medienbrief | n° 01.2016 01 · 01 medienbrief geographie n° medien im geographieunterricht...
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01MEDIENBRIEFGEOGRAPHIE
N°
Medien im GeographieunterrichtBeispiele aus der Schule und
praktische Hilfen
Düsseldorfer Fenster Unterstützungsangebote für Schulen
in Düsseldorf
Lernort KulturNeues Land.
Hans Berben: Fotografien 1946 - 1951
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Impressum
Herausgeber
Landschaftsverband Rheinland
Landeshauptstadt Düsseldorf
LVR-Zentrum für Medien und Bildung
Medienzentrum für die
Landeshauptstadt Düsseldorf
Medienberatung NRW
Schulmanagement NRW
Redaktion
Michael Jakobs
Layout & Reinzeichnung
Michael Jakobs
Postanschrift
Postfach 103453
40025 Düsseldorf
Besucheranschrift
Bertha-von-Suttner-Platz 1
40227 Düsseldorf
Kontakt
Telefon 0211 27404-2131
Fax 0221 8284-3463
E-Mail [email protected]
Internet www.medien-und-bildung.lvr.de
Titelbild
Foto: Anthony Delanoix
Druck
msk marketingservice köln GmbH
Bischofsweg 48-50, 50969 Köln
Auflage
6.000
Der MEDIENBRIEF erscheint zweimal jährlich und
kann kostenlos beim LVR-Zentrum für Medien und
Bildung abonniert oder als Einzelheft bestellt werden.
ISSN 1615-7257
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
2
Gedenkstätte Düsseldorf hinweisen:
»Neues Land. Hans Berben: Fotografi-
en 1946 bis 1951«. Diese Ausstellung
zeigt erstmals die Arbeiten des
Düsseldorfer Fotojournalisten, der die
Anfänge Nordrhein-Westfalens,
dessen 70-jahriges Jübiläum in
diesem Jahr feierlich begangen wird,
begleitet hat.
Allen, die zu dieser Ausgabe beigetragen
haben, ein herzliches Dankeschön - und
nun eine anregende Lektüre
Ihr
Ulrich Wehrhöfer
Düsseldorf, im Mai 2016
Ulrich WehrhöferAbteilungsleiter 4 (Lehreraus- und -fortbildung, individuelle Förderung, Weiterbildung, Internationales, Qualitätsanalyse) im Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW
Liebe Leserinnen und Leser,
am Beispiel des Geographieunterrichts
lässt sich vorbildlich aufzeigen, wie
sinnvoll und abwechslungsreich die
unterschiedlichsten Medien in die
Unterrichtsgestaltung eingebunden
werden können. Nach Atlanten,
Globen, Weltkarten, Filmen, haben
webbasierte und andere technische
Anwendungen schon lange ihren Platz
im Unterricht gefunden.
Für diese Ausgabe hat die MEDIEN-
BRIEF-Redaktion die Zusammenarbeit
mit dem Fachbereich Geographie des
Zentrums für schulpraktische Lehrer-
ausbildung (ZfsL) Düsseldorf gesucht,
dessen Studienreferendarinnen und
-referendare den Themenschwerpunkt
»Medien im Geographieunterricht« mit
Ideenreichtum und großem Engage-
ment bearbeitet haben. Die Beiträge
der jungen Lehrkräfte aus der Schul-
praxis belegen zum einen die Band-
breite eines sinnvollen Einsatzes von
Medien im Unterricht, zum anderen
deutet jeder einzelne Artikel an, dass
die zentralen Forderungen nach
Selbständigkeit der Lernenden,
Problemlösungskompetenz, Aktivität,
Interaktion und Reflexion über Medien
unterstützt werden können. Digitale
Medien stärken vielfältige Lernwege!
Seit knapp einem Jahr bewegt und
beschäftigt uns das Schicksal der
Flüchtlinge, die - nicht nur - aber vor
allem aus Syrien in großer Zahl zu uns
nach Deutschland geflohen sind. Den
Beitrag zu den Möglichkeiten der
Filmbildung für Kinder und Jugendli-
che aus diesen Ländern, darf ich Ihnen
besonders ans Herz legen.
Und schließlich möchte ich noch auf
eine Fotoausstellung vom 23. Mai bis 5.
Oktober 2016 in der Mahn- und
Vielfalt im Unterricht - vor allem durch Medien!
Foto: Stadt Düsseldorf / Michael Gstettenbauer
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VORWORT
Foto: © LVR-ZMB, Stefan Arendt
Impressum 02
Vorwort 03
Inhaltsverzeichnis 04
Kurzinformationen 06
01 Medien im Geographieunterricht 08
> Jenseits von Materialschlachten: Kritisch-reflexiver
Medieneinsatz im kompetenzorientierten Geographieunterricht 09
> Aktuelle Themen und Medienmix im Geographieunterricht.
Ein exemplarischer Stundenentwurf zur »Fluchtmigration« 14
> Modelle im Geographieunterricht: Fließgewässer lebendig
erfahren 16
> Geocaching im Geographieunterricht 19
> Virtuelle Spaziergänge - Mit Google Street View durch Chicago 22
> Außerschulisches Lernen - Urban Gardening macht Schule 26
> KuLaDig - Landeskundliche Informationen für den
Geographieunterricht 29
> Außerschulische Lernorte. Mit der Pädagogischen Landkarte
spannende Orte finden 30
> Die BIPARCOURS-App im Geographieunterricht 32
> EDMOND-Medien für den Geographieunterricht 33
02 Düsseldorfer Fenster 35
> Medien im Unterricht. Unterstützung für Schulen
in Düsseldorf 36
> »Wir wollen, dass jeder gerne in die Schule geht!« 38
03 Partner im Verbund 40
> Flucht, Migration und Integration und das Potenzial
der Filmbildung 41
04 Berichte 44
> »Digital Naives«? Internetnutzung und Online-Risikoverhalten
bei Jugendlichen 45
05 Medienberatung NRW 48
> Tablets und Gebärdensprache: Unterstütze (digitale)
Kommunikation in einer Förderschule 49
06 Bildungspartner NRW 53
> Wettbewerb »Kooperation.Konkret.« - Die Gewinner 2015 54
07 LVR-ZMB intern 56
> »Schauriges und Schönes aus dem Mittelalter« 57
> Neue Medien im ZMB-Verleih: Flucht/Migration 59
Inhalt – unsere Themen
MEDIENBRIEF
N° 01.2016
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
LVR-ZMB, Jan Hüsing
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08 EDMOND NRW 60
> Mit Filmen »Ausgezeichnet!« lernen 61
09 Lernort Kultur 63
> Neues Land. Hans Berben: Fotografien 1946 - 1951 64
> Die Autoren 67
Hinweis
Wir sind bemüht, in unseren Beiträgen Aspekte
des »Gender Mainstream« zu beachten und nach
Möglichkeit auf Personen bezogen sowohl die
weibliche als auch die männliche Form zu nutzen.
Aus Gründen der Vereinfachung und besseren
Lesbarkeit wird dies nicht von allen Autorinnen
und Autoren so gehandhabt. Das möchten wir
respektieren, legen jedoch Wert auf den Hinweis,
dass in der Regel das jeweils nicht erwähnte
Geschlecht mit einbezogen ist. Die Redaktion.
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INHALT – UNSERE THEMEN
Kurzinformationen –Wichtiges ganz schnell
Foto
: Dav
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Foto
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MEDIENBRIEF | N° 01.2016
EVA's BEAUTY CASE.
Schmuckausstellung in Bonn
Das LVR-LandesMuseum Bonn besitzt
eine der größten und bedeutendsten
Sammlungen römischen und frühmit-
telalterlichen Schmucks nördlich der
Alpen. Diese einzigartigen und
kostbaren Funde stehen im Zentrum
der Ausstellung EVA's BEAUTY CASE,
vom 9.6.2016-22.1.2017 im LVR-Lan-
desMuseum Bonn, die sich mit der
Kulturgeschichte des Schmucks und
der Schönheit beschäftigt.
Spannend gerade auch für Schulklassen:
Zahlreiche interaktive Schauelemente,
Medien- und Hands-On-Stationen
ergänzen die Ausstellung. Ein eigener
Mitmachbereich geht auf die Idealvor-
stellungen von Schönheit im Wandel
der Zeit ein: So können sich die
Schülerinnen und Schüler u.a. in
Nofretete, Königin Elisabeth I. oder
auch Ludwig XIV. morphen.
(www.landesmuseum-bonn.lvr.de)
Frisch aus der ZMB-Medienproduktion:
DVD »Mit allen Sinnen... Düsseldorfer
Musikkindergärten«
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iPad-Fortbildungsinitiative für
kommunale Medienzentren in
Nordrhein-Westfalen
Die landesweite Fortbildungsinitiative
des ZMB, im Oktober 2014 mit zehn
rheinischen und westfälischen Medien-
zentren gestartet, wird fortgesetzt.
Ende 2015 fand in Düsseldorf die
Netzwerktagung aller beteiligten
Medienzentren statt, um die Ergebnis-
se des pädagogischen Einsatzes von
Tablets in schulischen und außerschu-
lischen Einrichtungen zu evaluieren
und zu dokumentieren. Vom Spracher-
werb für Flüchtlinge bis zum Einsatz
von iPads in vielen Unterrichtsfächern
konnte belegt werden, dass Kinder
und Jugendliche mit mobilen Endge-
räten individuell und inklusiv gefördert
werden können. Diese Erfahrungen
sollen in weiteren Fortbildungen und
im Erfahrungsaustausch in den
Regionen vertieft und auf andere
Regionen übertragen werden
EDMOND NRW mit neuem Design und
Funktionalitäten
Die Arbeiten an der neuen EDMOND-
Version sind abgeschlossen! Wie schon
im letzten Medienbrief beschrieben, ist
das neue nutzerfreundliche Design
sowie die erweiterten Funktionalitäten
seit März im Praxisbetrieb.
Unter https://nrw.edupool.de können
Lehrkräfte aus NRW die neuen
Möglichkeiten ausprobieren. Dazu
gehören beispielsweise die Erstellung
von Medienlisten oder die digitale
Weitergabe von Medien via Medienliste
an Schülerinnen und Schüler.
Ausführliche Anleitungen mit hilfreichen
Tipps für den Einsatz in der Schule
sind direkt auf der Webseite abrufbar.
Musik ist ein unverzichtbarer Teil einer
ganzheitlichen Erziehung und Bildung.
Für die frühe Bildung und Erziehung
mit, durch und zur Musik machen sich
deshalb die städtische Clara-Schu-
mann-Musikschule und das Jugend-
amt der Stadt Düsseldorf stark.
Gemeinsam haben sie ein Konzept
entwickelt, das in 6 Tageseinrichtun-
gen für Kinder erfolgreich umgesetzt
wird. Die qualitative Weiterentwicklung
der bestehenden Musikkindergärten
sowie die Errichtung von jeweils einem
Musikkindergarten für jeden Stadtbe-
zirk ist der Stadt Düsseldorf jetzt und
in Zukunft ein wichtiges Anliegen
Vorankündigung: »Begabtenförderung
im 360° Feedback«
Ende August 2016 erscheint die vom
Ministerium für Schule und Weiterbil-
dung NRW beauftragte DVD zum
Thema »Begabtenförderung«. Mehr
Informationen dann auf
www.schulministerium.nrw.de
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KURZINFORMATIONEN – WICHTIGES GANZ SCHNELL
Aktuelle Themen und Medienmix - Modelle, Geocaching, Exkursionen, Virtuelle
Spaziergänge - KuLaDig - Pädagogische Landkarte NRW - BIPACOURS
01 Medien im Geographieunterricht
Foto: Julia Reschucha, LVR-ZMB8
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Jenseits von Materialschlachten: Kritisch-reflexiver Medieneinsatz im kompetenzorientierten Geographie- unterricht
Gerade letzteres wird im Kontext der
konstruktivistischen Wende in der
Geographiedidaktik verstärkt betont.
Demnach ist jedes Medium ein
Konstrukt, ein »perspektivischer
Blick auf die Welt« (Gryl/Kanwischer:
201), konstruiert durch einen Produ-
zenten, der durch subjektive, bewuss-
te Intentionen und unbewusste
Einstellungen geleitet wird. In diesem
Verständnis liegt den Medien als
Repräsentationen von Wirklichkeit
immer eine konstruierte Wirklichkeit
zugrunde. Dies zu erkennen, Medien
dekodieren und letztlich dekonstruie-
ren zu können, ist Ziel einer kriti-
schen Medienerziehung und eines
kompetenzorientierten Geographie-
unterrichts. Und mehr noch: Durch
den Aufstieg der interaktiven Medien
werden Konsumenten häufig selbst
zu Produzenten – indem sie zum
Beispiel Kommentare in Foren
posten, Fotos produzieren und mit
anderen teilen oder Eintragungen in
verschiedenen Wikis wie OpenStreet-
Map vornehmen. Die Erziehung zu
einem verantwortungsbewussten
Umgang mit Medien sollte daher
integraler Bestandteil des Geogra-
phieunterrichts sein.
Eine hervorragende Möglichkeit, die
Medienkompetenz von Schülerinnen
und Schülern zu fördern und Lehren-
de bei der Unterrichtsgestaltung zu
Nicht erst seit dem Aufstieg der
digitalen und mobilen Medien, allen
voran der sozialen Netzwerke, sind
Medien aller Art im Leben von
Kindern und Jugendlichen allgegen-
wärtig. »Medien sind integrativer
Bestandteil gesellschaftlicher
Wirklichkeit; sie gehören zum Alltag
von Familie und Schule. Medien sind
Miterzieher geworden«. Diese
Feststellung entstammt dem schon
vor über 20 Jahren verfassten
»Orientierungsrahmen des Bundes
und der Länder zur Medienerziehung
in der Schule«. Ihre Gültigkeit hat
sich in den letzten Jahren noch
erhöht. Mehr denn je sieht sich
Schule, Berufsbildung und Hochschu-
le dem Auftrag verpflichtet, zu einem
kompetenten und reflektierten
Umgang mit Medien zu erziehen. Dies
gilt auch und in besonderem Maße für
den modernen Geographieunterricht.
Mit dem Medienerziehungsauftrag
verbunden sind zwei wesentliche
Herausforderungen: zum einen sollen
junge Menschen dazu befähigt
werden, sich in der Flut der Medien
zurecht zu finden und diese kompe-
tent zu nutzen, sowohl rezeptiv als
produktiv. Zum anderen soll ihnen ein
Bewusstsein darüber vermittelt
werden, dass Medien stets nur Mittler
zwischen Realität und Rezipienten
sind und daher kritisch reflektiert
und eingesetzt werden müssen.
unterstützen bietet die Initiative
Medienpass NRW (www.medienpass.
nrw.de). Seit 2011 wurde hier von den
Akteuren ein Kompetenzrahmen für
verschiedene Jahrgangsstufen
entwickelt, der eine Orientierung,
über welche medienbezogenen Fähig-
keiten Kinder und Jugendliche
verfügen sollten, ermöglicht. Darüber
hinaus zeigt ein Lehrplankompass
auf, wie diese Anforderungen in den
Unterricht integriert werden können
(Anregungen für Unterrichtsplanun-
gen). Der Medienpass schließlich, den
alle Lernende erwerben können,
dokumentiert das jeweilige Kompe-
tenzniveau und wirkt motivierend.
Herausforderungen mediengestütz-
ten Geographieunterrichts
Selbstverständlich ist Medienpädago-
gik eine fächerübergreifende Aufgabe
und Medienkompetenz in einem weit
gefassten Verständnis eine Metakom-
petenz, die jenseits von Fächergren-
zen und Fachkompetenzen geschult
werden sollte. Dennoch ist es
notwendig, dass sich die einzelnen
Disziplinen mit ihren jeweils fachspe-
zifischen Medien und ihrer Verwen-
dung auseinandersetzen und Konzep-
te entwickeln, wie ein kompetenter
Umgang mit ihnen erstens definiert
ist und zweitens gefördert werden
kann.
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01 | MEDIEN IM GEOGRPHIEUNTERRICHT
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
verwendeten Medien stets auf
möglichst aktuellem Stand zu halten.
Man denke nur an das Thema Migrati-
on und Flucht, das momentan fast
täglich neue Zahlen und Materialien
evoziert (beispielhaft am Beitrag zum
Medienmix zur Fluchtmigration in
vorliegendem Heft thematisiert).
Nicht zuletzt sind es die unzähligen
Raumbeispiele, die es unumgänglich
machen, Medien aller Art im Geogra-
phieunterricht zum Einsatz zu
bringen. Wie sonst sollen Schülerin-
nen und Schüler zum Beispiel
Kennzeichen einer Global City
herausarbeiten, oder die Nachhaltig-
keit landwirtschaftlicher Produkti-
onssysteme diskutieren, wenn nicht
mit Hilfe von aktuellen und relevanten
Informationen in Form von Karten,
Diagrammen, Tabellen oder Texten zu
Raumbeispielen – sei es New York
oder Tokyo beziehungsweise Kaffee-
anbau in Vietnam oder Maisanbau in
den Great Plains.
Die Vielfalt der verfügbaren Unter-
richtsmedien macht es nahezu
unmöglich, diese eindeutig zu
klassifizieren. Es existieren eine
Vielzahl verschiedener Medienklassi-
Im Fach Erdkunde bzw. Geographie
ist die Intensität des Medieneinsatzes
besonders hoch. Welche(r) Erdkunde-
lehrerin oder -lehrer kennt nicht die
zeitraubende Suche nach dem
richtigen Material – der geeigneten
Karte, dem passenden Klimadia-
gramm oder den aktuellsten Bevöl-
kerungszahlen. Die Gründe für die
häufig beklagte Materialschlacht im
Geographieunterricht liegen auf der
Hand. Zunächst einmal ist ein an
Kompetenzen orientierter Geogra-
phieunterricht ursächlich auf Medien
angewiesen. Durch sie erschließen
sich Schülerinnen und Schüler die
Fachinhalte, schulen sie ihre Metho-
denkompetenz, erproben sie sich im
Beurteilen und Bewerten und werden
schließlich in die Lage versetzt,
räumliche Handlungskompetenz zu
entwickeln. Als Beispiel hierfür mag
der kompetente Umgang mit Pla-
nungskarten (z.B. dem Flächennut-
zungsplan) dienen, der Vorausset-
zung dafür ist, raumrelevante
Entwicklungen zu interpretieren und
letztlich auch zu beeinflussen.
Es kommt hinzu, dass es im Fach
Geographie wichtig ist – wie bei allen
Gesellschaftswissenschaften – die
fikationen, die nach sehr unterschied-
lichen Kriterien vorgehen: digital vs.
analog, materiell vs. immateriell,
abstrakt vs. konkret; oder aber
danach, ob der Zugang zum Medium
visuell, auditiv oder olfaktorisch
erfolgt. Solche Medienklassifikatio-
nen sind zwar nicht beliebig, aber
jeweils abhängig von den gewählten
Klassifikationskriterien, denen
Vorannahmen bezüglich der zu
beschreibenden Medien inhärent sind
(Gryl/Kanwischer: 203). Wichtiger als
eine eindeutige Klassifikation aller
für den Geographieunterricht
verwendbarer Medien erscheint
daher die Abgrenzung spezifischer
Geomedien. Von ebensolchen spricht
man, sobald sie Informationen mit
räumlich referenzierten Informatio-
nen transportieren – Karten, Atlan-
ten, Globen, aber auch Bilder, Texte,
Filme oder Animationen die erdräum-
liche Informationen speichern und
übermitteln. Ihre Anzahl und Verfüg-
barkeit nimmt stetig zu und eröffnet
viele Möglichkeiten des unterrichtli-
chen Einsatzes. Für einige Geomedi-
en sind Kompetenzmodelle in Arbeit
beziehungsweise bereits entwickelt
worden, wie zum Beispiel zur
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
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MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Kartenlesekompetenz, kritischen
Kartenkompetenz sowie zu Geogra-
phischen Informationssystemen.
Dimensionen geographischer
Medienkompetenz
Im Hinblick auf die Förderung einer
kritisch reflexiven Medienkompetenz
im Rahmen des Geographieunter-
richts lassen sich vier Dimensionen
ausmachen (vgl. hierzu auch die
Systematik nach Baacke 1997):
Medienkunde: ein erstes Ziel bei der
Vermittlung von Medienkompetenz ist
es, Schülerinnen und Schüler
überhaupt erst in die Lage zu
versetzen, benötigte Informationen zu
finden. Dazu müssen sie Wissen
darüber aufbauen, wo geeignete
Daten vorgehalten werden. Ein
Beispiel hierfür sind die in der
Geographie unverzichtbaren Daten-
banken verschiedener Institutionen,
z.B. statistischer Ämter. Um geeigne-
te Informationen herauszufiltern
bedarf es zusätzlich der Fähigkeit,
mit den jeweiligen Medien umgehen
zu können, das heißt sie zu bedienen,
zum Beispiel Daten zu extrahieren.
Mediennutzung: diese ist zu verste-
hen im Sinne einer erweiterten
Lesekompetenz. Können die Lernen-
den die herausgefilterten Informatio-
nen erfassen und damit »lesen«, sind
sie in einem zweiten Schritt in der
Lage, diese zielgerichtet anzuwen-
den. Als Beispiel aus der analogen
Welt mag hier der Umgang mit dem
Atlas oder Karten allgemein dienen.
In den Bildungsstandards der
Deutschen Gesellschaft für Geogra-
phie wird im Kompetenzbereich
»Räumliche Orientierung« der
Standard formuliert (S6), dass
Schülerinnen und Schüler »topogra-
phische, physische, thematische und
andere alltagsübliche Karten lesen
und unter einer zielführenden
Fragestellung auswerten können«
(DGfG 2015). Zur Kartenauswerte-
kompetenz liegt bereits ein Kompe-
tenzmodell vor (Hüttermann 2012:
206). Ein Beispiel für die Mediennut-
zung in der digitalen Welt ist der
Umgang mit satellitengestützter
Navigation zur räumlichen Orientie-
rung, wie es in vorliegendem Heft am
Beispiel des Geo-Cachings vorge-
stellt wird.
Medienkritik: wie bereits angeführt,
ist die Förderung der reflexiv kriti-
schen Medienkompetenz eine der
zentralen Forderungen an den
kompetenzorientierten Geographie-
unterricht. Hierbei geht es um die
Fähigkeit, Medien beurteilen und
bewerten sowie in ihrer Wirkung
analysieren zu können, aber auch das
eigene Handeln mit Medien zu
reflektieren. Besonders interessant
ist in diesem Kontext die gegenwärtig
in der Geographiedidaktik themati-
sierte kritische Kartenlesekompetenz
(vgl. Gryl 2012) oder auch die Bild-
kompetenz. Letztere zielt auf den
reflektierten Umgang mit visuellen
Medien in der Geographischen
Bildung ab. Hierzu wurden im
Rahmen verschiedener Projekte
bereits wertvolle Impulse für die
unterrichtspraktische Umsetzung
entwickelt (Jahnke 2012).
Mediengestaltung: Längst lassen sich
Produzenten und Konsumenten von
Medien nicht mehr trennscharf
voneinander abgrenzen. Im Rahmen
eines handlungsorientierten Unter-
richts ist es selbstverständlich, dass
Schülerinnen und Schüler unter
LVR-ZMB, Jan Hüsing
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01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT
Verwendung verschiedener Medien
eigene Lernprodukte erstellen, über
die kommuniziert wird und die
weiterverbreitet werden können.
Daher ist die Förderung der produk-
tiv-verarbeitungsbezogenen Kompe-
tenz eine weitere Aufgabe, der sich
Geographielehrerinnen und -lehrer
gegenüber sehen. Dies wird durch die
zunehmende Bedeutung der interak-
tiven Möglichkeiten des Medienein-
satzes noch unterstrichen. Der
Einsatz von google-street-view zur
Entwicklung eines Stadtmodells
(siehe Beitrag in diesem Heft) mag
als Beispiel hierfür dienen. Unter
Auswertung digital zur Verfügung
gestellter Daten entwickeln die
Lernenden ein neues, abstrahiertes
Medium, das sie wiederum zur
Überprüfung an andere Raumbeispie-
le anlegen können.
Der Umgang mit Medien in der
Unterrichtspraxis
Geographielehrerinnen und -lehrer
sehen sich angesichts der Medien-
vielfalt und den hohen Erwartungen
an die Kompetenzförderung großen
Herausforderungen gegenüber. Bei
der Entscheidung darüber, wann
welches Medium eingesetzt werden
sollte, kann die Analysespinne, wie
sie von Hieber et al. (2009) entwickelt
wurde, wertvolle Dienste leisten. Die
Autoren unterscheiden drei relevante
Variablen beim Einsatz von Medien:
die Komplexität des Inhalts, ausge-
drückt u.a. in der Anzahl von Elemen-
ten und ihren Beziehungen unterein-
ander. Als Beispiel hierfür können
thematische Karten angeführt
werden, die sich im Grad ihrer
Komplexität (z.B. Anzahl der Einzel-
elemente und Ebenen) sehr stark
voneinander unterscheiden. Die
zweite Variable beim Einsatz von
Medien ist die Komplexität der
Darstellung bzw. des Mediums an
sich. Diese ergibt sich aus der
Darstellungsform der Information,
die von bildhaft-anschaulich bis
symbolisch-abstrakt variieren kann.
Um wieder das Beispiel der themati-
schen Karte zu bemühen: eine Karte
mit bildlichen Symbolen ist sehr viel
intuitiver zu verstehen, als eine Karte
mit abstrakten Symbolen die u.U.
noch quantitativ unterschieden
werden. Die dritte Variable, die beim
Einsatz von Medien von entscheiden-
der Bedeutung ist, ist die Steuerung
des Lernprozesses. Die Arbeitsan-
weisungen zu einem Medium können
dabei von schwach bis mäßig gesteu-
ert variieren. Gerade diese Gestal-
tung des Lernprozesses ist wichtig
für das binnendifferenzierende
Arbeiten mit Medien. So können
Arbeitsanweisungen sehr kleinschrit-
tig angelegt sein oder aber nur
wenige methodische Hilfestellungen
anbieten. Mit einer sehr strukturier-
ten und kleinschrittigen Arbeitsan-
weisung kann selbst ein vom Inhalt
her sehr komplexes Medium (z.B. ein
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Foto: LVR-ZMB, Julia Reschucha
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schwieriger Text) erfolgreich im
Unterricht eingesetzt werden.
Umgekehrt können wenig komplexe
Medien (z.B. ein Bild) mit der ange-
messenen Aufgabenstellung dabei
helfen, komplexe Inhalte zu erschlie-
ßen. Ein ausgewogenes Verhältnis
von Gestaltung des Lernprozesses
und Komplexität von Inhalt und
Darstellung bei Medien ist gerade
auch bei der Gestaltung von Lern-
und Prüfungsaufgaben von immenser
Bedeutung (Gohrbandt et al. 2013).
Als wichtigstes Postulat eines
reflektierten Umgangs mit Medien
sollte aber immer gelten: Inhalt vor
Form! Medieneinsatz ist kein Selbst-
zweck; nicht allein durch die Verwen-
dung besonders aktueller oder
innovativer Medien sind Lernerfolge
garantiert. Der Medieneinsatz sollte
vielmehr immer vom Inhalt, der
jeweiligen Lerngruppe, den zeitlichen
und räumlichen Rahmenbedingungen
und natürlich auch dem Vorwissen
und dem Interesse der Schülerinnen
und Schüler abhängig gemacht
werden. Dabei liegt der Königsweg in
der Vielfalt und der Abwechslung
beim Medieneinsatz (»Mischwald
statt Monokultur«). So haben sowohl
Tafel und Schulbuch, also auch
Whiteboard und Internet, sowohl
Texte und Karten als auch Bilder und
Filme ihre Berechtigung, im Geogra-
phieunterricht eingesetzt zu werden.
Dr. Dorothee Wiktorin
Dorothee Wiktorin ist Dozentin am Geographischen Institut der Universität zu Köln
Literatur:
Baacke, D. (1997): Medienpädagogik. Tübingen. - Gohrbandt, E.; Mäsgen, J.; Weiss, G.; Wiktorin, D. (2013): Zwischen Materialschlacht und Reproduktion. In: Geographie und Schule 206, S. 4-14. - Gryl, I. (2012): Reflexive Geomedien-kompetenz. Landau. - Gryl, I.; Kanwi-scher, D. (2013): Medien im Geographie-unterricht: Theoretische Ansätze und empirische Analysen. In: Kanwischer, D. (Hrsg.): Geographiedidaktik. S. 198–208. - Hieber, U.; Lenz, T.; Stengelin, M. (2009): Medien auswerten. Fachtypischen Methoden im Spiralcurriculum. In: geographie heute 271/272. - Hüttermann, A. (2012): Karte als Medium. In: Haver-sath, J.-B.: Geographiedidaktik. S. 192-213. - Jahnke, H. (2012): Geographi-sche Bildkompetenz? Über den Umgang mit Bildern im Geographieunterricht. In: Geographie und Schule 195, S. 27-35.
Foto: Miami University Libraries
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01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT
Aktuelle Themen und Medienmix im Geographieunterricht. Ein exemplari-scher Stundenentwurf zum Thema »Fluchtmigration«
Die Flüchtlingsproblematik ist aktueller denn je und sollte
somit auch Einzug in die Schule erhalten. Gerade der
Geographieunterricht eignet sich zu einer raumbezogenen
Betrachtung. Im Folgenden wird ein Unterrichtsentwurf
vorgestellt, der versucht eben diese Thematik mit einer 9.
Klasse zu behandeln, wobei unterschiedliche Medien zum
Einsatz kommen, die durch ihre jeweiligen Vorteile das
Unterrichtsgeschehen stützen sollen.
Unter der Überschrift »Wege der Hoffnung – Flüchtlings-
routen nach Europa« soll das Ziel der Stunde sein, dass die
Schülerinnen und Schüler die Herkunftsländer der
Flüchtlinge lokalisieren, die wichtigsten Flüchtlingsrouten
nach Europa räumlich einordnen und exemplarisch Gründe
für die Fluchtmigration erläutern. Die Stunde kann als
Einstiegsstunde zur Themenreihe »Migration« verwendet
werden oder als aktuelles Beispiel der Fluchtmigration
innerhalb der Reihe fungieren.
Einstieg
Eingeleitet wird die Unterrichtsstunde mit einem Liedim-
puls: »Europa« von den Toten Hosen und wird durch ein
Foto von Flüchtlingen aus Afrika auf einem Boot erweitert.
Durch den auditiven Impuls wird an die Lebenswelt der
Schülerinnen und Schüler angeknüpft und inhaltlich auf
die aktuelle Situation der Fluchtmigration nach Europa
verwiesen. Der Liedtext beschreibt dabei die Überfahrt der
Flüchtlinge auf dem Mittelmeer. Die Ergänzung des Bildes
führt zu einer verstärkten emotionalen Aktivierung und
spricht außerdem den visuellen Lernkanal an. In einem
gelenkten Unterrichtsgespräch erarbeiten die Schülerin-
nen und Schüler die Leitfrage der Unterrichtsstunde: »Wer
kommt warum und von woher nach Europa?«
Erarbeitung
Die Erarbeitungsphase ist in eine arbeitsteilige Gruppenar-
beit aufgeteilt, in welcher jede Gruppe eine exemplarische
Flüchtlingsgruppe nach Herkunftsgebiet betrachtet. Ziel ist
es, die Herkunftsländer der Flüchtlinge mit Hilfe des Atlas
zu lokalisieren und deren Hauptrouten nach Europa
räumlich einzuordnen. Des Weiteren erläutern sie die
Gründe, die die Menschen zur Fluchtmigration bewegen.
Medial werden die Schülerinnen und Schüler mit einem
stummen Kartenausschnitt auf einer OHP-Folie ausgestat-
tet, in den sie die Flüchtlingsroute eintragen können.
Informationen entnehmen sie bereitgestellten Material-
und Arbeitsblättern, die zu diesem Zweck angefertigt
wurden.
»Menschen wandern seit Anbeginn aller Zeiten, und
sie werden weiter wandern, denn die Welt ist klein
geworden, und sie hat heute gläserne Mauern. Jeder
weiß, was im Wohnzimmer seines Nachbarn geschieht.
Und wir sollten uns bewusst sein, dass wir nur die
Spitze des Eisberges sehen, der ununterbrochen
weiterschwimmt, unaufhaltsam.«
Moses Isegawa (afrikanischer Schriftsteller)
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MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Die arbeitsteilige Herangehensweise ermöglicht eine
größere inhaltliche Betrachtung der Flüchtlingsströme in
die EU. Ferner werde die Schülerinnen und Schüler zu
»Experten« in dem von ihnen bearbeiteten Bereich.
Sicherung und Transfer
In der Sicherungsphase präsentieren die Schülerinnen und
Schüler ihre Ergebnisse, indem die Folien mit den eingetra-
genen Flüchtlingsrouten übereinandergelegt werden. Es
entsteht ein Gesamtbild der Flüchtlingsströme, das
Aufschluss darüber gibt, aus welchen Herkunftsländern
und auf welchen Hauptrouten die Flüchtlinge in die EU
kommen. Die einzelnen Gruppen präsentieren in einem
Kurzvortrag die Gründe der Flucht, während das Plenum
die unterschiedlichen Fluchtgründe mitschreibt. Der
Arbeitsauftrag dient dazu, dass die Schülerinnen und
Schüler den Vorträgen ihrer Klassenkameraden folgen. Da
die Gründe der Fluchtbewegung nicht visuell präsentiert
werden können, erfordert dies eine hohe Konzentration des
Plenums. Abschließend wird zum anfänglichen Bildimpuls
zurückgekehrt und im geleiteten Unterrichtsgespräch
Hypothesen aufgestellt, die sich auf die Probleme der
Flüchtenden auf ihrem Weg nach Europa beziehen. Gegebe-
nenfalls ist ein Raumbezug zur Heimatstadt der Schülerin-
nen und Schüler möglich, indem Vermutungen aufgestellt
werden können, vor welche Probleme die jeweilige Stadt
durch den aktuellen Flüchtlingsstrom gestellt wird. Dies
dient erneut der emotionalen Aktivierung sowie als Überlei-
tung zur Folgestunde, in der die Folgen der Fluchtmigration
behandelt werden sollen.
Fazit
Nach mehrfacher Erprobung dieser Stunde kann festgehal-
ten werden, dass die Schülerinnen und Schüler ein hohes
Maß an Motivation und Betroffenheit entwickeln konnten.
Aus medialer Perspektive ist die Overlay-Technik der
OHP-Folien als kritisch zu bewerten, da die eingezeichne-
ten Routen teilweise nicht deutlich genug erkennbar waren.
Hier wäre es denkbar, dass die Schülerinnen und Schüler
ihre Routen alle auf eine einzige Folie eintragen und somit
die Ergebnisse der anderen Gruppen berücksichtigen
müssen. Alternativ könnte auch ein interaktives Whiteboard
genutzt werden.
Maxim Krohmer/Julian Weber
Maxim Krohmer hat sein 1. Staatsexamen an der Universität zu Köln abgelegt und ist Studienreferendar am Zfsl Düsseldorf und Referendar am Konrad-Adenauer-Gymna-sium Langenfeld. Julian Weber hat das 1. Staatsexamen an der Philipps-Universität Marburg abgelegt und ist Referendar am Geschwister-Scholl-Gymnasium Düsseldorf und Studienreferendar am Zfsl Düsseldorf
© magnusfx
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01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
16
Modelle im Geographieunterricht: Fließgewässer lebendig erfahren
In Zeiten neuer Medien und offener Unterrichtsformen ist
die interessierte Lehrkraft stets auf der Suche nach neuen
und vor allem für die Schülerinnen und Schüler (SuS)
spannenden Zugängen zu größtenteils trockenem Unter-
richtsstoff. Experimente und Modelle sind hierbei ein gern
in Anspruch genommenes Mittel um den SuS Zusammen-
hänge greifbar und damit erlebbar zu machen – denn
Erfahrungen, die mit allen Sinnen gemacht werden, bleiben
den Lernenden länger im Gedächtnis.
Dieser Beitrag befasst sich mit der Einbettung eines
geographischen Modells zum Thema »Fließgewässer« in
den schulischen Alltag. Exemplarisch für einen außerschu-
lischen Lernort werden die Test- und Versuchsanlage der
Universität Trier sowie Möglichkeiten der aktiven Gestal-
tung durch die SuS angesprochen. Der Fokus zielt auf die
ökologischen Zusammenhängen rund um ein natürliches
Fließgerinne und die anwendungsorientierten Möglichkei-
ten für die Schule. Im Allgemeinen sind Modelle anschau-
lich und realitätsbezogen und tragen durch Visualisierung
zum besseren Verständnis der Lebenswirklichkeit bei.
Die Oberfläche der Erde wird durch das Zusammenwirken
verschiedener Prozesse fluvialer, glazialer, äolischer und
hydrogeologischer Art geformt. Entscheidend für jede
Veränderung sind die jeweiligen vorherrschenden Gegeben-
heiten wie das Relief, die Bodenart, die Zusammensetzung
des Gesteins oder die Witterungsverhältnisse.
Modelle sind integraler Bestandteil des heutigen Geogra-
phieunterrichts und lassen sich an verschiedenen Stellen
des nordrhein-westfälischen Kerncurriculums legitimieren.
Zusätzlich können sich die Schüler durch einfache Experi-
mente Erkenntnisse über geographische Sachverhalte
selbst erschließen und bauen somit ihre Kompetenzen
individuell auf. Optimal ist hierbei die theoretische und
praktische Aufarbeitung der Inhalte durch Versuche am
Testgelände in Trier sowie in den Laboren der Universität.
»Geographische Modelle als idealisierte, vereinfachte Bilder
räumlicher Gefügeordnungen haben einen heuristischen Wert,
weil sie einerseits zu Hypothesen, Versuchen und Prognosen
anregen, andererseits können sie bereits das Abbild einer
räumlichen Regelhaftigkeit sein.« (Tobias Raidelet)
Das außerschulische Erlebnis fordert von den SuS ein
gewisses Maß an Selbstdisziplin und sozialer Kompetenz
sowie von den Lehrpersonen eine sorgfältige Planung,
damit die angedachten Inhalte gelingen. Ferner wird das
Umweltbewusstsein der SuS gestärkt und der gerade in der
Unter- und Mittelstufe vorhandene Bewegungsdrang
gestillt. Der praktisch orientierte Geographieunterricht soll
die SuS an die Erschließung ihrer Umwelt heranführen.
Entscheidend für eine gelungene geographische Bildung ist
hierfür neben den inhaltlichen Zielen ein Verständnis für Foto: © Tobias Raidelet
01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT
17
sowie eine kritische Betrachtung auf den Raum. Grundsätz-
lich müssen der Wissensstand der Klasse und die jeweili-
gen zeitlichen und technischen Möglichkeiten bei der
Umsetzung berücksichtigt werden.
An der frischen Luft...
Fließgerinne können natürlich entstehen oder künstlich
erschaffen werden, wie zum Beispiel durch Kanäle. Das
Versuchsgelände in Trier ermöglicht durch den raffinierten
Bau viele Möglichkeiten zur Untersuchung. Um Fließge-
schwindigkeiten und den Unterschied zwischen Durchfluss
und Abfluss zu verdeutlichen, bietet sich das Einleiten von
Schwebstoffen an. Die eindrucksvollsten visuellen Effekte
erzielen hierbei Uranin, welches das Wasser grünlich färbt,
und Kaolinit, das in einer milchigen Wolke abfließt. Weitere
zu untersuchende physikalische Parameter sind die
Wassertemperatur, der Sauerstoffgehalt, der pH-Wert, die
Leitfähigkeit und die Untersuchung auf Spurenelemente
oder toxische Stoffe. Aufgrund seiner Gestaltung zur
anschaulichen Nutzung ist das Fließgerinne in Trier für
Schulklassen besonders geeignet.
Neben dem Einleiten von Schwebstoffen können Schwim-
mer in verschiedenen Formen und Größen in das Gerinne
eingesetzt werden. Je nach Ausgestaltung und Fließge-
schwindigkeit sowie Abflussmenge sammeln sich diese
Objekte an Hindernissen und in Ruhezonen oder rauschen
dem Stromstrich folgend das Gerinne hinab. Mit diesen
Objekten können einfache Zusammenhänge (Transport und
Sedimentation, Entstehung von Prall- und Gleithang,
verschiedene Geschwindigkeiten) sichtbar gemacht werden.
Als gute Schwimmer eignen sich kleine Styroporkugeln oder
Gummienten. Gerade Schwimmerwahl und -verhalten
lassen viel Raum für eigene Ideen und Vermutungen;
entsprechende Fragestellungen können die SuS hierin
unterstützen. Außerdem kann mithilfe von Sand und etwas
gestalterischem Geschick das Entstehen vom Gerinnebett in
individueller Form in der Versuchsanlange modelliert
werden. Um es den Lernenden noch greifbarer zu machen,
bietet sich in der schulischen Vor- oder Nachbereitung ein
Sandkastenmodell an, in dem mit einer Gießkanne der
Wasserzufluss generiert und reguliert werden kann. An
dieser Aufteilung in kleinere und größere Modelle können
beispielsweise Fragestellungen zum Einsatz und Nutzen von
Modellen im Allgemeinen durch die SuS entwickelt werden.
Prinzipiell können alle Versuche nach entsprechender
Einweisung und Anleitung von den SuS selbst durchgeführt
werden. Eine fächerübergreifende Nutzung der Modellan-
lange bietet sich beispielsweise für die Mathematik an, mit
Versuchen zum praktischen Erleben von Volumen- und
Flächenberechnung.
Foto: © Tobias Raidelet
Foto: © Tobias Raidelet
Foto: © Tobias Raidelet
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MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Zurück im Klassenraum...
Neben den Erfahrungen am außerschulischen Lernort
bietet sich die theoretische Vertiefung der Inhalte auch
durch praktisches Arbeiten in der Schule an. Die SuS
entscheiden beispielsweise selbst, wozu das Modell
geeignet ist und gestalten dazu ein eigenes Schwerpunkt-
modell. Es ist hilfreich, den SuS Texte beispielsweise zur
Flussbegradigung, Sohlenerosion oder zu künstlichen
Mäanderdurchbrüchen zur Verfügung zu stellen. Je nach
Jahrgangsstufe sollten zusätzlich noch Materialien,
Werkzeuge sowie eine kurze Aufbauanweisungen bereitge-
stellt werden.
In einer Einführung in das Projektthema »Fließgewässer«
erhalten die SuS einige grundlegende Hinweise zu Modellen.
In der inhaltlichen Vorbereitung kann die erste Aufgabe
darin bestehen, anhand bestimmter Kriterien (Darstellung
der Fachinhalte, Visualisierung, Materialauswahl, Modellbe-
schreibung und Präsentation) ein Modell zu entwickeln. Der
Unterricht ist hierbei durch ein hohes Maß an Eigenständig-
keit und zunehmender Selbstorganisation der SuS geprägt.
Als Lernprodukt erstellen sie ein Modell, welches die
exogenen Kräfte eines Fließgerinnes darstellt. Am Ende des
Unterrichtsvorhabens sollte sich eine Reflexionsphase
anschließen, die gezielt nach Vor- und Nachteilen von
Modellen im Geographieunterricht fragt und die geleistete
Schülerarbeit wertschätzt.
Die Spezialisierung auf einen bestimmten Flussabschnitt
machen in der Retrospektive Möglichkeiten und Grenzen
von Modellen deutlich: Um die Ideen der Lernenden
hinsichtlich des Modellbaus umzusetzen und zu erleichtern,
ist es notwendig, optimale Rahmenbedingungen zu schaf-
fen. Dies schließt einen hohen Organisationsaufwand ein.
Hierzu zählt, den SuS einen geeigneten Fachraum und
Materialien zur Verfügung zu stellen sowie eine häufige Ein-
bindung der Modelle in den Unterricht. Wichtig für das
Einbinden in den Unterricht bleibt das Verhältnis von
Steuerungsgrad durch die Lehrkraft im Verhältnis zum Maß
an Selbsttätigkeit der SuS: Je weniger die Lehrperson lenkt,
desto mehr werden die SuS für sich und ihre Lebenswelt
mitnehmen. Außerschulisch birgt ein Modellfließgerinne ein
enormes Potential für anschauliche Versuche und Begeg-
nungen mit dem Thema Wasser und seinem Verhalten.
Somit kann es einen entscheidenden Anteil an Umwelter-
ziehung und der Idee von Nachhaltigkeit leisten.
Weitere Versuchsanlagen sind das WasserCluster Lunz in
Niederösterreich, die Fließ- und Stillgewässer-Simulations-
anlage des Umweltbundesamtes am Standort Berlin-Mari-
enfelde und das Zentrum für Agrarlandschaftsforschung mit
mehreren Standorten in Brandenburg.
Informationen rund um das Thema »Wasser/Gewässer«
Die Deutsche Umwelthilfe baut im Dachprojekt »Schulen für
Lebendige Flüsse« ein Netzwerk zwischen Schulen auf und
bietet neben Arbeitsmaterialien eine Doppel-CD »Bach
Land Fluss« mit einer umfassende Anleitung zur Untersu-
chung von Fließgewässern und ihres Einzugsbereichs.
Weitere Informationen zum »Netzwerk Lebendige Flüsse«
unter http://www.duh.de
Beim Bundesumweltministerium kann man das Schüler-
Arbeitsheft »Wasser ist Leben« für die Grundschule (www.
bmub.bund.de/B671-0) und das Schüler-Arbeitsheft mit
Lehrer-Handreichung »Wasser im 21. Jahrhundert« für die
Sekundarstufe I/II anfordern (www.bmub.bund.de/B615-0)
Informationen zum Thema bietet auch die Naturfreundeju-
gend (www.naturfreundejugend.de)
Andrea Heinzen und Tobias Raidelet
Tobias Raidelet, 1. Staatsexamen an der Universität Trier, ist Referendar am Otto-Hahn-Gymnasium, Monheim am Rhein. Andrea Heinzen, Master of Education an der Gutenberg-Universität Mainz, ist Referendarin am Gymnasium Hochdahl, Erkrath. Beide sind Studienreferendare am Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL) Düsseldorf
Laacher See, Foto: © Gabriele Frijo
Foto: © Sven von Loga
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01 | FILMBILDUNG FÜR KINDER UND JUGENDLICHE
Geocaching im Geographieunterricht Geocaching stellt eine Art moderner
Schatzsuche und Schnitzeljagd in
digitaler Form dar. Es ist für alle
Altersstufen gleichermaßen geeig-
net, kann entsprechend angepasst
und auch im schulischen Kontext
hervorragend verwendet werden.
Das »Regelwerk« ist mit wenigen
Worten beschrieben: Die Nutzer
verstecken an bestimmten Orten
Behälter mit interessanten Gegen-
ständen sowie einem Notizbüchlein,
dem so genannten Logbuch. Die
Koordinaten des Verstecks werden
anschließend im Internet veröffent-
licht, damit sie auch für andere
Personen zugänglich sind. Diese
Koordinaten werden dann in ein
GPS-Gerät eingeben, ein Teil des
Inhaltes der per GPS gefundenen Dose
wird ausgetauscht, der Besuch im
Logbuch vermerkt und die Dose
wieder an derselben Stelle für die
nachfolgenden Geocacher versteckt.
Die Regeln zur Nutzung sind dabei
vom besuchten Gebiet abhängig. Ein
Grundsatz besteht vor allem im Schutz
der Natur, sodass entsprechend
Vorsicht bei der Platzierung von
Geocaches geboten ist.
Es lassen sich zahlreiche Arten von
Caches unterscheiden: von einfachen
Caches, die schnell mit dem Auto
erreicht werden können bis zu Caches,
die in entlegenen, schwer zugängli-
chen Gebieten positioniert sind und
teilweise nur mit spezieller Ausrüstung
erreichbar sind, beispielsweise mit
Bergsteiger- oder Tauchausrüstung.
Außerdem können Caches mit Rätseln
oder themenspezifischen Aufgaben
verbunden sein, die direkt vor Ort oder
schon als Vorbereitung auf die Suche
Recherche, Knobelei und Zeit erfordern.
Förderung von räumlicher Orientie-
rung und Methodenkompetenz
In den von der Deutschen Gesellschaft
für Geographie erarbeiteten Bildungs-
standards sind bei der Teilkompetenz
»Orientierung im Realraum« Stan-
dards aufgeführt, die für den Mittleren
Schulabschluss erreicht werden
sollen: Schülerinnen und Schüler
sollen mithilfe einer Karte und
anderen Orientierungshilfen (z. B.
Landmarken, Straßennamen, Him-
melsrichtungen, GPS) ihren Standort
im Realraum bestimmen (S11) und
anhand einer Karte eine Wegstrecke
im Realraum beschreiben (S12).
01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT
Die Einführung in die Arbeit mit
GPS-Geräten sollte möglichst früh, im
Idealfall bis zur 7. Klasse erfolgen,
damit die SuS ihre Kompetenz in
diesem Bereich bis zum Ende der
Sekundarstufe I noch ausbauen
können.
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Foto: © Sven von Loga
Geocache, Foto: © Sven von Loga
20
bestimmen oder nur als Teil in diese eingebettet sein. Auf
diese Weise kann eine Vielzahl an unterrichtlichen Themen-
felder eingebunden werden, die sowohl einen anthropo-
geographische als auch physisch-geographischen Schwer-
punkt haben können. Bei den thematischen Rundgängen
etwa zeigt das GPS-Gerät dann den Routenverlauf an.
Interessant ist zum Beispiel ein Stadtrundgang, bei dem
verschiedene Sehenswürdigkeiten mit Geocaches versehen
sind, die inhaltlich passendes Zusatzmaterial bereitstellen.
An den einzelnen Positionen erhalten die SuS von der
Lehrkraft zudem Beobachtungsaufgaben, mit deren Hilfe
sie die Koordinaten der nächsten Station herausfinden und
in das GPS-Gerät einspeisen können.
Neben einer Exkursion ist die Durchführung des Geocha-
ching sowohl im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften als
auch in kurz- bis langfristigen Unterrichtsprojekten
möglich. Die Anwendung kann in der näheren Schulumge-
bung stattfinden oder auch als Teil eines Austauschpro-
grammes oder von Schulpartnerschaften angewendet
werden. Die Einsatzmöglichkeiten sind also mannigfaltig
und im Grunde nur durch den zeitlichen Rahmen begrenzt.
Die Erkundung des Realraumes zur Veranschaulichung
oder Vertiefung eines Unterrichtsgegenstandes ist für die
SuS besonders motivierend. Am Beispiel des Nationalparks
Eifel wird im Folgenden verdeutlicht, dass sich ein Lernen
in der Natur und der Umgang mit digitalen Medien gegen-
seitig befruchten können und den SuS eine vielseitige
Lernprogression ermöglichen.
Das Raumbeispiel »Naturpark Vulkaneifel«
Der Nationalpark Vulkaneifel bietet exemplarisch die
Möglichkeit Naturgefahren wie Erdbeben und Vulkanismus
zu erforschen. Die Schülerinnen und Schüler erhalten hier
Einblick in geomorphologische Landschaftsprozesse und
entdecken auf spannende Weise die landschaftsprägenden
Auswirkungen des Vulkanismus. In einer als Geocache
angelegten Exkursion können unter anderem der Laacher
Geocaching bietet den SuS eine abwechslungsreiche
Alternative zum herkömmlich Kartenmaterial, bevor es
jedoch gewinnbringend mit den SuS durchgeführt werden
kann, ist eine theoretische Einführung in die Funktionswei-
se sowie eine grundlegende praktische Anleitung zur
Nutzung der GPS-Geräte ratsam. Hinzukommt die inhaltli-
che Vorbereitung des zu besuchenden Geländes und
Einführung in die topographischen und naturgeographi-
schen Besonderheiten. Nur so sind die SuS in der Lage,
einen Zusammenhang zwischen den GPS-Daten und dem
Kartenmaterial, das sie zur Durchführung des Geocaching
nutzen, herzustellen. Eine Anschaffung der Geräte nicht
immer zwingend erforderlich. Diese können teilweise bei
den Fremdenverkehrsämtern, in Nationalparkbüros oder
anderen touristischen Einrichtungen gegen Gebühr
ausgeliehen werden.
Einsatzmöglichkeiten im Unterricht
Neben dem Einsatz im Tourismus-Bereich, wo GPS-Geräte
eine immer größere Rolle spielen, ergibt sich eine gute
Anknüpfungsmöglichkeit im Unterricht. Das Geocaching
kann entweder den kompletten Ablauf einer Exkursion
Mofette, Foto: © Gabriele Frijo
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01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT
See als Beispiel für einen Maar und die Wingertsbergwand
als Zeugnis der gewaltigen vulkanischen Eruptionen der
jüngeren Erdgeschichte aufgesucht werden. Dabei leitet der
Geocache zu den einzelnen Orten, die nur mit Hilfe von
Aufgaben in Rätselform aufgefunden werden können. So
müssen die SuS beispielsweise Informationen über die Abla-
gerungsschichten an der Wingertsbergwand sammeln, die
Ihnen Einblick in verschiedene Vulkangesteinsarten und
dem Eruptionsverlauf des Vulkans geben. Zugleich erhalten
sie dadurch die neuen Koordinaten und weitere Hinweise,
die sie zum Laacher See führen. Dort findet sich weiteres
vulkanisches Gestein und die berühmten Mofetten, die sich
durch aufsteigendes Kohlenstoffdioxid im Uferbereich
eindrucksvoll betrachten lassen. Das zuvor im Unterricht
angeeignete Fachwissen lässt sich hier nun mit sehr
anschaulichen Beispielen verknüpfen und spornt die Schüle-
rinnen und Schüler bei ihrer Suche an, neue Erkenntnisse
zu sammeln. Im Gegensatz zu einer geführten Tour wird hier
jedoch ganz auf einen selbstständigen entdeckend-erfor-
schenden Ansatz gesetzt. Das Gelände bietet dabei so viele
beeindruckende geologische und erdgeschichtliche
Phänomene, dass dem Routenverlauf des Geochache kaum
Grenzen gesetzt sind. Die Ergebnisse können neben den
erfassten Informationen durch Fotos festgehalten und
anschließend gemeinsam im Unterricht oder bei einem
Workshop im Vulkanmuseum besprochen werden.
Voraussetzungen des Geochaching im Naturpark
GPS-Geräte können an vor Ort unter anderem bei der
Touristen-Information in Mayen ausgeliehen werde.
Für die Erstellung eines Geocaches finden sich im Internet
zahlreiche Anleitungen und Hilfen. Doch neben der Erstel-
lung des Geocaches durch die Lehrperson, ist auch die
Erarbeitung von Geocaches durch Schülergruppen im
Unterricht denkbar. Auch ohne vorherige Felderkundung
lässt sich ein Geocache mit Hilfe von Google Maps und
Informationen der Vulkanparkleitung erstellen.
Markus Bergrath und Till Rütten
Markus Bergrath und Till Rütten sind Studienreferendare am Zentrum für
schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL) Düsseldorf
Literatur:
Jürgen Luga (2009): Der Weg ist das Ziel und der Schatz eine Dose.
In: Praxis Geographie 2/2009, S. 36-41. Piening, Raimund (2011):
GPS-Geräte in der Schule. Eine Einführung in Potenziale und
Technik. In: Praxis Geographie 11/2011, S. 34-35. Zecha, Stefanie
(2009): Geocaching. Förderung der Orientierungskompetenz mit
GPS. In: Praxis Geographie 11/2009, S. 18-20.
Internetquellen:www.geopark-vulkaneifel.de/index.php/forschung/ publikationen-und-lehrermaterial
www.geocaching.de/
www.vulkanpark.com/
www.mayen.de/Tourismus-und-Events/Radfahren-und-
Wandern/Wandern/Geo-Caching/
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Virtuelle Spaziergänge - Mit Google Street View durch Chicago
Die Einsatzmöglichkeiten digitaler
Medien im Geographieunterricht sind
vielfältig und bei weitem noch nicht
ausgeschöpft. Google Street View ist
eine Möglichkeit, außerschulische
Lernorte zu erkunden, ohne das
Schulgebäude zu verlassen. Durch
virtuelle Rundgänge können Land-
schaften eigenständig erkundet und
neue Erfahrungen gesammelt werden.
Da nordamerikanische Städte meist
klare Strukturen aufweisen, die leicht
zu erschließen sind, bietet es sich an,
dass die Schülerinnen und Schüler bei
einem virtuellen Rundgang durch
Chicago typische Merkmale anglo-
amerikanischer Städte mithilfe
verschiedener Stationen erarbeiten
und dem Modell nach R. Hahn
zuordnen.
Sachanalyse
Die USA gehört zu den am höchsten
verstädterten Staaten der Welt - über
80% der US-amerikanischen Bevölke-
rung leben in Metropolregionen. Die
Stadtentwicklung und Verstädterung
traten vor allem seit den 20er und
30er Jahren des 20. Jahrhunderts ein.
Im Zentrum der US-amerikanischen
Stadt befindet sich das Central
Business District (CBD), welches den
jüngeren Expansions- und auch
Revitalisierungsprozessen der
Downtown-Region zuzuordnen ist.
Hier ist der Finanz- und Management-
sektor zu verorten. Die Randregion
des CBD zeichnet sich durch Parkhäu-
ser, Hotels, Wohnhochhäuser und
Freizeit- sowie Tagungskomplexen
aus. Das Modell deutet jüngere
Rand-Kern-Verlagerungen der
Wohnbevölkerung in Richtung
Downtown-Rand oder -Nähe durch
den Begriff Gentrifizierung an.
An den Downtown-Bereich schließt
sich ein schmaler Ring von Abrissflä-
chen an. Diese werden vorwiegend als
Parkplätze genutzt und als Trennung
zum Übergangsbereich verstanden.
Dieser Übergangsbereich bildet den
breitesten Ring und erstreckt sich vom
CBD zur Stadtgrenze auf: Slums,
Ghetto, angeschlossen durch sozialen
Wohnungsbau und stellenweise
gentrifizierte Bereiche, wie Cityrand-
wohnungen der weißen Bevölkerung
und Gated Communities. Des Weiteren
sind hier Verlagerungstendenzen der
Diese Veränderungen gingen einher
mit dem Beginn flächenextensiver
Suburbanisierungs- und später
darüberhinausgehende Urbanisie-
rungsprozesse, die sich in einem
hohen Maß durch ihre funktionale
Komplexität deutlich abheben. Diese
Prozesse werden in drei Stadtstruk-
tur- bzw. Stadtentwicklungsmodellen
dargestellt:
> »Modell der Viertelsbildung ameri-
kanischer Städte« und das Modell
»Stadtland USA« nach L. HOLZER
(1972)
> »Modell der US-amerikanischen
Stadt« nach R. HAHN (2000)
> »Strukturmodell der US-amerika-
nische Kernstadt« nach R.
SCHNEIDER-SILWA (1999)
Die hier vorgestellte Unterrichtseinheit
bezieht sich auf das Modell nach HAHN
das einerseits typische räumliche
Strukturen, andererseits Expansions-
und Verlagerungstendenzen in der
Nutzung und der Bevölkerungsgrup-
pen in den jeweiligen Stadtregionen
veranschaulicht. Der Aufbau zeigt sich
ringzonal mit Mehrkern-Merkmalen.
Skyline Chicagos vom Segelschiff "Windy" gesehen am 15.10.11, Foto: © Bladerunner2019
22
Hypersegregation und z.T. Suburbani-
sierung der schwarzen Bevölkerung
ins Umland im Modell mit einbezogen.
Jenseits der Stadtgrenze erschließt
sich das Umland, welches sich durch
geplante Apartment-Komplexe und
Einzelhausbebauung auszeichnet.
Wichtige Verkehrsknotenpunkten
begünstigen die Entwicklung von
Hightech-Korridoren, die Edge Cities.
Diese zeichnen sich durch Standorte
darauf hingewiesen, dass die Begriffe
Suburbanisierung, Gentrifizierung und
Gated Communities in diesem Fall
inhaltlich vorentlastet werden müssen.
Didaktischer Kommentar
Im Rahmen der Unterrichtsstunde
werden unterschiedliche Kompeten-
zen geschult, die zu einer raumbezo-
genen Handlungskompetenz führen
sollen. Die dargelegte Stunde bietet
sich vor allem in der gymnasialen
Oberstufe (Inhaltsfeld 6) an, ein
Einsatz in der Jahrgangsstufe 9 wäre
denkbar und durch die Bildungsstan-
dards legitimierbar.
Zentrales Ziel ist es hierbei, dass die
SuS mithilfe von Google Street View
die räumliche Gliederung angloameri-
kanischer Städte auf Basis des
Raumbeispiels erfassen und auf ein
allgemeingültiges Modell anwenden
können. Damit werden sie qualifiziert,
Prozesse, die durch soziale oder
wirtschaftliche Aspekte verursacht
werden, zu bewerten und nachhaltige
Ansätze der Raumplanung zu entwi-
ckeln. Hierbei können die SuS in den
verschiedenen Kompetenzbereichen
folgende Fähigkeiten erlangen: Im
Bereich der Sachkompetenz erlangen
sie Wissen über ein kulturraumspezi-
fisches Stadtentwicklungsmodell mit
funktionalen und sozialen Merkmalen
und können es praktisch anwenden.
von Forschung und Entwicklung sowie
Büro- und Industrieparks aus.
Das Raumbeispiel Chicago ermöglicht
nahezu eine flächendeckende Über-
tragung auf das Modell nach HAHN.
Die ausgewählten Standorte zeigen
exemplarisch die jeweilige Zugehörig-
keit im Modell. Außerdem können die
Aufgabenstellungen an das Leistungs-
niveau angepasst werden. Hierbei sei
Abbildung 1: Modell der angloamerikanischen Stadt nach Roland Hahn: Latz, W. (Hrsg.) (2015). Diercke Praxis. Arbeits- und Lernbuch - Qualifikationsphase, Braunschweig. S. 207
23
01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Im Zuge einer Analyse des Modells
verstehen sie außerdem, welchen
Einfluss Suburbanisierung, Segregati-
on und Gentrifizierung auf die Stadt-
entwicklung haben und welche
wirtschaftlichen, demographischen
und soziokulturellen Einflüsse hierbei
eine Rolle spielen.
Methodisch spielt insbesondere die
Orientierung auf verschiedenen
Maßstabsebenen mit unterschiedli-
chen Orientierungsrastern eine große
Rolle. Der Umgang mit unterschiedli-
chen Orientierungsrastern (Street
View, Satellitenbild und topographi-
sche Karte) durch digitale Karten
trägt hierbei zu einem Kompetenzer-
werb bei, der auch die Fähigkeiten zur
Beschaffung von Informationen durch
internetbasierte Geoinformations-
dienste fördert. Der ständige Wechsel
von Kartenebenen stellt hierbei eine
besondere Herausforderung für die
SuS dar und schult zusätzlich die
Orientierung. Methodisch wird dabei
ein nomothetischer Ansatz verfolgt,
bei dem die SuS anhand eines konkre-
ten Raumbeispiels ein allgemeingeo-
graphisches Modell entwickeln.
Im Rahmen der Urteilskompetenz las-
sen sich folgende Schwerpunkte
feststellen: Die SuS bewerten das
Modell hinsichtlich ihrer Übertragbar-
keit, Aussagekraft und Relevanz für
die Erschließung von Realräumen.
Ferner bewerten sie den Medienein-
satz in Hinsicht auf das Stundenziel
und zeigen mögliche Probleme
während der Erarbeitung auf. Darauf
aufbauend könnten sie die Folgen von
Entwicklungstendenzen (Suburbani-
sierung/Segregation) für die räumli-
che Gliederung und für das soziale
Zusammenleben in einer Stadt
einschätzen. Anschließend könnten
die SuS im Rahmen der Handlungs-
kompetenz Möglichkeiten zur Ein-
flussnahme auf raumplanerische
Prozesse diskutieren.
Die Unterrichtsstunde bietet Anknüp-
fungspunkte zur Lebenswelt der SuS.
So können sich die SuS durch vergan-
gene und geplante Reisen, Filme und
andere Medien gut mit den USA
identifizieren und haben deshalb
möglicherweise Vorwissen. Hieraus
erschließt sich die gegenwärtige und
zukünftige Bedeutung sowie die
Exemplarität und Zugänglichkeit für
die SuS. Zur Arbeitserleichterung
wurde das Modell der angloamerikani-
schen Stadt didaktisch reduziert und
kann an die Lerngruppe angepasst
werden.
Skizze eines geplanten Unterrichts-
verlaufs
Als Einstieg eignet sich ein Satelliten-
bild einer angloamerikanischen Stadt,
welches die SuS beschreiben und sie
werden erkennen, dass es sichtbare
Strukturen wie ein Schachbrettmuster
Koordinaten Dargestellter Bestandteil
1 Bataan Corregidor Memorial Bridge:
Umschauen!
CBD
IL-110 Chicago, Illinois
IL-90 Chicago, Illinois
Beschreibe die Besonderheit, während du
hinauszoomst
Autobahnnetz
701 W Monroe St Chicago, Illinois Parkplätze
980 Commerce Dr Oak Brook, IL 60523
1724-1798 Busse Hwy, Des Plaines, IL 60016,
USA
Industrie
3199 W Pratt Blvd.
1604 W Juneway Terrace - und dann gen Osten
gehen
Gated Communities
2246 E Devon Ave – auf Schilder achten Büroparks
396 E32nd St, 796 W 66th St Sozialer Wohnungsbau, Slums, Ghettos
gibt. Anschließend werden die SuS in
(Vierer-)Gruppen eingeteilt. Sie
erarbeiten nun mithilfe von Google
Earth/Google Maps und insbesondere
Google Street View sowie vorgegebe-
nen Koordinaten (siehe Infobox der
Stationen) Merkmale dieser Stationen
und notieren diese sowie die grobe
Lage der Standorte auf einer Umriss-
karte von Chicago. Hierbei arbeiten die
Gruppen arbeitsteilig - je zwei
Personen für je drei bis vier Stationen.
Schnellere Partnergruppen können die
Stationen des Partnerteams zusätzlich
bearbeiten. Anschließend folgt eine
Sicherung, in der die Partnerteams
ihre Ergebnisse austauschen.
Danach erhalten die SuS eine Blanko-
version (Abbildung 2) des Modells der
angloamerikanischen Stadt, in dem sie
ausgehend von ihren Recherchen und
den vorgegebenen Begriffen der
Legende diese verschiedenen Farben
und Formen zuordnen (einige sind
bereits vorgegeben). Als Zusatzaufga-
be für schnellere Gruppen kann der
Auftrag gegeben werden, Wanderungs-
24
bewegungen der »weißen« und
»schwarzen« Bevölkerung sowie Gentri-
fizierungsprozesse mittels Pfeilen
einzuzeichnen. Nachdem alle Gruppen
die Blankoversion ausgefüllt haben,
werden die Ergebnisse im Plenum
diskutiert und sich auf ein gemeinsa-
mes Ergebnis geeinigt. Nachdem das
Modell erarbeitet wurde, bietet sich
eine Modellkritik an. Ferner können die
Folgen einer solchen Fragmentierung
sowie der Wanderungsbewegungen
diskutiert und Chancen und Möglichkeiten
einer nachhaltigen Stadtentwicklung
sowie Revitalisierungsmaßnahmen
erörtert werden.
Als Differenzierungsmöglichkeit kann
in der zweiten Erarbeitungsphase
(Modell) die vorgegebene Legende
weggelassen werden, sodass die SuS
diese selber erarbeiten müssen. Hier
könnten Hilfekärtchen nützlich sein;
der Übergangsbereich, das Umland
und die High-Tech-Korridore müssen
allerdings in jedem Fall vorgegeben
werden, da die SuS diese nicht im
Zuge des virtuellen Rundgangs
erarbeiten können.
Vor- und Nachteile
Google Street View ist ein Zusatzange-
bot der Geoprogramms Google Earth
verantworten ist. Alternativen wie das
OpenStreetMap-Projekt oder here.com
zeigen zwar Satellitenbilder, besitzen
jedoch nicht die Street View Option.
SuS sind versucht, andere als die
vorgegebenen Orte anzusteuern und
persönlichen Interessen nachzugehen.
Außerdem kann die fehlerhafte
Eingabe des Standpunktes kann zu
anderen Zielorten führen.
Martha Becker und Linda Kühl
Martha Beccker und Linda Kühl sind Studienreferenda-rinnen am Zentrum für schulpraktische Lehrerausbil-dung (ZfsL) Düsseldorf
Vorteile Nachteile
hoch motivierend SuS können leicht abgelenkt sein - gezielte
Lenkung ist wichtig
breite SuS-Aktivierung notwendige technische Ausstattung
»Entdeckercharakter« Reservierung von PC-Raum / Laptops evtl.
schwierig
Förderung der Kartenkompetenz sprachliche Barrieren beim Lesen von
Beschilderung möglich - gegebenenfalls
Vorentlastung durch Vokabelhilfen
Förderung des abstrakten Denkens mangelnde Kenntnisse in Google Earth/ Street
View/ Maps
Umfang der Aufgabenstellungen und Raumbei-
spiel an Klassen anpassbar
teilweise »Umherirren« von Schülern bei
Eingabe falscher Koordinaten
Differenzierende Aufgaben in und Geschwin-
digkeit möglich
und des online-Kartenkatalogs Google
Maps. 360°-Panoramaansichten gibt
es von allen Kontinenten.
Die Vorteile für die Arbeit mit Google
Street View liegen vor allem in der
leichten Bedienbarkeit des Pro-
gramms und das Kartenmaterial ist
kostenlos einsehbar.
Problematisch in erster Linie die
teilweise umstrittene Datenschutzpoli-
tik des Internetriesen Google; hier
kann jede Lehrperson nur selbst
entscheiden, ob die Nutzung zu
Legende
CBD (Central Business District)
Downtown
Parkplätze
Übergangsbereiche
Autobahnachsen
Umland
Industrie/Büroparks
Sozialer Wohnungsbau
Hightech-Korridor
Gated Communities
Abbildung 2: Blankoversion des Modells der angloamerikanischen Stadt nach Roland Hahn, Grafik: Linda Kühl
25
01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Außerschulisches Lernen - Urban Gardening macht Schule
Seit Jahrzehnten wird dem Thema »Außerschulische
Lernorte« bzw. »Geographische Exkursionen« eine bedeu-
tende Rolle zugeschrieben. Außerschulisches Lernen ist seit
jeher ein wichtiger Bestandteil des Faches. Unter den
Vorzeichen einer stärker an Kompetenzen orientierten
Lernkultur sowie dem Gedanken des konstruktivistischen
Lernens1 erfährt diese Unterrichtsform gegenwärtig eine
neue, erhöhte Wertschätzung – zumindest unter den
Fachdidaktikern. In der schulischen Praxis wird ihr Einsatz
häufig problematischer gesehen: zu groß sei der organisato-
rische Aufwand, zu negativ besetzt der damit einhergehende
Unterrichtsausfall. Das sehr aktuelle und im schulischen
Kontext noch kaum bearbeitete Thema Urban Gardening als
Exkursion aufzubereiten, bietet sich besonders an.
Immer mehr Menschen wollen in der Stadt und (trotzdem)
inmitten der Natur leben. Urban Gardening greift dieses
neue Bedürfnis auf. In den Städten entstehen daher immer
mehr urbane Gärten. Sie bieten mehr als nur Erholung: Es
sind Orte des Zusammenkommens, der Kommunikation
und des voneinander Lernens, aber auch politische
Gedanken spielen eine Rolle beim urbanen Gärtnern. Die
Urban Gardening-Bewegung ist nicht vonseiten der
Stadtplanung entstanden, sondern hat sich aus dem
Verlangen der Bürger entwickelt, die aktiv in die Stadtpla-
nung und Stadtentwicklung eingegriffen haben. Dies bewegt
Wissenschaft und Forschung. Nun stellt sich die Frage, wie
Urban Gardening als aktueller Trend der Stadtentwicklung
in den Geographieunterricht integriert werden kann. Im
Rahmen meiner Examensarbeit habe ich das Thema für die
1 Nach der Theorie des konstruktivistischen Lernens erfolgt nachhaltiges Lernen durch eine prozesshafte, individuelle Erschließung und Aneignung von Wirklichkeit, die vom Lerner selbst ausgeht. Lernen wird dabei als aktiver, konstruktiver, selbst gesteuerter, situativer und sozialer Prozess verstanden.
Sekundarstufe II aufbereitet. Im Zentrum steht eine
Exkursion zu dem Gemeinschaftsgarten NeuLand in Köln.
Dieser ist ein Beispiel eines außerschulischen Lernortes.
Zum Inhaltsfeld »Stadtentwicklung und Stadtstruktur« in
der Oberstufe kann thematisiert werden, wie die Bevölke-
rung aktiv zur nachhaltigen Stadtentwicklung beiträgt.
Aufgrund der Vielfältigkeit des Urban Gardenings ergeben
sich viele Schnittstellen zu anderen Fächern, sodass das
Modul fächerübergreifend ausgeweitet werden kann. Ferner
geht in Verbindung mit der Exkursion eine Förderung
geographischer Arbeitsweisen einher, die es den Schülern
ermöglicht, einen tieferen Einblick in das wissenschaftliche
Arbeiten der Geographie zu erlangen (u.a. Kartierung,
Beobachtung, Karten lesen).
Seit der Gründung des ersten Community Gardens in New York
1974 hat sich Urban Gardening bis heute in viele unterschiedli-
che Richtungen weiterentwickelt. Urban Gardening ist ein fester
Bestandteil gegenwärtiger Stadtentwicklung und stellt einen
wichtigen Schritt in Richtung Umweltbewusstsein, Klimaschutz,
Versorgung mit lokalen Lebensmitteln und den Erhalt öffentli-
cher Flächen als Gemeingut dar. Dieses Bewusstsein zur
Nachhaltigkeit sollte in der Gesellschaft, vor allem in der
Schule, weiter verbreitet werden.
In Anlehnung an Birkenhauers2 Grundsätze und Anforderungen
(bezogen auf die Qualität) von außerschulischen Lernorten,
auf die sich auch heute noch viele Autoren berufen, eignet
sich ein Gemeinschaftsgarten im besonderen Maße als
außerschulischer Lernort. Hierbei stehen die Selbsttätigkeit
2 Birkenhauer, Josef (1995): Außerschulische Lernorte. In: Josef Birkenhauer (Hg.): Außerschulische Lernorte. HGD-Symposium Benediktbeuern 1993. Nürnberg: Hochschulverband für Geographie und ihre Didaktik (Geographiedidaktische Forschungen, 26), S. 9–16.
Foto: © Stefano Chiolo/www.chiolonia.de
26
Phase Inhalte/ geplanter Verlauf Sozialform Medien
Eröffnung / Einstieg 1. Begrüßung durch die Vertreterinnen und Vertreter von NeuLand
2. Lokalisierung des Gartens im Großraum Köln
3. Impuls: Schüler nehmen den Gemeinschaftsgarten vom Treffpunkt aus
wahr und beschreiben im Austausch mit dem Kurs ihre ersten Eindrücke
4. Einteilung der Schüler in Kleingruppen
LV
UG
Vorbereitung +
Erarbeitung +
Ergebnissicherung
Vor der Erarbeitung planen die Gruppen das weitere Vorgehen. Die
Gruppenmitglieder bestimmen untereinander, wer für welche Aufgaben
zuständig ist. Alle Gruppen achten darauf, dass die Zeit eingehalten wird
(ggf. einen Zeitnehmer bestimmen). Das Ziel der Gruppen ist es, einen Flyer
für NeuLand zu erstellen. Dazu nehmen die Schüler eine kleine Kartierung
des Gartens vor, machen Fotos, befragen Mitglieder und/oder Mitgärtner von
NeuLand, und entwerfen eine erste Vorlage für einen Flyer.
Arbeitsblatt,
Fotoapparat (Schüler
dürfen auch Smartpho-
ne nutzen)
Reflexion I 1. Jede Gruppe reflektiert kurz über ihre Arbeitsphase und gibt erste
Ergebnisse wieder
2. Die Lehrkraft erklärt das weitere Vorgehen: Die Gruppen werten in
Zusammenarbeit eigenständig ihre Materialien aus, sodass sie den anderen
Schülern in der kommenden Unterrichtsstunde vorgestellt werden können.
In der Gruppe soll eine sinnvolle Präsentation erstellt werden (z.B. Flyer
erstellen, Poster, Power-Point-Vortrag)
3. Überleitung und Einteilung zur Gartenarbeit
UG
Erarbeitung II
(»Arbeitsphase«)
Durch aktives Gärtnern und Helfen im Garten (neue Pflanzkästen bauen,
Unkraut jäten, säen, ernten, Pflanzen gießen, usw.) soll den Schülern
bewusst werden, welche Arbeit mit dem Obst und dem Gemüse aus dem
Supermarkt verbunden ist.
EA, PA, GA Gartenhandschuhe,
Gartengeräte
Reflexion II Schüler reflektieren zunächst die Gartenarbeit, dann den gesamten
Exkursionstag
Abkürzungen: EA = Einzelarbeit, GA = Gruppenarbeit, LV = Lehrervortrag, PA = Partnerarbeit, UG = Unterrichtsgespräch
und das geographische Arbeiten im Vordergrund. Es kann
kooperativ und ganzheitlich gelernt werden. Die Schüler
lernen, dass Stadt und Natur keinen Widerspruch darstel-
len, sondern dass gerade das Gärtnern in der Stadt viele
Vorteile bietet. Ebenfalls wird bei den Schülern durch die
reale Begegnung das Bewusstsein für umweltgerechtes
Handeln verstärkt. Besonders im Zuge der nachhaltigen
Bildung sollte das Lernen an außerschulischen Lernorten
mit dem Vorteil der originalen Begegnung gefördert werden.
Denn außerschulische Lernorte leisten einen großen Beitrag
zur Erschließung der Lebenswirklichkeit und sind somit
unerlässlich für Schülerinnen und Schüler. Vom Verlauf her
bietet sich für eine Exkursion die klassische Sequenzierung
in Einstiegs-, Erarbeitungs- und Sicherungs- bzw. Reflexi-
onsphase an (s. Tabelle): Der Besuch im Gemeinschaftsgar-
ten umfasst zwei Arbeitsphasen: Zum einen eine
thematische Erarbeitung und zum anderen eine Arbeits-
phase, in der die Schülergärtnern sollen. Nach einer
kurzen impulsgegebenden Einleitung zur Orientierung,
erstellen die Schüler einen Flyer für NeuLand. Dazu
nehmen die Schüler in Kleingruppen eine Kartierung des
Gartens vor, machen Fotos, befragen Mitglieder und/oder
Mitgärtner des Gartens und entwerfen eine erste Vorlage
für den Flyer. Dieser soll in der Schule fertiggestellt
werden und kann z.B. in der Schule ausgelegt werden.
Nach der ersten Erarbeitungsphase folgt eine kurze
Vorstellung der bisherigen Ergebnisse, bevor die Schüler
selber im Garten aktiv werden. Die Exkursion endet mit
einer abschließenden Reflexion.
27
01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT
MEDIENBRIEF | N° 02.2015
Bei der Exkursion werden alle Kompetenzen gefördert.
Hierbei liegt der Fokus besonders auf der Orientierungs-,
Methoden- und Handlungskompetenz (s. Abb. 1):
Beurteilungskompetenz und fachwissenschaftliche
Kompetenzen stehen bei der Exkursion nicht im Vorder-
grund. Dennoch erweitern und vertiefen die Schüler ihr
Fachwissen über Urban Gardening durch die originale
Begegnung.
Abbildung 2 veranschaulicht zusammenfassend, welche
Möglichkeiten ein Garten als außerschulischer Lernort
bietet. Sie verdeutlichen, dass ein vielfältiger Kompetenzzu-
wachs mit Urban Gardening einhergehen kann. Mit diesem
Beitrag möchte ich alle Lehrer ermutigen, Exkursionen zu
außerschulischen Lernorten durchzuführen. Denn gerade
außerschulische Lernorte haben einen hohen Mehrwert für
die Schüler, die Schule und die Gesellschaft. Sie leisten
einen großen Beitrag zur Erschließung der Lebenswirklich-
keit. Außerdem ermöglichen sie nachhaltiges Lernen, bei
dem besonders die sozialen Kompetenzen der Schüler
gefördert werden, welche sich langfristig auf das Klassen-
klima auswirken.
NeuLand bietet bereits bestehende Module für Schulklas-
sen an. Weitere Anregungen zu Besuchen bei NeuLand mit
Schulklassen finden Sie unter der Internetadresse:
http://www.neuland-koeln.de/
Teresa BönschTeresa Bönsch hat das ErsteStaatsexamen an der Universität zu Köln abgelegt und ist Referendarin am St. Ursula-Gymnasium in Düsseldorf und Studienreferendarin am Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL) Düsseldorf
Abbildung 1: Analysespinne zur Exkursion (Grafik: Teresa Bönsch)
Kompetenzbereiche: F = Fachwissen, O = Orientierung, M = Methoden/Erkenntnisgewinn, K= Kommunikation, B = Beurteilung/Bewertung, H = Handlung
Die Orientierungskompetenz zeigt sich insbesondere durch
den Umgang mit den Karten zur Orientierung und durch
das Erstellen einer eigenen Karte. Die Kommunikations-
kompetenz wird im Bezug auf die Gruppenarbeit gefördert.
Die Methodenkompetenz spielt eine wesentliche Rolle,
denn die Schüler lernen neue Arbeitsmethoden der
Geographie kennen (Flyer/Kartierung).
Abbildung 2
28
KuLaDig – Landeskundliche Informa-tionen für den Geographieunterricht Seit Oktober 2015 steht das LVR-Portal KuLaDig. Kultur.
Landschaft. Digital. in einer runderneuerten Version zur
Verfügung. Die kartographischen Funktionen der Anwen-
dung sind auf den neuesten technischen Stand. Auch die
Nutzungsmöglichkeiten des Datenbestands auf mobilen
Endgeräten wurden verbessert. Zudem werden künftig
Inhalte von KuLaDig auch in Form von Web-Kartendiensten
angeboten.
Neben der technischen Optimierung zeigt der inhaltliche
Praxisbetrieb die besonderen Stärken dieses Portals. Ein
Beispiel ist die Kooperation mit der Universität Koblenz.
Dort findet KuLaDig Anwendung in der Lehrerausbildung im
Fach Geographie. Die Studierenden legen innerhalb von
Seminaren fortlaufend Objekte in KuLaDig als Leistung an.
Das didaktische Konzept beinhaltet die aktive Mitwirkung
und Mitarbeit, um im schulischen Einsatz später über ein
solides Grundverständnis zum Portal zu verfügen und damit
Schülerinnen und Schüler eine moderne geographische
Landeskunde zu vermitteln. In der Zeit vom 14.-18.03.2016
fand eine Geländeexkursion an den Unteren Niederrhein
statt, unter anderem vorbereitet mit Dateneintragungen in
KuLaDig. Vor Ort erfolgte dann die Präsentation der Inhalte
im Gelände. Dies war ein weiterer Testlauf für den Einsatz
von KuLaDig in der Schule.
Das aktive Einpflegen von Datensätzen auch durch Prakti-
kanten und Praktikantinnen zeigt, dass damit das Interesse
am Thema der Kulturlandschaft befördert werden kann.
Mit KuLaDig steht für den deutschsprachigen Raum
inzwischen eine Plattform zur Verfügung, die mittelfristig zu
einer soliden Wissensbasis nicht nur für Gelegenheitsnut-
zer, sondern auch für die Wissenschaft und die schulische
Vermittlung werden kann. Der Weg dorthin führt über ein
vertrauensvolles miteinander Arbeiten von Expertinnen und
Experten. Dazu gehören auch Studierende und Schüler -
wenn die Daten belegt und zuverlässig sind. Durch die
personelle oder institutionelle Kennzeichnung der einzel-
nen Artikel und der festen URL eines jeden Eintrags mit
einer festen Zitierregel erfüllt KuLaDig auch die Funktion
eines Veröffentlichungsorgans.
Die Demokratisierung der Wissensgesellschaft im Austausch
der Informationen ist ein wichtiges Ziel. Letztlich fördert dies
die Akzeptanz, dem landschaftlichen Kulturerbe einen Wert
zuzubilligen. Unsere heimatlichen Regionen sind einzigartig
und haben viele spannende Geschichten zu erzählen.
Dr. Klaus-Dieter Kleefeld
Klaus-Dieter Kleefeld ist Mitarbeiter der Redaktion KuLaDig/Abteilung Digitales Kulturerbe LVR
Die Villa Hügel vom Park aus gesehen (Foto: © Karlheinz Flinspach)
29
01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT
Außerschulisches Lernen. Mit der Pädagogischen Landkarte spannende Orte findenLets do science - forschen, experi-
mentieren, studieren - macht außer-
halb der Schule anders und mehr
Spaß, z.B. im Jugend- und Bildungs-
innovationszentrum Overbach im
Rheinland. Ganzjährig werden dort
Experimentalworkshops, Forscher-
Camps und Ferienakademien in den
MINT-Fächern Mathematik, Informa-
tik, Naturwissenschaft und Technik
für alle Schulformen durchgeführt.
»Begreifen« im wahrsten Sinne des
Wortes können Kinder die Wunder der
Natur z.B. auch in den 19 rheinischen
Biologischen Stationen. Außerschuli-
sche Lernorte können aber auch
Handwerksbetriebe sein - nur finden
muss man sie können, denn Nord-
rhein-Westfalen hat viele solcher Orte
zu bieten. Das kostenlose Internetan-
gebot »Pädagogische Landkarte
NRW« hat aktuell (April 2016) über
870 Lernorte mit über 1770 außer-
schulischen Lernangeboten aufge-
nommen und täglich werden es
mehr.
Lernorte können unter www.paedago-
gische-landkarte-nrw.de über
verschiedene Suchmöglichkeiten
gefunden werden: über eine interakti-
ve Karte, ein Stichwort, die Auswahl
nach Orten, Rubriken, Schulfächern
oder Klassenstufen. Dieses Online-
Portal für Schulen sorgt für einen gut
vorbereiteten Besuch mit der Klasse
vor Ort und ist ideal für die Planung
und Durchführung von Exkursionen in
die Region oder für Klassenfahrten
quer durch NRW.
Dort findet man unter anderem die
Museen des Landschaftsverbands
Rheinland, darüber hinaus präsentie-
ren sich Theater, Gedenkstätten,
Archive, Bauernhöfe, Botanische
Gärten, Zoos und viele weitere
spannende Orte. Außerschulische
Lernorte bereichern den Schulunter-
richt und die vorschulische Erziehung
in vielerlei Hinsicht. Sie ermöglichen
den Zugang zu neuen Lernwelten,
unterstützen die Entwicklung unter-
schiedlicher Potenziale von Kindern
und Jugendlichen, bieten authenti-
sche Erfahrungen.
Lernorte, die auf der Pädagogischen
Landkarte verzeichnet werden, sollten
sich an Lerngruppen richten, ein
praktisches, konkretes und wirklich-
Foto: © Andreas Hub/ScienceCollegeOverbach
30
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Diese bewerten die Angebote,
entscheiden, welche Lernorte lokal
erfasst werden und übernehmen auch
die Einpflege ins Redaktionssystem.
Die »Pädagogische Landkarte
Westfalen-Lippe«, der Vorläufer der
»Pädagogischen Landkarte NRW«
wurde auf Initiative des Landschafts-
verbandes Westfalen in enger Zusam-
menarbeit mit den Kreisen und
kreisfreien Städten in Nordrhein-
Westfalen entwickelt. Die Projektlei-
tung liegt bei den beiden Zentralre-
daktionen, im LWL-Medienzentrum
für Westfalen in Münster und im
LVR-Zentrum für Medien und Bildung
in Düsseldorf. Die »Pädagogische
Landkarte« vernetzt sich auch mit
anderen Kultur- und Bildungsplattfor-
men - insbesondere mit der zentralen
Bildungssuchmaschine »learn:line
NRW« des NRW-Schulministeriums.
Für die Pädagogische Landkarte NRW
sind wir stets auf der Suche nach
neuen, spannenden Lernorten: Wir
würden uns freuen, wenn Sie uns an
Ihren Erfahrungen teilhaben lassen
und uns Ihre Lieblingslernorte
mitteilen - per Mail an:
keitsnahes Lernen ermöglichen und
einen Mehrwert bieten, der über das,
was Schulen intern leisten können,
hinausgeht. Selbstverständlich sollten
die Lernangebote zeitlich so begrenzt
sein, dass sie sich in den Schulalltag
integrieren lassen.
In den Kommunen in NRW sorgen
über 50 Lokalredaktionen dafür, dass
attraktive Lernorte ihrer Region über
»Pädagogische Landkarte NRW« noch
bekannter werden. Diese Redaktionen
werden von den kommunalen Medien-
zentren, regionalen Bildungsbüros
oder Schulverwaltungen gestellt.
[email protected] oder
gleich auf www.paedagogische-land-
karte-nrw.de/Start
Amina Johannsen, Miguel DuarteAmina Johannsen ist Leiterin der Abteilung Medienbildung im LVR-ZMB. Miguel Duarte ist Studentischer Mitarbeiter in der Abteilung Medienbildung im LVR-ZMB
Foto: © Maxim Kostenko
31
01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
BIPARCOURS im Geographieunterricht
Was ist BIPARCOURS?
BIPARCOURS ist eine kostenlose Anwendung von Bildungs-
partner NRW für Schulen und ihre Bildungspartner in NRW:
Mit der App lassen sich Parcours (=Themenrallyes) und
Quizanwendungen zu verschiedensten Themen erstellen.
Bilder, Texte und Videos können punktgenau für bestimmte
Orte zur Verfügung gestellt werden. Dank GPS-Navigation
fällt sogar die Orientierung an unbekannten Orten leicht.
Inhalte unterschiedlicher Schulfächer lassen sich mit der
App vor Ort als interaktives Lernerlebnis sicht- und
erlebbar machen. Um die App in der Schule zu verwenden,
können Lehrende mit dem Parcours-Creator auf www.
biparcours.de ganz leicht eigene Parcours für oder gemein-
sam mit Lerngruppen anlegen. BIPARCOURS wurde
speziell für den pädagogischen Gebrauch entwickelt und ist
kostenlos für iOS oder Android-Geräte erhältlich.
Straßen zum Sprechen bringen
Wohl in keinem anderen Schulfach lässt sich ein so unmit-
telbarer Bezug zur Lebenswelt der Schülerinnen und
Schüler herstellen wie im Fach Erdkunde. Eine geographi-
sche Analyse des direkten Schulumfelds kann, aufbereitet
als Quizanwendung oder Themenrallye mit BIPARCOURS, zu
einem spannenden Lernerlebnis außerhalb des Klassenzim-
mers werden und für die Besonderheiten der eigenen
Lebenswelt sensibilisieren.
Eine wahre Fundgrube an Informationen zu den Lebensbe-
dingungen in einer Region ist die amtliche Statistik einer
jeden Kommune: Sie bietet detaillierte Daten z.B. zur
ethnischen Zusammensetzung und der Sozial- und Bevöl-
kerungsstruktur eines Stadtteils. Gerade der Vergleich mit
anderen Städten macht bewusst, was das eigene Viertel
besonders macht. Im Unterrichtsgespräch über die
statistischen Daten wird schnell deutlich, dass die Zahlen
mit eigenen Erfahrungen des Aufwachsens im jeweiligen
Umfeld verbunden sind. In Kleingruppen bearbeiten die
Schülerinnen und Schüler Leitfragen, recherchieren Daten
und Orte und notieren eigene Erfahrungen und Erlebnisse.
Welche Bevölkerungsgruppen sind im Stadtteil präsent und
wie prägen sie das Stadtbild? Wie hat sich der Ort wirt-
schaftlich entwickelt? Welche Religionsgemeinschaften
sind hier vertreten? Wie steht es um Freizeitangebote für
Kinder und Jugendliche?
Mit dem Parcours-Creator können anhand dieser Leifragen
nun Routen entworfen werden, welche die einzelnen
Aspekte des Lebens und Aufwachsens in einem Stadtteil
vertiefen. Vorgelesen und umgewandelt als mp3 Datei
werden die notierten persönlichen Erfahrungen der
Schülerinnen und Schüler zu einer Art Audio-Guide und
vermitteln persönliche Perspektiven auf das Aufwachsen im
Stadtteil.
Die im Unterricht recherchierten Daten und Information zur
Geographie der Region können als Bild, Text oder Video für
die jeweiligen Wegpunkte bereitgestellt werden. Unterwegs
abgerufen werden so ortsgenau die Besonderheiten und
Geheimnisse eines Stadtteils beleuchtet. Quizelemente im
Parcours können zudem das Erfahrene vertiefen und die
Schülerinnen und Schüler zusätzlich motivieren. Anschlie-
ßend werden der Lehrkraft die Ergebnisse in einer umfas-
senden Auswertung dargestellt und können so optimal mit
den Schülerinnen und Schülern nachbereitet und reflektiert
werden.
Tobias Düttmann
Tobias Düttmann ist Wissenschaftlicher Volontär bei Bildungspartner NRW
32
EDMOND-Medien für den Geographieunterricht
Ozeanien – Opfer des Klimawandels?
Online-Medienpaket, D 2015, 27 min, Signatur: 55 11128
Der globale Klimawandel führt zu extremen Wetterereignissen. Intensität und
Häufigkeit von Springfluten, Taifunen und Überschwemmungen nehmen zu. Die
Küsten erodieren. Dürreperioden lassen die Süßwasserlinsen unter den Atoll-Inseln
schrumpfen. Der Anstieg der Konzentration von CO2 in der Atmosphäre führt zu
einer Versauerung der Ozeane. Dadurch sinkt der pH-Wert und die Kalkbildung wird
erschwert. Wissenschaftler sehen die Atoll-Inseln in ihrer Existenz bedroht. Sturm-
fluten und der rasante Anstieg des Meeresspiegels gefährden die Korallenriffe.
Der Film ist in folgende einzeln abrufbare Sequenzen gegliedert:
1. Die Besiedlung Ozeaniens, 2. Die Inseln des Pazifischen Feuerrings, 3. Leben und
Wirtschaften auf den kleinen Inseln, 4. Herausforderung Klimawandel, 5. Folgen des
Klimawandels, 6. Die Versauerung der Ozeane, 7. Blick in die Zukunft
Kartenkunde. Orientierung im Raum
Online-Medienpaket, D 2015, ca. 28 min, Signatur: 55 62346
Der Film will in die Himmelsrichtungen und den richtigen Umgang mit einem
Kompass einführen und erklärt dessen Funktionsweise basierend auf dem Erdmag-
netfeld. Im Anschluss werden Karten als angepasste Vogelperspektive interpretiert
und verschiedene Arten und Zwecke von Karten vorgestellt. Ebenso wird darauf
eingegangen wie und von wem solche Karten hergestellt werden.
Zusatzmaterial: Arbeitsblätter mit Lösungen; Testaufgaben; ergänzendes Unter-
richtsmaterial mit Lösungen; Arbeitsblätter für interaktive Whiteboards; MasterTool
Folien.
Israel, Zwischen Tradition, Hightech und Konflikten
Online-Medienpaket, D 2015, ca. 21 min, Signatur: 55 62345
Das Gebiet des heutigen Israel gehört zu den ältesten Kulturräumen der Erde. Es gilt
als heiliges Land von drei Weltreligionen: Judentum, Christentum und Islam. Doch
dieses traditionsreiche Land zwischen Jordan und Mittelmeer droht an dem Konflikt
zwischen Israelis und Arabern zu zerbrechen. Jugendliche einer Berliner Studenten-
zeitung sprechen mit Vertretern beider Konfliktparteien und gehen der Frage nach,
wieso der Konflikt seit Jahrzehnten trotz aller Friedensbemühungen anhält.
Zusatzmaterial: Arbeitsblätter mit Lösungen; Testaufgaben; Vorschläge zur Unter-
richtsplanung; Arbeitsblätter für interaktive Whiteboards; MasterTool-Folien.
33
01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT
Landschaftszonen
Online-Medienpaket, D 2014, 37 min, Signatur: 55 61227
4 Filme erklären mithilfe von aufwändigen und impressiven 3D-Computeranimatio-
nen die vielfältigen Landschaftszonen auf der Erde, deren Lage und ihre unter-
schiedlichen Ausprägungen. »Was ist eine Landschaftszone«? bietet als Einleitung
die Definition von Geo-, Klima- und Landschaftszonen. Das Klimamodell von Troll
und Paffen wird vorgestellt. Der zweite Film behandelt die Landschaftszonen
innerhalb der Polarzone und der gemäßigten Zone behandelt und der dritte Film die
Landschaftszonen der Tropen und Subtropen. Der letzte Film verdeutlicht, dass
Landschaften nicht nur durch endogene Faktoren (z.B. Plattentektonik, Vulkanis-
mus), sondern auch durch den Menschen nachhaltig verändert werden.
Klima- und Vegetationszonen
Online-Medienpaket, D 2014, 40 min, Signatur: 55 61228
Vier Filme erläutern das komplexe Klimageschehen auf der Erde. Der erste Film
zeigt die vielfältigen, atmosphärischen Klimaelemente und geographischen Kli-
mafaktoren, die allesamt das Klima beeinflussen. Im zweiten Film wird ausführlich
der Aufbau und die Auswertung eines »landschaftsökologischen Klimadiagramms«
nach Walter & Lieth erklärt. Der dritte Film befasst sich ausführlich mit zwei
genetischen und zwei effektiven Klimaklassifikationsmodellen. Der vierte Film
beschreibt den Begriff der Vegetationszone und unterscheidet die Höhenzonierung
der Vegetation.
Zusatzmaterial: Arbeitsblätter für Schüler und Lösungsbögen für Lehrkräfte sowie
ein Begleitheft mit detaillierter Übersicht der Inhalte und Lernziele
Wasser als Ware oder Menschenrecht?
Online-Medienpaket, D 2014, 16 min, Signatur: 55 61147
Kann man Wasser besitzen und es zur Ware machen? Darf man Wasser zum
Spielball der freien Märkte und zur Strategie von Konzernen machen? Hat der
Mensch ein Recht auf kostenfrei Zugang zu Wasser ? Ausgehend von der Aufnahme
des Rechts auf Wasser und sanitärer Anlagen in die UN-Menschenrechtscharta im
Jahr 2010 zeigt der Film das Spannungsfeld der globalen Wasserversorgung und den
Geschäften mit Wasser.
Ein Mensch verdurstet innerhalb weniger Tage, wenn er kein Wasser zu sich nimmt.
Von jeher war Wasser existenziell und bedeutend für Sieg oder Niederlage, bei-
spielsweise bei Belagerungen. Globale Konflikte um Wasser drohen auch heute. Wie
kann die Ressource Wasser effektiv geschützt werden? Die DVD erläutert Modelle
und Begriffe wie »Virtuelles Wasser« und den »Wasserfußabdruck«, den wir durch
den Konsum von Waren und Lebensmitteln auch in anderen Staaten hinterlassen.
Die DVD thematisiert das Geschäft mit Flaschenwasser in Schwellen- und Entwick-
lungsländern ebenso wie die Diskussion zur Privatisierung der Wasserversorgung
und zeigt unterschiedliche Beispiele der gleichen Problematik in Ghana und Berlin.
»Wasser als Ware oder Menschenrecht«? stellt eine Grundlage für eine sachliche,
aber kontroverse Diskussion für den Unterricht dar.
34
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Medien im Unterricht. Unterstützung für Lehrkräfte in Düsseldorf -
»Wir wollen, dass jeder gerne in die Schule geht«
02 Düsseldorfer Fenster
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35
02 | DÜSSELDORFER FENSTER
Medien im Unterricht. Unterstützung für Lehrkräfte in Düsseldorf
Medien sind selbstverständlicher und integraler Bestand-
teil nicht nur der Berufs- und Alltagswelt, sie sind auch
aus der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen nicht
mehr wegzudenken und gestalten diese zunehmend mit.
Die Förderung von Medienkompetenz an Schulen und im
Unterricht wird daher immer wichtiger, weil Kinder und
Jugendliche Unterstützung und Begleitung brauchen, um
die Potentiale der Medien ausschöpfen und die Gefahren
einschätzen zu können.
Die Landeshauptstadt Düsseldorf hat sich mit der Vorbe-
reitung und Durchführung der Pilotphase des »Medienpass
NRW«1 in der Primarstufe auf den Weg gemacht und
Schulaufsicht, Schulträger, Medienzentrum, Kompetenz-
team und Lehrerschaft an einen Tisch gebracht, um
gemeinsam am Thema der systematischen Medienkompe-
tenzförderung in Schulen zu arbeiten. Damit wurde ein
wichtiger Grundstein in Richtung eines systematischen,
kompetenzorientierten und nachhaltigen Einsatzes von
Medien als Werkzeuge sowohl für Schülerinnen und
Schüler als auch für Lehrkräfte im Unterricht gelegt.
1 https://www.medienpass.nrw.de/de
36
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
In Kooperation mit den Medienberatern des Kompetenz-
team Düsseldorf bietet das LVR-Zentrum für Medien und
Bildung Lehrerinnen und Lehrern an Düsseldorfer Schulen
seitdem ein vielfältiges Angebot an Beratung und Unter-
stützung in verschiedenen Bereichen des Einsatzes von
Medien in Schulen:
> Medienkonzeptentwicklung auf der Grundlage des
Medienpass NRW
> schulinterne Lehrerfortbildungim Bereich digitale
Medien
> Erwerb von Medienkompetenz und Umsetzung im
Unterricht
> lernförderliche Medienausstattung in Absprache mit
dem Schulträger
> mobiles Lernen – iPads im Unterricht
> Kooperation mit medienspezifischen Bildungspartnern
und Lernorten
Um die Lehrkräfte an Düsseldorfer Grundschulen noch
besser unterstützen zu können, wurde zu Beginn des
Schuljahres 2015/2016 der »Arbeitskreis Medien – Grund-
schule« als Kooperationsprojekt von Kompetenzteam,
LVR-Zentrum für Medien und Bildung und der Unteren
Schulaufsicht gegründet. Dieser Arbeitskreis soll die
Grundschullehrkräfte bei der Entwicklung und Ausgestal-
tung fachübergreifender und fachorientierter Medienent-
wicklung und Medienkonzepterstellung unterstützen. Er
soll sowohl informieren und beraten als auch den Lehr-
kräften die Möglichkeit bieten, Unterrichtserfahrungen im
Bereich des Einsatzes von Medien untereinander auszutau-
schen und gemeinsam neue Ideen zu entwickeln.
Da sich in Düsseldorf immer mehr Schulen in Absprache
mit dem Schulträger dazu entscheiden, iPads zur Förde-
rung der Medienkompetenz im Unterricht einzusetzen,
wird aktuell ein »Arbeitskreis iPad – Grundschule«
gegründet. Dieser soll zusätzlich zum bestehenden
»Arbeitskreis Medien – Grundschule« die Lehrkräfte der
iPad-Grundschulen in Düsseldorf miteinander vernetzen
und sie bei der Entwicklung von Konzepten zur Förderung
der Medienkompetenz sowie fachorientierter Kompetenzen
mit dem iPad im Unterricht unterstützen. Der Arbeitskreis
wird sich schwerpunktmäßig mit dem Austausch von
Unterrichtsideen/-ergebnissen und Konzepten der Teilneh-
mer beschäftigen sowie mit der gemeinsamen Entwicklung
und Dokumentation von Unterrichtsinhalten für den
Unterricht mit iPads. Darüber hinaus soll der Arbeitskreis
auch informieren und beraten und vielfältige Anregungen
und Tipps zur eigenen Unterrichtsplanung und –umsetzung
bieten.
Ansprechpartnerin für die Arbeitskreise ist die Medienbe-
raterin des Kompetenzteams Sabine Weyer, die die
Arbeitskreise leitet bzw. moderiert. Das LVR-Zentrum für
Medien und Bildung stellt als Kooperationspartner die
Räumlichkeiten zur Verfügung und unterstützt mit aktuel-
len Informationen zu den Angeboten des Medienzentrums
und weiterer Bildungspartner. Darüber hinaus wird bei der
inhaltlichen Gestaltung auch eng mit dem Schulträger
(eSchool) zusammengearbeitet.
Für das kommende Schuljahr 2016/2017 ist die Gründung
eines Arbeitskreis »Medien/iPad« auch für die weiterfüh-
renden Schulen in Düsseldorf geplant.
Kontakt:
Sabine Weyer
Medienberaterin »Grundschule«
im LVR-Zentrum für Medien und Bildung
Karsten Schillies
Medienberater »Sek I + II«
Sabine Weyer Sabine Weyer ist Medienberaterin im Kompetenzteam Düsseldorf
37
02 | DÜSSELDORFER FENSTER
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
»Wir wollen, dass jeder gerne in die Schule geht!«
Wer Informationsmaterial des Zentrums für Schulpsycholo-
gie (ZfS) in Düsseldorf zur Hand nimmt oder sich auf der
Website umschaut, erkennt schnell, dass dieser Satz viel
tiefgründiger gemeint ist, als er auf den ersten Blick wirkt.
Jeder denkt zunächst an die Schülerinnen und Schüler:
Natürlich sollen sie gerne und erfolgreich die Schule
besuchen, dazu bietet das ZfS individuelle schulpsychologi-
sche Beratung, wenn möglich gemeinsam mit der Schule
an. Aber auch Lehrkräfte sollen gerne und mit Freude in
der Schule arbeiten. Und dazu können Angebote der
Supervision, der Fortbildung, der Teamentwicklung und der
beruflichen Gesunderhaltung genutzt werden. Nicht zuletzt
werden Schulen mit Maßnahmen der Gewaltprävention und
Medienerziehung, der Begabtenförderung im Rahmen der
individuellen Förderung, der Schulentwicklung unter
psychologischen Gesichtspunkten und dem Vorgehen bei
Fragen der Kindeswohlgefährdung unterstützt.
Kompetente Unterstützung für alle - Individuelle schul-
psychologische Beratung
Die individuelle Beratung nimmt die Situation des einzelnen
Kindes oder Jugendlichen zu schulbezogenen Fragen mit
schulpsychologischen Methoden in den Blick. Dazu gehören
die Erfassung der individuellen Lernmöglichkeiten mit
diagnostischen Methoden, aber auch der zugrundeliegen-
den Situation in der Familie oder in der Klasse. In dieser
Gesamtschau sind Hintergründe für mögliches Lernversa-
gen, Fragen zur passenden Schulform, zur Förderung bei
besonderen Begabungen oder auch zu sozialen Konflikt-
situationen zu verstehen und Lösungen zu finden. Und diese
Lösungen werden möglichst direkt gemeinsam mit Eltern
und den Lehrkräften erarbeitet. Nur wenn alle Beteiligten
mitarbeiten, sind Lösungen tragfähig.
Auch Lehrkräfte können individuelle Beratungsangebote für
ihre Arbeitssituation nutzen: Schwierige Klassenkonstellati-
onen, der Umgang mit einzelnen Schülerinnen und Schü-
lern oder eigene besondere Belastungen können in einer
individuellen Beratung reflektiert werden.
Breit aufgestellt für Schulen - Unterstützungsangebote
für Lehrkräfte
Die Angebote des ZfS sind vielfältig. Ein besonderes
Unterstützungsangebot ist die Möglichkeit zu Supervision
und Coaching für Lehrkräfte und Schulleitungen. Schwieri-
ge berufliche Situationen können mit professioneller
Begleitung reflektiert und Lösungen entwickelt werden.
In Kooperation mit dem Kompetenzteam Lehrerfortbildung
oder anderen Einrichtungen werden ein- oder mehrmoduli-
ge Fortbildungsreihen angeboten. »Duell oder Duett –
Gesprächsführung für Lehrkräfte« oder »Psychologisches
Wissen für den Schulalltag« heißen Fortbildungsangebote
im ZfS, um beispielsweise Lehrkräfte auf schwierige
Gespräche mit Eltern vorzubereiten. Aktuell stehen
Angebote zum Umgang mit neu zugewanderten Kindern
und Jugendlichen im Fokus. In Kooperation mit der
Kommunalstelle für Integration und Bildung in Düsseldorf
werden Informationsveranstaltungen oder auch Super-
visionsgruppen für Lehrkräfte in internationalen Klassen
angeboten.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Bereich Gewaltpräventi-
on und Krisenintervention. Seit Jahren werden Fortbildun-
gen in Programmen der Gewaltprävention und Medienerzie-
hung sowie zum Aufbau schulinterner Teams initiiert und
organisiert, die sowohl präventiv als auch bei konkreten
Krisen in Schulen eingesetzt werden können. Eine besonde-
re Kooperation zum Thema Kinder- und Jugendmedien-
schutz besteht mit dem LVR-Zentrum für Medien und
Bildung und der Landesanstalt für Medien und Bildung
NRW. Im Fokus liegen die Qualifizierung von pädagogischen
Fachkräften, die Begleitung von Konzepten sowie die
Verstetigung von Programmen in Schulen, wie zum
Beispiel die Ausbildung von Medienscouts.
Die Landespräventionsstelle gegen Gewalt und Cyberge-
walt an Schulen in NRW (LPS), eine gemeinsame Einrich-
tung des Landes und der Landeshauptstadt Düsseldorf, ist
ebenfalls im ZfS angesiedelt. Von hier werden landesweit
38
02 | DÜSSELDORFER FENSTER
Konzepte und Maßnahmen gegen Gewalt und Cybergewalt
in Schulen unterstützt und neue Konzepte initiiert.
Seit November 2015 ist auch das Competence Center
Begabtenförderung (CCB) Düsseldorf Teil des ZfS. Neben
der psychologischen Beratung zu Fragen der individuellen
Förderung und zur Erkennung von Talenten stehen Semina-
re für Schülerinnen und Schüler sowie Eltern und Fortbil-
dungen für Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte im
Mittelpunkt der Angebote.
Eine besondere Herausforderung für Schulen sind die
Fragen des Kinderschutzes und der Kindeswohlgefährdung
einzelner Schülerinnen und Schüler. Es reicht oft nicht, ein
Kind dem Jugendamt zu »melden«, vielmehr sind erste
Beobachtungen zu sammeln und Gespräche mit den Eltern
zu führen. Das ZfS hat dazu mit dem Jugendamt ein
Konzept zu strukturierten Prozessberatungen in Schulen
entwickelt, die durch das ZfS begleitet werden. Schulen
erhalten Beratung und Begleitung bei ersten Klärungs-
schritten bis hin zu einer möglichen qualifizierten Mittei-
lung an das Jugendamt.
Vernetzt mit Wissenschaft und Forschung
Schulpsychologische Konzepte beruhen auf evaluierten
Konzepten verschiedener Zweige der Psychologie. Die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ZfS sind deutschland-
weit bei der Entwicklung von Angeboten und Konzepten der
Schulpsychologie beteiligt. Der alle zwei Jahre stattfinden-
de »Bundeskongress für Schulpsychologie« wird vom ZfS
maßgeblich mit gestaltet (www.bdp-schulpsychologie.de/
buko2016).
Dipl.-Psych. Stefan Drewes
Stefan Drewes ist Leiter des Zentrums für Schulpsychologie der Landeshauptstadt Düsseldorf www.duesseldorf.de/schulpsychologie
Literatur zur Vertiefung:
Klaus Seifried, Stefan Drewes & Marcus Hasselhorn (Hrsg.): 2016. Handbuch Schulpsychologie - Psychologie für die Schule. Stuttgart 2016, 2., vollst. überarb. Aufl.
Foto: © Contrastwerkstatt
39
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Flucht, Migration und Integration und das Potenzial der Filmbildung
03 Partner im Verbund
40
03 | PARTNER IM VERBUND
Flucht, Migration und Integration und das Potenzial der Filmbildung
Jeder kennt die Bilder: Hundertausen-
de Männern, Frauen und Kindern, die
vor Krieg, Unterdrückung und Hunger
fliehen und den gefährlichen Weg
übers Mittelmeer wagen oder über die
Balkanroute nach Europa kommen.
Hinter all diesen Menschen steht eine
persönliche Geschichte. Von ihrem
Leben und ihrem Schicksal wissen wir
jedoch wenig.
Wir haben uns daran gewöhnt, von
»Flüchtlingsströmen«, »Flüchtlings-
krise« und »Grenze der Belastbarkeit«
zu sprechen anstatt von den Chancen
der Zuwanderung und von Vielfalt als
Normalität und Potential einer
Gesellschaft, die nicht erst seit heute
eine Einwanderungsgesellschaft ist.
Aktuell hat rund ein Drittel der Kinder
und Jugendlichen in Nordrhein-West-
falen einen Migrationshintergrund,
Prognosen gehen von 50 Prozent und
mehr in den nächsten 10 bis 15 Jahren
aus, zumindest in den Städten.
Unbestritten stellen die derzeitigen
großen Flucht- und Migrationsbewe-
gungen eine besondere Herausforde-
rung dar, die auf allen gesellschaftli-
chen Ebenen mit Engagement und
Phantasie angenommen werden
sollte. Für die Filmbildung bedeutet
das, die besonderen Potentiale von
Filmen für die interkulturelle Bildung
und Erziehung zu nutzen, denn kein
Medium bietet sich mehr an, sich
dokumentarisch, dramatisch oder
zuweilen auch humorvoll der Lebens-
situation von Flüchtlingen zu nähern.
Filme konfrontieren uns unmittelbar
mit fremden Schicksalen, sie sensibili-
sieren, machen betroffen, geben
Denkanstöße und fördern den inter-
kulturellen Dialog. Die Sprache der
Bilder ist international, über sie kann
Kommunikation auch stattfinden,
wenn die Kenntnisse der deutschen
Sprache noch rudimentär sind.
Filmempfehlungsliste zu Flucht,
Migration und Integration
Welche Filme kann man in Willkom-
mensklassen einsetzen? Welche
eignen sich gleichermaßen für
deutsche und zugewanderte Schüle-
rinnen und Schüler? Können Filme
das Erlernen der deutschen Sprache
unterstützen? Welche haben Unterti-
telungen in mehreren Sprachen? Gibt
es unterhaltsame Filme für einen
Filmnachmittag in der Flüchtlingsun-
terkunft? Antworten auf diese Fragen
suchten Schulen und Kommunale
Medienzentren in letzter Zeit häufig
bei FILM+SCHULE NRW und den
beiden Landesmedienzentren. Eine
erste Empfehlungsliste zu den
Themen Flucht, Migration und
Integration hat FILM+SCHULE NRW
bereits zusammengestellt – mit
Filmen, die entweder als EDMOND-
Online-Medium oder als Verleih-DVD
in den Mediatheken der beiden
Landesmedienzentren kostenlos zur
Verfügung stehen. Diese Liste wurde
inzwischen mit direkten Verlinkungen
zu Unterrichtsmaterialien im Webauf-Foto
: © L
ydia
Gei
ssle
r
41
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
tritt von FILM+SCHULE NRW einge-
stellt (www.filmundschule.nrw.de).
Zur Zeit entsteht eine noch umfangrei-
chere Empfehlungsliste. Auch sie
enthält Filme, die entweder als
EDMOND-Medien oder DVDs in den
Mediatheken vorhanden sind. Unter-
teilt ist sie nach thematischen Schwer-
punkten: »Flucht und Ankommen«,
»Orientierung in der neuen Heimat«
und »Gemeinsam Film erleben«.
Flucht und Ankommen
In dieser Rubrik sind Filme zu finden,
die das Verständnis für die Situation
geflüchteter Menschen fördern
können. Sie zeigen – häufig scho-
nungslos – den oft lebensbedrohlichen
Weg, den Flüchtlinge über Wochen
und Monate gegangen sind. Ihr
Schicksal, ihre Nöte und Ängste
werden für uns spürbar und geben
uns die Möglichkeit, sich dem Schick-
sal der Flüchtlinge zu nähern.
»Die Piroge« (F/SN 2012, 87 Min.)
Der senegalesische Regisseur Moussa
Touré stellt das Schicksal afrikani-
scher Bootsflüchtlinge in den Mittel-
punkt. Erschütternd die Szene, in der
sie auf ein anderes Boot mit Flüchtlin-
gen treffen, die mit defektem Motor
hilflos im Meer treiben. Streit kommt
auf, ob man den Fremden helfen soll.
Die Flüchtlinge in der Piroge geraten
in ein Unwetter, das Tote fordert. Die
Überlebenden werden in letzter
Sekunde vom Spanischen Roten Kreuz
gerettet und wieder in ihre Heimat
abgeschoben...
Und wenn die Wirklichkeit verfremdet
ist wie in Claude K. Dubois’ Bilder-
buchgeschichte, können selbst die
Jüngsten mit dem Thema konfrontiert
werden...
»Akim rennt« (D 2015, 6 Min.)
Akim wird eines Nachmittags von
dröhnendem Lärm und Schüssen aus
dem Spiel gerissen. Die Bewohner des
Dorfes fliehen aus den Trümmern,
Akim verliert seine Familie. Eine
unbekannte Frau nimmt sich des
Jungen an. Auf der Flucht nehmen
Soldaten Akim gefangen. Er kann
entkommen, schlägt sich alleine durch
und erreicht schließlich ein Flücht-
lingslager auf der anderen Seite des
Flusses. Dort findet er seine Mutter.
Weitere Titel sind z.B. »Ich bin jetzt
hier!« (Dokumentarische Kurzfilme,
70 Min. - siehe auch die Filmempfeh-
lungen auf Seite 59 in dieser Heft)
oder »Hoppet – Der große Sprung ins
Glück« (84 Min., D/N/S 2007)
Orientierung in der neuen Heimat
Hierzu gehören Filme, die auf leicht
verständliche Weise Informationen
über das Leben in Deutschland und
die kulturellen Besonderheiten
vermitteln und so die Integration
erleichtern können.
»Marhaba – Ankommen in Deutsch-
land« (D 2015, 28 Min.)
Die jeweils 5minütigen Folgen in
arabischer Sprache mit deutschen
Untertiteln richten sich vor allem an
Menschen aus dem Nahen Osten,
erklären den deutschen Alltag und
geben Tipps zum Leben in Deutsch-
land. Themen sind u.a.: »Das Grund-
gesetz und die Scharia«, »Frauen in
Deutschland« oder auch »Liebe und
Sex in Deutschland«. Für Deutsche ist
es interessant zu sehen, wie das
Leben in Deutschland von außen
wahrgenommen wird.
42
03 | PARTNER IM VERBUND
Zur Orientierung sind auch Filme
geeignet wie »Und was glaubst du?«,
in dem zwei Kinder Unterschiede und
Gemeinsamkeiten in ihrem Glauben -
Christentum und Islam – feststellen
und sich gegenseitig in die Kirche und
in die Moschee begleiten.
Gemeinsam Film erleben
Der Alltag in den Flüchtlingsheimen
ist von Tristesse und Langeweile
geprägt. Filme können hier eine
willkommene Abwechslung bieten –
besonders für Kinder und Jugendliche.
Aber was kann man jungen Menschen
überhaupt zeigen, deren Augen das
Schlimmste gesehen haben? Die
Antwort: Animations-, Märchen- und
Abenteuerfilme. Einige Beispiele:
»Grüffelo« (25 Min., D/GB 2009)
»Der Mondbär – Das große Abenteu-
er« (71 Min., D 2008)
»Oliver Twist« (125 Min., F 2005)
»Die Geschichte vom kleinen Muck«
(96 Min., DDR 1953)
»Tomte Tummetott und der Fuchs«
(30 Min. D 2007)
Ihre Sprachversion ist englisch oder
französisch mit deutschen Untertiteln.
Auch wenn die Sprachkenntnisse nicht
ausreichen, um Dialoge zu verstehen,
kann ein Film über Filmmusik, Mimik
und Gestik »erlebt« werden.
Manche Filme kommen auch ganz
ohne Sprache aus wie »Shaun das
Schaf – der Film« (85 Min., GB 2015),
»Macropolis« (8 Min., GB 2012) oder
»Zebra« (3 Min., D 2013).
Die Listen können auf den Webseiten
der beiden Landesmedienzentren
www.lwl-medienzentrum.de und
www.medien-und-bildung.lvr.de sowie
www.filmundschule.nrw.de abgerufen
werden.
Info-Module »Flucht, Migration und
Integration im Film« als Angebot bei
Fortbildungsveranstaltungen
Als neues Format bietet FILM+SCHULE
NRW 2016 auf Anfrage dezentrale
Unterstützung von regionalen oder
landesweiten Fortbildungsveranstal-
tungen und Tagungen an – mit
2stündigen Info-Modulen zum Thema
»Flucht, Migration und Integration« im
Film. Den Auftakt machte am 13.
Januar 2016 in Münster ein Workshop
unter dem Titel »Film ab! Die Ge-
schichte einer Flucht ohne Eltern« im
Rahmen der Tagungsreihe »Migration
und Schule – Warum Pädagogik
interkulturell sein muss«.
Vorgestellt wurden Schlüsselszenen
des Films »Hoppet – Der große
Sprung ins Glück« und die dazu
gehörigen Unterrichtsmaterialien.
Bei der Bombardierung eines Dorfes
irgendwo im Mittleren Osten in einem
nicht genannten Krieg entkommen
Azad und sein Bruder Tigris nur
knapp dem Tod. Seitdem ist Tigris
stumm. Sein Bruder entwickelt sich
dagegen zum besten Hochspringer
seiner Schule. Weil die Eltern politisch
verfolgt werden und nicht gemeinsam
fliehen können, schicken sie ihre
beiden Söhne vorab alleine nach
Deutschland.
Durch Betrug der Schlepperbande
landen die Kinder vollkommen
mittellos in Stockholm. Eine mitrei-
sende Flüchtlingsfamilie nimmt sich
ihrer als fiktive Eltern an, doch um
den Schwindel nicht auffliegen zu
lassen, dürfen die Kinder ihre wahre
Identität nicht preisgeben. Zum Glück
findet Azad Freunde, die ihm über die
schwere Zeit hinweghelfen. Als er im
Schulsportverein sein Springertalent
unter Beweis stellen kann und das
Team zu einer Meisterschaft nach
43
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Berlin eingeladen wird, ergreift Azad
die ihm gebotene Chance.
Obwohl schon 2007 produziert, wirkt
der Film hoch aktuell, da er das
Schicksal unbegleiteter junger
Flüchtlinge thematisiert. Durch die
Erzählperspektive (aus Sicht des
zwölfjährigen Azad) bietet er Kindern
und Jugendlichen viel Raum für
Identifikation und Empathie. »Hoppet-
der große Sprung ins Glück« vermittelt
die Zuversicht, dass es selbst in sehr
schwierigen Lebenssituationen noch
einen Ausweg gibt und irgendwann
doch noch alles gut wird (die Familie
im Film findet wieder zusammen).
Filmbildung für Alle!
Man könnte meinen, die Flüchtlings-
thematik habe das Thema Filmbildung
und Inklusion in den Hintergrund
gedrängt. Legt man jedoch den
erweiterten, nicht nur auf sonderpäd-
agogischen Förderbedarf beschränk-
ten Inklusionsbegriff zugrunde, geht
es um ein Bildungssystem ohne
Ausgrenzungen und die Wertschät-
zung von Vielfalt. Ein solches Bil-
dungssystem hat auch Kinder und
Jugendliche mit Zuwanderungsge-
schichte im Blick, die Notwendigkeit
einer intensiven Sprachförderung
beispielsweise ebenso wie die Chance,
durch die persönlichen und authenti-
schen Berichte über ihre Herkunfts-
länder und deren Kulturen das Fenster
zur Welt weit zu öffnen. Thematisch
sorgfältig ausgewählte Filme unter-
stützen die Wahrnehmung und
Wertschätzung von Vielfalt. Die für
inklusive Filmveranstaltungen
entwickelten handlungsorientierten
Materialien können auch in Willkom-
mensklassen eingesetzt werden.
(www.filmundschule.nrw.de)
In diesem Sinne : Film ab für die
interkulturelle Bildung!
Dr. Angela Schöppner-Höper,
Marlies Baak-Witjes
Angela Schöppner-Höper ist Wissenschaftliche Referentin im LWL-Medienzentrum für Westfalen, Marlies Baak-Witjes ist Geschäftsführerin von FILM+SCHULE NRW
Dieser Beitrag ist die gekürzte Fassung eines im FOCUS erschienen Artikels.
Szenenfoto aus: Hoppett - Der große Sprung ins Glück, Foto: © Farbfilm Verleih
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04 | BERICHTE
»Digital Naives«? Internetnutzung und Online-Risikoverhalten
bei Jugendlichen
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MEDIENBRIEF | N° 01.2016
»Digital Naives«? - Internetnutzung und Online-Risikoverhalten bei Jugendlichen»Meiden Sie die digitalen Medien. Sie machen [...] dick,
dumm, aggressiv, einsam, krank und unglücklich«. Solche
Thesen, wie Manfred Spitzer sie in aller Schärfe formuliert,
bedienen vor allem die Ängste verunsicherter Eltern und
sind als Schlagzeile für eine reißerische Berichterstattung
über das Gefahrenpotenzial des Internets sehr »beliebt«.
Zwar werden Kindern und Jugendlichen, die als sogenannte
Digital Natives mit dem Internet aufgewachsen sind,
Fähigkeiten im technischen Umgang mit dem Internet
zugeschrieben, gleichzeitig wird ihnen jedoch ein verant-
wortungsloser und unkritischer Umgang mit dem Internet
unterstellt. Sie werden demnach als Digital Naives etiket-
tiert. Besonders von Kindern und Jugendlichen aus
sogenannten bildungsfernen und ökonomisch schwachen
Familien wird angenommen, das Internet extensiv und
unkritisch zu nutzen. Fakt ist jedoch, dass das Internet für
alle Jugendlichen zum Alltag dazu gehört, unabhängig von
Bildungsniveau, Geschlecht oder Migrationshintergrund.
Chancen und Risiken des Internets
Es ist nicht zu bestreiten, dass die Nutzung des Internets
nicht nur vielfältige Chancen und Möglichkeiten, sondern
auch einige Risiken mit sich bringt. Eine klare Einordnung
von Online-Aktivitäten in Chancen und Risiken erweist sich
jedoch als problematisch: Während sich manche, wie die
Internetrecherche für schulische Zwecke als Chance und
Cybermobbing eindeutig als Risiko einordnen lassen,
entziehen sich andere, wie etwa das Kennenlernen von
Online-»Freunden«, einer eindeutigen Bewertung. Einer-
seits kann durch den neuen Kontakt ein sozialer Erfah-
rungsaustausch stattfinden und die Jugendlichen lernen,
Foto: © LVR-ZMB / Nicole Schäfer
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
46
welche Informationen sie über sich preisgeben sollten.
Andererseits birgt die Kommunikation mit einer fremden
Person potentielle Gefahren.
Medienkompetenz als Schlüssel für einen risikofreien
Internetumgang?
Ob das Internet mit all seinen Möglichkeiten positive oder
negative Folgen für die Jugendlichen besitzt, wird in
medienpädagogischen wie auch politischen Debatten vom
Erwerb der Medienkompetenz abhängig gemacht. Medien-
kompetenz beschreibt demnach die Fähigkeit zu einem
kritischen, eigenverantwortlichen, kreativen und genussvol-
len Umgang mit Medien und wird daher als Schlüsselkom-
petenz des 21. Jahrhunderts bezeichnet.
Bei Jugendlichen wurden diese Fähigkeiten in verschiedenen
empirischen Studien untersucht. Die 2015 veröffentliche
internationale Schulleistungsstudie ICILS1 untersuchte compu-
ter- und informationsbezogene Kompetenzen (z.B., ob Informati-
onen eigenständig recherchiert, kritisch bewertet und daraus
Informationsprodukte erzeugt werden können) bei SchülerInnen
der 8. Jahrgangsstufe. Ein Mangel an Medienkompetenz wurde
in Deutschland vor allem bei Jugendlichen aus bildungsfernen
und ökonomisch schwachen Familien festgestellt.
Eine Erklärung für das vergleichsweise schlechtere
Abschneiden dieser Jugendlichen, kann laut Wissenschaft-
lerInnen durch die sogenannte Digitale Spaltung in der
Gesellschaft erklärt werden: Personen aus bildungsnahen
Schichten sind demnach eher in der Lage, die Chancen des
Internets als Informations- und Wissenslieferant für sich zu
nutzen, während schlechter Gebildete von solchen Möglich-
keiten weniger Gebrauch machen können und angeblich
vermehrt Gefahren im Internet ausgeliefert sind. Laut
Theorie können sich bestehende Unterschiede zwischen
sozialen Schichten durch eine unterschiedliche Nutzungs-
weise des Internets weiter verstärken. Besser Gebildete
scheinen eher von ihrer Nutzungsweise des Internets zu
profitieren, da sich die heutige Gesellschaft immer mehr zu
einer Informations- und Wissensgesellschaft entwickelt.
Die Vorstellung einer geteilten Nutzung des Internets,
entweder als Unterhaltungs- oder als Informationsquelle,
je nach Gesellschaftsschicht, stimmt jedoch nicht. Wie die
alljährliche JIM2-Studie zeigt, wird das Internet in erster
1 International Computer and Information Literacy Study
2 Jugend, Information, (Multi-) Media-Studie des Medienpädagogischen Forschungs-verbund Südwest
Linie für kommunikative Zwecke und zur Unterhaltung
(Videos anschauen, Musik hören und Spiele spielen)
verwendet. Der Sozialwissenschaftler Niesyto weist darauf
hin, dass Unterschiede in der Internetnutzung »nicht
automatisch auf Aspekte sozialer Benachteiligung und
Ungleichheit, sondern zunächst einmal auf andere medien-
und sozialästhetische Muster und Präferenzen« verweisen.
Wissenschaftliche Studien wie die ICILS-Studie geben einen
sehr begrenzten Einblick in das digitale Können von
Jugendlichen, da meist nur Fähigkeiten im Bezug auf den
Umgang mit Informationen abgefragt werden. Die Bedeu-
tung von Unterhaltungs- und Spielmöglichkeiten wird
gänzlich ausgeblendet, obwohl der genussvolle Umgang mit
Medien gleichzeitig als wichtiger Teilaspekt einer kompe-
tenten Mediennutzung definiert wird.
Medienkompetenz minimiert nicht zwangsläufig Risiken der
Internetnutzung, denn Chancen und Risiken sind stets
miteinander verbunden. Wer aktiver im Internet ist und
dadurch mehr Möglichkeiten zur Partizipation und Teilhabe
erlebt, trifft auch schneller auf Gefahren. Hinzu kommt,
dass eine höhere Risikobereitschaft etwas ganz Normales
für Jugendliche ist und zu ihrer Entwicklung dazugehört. Es
ist individuell unterschiedlich, ob eine Online-Aktivität als
Risiko wahrgenommen wird und ob sie dann zu problemati-
schen Folgen führt. Wie verschiedene Studien zeigen, sind
nur sehr wenige Jugendliche tatsächlich von Online-Risiken
betroffen. Es sollten daher dringend Vorurteile über die
Internetnutzung von Jugendlichen abgebaut werden und ein
differenziertes Bild darüber entstehen, statt auf moralisch-
ethischer Ebene gewisse Tätigkeiten im Internet pauschali-
sierend als »negativ« einzustufen.
Handlungsempfehlungen für medienpädagogische
Maßnahmen
Ziel von medienpädagogischen Maßnahmen sollte es sein,
Jugendliche begleitend bei ihrer Internetnutzung zu
unterstützen. Hierzu einige Handlungsempfehlungen:
1. Da Gleichaltrige für Jugendliche die ersten Ansprech-
partnerInnen bei Fragen rund um das Internet sind,
scheinen Projekte wie Medienscouts NRW ein guter Ansatz
zu sein, um Jugendliche im Umgang mit digitalen Medien
zu stärken. Medienscouts NRW greift bei der Vermittlung
von Medienkompetenz auf das Konzept der Peer-Education
zurück, also dem Lernen von und mit Gleichaltrigen. Bei
solchen Projekten ist es jedoch wichtig, dass nicht nur über
eine kritische Internetnutzung gesprochen wird, sondern in
47
04 | BERICHTE
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
diesem Rahmen auch technische Aspekte des Internets
bedacht werden - wie beispielsweise die Gewährleistung
der Datensicherheit durch regelmäßiges Löschen von
Browser-Verläufen.
2. Theoretisches Wissen über eine kritische und reflektier-
te Internetnutzung, mündet nicht automatisch in einer
entsprechende Handlungsfähigkeit. Jugendliche können vor
allem durch einen aktiven und produktiven Umgang mit
digitalen Medien eine kritische Auseinandersetzung
erlernen. Es sollte ihnen erlaubt sein, ihre eigenen Erfah-
rungen zu machen und eigenständig herauszufinden, was
gut für sie ist. Bei diesem Prozess sollten sie unterstützt
werden, indem sie ihre Erfahrungen frei diskutieren
können. Strikte Regeln und Normen hingegen schränken
die Jugendlichen ein und führen nicht dazu, dass sie im
Sinne der Mediensozialisation lernen, selbstständig im
Internet zu agieren.
3. Zudem sollten die Fähigkeiten sowie die Präferenzen
von Jugendlichen bei der Internetnutzung anerkannt und
bei der Konzeption medienpädagogischer Maßnahmen
bedacht werden. Das bedeutet beispielsweise für ein
Projekt wie Medienscouts NRW, dass entsprechend
kognitiver Fähigkeiten und Internetnutzungspräferenzen
unterschiedliches Arbeitsmaterial erstellt werden muss,
welches die Jugendlichen anregt, sich aktiv mit ihrer
eigenen Internetnutzung auseinanderzusetzen.
4. Darüber hinaus sollten nicht ausschließlich die Aspekte
der Informationsbeschaffung im Internet besprochen
werden, sondern auch die der Unterhaltung. Kommunikati-
on und Unterhaltung gehören zu den häufigsten Online-
Aktivitäten von Jugendlichen und prägen maßgeblich das
Erlernen des Internetumgangs.
5. Um Ängste zur Internetnutzung von Jugendlichen
abzubauen und zum gegenseitigen Verständnis beizutragen,
sollten Erwachsene über die Faszination und das Interesse
für bestimmten Online-Aktivitäten aufgeklärt werden.
Sogenannte Eltern-LANs wie sie von der Bundeszentrale
für politische Bildung angeboten werden, bieten Eltern und
PädadogInnen eine gute Möglichkeit, sich einen Überblick
über virtuelle Spielewelten zu verschaffen und das Interes-
se daran selbst nachzuvollziehen.
Abschließend ist festzuhalten, dass die Debatte um die
Internetnutzung von Jugendlichen einige Kontroversen
hervorruft, da sie stark von normativen Vorstellungen
geprägt ist. Es ist weder gerechtfertigt noch zielführend,
Jugendliche als Digital Naives zu etikettieren, die verant-
wortungslos und unkritisch mit dem Internet umgehen.
Wünschenswert wäre eine weniger pessimistische und
belehrende Haltung, stattdessen eine eher offene und
vorurteilsfreie Sichtweise einzunehmen, welche die
individuellen Fähigkeiten und Interessen der Jugendlichen
annimmt und versucht, diese zu fördern. Dies gilt vor allem
für die Internetnutzung von Jugendlichen mit formal
niedrigem Bildungsniveau.
Sepiedeh Fazlali
Sepiedeh Fazlali (M.Sc.) studierte Angewandte Kognitions- und Medienschaften an der Universität Duisburg-Essen und schrieb ihre Masterarbeit zum Thema kritische Internetnutzung und Online-Risikoverhalten von Jugendlichen unterschiedlicher Schulformen. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Mediendidaktik an der FernUniversität Hagen
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Tablets und Gebärdensprache: Unterstützte (digitale) Kommuniaktion in
einer Förderschule
05 Medienberatung NRW
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49
05 | MEDIENBERATUNG NRW
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Tablets und Gebärdensprache: Unterstützte (digitale) Kommunikation in einer Förderschule
Dass die Frage, ob es »pädagogisch sinnvoll« ist, digitale
Medien im Schulunterricht einzusetzen, überholt ist, zeigt
ein Besuch an der Hilda-Heinemann-Schule/ Förderschu-
le für Geistige Entwicklung in Remscheid. Hier wird
deutlich, dass digitale Medien unabdingbar sind für
gelingende Kommunikations-und Unterrichtsprozesse.
Ein Gespräch mit dem stellvertretenden Schulleiter
Christian Jansen.
Welches Spektrum an Beeinträchtigungen gibt es an der
Hilda-Heinemann-Schule?
In erster Linie werden alle Schülerinnen und Schüler
unterrichtet, bei denen ein sonderpädagogischer Unterstüt-
zungsbedarf im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung
vorliegt, d.h., wenn das schulische Lernen im Bereich der
kognitiven Funktionen und in der Entwicklung der Gesamt-
persönlichkeit dauerhaft und hochgradig beeinträchtigt ist,
und wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür sprechen, dass
die Schülerin oder der Schüler zur selbstständigen Lebens-
führung auch nach dem Ende der Schulzeit auf Dauer Hilfe
benötigt.
Die Zusammensetzung der Schülerschaft ist sehr hetero-
gen, denn es werden Schülerinnen und Schüler mit
schweren Mehrfachbehinderungen unterrichtet, ebenso wie
solche, die an der Grenze zum Förderschwerpunkt Lernen
liegen. Der Unterricht fördert also ein breites Spektrum:
von der basalen Ebene über »übliche Unterrichtsfächer« bis
hin zur Persönlichkeitsentwicklung und Anbahnung der
Selbständigkeit.
Die Besonderheit des Unterrichts an unserer Schule
besteht in der Notwendigkeit, den Unterricht ausgehend
von den individuellen Entwicklungsbedingungen der
Schülerinnen und Schüler zu gestalten.
Welche Einschränkungen gibt es im Bereich Sprache?
An unserer Schule ist es mehreren Schülerinnen und
Schülern behinderungsbedingt nicht möglich zu sprechen
bzw. sich verbal mitzuteilen. Oft ist auch die Verständlichkeit
der Sprache eine Barriere, die überwunden werden muss.
Selbst wenn man sich durch Laute mitteilen kann, ist dies für
die Mitmenschen nicht immer hinreichend verständlich. Bei
einigen kommen zusätzlich fehlende Sprachkenntnisse hinzu.
Wie kann die Unterstützte Kommunikation (UK) zur
Verständigung und zum Verstehen beitragen?
Die UK hat zum Ziel, die kommunikativen Fähigkeiten von
Menschen zu verbessern, die sich nicht oder nur wenig
über Lautsprache mitteilen können. Auf der Grundlage des
multimodalen Kommunikationsansatzes werden alle
kommunikativen Möglichkeiten, wie Mimik, Gestik, Laute,
Sprache und Bewegungen genutzt, sowie nichtelektroni-
sche und elektronische Kommunikationshilfen (z.B. Tablets)
eingesetzt. Kommunikation ist ein Grundbedürfnis des
Menschen, dessen Nichterfüllung zu großem Frust und
damit verbundenen erheblichen Verhaltensauffälligkeiten,
wie Rückzug oder Aggression führen kann. Eine gelungene
Kommunikation ist unabdingbar für eine positive Persön-
lichkeitsentwicklung und UK bietet die Möglichkeit, dieses
Grundbedürfnis zu befriedigen.
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05 | MEDIENBERATUNG NRW
Welche Rituale und Routinen finden im Schul- und Unter-
richtsalltag Anwendung, um eine möglichst gelingende
Kommunikation mit allen Beteiligten zu gewährleisten?
Wir bedienen uns lautsprachbegleitender Gebärden, der
primären Nutzung von Symbolsystemen wie Metacom, PCS
und Pictoselector, wir verwenden einen schulinternen
Stundenplan, dargestellt durch Gebärde, Symbol und Schrift
und wir nutzen Tablets mit Metatalk, d.h. einem Programm,
mit Hilfe dessen Sprachmitteilungen gespeichert werden
können, die durch Fingerdruck auf die entsprechenden
Symbolfelder individuell aktiviert werden können. Dies dient
entweder generell der Verständigung oder auch zielgerichtet
der Mitteilung von unterrichtsspezifischen Inhalten.
Welche Medien werden im Unterricht eingesetzt – speziell
im Bereich UK?
Für die Förderung im Bereich UK stehen ein Medienpool
mit einfachen Kommunikationsgeräten, die Kölner Kommu-
nikationstafel, sowie Materialien zur Anbahnung unterstütz-
ter Kommunikation zur Verfügung. Jede Klasse ist bei-
spielsweise mit verschiedenen sogenannten »sprechenden
Tasten« (z.B. BigMack oder Step-by-Step) ausgestattet, die
beim Auslösen individuell aufgezeichnete Sprachmitteilun-
gen, Musik oder Geräusche wiedergeben. Ebenso nutzen
Schülerinnen und Schüler eigene Tablets mit den entspre-
chenden Apps wie metatalk, gotalk now etc. oder können
schuleigene Tablets im Unterricht verwenden.
In NRW befinden sich die Schulen auf dem Weg zur
Inklusion. Welche Herausforderungen sehen Sie in einem
inklusiven Schulsystem, besonders für Schülerinnen und
Schüler, die im Bereich Geistige Entwicklung/Sprache einer
besonderen Förderung bedürfen?
Die allgemeine Schule als ein Förderort für Menschen mit
dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung bietet
sicherlich einen anderen Rahmen als unsere Schule. Sich
in einem größeren System zurecht finden und sich ver-
ständlich mitteilen zu können, ist eine große Herausforde-
rung und bedarf der gezielten Unterstützung. Dies erfolgt
heute schon oft durch Einzelfall- bzw. Integrationshelfer
und durch den Einsatz von Sonderpädagogen, die gezielt
im möglichen Rahmen fördern können. Die unterstützte
Kommunikation bietet die Chance, diese Förderung zu
begleiten und gezielt zu unterstützen. Die jeweiligen
Schülerinnen und Schülern können sich so selbständig
mitteilen, beteiligen und erleben sich selbstwirksam.
Ebenso kann die Vielfalt der medialen Unterstützung eine
Orientierungshilfe und Strukturierung in Gebäuden und
Abläufen bieten, da die angesprochene Schülerschaft in
punkto Selbständigkeit einen großen Förderbedarf auf-
weist. Zusätzlich profitieren alle Kinder – ob mit oder ohne
sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf - von der
Visualisierung und Strukturierung durch den Einsatz
lautsprachlich begleitender Gebärden oder Symbolkarten-
systemen.
Foto: © LVR-ZMB / Stefan Arendt
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MEDIENBRIEF | N° 01.2016
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Die große Heterogenität bedingt aber auch eine individuelle
pädagogische Förderung und interdisziplinäre Zusammen-
arbeit, die eine Vernetzung von Eltern, Therapeuten und
allen beteiligten Pädagogen, sowie Hilfsmittelfirmen
erforderlich macht, um ein Kind im Gemeinsamen Lernen
und im Alltag effektiv fördern zu können. Diese Vernetzung
kann durch Übergabebögen, Informationen über bisherige
Maßnahmen etc. erfolgen. Die Erhebung von Bedarfen im
Bereich UK kann z.B. durch Inklusionskoordinatoren an
UK-Berater erfolgen.
Welche Voraussetzungen würden Sie in diesem Zusammen-
hang als unverzichtbar erachten?
Zum einen sind gewisse räumliche Strukturen nötig, zum
anderen ist eine den Bedürfnissen angepasste mediale
Ausstattung sehr sinnvoll. Hier sollte ein Pool an UK-Hilfs-
mitteln und Material für Diagnostik und Unterricht (z.B.
durch eine benachbarte Förderschule) zur Verfügung
stehen. Die Beratung von Eltern, Lehrern und in den
Bereichen der Übergänge in die Arbeitswelt ist ebenfalls ein
wesentliches Kriterium für ein Gelingen.
Sie sind auch Medienberater im Kompetenzteam. Welchen
Fortbildungsbedarf sehen Sie als Medienberater gerade im
Bereich UK?
Beratungsmöglichkeiten für Lehrkräfte im Gemeinsamen
Lernen beinhalten die Notwendigkeit, Schülerinnen und
Schüler mit einem Bedarf an unterstützter Kommunikation
an Hilfsmittel und Nutzung heranzuführen und Fortbil-
dungsangebote zu erstellen. Oftmals sind passende
Hilfsmittel nicht bekannt oder die Nutzung von körpereige-
nen (Gebärden) oder körperfremden Hilfsmitteln (Symbole,
Talker, Tablets) in weiterführenden Schulen im Bereich UK
noch nicht verbreitet.
Gerade im Bereich UK ist der Einsatz unterschiedlicher
Medien angebracht. Eine Verankerung im Medienkonzept
der jeweiligen Schule und die daraus resultierende Umset-
zung im Medienentwicklungsplan sind hier äußerst sinnvoll.
Ebenso finden sich viele Inhalte im Kompetenzrahmen des
Medienpasses NRW wieder. Im Bereich »Kommunizieren
und Kooperieren« heißt es, »Regeln für eine sichere und
zielgerichtete Kommunikation zu beherrschen«.
Zielführende Fortbildungen können so nicht nur weitere
Fördermöglichkeiten aufzeigen, sondern auch den Alltag
für Lehrende und Lernende bereichern und kommunikative
Grenzen lösen. Gleichzeitig kann der Medienberater auch
mit den UK-Beauftragten zusammenarbeiten und diese in
Fortbildungen zu Diagnostik, Beratung, Koordination und
Vernetzung gezielt einbinden.
Informationen zur Hilda-Heinemann-Schule:
http://hilda-heinemann-schule.com/
Informationen zu Fortbildungsangeboten der Kompetenzteams:
http://www.lehrerfortbildung.schulministerium.nrw.de/
Fortbildung/Kompetenzteams/
Claudia Hopstein
Claudia Hopstein ist pädagogische Mitarbeiterin der Medienberatung NRW
Foto: © LVR-ZMB / Stefan Arendt
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06 | BILDUNGSPARTNER NRW
Amselnest, Foto: Sabine Geißler / pixelio.de
Wettbewerb »Kooperation.Konkret.« - Die Gewinner 2015
06 Bildungspartner NRW
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MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Wettbewerb »Kooperation. Konkret.« - Die Gewinner 2015
Der Wettbewerb »Kooperation. Konkret.« der Bildungspartner NRW zeichnet jährlich herausragende Praxisbeispiele
aus. 2015 stand die neue Bildungspartner-App »BIPARCOURS« im Fokus des Wettbewerbs. Mit dem kostenlosen
Lernwerkzeug lassen sich ohne technische Vorkenntnisse digitale Themenrallyes erstellen und absolvieren. Gesucht
wurden Parcours, die Themen und Lernangebote außerschulischer Lernorte erschließen und innerhalb einer Koopera-
tion entstanden sind oder für die Zusammenarbeit genutzt werden können. Die achtköpfige Jury ermittelte aus allen
Einreichungen, zehn Gewinner, die die Potenziale der App am besten ausgeschöpfen. Die Preisträger erhalten jeweils
300,- Euro. Alle Parcours können nachgespielt werden, dazu müssen nur nachstehende QR-Codes mit der BIPAR-
COURS-App gescannt werden. Die zehn Gewinner sind:
»Auf den Spuren des Bartmanns«
Der Parcours des Museums KERAMION behandelt die jahrhundertealte Töpfer-tradition der Stadt
Frechen und die Spuren der rheinischen Keramikgeschichte im Stadtbild. Zu einem Thema, das
zunächst wenig Bezug zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler zu haben scheint, hat das
Museum einen spannenden, humorvollen Parcours geschaffen, der Lokalgeschichte als abwechs-
lungsreiche Entdeckungsreise vermittelt.
»Borbeck Mitte«
Dieser abwechslungsreiche und sehr lebendige Parcours der Dionysiusgrundschule und des kultur-
historischen Vereins Essen Borbeck fordert die Teilnehmenden mit allen Sinnen – es wird getastet,
gelauscht, gerannt. Die Jury ist angetan davon, dass spannende und vielfältige Medien im Parcours
eingebunden sind und sämtliche Möglichkeiten der App BIPARCOURS ausgelotet werden. Der
Parcours wurde zudem sehr schülernah gestaltet.
»Das Ruhr Museum auf Zollverein«
Der Parcours durch das Ruhrmuseum Essen und das Welterbe Zollverein ist ein abwechslungsreicher
Streifzug durch die Ausstellung und beleuchtet verschiedene Epochen und Aspekte der Ruhrgebiets-
geschichte, aber auch Flora, Fauna und Kultur. Die Jury spricht bei diesem Beitrag großes Lob für die
ästhetisch ansprechende informative und komplexe Gestaltung des Parcours aus, der Schülerinnen
und Schülern viel Spaß und sie miteinander ins Gespräch bringt. Hervorzuheben ist außerdem, dass
alle Funktionen der App BIPARCOURS hervorragend genutzt wurden.
»Entscheidungen«
Dieser Parcours des Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasiums verläuft entlang der Dülmener
Stolpersteine und thematisiert die Verfolgung von Menschen jüdischen Glaubens während der
NS-Zeit. Die Jury lobt neben dem nahen Lehrplanbezug des Themas die hochklassige Nutzung der
Funktionen der App.
»LVR-Kulturhaus Landsynagoge Rödingen«
Der Parcours des LVR-Kulturhaus Landsynagoge Rödingen ist ein spannender Rundgang durch die
Synagoge und das historische Wohnhaus. Geschickt werden mithilfe der App-Funktionen Vergangen-
heit und Gegenwart übereinandergelegt. Die Jury ist beeindruckt und meint: »Der sehr professionell
gestaltete Parcours vermittelt auf unterhaltsame Weise interkulturelles Wissen.«
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06 | BILDUNGSPARTNER NRW
»Märchenrallye Stadtbibliothek Mülheim«
Die Stadtbibliothek Mülheim hat eine tolle Märchenrallye erstellt, in der Kinder ihr Märchenwissen
testen und in Gruppenarbeit sogar ein selbst geschriebenes Märchen verfilmen können. Durch die
thematische Anbindung wird der Vermittlung von Bibliothekskenntnissen Leben eingehaucht und das
Angebot kann von Lehrkräften als Fortführung des Unterrichts eingeplant werden. Dieser Parcours
macht nicht nur Spaß, sondern fördert auch die Konzentrationsfähigkeit und Kreativität.
»Sicher unterwegs in Dortmund«
Der Parcours »Sicher unterwegs in Dortmund« des Arbeitskreises Verkehrssicherheit schult auf
witzige Weise die Wahrnehmung im Straßenverkehr von Kindern und Jugendlichen. Besonders das
spannende Einsatzfeld als solches, der überraschende Einstieg in den Parcours und die Nutzung von
vielen verschiedenen Medien überzeugten die Jury.
»Stadtrundgang in Köln«
Das Projekt KölnBlicke ist ein Kooperationsprojekt der sk stiftung jugend und medien und des Geogra-
phischen Instituts der Universität zu Köln und beschäftigt sich mit den verschiedenen Kölner Vierteln.
Dieser Parcours wurde gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern erstellt, macht Spaß und ist
unterrichtsbezogen. Besonders gefällt der Jury, dass die Spielerinnen und Spieler in direkte Interaktion
mit der Umgebung treten, bei der man auch mit anderen Veedelbewohnern ins Gespräch kommt.
»Mülheim« »Neumarkt« »Ehrenfeld«
»Wuppertal Stadtbib«
Der Beitrag der Stadtbibliothek Wuppertal besticht durch seine hohe Praktikabilität: Anhand der App
wird spielerisch vermittelt, wie Bibliotheken funktionieren und wie man sich in dem Gebäude zurecht-
findet. Da dieses Beispiel ein Konzept demonstriert, das niederschwellig auf andere Institutionen
übertragbar ist, hat sich die Jury für den Parcours entschieden.
»4. Klasse«
Auf ihrer interaktiven Reise durch die Räume der Stadtbibliothek Solingen lernen Kinder alles um für
eigene Recherche und Ausleihe gerüstet zu sein. Der Parcours der Stadtbibliothek schafft es auf
freundliche, anschauliche und unterhaltsame Weise sowie mit einer guten Prise Humor, Kinder für
das Angebot der Bibliothek zu begeistern und nutzt dabei alle Funktionen der App.
Die Ausschreibung zum nächsten Wettbewerb wird im Mai 2016 veröffentlicht. Weitere Informationen
zum Wettbewerb unter: www.kooperation.konkret.nrw.de
Katharina Scherff Katharina Scherff ist Wissenschaftliche Volontärin bei Bildungspartner NRW
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MEDIENBRIEF | N° 01.2016
»Schauriges und Schönes aus dem Mittelalter«
Neue Medien für Düsseldorf zum Thema »Flucht und Migration«
07 LVR-ZMB intern
Tanzender Tod, süddeutsch, Anfang 18. Jh., Elfenbein, Museum Schnütgen/KölnFoto: © Rheinisches Bildarchiv Köln / Wolfgang F. Meier
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07 | LVR-ZMB INTERN
»Schauriges und Schönes aus dem Mittelalter«
»So! Hut und Mantel sind in der Garderobe. Wir können
losgehen.« Diese Einladung gilt seit Neuestem den Besu-
cherinnen und Besuchern im Museum Schnütgen in Köln,
die sich mit dem neu gestalteten Multimedia-Führer auf
einen Rundgang durch die Sammlung machen. Begleitet
werden sie dabei von einem launigen Pärchen: dem
kunstbegeisterten Professor Heisterbach und seinem
Freund Manzoni, selbst offenbar kein Unbeleckter in
Sachen mittelalterlicher Kunst. Gemeinsam begeistern sie
sich, bringen die Zuhörerinnen und Zuhörer hier und da
auch zum Schmunzeln. Wer sich anderthalb Stunden Zeit
nimmt, kann in Ruhe mit den beiden durch die Sammlung
schlendern, vorbei an allen Highlights: den Madonnen,
Elfenbeinschnitzereien, Reliquiengefäßen und anderen
Schätzen christlicher Kunst des Mittelalters.
Wer gezieltere Interessen hat oder lieber ohne Ton die
Ausstellung entdecken möchte, der kann sich Informatio-
nen entweder direkt, über die Inventarnummer, auf den
Bildschirm holen oder aber sich von drei Themenführungen
zu den Exponaten leiten lassen. Zu rund 170 Werken stehen
Kurztexte, zu einigen besonderen Exponaten aber auch
weitergehende Informationen und ergänzendes Bildmateri-
al, etwa zur Herstellungstechnik, zu Vergleichsobjekten
oder zum ursprünglichen Bestimmungsort, zur Verfügung,
die auf Wunsch eingeblendet werden. Neben dem Rund-
gang durch die Dauerausstellung stehen dabei zwei
Schwerpunktführungen, »Seide statt Sünde« sowie »Auf
den Spuren von Reliquien und Heiligen«, zur Auswahl.
Junge Mittelalterforscher können zusammen mit Jakob
und Luisa auf eine speziell für Kinder konzipierte Entde-
ckungsreise durch das Museum gehen. »Schauriges und
Schönes aus dem Mittelalter« gibt es dabei zu entdecken,
so verspricht der Titel. Und in der Tat: Gerade die mittelal-
Foto
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MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Audioführung
Text: Maria Riederer
Übersetzung: Joseph Swann
Sprecherinnen und Sprecher: Hans Bayer, Julia Dillmann, Heike Hagen, Bernt Hahn, Robin Merrill, Matthias Ponnier, Jonathan Schimmer, Alexander Steindorf
Kinder: Emma Brune, Pablo Vuletic
Sprachaufnahme/Audiobearbeitung/sounddesign: Heiko Walter
Regie: Linda König
Produktion: LVR-Zentrum für Medien und Bildung / Medien- zentrum für die Landeshauptstadt Düsseldorf, 2015
terliche Kunst, die sich so sehr mit dem Tod und dem
Jenseits, mit dem gekreuzigten Christus und den Märtyrern
befasst, hat viel Schauriges zu bieten.
Diese Themen Kindern und Jugendlichen angemessen
nahezubringen, stellt eine besondere Herausforderung dar.
Dafür sorgt in der Audioführung ein Begleiter, dem die
Kinder auf ihren Streifzügen durch das Museum immer
wieder begegnen und der mit schaurigem Lachen, aber viel
Verständnis für die Wissbegierde seiner jungen Besucher
Hintergrundgeschichten zu vielen Exponaten erzählt. Ohne
Angst zu machen, entpuppt sich der wissende Begleiter als
der Tod, der zu einem faszinierenden Gesprächspartner
wird. Angelehnt ist die Figur an den am Anfang der Ausstel-
lung stehenden, zu Beginn des 18. Jahrhundert von einem
Elfenbeinschnitzer geschaffenen, Tanzenden Tod. Die nur
14 cm hohe Skulptur zieht durch ihre Lebendigkeit stets die
Aufmerksamkeit der Besucherinnen und Besucher – so
auch die von Jakob und Luisa – auf sich. »Ein bißchen mehr
Respekt, wenn ich bitten darf«, stichelt der Tod mahnend,
als die Kinder über die Reliquien des Heiligen Bimbam
witzeln, erklärt aber zugleich geduldig, warum der Lieb-
lingshut vom Opa nur für sie eine Art Reliquie ist. Ganz
unbefangen können sich Kinder und Jugendliche so mit der
Vorstellung von Tod und Jenseits, aber auch mit den
Traditionen des Christentums auseinandersetzen.
Die neu konzipierten Führungen ersetzen die alten Audio-
führer und fügen ihnen eine visuelle Komponente hinzu.
Wer schon einmal hinein schnuppern möchte, für den
stehen die Themenführungen mit Manzoni, Heisterbach,
Jakob und Luisa auf den Internetseiten des Museums
(www.museum-schnuetgen.de) bereit. Für Individualbesu-
cher ebenso wie für Familien ist damit ein neues Angebot
geschaffen, sich die Ausstellung selbständig zu erschlie-
ßen. Wer mit der Klasse in das Museum kommt, der kann
aber natürlich weiterhin auf das vielfältige Programm der
Museumsschule (www.museenkoeln.de/museumsdienst-
koeln) zurückgreifen.
Christina Clever-Kümper
Christina Clever-Kümper ist Wissenschaftliche Volontärin im Museum
Schnütgen
Neuer Multimediaguide, Foto: © Museum Schnütgen, Köln
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07 | LVR-ZMB INTERN
Medien für Düsseldorf zum Thema »Flucht und Migration«
Flüchtlinge in Deutschland.
Online-Medienpaket, D 2015, ca. 46 min, Signatur: 55 63484
Immer mehr Menschen verlassen ihre Heimat und kommen als Flüchtlinge nach
Deutschland. Wie reagiert der Staat und die Menschen in diesem Land? Sechs
Kurzfilme dokumentieren die ganze Bandbreite des Themas.
Zusatzmaterial: Dossier (23 S.); Didaktischer Kommentar; Vorschläge zur
Unterrichtsplanung; 8 Arbeitsblätter.
Allgemeinbildende Schule (Klassenstufe 9-13); Erwachsenenbildung
Ich bin jetzt hier!
Online-Medienpaket, 70 min, Signatur: 55 63713
Die Dokumentarfilme für Kinder zum Thema Flucht und Migration zeigen vier
reale Schicksale, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Gemeinsam ist den
Filmen allerdings, dass sie sich voll und ganz auf die Perspektive der Protagonis-
ten einlassen und von ihrer Sicht der Dinge berichten. Für die Bildungsarbeit
sind diese Filme daher besonders geeignet, denn sie ermöglichen anderen
Kindern einen unmittelbaren Zugang zu dem, was es bedeutet, Flüchtling in
einem fremden Land zu sein.
Filme für Kinder ab 8 Jahren:
Eleni – Fußball ist meine Sprache, D 2014, 15 Min.
Feifei – Das Versteckspiel, NL 2013, deutsche Fassung, 17 Min.
Filme für Kinder ab 10 Jahren:
Iman – Leben nach der Flucht, D 2015, 25 Min.
Sharaf (Animierter Dokumentarfilm), S/DK/N 2012, OF mit deutschen Untertiteln,
13 Min.
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MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Mit Filmen »Ausgezeichnet!« lernen
08 EDMOND NRW
Foto: © LVR-ZMB, Dominik Schmitz
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08 | EDMOND NRW
Mit Filmen »Ausgezeichnet!« lernenFILM+SCHULE NRW nimmt vier weitere Spielfilme in das Label »Ausgezeichnet!« auf. Lehrkräfte aus NRW können die
Filme »Who am I – Kein System ist sicher«, »Pride«, »Ernest & Célestine« und »Die Piroge« über EDMOND NRW
kostenlos streamen oder herunterladen und im Unterricht einsetzen.
Who am I – Kein System ist sicher
Deutschland 2014, Regie: Baran bo Odar, Signatur: 55 63173
Benjamin ist ein Außenseiter. Seine Freizeit verbringt der junge Computercrack
im Internet und versucht sich als Hacker. Als er den charismatischen Hacker
Max kennenlernt, gründen die beiden mit zwei weiteren Computernerds das
Hacker-Kollektiv CLAY (Clowns Laughing @ You). Um in die oberste Liga der
Szene aufzusteigen, knackt die Gruppe schließlich die Server des BND und gerät
so nicht nur ins Fahndungsraster von Europol, sondern bringt auch eine andere
Hackergruppe gegen sich auf, die für ihre kriminellen Machenschaften über
Leichen geht.
FSK 12, empfohlen ab 13 Jahren
Pride
Großbritannien 2014, Regie: Matthew Warchus, Signatur: 55 63177
Minderheiten haben in der britischen Gesellschaft der Thatcher-Ära einen
schweren Stand. Politisch diskriminiert und von der Polizei drangsaliert erkennt
Schwulenaktivist Mark, dass es den streikenden Minenarbeitern ähnlich ergeht
wie der Schwulen- und Lesbenbewegung. Mit anderen Aktivisten sammelt er
Gelder zur Unterstützung des Arbeiterstreiks und fährt nach Wales, um die
Spenden persönlich zu überbringen. Zwischen den Aktivisten und Minenarbeitern
entwickelt sich eine außergewöhnliche Freundschaft.
FSK 6, empfohlen ab 14 Jahren
Foto: © LVR-ZMB, Dominik Schmitz
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MEDIENBRIEF | N° 01.2016
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Ernest & Célestine
(Frankreich/Belgien/Luxemburg 2012, Regie: Benjamin Renner, Vincent Patar,
Stéphane Aubier), Signatur: 55 61488
Mäuse und Bären können keine Freunde sein! Bären sind gefährlich! Das
bekommen alle Mäusekinder schon von klein auf eingetrichtert. Doch die junge
Waise Célestine glaubt nicht an die Schauergeschichten. Als sie den Bären
Ernest trifft, beginnt eine Freundschaft, die alle Grenzen überwinden kann.
FSK 0, empfohlen ab 6 Jahren
Die Piroge
(Senegal/Frankreich/Deutschland 2012, Regie: Moussa Touré), Signatur: 55 61765
Mit dem Boot der Hoffnung ins Paradies Europa: Der Fischer Baye Laye lässt
sich von Schleppern überreden, mit einer Piroge die Überfahrt zu den Kanari-
schen Inseln zu wagen. Auf halber Strecke begegnen sie einem hilflos treibenden
Flüchtlingsschiff. Streit kommt auf, ob man den Fremden helfen soll, doch auf
Geheiß des Schleppers werden die Verunglückten ihrem Schicksal überlassen.
Als plötzlich der Motor ausfällt und in der Nacht ein heftiges Unwetter aufzieht,
treibt die Piroge richtungslos und die Reise der Hoffnung wird zu einem verzwei-
felten Kampf ums Überleben.
FSK 12, empfohlen ab 14 Jahren
Weitere Informationen und Hinweise auf Materialien zu allen Filmen gibt es auf
der Internetseite von FILM+SCHULE NRW unter www.filmundschule.nrw.de in
der Rubrik »Unterrichtsmaterial« unter »Filmempfehlungen«.
Ann-Kristin vom Ort
Ann Kristin vom Ort ist wissenschaftliche Volontärin bei FILM+SCHULE NRW
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08 | BUCHBESPRECHUNG
Neues Land.
Hans Berben: Fotografien 1946 bis 1951
09 Lernort Kultur
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Neues Land. Hans Berben: Fotografien 1946 bis 1951
Aus einer zufälligen Entdeckung
resultiert dieses gemeinsame
Ausstellungsprojekt zu den Fotogra-
fien des Düsseldorfer Journalisten
Hans Berben (1914–1979). Sein Name
ist weder unter Historikern, noch in
der breiten Öffentlichkeit ein Begriff.
Es gibt kein Reportagen-Band, kein
Fotobuch. Es bedurfte eines Zufalls,
dass wir heute seine Bilder in einer
Ausstellung zeigen können. In der
Schlussrecherche für die neue
Dauerausstellung der Mahn- und
Gedenkstätte Düsseldorf suchten wir
noch Aufnahmen der frühen Nach-
kriegszeit in Düsseldorf…
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Ohne Ort, Datum und Beschreibung
Stellen Sie sich vor, Sie finden ein altes
Fotoalbum. Die Bilder sind schwarz/
weiß, aufgeklebt, aber nicht beschrif-
tet. Der Name des Fotografen steht
vorne im Album. Aber er sagt Ihnen
nichts. Sie werden neugierig, denn die
Bilder sind beeindruckend. So ähnlich
müssen Sie sich die Situation vorstel-
len, die sich 2010 dem Team der
Fotoabteilung des LVR-Zentrums für
Medien und Bildung (ZMB) darbot. Nur
waren es keine eingeklebten Abzüge,
sondern Negativstreifen. Doch wenn
Fotos nicht nur als reine Illustration
betrachtet werden sollen, benötigen
sie einen Kontext. Wer hat sie ge-
macht? Und warum? Wer oder was ist
abgebildet und wann genau wurde das
Foto gemacht? Ohne diese Kontextin-
formationen bleiben alle Fotos stumm.
Die Negativstreifen aus dem Nachlass
von Hans Berben wurden im Oktober
2010 dem Fotoarchiv des ZMB angebo-
ten. Im November 2010 erfolgte der
Ankauf des Konvoluts. Als die Negativ-
streifen in der Fotoabteilung bearbei-
tet wurden, suchten Renate Rütten
und ihr Team nach Hinweisen in den
Bildern. Nach bekannten Personen,
nach Orts- oder Straßennamen. Nach
Datierungshilfen. Doch diese Arbeit
war sehr schwierig. Mit dem Bildkon-
volut waren nur sehr wenige Informa-
tionen zum Fotografen übergegeben
worden: Hans Berben war Journalist
und schrieb für die Zeitung »Rhein-
Echo«. Er hatte persönliche Kontakte © LVR-Zentrum für Medien und Bildung
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08 | LERNORT KULTUR
zur Düsseldorfer Künstlerszene. Er
starb alleinstehend 1979 in Düssel-
dorf. Es gibt keine Briefe, kein
Tagebuch, keine familiären Zeitzeu-
gen, die über ihn und seine Arbeit
berichten konnten. Nichts. So musste
das Bildverzeichnis bei vielen Bildern
im Nebulösen bleiben: Gruppenfoto
von Männern…Und so lagen über
11.000 Fotos nummeriert und als
geschlossenes Konvolut verzeichnet in
mehreren Din A4-Ordnern fünf Jahre
im Fotoarchiv des ZMB - bis zu dem
Tag, als Peter Henkel für die Mahn-
und Gedenkstätte nach einigen letzten
Fotos vom Alltagsleben der frühen
Nachkriegszeit in Düsseldorf suchte...
Die Puzzleteile fügen sich zusammen
Das Historikerteam der Mahn- und
Gedenkstätte konnte durch die
Sammlungsbestände, Berichte von
überlebenden Zeitzeugen und anderen
Quellen viele von Hans Berben
fotografierten Ereignisse und Perso-
nen entschlüsseln. Ein gemeinsames
Projekt »Berben« wurde beschlossen.
Für diese erste Werkschau digitali-
sierte das Team der Fotoabteilung des
ZMB sämtliche Negative. Das Team
der Mahn- und Gedenkstätte sichtete
daraufhin noch einmal das gesamte
Konvolut und ergänzte das Findmate-
rial um viele inhaltliche Beschreibun-
gen und Kontextinformationen. Jetzt
erschließt sich dieser interessante
und umfangreiche Fotonachlass einer
breiten Öffentlichkeit.
Was fotografierte Berben?
1946 - Die Städte sind gezeichnet von
den Narben des Krieges, ihre Bewohner
von den körperlichen und mentalen
Folgen, von Wohnungsnot und Hunger.
Im Alltag treffen Flüchtlinge, Displaced
Persons und frühere NS-Funktions-
träger aufeinander. In Düsseldorf
bündeln die Briten ihre Anstrengungen
für den demokratischen Neuaufbau
des zukünftigen Landes Nordrhein-
Westfalen. Düsseldorf wird 1946
Landeshauptstadt.
Der Journalist Hans Berben ist
Chronist dieser Jahre. Die Ausstellung
»Neues Land. Hans Berben. Fotografien
1946 bis 1951« zeigt den bis dato
unveröffentlichten Nachlass dieses
fotografierenden Journalisten. Hans
Berben hatte bereits in seiner Zeit als
junger Soldat fotografiert. Die meisten
seiner überlieferten Fotos sind aber
nach seiner Rückkehr nach Düsseldorf
im Jahr 1945 und seiner Einstellung als
Journalist und Redakteur des »Rhein-
Echos« entstanden. Berben schreibt
nicht nur für seinen Arbeitgeber,
sondern er hält die alltäglichen,
© LVR-Zentrum für Medien und Bildung
9 | LERNORT KULTUR
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MEDIENBRIEF | N° 01.2015
gesellschaftlichen und politischen
Realitäten und Entwicklungen der
frühen Nachkriegszeit mit dem
Fotoapparat fest. So dokumentierte er
den politischen Neubeginn in Ereignis-
sen und Akteuren, er begleitete den
Landtag durch seine ersten drei
Tagungsorte, porträtierte viele der
Abgeordneten und zeigte die großen
Linien der politischen Diskussionen
nach. Er begleitete auch die Menschen:
auf der Straße, in Kneipen, beim
Kabarett und anderen Kulturveran-
staltungen. Beim Besuch der Kirmes
und im Zirkus, beim Sport. Er fotogra-
fierte Kinder beim Empfang des ersten
Care-Pakets, bei der Weihnachtsfeier
oder vor der Fahrt in die Kindererho-
lung. Er war mit seiner Kamera hinter
der Bühne des Kom(m)ödchens bei
Kay und Lore Lorentz, zuhause bei
Johanna (»Mutter«) Ey oder beim
Fußballtraining mit Sepp Herberger.
Als Redakteur der Zeitung »Rhein-
Echo« schrieb er regelmäßig in den
Rubriken »Im Spiegel der Düssel«
oder »Düsseldorfer Mostert« über den
Alltag der Menschen. Dabei hatte er
durch berufliche und freundschaftli-
che Kontakte auch Einblicke in den
MEDIENBRIEF | N° 01.2016
Alltag jener, die in der NS-Zeit aus
politischen oder rassistischen Gründen
verfolgt wurden. In seinem fotografi-
schen Nachlass finden sich seltene
Einblicke in den Neuanfang der
Jüdischen Gemeinde Düsseldorf und
dem Landesverband der jüdischen
Gemeinden. So war Berben 1947 mit
Philipp Auerbach bei der Einweihung
des Jüdischen Mahnmals im ehemali-
gen Konzentrationslager Bergen-
Belsen. Mit dem Herausgeber der
Gemeindezeitung Karl Marx besuchte
Berben ein Displaced Persons-Camp in
Bocholt. Auch bei Veranstaltungen der
Vereinigung der Verfolgten des Nazire-
gimes (VVN) und der Sozialdemokraten
war Berben mit seiner Kamera dabei.
Er war einer der wenigen Fotografen,
die die zwangsweise Unterbringung von
über 4.000 ehemaligen Passagieren des
Flüchtlingsschiffes »Exodus« in den
Lagern »Pöppendorf« und »Am Stau« in
der Nähe von Lübeck dokumentierten.
Das Schiff war am 18. Juli 1947 etwa 20
km vor Palästina von den Briten als
illegales Einwanderungsschiff
aufgebracht und nach Europa zurück
geschickt worden. Am 9. September
1947 waren dann im Rahmen der
britischen Operation »Oasis« die
Flüchtlinge in vergitterten Waggons und
von britischem Militär bewacht in die
beiden DP-Camps überführt worden.
Die sogenannte Exodus-Affäre war ein
wichtiges Ereignis im Kontext der
Gründung des Staates Israel.
Hildegard Jakobs
Hildegard Jakobs ist stellvertretende Leiterin der
Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf
Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf
Mühlenstraße 6, 40213 Düsseldorf
Öffnungszeiten: Di-Fr u. So 11-17 Uhr, Sa 13-17 Uhr,
Mo geschlossen
Ausstellungsdauer: 23. Mai bis 30. Oktober 2016
Der Eintritt ist frei© LVR-Zentrum für Medien und Bildung
© LVR-Zentrum für Medien und Bildung
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Die Autoren
Marlies Baak-Witjes
Martha Becker
Markus Bergrath
Teresa Bönsch
Christina Clever-Kümper
Dipl.-Psych. Stefan Drewes
Miguel Duarte
Tobias Düttmann
Sepiedeh Fazlali
Andrea Heinzen
Kevin Henning
Claudia Hopstein
Hildegard Jakobs
Michael Jakobs
Amina Johannsen
Klaus-Dieter Kleefeld
Maxim Krohmer
Linda Kühl
Tobias Raidelet
Till Ruet
Katharina Scherff
Dr. Angela Schöppner-Höper
Ann-Kristin vom Ort
Georg Weber
Julian Weber
Sabine Weyer
Dr. Dorothea Wiktorin
Foto: Helene Claußen, LVR-ZMB
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Foto: Jan Hüsing, www.janhuesing.com
LVR-Zentrum für Medien und Bildung
Medienzentrum für die Landeshauptstadt Düsseldorf
Bertha-von-Suttner-Platz 1, 40227 Düsseldorf
www.medien-und-bildung.lvr.de
ISSN 1615-7257