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Mut statt Wut
eine exemplarische, praxisnahe Charakterisierung der österreichischen MutbürgerInnenlandschaft
Christoph Tanzer
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Fragestellungen
1. Wann und in welchem Kontext entstanden die Begriffe „Mut- bzw. Wutbürger“?
2. Seit wann werden die beiden Termini in Österreich(s Medien) verwendet?
3. Unterscheidet sich der/die Mut- von einem/einer WutbürgerIn? Wenn ja, was sind die Differenzierungsmerkmale?
4. Gibt es in Österreich Mut- bzw. WutbürgerInnenbewegungen? Wenn ja, wie stark sind diese beiden Kategorien vertreten?
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1Zwei Begriffe – ein Ursprung
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Zwei Begriffe – ein Ursprung
Oktober 2010, Wochenmagazin „Der Spiegel“
Rückgriff auf Thilo Sarrazin-Debatten undStuttgart 21
Wutbürger: Dirk Kurbjuweit, 11. Oktober 2010
Mutbürger: Barbara Supp, 18. Oktober 2010
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Wutbürger laut Kurbjuweit
das Mittelalter überschrittener, gut situierter Mensch
Angst vor Neuem, Fremdem
„Zukunftsvergessenheit“
Egoistischer Antrieb
Ziel: Bewahrung des Status quo
Quelle: vgl. Kurbjuweit, Der Spiegel 41/2010: 26
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Mutbürger laut Supp
Menschen aller Altersschichten
Antrieb entspringt aus einer „Krise der repräsentativen Demokratie“
Engagement nicht aus destruktiver Wut
Ziel: mehr Bürgerbeteiligung, mehr Direktdemokratie
Quelle: vgl. Supp 2010, Der Spiegel 42/2010: 42-43
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2Mutbürger und Wutbürger in
österreichischen Medien
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Die Begriffe in österreichischen Medien
Quantitative Mediendiskursanalyse
3 österreichische Printmedien:„Der Standard“, „Die Presse“ und „Kleine Zeitung“
Gezielte Suche nach den Stichworten „Mutbürger“ bzw. „Wutbürger“ in den Webseitenarchiven
Analysezeitraum: 11. Oktober 2010 – 20. August 2012
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Erstmals erschienener Artikel
18. 02. 201114. 09. 2011Kleine Zeitung
16. 10. 201020. 10. 2010Die Presse
15. 03. 201124. 05. 2011Der Standard
Suchbegriff
WutbürgerSuchbegriff
MutbürgerMedium
Quelle: eigene Darstellung
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Verwendung - 11.10.10 bis 20.08.12
Medium
Suchbegriff
MutbürgerSuchbegriff
WutbürgerVerhältnis
Der Standard 7 77 1 : 11
Die Presse 28 128 1 : 4,57
Kleine Zeitung 22 48 1 : 2,18
Quelle: eigene Darstellung
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Verwendung - 01.01.12 bis 20.08.12
Medium
Suchbegriff
MutbürgerSuchbegriff
WutbürgerVerhältnis
Der Standard 3 21 1 : 7
Die Presse 7 25 1 : 3,57
Kleine Zeitung 9 15 1 : 1,66
Quelle: eigene Darstellung
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Verwendung - Vergleich
Medium
Verhältnis
2010 - 2012Verhältnis
2012
Der Standard 1 : 11 1 : 7
Die Presse 1 : 4,57 1 : 3,57
Kleine Zeitung 1 : 2,18 1 : 1,66
Quelle: eigene Darstellung
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3 Mutbürger versus Wutbürger
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Drei Protesttypen in Österreich
Typ 1: Verdeckter Wutbürger
Typ 2: Öffentlicher Wutbürger
Typ 3: Mutbürger
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Typ 1: Verdeckter Wutbürger
Definition:
„jener Bürger, der seinem Ärger über politische Zustände verdeckt im Kreise der (engsten) Familie oder semiöffentlich, zum Beispiel am Stammtisch des Lieblingsgasthofes, Luft verschafft.“
Quelle: Eigendefinition
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Typ 2: Öffentlicher Wutbürger
Definition:
• aus Enttäuschung und Unzufriedenheit über bestimmte politische Entscheidungen und Handlungsweisen
• sehr heftig auf öffentlichen Plätzen und Straßen protestierender und demonstrierender Bürger
• ein Thema und/oder Ereignis• egoistisches Handlungsmotiv • ist gegen etwas und destruktiv, aber nicht
gewalttätig • Werbung vorrangig über das Internet
Quelle: Duden 2012, Eigendefinition
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Typ 3: Mutbürger
Definition:
aus Enttäuschung und Unzufriedenheit öffentlich auftretende Person aus der Zivilgesellschaft
thematisiert vielschichtige Problemfelder altruistisch und gewaltfrei konstruktives und lösungsorientiertes Auftreten Verwendung diverser gesetzlich verankerter, partizipativer
Instrumente zur Zielerreichung Internet als Kommunikationsmedium kreativer Aktionismus im öffentlichen Raum in Gruppierungen organisiert
Quelle: Eigendefinition
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Gemeinsamkeiten Öffentlicher Wutbürger und Mutbürger
a) die Enttäuschung und Unzufriedenheit über die politische Situation,
b) das aktive öffentliche Auftreten, um diese zu verändern,
c) die Nutzung des Internets zur Kommunikation der Ideen und Vorhaben und
d) das Prinzip des gewaltfreien Widerstands
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Unterschiede Öffentlicher Wutbürger und Mutbürger
Gegen etwas Für etwas
Lautstarker Protest: „Stiller“ Protest:Demos auf Straßen, Aktionen im öffentl. Raum, Plätzen, … Nutzung von diversen
Medien und Demokratieinstrumenten
Ein Thema Themenkomplex
Egoistisch Altruistisch
Destruktiv: Konstruktiv: Keine Vorschläge Maßnahmenkataloge
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4Protestlandschaft Österreich
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Protestlandschaft Österreich
1. Verdeckter Wutbürger: klassisch
2. Öffentlicher Wutbürger: kaum vertreten (Bsp.: Anti-ACTA-Demos)
3. Mutbürger: relativ stark vertreten, gerade im internationalen Vergleich
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Mutbürgerinitiative – Beispiel 1
Name: Machen wir uns STARK Gegründet: Anfang 2010
Facebook-Fans: 6255
Übergeordnetes Ziel: Einsatz für einen positiven Kurswechsel in der Menschenrechtspolitik, eine mutige Bildungspolitik, eine gerechte Verteilung des Wohlstands und für ein gutes Zusammenleben
Aktuelle Forderung: Zugang zu Lehre und Arbeitsmarkt für Asylsuchende ermöglichen
Quelle: http://machen-wir-uns-stark.at/
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Mutbürgerinitiative – Beispiel 2
Name: Verein "Demokratiebegehren MeinOE"
Gegründet: Anfang 2011
Facebook-Fans: 3416
Übergeordnetes Ziel: Breit angelegte Reformierung des politischen Systems
Österreichs
Einige Forderungen: Ein neues Wahlrecht: Persönlichkeiten vor Parteilisten! Mehr direkte Demokratie Ausbau der Grund- und Freiheitsrechte
Quelle: http://www.meinoe.at/
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Mutbürgerinitiative – Beispiel 3
Name: Verwaltungsreform JETZT!Gegründet: Februar 2011
Facebook-Fans: 1078
Übergeordnetes Ziel: Weitreichende Verwaltungsreform
Einige Forderungen: Stärkung der Rolle des Bundesrechnungshofes und
der Landesrechnungshöfe eine massive Erhöhung der Verwaltungseffizienz
Quelle: http://www.verwaltungsreform-jetzt.at
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POLK als mutbürgerliches Praxisbeispiel
Name: POLK – Initiative zur Erneuerung der politischen Kultur
POLK => POLitische Kultur und Politisches VOLK
Gegründet: November 2010
Kernteam: 10 Personen Facebook-Fans: 154
Übergeordnetes Ziel: Verbesserung und Erneuerung der politischen Kultur
in Österreich und innerhalb der Europäischen Union
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Seit Nov. 2010: regelmäßige Treffen (ca. 1x monatlich)
Sept. 2011: Veröffentlichung Grundsatzpapier
10 Wertegruppen, 39 Grundanliegen
April 2012: Webauftritt www.politische-kultur.at
POLK als mutbürgerliches Praxisbeispiel
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Derzeitige „Projekte“:
Petition „Politische Bildung als eigenständiges Unterrichtsfach“
Finalisierung eines Online-Geobeteiligungstool
Gründung eines Vereins
POLK als mutbürgerliches Praxisbeispiel
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Abschließende Fragen
Sind der/die Mut- bzw. WutbürgerIn tatsächlich neuartige Erscheinungen unserer Zeit? Wenn ja, was ist das Neue?
Was sind eurer Meinung nach die Gründe, warum der Begriff Wutbürger medial überproportional öfters verwendet wird als der Terminus Mutbürger?
Welche Chance/Macht/Möglichkeit haben Demokratiebewegungen wie POLK unter welchen (organisationsinternen wie auch –externen) Bedingungen, um Demokratie bewegen zu können?