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Universität Augsburg
Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft
Wintersemester 2012/ 2013
PS Kannitverstan? Johann Peter Hebel das Werk und seine Rezeption
Dozent: Prof. Dr. Friedmann Harzer
Moses Mendelssohn und dessen Rezeption bei Johann Peter Hebel
Felix Torsten Herrmann Matrikel-‐Nr. 1154702
Raiffeisenstr. 30 73035 Göppingen Tel. 07161/ 29120
E-‐Mail: [email protected] Lehramt an Gymnasien: Deutsch, Sozialkunde, Geschichte
5. Semester
Carina Pflaum Matrikel-‐Nr. 1155960 Via-‐Claudia-‐Str.8 86179 Augsburg
Tel. 0176/31242148 E-‐Mail: [email protected]
Lehramt an Gymnasien: Deutsch, Sport 5. Semester
Abgabe: 07.03.2013
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Inhaltsverzeichnis
1 Moses Mendelssohn und Moses Mendelson .......................................... 2
2 Moses Mendelssohn als historische Figur .............................................. 3
2.1 Mendelssohns Biographie ................................................................ 3
2.2 Mendelssohns Rolle in der Berliner Aufklärung ................................ 5
2.3 Mendelssohns Einfluss auf die Emanzipation des Judentums ......... 6
3 Moses Mendelssohn und seine Verbindung zu Gotthold ..........................
Ephraim Lessing ....................................................................................... 9
4 Die Darstellung Moses Mendelssohns in Hebels ......................................
................................................. 11
4.1 Entstehung und kurze Inhaltszusammenfassung der Anekdote ..... 11
4.2 Der Vorsehungsgedanke ............................................................... 12
4.3 Mendelson als Identifikationsfigur für den christlichen Leser .......... 13
- ................. 14
4.5 Die Anekdote in der schulischen Rezeption ... 15
5 Fazit: Die Anerkennung Moses Mendelssohns in der Literatur ............. 17
6 Literaturverzeichnis .............................................................................. 19
6.1 Primärliteratur ................................................................................ 19
6.2 Forschungsliteratur ........................................................................ 19
6.3 Internetquellen ............................................................................... 20
7 Eidesstaatliche Erklärung ..................................................................... 21
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1 Moses Mendelssohn und Moses Mendelson
Man muß um des Bartes willen den Kopf nicht verachten, an dem er 1 Mit dieser Symbolik beschreibt Johann Peter Hebel 1809 in
jüdischen Religion gegenüber als auch seine Wertschätzung einer großen
jüdischen Persönlichkeit aus dem 18. Jahrhundert Moses Mendelssohn.
Während der Bart als das befremdliche eine Differenz für die damaligen
Christen herstellt, symbolisiert der Kopf das Denkvermögen, also das, was
uns zum Menschen macht und alle Menschen miteinander verbindet.2
Hebel versuchte in jeder Ausgabe des Rheinländischen Hausfreunds, für
welchen er seine Kalendergeschichten verfasste, mindestens eine
Geschichte dem Judentum zu widmen. Durch seine Theologie-Studien,
vor allem durch das Erlernen des Hebräischen, und durch seine Zeit als
Hauslehrer in Hertingen, nahe der großen jüdischen Gemeinde des Ortes
Sulzburg am Belchen, lernte er das Judentum kennen und schätzen.3 Mit
, die gängigen
judenfeindlichen Klischees aufzugreifen und die Juden als ganz normale
Menschen darzustellen, d.h. er personifizierte in seinen Geschichten meist
alltägliche arme Juden, welche die Leser aus dem Alltag kannten und
welche ganz unidealistisch ihre Stärken und Schwächen hatten.4
In seiner Kalendergeschichte, welche sich an den jüdischen Philosophen
Versöhnlichkei 5, geht Hebel scheinbar anders vor. Indem er
hier einen intelligenten und zugleich gutmütigen Menschen darstellt, zeigt
1 Schlaffer, Hannelore / Zils, Harald (Hrsg.) : Johann Peter Hebel Die Kalendergeschichte, München 2010, S. 181. 2 des Bartes willen den Kopf nicht
theologische Dimension literarische Transformation. In: Wilhelmi, Thomas (Hrsg.): Johann Peter Hebel (1760-1826), Berlin 2010, S. 269. 3 Vgl. Storck, Joachim W.: Johann Peter Hebel und die Emanzipation der Juden. In: Johann Peter Hebel, Karlsruhe 1985, S. 139. 4 Vgl. Ebenda S. 137. 5 Schlaffer, Hannelore/ Zils, Harald (2010), S. 692
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er hierbei seine Wertschätzung einer ganz bestimmten historischen Figur
rechtlichen Gleichstellung und kulturellen Anerkennung seiner
Gla 6 besonders 7 sorgte zu seinen Lebzeiten als traditioneller Fürsprecher des
Judentums8 und durch seine philosophischen Schriften und Ideen sowie
entums mit der 9 Außerdem trug er bereits vor der Französischen
Revolution 1789 erheblich zu einer besseren sozialen Stellung der Juden
in der Gesellschaft bei.
Doch wie viel hat die historische Figur Moses Mendelssohn tatsächlich mit
Wertschätzung und Kenntnisse diesem Philosophen gegenüber? In einem
ersten Teil werden wir nun genauer auf die historische Figur Moses
Mendelssohn eingehen. Anschließend soll es in einem zweiten
ausführlicheren Teil um die Rezeption dieser Figur in der Literatur, speziell
in der Literatur Johann Peter Hebels gehen. Hierzu soll auf die
entsprechende Kalendergeschichte eingegangen werden. In einem kurzen
Exkurs beschreiben wir außerdem die Rolle Moses Mendelssohns für
2 Moses Mendelssohn als historische Figur
2.1 Mendelssohns Biographie
6 Ebenda 7 Bourel, Dominique: Moses Mendelssohn Begründer des modernen Judentums, Zürich 2007, S. 26. 8 Guesnet, Francois: Moses Mendelsohns Tätigkeit als Fürsprecher im Kontext jüdischer politischer Kultur der frühen Neuzeit. In: Schoeps, Julius H./ Grözinger, Karl E./ Mattenklott, Gert (Hrsg.): Tradition, Emanzipation und Verantwortung Moses Mendelssohn, die Aufklärung und die Anfänge des deutsch-jüdischen Bürgertums, Hamburg 2006, S.126. 9 Bourel (2007), S. 34.
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10 Ebenda S. 26. 11 Vgl. Ebenda S. 24. 12 Vgl. Ebenda S. 25. 13 Vgl. Ebenda S. 61. 14 Vgl. Ebenda S. 51. 15 Ebenda S. 72 16 Möller, Horst: Friedrich Nicolai und Moses Mendelssohn Zwei Repräsentanten der Berliner Aufklärung. In: Schoeps, Julius H./ Grözinger, Karl E./ Mattenklott, Gert (2006), S. 103. 17 Ebenda
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2.2 Mendelssohns Rolle in der Berliner Aufklärung
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18 Vgl. Ebenda 19http://www.sudbrackmusik.de/h/felix_und_moses_mendelssohn_185_de.php?PHPSESSID=2ccsfubc0f39hj7rhi2nk01213 (Stand: 23.02.2013) 20 Vgl. Möller. In: Schoeps/ Grözinger/ Mattenklott (2006), S. 97. 21 Ebenda 22 Vgl. Ebenda 23 Ebenda S. 112. 24Vgl. Ebenda 25Vgl. Bourel (2007), S. 52.
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2.3 Mendelssohns Einfluss auf die Emanzipation des Judentums
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26Vgl. Möller. In: Schoeps/ Grözinger/ Mattenklott (2006), S. 106. 27 Vgl. Ebenda, S. 113. 28 Ebenda S. 114. 29 Vgl. Bourel (2007), S. 24. 30 Vgl. Ebenda S. 28. 31 Ebenda S. 34. 32 Ebenda S. 77. 33 Ebenda 34 Vgl. Möller. In: Schoeps/ Grözinger/ Mattenklott (2006), S. 102. 35 Vgl. Bourel (2007), S. 43 36 Ebenda S. 45.
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37 Ebenda 38 Vgl. Möller. In: Schoeps/ Grözinger/ Mattenklott (2006). S. 107. 39 Vgl. Ebenda S. 112. 40 Vgl. http://www.meiner.de/product_info.php?products_id=2546 (Stand: 23.02.2013) 41 Bourel (2007), S. 49. 42 Vgl. Ebenda S. 29. 43 Vgl. Ebenda S. 35.
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Die wichtige Rolle Moses Mendelssohns für die Judenemanzipation wurde
sowohl zu Lebzeiten als auch nach seinem Tod auch in der deutschen
Literatur aufgegriffen. Auf zwei Beispiele soll Im Folgenden eingegangen
werden: Zunächst soll es um die Vorlage Moses Mendelssohn in Lessings
gehen, anschließend um Hebels Kalendergeschichte
44 Mendelssohn als Philosoph des Judentums. In: Albrecht, Michael/ Engel, Eva J./ Hinske Norbert (Hrsg.): Moses Mendelssohn und die Kreise seiner Wirksamkeit, Tübingen 1994, S. 291 45 Vgl. Ebenda S. 299. 46 Vgl. Guesnet. In: Schoeps/ Grözinger/ Mattenklott (2006), S.126 u. S. 129. 47 Vgl. Möller. In: Schoeps/ Grözinger/ Mattenklott (2006), S. 105. 48 Vgl. Guesnet. In: Schoeps/ Grözinger/ Mattenklott (2006), S. 116 f.
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3 Moses Mendelssohn und seine Verbindung zu Gotthold Ephraim Lessing
49
Dieses Zitat stammt aus Gotthold Ephraim Lessings Ideendrama
der Weise und ist Ausdruck der gemeinsamen Haltung Mendelssohns
und Lessings gegenüber der Diskriminierung von Individuen aufgrund
Ihrer Religionszugehörigkeit. Unter anderem aufgrund dieser
Verbundenheit im gemeinsamen Kampf für Toleranz unter den
verschiedenen Glaubensrichtungen entstand zwischen den beiden
Autoren eine sehr tiefsinnige Freundschaft, die in der Veröffentlichung von
, Lessings letztem Werk, im Jahre 177950 ihren
Höhepunkt fand und sich auch in Mendelssohns Reaktion auf Lessings
Tod widerspiegelte:
Vorsehung für die Wohlthat, die sie mir gezeigt hat, daß ich diesen Mann so frühzeitig habe kennen lernen, und daß ich seinen freundschaftlichen Umgang so
51
Bei genauerer Auseinandersetzung mit dem Drama drängen sich dem
Rezipienten eindeutige Parallelen zwischen dem Protagonisten Nathan
und Moses Mendelssohn auf, wodurch Lessing dem
Aufklärungsphilosophen ein verehrendes Denkmal in der deutschen
Literaturgeschichte setzte52. Zum einen sind beide jüdischer Religion,
führen den Beruf des Kaufmanns aus und werden als weise bezeichnet.53
Darüber hinaus trägt Mendelssohns zweite Tochter den Namen Recha54,
49 Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Ein dramatisches Gedicht in fünf Aufzügen. Husum/Nordsee 2009, S. 44 50 Vgl. Schoeps (1989), S. 117. 51 Ebenda, S. 112. 52 Vgl. Storck, Joachim W.: Johann Peter Hebel und die Emanzipation der Juden. In: Johann Peter Hebel, Karlsruhe 1985, S. 151. 53 Vgl. Forester, Vera: Lessing und Moses Mendelssohn Geschichte einer Freundschaft. Hamburg 2001, S. 209. 54 Ebenda, S. 210.
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wie auch eine sehr zentrale Figur im Ideendrama, die als starke
Persönlichkeit mit aufklärerischem Geist dargestellt wird, gänzlich
losgelöst von starren Konfessionsgrenzen55. Mendelssohn selbst zeigte
sich begeistert vom Werk seines Freundes und bezeichnete es als das
gelungenste Stück Lessings überhaupt 56:
r schrieb Nathan den Weisen, und starb. Von einem Werke des Geistes, das
eben so sehr über Nathan hervorragte, als dieses Stück in meinen Augen über alles, was er bis dahin geschrieben, kann ich mir keinen Begriff machen. Er
57
Jedoch waren nicht alle Zeitgenossen Mendelssohns Meinung und
Lessing musste sehr viel Kritik und etliche beleidigende Äußerungen über
sich ergehen lassen.58 Ohne zu zaudern ergriff der Aufklärungsphilosoph
Mendelssohn Partei für seinen Weggefährten und dessen Drama und
fügte mit einem Hauch von Sarkasmus an:
fe der Aufklärung und Bildung muß ein Volk stehen, in welchem sich ein Mann zu dieser Höhe der Gesinnungen hinaufschwingen, zu dieser feinen Kenntniß göttlicher und menschlicher Dinge ausbilden konnte! Wenigstens, dünkt mich, wird die Nachwelt so denken mü 59
Als Zeichen seiner Wertschätzung taufte er seinen letzten Sohn auf den
Namen Nathan.60
Außerdem wurde Moses Mendelssohn in seiner bereits erwähnten
Toleranzschrift
offensichtlich von Lessings Drama inspiriert.61
55 Ebenda, S. 226. 56 Schoeps (1989), S. 115. 57http://books.google.de/books?id=u7EWAAAAQAAJ&pg=PP4&dq=nathan+der+weise&hl=de (Stand: 23.03.2013) 58 Schoeps (1989), S. 116. 59 http://books.google.de/books?id=EMUAAAAAcAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false (Stand: 23.03.2013) 60 Forester (2001), S. 232. 61 Ebenda, S. 232.
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Zusammenfassend bestand Lessings Anliegen darin, den Menschen zu
verdeutlichen, dass die absolute Wahrheit für sie nicht erreichbar ist und
dass alle Gesinnungen im unermüdlichen Streben nach Wahrheit
gleichwertig sind.62 Diese Ansicht teilte auch Mendelssohn, wie bereits
thematisiert wurde als
eine ausschließende Religion. 63 Beiden lag es sehr am Herzen, dass
jeder Mensch seiner Religionsüberzeugung nachgehen und selig werden
kann, ob Christ, Moslem oder Jude.64 Dieser leidenschaftliche Kampf für
das gleiche Ideal und Ziel schuf zwischen den Männern eine ungeheure
Verbindung, bis über den Tod Lessings hinaus.65
4 Die Darstellung Moses Mendelssohns in Hebels
66 Johann Peter Hebel und dessen Beschäftigung mit dem
Aufklärungsphilosophen Moses Mendelssohn im Zuge seines literarischen
Schaffens auseinandergesetzt.
4.1 Entstehung und kurze Inhaltszusammenfassung der Anekdote
Als Verfechter für die gleichberechtigte Behandlung und Eingliederung der
Juden und gegen jegliche Diskriminierung dieser Glaubensgemeinschaft,
veröffentlichte Johann Peter Hebel einige Werke, um eine breite
Leserschaft zu erreichen und über diesen Missstand aufzuklären. Eine
dieser von ihm verwendeten Publikationsarten stellt die Gattung der
Kalendergeschichte dar. Von dieser Textsorte sammelte und
veröffentlichte er einige im
62 Ebenda, S. 219. 63 http://books.google.de/books?id=nOJ4rwPAOzMC&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false (Stand: 23.03.2013) 64 Schoeps (1989), S. 117. 65 Forester (2001), S. 236f. 66 http://gedichte.xbib.de/biographie_Hebel.htm (Stand: 23.02.2013)
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Hausfreunds 67, wofür er unter anderem vom deutschen Literatur-
daß es irgendein Buch gibt, das sich mir so vollkommen und in jeder 68 So erschien 1809 im zweiten von Hebel
69, bei deren Protagonisten es sich
offensichtlich um die in dieser Hausarbeit thematisierte historische Person
des jüdischen Aufklärungsphilosophen Moses Mendelssohn handelt.70
Mendelson arbeitet in der Erzählung, wie sein historisches Vorbild, als 71 bei einem Kaufmann, der offensichtlich auf
geistiger und intellektueller Ebene nicht mit dem Protagonisten
konkurrieren kann.72 Aus eben diesem Grund tritt ein Freund an ihn heran
und fragt, warum er sich mit seiner Rolle als hierarchisch niederer
Angestellter zufrieden gebe. Darauf entgegnet Mendelson, dass alles
vorherbestimmt ist und mit Recht geschieht und er in der Lage ist, sich
seiner ihm zugedachten Rolle in der Gesellschaft mit vollkommener
Zufriedenheit zu fügen.
4.2 Der Vorsehungsgedanke 73
Bei erster Betrachtung dieses Ausspruches des Protagonisten Mendelson
bezüglich seiner Rolle als Handlungsbedienter könnte man Hebel einen
gewissen Zynismus unterstellen, mit dem er versucht, dem Protagonisten
beziehungsweise der jüdischen Bevölkerung allgemein das Ergeben in ihr
Schicksal als hierarchisch Niedergestellte aufzudrängen.74 Jedoch handelt
es sich bei dem Kaufmann, bei welchem Mendelson tätig ist, um den
67 Schlaffer, Hannelore / Zils, Harald (Hrsg.): Die Kalendergeschichten. Sämtliche Erzählungen aus dem Rheinländischen Hausfreund, München 2010, S. 688. 68 Canetti, Elias: Die Provinz des Menschen. Aufzeichnungen 1942 bis 1972. Frankfurt a. M. 1981, S. 62. 69 Storck (1985), S. 149. 70 Schlaffer, Hannelore / Zils, Harald (Hrsg.), Die Kalendergeschichten. Sämtliche Erzählungen aus dem Rheinländischen Hausfreund, S. 692. 71 Ebenda, S. 181. 72 Ebenda 73 Ebenda 74 Zumkehr, In: Wilhelmi (2010), S. 270.
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Juden Isaak Bernhardt75. Diese Tatsache beweist, dass Hebel nicht die
schlechtere Stellung eines Juden im Vergleich zu einem christlichen
Mitbürger beispielhaft aufzeigen möchte, seine Anekdote soll vielmehr 76
Des Weiteren schätze Hebel den Philosophen Mendelssohn sehr für
seinen unermüdlichen Einsatz für die Gleichberechtigung des Judentums
und hatte einige seiner Werke genau studiert,77 welche den unbedingten
Glauben dessen an den Vorsehungsgedanken enthalten:
Was mich betrifft, so begnüge ich mich mit der Überzeugung, daß ich ewig unter göttlicher Obhut stehen werde, daß seine heilige und gerechte
78
So kann der anfangs zitierte Ausspruch des Protagonisten der
Kalendergeschichte
werden 79, die inspiriert ist vom zentralen Frömmigkeitsgedanken der
Aufklärung.80
Theologie, die die Zufriedenheit mit dem eigenen Schicksal postuliert.81
4.3 Mendelson als Identifikationsfigur für den christlichen Leser
Mit folgenden Worten führt Hebel seinen Protagonisten in die Anekdote
ein:
von den angesehensten und gelehrtesten Männern hochgeachtet und 82 Der Dichter verfolgt damit das Ziel, Moses Mendelson als
beispiellos fromm, intelligent und beliebt erscheinen zu lassen und beim
75 Storck,(1985), S.149. 76 Ebenda 77 Zumkehr. In: Wilhelmi (2010), S.267. 78http://books.google.de/books?id=jqYwAAAAYAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false (Stand: 23.03.2013) 79 Zumkehr. In: Wilhelmi (2010), S. 271. 80 Ebenda 81 Ebenda, S. 268. 82 Schlaffer / Zils (2010), S. 181.
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Leser, vor allem dem christlichen, ein Bedürfnis nach Imitation und
Identifikation zu erwecken83.
Der Autor bezeichnet Mendelson außerdem nicht konkret als Juden,
sondern stellt ihn als Per 84 vor. Dadurch erreicht
er, dass sein Protagonist zuerst als Mensch wahrgenommen und definiert
wird und dessen jüdischer Glaube auf eine Ebene gestellt wird mit dem
Katholizismus und anderen Glaubensrichtungen.85
Hebel gelingt es, seinen jüdischen Protagonisten sympathisch wirken zu
lassen und den Leser emotional an die Geschichte zu binden;86 so
beispielsweise durch die äußerst pointierte, weise Antwort Mendelsons auf
die Frage seines Freundes:
iensten viel Nutzen ziehn, und ich habe zu leben. Wäre ich der Herr, und er mein Schreiber, ihn könnte ich
87
Diese von Mendelson in allen Lebenslagen verinnerlichte und ausgelebte
spezifisch
jüdische, sondern eine allgemein- 88, die dazu
beiträgt, den Protagonisten als Identifikationsfigur zu stilisieren, auch für
den christlichen Leser.
4.4 Die - als Symbol gegen Antisemitismus
Mit einem der zentralsten Aussprüche
des Bartes willen den Kopf nicht verachten, an dem er wächst 89 kritisiert
Hebel durch sein Sprachrohr Moses Mendelson die Oberflächlichkeit und
Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer äußerlichen Merkmale. In
83 Zumkehr. In: Wilhelmi (2010), S. 270. 84 Schlaffer/ Zils (2010), S. 181. 85 Zumkehr. In: Wilhelmi (2010), S. 269. 86 Ebenda, S. 268. 87 Schlaffer/ Zils (2010), S. 181. 88 Zumkehr. In: Wilhelmi (2010), S. 268. 89 Schlaffer/ Zils (2010), S. 181.
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diesem Fall repräsentiert der Bart das Judentum im Allgemeinen.90 Hebel
ruft jedoch dazu auf, die Vorurteile beiseite zu lassen und den Menschen
hinter dem Bart als gleichwertiges Individuum zu betrachten und zu
t, wird den Bart nicht mehr 91 Um die Wirkung noch zu verstärken, treibt der Autor dieses
Wortspiel auf die Spitze:
nicht mehr 92
Hierbei wird noch auf einen weiteren Konflikt angespielt: Die Eingliederung
der Juden in das deutsche Volk und die damit verbundene Problematik
der postulierten Aufgabe der eigenen Identität und völligen Anpassung.93
Hebel positioniert sich gegen eine Einheitsreligion und fordert die
Gesellschaft auf, den jüdischen Bürger als gleichwertigen 94 anzuerkennen und zu akzeptieren. Denn die
Andersartigkeit der jüdischen Bevölkerung interpretiert er als Chance für
95 Dieser widersetze sich entschieden der
Forderung, sich taufen zu lassen, um als rechtmäßiger deutscher Bürger
angesehen zu werden.96
4.5 Die Anekdote Moses Mendelson in der schulischen Rezeption
Der Aufklärungsphilosoph Moses Mendelssohn ist als historische Person
aufgrund seiner großen Bedeutung in der jüdischen Geschichte in vielen
Lehrplänen von jüdischen und deutschen Schulen als Unterrichtsstoff
90 Zumkehr. In: Wilhelmi (2010), S. 269f. 91 Ebenda, S. 269. 92 Ebenda, S. 272. 93 Ebenda 94 Ebenda, S. 244. 95 Ebenda, S. 273. 96 Littmann, Franz: "Es sei die Rede nicht vom Fortschicken, sondern vom Dableiben": Johann Peter Hebel und das Judentum seiner Zeit. In: Wilhelmi, Thomas (Hrsg.): Johann Peter Hebel 2010. Berlin 2010, S. 134.
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vorgesehen97 und neben beispielsweise Alexander dem Großen
gleichrangig aufgelistet.98 So wurde auch Hebels Kalendergeschichte
vor allem im 19. Jahrhundert vielfach schulisch
rezipiert. Der Text wird aufgrund seiner positiven, leicht zu erfassenden
99 bezeichnet. Bei
der didaktischen Analyse des Werkes sind die Bildungsziele allerdings
nicht nur auf die Lehre über das Judentum beschränkt, sondern vielmehr
steht der allgemeine Kerngedanke, die Zufriedenheit mit dem eigenen
Schicksal, im Zentrum der Lehre.100 So wurde die Kalendergeschichte
unter anderem 1891 neben mehreren anderen Texten von Hebel im
veröffentlicht.101
Die Anekdote fand darüber hinaus sogar den Weg in jüdische
Lesebücher102, was im 19. Jahrhundert aufgrund der deutschen
Nationalität des Autors keineswegs selbstverständlich war. Jedoch
herrschte zu der damaligen Zeit ein Mangel an qualifizierten jüdischen
Autoren und die daraus resultierende Öffnung des Unterrichts hin zur
deutschen Literatur lie103 werden.104
Ferner wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts mehr und mehr
105 Dem entgegengesetzt gilt Hebels Geschichte
Moses Mendelson 106 für die
unvoreingenommene, faire Darstellung der Juden, auch in deutschen
Lesebüchern.
97 Franz, Kurt: Kalendermoral und Deutschunterricht. Johann Peter Hebel als Klassiker der elementaren Schulbildung im 19. Jahrhundert. Tübingen 1995, S. 245. 98 Ebenda, S. 247. 99 Ebenda, S. 246. 100 Ebenda, S. 247. 101 Ebenda, S. 248. 102 Ebenda, S. 247. 103 Ebenda 104 Ebenda, S. 246. 105 Ebenda, S. 247. 106 Ebenda
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Es bleibt zu erwähnen, dass die Kalendergeschichte bis heute als eines der Paradewerke von Johann Peter Hebel gilt, da sie in
-, Glaubens-, 107 auf
beeindruckende Weise vereint. Letztere zeigt sich hier im Besonderen
durch die Anwendung eines seiner zentralsten Stilmittel: Das 108 Er möchte dem Leser seine Meinung nicht
aufzwingen, sondern seine Botschaften und Lehren unterbewusst
vermitteln. Dadurch gelingt es dem Dichter, trotz der ernsten Thematik,
- 109 zu unterhalten
und durch die Pointe am 110 aufzulösen.
5 Fazit: Die Anerkennung Moses Mendelssohns in der Literatur
Zusammenfassend bleibt nun wohl noch zu erwähnen, wie beeindruckend
genau die historische Figur Moses Mendelssohn in literarische Werke
übernommen wurde. Während mit Gotthold Ephraim Lessing noch ein
enger Bekannter von Mendelssohn über diesen schrieb und auch noch
den Namen des Charakters ersetzte, wird bei Hebels Kalendergeschichte
dies noch eindeutiger. Hebel veränderte lediglich die Schreibweise der
Anstellung bei einem Kaufmann wird hier übernommen, sodass kein
Zweifel mehr bestehen kann, dass Hebel seinen Protagonisten an die
historische Figur mehr als nur anlehnt.
Dabei kannte Hebel Mendelssohn nur durch die ausführlichen Recherche
Jerusalem oder über die religiöse Macht und
Dass Hebel diese beiden Werke besaß, geht aus erhaltenen
handschriftlichen Notizen Hebels hervor.111
107 Zumkehr. In: Wilhelmi (2010), S. 268. 108 Ebenda, S. 269. 109 Ebenda, S. 268. 110 Ebenda, S. 269. 111 Vgl. Zumkehr. In: Wilhelmi (2010), S. 267.
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Da Hebel nicht nur in der thematisierten Kalendergeschichte das
Judentum aufgreift, wird deutlich, dass Hebel ein großer Freund der Juden
war.112
Leser einen alltagsnahen Juden sympathisch, aber keinesfalls fehlerlos zu
vermitteln.113
fraglich. Mende114 Dennoch wird er sicher nicht unnötig hochstilisiert.
dieser Zeit weiß auch um die jüdische Religion des realen Kaufmanns
Isaak Bernhard.115 Somit wird hier keinesfalls der Jude als einem Christen
überlegenen Menschen dargestellt, maximal ein Jude als einem Juden
überlegenen Menschen. Auch wenn es hier selbstverständlich zu betonen
gilt, dass hierbei für Hebel kein Zusammenhang mit der Religion besteht.
Vermutlich würde er vielmehr betonen, dass hier ein Mensch einem
Menschen überlegen ist.
Während heutzutage also die Zahl jüdischer Menschen immer weiter sinkt
und somit wichtige Persönlichkeiten dieser Religion für uns in
Vergessenheit geraten, wurde im 18./ 19. Jahrhundert einer Person wie
Moses Mendelssohn durch zahlreiche Autoren Respekt gezollt. Auch
Johann Wolfgang von Goethe schrieb:
Men 116
Welch historisch wichtige Figur Moses Mendelssohn für das Judentum,
doch vor allem auch für die Menschheit war, ist dennoch sicherlich auch
heute noch unbestritten. G
sich heute noch großer Beliebtheit erfreuen, können helfen, dieses
Bewusstsein zu erhalten.
112 Vgl. Ebenda S. 246. 113 Vgl. Storck. In: Johann Peter Hebel, Karlsruhe 1985, S. 137. 114 Vgl. Schlaffer/ Zils (2010), S. 181. 115 Vgl. Zumkehr. In: Wilhelmi (2010), S. 270 f. 116 Bourel (2006), S. 26.
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6 Literaturverzeichnis
6.1 Primärliteratur
Lessing, Gotthold Ephraim: Nathan der Weise. Ein dramatisches Gedicht in 5 Aufzügen. Husum: Hamburger Lesehefte Verl.
Hebel, Johann Peter: Moses Mendelson. In: Die Kalendergeschichten. Sämtliche Erzählungen aus dem Rheinländischen Hausfreund. Neuausg. Hg. v. Hannelore Schlaffer. München: Dt. Taschenbuch-Verl. 2010
6.2 Forschungsliteratur
Albrecht, Michael/ Engel, Eva J./ Hinske, Norbert (Hrsg.): Moses Mendelssohn und die Kreise seiner Wirksamkeit. Tübingen: Niemeyer Verlag 1994.
- Es hat nicht jeder das Zeug zu einem , S. 291-299.
- Löwenbrück, Anna-Ruth: Johann David Michaelis und Moses Mendelssohn Judenfeindschaft im Zeitalter der Aufklärung, S. 315-332.
Bourel, Dominique: Moses Mendelssohn Begründer des modernen Judentums. Zürich: Ammann Verlag 2007, S.23 78.
Canetti, Elias: Die Provinz des Menschen. Aufzeichnungen 1942 bis 1972. Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch Verlag 1981
Forester, Vera: Lessing und Moses Mendelssohn Geschichte einer Freundschaft. Hamburg: Europäische Verlagsanstalt/Rotbuch Verlag 2001
Franz, Kurt: Kalendermoral und Deutschunterricht. Johann Peter Hebel als Klassiker der elementaren Schulbildung im 19. Jahrhundert. Tübingen: Niemeyer 1995
Schlaffer, Hannelore / Zils, Harald (Hrsg.): Die Kalendergeschichten. Sämtliche Erzählungen aus dem Rheinländischen Hausfreund, München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2010
Schoeps, Julius: Moses Mendelssohn. Frankfurt a.M.: Jüdischer Athenäum Verlag 1989
Schoeps, Julius/ Grözinger, Karl E./ Mattenklott, Gert (Hrsg.): Tradition, Emanzipation und Verantwortung Moses Mendelssohn, die Aufklärung
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und die Anfänge des deutsch-jüdischen Bürgertums. Hamburg: Europäische Verlagsanstalt 2006.
- Möller, Horst: Friedrich Nicolai und Moses Mendelssohn Zwei Repräsentanten der Berliner Aufklärung, S. 97 S. 114.
- Guesnet, Francois: Moses Mendelssohns Tätigkeit als Fürsprecher im Kontext jüdischer politischer Kultur der frühen Neuzeit, S. 115-131.
Storck, Joachim W.: Johann Peter Hebel und die Emanzipation der Juden. In: Johann Peter Hebel, Karlsruhe 1985
Wilhelmi, Thomas (Hrsg.): Johann Peter Hebel 2010. Berlin 2010
- Littmann, Franz: "Es sei die Rede nicht vom Fortschicken, sondern vom Dableiben": Johann Peter Hebel und das Judentum seiner Zeit, S. 123-138
- Denn man muss um des Bartes willen den r Hebel und
die Juden: Biographische und theologische Dimension literarische Transformation, S. 243-275
6.3 Internetquellen
Sudbrackmusik [Website]. Zugriff am 23.02.2013 unter: http://www.sudbrackmusik.de/h/felix_und_moses_mendelssohn_185_de.php?PHPSESSID=2ccsfubc0f39hj7rhi2nk01213
Meiner [Website]. Zugriff am 23.02.2013 unter: http://www.meiner.de/product_info.php?products_id=2546
Google books [Website]. Zugriff am 23.02.2013 unter:
- http://books.google.de/books?id=EMUAAAAAcAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false
- http://books.google.de/books?id=nOJ4rwPAOzMC&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false
- http://books.google.de/books?id=u7EWAAAAQAAJ&pg=PP4&dq=nathan+der+weise&hl=de
Die Deutsche Gedichtebibliothek [Website]. Zugriff am 23.02.2013 unter: http://gedichte.xbib.de/biographie_Hebel.htm
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7 Eidesstaatliche Erklärung
Hiermit versichere ich, Felix Torsten Herrmann, die Kapitel 1, 2 und 5 der
Hebel selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt zu haben.
Hiermit versichere ich, Carina Pflaum, die Kapitel 3 und 4 der Hausarbeit
selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt zu haben.
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