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Diplomica Verlag Community, Conventions, Wettbewerbe und Internetplattformen Die Manga- und Animeszene stellt sich vor Band I Eva Mertens Mehr als ‚nur‘ die Fans

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Diplomica Verlag

Community, Conventions,Wettbewerbeund Internetplattformen

Die Manga- und Animeszenestellt sich vor

Band I

Eva Mertens

Mehr als ‚nur‘

die Fans

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Mertens, Eva: Mehr als 'nur' die Fans: Community, Conventions, Wettbewerbe und Internetplattformen + Mehr als 'nur' Manga und Anime: Geschichte, Verlage, Künstler und Fernsehsender (Bundle: 2 Bände). Die Manga- und Animeszene stellt sich vor - Band I + II, Hamburg, Diplomica Verlag GmbH 2013 ISBN: 978-3-8428-8201-0 Druck: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2013 Covermotiv: Privatbestand Dr. Marcus Tieschky

Künstler: Utagawa Kunisada/Toyokuni III (1786–1865), Einzelblatt aus der Serie , Datierung: Zw lfter Monat 1860 Motiv: Der Kabuki-Schauspieler Ichimura Uzaemon XIII als "Miyanohara Kotarou", der in jugendlichem bermut zum Testen der Sch rfe seines Katana (= japanisches Samurai-Schwert) eine Taiko-Trommel mit einem Hieb mittendurch geschlagen hat.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Die digitale Ausgabe (eBook-Ausgabe) dieses Titels trägt die ISBN 978-3-8428-3201-5 und kann über den Handel oder den Verlag bezogen werden. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtes.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und der Diplomica Verlag, die Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.

© Diplomica Verlag GmbH http://www.diplomica-verlag.de, Hamburg 2013Printed in Germany

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Vorwort Ein Vorwort ist ein feines Ding, denn es ist für den Autor eines wissenschaftlichen, oder auch populärwissenschaftlichen Werkes, die einzige Möglichkeit so zu schreiben, und das zu schreiben, was er möchte. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschlossen die Entstehungsgeschichte meines Projektes und damit auch dieses Buches in Form eines Vorwortes zu schreiben. Es gibt nämlich Aspekte darin, die durchaus humoristische Züge aufweisen, die meiner Auffassung nach auch einer entsprechenden Aufarbeitung bedürfen. Die häufigste Frage, die mir gestellt wurde war: Wie kommst du bzw. wie kommen Sie ausgerechnet zu diesem Thema? Die Frage ist nicht unberechtigt, weil ich weder Manga- noch Animefan bin. Ich war noch nie der typische Comicleser und habe schon immer das Buch den Bildergeschichten vorgezogen. Zeichentrickfilme habe ich gerne gesehen, kann aber auch gut darauf verzichten. Also warum? Ich antworte auf diese Frage in aller Regel damit, dass es zwei Personen gibt, die daran die Hauptschuld tragen. Da wäre zum einen eine meiner zwei Töchter, die seit sie 1998/99 auf RTL II das erste Mal ein blondes Teenagermädchen Namens Bunny gesehen hat, ein Fan ist. Dieses doppelzöpfige, tollpatschige und jedem hübschen Jungen nachsehende Mädchen faszinierte meine Tochter ungemein. Bunny lief über den Bildschirm, nur um sich dann mit Hilfe eines magischen Stabes für eine kurze Rettungsmission in Sailor Moon die Heldin zu verwandeln. Damals noch fünf- oder sechsjährig, war ihr die japanische Herkunft unwichtig, was sich aber im Laufe der folgenden zwei Jahre änderte. Sie können sich nicht vorstellen, was ich alles unternommen habe um ihre Begeisterung auf andere Dinge zu lenken, die ich für erstrebenswerter hielt. Nichts half! Meine Tochter, gesegnet mit dem Urvertrauen, dass ihre Mutter sich für alles genauso interessiert, wie sie selbst, zwang mich eine Folge nach der anderen diese und viele andere Serien zu sehen. So lernte ich zwangsläufig auch noch Pokémon, Digimon, Inu Yasha, Dragon-Ball Z etc. kennen. Ich habe sie gebeten, gebettelt, bin auch auf den Knien vor ihr gerutscht, mich doch aus dieser Pflicht zu entlassen - aber nichts half. Sie bestand zu meinem Leidwesen sehr oft auf meine körperliche Anwesenheit. Aber nicht nur das, sie verlangte sogar noch meine geistige dazu, denn zwischendurch wollte sie intelligente Kommentare zu einzelnen Handlungen haben, und wenn ich dann nichts zu sagen wusste, guckte sie mich mit ihren enttäuschten Augen an und sagte einfach nur „Mama“ und der Tonfall war eine einzige Anklage. Wissen Sie eigentlich, wie das ist, wenn man das zwanzigste oder dreißigste Sailor-Moon-Bild hingelegt bekommt, wobei dies gefühlt über die Wochen bereits das hunderttausendste ist, und erwartet wird, dass sie dies genauso ernsthaft kommentieren wie das erste, was sie jemals gesehen haben? Oder ihnen wird, weil sie zu großen Unwillen zeigen, als Variation ein Pokémon vorgelegt und wenn dies immer noch nicht hilft wahlweise ein anderes der 150 (erste Staffel) möglichen – vielleicht Pummeluff, Picachu, ein Bisasam oder ein Enton. Sind sie aber besonders unlustig, dann wird tief in die Trickkiste gegriffen und es wird mit einer eigenen Kreation aufgewartet. Da ist eine Mutter dann vollkommen machtlos. Wie kann sie denn ihr Kind wegschicken, wenn es gerade seine Kreativität unter Beweis gestellt hat?! Glauben Sie mir, ich habe meine Tochter in meiner Verzweiflung sogar ganz unpädagogisch angeschrien, sie möge mich doch bitte endlich mit dem Zeug in Ruhe lassen. Anstatt sich zerknirscht und vielleicht auch ein wenig eingeschüchtert zu entfernen, stand meine Tochter in solchen Momenten nur da, wartete ab bis die Welle über sie hinweg gespült war und sagte: „Ach Mama, ich weiß ja, aber….“ Und dann fing einfach alles von vorne an. Ich hatte keine Chance und musste zwangsläufig sehr viel mehr lernen als ich wollte. Ich hatte mit Pummeluff sogar ein Lieblingspokémon und amüsierte mich, wenn Kagome, die weibliche Hauptrolle aus der Manga- und Animeserie „Inu Yasha“, mit dem scharfen Befehl „Platz Inu Yasha“ den Halbdämon zu Boden zwingt

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(Inu Yasha trägt ein Halsband, das ihn dazu zwingt). Welche Frau würde dies nicht gerne hin und wieder mit ihrem Freund, Partner oder Ehemann tun? Aber dies allein hätte mich nicht zu dem Projekt und damit auch nicht zu diesem Buch geführt. Ich hätte diese Zeit einfach hinter mich gelassen, da meine Tochter mit dem Älterwerden mich auch nicht mehr so in Anspruch nahm und nicht mehr ganz so viel von mir forderte. Mit dem Beginn meines späten Studiums an der Universität zu Köln trat dann jedoch die zweite entscheidende Person in mein Leben und zwar in Gestalt einer jungen Dozentin, die für ihr Fach und das Lehren brannte. Innerhalb eines Seminars zur Jugendsprache „zwang“ sie uns in Kleingruppen zu Dritt ein Projekt durchzuführen. Sie ließ uns dabei die freie Themenwahl, solange es sich nur in irgendeiner Form in den Kontext Jugendsprache oder Jugendszeneforschung einbetten ließ. Ich habe sie anfangs dafür gehasst, denn ich war der Meinung, dass ich mit Kindern, Pendeln und dem Studium schon genug zu tun hatte, als dass man mich zu so einer „Eierkopfbeschäftigung“ zwingen musste. Aber es war kein Herumkommen. Nun musste ich mir überlegen, wie ich das bestmöglichst über die Bühne bringe, ohne dabei einen zu großen Aufwand zu betreiben. Und da fielen mir meine Tochter und ihre Freunde ein. Das erste Mini-Forschungsprojekt war geboren und ich musste noch nicht einmal dafür nach Köln fahren. Ich übernahm freiwillig den praktischen Part unseres Projektes, was meine Kommilitoninnen nicht gerade traurig stimmte und diesmal war ich es, die meine Tochter zur Mithilfe zwang. Sie war froh, dass ich ihrem Hobby ernsthaftes Interesse entgegenbrachte und ich, weil ich an der Quelle saß. So entwickelten wir ein Verortungsschaubild der Freaks – so bezeichnete sich die Gruppe um meine Tochter zu diesem Zeitpunkt. Es war eine Form von ironischer Selbstreflektion auf die Reaktion ihrer Umwelt – in den Peergroupraum der Stadt Neuss. Außerdem sahen wir uns noch Jugend- und Fachsprache typische Ausdrücke an. Ich gebe zu, es war interessant, aber auch zu diesem Zeitpunkt wäre noch kein Projekt oder Buch entstanden. Der Umbruch kam erst bei der Präsentation im Seminar. Eine der Beschreibungen stieß im Seminar auf Kritik und plötzlich brach dort die Hölle los. Die vorgestellte Gruppe der Emos (Emotionals) unterschied sich offensichtlich sehr stark in Bezug auf Charaktereigenschaften und Auftreten je nachdem, ob man sie in Köln oder in Neuss betrachtete. Waren sie in Köln eher eine Modeerscheinung mit klar erkennbaren phänotypischem Erscheinungsbild und traten dort in Massen auf, so waren sie in Neuss, nach Angabe meiner Bezugsgruppe, als Einzelgänger und nur bedingt an ihrem äußeren Erscheinungsbild erkennbar. Während also um mich herum das verbale Chaos wütete, und die meisten anderen vielleicht unsicher oder irritiert gewesen wären, war ich fasziniert und genoss jede Sekunde des Geschehens. Ich erkannte, dass mich dieses Phänomen und die Diskussion darüber viel mehr reizte, als die ganze Jugendsprache, Germanistik oder andere Dinge zusammen. Ich hatte das erste Mal den Soziologen in mir kennengelernt. Dies war die Geburtsstunde nicht nur der Forscherin, sondern auch des Projektes. Obwohl es noch etwa ein Jahr dauern sollte, bis der Grundstein mit dem Fragebogen gesetzt wurde, wurde hier der Samen gepflanzt, der in mir wuchs und der mich nicht wieder losließ. So entstand das Projekt und ich wurde zur Forscherin, was ich bis zu diesem Zeitpunkt nie für möglich gehalten hätte. Ein kurzes Wort zum Buch: Das Buch soll in erster Linie informativ sein, Freude und Spaß beim Lesen verschaffen und zu einem Mehr anregen. Vieles in diesem Buch wird nur angerissen oder zitiert. Das Buch sieht es nicht als seine Aufgabe an, dem Leser den Inhalt mundgerecht zu servieren und jeden Gedanken vorwegzunehmen. Vielmehr ist es Ziel, dass der Leser, also Sie, sich selbst so seine Gedanken macht. Sie müssen sich demnach auch auf keinen Fall der Autorenmeinung und

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den daraus resultierenden Schlussfolgerungen anschließen. Das einzige, was unumstößlich ist, sind die erhobenen Daten und Fakten. Der Rest ist Interpretationssache und jeder weiß aus der Schule, dass dies durchaus unterschiedlich gesehen werden kann. Aufgrund der Konzeption des Buches ist es auch nicht zwingend notwendig von vorne nach hinten durchzulesen. Jedes Kapitel kann für sich allein konsumiert werden. Ja, teilweise können auch die Unterkapitel für sich selbst stehen und bestehen. Der Leser kann sich also wahlweise frei durch das Buch bewegen. Jetzt wünsche ich allen Lesern viel Spaß und viele Anregungen beim Lesen. Die Autorin

Widmung

Dieses Buch widme ich meiner geliebten Schwester Dorothea,

die kurz nach Beginn des Projektes plötzlich gestorben ist.

Obwohl Sie nicht da war, hat sie mich die ganze Zeit über begleitet

In Liebe Eva

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Danksagung - an das Leben, dass es mir die Chance für so etwas Tolles, Interessantes und Faszinierendes geboten hat. - an alle Fans, die bei meiner Fragebogenaktion mitgemacht, die mir Mails mit Kritik geschrieben und die sich ins Forum eingebracht haben. Euch allen Danke ich in erster Linie, denn ohne euch wäre dieses Projekt unsinnig und auch nicht durchführbar gewesen; - an meine ältere Tochter Vanessa, die mir jederzeit hilfsbereit zur Seite steht und das Projektmaskottchen entworfen hat; - an meine jüngere Tochter Morgana, die ebenfalls keine Chance hat mir zu entkommen; - an meinem Ehemann Wolfgang Mertens, der nicht nur den Fragebogen digitalisiert hat, sondern sich auch permanent meine Ergüsse anhören muss; - an meine Schwester Dorothea Khulusi, die mir anfangs bei der ganzen Pressenarbeit geholfen hat und leider inzwischen verstorben ist; - an meine Mutter, Gisela Baumhaus, die immer meine erste Korrekturstufe war, ihren Job sehr ernst genommen hat und deren Korrekturen sehr oft kleinere und größere logische und sprachliche Mängel beseitigten. - an meinen lieben Freund Pehu, der meine Homepage erstellt hat und sie, sowie auch das Forum gepflegt hat und bei technischen Fragen immer da war und ist; - Frau Dr. Kerstin Schindler von der Universität zu Köln, die die Initialzündung für dieses Forschungsprojekt gegeben hat; - Herrn Prof. Dr. Matthias Junge , Lehrstuhl für Soziologische Theorien und Theorie-geschichte an der Universität Rostock sowie seiner Assistentin Yvonne Niekrenz, M.A.; - an Pummel von Pummeldex, der meine Fragen in unglaublicher Weise, genau auf den Punkt gebracht und sehr ausführlich beantwortet hat, auf dessen Seite das Projekt seinen offiziellen Start hatte und der mich auch weiterhin unterstützt. - an Animexx für die Verlinkung meines Fragebogens, was ihm noch einmal einen guten Schub gab. - an Dr. Marcus Tieschky, der mir mit Rat und Tat zur Seite steht und meine dauernden Fragen stets beantwortet und mir in einem fünfstündigen Interview unglaublich viele wertvolle Informationen für mein Buch gegeben hat. - an Nanuq oder auch Björn Mohns, Gründungsmitglied Animexx, für persönliche und Mail-Gespräche. - an Hans Christian Blech oder auch HCB, der mir auf meine Fragen tolle und sehr umfangreiche Informationen gegeben hat. - an Peter Müller von der DCM, der nicht nur in meinem Forum viele sehr gute Beiträge schrieb, sondern der auch außerhalb des Forums immer für meine Fragen offen war. Herzlichen Dank für die lange und stetige Hilfe - an Frauke Reichhart, die nicht nur bereit war meine Ergüsse vorab zu lesen, zu kommentieren und auch zu korrigieren, sondern die auch fast von Anbeginn sehr fleißig in meinem Forum mitgewirkt hat. - an Sabine Eckardt, die ebenfalls zu meinen Korrekturlesern gehört und es immer sehr genau mit dieser Tätigkeit nahm, was mir ausgesprochen weitergeholfen hat. Sie war außerdem gerade in der Angangszeit meines Forums sehr aktiv - an Nicole Kegler, die mir in Sachen Cosplay sehr viel geholfen hat und von der die Erläuterungen zur Anfertigung eines Cosplays stammen. Danke für die lange und intensive Teilnahme am Forum.

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung ................................................................................................................................ 13

Kapitel 1 Abgrenzungen, Erläuterungen und Definitionen ............................................... 15

Manga ................................................................................................................................... 15

Anime .................................................................................................................................... 16

Szene / Community ............................................................................................................... 16

Fan / Otaku ............................................................................................................................ 17

Jugend ................................................................................................................................... 19

Kapitel 2 Die Community ...................................................................................................... 23

Allgemeines .......................................................................................................................... 23

Fan-Generationen ................................................................................................................. 24

Die Altfans oder Ghosts .................................................................................................... 28

Jungfans ............................................................................................................................. 32

Ab -1997er-Fans oder Mainstream-Fans .......................................................................... 32

Der „typische“ Manga- und Anime-Fan ............................................................................... 36

Geschlecht ......................................................................................................................... 36

Altersstruktur ..................................................................................................................... 37

Bildung .............................................................................................................................. 38

Verortung – Wo wohnen die Fans? ................................................................................... 41

Kreativität .......................................................................................................................... 52

Faszination Manga/Anime ................................................................................................ 53

Warum Manga/Anime? ..................................................................................................... 54

Entwicklung im Fansein .................................................................................................... 56

Kapitel 3 Conventions ............................................................................................................ 61

Conventions von Fans für Fans ............................................................................................ 62

AniMa Haro, Rostock ....................................................................................................... 62

NipponCon, Bremen ......................................................................................................... 64

DoKomi, Düsseldorf ......................................................................................................... 68

Animuc, München ............................................................................................................. 80

MMC (Mega Manga Convention), Berlin ........................................................................ 81

Connichi, Kassel ............................................................................................................... 89

Gewerbliche Conventions und Messen ................................................................................. 95

Die Buchmessen ................................................................................................................ 96

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AnimagiC, Bonn ............................................................................................................. 124

Grenzüberschreitungen: Kategorien, Überlegungen, Zwänge und Entwicklungen ........... 127

Kategorien....................................................................................................................... 128

Grenzüberschreitungen, Gründe und Folgen .................................................................. 130

Convention-Eindrücke und Kosten .................................................................................... 135

Stimmen aus der Szene ................................................................................................... 135

Die Convention von morgen ........................................................................................... 138

Kosten ............................................................................................................................. 140

Kapitel 4 Cosplay, die DCM und der WCS ....................................................................... 145

Cosplay ............................................................................................................................... 146

Fragen an Nicole: Cosplayer .......................................................................................... 147

Cosplay-Anleitung: Am Beispiel von Hanbei Takenata ................................................ 149

Die Wettbewerbe ................................................................................................................ 157

Die DCM ........................................................................................................................ 157

Der WCS ......................................................................................................................... 168

DCM versus WCS .......................................................................................................... 169

Kapitel 5 Die Internetplattformen ...................................................................................... 171

Animexx ............................................................................................................................. 172

Der Animexx in Zahlen .................................................................................................. 174

Die Historie ..................................................................................................................... 175

PummelDex ........................................................................................................................ 178

Der Gründer und seine Antworten .................................................................................. 178

Das Team ........................................................................................................................ 181

Animexx versus PummelDex ............................................................................................. 189

Anime no Tomodachi e.V. ................................................................................................ 193

Kapitel 6 Fazit: Wandel, Entwicklungen und Schlussfolgerungen ................................. 195

Kapitel 7 Anhang: ................................................................................................................ 201

Basisdaten? Woher? ........................................................................................................... 202

Der Fragebogen .............................................................................................................. 202

Das Forum ...................................................................................................................... 205

Mangaka-Fragen ............................................................................................................. 210

Cons und deren Geschichte (Moderation und Verantwortliche: KaiThelittleVampire) .... 212

Vereinssatzung der MMC Berlin ....................................................................................... 217

DCM-Teilnehmer-Regelwerk (2011) ................................................................................. 219

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Einleitung

Rund um die zwei Medien Manga (japanische Bildergeschichten) und Anime (japanische Zeichenstrickfilme) entstand Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts eine Szene – die Manga- und Animeszene. Das vorliegende Buch ist der erste Band eines doppelbändigen Werkes, das diese Szene vorstellen möchte. Dieser hat die Community (Fangemeinde) und deren Treffpunkte zum Gegenstand, – wie die Conventions (Szene-Messen und Buchmessen), die Wettbewerbe wie die Deutsche Cosplay1 Meisterschaft (DCM) und der World Cosplay Summit (WCS) sowie die Internetplattformen, – während der zweite Band die Medien Manga und Anime selbst thematisiert und zwar in Form ihrer Geschichte, die die Manga veröffentlichenden Verlage, deren deutsche Autoren sowie den Fernsehsender RTL II, der bei der Entstehung der Szene eine Schlüsselrolle einnahm. Beide Bände zusammen behandeln also mehr als ‚nur‘ die Fans und mehr als ‚nur‘ den Manga und Anime. Vielmehr werfen die Bücher einen Blick hinter die Kulissen der einzelnen Elemente, lässt sie zu Wort kommen, geben ihnen eine Stimme. Sie erklären die Rahmenbedingungen, versuchen ihre Sachzwänge und Funktionsprozesse darzustellen. In Form von Forumsbeiträgen oder Interviews melden sich die Fans zu Wort und stellen ihre eigene Sicht dar. Auf diese Art und Weise werden die unterschiedlichen Perspektiven und das daraus entstehende Konfliktpotenzial erkennbar. Missverständnisse, fehlgeleitete Kommunikation und Konflikte werden deutlich und können auf ihre Ursachen zurückgeführt werden. Um jedem einzelnen Peripherieelement gerecht zu werden, wurde von einem einheitlichen Aufbau der Kapitel Abstand genommen. Jedes Kapitel wurde so gestaltet, dass auf seine spezifischen Einbettung und Problematiken eingegangen werden konnte. Dies gilt auch für die darunter eingeordneten Basiselemente, seien es nun Unternehmen, Veranstaltungen oder Gruppierungen. Dieses Individualisierungskonzept hat zur Folge, dass jedes einzelne Kapitel auch für sich stehen und gelesen werden kann. Die für die Darstellungen notwendigen Daten kamen zum großen Teil aus einem digitalen Fragebogen (ca. 2.500 Datensätze), einem das Projekt begleitenden Forum (ca. 5.700 Beiträge), Interviews (direkt, per Mail oder Telefon) sowie sonstigen Quellen (Bücher, Internet). Das vorliegende Buch (Band I) definiert, erläutert und grenzt zunächst im ersten Kapitel einige zentrale Begriffe ab, um dann im zweiten auf das Zentrum der Szene, die Community (Fangemeinde), einzugehen. Anders als allgemein angenommen, ist dies keine homogene Gruppe, sondern besteht aus verschiedenen Generationen, von denen die Mainstreamgeneration als größte Gruppe im Zentrum dieses Kapitels steht. Wie sieht der typische Fan aus?, Welche Vorlieben hat er?, Was sind seine Wünsche und wie ist er zur Szene gekommen?, sind einige der Fragen, die es zu beantworten gilt. Im dritten Kapitel dreht sich dann alles um die Conventions, seien es szeneinterne Fan-für-Fan-Messen, Buchmessen - bei denen der Manga nur eine untergeordnete Rolle, aber die für die Szene große und wichtige Events darstellen - oder auch rein gewerbliche Messen, die sich wie die Fan-für-Fan-Messen nur auf die Szene spezialisiert haben. Auch in diesem Fall werden die Besonderheiten und die Berührungs-, wie auch die Konfliktpunkte zur Sprache gebracht. Außerdem melden sich die Fans und Verantwortlichen noch zu einigen speziellen Themen zu Wort. 1 Anm.: Cosplay = Kostüm, aber auch eine ganze Subszene. Der Cosplayer, ist derjenige, der das Kostüm herstellt, trägt und ggf. auch in einem Wettbewerb wie den der DCM vorstellt. Der Ausdruck Cosplayer steht aber gleichzeitig für die ganze Subszene (spezialisierte und organisierte Untergruppe).

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Die Conventions fallen in der Öffentlichkeit besonders durch die vielen verkleideten Fans auf, die in sehr fantasievollen Kostümen zu dieser Zeit die Straßen und Treffpunkte der jeweiligen Städte bevölkern und nicht selten wird die Szene bzw. die Community irrtümlich mit ihnen gleichgesetzt. Die Conventions sind bis heute noch schwerpunktmäßig die Plattformen dieser Subszene, die sich selbst als „Cosplayer“ bezeichnet, ein Begriff, der inzwischen auch in anderen Szenen Eingang fand. Die Cosplayer sind es auch, für die conventionübergreifende Wettbewerbe ausgerichtet werden, die als Bindeglied zwischen den Fans im Allgemeinen, der Subszene der Cosplayer und den Conventions eine wichtige Rolle im Szenegeschehen einnehmen. In der öffentlichen Wahrnehmung wird ihnen ein so großer Stellenwert beigemessen, sodass sie im vierten Kapitel eine eigene Plattform bekamen, um sich selbst und ihre Wettbewerbe vorzustellen. Das letzte Kapitel bevor ein Fazit den Hauptteil dieses Bandes abschließt, ist den Internetplattformen gewidmet. Sie sind die virtuellen Kommunikationsbörsen der Szene, ohne die die Manga- und Animeszene nicht denkbar wäre. Nicht nur die Community kommuniziert über sie, sondern auch die Peripherieelemente, einschließlich der Verlage, Merchandise-Unternehmen, Fernsehsender, Magazine etc. Neben den Conventions sind sie der Schlüssel zum Verständnis der Szene. Da die Anzahl der Plattformen aber im Verlauf der Zeit stetig zugenommen hat, musste für diesen Band eine Auswahl getroffen werden, sodass die älteste Plattform (Anime no Tomodachi), die größte Plattform (Animexx e.V.) und eine, die sich an die jüngeren Fans richtet (PummelDex) ausgewählt wurden. Außerhalb des eigentlichen Textes eines Buches steht in aller Regel der Anhang, der in diesem Buch zum einen genauere Auskünfte darüber gibt, woher die Daten und Fakten stammen und welche Methoden zu ihrer Beschaffung gewählt wurden, zum anderen aber auch ein Thread2, der die Cons und ihre Geschichte thematisiert bzw. sie in Lexikonform aufführt, die Satzung der MMC-Berlin (Convention in Berlin) sowie die Teilnehmer-Regelwerke der DCM aus 2011 (Einzel) und 2012 (Paar).

2 Anm.: Thread: Ein Thread ist ein Teil des Forums, in dem über ein bestimmtes Thema gesprochen bzw. geschrieben wird.

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Kapitel 1 Abgrenzungen, Erläuterungen und Definitionen In jedem Buch gibt es Schlüsselbegriffe, ohne die ein Verständnis des Inhaltes nur schwer möglich ist. Ein Grund dafür kann sein, dass man diese Begriffe nicht kennt, weil sie fachspezifisch sind und deshalb außerhalb des allgemeinen Sprachgebrauchs liegen. Solcher Begriffe bedürfen einer Erklärung. Ein weiteres Problem kann sich auch ergeben, wenn Begriffe in der Literatur nicht einheitlich verwendet werden, oder man sie in der Alltagssprache anders füllt, als in der Fachliteratur. Auch ungenaue Abgrenzungen zu ähnlich gelagerten Begriffen können zu Missverständnissen und Unklarheiten führen. Um dies zu vermeiden, sollen im folgenden Kapitel zentrale Begriffe dieses Buches erläutert, definiert und wenn notwendig gegeneinander abgegrenzt werden. Die Reihenfolge der behandelten Begriffe richtet sich zum einen nach ihrer Relevanz, und zum anderen nach ihrem Erscheinen im Buch.

Manga Obwohl der Manga und seine Plattformen eigentlich schwerpunktmäßig in Band II behandelt wird, kann man natürlich nicht über die Manga- und Animeszene sprechen, ohne immer wieder auf ihn zurückzukommen. Aus diesem Grund muss der Begriff auch in diesem Band erläutert werden. Das Wort Manga stammt aus dem Japanischen und besteht aus zwei Silben. Die erste Silbe „man“ heißt übersetzt so viel wie: zufällig, ziellos, zusammenhangslos, während die zweite „ga“ die Bedeutung „Bild“ hat. Es geht also um zusammenhangslose Bilder, wobei dies, soweit ich feststellen konnte, zu keinem Zeitpunkt seiner historischen Entwicklung der Fall war. Was sich die Japaner damals (ab 18. Jahrhundert) dabei dachten, diesen Begriff zu wählen, konnte ich nicht recherchieren, denn Manga galten schon immer als eine literarische Form des Erzählens, ob als Karikatur, satirischer Form oder als narrative Erzählung. Der Manga in der heutigen Zeit ist ein japanischer Comic mit einigen sehr spezifischen Eigenheiten, die ihn deutlich von europäischen Comics unterscheidet. Die historische Entwicklung dieses Mediums habe ich in Band I in komprimierter Form zusammengefasst. So ist es möglich nachzuvollziehen, welch lange und wechselhafte Geschichte der Manga durchmachen musste, um die heutige Ausprägung zu erreichen. Der Manga wird entweder nur von einer Person oder von zweien hergestellt, wobei im Falle von Teamarbeit, der eine der Zeichner ist und vielfach eine künstlerische Ausbildung hat und der zweite der Schriftsteller. Diese Personen nennt man Mangaka und sie sind in Japan und auch in der deutschen Szene hoch angesehen. Der Manga nimmt in Japan einen solchen Stellenwert ein, dass er ins Schulcurriculum aufgenommen wurde und ein eigenes Manga-Museum eröffnet wurde. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zum europäischen Comic ist zum Beispiel, dass ein typischer Manga in Schwarz-Weiß gehalten ist. Lediglich das Deckblatt und einige wenige Seiten innerhalb des Manga sind bunt. Außerdem ist die Leserichtung typisch japanisch, d.h. von hinten nach vorne und von rechts nach links. Der Manga kennt auch kein Gut oder Böse im westlichen Sinne, sondern die Guten wie auch die Bösen können Helden sein, sie haben jeweils gute und schlechte Eigenschaften, sie entwickeln sich. Auch das Ende eines Manga ist für den Leser nie im Voraus bestimmbar, denn es kommt nicht selten vor, dass der Gute stirbt und der Schlecht überlebt, oder sogar dass beide sterben und vorher als Rand- bzw. Nebenfiguren geführte Figuren plötzlich die Heldenposition einnehmen. Es gibt zwar Klischees, aber die sind eher an die Charaktere

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gebunden bzw. man hat es häufig mit fest typisierten Grundcharakteren zu tun, die aber dann im Laufe der Zeit ein Eigenleben entwickeln und sich mit der Zeit von dieser Basis entfernen. Auch ist die Ansicht, dass es sich hierbei um eine reine Kinder- und Jugendliteratur handelt schlichtweg falsch. Denn für jedes Genre, dass man auch beim Buch findet, gibt es eine Entsprechung im Manga, d.h. es gibt von Märchen über historische Manga, von ökologischen oder auch ökonomischen Thematiken, von politischen und sozialkritischen Themen-stellungen, von Fantasie und Krimis bis hin zu Gewalt- und pornographischen Manga alles. Leider ist es in Deutschland derzeit noch so, dass die Verlage noch nicht die Breite der Möglichkeiten der Genres voll ausnützen, aber die ersten Entwicklungen in diese Richtungen werden bereits unternommen. Der Manga nimmt in der Szene eine zentrale Rolle ein. Man kann die Szene nicht ohne den Manga verstehen.

Anime Hier gilt das Gleiche wie bereits beim Manga-Begriff. Obwohl auch der Anime vorwiegend im zweiten Band thematisiert wird, ist aber auch er von so zentraler Bedeutung, dass er erklärt werden muss. Der Begriff Anime leitet sich von dem englischen Begriff animation ab. Während er jedoch in Japan für alle Animationsfilme gilt, wird er im Westen nur für die Zeichentrickfilme aus Japan benutzt. Man unterscheidet zwei Arten von Anime, einmal die fürs Kino konzipierten und hier auch noch einmal, die analog zu den Serien produzierten wie Pokémon und die so genannten Kunstfilme wie Perfect Blue, Prinzessin Mononoke oder Chihiros Reise ins Zauberland, die sich in Aufbau, Inhalt und verwendeter Technik meist deutlich von den Serienadaptionen unterscheiden. Zur historischen Entwicklung des Anime in Japan, international und in Deutschland ist mehr im Kapitel 2, Abschnitt: Anime zu lesen. Die Szene selbst entstand als Folge der Serien. Es gab zwar bereits ab den 1970er Jahren Anime-Serien, doch erst ab den späten 1990er Jahren kamen in schneller Folge eine erfolgreiche Serie nach der anderen ins Fernsehen und traf den Nerv der Zeit. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde man auf die Anime als eigne Gattung aufmerksam. Eine ganze Generation von Kindern und Jugendlichen wurden so begeistert, aber auch geprägt. Neugierig öffneten sie sich einer für sie fremden Kultur, lernten sie kennen und lieben. Das Internet half ihnen dabei sich zu organisieren, zu kommunizieren und somit in Verbindung zu einander zu treten und zu bleiben. Hieraus entstanden Strukturen, die bis heute noch bestehen und sich ausweiten. Der Anime genauso wie der Manga sind hierbei der heilige Gral, den man liebt, schätzt, verehrt und zu bewahren versucht. Dort, wo die heimischen Strukturen, wie Verlage und Fernsehsender, nicht ausreichen, begibt man sich ins internationale und grenzüberschreitende Internet. Für die Fans ist es nicht wichtig in welcher Sprache sie ihre Lieblinge sehen, hören oder lesen, sondern lediglich, dass man sie sehen, hören oder lesen kann und dass sie möglichst nah am Original sind. Sie konsumieren in Deutsch, Englisch oder Japanisch, mit oder ohne Untertitel. Sofern man französisch kann, auch in dieser Sprache. Hauptsache original.

Szene / Community Dieser Begriff muss auch zu Beginn geklärt werden, weil er im Sprachgebrauch unterschiedlich verwendet wird. Unter dem Begriff Szene verstehen:

� die Autoren Hitzler, Bucher und Niederbacher „thematisch fokussierte kulturelle Netzwerke von Personen, die bestimmte materiale und / oder mentale Formen der kollektiven Selbststilisierung teilen und

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Gemeinsamkeiten an typischen Orten und zu typischen Zeiten interaktiv stabilisieren und weiterentwickeln“. 3

� Gerhard Schulze: „Ein Netzwerk von Publika, das aus drei Arten der Ähnlichkeiten entsteht: Partielle Identität von Personen, von Orten und von Inhalten. […] Eine Szene hat ihr Stammpublikum, ihre festen Lokalitäten und ihr typisches Erlebnisangebot. Jede Szene hat eine zeitliche und räumliche Ausdehnung“.4

Beide Definitionen sind sich darüber einig, dass einer Szene ein soziales Netzwerk zugrunde liegt und dass es gemeinsame Interessen bzw. Inhalte, Orte, und Zeitpunkte gibt. Für die Szene heißt das gemeinsame bzw. verbindende Interesse „Manga“ und / oder „Anime“, die gemeinsamen Orte z.B. Internetplattformen, Conventions (Messen), Fantreffen etc. und die Zeitpunkte sind im Falle des Internets immer dann,wenn man Lust hat oder die Person, mit der man sich „treffen“ möchte, online ist. Es können aber auch feste Zeiten sein, wie auf einer Convention (Szene-Messe), die ihre festen Veranstaltungstage hat. Zentral für die Szene und ihre Funktion als Interessenvertretung, Kommunikationsbörse und Rahmengeber ist aber vor allen Dingen das soziale Netzwerk (einschließlich der Plattformen), auf das man als Individuum zurückgreifen kann. Diese Definition halte ich sofern man sie nur auf die Fangemeinde bezieht für zu kurz gegriffen. Im Falle des Begriffs Community ist die Begriffsverwendung leider nicht genau definiert. Die engere Begriffsdefinition verwendet Community synonym mit dem Begriff „Fangemeinde“, während aber auf der anderen Seite auch eine weitere Begriffsdefinition Verwendung findet. Diese umfasst nicht nur die Fangemeinde, sondern die Szene als Ganzes und weitet damit den Begriff Community, der aus dem Englischen stammt und übersetzt „Gemeinschaft“ heißt, aus. In diesem Buch sollen beide Begriffe getrennt voneinander Verwendung finden. Die Community ist die Fangemeinde, während die Szene ein Konstrukt beschreibt. Das heißt die Community ist ein Teil der Szene, während der Szene auch die Internetplattformen, die Conventions, Die Fernsehanstalten, soweit diese Anime ausstrahlen oder sich explizit mit der Thematik auseinandersetzen sowie die Mangaka, die Verlage und die Merchandise-Unternehmen angehören. Die Szene ist also ein Konstrukt, ein Gebilde, welches aus der Community als Zentrum und diversen Peripherieelementen besteht. Die oben stehenden Begriffsdefinitionen beschreiben dagegen nur die Community und nicht die Szene.

Fan / Otaku

Ein Fan [f�n] (englisch fan [fæn], von fanatic „Fanatiker“) ist ein begeisterter Anhänger einer Person, einer Gruppe von Personen oder einer Sache. Fans finden sich oft in Fanklubs zusammen. Sofern sich die begeisterte Anhängerschaft der Fans auf Personen bezieht, werden letztere als Stars bezeichnet. Die begeisterte Anhängerschaft äußert sich meist in Ritualen der Verehrung der betreffenden Person, Gruppe oder Sache. Für diese Verehrung, die die Fans betreiben, hat sich umgangssprachlich der Begriff Kult eingebürgert. Er beruht häufig auch auf Mythen, die sich um den Gegenstand der Verehrung ranken. Wikipedia 27.08.2009 So definiert das am häufigsten gebrauchte Internetnachschlagewerk den Begriff Fan und so wird der Ausdruck in der Regel auch verstanden. Die Frage, die allerdings übrigbleibt ist, wie begeistert muss ein Fan sein und was muss er dafür tun, um als solcher zu gelten und ob die 3 Hitzler, Ronald; Bucher, Thomas; Niederbacher, Arne (2001): Leben in Szenen. Formen jugendlicher Vergemeinschaftung heute, Opladen, S. 20. 4 Schulze, Gerhard (1993): Die Erlebnisgesellschaft, Kultursoziologie der Gegenwart, Frankfurt/New York, S. 463.

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Herleitung vom Begriff Fanatiker in diesem Zusammenhang noch Geltung hat. Von Fan wird heute meist schon gesprochen, wenn jemand etwas einfach nur gerne mag. So kann man ein Fußballfan sein, ohne es selbst zu spielen, einfach nur weil man gerne Fußball im Fernsehen sieht oder man kann Anime-Fan sein, weil man eine bestimmte Serie gerne sieht. Es besteht aber nicht der Anspruch, dass man sich nun weiterführendes Wissen über, zum Beispiel die Fußballszene oder die Geschichte des Anime, aneignen muss. Also kann man festhalten, dass ein Fan derjenige ist, der eine Sache gerne tut, macht oder hat. Er/Sie ist ein Fan von… Für die Szene ist diese Abgrenzung sehr wichtig, da es einen weiteren Begriff gibt, der eine Steigerung von Fan beinhaltet und auch in der Szene unterschiedlich verstanden wird, aber nichtsdestotrotz immer wieder Verwendung findet. Otaku leitet sich ursprünglich von „Haus“ ab oder könnte nach Lawrence Eng5 auch mit „Ihr Haus“ übersetzt werden. Er geht davon aus, dass es neben der allgemeinen, äußerst höflichen und damit auch distanzierenden und unaufdringlichen persönlichen Anrede, zunächst eine in den 70-ger und frühen 80-ger Jahren faninterne Anrede gab. Diese wurde dann später von Kritikern der Szene in einen beleidigenden und diskriminierenden Begriff unter Hinzunahme des Zusatzes zoku also insgesamt otaku-zoku, was nichts anderes heißt als Otaku-Bande, umgewandelt. 6 Demnach bezeichnete Otaku zunächst also nichts anderes als einen besonders interessierten und ggfs. engagierten Fan. Während man demnach jemanden bereits als einen Fan titulieren kann, wenn er gerne japanische Zeichentrickfilme sieht, reicht dies für den Begriff des Otaku nicht aus. Allerdings wird in diesem Buch der Begriff auch nicht für fanatische Fans gebraucht, wie dies sehr häufig geschieht. Fanatismus hat immer etwas mit mangelnder Reflexion zu tun und weist zumeist einen krankhaften Zug auf, der aber bei der ursprünglichen Begriffsverwendung nicht gemeint war, und deshalb hier auch nicht in diesem Zusammenhang gebraucht wird. Ein Otaku ist ein Fan, der über das reine Bisschen-Gucken, Bisschen-Sehen, hinausgeht und ein weiterführendes Interesse zeigt. Sehr häufig sind diese Art von Fans auch aktiv engagiert, d.h. sie arbeiten in der Organisation von Fan-Treffen mit, machen eigene kleine Foren im Internet, schneidern und basteln aufwendige Cosplays (Kostüme), schreiben oder zeichnen Manga, machen eigene Synchronisationen etc. Diese Fans interessieren sich in der Regel auch für die Historie ihres Bereiches oder die dazugehörigen Techniken. Ein Merkmal ist der Zeitaufwand, den sie für ihr Hobby aufbringen, wobei noch einmal betont werden muss, dass dies nicht bedeutet, dass sie keine anderen Hobbys oder den Bezug zur Realität verloren haben. Diese Menschen gehen wie jeder andere auch in die Schule (meist sogar recht erfolgreich), machen eine Ausbildung oder stehen im Beruf. Einige wenige können dies dann auch zum Beruf machen, doch ist dies in Deutschland bisher noch kaum möglich und diejenigen, die in solchen Berufen arbeiten, sind zumeist keine Otaku. Nimmt man zum Beispiel Wolfgang Strzyz, der, seit die Frankfurter Buchmesse beschlossen hatte einen eigenständigen Comic-Bereich einzurichten, als selbständiger Mitarbeiter dort den Projektbereich betreut, so ist er ganz bestimmt ein Fan der Comics im Ganzen (arbeitet zur Hälfte auch noch in einem Comicladen), aber er ist genauso bestimmt kein Otaku. Über die Jahre, die er diese Tätigkeit ausübt, hat er sich vermutlich mehr Wissen angeeignet, ist mit mehr entscheidenden Leuten bekannt geworden, und weiß mehr über den Buchhandel und seine Verquickung mit den Fans, als die meisten Otaku und trotzdem kann man ihn nicht als solchen bezeichnen, weil er es zumeist nur aus Berufsgründen tut und seine Vorliebe nicht speziell dem Manga gehört. Ein Otaku ist jemand, der durchaus andere Comics oder Zeichentrickfilme gut finden kann, dessen wirkliche Liebe und Zuwendung aber dem Manga und /oder dem Anime gilt. 5 Lawrence Eng: The fans who became kings – Gainax und die Otaku-Kultur. In: Ga-Netch�! Das Manga Anime Syndrom. Deutsches Filminstitut – DIF/Deutsches Filmmuseum Frankfurt am Main, Museum für Angewandte Kunst Frankfurt und dem Henschel Verlag (Hrsg.), 2008, Seite 90. 6 Vgl. ebenda.

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Ein Otaku ist demnach ein Fan, der ein besonderes und weiterführendes Interesse an Manga und / oder Anime hat und der in der Regel in irgendeiner Form aktiv ist und sehr viel seiner Freizeit auf dieses Hobby verwendet, ohne dabei aber krankhafte Züge aufzuweisen.

Jugend Ich behaupte, dass es sich bei der Manga- und Animeszene noch weitestgehend um eine Jugendszene, eine Peergroup7 handelt und das, obwohl ich genau weiß, dass ein Teil der Szene, wenn sie das liest, deutlich und vernehmlich protestieren wird. Das noch steht deshalb dort, weil die Community in ihrer Mehrheit inzwischen an der Schwelle zum Erwachsensein steht oder sie teilweise bereits überschritten hat. Im Alltagssprachgebrauch setzt man häufig Pubertät und Jugend gleich. Wir haben das Säuglingsalter, das Kleinkindalter, das Kindesalter, das Jugendalter und dann die Erwachsenen. Bestenfalls unterscheidet man dann noch zwischen den Jung-Erwachsenen (Adoleszenz) und normalen Erwachsenen als Kategorien hinzu. Die Erwachsenen werden ebenfalls eingeteilt, bleiben hier aber, weil nicht relevant, außen vor. Jetzt stellt sich aber die Frage, wenn Jugend gleich Pubertät, woran macht man dies fest, wenn einige Mädchen bereits mit 8 Jahren ihre Periode bekommen, also in einer Zeit, wo sie mithin noch als Kinder tituliert werden? Wie ist es dann bei den Jungen, wenn diese teilweise erst mit 17 Jahren den wirklichen Wachstumsschub und den ersten Bartwuchs entwickeln? Muss man also den Begriff Pubertät für Mädchen und Jungen unterschiedlich definieren? Reicht es überhaupt aus den rein biologischen Aspekt zu betrachten? In früheren Gesellschaften und auch heute noch in den Naturvölkern ist und war mit der körperlichen Reife ein Initiationsritus und ein Wechsel in der gesellschaftlichen Stellung verbunden, dies ist aber in unserer hochindustrialisierten und differenzierten Gesellschaft nicht mehr so. Im Gegenteil, durch unsere langen Ausbildungszeiten bleiben wir sehr lange in Abhängigkeiten und eingeschränkten Verantwortungsgefügen. Wenn wir aber nicht die gesellschaftliche Stellung wechseln und nicht deutlich mehr Verantwortung für andere und nicht nur für uns selbst übernehmen müssen, kann man dann überhaupt von Erwachsenen sprechen? Mit dieser Frage beschäftigen sich schon seit geraumer Zeit Psychologie, Pädagogik und auch die Soziologie. Selbst in der germanistischen Forschung zur Jugendsprache spielt dieser Aspekt eine große Rolle. Man ist sich inzwischen weitestgehend darüber einig, dass die biologische Reife nicht das einzige Kriterium sein darf um Jugend zu definieren. Die Rolle innerhalb der Gesellschaft, die Abhängigkeiten und die Übernahme von Verantwortung für andere als sich selbst, sind weitere wichtige Kriterien. Auf eine griffige Definition mit definierten Altersgrenzen kann man sich bis heute nicht einigen und sie variieren auch je nach Blickwinkel. Einige Beispiele hierzu sollen vor Augen führen, wie schwer sich Wissenschaft, Gesellschaft und Staat mit der Begrifflichkeit und ihren Grenzen tun. 7 Anm.: ENGLISCH peer group DEFINITION Mit dem Begriff Peer Group bezeichnet man eine Gruppe von gleichaltrigen Jugendlichen. Der Begriff wurde in der US-amerikanischen Soziologie entwickelt. Die Forschungsarbeiten der Soziologie, Sozialpsychologie und Psychologie zur Peer Group basieren darauf, dass Jugendliche ein sehr starkes Interesse an Gruppen von Gleichaltrigen haben. Einige Forscher schätzen den Einfluss der Gruppe von Gleichaltrigen für Jugendliche größer ein als die Beeinflussung durch die Eltern (Familie). Aus der Sicht der Entwicklungspsychologie leitet die Zugehörigkeit zu einer Peer Group den Ablösungsprozess vom Elternhaus ein (Sozialisation). Die Ablösung geht jedoch oftmals mit einer Übernahme von gruppenspezifischen Normen und Regeln der Peer Group einher, die subkulturelle Eigenschaften (Subkultur) aufweisen. Die psychoanalytische Sicht ergänzt, dass die Peer Group für die Entwicklung der Ich-Identität bei Jugendlichen sehr wesentlich ist. Vgl.: Uni Hamburg. Peergroup: In: http://www.sign-lang.uni-hamburg.de/projekte/slex/seitendvd/konzepte/l53/l5319.htm, zuletzt abgerufen 04.06.2011.

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� Im Jugendgerichtsgesetz spricht man dann von einem Jugendlichen, wenn er/sie zur Zeit der Tat 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist (§ 1 JGG). […] Ein J. ist strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.8

� Lexikon der Theologie und Kirche: Jugend, das Alter der Entwicklung (Pubertät, etwa 12.-18. Lebensjahr) u. reife (Adoleszenz, etwa bis zum 23. Lebensjahr), […] Es vollzieht sich der Übergang von der Rezeptivität zur Aktivität, von der gläubig aufgeschlossenen Hinnahme zur krit. Verarbeitung u. Beurteilung, von der Betreuung u. Führung zur Selbständigkeit u. Freiheit, vom Angelernten zum geistig u. seelisch Selbsterfaßten [sic!] u. Selbstgewollten.9

� Brockhaus Enzyklopädie: Jugend, im alltäg. Sprachgebrauch ein bestimmter Lebensabschnitt oder ein gruppenspezif. Verhaltensmuster dieser Phase, auch die jeweilige Generation in diesem Lebensalter; im Rahmen einer genaueren Begriffsbestimmung ist J. eine komplexe Erscheinung, die sowohl historisch, sozial und kulturell (auch religiös und ökonomisch) geprägt als auch in ihrer Existenz selbst an bestimmte Formen sozialer Evolution gebunden ist; insofern ist J. keineswegs anthropologisch gegeben oder universal anzutreffen. [… ] im Recht der Bundesrep. Dtl. Die 14- bis 17jährigen, […] die 18- bis 20jährigen als >Heranwachsende<.[ …] Religionsmündigkeit mit 12 Jahren, die Anwendungsmöglichkeiten des J.-Strafvollzugs bis zu 24 Jahren […]In der Psychologie wird das J.-Alter i.a. zw. Das 14. und 18. Individuell auch bis ins 25. Lebensjahr angesetzt.10

Wenn man einmal die gesetzlichen Grenzen außer Acht lässt, kann man eine Kernzeit festmachen, die so ungefähr zwischen dem 12. Und 24. Lebensjahr liegt. Allerdings immer unter der Prämisse, dass sie auch nach hinten verschiebbar ist. Betrachtet man nun wieder die Szene, um die es geht und hier den derzeit aktiven Bereich, dann fällt der größte Teil unter diese Begrifflichkeit und es scheint verständlich, wieso ich in diesem Buch von einer Jugendszene/Peergroup11 sprechen werde. Von ‚weitestgehend‘ einer Jugendszene wurde anfangs aber deshalb gesprochen, weil diese Szene die Besonderheit hat, dass es sich eben nicht um eine reine Jugendszene handelt, sondern eine Mischform zwischen Erwachsenen- und Jugendszene darstellt. Das Augenmerk dieses Buches richtet sich jedoch in seinem Schwerpunkt auf den aktiven und damit überwiegend jugendlichen Teil der Community. Im Rahmen des nächsten Kapitels werde ich darauf noch näher eingehen. An dieser Stelle soll aber doch schon zur Sprache gebracht werden, dass die Szene nicht nur aus kleinen kreischenden und extrovertierten kleinen Mädchen besteht, sie ist auch keine homogene Masse, die sich „über einen Kamm scheren lässt“, sondern ausgesprochen facettenreich und vielfältig. Es gibt in ihr vom Kind, über den Jugendlichen bis hin zum 40-Jährigen alle Altersstufen, einfach deshalb, weil die Medien, mit denen sie sich beschäftigt dies hergeben

8 Rechtslexikon-Online : Jugendgerichtsgesetz (JGG). In: http://www.rechtslexikon-online.de/Jugendgerichtsgesetz_JGG.html, zuletzt abgerufen 11.03.2011. 9 Buchberger, M. : Jugend. In: Lexikon der Theologie und Kirche , Seite 693. 10 Fend, H. u.a.: Jugend. In: Brockhaus Enzyklopädie, Seite 253. 11 Anm.: Jugendszene und Peergroup, die ich hier synonym verwende, sind in engerem Sinne nicht identisch. Eine Peergroup ist dann schon gegeben, wenn einige gleichaltrige Personen mit gleichen Interessen zusammenkommen, wie zum Beispiel die Clique bzw. eine Gruppe von Freunden. Für eine Szene aber genügt das nicht. Hier müssen Strukturen vorhanden sein, genauso wie auch die Anzahl der Teilnehmer eine gewisse Größe haben muss. Alle Jugendszene sind Peergroups, aber nicht jede Peergroup ist eine Jugendszene.

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und wie auch in der sonstigen Literatur und im sonstigen Film, die verschiedensten Genres und Qualitäten zur Verfügung stehen.

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Kapitel 2 Die Community

Allgemeines Dieses Buch soll einen Überblick über die Manga- und Animeszene geben. Man kann sich die Struktur dieses kleinen Kosmos vorstellen wie eine Sonne, mit ihren sie umkreisenden Planeten, die jedoch teilweise in Kontakt zueinander und mit der Sonne, bzw. in Wechselbeziehungen und Abhängigkeiten miteinander stehen

Abb. 2K 1: Wer mit wem?, © Eva Mertens 2010-2012.

Dieses Schaubild ist natürlich nur eine modellhafte Vorstellung davon, wer mit wem in Beziehung steht, denn in Wirklichkeit ist das Gefüge sehr komplex und läuft auch teilweise nur indirekt. Es gibt eine Reihe von Subszenen, die sich zum Beispiel mit der Neu-Synchronisierung von Filmsequenzen befasst und deshalb der Tätigkeit entsprechend dem Fernsehen zugerechnet werden müsste, aber gleichzeitig aus Fans besteht und deshalb dem zentralen Element zuzuordnen ist. Eine andere Subszene beschäftigt sich z.B. mit der Weiterführung von Manga- oder Animegeschichten und so weiter und so fort. Doch Würde man alle diese Untergruppierungen versuchen in dies Schaubild einzufügen, würde es seine Anschaulichkeit verlieren. Deutlich wird aber die besondere Stellung der Fans innerhalb der Struktur. Zwar kann es ohne die Verlage eine Versorgung mit den Manga nicht erfolgen, oder ohne das Fernsehen, würde sehr viel weniger neue Fans den Zugang zur Szene / Community finden, doch eine Szene ohne Mitglieder wäre absurd. Dies ist auch der Grund, warum ich die Fans in diesem Teil des Buches ganz vorne angestellt habe. Ich werde auch in den noch kommenden Kapiteln sie immer wieder zu Wort kommen lassen, sodass es zu einer Art Dialog zwischen den einzelnen Strukturelementen und dieser Gruppe kommt

Verlage Conven-tions u. Buch-messen

Buch-handel u. Comic-Läden

Fans Fernsehen (z.B. RTL II)

Internet-plattfor-men

Mangaka DCM/ WCS

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Noch einmal kurz zur Erinnerung der Begriff „Community“ umfasst nicht nur die Gruppe der Fans, sondern die gesamte Szene und wird hier auch synonym dazu verwendet. Zur Peripherie zählen unter anderem die Verlage, die Messen (Conventions), der Buchhandel, die Merchandise-Industrie bzw. –Vertrieb, Fernsehsender etc. Das erste Kapitel hat fast ausschließlich auf Daten und Fakten aus der Literatur beruht und da es sich um ein Einführungs- und Informationskapitel gehandelt hat, auch dies nur in beschränktem Umfang. Ein Buch wie dieses ist keine wissenschaftliche Abhandlung, vergleichbar einer Dissertation und doch stand von Anfang an fest, dass es für sich beansprucht, seine Daten auf die gleiche Art und Weise erworben zu haben. Ihm liegen zum einen ein über 2000-fach ausgefüllter Fragebogen zugrunde, der neben persönlichen Daten wie Geschlecht, Alter, Wohnort, Bildung, auch Fragen zu Vorlieben und zur Szene beinhaltet, aber auch Fragen zum Kaufverhalten und zu Internet- und Computergewohnheiten. Ein Teil der Erhebung widmete sich zudem auch Fragen nach künstlerischen oder sonstigen Aktivitäten der Fans. Das dem Buch zugrunde liegende Projekt betreute außerdem von Anfang Februar bis Ende des Jahres 2009 ein Forum, indem weiterführende Fragen zum Fragebogen gestellt wurden, bis hin zu Fragen, die sich außerhalb der Szene selbst bewegten. Festzustellen galt, inwiefern die der Szene entgegengehaltenen Vorurteile der Wahrheit entsprechen. Es galt Vorurteile in Bezug auf Leseverhalten, politischem Interesse, Vorstellungsvermögen, Realitätsbezug usw. zu untersuchen. Am Schluss hatte das Forum 59 Mitglieder. Diese hatten mit 5577 Beiträgen zu 196 Themen Stellung genommen. Es gehörten zum Forum zudem noch ein Wörterlexikon, ein Abriss über die Geschichte der wichtigsten Conventions (Messen und größere Fantreffen), eine Aufstellung der wichtigsten Begrüßungsformen, eine Genreauflistung, sowie eine Bildergalerie. Weitere Daten kamen durch eine ganze Reihe von Einzelinterviews, die entweder persönlich von Angesicht zu Angesicht, telefonisch oder auch per Mail geführt wurden, zustande. Die Datenfülle, die daraufhin entstand, wurde noch durch eine Fülle von externen Daten angereichert, sodass sie schließlich so umfangreich war, dass nur ein kleiner Teil hier einfließen konnte. Die Fans bilden das Bindeglied zu allen Peripherieteilen der Szene, und es wurde deshalb sehr viel Wert darauf gelegt, soweit dies möglich war, sie in Form von Zitaten selbst Stellung beziehen zu lassen. Die Community besteht aus mehr Elementen, als sie hier betrachtet werden konnten und selbst diese teilweise wieder aus so vielen Einzelelementen, sodass es sich leider nicht vermeiden ließ, Eingrenzungen vorzunehmen. Eine Szene in all ihrer Komplexität vollständig darzustellen, ist nicht möglich. Es bleibt einfach nur zu hoffen, dass die ausgewählten Bereiche, Daten und Fakten zumindest eine ungefähre Vorstellung von den Strukturen, Wechselwirkungen und Motivationen, die die Szene ausmachen, vermitteln können.

Fan-Generationen 12 Allein die diesem Abschnitt zugrunde liegende Überschrift „Die Fans“ ist irreführend und streng genommen falsch, denn „den Fan“ gibt es nicht. In Wirklichkeit haben wir es in der 12 Anm.: Ein Großteil, der nun folgenden Daten und Fakten fanden bereits Eingang in meine Examensarbeit: „Der Manga- und Animefan – Vorurteil und Wirklichkeit – eine empirische Studie“ von 2011. Allerdings standen diese Ausführungen, wie dem Titel zu entnehmen, in einem völlig anderen Kontext. Der Fokus der Staatsexamensarbeit lag in der Nennung, der an die Fans herangetragenen Vorurteile und Grundannahmen und der Frage, inwieweit diese einer empirischen Untersuchung stand halten. Eingebettet war die Arbeit in die sozialspychologischen Erkenntnisse zu Begrifflichkeiten wie Einstellung, Vorurteil, Stereotyp sowie in geringem Umfang der Jugendszene- bzw. Jugendkulturforschung. Allerdings wurden nicht alle Daten übernommen, dafür aber auch neue generiert.

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Szene mit mindestens drei sehr unterschiedlichen Gruppierungen zu tun, die jede für sich, noch einmal in mehrere einzelne Gruppen aufgesplittert sind. Jede dieser Interessensgemein-schaften, hat unterschiedliche Erwartungen, Anforderungen und Wünsche an die Szene. Sie gehören verschiedenen Generationen innerhalb der Entstehungsgeschichte dieser Community an und sind ihr auch in unterschiedlichem Alter beigetreten. Wir können unterscheiden zwischen den:

1. Altfans, Gründungsväter oder Ghosts 2. Ab-1997er Fans oder Mainstream-Fans 3. Jungfans oder Pokito-TV-Generation

Verlässliche Zahlen über die Größe der Fangemeinde gibt es nicht, allerdings hat Tokyopop13 2006 im Rahmen einer Feldstudie mit 400 Teilnehmern folgende Zahlen feststellen können. Damals gaben, teilte mir Herr Dr. Kapp14 mit, 95 % der 14-16 jährigen an, dass sie Manga zumindest kennen. Bei den 17–19 jährigen waren es immer noch 89,5%, bei den 20-22 jährigen 88,1 % und bei den 23-25 % immerhin noch 85,9 %. Dies sind enorm hohe Anteile, aber reines Kennen genügt nicht, um Rückschlüsse auf die Größe der Fangemeinschaft zu ziehen. Interessanter sind dagegen die Angaben, die Herr Dr. Kaps zu Jugendlichen machte, die nicht nur Manga kennen, sondern sie auch lesen, denn der Weg vom einfachen Leser zum Fan ist nur ein gradueller bzw. wohl eher eine Definitionssache, zumal mir der Geschäftsführer versicherte, dass die Fragestellung regelmäßigen Konsum dieser Literaturform implizierte. Aufgeschlüsselt nach männlich und weiblich gab der Geschäftsführer folgende Daten an: 21,4 % aller Studienteilnehmer gaben an, Manga zu lesen. Schlüsselt man dies noch in die bereits oben verwendeten Altersgruppen auf, so erhält man folgendes Bild: In der Altersgruppe der 14-16 jährigen lasen 23,5 %, in der Gruppe der 17-19 jährigen 26,6 %, in der Gruppe der 20-22 jährigen 15,5 % und schließlich in der Gruppe der 23-25 jährigen 16,5%. Leider waren diese Daten nicht männlich und weiblich aufgeschlüsselt. Laut Herr Dr. Kaps gibt es ansonsten keine Daten, da keiner der beteiligten Unternehmen (Verlage oder auch Buchhandel) je wirklich versucht hat präzisere oder aktuellere Daten über ihre Zielgruppe zu bekommen bzw. sei keine solche Studie bekannt. Auch fehlen Angaben über die Gruppe der unter 14 Jahre sowie die der Leserinnen jenseits der 25 Jahre. Die fehlenden Prozentzahlen entstanden durch fehlerhafte bzw. fehlende Angaben zu den einzelnen Fragen. Ermittelt wurden die Teilnehmer dieser Studie durch ein anerkanntes Meinungsforschungsinstitut nach den Richtlinien für einen repräsentativen Querschnitt. Es besteht nun die Möglichkeit, anhand von statistischen Daten über die Größe der Jugendlichen im entsprechenden Alter, Rückschlüsse auf die Größe der Fangemeinde zu ziehen. Zu diesem Zweck hatte ich mich an das Statistische Bundesamt gewendet, die nicht nur das Zahlenmaterial hatten, sondern es mir netterweise sehr schnell zur Verfügung stellten.

13 Anm.: Tokyopop Deutschland: Ist eine 100%ige Tochter des japanischen Multimedia-Unternehmens Japan Online Inc. und wurde 2004 gegründet. Das Mutterunternehmen besteht bereits seit 1996. Inzwischen ist der Verlag neben dem Carlsen- und dem Egmont Ehapa Verlag, einer der drei Marktbeherrscher. 2007 erscheint die deutsche Eigenproduktion Grimms Manga, von der in Deutschland lebenden Mangaka Kei Ishiyama, auf dem Markt und wird 2008 bereits in sieben Länder verkauft. Vgl.: Tokyopop Homepage: Über uns: Der Verlag. In: http://www.tokyopop.de/ueberuns/db_ueberuns_verlag_jo.php, zuletzt abgerufen am 24.05.2010. 14 Anm.: Dr. Joachim Kapp: Geschäftsführer seit der Gründung der deutschen Niederlassung 2004 Geschäftsführer. Zu diesem Zeitpunkt blickte er bereits auf eine 20-jährige Erfahrung im Verlagswesen zurück. Unter anderem war er ab 1996 beim Carlsen Verlag, wo er zunächst als Redakteur und dann ab dem Jahr 2001 als Verlagsleiter für den Geschäftsbereich Comic arbeitete. Studiert hat er europäische Ethnologie, neuere deutsche Literatur und Grafik & Malerei. Vgl.: Tokyopop Homepage: Über uns: Der Verlag. In: http://www.tokyopop.de/ueberuns/db_ueberuns_verlag_jo.php, zuletzt abgerufen am 24.05.2010.

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Anhand der Daten und der Angaben aus der Feldstudie werde ich im Folgenden nun einen Annäherungswert errechnen, der Auskunft über den Umfang der Mitglieder der Szene geben soll. Statistisches Bundesamt Gruppe VI A

Bevölkerung insgesamt

A 1 Bevölkerung am 31.12.2006 nach Alters- und Geburtsjahren

Deutschland

Alter von ... Bevölkerung bis unter ... Geburtsjahr insgesamt männlich weiblich

Jahren

14 - 15 1992 843 044 431 875 411 169

15 - 16 1991 877 120 449 737 427 383 16 - 17 1990 966 170 496 034 470 136 17 - 18 1989 957 494 490 401 467 093 18 - 19 1988 987 424 506 409 481 015 19 - 20 1987 974 156 499 275 474 881

zusammen 4 762 364 2 441 856 2 320 508 20 - 21 1986 968 396 493 441 474 955 21 - 22 1985 947 758 481 576 466 182 22 - 23 1984 954 957 484 761 470 196 23 - 24 1983 972 035 492 372 479 663 24 - 25 1982 1 005 124 509 267 495 857

zusammen 4 848 270 2 461 417 2 386 853 25 - 26 1981 1 007 075 508 438 498 637

Tabelle 2K 1: © Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, 200715: A 1 Bevölkerung am 31.12.2006 nach Alters- und Geburtsjahren.

Betrachtet man den oben aufgeführten Tabellenausschnitt so kann man erkennen, dass er genau die von Herrn Dr. Kaps angegebenen Altersgruppen enthält und auch auf das gleiche Jahr zurückgreift. Wenn man nun die Anzahl der Jugendlichen der entsprechenden Altersgruppen zusammenzählt und die zuvor ermittelten (Tokyopop) Prozentzahlen darauf anrechnet so erhält man den gewünschten Annäherungswert über die Größe der Fangemeinde. Dies soll in der folgenden Tabelle vorgenommen werden: Altersgruppen Bevölkerung insgesamt

14-16 14 843.044

15 877.120

16 966.170

Zus. 2.686.334

15 Vgl.: Statistisches Bundesamt15 (2007): A1 Bevölkerung am 31.12.2006 nach Alters- und Geburtsjahren.

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17-19 17 957.494

18 987.424

19 974.156

Zus. 2.919.074

20-22 20 968.396

21 947.758

22 954.957

Zus. 2.871.111

23-25 23 972.035

24 1.005.124

25 1.007.075

Zus. 2.984.234

Gesamtzahl 11.460.753

Studie 21,4 %

Mitglieder Szene 2.452.601

Tabelle 2K 2: Annäherungswertermittlung zur Größe der Mangaszene. © Eva Mertens 2010-2012.

Unter Beachtung dessen, dass in der Feldstudie nur nach den Manga gefragt wurde, lässt sich eine Größe der Szene von etwa 2.452.501 Mitgliedern insgesamt annehmen. Diese sind natürlich nicht alle aktiv, aber in Anbetracht dessen, dass man bei der Fragestellung die Anime völlig ausgeklammert hat und nicht jeder Animefan auch gleichzeitig Mangaleser ist, ist davon auszugehen, dass die Zahl der Fans sogar noch deutlich höher ist. Die Frage, die sich daraus ergibt ist vielmehr, wann gehört man zur Szene? Ist dies erst der Fall, wenn man auf eine Convention geht oder schon wenn man einfach nur mit jemandem in regelmäßigem Kontakt steht, also mit ihm über die gemeinsame Leidenschaft spricht, der sich wiederum in der Szene, auf Conventions und auf entsprechenden Plattformen bewegt? Für dieses Buch soll gelten, dass jeder zur Szene gehört, der direkt oder auch durch regelmäßige die Szene betreffende Gespräche indirekt mit den Geschehnissen der Szene in Berührung kommt und sich mit ihnen auseinandersetzt. Dies wird für den großen Teil der oben errechneten Jugendlichen gelten. Man tauscht sich aus, verweist auf interessante Seiten zu dem Hobby und schon ist man in der Szene, selbst wenn man nicht auf eine Convention geht. Bei den Animefans muss dieser Effekt allerdings nicht unbedingt sein, weil viele Jugendliche diese auch einfach nur als Zeichentrickfilme konsumieren, selbst wenn sie wissen, dass es sich hierbei um Anime handelt. Die Einstellung zu den Filmen ist oft nicht derart bewusst mit der Herkunft verbunden. Vielleicht liegt dies auch an der speziellen Lesetechnik, die man beim Manga anwenden muss.

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Die Studie ist zudem besonders interessant, weil man aufgrund der Zahlen auch Rückschlüsse auf die heutige Community (Fangemeinde) durchführen kann. Hierbei gibt die Studie zunächst Aufschluss über die Größen der Altersgruppen, welche ist am stärksten vertreten. Daraus lassen sich dann das Wieso sowie auch Konsequenzen für das Heute ableiten. Die stärkste Gruppe innerhalb der Studie waren mit 26,6 % die 17-19-Jährigen. Geht man davon aus, dass der größte Teil von ihnen in den Jahren 1998-2002 in die Szene gekommen sind, waren sie damals zwischen 9 und 13 Jahren, was meinen Anfangsvermutungen und auch meinen Gesprächserfahrungen während der Forschungsphase entsprechen würde. Viel interessanter ist jedoch, was dies für die heutige und morgige Community und Szene bedeutet. Wenn die an der Studie teilnehmenden Jugendlichen 2006 bereits 17-19 Jahre alt waren, sind sie heute zwischen 21 und 23 Jahren alt und stehen kurz vor dem Verlassen des Jugendalters, d.h. sie bewegen sich langsam aber sicher aus der „Peergroup-Struktur“ hinaus. Dies aber hat bzw. kann sehr große Veränderungen für die Szene mit sich bringen. Dies könnte auf einen Generationswechsel oder aber auf größere Anpassungsprozesse innerhalb der Szene hindeuten. Je nachdem wie die Szene mit den auftretenden Problemen, Anforderungen und Herausforderungen umgeht, wird es Folgen für die Größe, wie auch die Struktur der Szene haben. Aufgrund der Immanenz dieser Thematik habe ich mich entschlossen, diese zum einen immer mal wieder zwischendurch aufzugreifen, sie aber auch zum anderen in einem gesonderten Kapitel zu einem späteren Zeitpunkt zu behandeln. Die Errechnung der ungefähren Community-Größe aber zeigt, dass wir es nicht mit einigen wenigen Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen zu tun haben, sondern mit einem nicht unerheblichen Teil unserer gesellschaftlichen Zukunft. Wenn also diese Jugendlichen sich mit dieser Szene, ihren Normen und Werten identifizieren, hat dies auch Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und ihre Zukunft (ganz abgesehen von der ökonomischen Seite). Allein deshalb ist es schon wichtig, sich mit dieser Szene auseinanderzusetzen.16 Zum Anfang sollen nun einmal die einzelnen in der Szene vorzufindenden Gruppen vorgestellt werden, sowie ihre Relevanz für die Szene, aber auch für dieses Buch:

Die Altfans oder Ghosts Unter den Begriff Altfans fallen alle Manga- und Anime-Fans, die bereits vor den großen Hypes der späten 90-ger Jahre des letzten Jahrhunderts der Szene angehörten oder ihr in einem Alter beitraten, welches deutlich über dem Durchschnitt liegt. Den Begriff Ghost habe ich deshalb hinzugefügt, weil sie nur sehr schwer fassbar sind. Es hat sich im Verlauf der Recherchen zu diesem Abschnitt herausgestellt, dass einige meiner Annahmen, die ich aus den Reaktionen auf den Fragebogen entwickelt hatte, nicht oder nur teilweise zutrafen. 16 Anm.: Teilweise wird in der Jugendforschung die Meinung vertreten, dass mit dem Übergang in die Erwachsenenwelt und dem Ausstieg aus einer Jugendszene, auf die Prägungen und Einflüsse aus dieser Zeit verloren gehen. Doch im Falle der Manga- und Animeszene muss dem widersprochen werden. Diese Jugendlichen haben Werte wie Treue, Loyalität, Freundschaft, Mut, Respekt etc. verinnerlicht und diese zum Bestandteil ihres Selbstkonzeptes und ihrer Persönlichkeit gemacht. Diese Werte werden aber nicht aufgegeben, nur weil man der Jugendszene entwachsen ist, genauso wenig wie das Interesse für fremde Kulturen und die damit verbundene Offenheit. Aber auch die große Nähe zu Internet und fremden Sprachen, bzw. der selbstverständliche Umgang mit ihnen, wird nicht mit dem Ausstieg aus der Szene ad acta gelegt. Diese Szene ist eine Szene der Neugierigen und von Menschen, denen bestimmte Werte, Neigungen und Vorlieben auch im Erwachsenenalter wichtig sein werden. Abgesehen davon ist ihre gesellschaftliche Relevanz, die aus der obigen Behauptung heraus nicht gesehen wird, schon allein aufgrund ihrer ökonomischen Bedeutung gegeben. So hängen in Verlage, Fernsehsendern und Comicläden nicht wenige Arbeitsstellen von dieser Gruppe ab. Ein ganzes Netzwerk von Convention (Messen) ist entstanden, das dem Gastronomiebetrieben und dem Hotel- und Jugendherbergswesen nicht geringe Einnahmen beschert und Buchmessen haben teilweise ihre Ausstellungsflächen für den Comic- und Mangabereich verdreifacht. Die Relevanz der Szene für die Gesellschaft steht außer Zweifel, über den Grad kann man aber natürlich streiten.

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Ich bekam anfangs eine ganze Reihe von Zuschriften (Mails), in denen Fans unter anderem ihren Unwillen kundtaten, dass die gestellten Fragen nur auf die jüngeren Fans ausgerichtet seien, und dass meine Aussage, die Szene hätte zwar vorher bereits bestanden, sei aber erste mit den Hypes der späten 1990er Jahre wirklich ins öffentliche Bewusstsein gedrungen, viel zu extrem sei. Sie fühlten sich übergangen und auch nicht richtig gewürdigt. Ich gewann damals den Eindruck, dass die meisten dieser Fans bereits in den späten 1980-ger Jahren zur Szene gekommen waren. Diese Annahme konnte ich jedoch nicht aufrechterhalten. Was sich bestätigte war, dass es durchaus vereinzelte Fans in dieser Zeit gab, aber noch keine Szene mit einer eigenen Struktur. Vielmehr scheint es so zu sein, dass die Liebhaber dieser Literatur unterschiedlichen Szenen angehörten wie z.B. dem Kreis der Science-Fiction-, der Comic- oder der Japanszene. Um sich aber eine Szene nennen zu können, bedarf es neben einem Zusammengehörigkeitsgefühl auch einer Struktur, die aber im Verlauf meiner Recherchen erst zu Beginn der 1990er oder aber auf jeden Fall ab Mitte der 1990er feststellbar ist. Bestätigt hat sich weiterhin, dass diese Fans beim Eintritt in die Szene durchschnittlich älter waren, als dies heute üblicherweise der Fall ist. Das durchschnittliche Eintrittsalter dieser Generation schätze ich auf 20 Jahre und älter, während dies heute eher zwischen 10 und 17 Jahren liegt, wobei ich unter Eintritt, den Zeitpunkt verstehe, zu dem der Fan bewusst sich zur Szene zugehörig fühlt bzw. sich selbst als Fan von Manga und / oder Anime bezeichnet. Hierbei sei kurz noch darauf hinzuweisen, dass Eintrittsalter nicht mit dem Durchschnittsalter der Szene gleichzusetzten ist. Aufgrund ihrer anderen Altersstruktur und auch der deutlich kleineren und auch noch nicht so ausgebauten Szenestruktur, waren die Fans von damals mit anderen Voraussetzungen konfrontiert. Sie hatten und haben auch heute vielfach noch, ein anderes Selbstverständnis und stellen andere Erwartungen und Anforderungen an die Szene, als die heutige Generation der Mainstream-Fans. Ihre Treffen waren intimer, ruhiger und sie empfanden sie fast schon als elitär. Sie wurden zwar, wie auch die heutigen Fans belächelt und stießen auch auf Unverständnis, doch war es nichtsdestotrotz etwas Besonderes dieser Szene anzugehören. So betrachteten sie es fast schon als Aufnahmeprüfung, gefunden zu werden. Da sehr viele der Altfans entweder sehr großes Interesse an Computern und digitaler Technik hatten oder dies sogar studierten oder in diesem Sektor arbeiteten, hatten sie sich schon sehr früh vernetzt. Doch sie warben nicht um Mitglieder, sondern man musste sie finden. Nur wer diesen Weg erfolgreich ging, konnte Mitglied in dieser verschworenen Gemeinschaft von Fans werden.17 Wichtigstes Merkmal war aber die Zurückgezogenheit dieser Gruppe von Menschen. Man zog nicht laut und lärmend durch die Straßen und präsentierte sich, sondern man traf sich im kleinen Rahmen, der häufig privat war, aber auch manchmal in seinem bevorzugten, zu zumeist in der Umgebung einzigem, Comicladen. Die Zeiträume zwischen den Treffen waren manchmal groß, genauso wie die zu überwindenden Entfernungen und die Kommunikation nicht immer einfach. Diese Gruppe von Fans gründeten den ersten Verein der Szene, den Anime no Tomodachi (AnT), der nicht nur die erste Internetplattform zur Verfügung stellte, sondern zudem auch noch die erste bundesweite Veranstaltung, den Anime Marathon, der Szene ins Leben rief. Selbst wenn man zu diesem Zeitpunkt noch nicht von einer Szene sprechen kann, so doch vielleicht von einem Vorläufer oder dem Ur-Kern. Am 24.02.2009 erhielt ich zum Beispiel folgende Mail, die ich hier in Auszügen aufführe und die stellvertretend für andere ihrer Art stehen soll: Hallo Eva (ich duze ab hier einfach mal und hoffe du störst dich nicht daran), wenn es dir um die Community geht, kann ich dir vermutlich sowieso nicht viel weiter helfen. Mit den meisten sogenannten Manga-Fans möchte ich lieber nicht in einen Topf geworfen werden, auch nicht mit den meisten

17 Anm.: Aus dem Interview mit Dr. Marcus Tieschky vom 20.09.2011.

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meiner Altersstufe. Auf Animexx18 bin ich nur noch um ein paar alte Kontakte zu pflegen, ansonsten bin ich dort geflüchtet als die ganzen Kinder dort einfielen (nach einer Werbeaktion auf RTL2) und die Qualität der Quantität der Beiträge und Fanfictions19 wich. Von Pummeldex20 hab ich noch nie etwas gehört... Ich bin viel auf Livejournal und auf den verschiedenen Seiten bestimmter Scanlation21 oder Fansub Gruppen22 , ich habe mehrere Fanfiction Accounts, allerdings nicht auf mexx23. Sonst halte ich über ICQ oder e-mail Kontakt zu anderen und halte mich an einige Leute die ich in meinen fandoms24 kenne (zumeist englisch-sprachig), den sogenannten Manga-Hype finde ich ehrlich eher peinlich, weil es keine wirkliche Randgruppe mehr ist und die einzelnen Gruppen und Mitglieder so stark und vielfältig gesplittet sind, dass es oft schwer ist von einer Community25 zu sprechen. Das ist nur meine Meinung, von den Erfahrungen, die ich gemacht habe ausgehend. Ich bin sicher viele jüngere Teenager finden es ganz toll, außergewöhnlich und rebellisch auf Manga zu stehen und Japanisch lernen zu wollen und ein ganz besonderes Hobby zu haben. Aber sooo außergewöhnlich ist es auch nicht mehr, zumindest in meiner Umgebung (Norddeutschland). (Anonymus, 24.02.2009) Es waren Fans, wie dieser, die Internetplattformen wie Animexx oder PummelDex aufbauten oder Messen wie die Connichi ins Leben riefen. All dies gab es vorher nicht. Das heute als selbstverständlich und zum Leben wie die Luft zum Atmen gehörende Internet, begann gerade laufen zu lernen und war noch lange nicht in jedem Haushalt zu finden. Selbst Computer waren dort nicht immer vorhanden. MP3-Player waren Science-Fiction und Handys, sofern im Gebrauch, hatten noch die Größe eines Walky-Talkys oder eines großen Schlampermäppchen (Faulenzer) und waren zudem auch noch ziemlich schwer. Man kann sich also vorstellen, dass nicht alle begeistert von der neuen Entwicklung und den neuen Fans waren. Sie waren und sind ihnen bisweilen noch, zu laut, zu schrill und vor allen Dingen zu präsent. Sie vermissen schlicht und einfach dieses intime, elitäre und ruhige Flair der ursprünglichen Gemeinschaft. Aufgrund der ersten Reaktionen, war ich wie gesagt zum einen davon ausgegangen, dass diese Szene deutlich weiter in der Zeit zurückreichte und auch dass sie deutlich größer gewesen sei. Doch dies musste ich revidieren. Selbst die meisten „Gründungsväter“, mit denen ich das Glück hatte sprechen zu können, waren frühestens Mitte der 90er Jahre zur Szene gekommen. Der Unterschied lag eher in ihrem Einstiegsalter, wie bereits erwähnt, und in ihrem Verhalten, dass ruhiger und mehr auf Handeln ausgerichtet war. Anfang der 1990er war, wie bereits erwähnt, praktisch keine Szene-Struktur vorhanden, vielfach waren diese Fans lediglich Anhängsel der unterschiedlichen Szenen und bildeten dort eine Randgruppe ohne Mitspracherecht und Einwirkungsmöglichkeiten. Sie aber wollten ihre eigenen Interessen durchsetzen und miteinander in Kontakt treten und sie wollten eigene Netzwerke aufbauen. Es blieb ihnen demnach nichts anderes übrig, als selbst in Aktion zu treten und selbst eine Struktur aufzubauen, was sie dann auch taten. War das zunächst noch schwierig, wurde es ihnen mit den großen Hypes Ende der 90er und den Hypes, die noch nachkamen leichter gemacht. Buchverlage, Buchmessen und auch 18 Animexx = Internetplattform. 19 Fanfictions = Weiterführung eines Werkes durch Fans oder dessen Veränderung oder sogar die Neuschöpfung durch die Entwicklung von Nebensträngen der eigentlichen Geschichte. 20 PummelDex = Internetplattform wie Animexx, nur kleiner. 21 Scanlation = Fan-Übersetzungen, die zu noch nicht übersetzen Werken gemacht werden. 22 Fansub Gruppen = Sub-/Untergruppen der Szene, bzw. derer Angehöriger, die sich jedoch auf einen Anime oder Manga festgelegt haben wie zum Beispiel die Pokémon-(Sub)szene bzw. deren Mitglieder. Außerdem wird dieser Begriff aber noch von einer anderen Untergruppe für sich verwendet. Diese versehen ausländische Produktionen mit deutschen Untertiteln. Auch diese Gruppe nennt sich Fan-Subber (abgeleitet von dem englischen Begriff „subbing“ und die Tätigkeit wird als „subben“ bezeichnet. 23 Mexx = Kurzform für Animexx. 24 Fandoms = zumeist auf einen Autor, ein Werk oder sogar nur eine Figur beschränktes Forum und oder Fangruppe. 25 Community = hier wird der Begriff „Community“ synonym zum Begriff Fangemeinde benutzt.

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langsam der Buchhandel zogen mit, sodass auf breiter Front der Aufbau der Szene vorangetrieben wurde. Auffällig ist dann eine Zeit (so ab 2005 herum), in der sich diese Gründungsväter von ihren eigenen Kindern (Messen, Plattformen), die immer mehr an Größe gewannen und dadurch unternehmerische Strukturen sowie ein kommerzielles Eigenleben zu entwickeln begannen, teilweise distanzierten und wieder ausstiegen. Manche suchten sich neue Betätigungsfelder und der eine oder andere kehrte später aber, nach einer Zeit der Abstinenz, wieder zurück oder engagiert sich heute anderweitig. Diese Fans sind inzwischen Mitte 30 und Mitte 40 Jahre alt. Als typischen Vertreter dieser Fangeneration könnte man zum Beispiel Björn Mohns oder teilweise bekannter unter dem Namen Nanuq (Animexx-Name), sehen. Mohns ist 1995/96 zur Szene gekommen. Sein ursprüngliches Interesse galt eigentlich Japan und seiner Kultur, und er war dementsprechend eher ein Angehöriger der Japanszene, die er auch nie ganz verlassen hat, und innerhalb der er sich heute verstärkt engagiert. Er hat, als er bereits 20-jährig, dann zur Szene kam, die, wie gesagt, noch sehr unstrukturiert war, sehr schnell die Seiten von der reinen Konsumenten- zur Macherseite gewechselt. Aus seinem durch den Anime Sailor Moon gewecktem Interesse heraus, entschied er sich, zusammen mit anderen Gleichgesinnten, die Messe (Convention) Neomoon (1998) in München zu organisieren. Nebenbei besuchte er verschiedene sich gerade erst gebildete Fantreffen. Der erste SMOF - Sailor Moon Online Fanclub entstand und Nanuq wurde sehr schnell Mitglied. Innerhalb dieser Plattform wurde dann eine Anime-Sparte hinzugefügt, die deutlich weiter gefasst war. Aus diesem Fanclub bildete sich dann 2000 der Animexx e.V., der nicht nur der erste Verein innerhalb der Szene war, sondern auch noch heute der Verein mit der größten Anzahl Mitgliedern ist. Animexx ist ‚die‘ Internetplattform (mehr im Kapitel: „Conventions, Messe und mehr“). Mit den aber aus dem extremen Wachstum zusammenhängenden Umstrukturierungen und dem sich veränderten Zielsetzungen und daraus resultierenden Folgen, waren seine eigenen Vorstellungen zum Teil nicht mehr vereinbar, sodass er sich aus der Organisation zurückzog und sich wieder mehr in Richtung Japanszene orientierte. Er war zudem der Mitorganisator der im Jahr 2010 neu entstandenen NipponCon, die neben Allem rund um Japan, auch Elemente aus der Manga- und Animeszene anbot bzw. anbietet. Ein etwas untypischer Fall dieser Generation ist zum Beispiel Dr. Marcus Tieschky, seines Zeichens von Beruf Mediziner und ebenfalls Gründungsvater des Animexx e.V. Der Unterschied zu Nanuq ist, dass er deutlich später zur Szene kam (1998) und müsste dementsprechend eigentlich der Mainstreamgeneration zugerechnet werden. Doch würde er weder von seinem Eintrittsalter, noch von seiner Einstellung oder seinen Erwartungen sowie seinem Persönlichkeitsprofil dort hineinpassen. Auch sein sehr schneller Wechsel vom reinen Konsumenten zum Macher/Organisator/ Mitgestalter nach seinem Eintritt, spricht eher für die Zugehörigkeit zu den Altfans. Dr. Tieschky hat wie eben erwähnt den Animexx e.V. mit aufgebaut und ist relativ lange dabeigeblieben, hat sich aber letztendlich 2008, nur aus anderen Gründen und deutlich später, genauso wie Nanuq, dazu entschlossen aus der Organisation auszusteigen. Heute ist er jemand, den man zum Halten von fachlich fundierten Vorträgen einlädt oder dazu bittet, wenn man eine Ausstellung zu organisieren hat. Er gilt bei Insidern als anerkannter Szenekenner und Fachmann auf dem Gebiet der Manga-Historie, zu der er auch bereits Interviews gegeben hat. Zudem ist der Beitrag bei Wikipedia zu einem großen Teil auf ihn zurückzuführen. Obwohl ich auf einige dieser Altfans immer wieder zurückgreifen werde, kommen sie aufgrund ihrer mangelnden Masse (lediglich 3,1%26 der Datensätze wurde von Fans, die heute über 30 Jahre alt sind ausgefüllt) und ihrer schweren Erreichbarkeit, als Gegenstand einer Szeneforschung nicht in Betracht.

26 Anm.: Alle Prozentzahlen in diesem Teil des Buches sind auf eine Stelle hinter dem Komma gerundet.

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Jungfans Unter Jungfans sind die Szenemitglieder gemeint, die 14 Jahre und jünger sind. Auf Plattformen, in Foren oder auch Conventions fällt häufig auch der Begriff „Pokito-TV-Generation“. An dieser Stelle sei nur so viel angemerkt, dass es sich bei Pokito-TV um eine fünf Mal die Woche ausgestrahlte Sendung bei RTL2 handelt, die die Jungfans zur Zielgruppe hat. Zur Sendung gehören aber auch eine Internetplattform, mit Informationen, Daten, Wettbewerben usw. Die Sendung selbst berichtet über alles wovon der Sender der Meinung ist, dass es ihre jungen Zuschauer hören und wissen wollen. Die Begründung warum dieses Buch diese Gruppierung nicht zum Gegenstand der Untersuchung gemacht hat, ist sehr ähnlich der, die ich bereits für die Gruppe der Altfans gemacht habe - sie sind kaum zu erreichen und wenn, dann nur mit sehr großem Aufwand. In diesem Fall aber spielt noch ein anderer Aspekt eine nicht unerhebliche Rolle. Diesen Fans gehört unbestritten die Zukunft, aber sie haben auf die derzeitige Szene kaum Einfluss. Sie werden irgendwann, in nicht sehr ferner Zukunft, die Szene so bestimmen, wie es heute die Gruppe der 15-27-Jährigen macht. In fünf oder vielleicht auch erst sechs oder sieben Jahren werden sie „die Szene“, der Mainstream sein, und vorausgesetzt die Szene bleibt weiterhin so lebendig und innovativ bei starken konservativen Strömungen, werden sie zum Gegenstand von Forschung und von Büchern wie diesem. Heute jedoch sind sie in der Öffentlichkeit nur bedingt präsent, da sie im Internet zwar vertreten sind, aber an aktuellen und für die Szene relevanten Diskussionen nicht teilnehmen und / oder teilhaben. Auf Conventions gehen sie nur sehr selten, weil die Wege meist weit und die Kosten hoch sind. Viele Eltern halten von dem Hobby ihrer Kinder nur eingeschränkt etwas und lassen sie nur ungern oder gar nicht auf solche Veranstaltungen gehen. Zu diesen Szenemitgliedern einen Zugang zu bekommen ist nicht einfach, weil sie, wie wir eben bereits festgestellt haben, sehr gut behütet werden, was auch so sein muss. In meinem Fragebogen waren sie gerade einmal mit 5,3% vertreten, wobei die 14 Jährigen hiervon den größten Part einnahmen.

Ab -1997er-Fans oder Mainstream-Fans Die Ab-1997er-Fans sind die größte Gruppierung innerhalb der Manga- und Animeszene und stehen im Zentrum dieses Buches. Vermutlich wären sie nicht mit der Bezeichnung Mainstream-Generation einverstanden, da sie mit Mainstream „normal“ und „gesichtslos“ verbinden und das wollen sie nicht sein. 27von MisaMia » Do 4. Jun 2009, 14:29 […] Man kann normal nicht definieren, aber normal ist, was die Masse macht (oder so ähnlich) Normal möchte ich nicht sein, denn wenn ich mich der Masse anschließe dann schwappt sie über mich und ich ertrinke in normalität Mein Leben sollte mir etwas bieten, von dem ich sehe, hey, das habe ich geschafft, das kommt von mir! Und nicht "Oh, das tun alle, sollte ich auch". Haus im Grünen mit 2 Kindern und Ehemann der das Geld heim bringt ade! Oder: 27 Anm.: Piktogramme, wie Smily oder dergleichen, wurden aus den Forumsbeiträgen aus Platz- und Kostengründen herausgenommen. Ich habe lange überlegt, ob ich dies wirklich tun sollte, da sie teilweise nicht nur unterstützenden Charakter haben, sondern zudem auch häufig als Zeichen eine eigene Aussage tragen. Letztendlich entschied ich mich für die Herausnahme, da sie für die jeweilige Fragestellung in der Regel nicht relevant waren.