeben sich

( )

( )22

22

12112

1

bhm

sbm

z

y

+=Θ

+=Θ

Ist die Platte nun dünn, so ist s << h, b. Das heißt, in diesem Fall ist

2

121

hmx ≈Θ , 2

121

bmy ≈Θ und ( )22

121

bhmz +=Θ .

Für einen dünnen Stab der Länge h (Stabachse y) mit beliebigem, jedoch konstantem Querschnitt ergibt sich dann wegen s, b << h

2

121

hmx ≈Θ , 0≈Θ y und 2

121

hmz ≈Θ

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Kegelstumpf Für einen geraden homogenen Kreiskegelstumpf soll das Massenträgheitsmoment bezüglich der Rotationsachse bestimmt werden.

∫=Θ)(

2

m

z dmr mit 222 yxr +=

( ) dzdydxyxV

z ∫∫∫ +=Θ)(

22ρ oder

dzddrrdzddrrrh

z

zr

rV

z ϕρϕρπ

ϕ∫ ∫ ∫∫∫∫= = =

==Θ0

2

0

)(

0

3

)(

2

Dabei ist r(z) eine lineare Funktion. Rzh

Rrbazzr +−=+=)(

( )

++++=

++++=Θ

++++==Θ ∫∫

43222334

4

0

432232435

4

0

432223344

0

)(

0

4

2252

2252

46424

2

bahbbhabhah

ah

zbbazbzabzaz

a

dzbazbbzabzazadzr

h

z

hh zr

z

ρπρπ

ρπρπ

Ersetzt man nun a und b und fasst die Ausdrücke zusammen, so ergibt sich

( )432234

10RrRRrRrr

hz ++++=Θ ρπ

Als Sonderfälle enthält die Lösung die Ergebnisse für den Zylinder ( R=r) sowie für den Kegel (r=0). Zum Vergleich die Ergebnisse aus einem Tabellenbuch.

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Kreisplatte mit Loch Gesucht ist das Massenträgheitsmoment für die gelochte Platte bezüglich der Achse senkrecht zur Platte durch den Aufhängepunkt. Der Aufhängepunkt sei P. Folgende Abkürzungen werden eingeführt: d1 = 150mm, d2= 80mm, t= 10mm,

e1= 68 mm, e2= (68-20) mm = 48 mm Für die dünne Scheibe/Platte gilt allgemein bezogen auf den Massenmittepunkt:

tD

tDAtVm

mDmR

S

S

4

2

22

32

4

81

21

πρ

πρρρ

===

==Θ

Mit diesen Formeln und unter der Berücksichtigung des Satzes von STEINER folgt

−+−=

−+−=

−+Θ−Θ=Θ

22

22

21

21

42

41

22

22

21

21

42

41

22

2121

81

81

4

443232

ededddt

etdetdtdtd

memeP

ρπ

ρπρπρπρπ

und mit den gegebenen Zahlenwerten

( )( )

5

222244

1158113726

147456001040400005816125085398,7

4880681508015081

104

mm

P

ρρ

ρπ

=−+=

⋅−⋅+−=Θ

wobei die Dichte in

3mm

Masse einzusetzen ist.

Stab mit verschiebbaren Massen Auf einer Stahlstange mit quadratischem Querschnitt (Kantenlänge a) sitzen verschiebbar zwei zylindrische Massen aus Stahl (Durchmesser D, Länge b). Ihr größter gegenseitiger Abstand beträgt l0 und das Trägheitsmoment der gesamten

Anordnung ist 0Θ . In welchem Abstand l1 müssen beide Massen arretiert werden, um das

Trägheitsmoment um 50% zu reduzieren? Geg.: a=10 mm, d=40 mm, b=40 mm, l0=250 mm, 0Θ =132 kg cm2 , ρ =7,85 g cm-3

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Es soll gelten: 01 21 Θ=Θ

Das Trägheitsmoment setzt sich aus denen von Stange und zwei zylindrischen Teilen mit Loch zusammen. STEINERsche Anteile sind zu berücksichtigen. Die Formeln werden Tabellen entnommen.

Stange: ( )( ) ( )30

2200

22StangeStange 12

1121

121

blablblalm +=++==Θ ρρ

Zylinder: ( )22Loch

22

ZylinderZylinder 121

3441

bambd

m +−

+=Θ

mit den Massen bdm 2Zylinder 4

πρ= und bam 2Loch ρ=

Es ist ( )2

1LochZylinderZylinderStange10 2

2221

−+Θ+Θ=Θ=Θ lmm

Dabei ist l1 die neue Lage der Zylinder. Diese Formel wird umgestellt und liefert die Position l1 .

( ) mmmm

l 1632

21

2LochZylinder

ZylinderStange0

1 =−

Θ−Θ−Θ=

Achsentransformation beim Zylinder Wie groß sind die Massenträgheitsmomente des homogenen Kreiszylinders für das eingezeichnete Koordinatensystem? Bezogen auf ein Koordinatensystem das im Massenmittelpunkt platziert ist und parallel zum vorhandenen ist, sind die MTM

2

22

8

1216

Dm

lm

Dm

zS

xSyS

xS

Θ=Θ

+=Θ

Mit den oben genannten Formeln erhalten wir

( )

( ) ( )

( ) ( ) 22

2222

222

22222

2222

2222

83

20

8

31

161

20

1216

31

165

221216

mDD

mmDm

yxm

mlmDl

mmlm

Dm

zxm

mlmDl

mD

mlm

Dm

zym

sszSzA

ssySyA

ssxSxA

=

++=++Θ=Θ

+=

+++=++Θ=Θ

+=

+

++=++Θ=Θ

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Da die Achsen im Punkt A keine HTA sind entstehen auch Deviationsmomente.

002

0

41

220

02

00

=⋅⋅−=−Θ=Θ

−=⋅⋅−=−Θ=Θ

=⋅⋅−=−Θ=Θ

ml

xzm

DlmmlD

zym

mD

yxm

sszxSzxA

ssyzSyzA

ssxySxyA

Zusammenstellungen von Massenträgheitsmomenten verschiedener Körper in tabellarischer Form findet man in vielen Lehr- und Übungsbüchern zur Technischen Mechanik und anderen technischen Nachschlagewerken. Im Anhang finden Sie einige Tabellen mit Massenträgheitsmomenten häufig verwendeter Körper.

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