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Quelle/Publication: Ausgabe/Issue: Seite/Page: Farbe & Lack 10/2005 20 Nano-Bandlack gegen Zunderbildung Neue Möglichkeiten bei der Kalt- und Warmumformung von Stahlblech Stefan Sepeur, Stefan Goedicke und Nora Laryea, Saarbrücken. Bei der Warmumformung von Stahlblechen kommen Temperaturen von 950 °C zum Einsatz. Sobald die heiße Oberfläche mit Luftsauerstoff in Kontakt kommt, oxidiert sie. Die dabei entstehende Zunderschicht ist rau, spröde und platzt ab - eine weitere Verarbeitung ist schwierig. Abhilfe schafft aber ein Sol-Gel-Nanolack mit eingebetteten Aluminiumpartikeln, der den Prozess mitmacht und wirksam gegen Zunderbildung schützt. In Anbetracht der heutigen hohen Sicherheitsanforderungen werden bei der Konstruktion tragender Teile im Automobilbau zunehmend ausgewählte hochfeste Materialien verwendet. Mit Mangan-Bor-Stahl (22MnB5) können durch Warmumformung (Formhärten) Festigkeiten bis zu 1.650 MPa erzielt werden - im Vergleich zu 1.100 MPa im Fall von kalt umgeformtem Stahl. Beim Formhärteprozess wird der Stahl durch Erwärmen entsprechender Bleche auf 950 °C austenitisiert, das Blech anschließend in die Pressform überführt und umgeformt. Das Formteil wird dabei in der Form auf Temperaturen zwischen 100 und 200 °C abgeschreckt. Dabei wird eine martensitische Gefügestruktur und somit ein hochfestes Bauteil erzeugt. Heiße Oberfläche verzundert bei Kontakt mit Luftsauerstoff Ein bekanntes Problem, das hierbei ebenso wie bei anderen Hochtemperaturprozessen bei niedrig legierten Stählen auftritt, ist die Verzunderung (Hochtemperaturoxidation) der Stahloberfläche. Zunder bildet sich, sobald die über 900 °C heiße Oberfläche mit Luftsauerstoff in Kontakt kommt. Während die Aufheizstrecke mit entsprechendem konstruktiven und finanziellen Aufwand noch unter Schutzgas gehalten werden kann, ist ein Kontakt mit der Umgebungsluft spätestens bei der Überführung des Bleches beziehungsweise des Teils in die Preßform unvermeidlich (Abb. 1). Die dabei entstehende Zunderschicht ist rauh und spröde, platzt flächig ab und bietet keine Grundlage für Folgeprozesse wie beispielsweise Schweißen und KTL. Bei der Verwendung von ungeschütztem Stahl würden die teuren Formen nach kurzer Zeit beschädigt und müssten nach jedem umgeformten Bauteil gereinigt werden. Die Produktion einer ausreichenden Stückzahl von Teilen im Serienprozess würde dadurch unmöglich. Schutz durch eine Beschichtung möglich Da der Stahl - wie beschrieben - in der Praxis nur sehr beschränkt durch konstruktive Maßnahmen (Schutzgas) vor Verzunderung geschützt werden kann, muss der Schutz direkt auf der Stahloberfläche, also durch eine Schutzschicht erfolgen. Als Stand der Technik sind hier feueraluminierte Stahlsorten verfügbar, bei denen auf das Coil beidseitig eine etwa 25 μm dicke Aluminium-Silizium-Legierung aufgebracht wird, die den Stahl bei der Warmumformung vor Verzunderung schützt. Allerdings geht man aus praktischen Gründen bei Bauteilen bestimmter Größe und komplexerer Geometrie mehr und mehr dazu über, die Teile in zwei Schritten, nämlich einer kalten Vorformung mit einer anschließenden Warmumformung (Formhärten) zu fertigen. Bisher existierte keine Schutzbeschichtung, die für ein solches kombiniertes Verfahren geeignet ist. In Zusammenarbeit mit der Universität Kassel (Lehrstuhl für Umformtechnik, Prof. K. Steinhoff), der Volkswagen AG (Werk Kassel) und dem DOC (Dortmunder OberflächenCentrum der ThyssenKrupp Stahl AG) wurde bei der Nano-X GmbH in Saarbrücken ein umformbarer Schutzlack gegen die Verzunderung von Stahl entwickelt [1]. Die Funktion des Materials konnte durch die Kombination eines nanotechnologischen Ansatzes mit den Grundprinzipien konventioneller Lacktechnologie erzielt werden. Der nanotechnologische Grundansatz besteht in der Entwicklung eines geeigneten hochtemperaturbeständigen anorganisch-organischen Bindemittels auf der Basis des Sol-Gel-Prozesses [2, 3, 4, 5]. Vernetzte Nanopartikel als feste Haftschicht Bei dem hier schematisch abgebildeten Sol-Gel-Prozess (Abb. 2) werden als Rohstoffe Alkoxysilane verwendet, die unter definierten Reaktionsbedingungen (Temperatur, pH-Wert, Wasseranteil) unter Bildung reaktiver Silanolgruppen hydrolysiert werden und in der Folge zu größeren Oligomeren und Polymeren kondensieren. Diese nanoskaligen Polymerstrukturen sind hier vereinfacht als kugelförmige Nanopartikel dargestellt und liegen gelöst in dem bei der Hydrolyse freigesetzten Alkohol (meist Ethanol) vor. Eine solche Beschichtungslösung kann prinzipiell durch beliebige Applikationsverfahren (beispielsweise Spritzen, Tauchen und Walzen) auf ein geeignetes Substrat aufgebracht werden. Durch thermische Trocknung des applizierten Naßfilms erfolgt ein Abdampfen des Lösemittels und eine weitere Kondensation bzw. Vernetzung der Partikel untereinander, so dass auf dem Substrat eine geschlossene, fest haftende Schicht gebildet wird. Die Anwendung als umformbarer Verzunderungsschutz für Stahl stellt extrem hohe und an sich widersprüchliche Anforderungen an ein Beschichtungsmaterial. So muss die Schicht bei Raumtemperatur ausreichend flexibel sein, um bei der Kaltumformung zu haften. Andererseits muss sie auch bei über 900°C beständig sein, die Spannungen durch die enorme Wärmedehnung von Stahl bestehen und auch bei der Warmumformung noch tribologische Eigenschaften aufweisen. Natürlich muss zunächst einmal das Lackbindemittel im Ansatz diese Anforderungen erfüllen. Diese Aufgabe wurde durch eine in zahlreichen Versuchsreihen optimierte Auswahl und Kombination des organischen Restes R gelöst (Abb. 3). Hoch kondensierte Sole durch Fällungs-Emulsions-Verfahren Die beim Sol-Gel-Prozess aus Alkoxysilanen freigesetzten niedrigen Alkohole stellen in vielen Fällen ein Problem für die Anwendung dar. Während bei entsprechend ausgerüsteten Lackieranlagen zumindest für Kleinserien hoch alkoholhaltige Sole noch verarbeitet werden können, ist der Einsatz von A1-Lösemitteln auf großtechnischen Coil Coating Anlagen aus Explosionsschutzgründen im Allgemeinen nicht zulässig. Eine destillative Entfernung des Alkohols ist einerseits aufwendig und führt andererseits meist zu einer Destabilisierung des Beschichtungssols und somit zu einer geringen Topfzeit. Mit dem von Nano-X entwickelten und patentierten "Fällungs-Emulsions-Verfahren" können stabile, hoch kondensierte Sole mit hohem Feststoffgehalt und niedrigem Lösemittelanteil erhalten werden [6, 7]. 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Farbe & Lack

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Nano-Bandlack gegen Zunderbildung

Neue Möglichkeiten bei der Kalt- und Warmumformungvon StahlblechStefan Sepeur, Stefan Goedicke und Nora Laryea,Saarbrücken.Bei der Warmumformung von Stahlblechen kommenTemperaturen von 950 °C zum Einsatz. Sobald die heißeOberfläche mit Luftsauerstoff in Kontakt kommt, oxidiert sie.Die dabei entstehende Zunderschicht ist rau, spröde undplatzt ab - eine weitere Verarbeitung ist schwierig. Abhilfeschafft aber ein Sol-Gel-Nanolack mit eingebettetenAluminiumpartikeln, der den Prozess mitmacht und wirksamgegen Zunderbildung schützt.In Anbetracht der heutigen hohen Sicherheitsanforderungenwerden bei der Konstruktion tragender Teile imAutomobilbau zunehmend ausgewählte hochfesteMaterialien verwendet.Mit Mangan-Bor-Stahl (22MnB5) können durchWarmumformung (Formhärten) Festigkeiten bis zu 1.650MPa erzielt werden - im Vergleich zu 1.100 MPa im Fall vonkalt umgeformtem Stahl.Beim Formhärteprozess wird der Stahl durch Erwärmenentsprechender Bleche auf 950 °C austenitisiert, das Blechanschließend in die Pressform überführt und umgeformt.Das Formteil wird dabei in der Form auf Temperaturenzwischen 100 und 200 °C abgeschreckt. Dabei wird einemartensitische Gefügestruktur und somit ein hochfestesBauteil erzeugt.

Heiße Oberfläche verzundert bei Kontakt mitLuftsauerstoffEin bekanntes Problem, das hierbei ebenso wie bei anderenHochtemperaturprozessen bei niedrig legierten Stählenauftritt, ist die Verzunderung (Hochtemperaturoxidation) derStahloberfläche. Zunder bildet sich, sobald die über 900 °Cheiße Oberfläche mit Luftsauerstoff in Kontakt kommt.Während die Aufheizstrecke mit entsprechendemkonstruktiven und finanziellen Aufwand noch unterSchutzgas gehalten werden kann, ist ein Kontakt mit derUmgebungsluft spätestens bei der Überführung des Blechesbeziehungsweise des Teils in die Preßform unvermeidlich(Abb. 1).Die dabei entstehende Zunderschicht ist rauh und spröde,platzt flächig ab und bietet keine Grundlage fürFolgeprozesse wie beispielsweise Schweißen und KTL. Beider Verwendung von ungeschütztem Stahl würden dieteuren Formen nach kurzer Zeit beschädigt und müsstennach jedem umgeformten Bauteil gereinigt werden. DieProduktion einer ausreichenden Stückzahl von Teilen imSerienprozess würde dadurch unmöglich.

Schutz durch eine Beschichtung möglichDa der Stahl - wie beschrieben - in der Praxis nur sehrbeschränkt durch konstruktive Maßnahmen (Schutzgas) vorVerzunderung geschützt werden kann, muss der Schutzdirekt auf der Stahloberfläche, also durch eineSchutzschicht erfolgen. Als Stand der Technik sind hierfeueraluminierte Stahlsorten verfügbar, bei denen auf dasCoil beidseitig eine etwa 25 µm dickeAluminium-Silizium-Legierung aufgebracht wird, die denStahl bei der Warmumformung vor Verzunderung schützt.Allerdings geht man aus praktischen Gründen bei Bauteilenbestimmter Größe und komplexerer Geometrie mehr undmehr dazu über, die Teile in zwei Schritten, nämlich einerkalten Vorformung mit einer anschließendenWarmumformung (Formhärten) zu fertigen. Bisher existierte

keine Schutzbeschichtung, die für ein solches kombiniertesVerfahren geeignet ist.In Zusammenarbeit mit der Universität Kassel (Lehrstuhl fürUmformtechnik, Prof. K. Steinhoff), der Volkswagen AG(Werk Kassel) und dem DOC (DortmunderOberflächenCentrum der ThyssenKrupp Stahl AG) wurdebei der Nano-X GmbH in Saarbrücken ein umformbarerSchutzlack gegen die Verzunderung von Stahl entwickelt[1]. Die Funktion des Materials konnte durch dieKombination eines nanotechnologischen Ansatzes mit denGrundprinzipien konventioneller Lacktechnologie erzieltwerden. Der nanotechnologische Grundansatz besteht inder Entwicklung eines geeignetenhochtemperaturbeständigen anorganisch-organischenBindemittels auf der Basis des Sol-Gel-Prozesses [2, 3, 4,5].

Vernetzte Nanopartikel als feste HaftschichtBei dem hier schematisch abgebildeten Sol-Gel-Prozess(Abb. 2) werden als Rohstoffe Alkoxysilane verwendet, dieunter definierten Reaktionsbedingungen (Temperatur,pH-Wert, Wasseranteil) unter Bildung reaktiverSilanolgruppen hydrolysiert werden und in der Folge zugrößeren Oligomeren und Polymeren kondensieren. Diesenanoskaligen Polymerstrukturen sind hier vereinfacht alskugelförmige Nanopartikel dargestellt und liegen gelöst indem bei der Hydrolyse freigesetzten Alkohol (meist Ethanol)vor. Eine solche Beschichtungslösung kann prinzipiell durchbeliebige Applikationsverfahren (beispielsweise Spritzen,Tauchen und Walzen) auf ein geeignetes Substrataufgebracht werden. Durch thermische Trocknung desapplizierten Naßfilms erfolgt ein Abdampfen des Lösemittelsund eine weitere Kondensation bzw. Vernetzung der Partikeluntereinander, so dass auf dem Substrat einegeschlossene, fest haftende Schicht gebildet wird.Die Anwendung als umformbarer Verzunderungsschutz fürStahl stellt extrem hohe und an sich widersprüchlicheAnforderungen an ein Beschichtungsmaterial. So muss dieSchicht bei Raumtemperatur ausreichend flexibel sein, umbei der Kaltumformung zu haften. Andererseits muss sieauch bei über 900°C beständig sein, die Spannungen durchdie enorme Wärmedehnung von Stahl bestehen und auchbei der Warmumformung noch tribologische Eigenschaftenaufweisen. Natürlich muss zunächst einmal dasLackbindemittel im Ansatz diese Anforderungen erfüllen.Diese Aufgabe wurde durch eine in zahlreichenVersuchsreihen optimierte Auswahl und Kombination desorganischen Restes R gelöst (Abb. 3).

Hoch kondensierte Sole durchFällungs-Emulsions-VerfahrenDie beim Sol-Gel-Prozess aus Alkoxysilanen freigesetztenniedrigen Alkohole stellen in vielen Fällen ein Problem fürdie Anwendung dar. Während bei entsprechendausgerüsteten Lackieranlagen zumindest für Kleinserienhoch alkoholhaltige Sole noch verarbeitet werden können,ist der Einsatz von A1-Lösemitteln auf großtechnischen CoilCoating Anlagen aus Explosionsschutzgründen imAllgemeinen nicht zulässig. Eine destillative Entfernung desAlkohols ist einerseits aufwendig und führt andererseitsmeist zu einer Destabilisierung des Beschichtungssols undsomit zu einer geringen Topfzeit. Mit dem von Nano-Xentwickelten und patentierten"Fällungs-Emulsions-Verfahren" können stabile, hochkondensierte Sole mit hohem Feststoffgehalt und niedrigemLösemittelanteil erhalten werden [6, 7].

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Im ersten Schritt werden organisch modifizierte Silane mitAlkoxiden oder Salzen geeigneter Metalle unter saurenBedingungen co-hydrolysiert (Abb. 4). Mit fortschreitenderKondensation entstehen nanoskalige Partikel ausoberflächenmodifizierten Metalloxiden in einemalkoholischen Sol. Im nächsten Schritt wird durch gezielteWasserzugabe eine Phasentrennung hervorgerufen, die dieEntfernung von Alkohol und wasserlöslichen Salzen aus derKondensatphase erlaubt, wobei auch eine pH-Verschiebungder Kondensatphase vom sauren in den neutralen Bereichstattfindet.

Stabilisierung der nanopartikulären SoleDas führt gleichzeitig zu einer Stabilisierung dernanopartikulären Sole. Es können mehrere Fällungennacheinander durchgeführt werden. Die zunehmendeEntfernung von Salzen und freien Säuren aus derKondensatphase mit jedem Fällungsschritt kann anhand vonLeitfähigkeitsmessungen, hier am Beispiel eines Sols mit R= Methacrylat, belegt werden.Mit steigender Anzahl der Fällungen und Phasentrennungenfällt die elektrische Leitfähigkeit exponentiell ab (Abb. 5).Dieses Verhalten läßt sich mit einer Entfernung von Ionen(Salze und Säure) aus der Kondensatphase erklären undgeht einher mit einer pH-Verschiebung von 2 nach 6 bereitsnach zwei Phasentrennungen.Für ein System mit methacrylat-modifizierten Silanenwurden, wie nachfolgend beschrieben, weitereCharakterisierungen durchgeführt: Nach dem zweitenTrennungsschritt wurde ein Feststoffgehalt von 85Gewichtsprozent bestimmt. Im Feststoff kann dabei einanorganischer Anteil von bis zu 60 Gewichtsprozent erzieltwerden. Mit der Photonenkorrelationsspektroskopie wurdenPartikelgrößen im Bereich von 6 - 8 nm nachgewiesen. Dasentspricht erfahrungsgemäß dem optischenErscheinungsbild der synthetisierten kolloidalen Lösungen.Der Kondensationsgrad wurde mit 29SiFlüssig-NMR-Spektroskopie ermittelt und ergab einen Wertvon 91 Prozent nach dem vierten Fällungs- undPhasentrennungsschritt (21 Prozent vor Fällung). Dies ist inAnbetracht der relativ geringen Viskosität (etwa 50 sAuslaufzeit mit DIN 53211 Auslaufbecher, 4 mm Düse, 20°C) ein bemerkenswertes Ergebnis. Fast alle während dersäurekatalysierten Hydrolyse gebildeten Silanolgruppenhaben durch Kondensation unter Bildung vonSi-O-Si-Bindungen weiterreagiert. Eine weitere Hydrolysevon möglicherweise nicht umgesetzten Alkoxiden findet beidem durch Fällungen und Phasentrennungen eingestelltenfast neutralen pH-Wert nicht oder nur sehr langsam statt.Abb. 6 zeigt ein entsprechendes translzuzentes Harz.

Nachträgliche Emulgierung in wässrige Phase istmöglichIn der Praxis konnten mit dem beschriebenen VerfahrenDispersionen mit Topfzeiten von mehr als einem Jahr beiRaumtemperatur erhalten werden. Auch eine nachträglicheEmulgierung in die wässrige Phase ist möglich. Aufgrundder Gesamtheit der genannten Charakterisierungen wird alsStrukturmodell von einer stabilen Dispersion aus getrenntenanorganischen Nanopartikeln mit Silanmodifizierung undunpolymerisierten Methacryl-Funktionen an der Oberflächeausgegangen.Durch Optimierung dieser Technologie und über dieVariation der Zusammensetzung von verwendetenVorläufern wurden Basisbindemittel fürHochleistungs-Kratzfestschichten entwickelt. Durch Zugabegeeigneter Additive wurden bereits thermisch oder mitUV-härtbare Formulierungen erhalten. Der Einsatzderartiger Lacksysteme erstreckt sich auf die

unterschiedlichsten Substrate, wie beispielsweisemineralische Untergründe, Kunststoffe, Textilien,Kunstleder, lackierte Oberflächen oder Metalle. EineAuswahl entsprechender Basisbindemittel ist bei Nano-X füreigene Formulierungen erhältlich. Auf der Basis derartighergestellter Bindemittel wurde in einem nächsten Schrittderen Eignung im Hinblick auf Verzunderungsschutzgetestet.

Mikroskalige Aluminiumpartikel verhindernZunderbildungIn einem breiten Materialscreening über die meistenverfügbaren Silane, teils in Kombination miteinander, teilsunter Verwendung von haftungsvermittelnden Substanzenund Katalysatoren, konnten sehr gut haftende, hochtemperaturbeständige anorganisch-organische Bindemittelerzeugt werden. Keine der allein aus diesen Filmbildnernhergestellten Schichten war jedoch in der Lage, die Haftungauf 22MnB5- Stahl bei der enormen thermischenAusdehnung bei Erwärmung auf 950 °C aufrechtzuerhaltenund die Zunderbildung zu verhindern. Der Durchbruchkonnte hier erst durch den Einbau mikroskaligerAluminiumpartikel in die Schicht erzielt werden (Abb. 7).Die Aluminiumpartikel sind in dem flexiblenanorganisch-organischen Netzwerk eingebettet.Glühversuche an beschichteten Blechen (nach demBeschichten umgebogen) zeigen die Wirksamkeit derSchicht gegen Zunderbildung (Abb 8).Schon beim Entnehmen aus dem Glühofen ist es möglich,an der Schwarzfärbung des unbeschichteten StreifensZunderbildung zu beobachten. Währenddessen erscheinendie beschichteten Stellen rot glühend und weisen nach demAbkühlen eine fest haftende glatte Oberfläche auf.Beim Glühen reagieren die temperaturbeständigenBestandteile der Beschichtung mit der Stahloberfläche undbilden eine oxydische Schutzschicht, die die ElementeEisen, Aluminium, Silicium und Sauerstoff enthält [8, 9, 10,11].

Schutzlack wird direkt auf das Stahlcoil aufgetragenUm den hohen Bedarf an beschichteten Platinen zu decken,ist die Applikation direkt auf das Stahlcoil die Methode derWahl (Abb. 9). Die Anforderungen an den Schutzlackstiegen dadurch nochmals: Denn nun mussten auch dielacktechnologischen Eigenschaften wie Festkörper undViskosität sowie Aushärtezeit angepasst werden. Fernermuss die Beschichtung nach der Applikation auf dasStahlcoil die gesamte Prozesskette inklusive Auf- undAbwickeln des Coils, Schneiden von Platinen, KalteVorformung sowie die Warmumformung überstehen. Durchweitere Modifizierungen des Lackes konnten die dafürnotwendigen tribologischen Eigenschaften erzielt werden.Der Schutzlack wird seitdem bei Nano-X produziert und vonweiteren Unternehmen verarbeitet (Abb. 10).Wir danken der Chemielaborantin Nicola Reuter für dieengagierte Mitarbeit bei der Lackentwicklung.

Literatur[1] K. Steinhoff, http://idw-online.de/pages/de/ news106226[2] H. Schmidt, Chemistry of Material Preparation by theSol-Gel-Process, J. Non-Cryst. Solids 100, 1988, 51 - 64[3] C. J. Brinker, G. Scherer, Sol-Gel-Science: The Physicsand Chemistry of Sol-Gel Processing, Academic Press Inc.,Boston 1990[4] J. Wen, G. L. Wilkes, Organic/Inorganic Hybrid NetworksMaterials by the Sol Gel Approach, Chem. Mater. 8 (1996),1667 - 1681[5] K. H. Haas, S. Amberg-Schwab, K. Rose, FunctionalizedCoating Materials based on Inorganic-Organic Polymers,

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Thin Solid Films 351 (1999), 198 - 203[6] Patentanmeldung Nano-X GmbH WO 02/50191 A2Lösungsmittelarme Sol-Gel-Systeme[7] S. Sepeur, N. Kunze, S. Goedicke, "Ultra ScratchResistant Coating Systems", European CoatingsConference (ECC) "Modern Coatings for PlasticsSubstrates", 24. - 25. November 2003, Berlin[8] S. Goedicke, Nano-X GmbH, U. Paar, Volkswagen AG,Kassel, "Entwicklung einer multifunktionalen Beschichtungfür die Kalt- und Warmumformung von höchstfestenVergütungsstählen", SchauplatzNano Pressekonferenz,Beiersdorff, Hotel Maritim, Frankfurt 23.02.2005[9] S. Sepeur, Multifunktionale Beschichtung für die Kalt-und Warmumformung von höchstfesten Vergütungsstählen,Stahl und Eisen 5/2005, S. 68 f.[10] S. Sepeur, S. Goedicke, "Nano-Coatings inHot-Forming Processes on Steel Parts", European CoatingsConference (ECC), "Smart Coatings IV", 9. - 10. Juni 2005,Berlin[11] S. Goedicke, "Nano-Schicht verhindert, dass es Zundergibt", Industrieanzeiger 2005, Ausgabe 25, S. 35

Ergebnisse auf einen Blick- In einem Sol-Gel-Verfahren wurdenanorganisch-organische Hybrid-Bindemittel entwickelt.Durch das "Fällungs-Emulsions-Verfahren" entstehen dabeilösemittelarme topfzeitstabile nanopartikuläre Dispersionen.- Durch sorgfältige Auswahl der Vorläufersubstanzenkönnen temperaturbeständige Matrixmaterialien erhaltenwerden. Diese eignen sich zur Bindung mikroskaligerAluminiumpartikel und weisen eine sehr gute Haftung aufVergütungsstahl auf.- Die Aluminiumpartikel, eingebettet in dem flexiblenanorganisch-organischen Netzwerk aus Nanopartikeln,schützen wirksam gegen Zunderbildung.- Der Schutzlack kann direkt auf Stahlcoils aufgetragenwerden. Er eignet sich sowohl für die Kaltumformung alsauch als Verzunderungsschutz für die Warmumformung.

Dr. Stefan Sepeur,Nano-X GmbH, studierte Chemie an der Universität desSaarlandes und am Institut für Neue Materialien (INM) undpromovierte dort 2001 im Bereich "Easy toClean"-modifizierte Kratzfestbeschichtungen. Am INM leiteteer die Abteilung "Werkstoff- und Verfahrensentwicklung" undwar zudem in leitender Funktion im BeschichtungszentrumNeue Materialien für Oberflächen tätig. 1999 gründete erzusammen mit dem Ingenieur Reimund Krechan die Nano-XGmbH, die auf Entwicklungen der chemischenNanotechnologie spezialisiert ist.

Dr. Stefan Goedicke,Nano-X GmbH, Jahrgang 1969, studierte Chemie an derUniversität des Saarlandes und der University of Surrey,Guildford, England. Nach seinem Diplom arbeitete er amInstitut für Neue Materialien, Saarbrücken, wo erIndustrieprojekte im Bereich hochtemperaturbeständigerSol-Gel-Materialien durchführte und 2001 promovierte. Seit2001 leitet er bei Nano-X eine F&E-Abteilung undbeschäftigt sich mit der Entwicklung von Bindemitteln undBeschichtungsmaterialien im Bereich Korrosions- undVerzunderungsschutz.

Dr. Nora Laryea, geb. Kunze,Nano-X GmbH, Jahrgang 1971, studierte Chemie an derMartin-Luther Universität Halle-Merseburg. Danach arbeitetesie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für NeueMaterialien im Bereich strahlenhärtbarerHartbeschichtungsmaterialien auf Nanokompositbasis und

promovierte 2001. Seit 2000 ist sie Mitgesellschafterin vonNano-X. Ihre Arbeitsgebiete sind die Entwicklung vonkratzfesten UV-Lacken, Bindemitteln undImprägniersystemen auf Nanokompositbasis. Seit 2005leitet sie die Anwendungstechnik und QS.

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Abb. 1: Zunder auf 22MnB5-Stahlblech nach 10 Minuten Glühen bei 950°C.

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Abb. 2: Schema zur Herstellung einer Beschichtungslösung im Sol-Gel-Prozess.

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Abb. 3: Disilanol als reaktive Zwischenstufe beim Sol-Gel-Prozess.

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Abb. 4: Schematische Darstellung des Fällungs-Emulsions-Verfahrens.

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Abb. 5: Elekrische Leitfähigkeit [µs] einer Methacrylat-modifiziertenNanopartikeldispersion in Abhängigkeit von der Anzahl der Fällungs- und

Phasentrennungsschritte.

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Abb. 6: Transluzentes Harz nach viermaliger Phasentrennung.

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Abb. 7: Flexible anorganisch-organische Matrix gefüllt mit Aluminiumpartikeln.

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Abb. 8: Glühversuche an beschichteten Blechen. Links oben: Beschichtetes Blech wirdin 950°C heißen Ofen eingelegt; Rechts oben: rot glühendes Blech nach 10 Minuten bei

950 °C ohne Schutzgas; Links unten: unbeschichtete Rückseite verzundert; Rechtsunten: Beschichtung intakt.

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Abb. 9: Stahlcoil beschichtet mit Schutzlack.

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Abb. 10: Formgehärtetes Tunnelteil: links ohne, rechts mit Schutzlack.

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