natura 2000 in der atlantischen...
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Natura 2000 in der atlantischen Region
2 Natura 2000 in der atlantischen Region
Europäische Kommission
Generaldirektion Umwelt
Autorin: Kerstin Sundseth, Ecosystems LTD, Brüssel
Verantwortliche Herausgeberin: Susanne Wegefelt,
Europäische Kommission, Referat B2, Natur und
biologische Vielfalt, 1049 Brüssel, BELGIEN
Unter Mitwirkung von: John Houston und Mats Eriksson
Danksagungen: Wir danken dem Europäischen
Themenzentrum „Naturschutz und Biologische Vielfalt“
und der Spatial Applications Division der Katholischen
Universität Löwen (SADL) für die Bereitstellung der in den
Tabellen und Karten verwendeten Daten.
Grafi k: NatureBureau International
Fotos: Umschlag vorn: Machair, Äußere Hebriden,
Vereinigtes Königreich; Lorne Gill/SNH; kleine Fotos, von
oben nach unten: Paul Goriup, Peter Creed, M. Stock,
www.burrenbeo.com; Umschlag Rückseite: Burren, Irland;
www.burrenbeo.com
Weitere Informationen zu Natura 2000 fi nden Sie unter
http://ec.europa.eu/environment/nature.
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diese Verbindungen in Rechnung.
Informationen zur Europäischen Union fi nden Sie unter
http://ec.europa.eu.
Luxemburg: Amt für Veröff entlichungen
der Europäischen Union, 2010
© Europäische Union, 2010
2010 – 12 S. – 21 x 29,7 cm
ISBN 978-92-79-13245-2
doi:10.2779/65648
Nachdruck mit Quellenangabe gestattet. Die Fotos sind
urheberrechtlich geschützt und dürfen ohne die vorherige
schriftliche Zustimmung der jeweiligen Fotografen nicht
verwendet werden.
Printed in Belgium
Gedruckt auf mit dem EU-Umweltzeichen für
grafi sche Papiere versehenem Recycling-Papier
(siehe http://ec.europa.eu/environment/ecolabel).
Die atlantische Region – am westlichen Rand Europas ................................................ S. 3
Natura-2000-Arten in der atlantischen Region ..................................................... S. 5
Natura-2000-Gebiete in der atlantischen Region ..................................................... S. 6
Natura-2000-Lebensraumtypen in der atlantischen Region ..................................................... S. 8
Bewirtschaftung der atlantischen Region ........................ S. 10
Inhalt
3Natura 2000 in der atlantischen Region
Die atlantische Region erstreckt sich vom Norden des Vereinigten
Königreichs und Irlands über die Niederlande sowie über Teile
von Deutschland, Dänemark, Belgien und Frankreich bis an die
Nordküsten Spaniens und Portugals. Die Entfernung bis zum Meer
beträgt maximal 300 km, und da weite Teile der Region fl ach und
tief gelegen sind, dringt das Meeresklima weit ins Landesinnere
und sorgt für milde Winter und kühle Sommer bei vorwiegend
westlichen Winden und ganzjährig mäßigem Niederschlag.
Die Region umfasst mehr als die Hälfte der langen zerklüfteten
Küste Europas und zwei der produktivsten Meere der Welt: die
Nordsee und den nordöstlichen Atlantischen Ozean.
Die gewaltige Einwirkung von Gezeiten, Wind und Wellen auf das
harte Grundgestein und die weichen Sedimente hat entscheidend
zur Entstehung dieser vielfältigen und dynamischen Küste
beigetragen, die so reich an unterschiedlichen Lebensräumen
und Arten ist. Windgepeitschte Felsküsten, exponierte felsige
Landzungen und schmale Seegaten wechseln mit weiten
Sandstränden, geschützten Buchten und ausgedehnten
Schlickwattfl ächen.
Mehrere der wichtigsten Flüsse Europas münden in der
atlantischen Region (Gironde, Loire, Rhein, Themse, Seine
und Schelde) und bilden gewaltige Ästuarien von hoher
wirtschaftlicher und biologischer Bedeutung.
Die atlantische Region insgesamt ist vielleicht weniger artenreich
als andere Regionen. Der geringere Artenreichtum wird jedoch
durch den schieren Umfang der vorhandenen Populationen mehr
als wettgemacht. In das Wattenmeergebiet kommen jährlich allein
bis zu 12 Millionen Zugvögel.
Auch unter Wasser ist die Fauna von beeindruckender Fülle. Der
warme Golfstrom gelangt bis an die Nordküste Schottlands und
Norwegens und schwemmt reiche Nährstoff e aus der Karibik
ein. In den fl acheren Gewässern des Kontinentalschelfs und der
Nordsee entstehen dadurch optimale Lebensbedingungen für
eine Vielzahl an Meereslebewesen von Plankton über Schalentiere,
Muscheln und Fische bis zu Seevögeln und Säugetieren an der
Spitze der Nahrungskette.
Der nordöstliche Atlantik ist eines der reichsten, gleichzeitig aber
auch eines der am stärksten beanspruchten Meere und daher einer
dauernden Gefährdung durch Überfi schung und Verschmutzung
sowie durch Abbaumaßnahmen und durch den Schiff sverkehr
ausgesetzt.
Anders stellt sich die Situation an Land dar: Die jüngste Eiszeit,
die vor etwa 10 000 Jahren zu Ende gegangen ist, hat zu einem
erheblichen Rückgang der biologischen Vielfalt geführt. Die mit
einer nachhaltigen Veränderung und vielfach einer Schädigung
der Umwelt verbundene jahrtausendealte Nutzung durch den
Menschen ist eine weitere Ursache für den Verlust an biologischer
Vielfalt in diesem Raum.
Unter natürlichen Bedingungen wären Wälder der vorherrschende
Lebensraum. Seit dem Mittelalter wurden die Wälder jedoch
systematisch zerstört. Die hügelige Landschaft und die langen
Wachstumsperioden bieten ideale Bedingungen für moderne
Produktionssysteme, die in den ländlichen Regionen inzwischen in
erheblichem Umfang eingesetzt werden.
Heute ist die Landschaft vorwiegend von der Landwirtschaft
sowie von großen urbanen Ballungsräumen geprägt. Daher
bestehen viele natürliche und naturnahe Lebensräume inzwischen
nur noch auf isolierten, zersplitterten Flächen inmitten einer
weitgehend künstlichen Landschaft. Die Verschmutzung durch
den intensiven Einsatz von Pestiziden und Düngern sowie durch
Industrieabwässer verschärft diese Probleme noch.
Die atlantische Region– am westlichen Rand Europas
Küstenlinie von Jütland, Denmark Foto © John Houston
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Die atlantische Region ist inzwischen eine der am stärksten
verschmutzten und am intensivsten bewirtschafteten Regionen
Europas. Mehr als 100 Millionen Menschen leben und arbeiten
in dieser Region. Diese Bevölkerungszahl entspricht fast einem
Viertel der Gesamtbevölkerung der Europäischen Union. Auch
außerhalb der Hauptstädte Paris, London, Brüssel und Amsterdam
beträgt die Bevölkerungsdichte teilweise bis zu 360 Einwohner/
km². Diese dichte Besiedlung stellt eine gewaltige Belastung für
die natürliche Umgebung und eine besondere Herausforderung
für den Erhalt seltener Arten und Lebensräume innerhalb der
Natura-2000-Gebiete und der jeweiligen Regionen dar.
Natura 2000 in der atlantischen Region
Quelle: Europäisches Themenzentrum „Naturschutz und Biologische Vielfalt“ (Europäische Umweltagentur), http://biodiversity.eionet.europa.eu, Oktober 2008.
Region Betroff ene Länder
Anteil am
Territorium
der EU ( %)
Atlantische Region Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Irland, Niederlande, Portugal, Spanien, Vereinigtes Königreich
18,4
Boreale Region Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Schweden
18,8
Kontinentale Region Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Österreich, Polen, Rumänien, Schweden, Slowenien, Tschechische Republik
29,3
Alpine Region Bulgarien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Österreich, Polen, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien
8,6
Pannonische Region Rumänien, Slowakei, Tschechische Republik, Ungarn
3,0
Steppenregion Rumänien 0,9
Schwarzmeerregion Bulgarien, Rumänien 0,3
Mediterrane Region Frankreich, Griechenland, Italien, Malta, Portugal, Spanien, Zypern
20,6
Makaronesische Region
Portugal, Spanien 0,2
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5Natura 2000 in der atlantischen Region
Natura-2000-Arten in der atlantischen RegionTrotz der günstigen klimatischen Bedingungen leben in der
atlantischen Region verhältnismäßig wenige Arten. Dies ist auf die
nachhaltigen Folgen der letzten Eiszeit und die seit Jahrtausenden
bestehende Besiedlung durch den Menschen zurückzuführen.
52 in Anhang II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie)
genannte Pfl anzenarten sind hier vertreten, darunter
14 endemische Pfl anzen. Der Anteil der endemischen Arten ist
in dieser Region geringer als in allen anderen biogeografi schen
Regionen und beschränkt sich im Allgemeinen auf den Norden der
Iberischen Halbinsel.
Viele in der Liste genannte Pfl anzenarten sind eng mit typischen
Lebensräumen der atlantischen Region verbunden. Festuca
summilusitana beispielsweise ist nur auf den Heidefl ächen an
den Küsten im Norden der Iberischen Halbinsel anzutreff en,
in den Mündungsgebieten an der französischen Atlantikküste
blüht Angelica heterocarpa, und Kalkgrasfl ächen im Vereinigten
Königreich bieten dem früh blühenden Enzian (Gentianella anglica)
ideale Lebensbedingungen.
Außerdem sind in dieser Region zahlreiche Bryophyten heimisch.
Die seltene Petalophyllum ralfsii etwa kommt nur in den feuchten
Dünentälern dieser Region vor, wo sich im sandigen Boden
durch ständige Verwehungen immer neue feuchte Senken
bilden. Entsprechend ist Petalophyllum ralfsii ein ausgezeichneter
Indikator für die Intaktheit dynamischer Dünensysteme. (Auf zu
weit stabilisierten Dünen kann sich Petalophyllum ralfsii nicht
behaupten.)
In der FFH-Richtlinie werden für die atlantische Region 80 Tierarten
genannt. Davon sind mehr als ein Drittel Wirbellose, von seltenen
Schmetterlingen und Libellen bis zu Landschnecken wie etwa
der winzigen Schmalen Windelschnecke (Vertigo angustior)
und der Flussperlmuschel (Margaritifera durrovensis), die zu den
endemischen Arten der Region gehört. Viele Fledermausarten
sind ebenfalls insbesondere im französisch-belgischen
Grenzgebiet vertreten, wo ausgedehnte Höhlensysteme und alte
Befestigungsanlagen ideale Schlafplätze bieten.
Am bekanntesten ist die atlantische Region aber vielleicht für
ihren Reichtum an Meereslebewesen. Die größten europäischen
Seehundbestände leben vor den Küsten der Britischen Inseln
Goldener Scheckenfalter (Euphydryas aurinia)Blütenreiche Feuchtwiesen oder auch trockene Blumenwiesen ziehen den Goldenen Scheckenfalter an. Dieser Falter ist auf eine ganz bestimmte Wirtspfl anze, nämlich den Teufelsabbiss (Succisa pratensis), angewiesen. Diese Pfl anze kommt auf extensiv beweideten Grasfl ächen vor. Der Goldene Scheckenfalter tritt in ständig wechselnden Metapopulationen mit jeweils mehreren miteinander verbundenen Teilpopulationen auf. Häufi g verschwinden Teilpopulationen spontan, um sich dann auf benachbarten Flächen neu anzusiedeln.
Unbearbeitete Grasfl ächen sind im vergangenen Jahrhundert größtenteils verschwunden. Die daraus resultierende ausgeprägte Zersplitterung des verbleibenden Lebensraums hat zu einem drastischen Rückgang der Schmetterlingsbestände in ganz Europa geführt. Heute kann sich der Goldene Scheckenfalter nur noch dort behaupten, wo innerhalb eines bestimmten größeren Gebiets genügend geeignete Lebensräume vorhanden sind, die ihm den für diese Art typischen Wechsel zwischen spontanem Auftreten und ebenso unvermitteltem lokalen Verschwinden ermöglichen. Entsprechend müssen Maßnahmen zum Erhalt der Art beim Landschaftsschutz ansetzen.
und im Wattenmeer. Große Tümmler und Schweinswale kommen
von der Küste Dänemarks bis zum Nordwesten Spaniens in
großer Zahl vor. Die Bestände erscheinen zwar groß (350 000
Schweinswale), sind aber durch unannehmbar hohe Beifänge in
der Fischereiwirtschaft sowie durch sich in den Tieren anreichernde
Umweltgifte wie z. B. PCB, Cadmium und Quecksilber ständig
gefährdet.
Auch Wasser- und Watvögel kommen besonders im Winter
in großer Anzahl in diese Region, um in den nährstoff reichen
Feuchtgebieten an den Küsten des Atlantiks und der Nordsee der
rauen Witterung im arktischen Norden zu entgehen.
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St. Kilda – Europas größte Seevogelkolonie70 km westlich der Äußeren Hebriden vor der Küste Schottlands lebt auf den Vulkaninseln des St.-Kilda-Archipels die größte Seevogelkolonie im nordöstlichen Atlantik und wahrscheinlich in ganz Europa. In den Sommermonaten streiten auf den steilen Felsklippen 500 000 Tiere um Brut- und Ruheplätze – darunter die weltweit größte Basstölpel-Brutkolonie sowie Eissturmvögel, Papageientaucher, Wellenläufer, Dreizehenmöwen, Trottellummen und Schwarzschnabel-Sturmtaucher.
Die Vögel werden von dem üppigen Angebot an Meereslebewesen in den klaren Gewässern und der Ruhe der Inseln angezogen, die weder vom Menschen noch von natürlichen Feinden der Vögel gestört wird. In letzter Zeit ist es allerdings zu einem bedenklichen Rückgang der Brutpaare gekommen. Die Ursachen sind noch nicht genau bekannt. Das deutlich geringere Angebot an Sandaalen (möglicherweise durch die Fischerei oder durch den Klimawandel bedingt) könnte ein wesentlicher Faktor sein.
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6 Natura 2000 in der atlantischen Region
Natura-2000-Gebiete in der atlantischen RegionDie Liste der Natura-2000-Gebiete in der atlantischen Region wurde
im Dezember 2004 erstellt und dann zunächst im November 2007 und
danach nochmals im Dezember 2008 aktualisiert. Insgesamt wurden
in der atlantischen Region 2 747 Gebiete von gemeinschaftlicher
Bedeutung (GGB) mit einer Fläche von 109 500 km² im Rahmen der
FFH-Richtlinie erfasst. Weitere 882 besondere Schutzgebiete (BSG)
wurden nach Maßgabe der Vogelschutzrichtlinie ausgewiesen. Häufi g
bestehen beträchtliche Überschneidungen zwischen Gebieten von
gemeinschaftlicher Bedeutung und besonderen Schutzgebieten.
Daher würde die einfache Addition der Zahlen einen falschen Eindruck
vom Umfang der Schutzgebiete vermitteln. Trotzdem dürften in dieser
Region mehr als 8 % der gesamten Landfl äche Schutzgebiete sein.
Falcon clints, Upper Teesdale, Vereinigtes Königreich; im Vordergrund: Mehlprimel, Vereinigtes Königreich © Peter Creed
Quelle: Europäisches Themenzentrum „Naturschutz und Biologische Vielfalt“ (Europäische Umweltagentur), http://biodiversity.eionet.europa.eu.
Die Zahlen können nicht kumuliert werden, da viele Lebensräume und Arten –gleichzeitig in zwei oder mehr biogeografi schen Regionen vorkommen.Die in Anhang I der Vogelschutzrichtlinie genannten Vögel werden hier nicht –genannt, da bei den Vögeln keine Unterscheidung nach biogeografi schen Regionen vorgenommen wurde.
Anzahl der in Anhang I der FFH-Richtlinie genannten Lebensraumtypen und der in Anhang II der FFH-Richtlinie genannten Arten und Unterarten
Quelle: Europäisches Themenzentrum „Naturschutz und Biologische Vielfalt“ (Europäische Umweltagentur), http://biodiversity.eionet.europa.eu, Oktober 2008.Wegen beträchtlicher Überschneidungen können die Flächen der GGB und der BSG nicht einfach addiert werden. –Die Gebiete liegen teilweise am Übergang zwischen zwei Regionen. Da in der Datenbank die Möglichkeit einer Aufteilung nach Regionen nicht vorgesehen ist, werden manche Gebiete u. U. –doppelt gezählt.Der Prozentanteil der Meeresgebiete ist nicht bekannt. –Die BSG wurden nicht nach biogeografi schen Regionen ausgewählt. –Die Fläche der BSG in der Steppenregion wurde aufgrund der verfügbaren GIS-Daten berechnet. –
RegionAnzahl
GGB
Geschützte Gesamtfl äche
(km²)
Geschützte Landfl äche
(km²)
Gesamte Landfl äche
(%)Anzahl
BSG
Geschützte Gesamtfl äche
(km²)
Geschützte Landfl äche
(km²)
Gesamte Landfl äche
(%)
Atlantische Region 2 747 109 684 68 794 8,7 882 76 572 50 572 6,4
Boreale Region 6 266 111 278 96 549 12,0 1 165 70 341 54 904 6,8
Kontinentale Region
7 475 150 014 135 120 10,8 1 478 147 559 128 432 12,4
Alpine Region 1 496 145 643 145 643 39,7 365 93 397 93 397 31,1
Pannonische Region
756 15 858 15 858 12,3 100 19 965 19 965 17,5
Steppenregion 34 7 210 7 210 19,4 40 8 628* 8 628* 24,4
Schwarzmeerregion 40 10 243 8 298 71,8 27 4 100 3 561 30,8
Mediterrane Region
2 928 188 580 174 930 19,8 999 147 358 142 350 16,0
Makaronesische Region
211 5 385 3 516 33,5 65 3 448 3 388 32,3
GESAMT 21 612 655 968 568 463 13,3 5 004 486 571 429 615 10,5
Region Lebensraumtyp Tiere Pfl anzen
Atlantische Region 117 80 52
Boreale Region 88 70 61
Kontinentale Region 159 184 102
Alpine Region 119 161 107
Pannonische Region 56 118 46
Steppenregion 25 25 14
Schwarzmeerregion 58 79 6
Mediterrane Region 146 158 270
Makaronesische Region
38 22 159
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Gebiete von gemeinschaftlicicccchheherherherherr
Bedeutung (GGB)
Besondere
Schutzgebiete (e (((((((((((((((((((((BBBBBSGBBBBBBB )
BSG und GGB
Die Karte wurde im Oktober 2008 nach den von der Europäischen Kommission übermittelten Koordinaten der betreff enden Schutzgebiete von der Spatial Applications Division der Katholischen Universität Löwen (SADL) erstellt.
Burren
Glenveagh
Bass Rock
Upper Teesdale
Dorset-Heiden
Varde River
Wattenmeer
Nieuwkoopse plassen
Hallerbos mit Waldhyazinthen
Aquitanien
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Foto © Lorne Gill/SNH
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8 Natura 2000 in der atlantischen Region
Natura-2000-Lebensraumtypen in der atlantischen RegionInsgesamt kommen 117 in der FFH-Richtlinie genannte
Lebensraumtypen (d. h. mehr als die Hälfte aller überhaupt in der
Richtlinie erfassten Lebensraumtypen) in der atlantischen Region
vor. Diese Vielfalt der Lebensräume ist auf das milde Klima und die
nährstoff reichen Böden sowie auf die enge Verbindung mit der
kontinentalen Region und dem Mittelmeerraum zurückzuführen (wo
die gleichen Lebensräume anzutreff en sind). Ein weiterer wesentlicher
Faktor ist die lange und vielgestaltige Küste der atlantischen Region.
Etwa die Hälfte der in der Richtlinie genannten küstennahen und
halophytischen Lebensräume ist in dieser Region ebenso vertreten wie
17 der insgesamt 21 Küsten- und Binnendünen.
Besonders eindrucksvoll ist die Vielfalt der Sanddünen – von
wandernden Weißdünen über Graudünen und entkalkte Heidedünen
bis zu bewaldeten Dünen und Machairs. Auf den Dünen leben
zahlreiche Pfl anzen, darunter viele selten endemische Arten wie z. B.
Rumex rupestris oder Omphalodes littoralis. Die Machairs gehören zu
den wenigen Lebensraumtypen, die nur in der atlantischen Region
vorkommen. Diese auf Irland und den Norden des Vereinigten
Königreichs beschränkten küstennahen sandigen Grasfl ächen bieten
zahllosen Blütenpfl anzen die benötigten Lebensbedingungen und
sind auch für bodenbrütende Küstenvögel wie z. B. Alpenstrandläufer,
Berghänfl ing und Sandregenpfeifer von großer Bedeutung.
Wie die meisten milden küstennahen Lebensräume sind auch
Sanddünensysteme dynamisch und mobil. Den Dünen kommt
eine wichtige Funktion bei der Begrenzung der Erosion zu, da sie
die Energie der Meereswellen aufnehmen. Außerdem wirken sie
als zentrale Puff erzone zwischen Land und Wasser. Seit den 1950er
Jahren sind leider über 50 % der Dünen am Atlantik verschwunden
oder umgewandelt worden. Wesentliche Ursachen sind der
Fremdenverkehr und die Ausbreitung der Städte. In manchen
Gebieten, besonders am Golf von Biskaya in Aquitanien, hat allerdings
auch die Auff orstung erheblich zum Verschwinden der Dünen
beigetragen.
Weitere typische Lebensräume im Küstenbereich der atlantischen
Region sind die Schlickwattfl ächen und die Salzwiesen. Diese
Lebensräume bilden sich an geschützteren Stellen entlang der
Küste (etwa in Ästuarien oder hinter Düneninseln und Sandbänken).
Der große Tidenhub und der große Salzgehaltsgradient bewirken
die rasche Entstehung halophytischer Vegetation an der Küste. In
größerer Entfernung vom Meer weichen die spärlich bewachsenen
Schlickwattfl ächen schließlich einer vielfältigeren Vegetation in den
Dünen an der Küste von Aquitanien, Frankreich © Jean Favennec, Offi ce National des Forêts; kleines Foto: Hundszunge © Peter Creed
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ea
ce Kaltwasserriff eDie Tiefseekoralle Lophelia pertusa siedelt sich auf Steilabbrüchen im Atlantischen Ozean in Tiefen von mindestens 200 m an. Lophelia-Riff e sind weit verbreitet und von Irland bis nach Portugal anzutreff en. Ebenso wie die Riff e in wärmeren Gewässern zeichnen sich auch Lophelia-Riff e durch eine große Artenvielfalt aus. Bislang wurden etwa 850 Arten erfasst. Im Gegensatz zu ihren tropischen Verwandten bilden diese Korallen jedoch keine symbiotischen Gemeinschaften mit Algen, sondern sie werden durch die starken Strömungen mit den nötigen Nährstoff en versorgt.
Gewöhnlich bildet Lophelia 10-50 m starke und mehrere Meter hohe Korallenstöcke. Im Golf von Biskaya breiten sich die Stöcke inzwischen über viele Kilometer am Meeresboden aus. Wegen ihrer zerbrechlichen Beschaff enheit und ihres langsamen Wachstums (6 mm pro Jahr) ist Lophelia pertusa allerdings sehr empfi ndlich gegenüber physischen Beschädigungen. Die größte Gefahr geht von Fanggeräten aus, insbesondere von Schleppnetzen, die die gewachsene Struktur der Riff e zerstören. Möglicherweise bis zu einem Drittel sind diese Kaltwasserriff e bereits beschädigt. Genauere Informationen über den Erhaltungszustand der Riff e insgesamt liegen jedoch noch nicht vor.
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9Natura 2000 in der atlantischen Region
Salzsümpfen. Auch die jahrhundertelange Beweidung durch Nutztiere
hat zu dieser Vielfalt beigetragen.
Das komplexe Gefüge der Schlickwattfl ächen und Salzsümpfe ist
auch für die Tierwelt von enormer Bedeutung. Auf Schlickwattfl ächen
besteht zwar keine große Artenvielfalt. Dank der überreichen
Besiedlung mit wirbellosen Tieren ist jedoch insgesamt eine
außerordentlich hohe Biomasse gegeben. Dadurch besitzen diese
Gebiete nicht nur für Standvögel, sondern – als Überwinterungs- und
Rastplätze – auch für zahllose Watvögel und für Wildgefl ügel eine
große Anziehungskraft.
Weiter landeinwärts konzentrieren sich die Schutzmaßnahmen eher
auf Lebensräume, die durch extensive Bewirtschaftungsverfahren
entstanden sind (z. B. natürliches und naturnahes Grasland). Etwa
30 % der Gesamtfl äche der atlantischen Region entfallen auf Grasland.
Größtenteils wurden die Grasfl ächen zwar umgewandelt oder
durch intensive Landwirtschaft ausgelaugt, in einigen Restgebieten
existieren aber auch heute noch artenreiche Lebensräume. 17 in der
FFH-Richtlinie genannte Lebensraumtypen kommen hier vor, darunter
verschiedene Kalkrasentypen mit reichem Bewuchs an kalkliebenden
Pfl anzen und entsprechenden Schmetterlingspopulationen.
Heiden sind ein weiterer typischer Lebensraum der atlantischen
Region. Atlantische Flachland-Heiden sind als Landschaftsinseln
in der gesamten Region von den Nordküsten Dänemarks bis zu
den Felsküsten Spaniens und Portugals anzutreff en. Manche
Formen von Heidefl ächen wie z. B. die mit Erica ciliaris und Erica
tetralix bewachsenen atlantischen feuchten Heiden und die
atlantischen trockenen Heiden mit Erica vagans sind inzwischen
so selten geworden, dass sie im Rahmen der FFH-Richtlinie nun
schwerpunktmäßig geschützt werden.
Die ausgeprägten Niederschläge und die niedrige Verdunstung in der
atlantischen Region haben die Entstehung typischer Flächen- und
Hochmoor-Lebensräume begünstigt. Im Vereinigten Königreich und in
Irland befi nden sich einige der größten und wichtigsten Flächenmoore
Europas. Die heutigen Flächen stellen jedoch nur einen Bruchteil
der ursprünglich vorhandenen Moorfl ächen dar. Bis zu 90 % wurden
bereits durch großtechnischen Abbau sowie durch Auff orstung und
durch Entwässerungsmaßnahmen zerstört.
Natürliche Laubwälder waren ursprünglich weit verbreitet. Die
meisten dieser natürlichen Wälder wurden inzwischen aber gerodet
oder durch kommerziell genutzte Nadelgehölze ersetzt. Heute ist die
atlantische Region nur noch zu 13 % bewaldet, und die vorhandenen
Wälder werden weitgehend kommerziell genutzt. Trotzdem bestehen
vereinzelt noch naturnähere Wälder des gemäßigten Europas,
beispielsweise die atlantischen sauren Buchenwälder, in denen viele
Waldtiere Zufl ucht fi nden. Endemisch sind etwa die Eibenwälder
oder die auf das Vereinigte Königreich und Irland beschränkten alten
Traubeneichenwälder.
Ebene bei Salisbury, Vereinigtes Königreich © Steven Davis, English Nature; im Vordergrund: Triel, © Mike Read
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WattenmeerDas Wattenmeer ist eine ausgedehnte, in ständigem Wandel befi ndliche Landschaft, bestehend aus Schlickwatt, Salzsümpfen, fl achen Gewässern, Sandbänken, Prielen und Kanälen vor der deutschen, niederländischen und dänischen Küste. Das Gebiet erstreckt sich über insgesamt 25 000 km² und ist von unermesslichem biologischen und kommerziellem Wert. Das Wattenmeer ist das größte Feuchtgebiet Europas und weltweit die größte zusammenhängende Schlickwattfl äche. Die fl achen Gewässer sind wichtige Kinderstuben für kommerziell gefangene Fische wie z. B. Seezunge, Hering und Scholle, und die ausgedehnten Schlickwattfl ächen bieten Millionen von Vögeln, die zu unterschiedlichen Zeiten des Jahres in dieses Gebiet kommen, einen reich gedeckten Tisch. An den Küsten leben große Seehundkolonien.
Da sich das Wattenmeer jedoch in einer der am dichtesten besiedelten und am intensivsten genutzten Regionen Europas befi ndet, ist dieses Gebiet ständig in hohem Maße durch die unterschiedlichsten Nutzungen von der Gasförderung über Fischerei und Wassersport bis zum Fremdenverkehr und zur militärischen Nutzung belastet. Um eine nachhaltige Bewirtschaftung dieses gewaltigen Gebiets zu gewährleisten, haben die drei beteiligten Länder ein trilaterales Übereinkommen über die Koordinierung ihrer Schutzmaßnahmen geschlossen und einen erheblichen Teil des gesamten Wattenmeers in das Netz der Natura-2000-Gebiete aufgenommen.
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10 Natura 2000 in der atlantischen Region
Bewirtschaftung der atlantischen Region
Die atlantische Region zählt zu den am stärksten besiedelten
und am intensivsten bewirtschafteten Regionen Europas. Die
lange Besiedlung durch den Menschen hat die Landschaft in
erheblichem Umfang geprägt. Früher wurde die Landschaft zu
einem großen Teil durch die extensive landwirtschaftliche Nutzung
kleiner Flächen bestimmt. Dadurch sind naturnahe Lebensräume
von großer Bedeutung für die biologische Vielfalt entstanden
(Salzwiesen und -sümpfe, Heidefl ächen, Grasfl ächen usw.). Die
Artenvielfalt in diesen Lebensräumen ist zu einem erheblichen
Teil auf die lange Tradition der extensiven Bewirtschaftung
zurückzuführen.
Nach und nach wurden die landwirtschaftlichen Verfahren jedoch
immer effi zienter und die Nutzung entsprechend intensiver.
Naturnahe Lebensräume fi elen dem Pfl ug zum Opfer oder
wurden umgewandelt, um Raum für neue großfl ächig angebaute
Monokulturen oder intensive Tierhaltung zu schaff en. Diese
Nutzungsformen bestimmen heute das Landschaftsbild und drängen
die ursprünglichen Lebensräume immer weiter in den Hintergrund.
Inzwischen wurden die erhaltungswürdigen Lebensräume
ausnahmslos erheblich reduziert, und manche Lebensraumtypen
kommen meist nur noch in kleinen isolierten Restgebieten inmitten
deutlich verarmter Landschaften vor.
Der Einsatz von Pestiziden, Düngemitteln und Flüssigmist hat zu einer
weiteren Verschärfung der Situation beigetragen. Problematisch
waren insbesondere die Eutrophierung und die Anreicherung von
Nährstoff en in erheblicher Entfernung von den jeweils bearbeiteten
Flächen, beispielsweise an den Mündungen der großen Flüsse wie
etwa Rhein oder Rhône.
Viele Ästuarien in Schottland ziehen zahlreiche Vögel an. Foto: © Lorne Gill/Scottish Natural History Wiederherstellung von Dünen in der Picardie, Frankreich. Foto: © Eurosite
Foto © Peter Creed;
im Vordergrund © B. Gibbons/Natural Image
Atlantische Heidefl ächenUrsprünglich waren weite Teile der atlantischen Region von ausgedehnten Heidefl ächen bedeckt. Für eine landwirtschaftliche Nutzung war der Boden zu karg. Die Heiden waren jedoch insofern ein wichtiger Bestandteil der ländlichen Wirtschaft, als sie einerseits als Weidefl ächen für Rinder und Ponys dienten und andererseits die Gewinnung von Brennstoff en (Torf und Ginster) ermöglichten. Diese extensiven Bewirtschaftungsverfahren führten zu optimalen Lebensbedingungen für bestimmte spezialisierte Pfl anzen und Tiere, deren Überleben schließlich vollständig vom Vorhandensein der Heidefl ächen abhing. Dies gilt z. B. für Ziegenmelker, Heidelerche, Zauneidechse und Helm-Azurjungfer.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verloren die Heiden ihre wirtschaftliche Bedeutung. Sie wurden zur großfl ächigen Auff orstung oder im Rahmen von Plänen zur Erschließung neuer landwirtschaftlicher Flächen umgepfl ügt oder aufgegeben und als „Ödland“ sich selbst überlassen. In den meisten Ländern verschwanden auf diese Weise 80-90 % aller Heidefl ächen. Heute beschränken sich Heiden in der atlantischen Region auf einen Flächenanteil von nur noch 8 %. Dies mag zwar beträchtlich erscheinen, verschleiert jedoch die Tatsache, dass die meisten Heidefl ächen stark zersplittert sind und nur noch als isolierte Restgebiete mit jeweils höchstens 10-50 ha Fläche existieren. Inzwischen wird versucht, diese Fragmente zu größeren zusammenhängenden Gebieten zusammenzuführen, indem vorhandene Flächen wiederhergestellt und zwischen diesen Fragmenten befi ndliche Flächen in Heidefl ächen umgewandelt werden. Die Ergebnisse sind ermutigend: In Südengland beispielsweise können wieder ausgedehnte zusammenhängende Heidegebiete durchwandert werden.
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11Natura 2000 in der atlantischen Region
Der Schwerpunkt liegt vornehmlich auf dem Schutz der verbliebenen
Flächen vor einer weiteren Erschließung. Dies allein wird aber nicht
genug sein, es muss auch ganz allgemein darauf hingearbeitet
werden, dass isolierte Landschaftsfragmente zu zusammenhängenden
und stabilen Lebensräumen verbunden werden. Das ist entscheidend,
wenn diese Natura-2000-Gebiete langfristig lebensfähig sein sollen.
Dazu müssen nicht nur bestehende Gebiete saniert und geeignete
Bewirtschaftungsverfahren wieder eingeführt werden, sondern die
Gebiete müssen auch miteinander verbunden werden, und auch
in der weiteren Umgebung muss ein umweltschonenderer Ansatz
verfolgt werden (beispielsweise durch Maßnahmen zum Erhalt und
zur Förderung von Landschaftsmerkmalen wie etwa der Schutz von
Hecken und die Einrichtung von Flusskorridoren für wandernde Arten
oder eine Verringerung des Düngemitteleinsatzes in Einzugsgebieten).
Nur dann besteht eine langfristige Perspektive für den Bestand dieser
Lebensräume und für das Überleben der in diesen Lebensräumen
beheimateten Arten.
Ebenfalls ein gravierendes Problem für die atlantische Region sind die
zunehmende Urbanisierung und die wachsende Industrialisierung.
Mindestens 5 % der Fläche wurden vollständig künstlich geschaff en,
und größtenteils wurden diese Flächen betoniert oder bebaut. Das
Straßennetz ist in den letzten 20 Jahren um 30 % gewachsen und
durchzieht die Landschaft inzwischen in alle Richtungen. Auch
dies trägt zur Zersplitterung der letzten für den Erhalt der Natur so
wertvollen Gebiete bei.
Da so viele Menschen in der Nähe des Meeres leben, ist die Küste
in dieser Region einer besonders hohen Belastung ausgesetzt.
Fremdenverkehrs- und Freizeitangebote an der Küste werden von
Millionen von Menschen, die in den küstennahen Städten eine
Beschäftigung gefunden haben, intensiv in Anspruch genommen.
Durch zahlreiche Programme zur Entwicklung des Fremdenverkehrs
wurden Sandstrände und insbesondere Dünen zerstört oder
erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Die intensive Beanspruchung
in der Freizeit – z. B. durch Walking, Camping und Golf sowie durch
Motorsport und Segeln – hat ebenfalls zu einer Verschärfung der
Probleme beigetragen und erhebliche Beschädigungen der fragilen
küstennahen bzw. marinen Ökosysteme verursacht.
Weitere Säulen der Wirtschaft in der atlantischen Region sind die
Industrie und die kommerzielle Nutzung natürlicher Ressourcen. In der
atlantischen Region befi nden sich einige der fi schreichsten Gewässer
der Welt sowie umfangreiche Öl- und Gasvorkommen; außerdem
werden dort in großem Umfang Bauzuschlagstoff e abgebaut. Von
über 1 000 Fischarten in der atlantischen Region werden 10 %
kommerziell befi scht. Die Fischbestände sind zwar sehr groß, infolge
der raschen Ausbreitung industrieller Fangfl otten jedoch sind die
Bestände in den letzten Jahren unter erheblichen Druck geraten.
Bei den meisten Arten überschreitet die Befi schung inzwischen das
biologisch vertretbare Maß.
Durch moderne Fangverfahren kommt es zu hohen Anteilen
an Beifängen (d. h. an unerwünschten Fischen und sonstigen
Meereslebewesen). Besonders in der Schleppnetzfi scherei dürfte der
Anteil der Beifänge (zu kleine Fische oder nicht erwünschte Arten wie
z. B. Delfi ne oder Haie) mehr als die Hälfte der gesamten Fangmenge
ausmachen. Diese Tiere werden einfach ins Meer zurückgeworfen –
in der Regel als Kadaver. Studien in Dänemark haben ergeben,
dass Beifänge insbesondere für Schweinswale problematisch sind.
Schätzungen zufolge sind 5-7 % der gesamten Population betroff en.
Inzwischen wird versucht, bei den wichtigsten Meeressäugern den
Anteil der Beifänge auf unter 1 % der jeweils geschätzten Population
zu senken. Dazu werden u. a. sogenannte Pinger an den Netzen
befestigt, die die Tiere durch akustische Signale vertreiben sollen.
Meereslebewesen sind allerdings nicht nur durch diese unmittelbaren
Belastungen gefährdet, sondern auch durch die ständig
steigenden Konzentrationen an toxischen Verunreinigungen wie
z. B. PCB, Cadmium und Quecksilber, die sich in den betreff enden
Organismen anreichern. Diese Verunreinigungen sind weitgehend
auf die Einleitung von Abwässern in Flüsse oder in Küstengewässer
zurückzuführen. In Küstengewässern sind Verschmutzungen allgemein
problematisch, unabhängig davon, ob es sich um kommunale
Abwässer oder um Verunreinigungen aus der Industrie oder aus der
Landwirtschaft handelt. Umfangreiche Algenblüten und Vergiftungen
bei Schalentieren kommen ungeachtet aufsichtsrechtlicher
Regelungen und Maßnahmen zur Reduzierung der Schadstoff einträge
weiterhin häufi g vor.
Angesichts dieser Probleme hat die Europäische Union 2008 die
ambitionierte Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie angenommen.
Letztlich besteht das Ziel dieser Richtlinie darin, für alle
Meeresgewässer der Europäischen Union bis 2021 einen guten
ökologischen Zustand sicherzustellen.
Die Einrichtung von Natura-2000-Gebieten in Gewässern der
atlantischen Region stellt angesichts der vielfältigen Belastungen
durch den Menschen und der ausgeprägten Einwirkungen des
Menschen sowie in Anbetracht des allgemein dürftigen Wissens
über die Meeresumwelt eine besondere Herausforderung dar. Daher
wurden inzwischen einige ausgedehnte Gebiete als Natura-2000-
Meeresgebiete ausgewiesen. Bei den meisten marinen Lebensräumen
und Arten müssen jedoch noch weitere Anstrengungen
unternommen werden, um einen tragfähigen Verbund an
Schutzgebieten zu schaff en.
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ÖlverschmutzungenEinige der am stärksten befahrenen Schiff fahrtswege in Europa führen durch die Küstengewässer der atlantischen Region. Der Verkehr wird zwar in gewissem Umfang geregelt, erhebliche Probleme jedoch bereitet immer noch die Sicherheit von Rohöltransporten. Ölkatastrophen wie die Havarien der Sea Empress 1996, der Erika 1999, der Prestige 2002 und der Tricolor 2003 haben der Welt die verheerenden Folgen umfangreicher Ölverschmutzungen vor Augen geführt. Allein von der Katastrophe der Prestige vor der Küste Spaniens waren mehr als 3 000 km der spanischen Küste betroff en. Schätzungsweise 300 000 Vögel starben, und der entgangene Gewinn wird auf etwa 5 Mrd. EUR beziff ert. Etwa 30 000 Beschäftigte in der Fischereiwirtschaft und im Bereich der marinen Aquakultur waren unmittelbar betroff en.
Seit damals bemühen sich die Regierungen der Europäischen Union um strengere Rechtsvorschriften für den Transport von Rohöl auf dem Seeweg in Gewässern der EU, nicht nur, um vergleichbare Katastrophen zu vermeiden, sondern auch, um den zwar weniger eklatanten, aber trotzdem problematischen Ölverlusten infolge kleinerer Leckagen sowie sonstigen kleineren Verschmutzungen (z. B. beim Reinigen der Schiff e) zu begegnen, die ebenso schädlich für die Meeresumwelt sind.
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Weitere Veröff entlichungen in dieser Reihe:
Die Europäische Union umfasst neun biogeografi sche Regionen, die sich in ihrer Vegetation sowie hinsichtlich der klimatischen
und geologischen Gegebenheiten unterscheiden. Ausgehend von nationalen Listen der jeweils zu einer Region zählenden
Mitgliedstaaten werden für die einzelnen Regionen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung ausgewählt. Unabhängig
von politischen und verwaltungstechnischen Grenzen erleichtert die Zusammenarbeit auf dieser Ebene länderübergreifende
Maßnahmen zum Erhalt von Arten und Lebensraumtypen, die auf vergleichbare natürliche Bedingungen angewiesen sind.
Das aus den Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB) und den gemäß der Vogelschutzrichtlinie ausgewiesenen
besonderen Schutzgebieten (BSG) bestehende Netz der Natura-2000-Schutzgebiete erstreckt sich inzwischen über alle
27 Mitgliedstaaten der EU.
Natura 2000 in the Alpine Region
Natura 2000 in theAtlantic Region
European Commission
Natura 2000 in the Black Sea Region
Natura 2000 in the Boreal Region
Natura 2000 in theContinental Region
Natura 2000 in the Macaronesian Region
ISBN 978-92-79-13245-2
Natura 2000 in der alpinen Region
Natura 2000 in der atlantischen Region
Natura 2000 in der Schwarzmeerregion
Natura 2000 in der borealen Region
Natura 2000 in der kontinentalen Region
Natura 2000 in der makaronesischen Region
Natura 2000 in der mediterranen Region
Natura 2000 in der pannonischen Region
Natura 2000 in der Steppenregion