mehr gewinn durch cleveres risiko-management · buchgewinn von x prozent erzielt haben, den...
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www.traders-mag.com 07.2017
So fi nden Sie den optimalen Stopp
Mehr Gewinn durch cleveresRisiko-Management
Nur die wenigsten Trader verdienen langfristig Geld an der Börse. Einer der Gründe dafür ist das wahl-
lose oder falsche Setzen von Stopps. Doch wie viel Spielraum sollte man einem Trade geben und wann
ist es besser, auszusteigen? Dazu gibt es viele Mythen, die teilweise falsch weitergegeben und blind
geglaubt werden. Händler, die schon lange und dauerhaft profi tabel handeln, arbeiten hingegen auf sta-
tistischer Basis, was wir Ihnen im Folgenden vorstellen möchten.
Gefühl heraus eingehen. Ein häufiger Anfängerfehler ist
es, sich einzureden: „Der Kurs wird schon zurückkom-
men, ich sitze es einfach aus.“ Wenn das Konto sehr
groß ist, kann das natürlich funktionieren, trotzdem soll-
ten Sie es vermeiden. Selbst wenn es 100-mal funkti-
oniert, kann es beim 101. Mal Ihr Konto ruinieren. Ein
Stopp gehört zu jedem System dazu und dient, wenn er
gut gewählt ist, der Sicherung des Kapitals. Das sollte
Ihr oberstes Ziel sein.
Fehler 2: Trailing-StoppsEin Trailing-Stopp ist ein Stopp, den man hinter dem
Kurs herzieht, nachdem er in die gewünschte Richtung
angelaufen ist. Sie könnten beispielsweise festlegen,
dass Sie jedes Mal, wenn Sie einen zwischenzeitlichen
Buchgewinn von x Prozent erzielt haben, den Stoppkurs
wieder x Prozent nachziehen und so Ihr Anfangsrisiko
» Bevor wir den statistischen Ansatz betrachten, möch-
ten wir die sechs wichtigsten Fehler betrachten, die beim
Risiko-Management gemacht werden.
Fehler 1: Auf Stopps verzichtenKeine Stopps zu verwenden kann das Konto schnell rui-
nieren – vor allem, wenn Sie eine Position aus einem
Adrian Kömel
Adrian Kömel hat Wirtschaftsmathematik studiert und beschäftigt sich seit seiner Jugend mit der Börse. Er konzentriert sich auf die statistische Systementwicklung und den Handel mit CoT-Daten und Terminkurven. Er ist zudem Autor von „So erzielen Sie überdurchschnittliche Renditen“.
www.suricate-trading.de
Adrian Kömel
Adrian Kömel hat Wirtschaftsmathematik studiert und beschäftigt sich seit seiner Jugend mit der Börse. Er konzentriert sich auf die statistische Systementwicklung und den Handel mit CoT-Daten und Terminkurven. Er ist zudem Autor von „So erzielen Sie überdurchschnittliche Renditen“.
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immer weiter minimieren. Oder Sie ziehen – um zwei ein-
fache Beispiele zu nennen – Ihren Stopp immer wieder
auf das letzte Tief (bei einer Long-Position) beziehungs-
weise Hoch (bei einer Short-Position) nach. Mittlerweile
gibt es bei vielen Brokern dafür auch eine automatische
Funktion.
Das hört sich zunächst sinnvoll an. Wer war schließ-
lich nicht schon mal stark im Gewinn und musste dann
wieder den gesamten Profit abgeben, weil der Markt
auf einmal drehte? Dennoch kann ein Trailing-Stopp bei
Daytrading-Systemen das Ergebnis auch verschlech-
tern. Denn nicht der einzelne Trade ist entscheidend,
sondern das Gesamtergebnis. Was nutzt es Ihnen, wenn
Sie an einem Tag dadurch 100 Euro mehr gewinnen,
aber an den anderen Tagen insgesamt 200 Euro weniger
verdienen?
Für Ihre Psyche ist ein Trailing-Stopp eine gute Sache.
Viele Trader haben Angst, Gewinne wieder abzuge-
ben. Das ist menschlich. Doch der Markt hat natürliche
Schwankungen, die uns dann oft dank eines Trailing-
Stopps zur Unzeit aus dem Markt werfen. Testen Sie es für
Ihr eigenes System: Tragen Sie den Gewinn oder Verlust
Ihres regulären Systems ein und daneben den Gewinn
oder Verlust, den Sie mit dem Trailing-Stopp gemacht
hätten. Am Ende summieren Sie beide Excel-Spalten und
vergleichen das Ergebnis. Ist das
Ergebnis bei Anwendung eines Trai-
ling-Stopps schlechter, braucht der
Markt einfach mehr Platz.
Fehler 3: Stopps auf markante Hochs- und Tiefs legenViele Händler legen ihre Stopps auf
markante Hochs oder Tiefs bezie-
hungsweise starke Widerstände
oder Unterstützungen. Dies ist
natürlich sehr einfach und schnell
nachvollziehbar. Dort liegen aber oft
viele Orders anderer Marktteilneh-
mer und der eine oder andere könnte
geneigt sein, den Kurs schnell in
diese Richtung zu bewegen. Vermei-
den Sie es daher, die Stoppkurse auf
diese Weise zu setzen. Bild 1 zeigt ein
Beispiel, bei dem man den Stopp auf
Basis markanter Tiefs in der Vergan-
genheit hätte setzen können. Sinn-
voller ist es allerdings, Stoppkurse
etwas oberhalb der Widerstände beziehungsweise unter-
halb der Unterstützungsmarken zu setzen.
Fehler 4: Zu kleine StoppsDer Markt hat eine bestimmte Grundschwankung, nach
der sich Ihre Stopps richten sollten. Selbst wenn Sie oft
mit der Richtung Ihrer Trades richtig liegen, gibt es sehr
viele Möglichkeiten, wie der Markt sich dorthin bewegen
kann. Und dies tut er oft auch, indem er erstmal etwas
gegen Sie läuft. Wenn Sie Ihren Stopp also in die natür-
liche Schwankung des Marktes legen, ist zu viel Zufall
in Ihrem Trade enthalten und das System ist sehr anfäl-
lig für kleine Veränderungen. Testen Sie das selbst und
Sie werden sehen, dass dieses System nicht robust ist.
Die Wahrscheinlichkeit ist extrem hoch, dass es nur in
bestimmten Marktphasen funktioniert und große Draw-
downs aufweist.
Fehler 5: Stopps nach vordefiniertem RisikoManche Trader gehen so vor, dass sie pro Trade einen
festen Betrag riskieren wollen, beispielsweise 50 Euro.
Das hört sich zunächst gut an, da der Trader sich Gedan-
ken gemacht hat und mit einem Stoppkurs arbeitet, der
sein Risiko begrenzt. Doch aus welchem Grund sollte
ein Stopp bei genau 50 Euro Verlust sinnvoll sein? Diese
Bei einem aktuellen Trade hätte man einen Stopp auf Basis der letzten markanten Tiefs von März und August 2016 ableiten können. Wichtig ist, den Stopp etwas unterhalb davon zu setzen, um nicht frühzeitig aus dem Trade ausgestoppt zu werden.
Quelle: www.tradesignalonline.com
B1) Ausgelöster Stopp bei WTI Crude Oil
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Herangehensweise ist komplett zufällig, weil der Trader
eine Entscheidung anhand seiner Depotgröße und nicht
nach Marktkriterien trifft. Den Markt interessiert es aber
nicht, ob Sie sich mit einem Stopp von 50 Euro wohlfüh-
len. Sie müssen den Stopp skalieren und darauf achten,
was der Markt macht, und Ihr Handeln darauf ausrichten.
Fehler 6: Der Mythos vom Chance/Risiko-Verhältnis (CRV)Es gibt Trader, die Ihnen erzählen, dass Sie nur ein hohes
CRV benötigen, um erfolgreich an der Börse Geld zu
verdienen. Nur weil Sie ein gutes
CRV haben, heißt das allein aber
noch lange nicht, dass Sie damit
Geld verdienen. Lassen Sie sich nicht
täuschen. Die Trefferquote spielt
eine wichtige Rolle, ebenso wie ein
positiver Erwartungswert. Was nutzt
Ihnen beispielsweise ein CRV von
10:1 (wenn Sie gewinnen, verdie-
nen Sie das Zehnfache Ihres Risi-
kos), wenn Sie nur eine Trefferquote
von zehn Prozent haben? In diesem
Beispiel käme am Ende lediglich ein
Nullsummenspiel heraus.
Der statistische TestWir möchten Ihnen im Folgenden
eine der vielen Möglichkeiten zeigen,
einen Stopp sinnvoll zu setzen. Hier-
für werten wir statistisch aus, wo der
beste Stopp liegt. Dafür berechnen
Sie kontinuierlich – am besten mit-
hilfe eines Computerprogramms –, bei welchem Stopp-
kurs der Erwartungswert pro Trade wie groß ist. Dies
können Sie über eine Simulation tun oder Sie testen Ihr
System mit verschiedenen Stoppgrößen, zum Beispiel
mit 30 Ticks, 35 Ticks und so weiter. Die Ergebnisse tra-
gen Sie fortlaufend in ein Diagramm ein und schauen auf
Basis historischer Daten, wo die besten Ergebnisse erzielt
wurden. Wenn die Werte um den besten Wert ähnlich gut
sind, haben Sie eine Plateaubildung – es befinden sich
viele Werte auf gleichem Niveau.
Schauen Sie sich zum besseren Verständnis Bild 2
an. Im Diagramm sind auf der x-Achse die verschiede-
nen Stoppkurse in Ticks eines fiktiven Handelssystems
aufgeführt. Die y-Achse zeigt den Erwartungswert pro
Trade in US-Dollar an. Werfen Sie nun einen Blick auf den
ersten Wert. Bei einem Stopp von 20 Ticks erzielen Sie
einen Erwartungswert von etwa 78 US-Dollar pro Trade.
Unser System wurde mit einem Stopp im Intervall von
20 bis 100 Ticks getestet und jeder einzelne Wert einge-
tragen. Wie hier gut zu sehen ist, wäre weder ein zu klei-
ner noch ein zu großer Stoppkurs optimal. Sie würden
stetig das Gesamtergebnis verschlechtern. Der optimale
Stopp liegt in unserem Beispiel bei 32 Ticks. Sie kön-
nen gut erkennen, dass alle umliegenden Werte ähnlich
hohe Gewinne erzielen. Das ist die zuvor angesprochene
Plateaubildung.
Sie wählen nun einen Stopp aus diesem Plateau aus.
Dabei sollten Sie einen Wert bevorzugen, der in der Mitte
Der Erwartungswert ist einer der wichtigsten Werte im Tra-
ding. Er gibt an, was Sie mit jedem Trade, den Sie eingehen,
durchschnittlich an Gewinn erwarten können. Diesen Wert
können Sie ganz einfach ausrechnen, indem Sie den Ge-
samtgewinn in Ihrem Backtest durch die Anzahl an Trades
dividieren. Nehmen wir einmal an, dieser Wert läge bei
500 Euro, dann können Sie damit rechnen, dass Sie mit je-
dem Trade, den Sie eingehen, diese 500 Euro an Gewinn
machen werden. Natürlich bekommen Sie nicht immer ge-
nau dieses Ergebnis, sondern es ist ein Durchschnittswert.
Die Formel lautet:
Wahrscheinlichkeit für einen Gewinn-Trade x
durchschnittlicher Gewinn + Wahrscheinlichkeit für
einen Verlust-Trade x durchschnittlicher Verlust
Erwartungswert
Zu sehen ist der Erwartungswert der verschiedenen Stoppkurse in US-Dollar pro Trade für unser fiktives Handelssystem auf den E-mini Light Sweet Crude Oil. Zu enge und zu weit entfernte Stoppkurse sind offen-sichtlich nicht optimal. Rund um den Idealwert unseres Systems bei 32 Ticks bleibt der Erwartungswert recht stabil. Das statistische Stoppsystem funktioniert nicht nur beim Trading von Rohstoffen, sondern auf allen Märkten.
Quelle: eigene Grafik des Autors
B2) Auswertung eines Systems beim E-mini Light Sweet Crude Oil
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Stoppkurs in US-Dollar
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liegt. Wie Sie sehen, geht es links steiler nach unten als
rechts. Daher sollten Sie in diesem Fall eher einen Stopp
auswählen, der weiter rechts auf diesem Plateau liegt, da
dieser deutlich stabiler ist. Wenn sich die Erwartungs-
wertkurve durch Marktänderungen auch nur um einen
Tick nach rechts verschiebt, stürzt Ihr Erwartungswert
auf 100 US-Dollar ab. Sie sollten diese Berechnungen
fortlaufend für Ihr Handelssystem durchführen, um stets
aktuelle Daten mit einzuberechnen.
Volatilität berücksichtigenSie sollten zudem in Ihrer Berechnung auf jeden Fall die
Volatilität berücksichtigen. Das können Sie zum einen
machen, indem Sie in den Backtest und so in Ihre Stopp-
auswertung verschiedene Marktphasen einbeziehen. Es
sollten auf jeden Fall Marktphasen enthalten sein, die
sehr schwankungsarm sind und welche, bei denen die
Schwankungen sehr hoch sind.
Eine weitere Möglichkeit ist es, einen volatilitätsbe-
zogenen Stopp zu setzen. Diesen können Sie genau wie
einen fixen Stopp berechnen, indem Sie das Vielfache
eines bestimmten Volatilitätsindikators (beispielsweise
die Average True Range, kurz: ATR) als Stopp verwen-
den. Sie können auch eine bestimmte Messstrecke (zum
Beispiel die Eröffnungsspanne des Marktes) nehmen
und multiplizieren diese Range mit einem fixen Wert. So
könnten Sie etwa Ihren Stopp als das 2,5-Fache der Eröff-
nungsrange definieren und schon haben Sie die Volatili-
tät sinnvoll einbezogen.
Es ist auch hierbei unbedingt notwendig, dass Sie
den Test für die optimale Stoppberechnung regelmäßig
wiederholen. Beobachten Sie dabei, ob sich die Werte
geändert haben. Normalerweise verändert sich nicht viel,
aber bereits eine kleine Änderung und damit ein falscher
Stopp können für ein schlechteres Ergebnis Ihres Han-
delssystems sorgen.
FazitViele Stoppmythen sind kontraproduktiv und verschlech-
tern auf lange Sicht die Performance. Kein Stoppkurs ist
allerdings auch keine Lösung, denn das kann sehr teuer
werden. Vielmehr ergibt es Sinn, mit einer statistischen
Auswertung bei jedem Trading-Instrument den optima-
len Stoppkurs zu ermitteln. «
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