new hafencity hamburg news · 2013. 5. 28. · die erste lieferung ist für frühjahr 2013...
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AM LOHSEPARK Rund 180 Kilometer südwestlich von Hamburg wächst ein neues Stück HafenCity heran. Auf dem weiten Ge-lände von Bruns Pflanzen in Bad Zwische-nahn sind Eichen, Buchen, Linden, Erlen, Robi-nien, Kirsch- und Apfelbäume, Tulpen- und Zimtkuchenbäume sowie andere Arten mit einer orangefarbenen Manschette markiert – insgesamt rund 510 Exemplare. Die Auf-schrift „Vogt Landschaftsarchitekten“ und „HafenCity Hamburg GmbH, Lohsepark“ gibt einen Hinweis auf ihre neue Heimat: Die Baumpracht ist für den Lohsepark bestimmt, die erste Lieferung ist für Frühjahr 2013 gep-lant. Dann werden die schon jetzt bis zu zwölf Meter hohen und bis zu 25 Jahre alten Bäume ausgegraben und – wenn nötig mit einem Schwertransport – nach Hamburg ge-bracht. Im Spätsommer 2012 hat die Realisierung des neuen Lohseparks begonnen, der sich wie ein grünes Band vom Ericusgraben im Norden bis zum Baakenhafen im Süden ziehen wird. Noch sieht man hier vor allem Sandwälle und
-rampen, wo es 2014 weite Rasen- und Wiesenflächen geben wird, durch die ge-schwungene Wege führen. Wo künftig Bänke zum Verweilen einladen werden und wo ein Gemeinschaftshaus entsteht, samt Kinder- spiel flächen. Das Parkkonzept stammt von dem renommierten Büro Vogt Landschafts- architekten aus Zürich / Berlin. Die Bäume werden sich so gruppieren, dass sie die Sichtachse von Wasser zu Wasser nicht ver-stellen. An den Längsseiten des Parks werden Terrassen zur Straße aufschließen und mit dem Stadtraum barrierefrei verzahnen. Dort an den Rändern und an ausgewählten Orten werden dichte Baumgruppen stehen. Buchen etwa werden als Kletterwäldchen arrangiert, schon jetzt sind sie in der Baumschule Bruns Pflanzen bis zu zwölf Meter hoch. Rund 50 Obstbäume werden kleine Haine bilden. „Der Lohsepark wird vier Apfelsorten bieten, da-runter neben Boskoop und Gravensteiner auch alte Sorten, die kaum noch vorkommen und auf das Alte Land verweisen“, verrät Jo-hannes Hügle von Vogt Landschaftsarchi-
tekten. Noch 2012 beginnt nach den Erd- und Ingenieurbauarbeiten der eigentliche Land-schaftsbau. Bis Sommer 2013 entstehen die Flächen im Süden, vor allem die große Freitreppe zur HafenCity Universität, und im Norden – zusammen etwa ein Viertel der Gesamtfläche. Eine Grünfläche mit altem Baumbestand gibt es schon, die erhalten bleibt und in den Park integriert wird: der Vor-platz des ehemaligen Hannoverschen Bahn-hofs, der sich an dieser Stelle befand und Teil eines Gedenkorts wird. Vom Hanno verschen Bahnhof wurden während des Zweiten Welt-kriegs mindestens 7692 Juden, Sinti und Roma deportiert. Eine Schrifttafel unter Pappeln und Linden erinnert bereits heute an dieses bedrü-ckende, lange unbeleuchtete Kapitel der
Stadt ge schichte. Der ehemalige Vorplatz und heu tige Lohse platz ist damit gewissermaßen die Keimzelle einer neuen Erinnerungskultur, die in den künftigen Park Einzug hält: Auf der Ostseite entsteht ein Bodendenkmal, das städte bau lich auf die Gleisanlagen reagiert und sich zur Bahntrasse öffnet. Eine diagonale Fuge wird Reste eines Bahnsteigs mit dem Lohseplatz verbinden – auf dem historischen Boden niveau, das damit physisch wie symbo-lisch die tiefste Ebene bildet. Die Sichtachse zwischen den beiden Stätten wird den Weg der Deportationszüge nachvoll ziehbar ma-chen. Sie reicht aber auch bis zu einem neuen Dokumentationszentrum auf der Westseite des Parks, das den Gedenkort ergänzt.
NEWSHAFENCITY HAMBURG
DEZEMBER 2012
Fotos: Miguel Ferraz, Michael Korol
Während der Wintermonate kann man sich auf viel Grün im neuen Stadtteil freuen: Zwei Parks sind im Bau. In die Gestaltung des Lohseparks und des Grasbrookparks fließen auch Ideen von Kindern und Jugendlichen ein
Kletterwälder und Obsthaine für die HafenCity
Fortsetzung auf Seite 2 3
Der Lohsepark von Süden gesehen mit der Freitreppe und Rampe zur U-Bahnstation HafenCity Universität
Jan-Dieter Bruns, Sönke Bruns, Johannes Hügle und Andreas Schneider (v. l. n. r.) suchen die Bäume aus
Probeklettern im Buchenhain: Künftig
stehen diese Bäume im Lohsepark
IN DIESER AUSGABE u. a.:
Special: Eine neue U-Bahn für Hamburg und die HafenCityOlaf Scholz im Interview Bildergalerie und Info-Pläne
Grundstücksentwicklung: Nächste Schritte im Baakenhafen Seite 4 – 5
Wohnen: Neue soziale Vielfalt Seite 7
WWW.HAFENCITY.COM� 1
Hier wird die Ausstellung „In den Tod geschickt“, die 2009 erstmals das Schicksal der Depor-tierten aufarbeitete, als Dauerausstellung gezeigt werden. Im Mai 2013 ist die Ausstel-lung anlässlich des Evangelischen Kirchen-tags direkt auf dem Lohseplatz zu sehen. „Der Lohsepark hat den Charakter eines Volksparks“, sagt Andreas Schneider, der als Projektmanager bei der HafenCity Hamburg GmbH die Realisierung überwacht. „Er erfüllt ganz verschiedene Funktionen und spricht die Menschen auf vielen Ebenen an.“ Die großen Rasenflächen werden viel Platz für Sport, Spiel und Freizeit bieten. Aber durch die Komposition der einzelnen Abschnitte und die Bepflanzung entstehen auch ganz andere Räume. „Durch unsere Gestaltung schaffen wir aktive Bereiche, aber auch kon-templative oder skurrile“, so Hügle.In die Gestaltung wurden auch die Schüler der ersten Grundschule der HafenCity, St. Katharinen, eingebunden. Ein Workshop widmete sich im September ihren Ideen (siehe Kasten). „Die Vorschläge aus dem Be-teiligungsverfahren haben sehr viel mit der Modellierung und der Vegetation des Lohse-parks zu tun. Das hat uns sehr gefreut und uns gezeigt, dass das Landschaftskonzept des Büros Vogt stimmig ist“, so Schneider. Für den Grasbrookpark, der gleichzeitig in der westlichen HafenCity entsteht, gab es solche Workshops schon 2011. Der Park liegt
in unmittelbarer Nachbarschaft der Katha-rinenschule und ihrer Kita, im künftig an-grenzenden Gebäude zieht eine weitere Kita ein. „Viele Vorschläge hatten mit dem Einsatz von Wasser und mit Klettern zu tun, aber auch mit den Pflanzen selbst“, erzählt die hier verantwortliche Projektmanagerin bei der HafenCity Hamburg GmbH, Barbara Schwöppe. Die Landschaftsarchitekten des Büros EMTB aus Barcelona entwickelten auf der Grundlage ihr Konzept weiter. Ein Wei-den-Labyrinth und ein großer Kletter wald mit Baumhaus und Hänge brücken sind nun vorgesehen. Der temporäre „Schatzinsel“-Spielplatz wird hier seinen endgültigen (und erweiterten) Platz finden. Doch auch im Grasbrookpark sind unter schiedliche Nutzer willkommen. So werden für die Er-wachsenen Picknicktische, Bänke mit Rü-ckenlehnen und ein Spielfeld mit Trainings-geräten integriert. Im Sommer 2013 soll der 7100 Quadrat-meter große Grasbrookpark fertig sein. Der fünfmal so große Lohsepark wird länger brauchen: Da einige Flächen noch bis 2017 durch ein Speditionsgebäude belegt sind, wird der mittlere Teil mit dem Gedenkort voraussichtlich erst 2019 eröffnet. Dann werden die öffentlichen Freiräume in der HafenCity auf stattliche 27 Hektar an-wachsen, und sie wird viel grüner werden, als sie heute erscheint.
Fotos: Bina Engel (1), Thomas Hampel / ELBE & FLUT (2)
3 Fortsetzung von Seite 1
Braucht Hamburg eine neue U-Bahn in die HafenCity? Die U4 ist seit Beginn der Pla-nungen lebhaft diskutiert worden. Am 28. November startet sie nun. Die City mit ihren zwölf U- und S-Bahnstationen erhält zwei, am Ende wohl schließlich drei Stationen da-zu. Diese haben eine enorme Erschließungswirkung, stellt die HafenCity doch eine Er-weiterung der Innenstadt um 40 Prozent dar. Schon jetzt profitieren rund 11.000 Be-schäftigte und Bewohner sowie Tausende HafenCity-Besucher davon, später werden es 45.000 Beschäftigte, 12.000 Bewohner und 50.000 bis 100.000 Besucher täglich sein. Die U4 ist zum heutigen Zeitpunkt zweifellos eine große Investition, aber es ist eine Jahrhundertinvestition in die Qualität der HafenCity: in ihre Mobilitätsstruktur, ihre Unternehmen und Arbeitsplätze, ihren Charakter als internationales Besucherziel und natürlich für die Menschen, die hier leben. Für die Bedürfnisse einzelner Gruppen und für einzelne Aufgaben hätte sich vielleicht eine preiswertere Lösung gefunden, aber nicht für die Gesamtaufgabe der HafenCity-Entwicklung. Man kann sich auch die Hamburger City heute nicht ohne U-Bahn vorstellen! Für die rund 30 Meter breite U-Bahntrasse wurden Baueinrichtungsflächen von rund 20 Hektar in der HafenCity in Anspruch genommen – mehr als die doppelte Landfläche des Überseequartiers, wo sich die erste Station befindet. Nun entsteht am westlichen Ausgang und über der Trasse bis Sommer 2013 der Grasbrookpark. Im Zentrum der HafenCity nimmt der große grüne Lohsepark Gestalt an und für das Quartier Baaken-hafen im Osten werden die Voraussetzungen der Entwicklung geschaffen. Wer sich noch intensiver mit der Entwicklung der neuen Innenstadt an der Elbe be-schäftigen möchte, dem sei das jüngst im Junius-Verlag erschienene Buch „HafenCity Hamburg. Das erste Jahrzehnt“ empfohlen.
Viel Vergnügen bei der Lektüre,
Ihr Jürgen Bruns-Berentelg,Vorsitzender der Geschäftsführung der HafenCity Hamburg GmbH
EDITORIAL
Schülerinnen und Schüler der Katharinenschule haben auf einem Workshop ihre Visionen für den Lohsepark entwickelt
Parkbau mit Zahnstocher und Strohhalm
KULTUR
Ein Tag im September. Auf der Rasen-fläche am Lohseplatz wird fleißig ge-baut. Neben einem Labyrinth wächst eine Pyramide in den Himmel. Das Baumhaus hat gerade Richtfest, wäh-rend die Geisterhöhle kurz vor der Bau-abnahme steht. Auch Fußballplatz und Gokart-Bahn, Klettergarten und Geis-terschloss sind schon so gut wie fertig. Wenn jetzt nur nicht der Vulkan aus-bricht, der hier alles überragt. Doch zum Glück scheint die Lage ruhig. Willkommen im „Camp Lohsepark“, ei-ner Baustelle der besonderen Art: Keine Bagger bewegen die Erdmassen, es sind Schaufeln und Hände, die diese Miniatur-welten erschaffen: 20 Schüle rinnen und Schüler aus den dritten und vierten Klas-sen der Katharinenschule arbeiten an ih-rer Vision vom „Lohsepark als Ort für Kin-derspiel und Bewegung“, wie der auf anderthalb Tage verteilte Workshop offi-ziell heißt. In dieser Zeit sind die Kinder – die aktuellen Mitglieder des Schülerbei-rats für die HafenCity – vom Unterricht freigestellt. Ihr neuer Klassen raum sind zwei Zelte, ihr Baugrund ein aufgeschüt-tetes Sandfeld. Vor zwei Tagen haben sie das Gelände des künftigen Lohseparks erkundet, heute nehmen ihre Ideen nach und nach Gestalt an. Die Kinder arbeiten in sechs Gruppen, jede hat einen eigenen Bereich. Sand, Ton und Gips, Bindfäden
und Zahnstocher, Kastanien, Strohhalme und Plastikbecher dienen als Baustoffe, Zweige und Blätter kommen ebenfalls zum Einsatz. Aus einem großen Tank ho-len die Kinder Wasser für ihre Baustellen, schließlich sollen Schlammbad und Mat-schecke so echt wie möglich aussehen. „Wir arbeiten am realen Ort des spä-teren Parks, weil das den Kindern eine viel bessere Annäherung ermög licht“, sagt Bernward Benedikt Jansen vom Landschaftsarchitekturbüro WFP, das zusammen mit der Katharinenschule, dem Büro Vogt Landschaftsarchitekten und der HafenCity Hamburg GmbH das Projekt begleitet. Als 2008 der temporä-re Spielplatz am View Point in der west-lichen HafenCity gebaut wurde, flossen erstmals Anregungen von Eltern und Kindern ein. Das Verfahren wurde bei der Planung der Parkanlagen weiterge-führt. „Das setzt viel Kreativität und Be-geisterung frei“, freut sich Jansen. Tat-sächlich kann man die Euphorie der Schüler sehen: Alle machen mit, tau-schen Ideen aus, graben, modellieren. Die Ergebnisse werden mit Fotos und einem Protokoll dokumentiert und flie-ßen in die weitere Planung des Parks ein. Aber allein der Prozess ist wichtig, um den Menschen die spätere Aneignung des Parks zu erleichtern.
HAFENCITY Europas größtes inner-städtisches Stadtentwicklungsprojekt lässt sich künftig spontan und mobil mit der Ha-fenCity-App erkunden. Ab Mitte Dezem ber stehen drei Touren in deutscher oder eng-lischer Version zum Download bereit. „Ein perfekter Tag am Wasser“ lädt zum ent-spannten Bummeln an Hafenbecken und Elbe. An der Geschichte des Ortes orientiert sich „Vom Hafen zur HafenCity“. Kulturelle Höhepunkten und Angebote findet man ge-zielt auf der Tour „Erlebnis Hafen City“. Die Nutzer können selbst bestimmen, was sie suchen und unter welchem Blickwinkel sie die HafenCity entdecken wollen: Mithilfe der Geodaten werden die besonderen Orte in der Nähe beschrieben. Darüber hinaus bietet die Kategorie „Infos und Tipps“ aller-hand Wissens wertes rund um den neuen Stadtteil. Natürlich gibt es weiterhin die klassischen, geführten Besuchertouren
durch die Hafen City, z. B. regelmäßig sams-tags um 15 Uhr ab dem Hafen City Informations zentrum Kessel haus oder nach Anmeldung unter: www.hafencity.com/de/infocenter.html
Die HafenCity-App ist als Apple- und Android-Version kostenlos downloadbar.
Drei Touren, viele Informationen ab Mitte Dezember 2012
Neue HafenCity-App
Keines der Kinder stand tatenlos daneben: Der Workshop zum Lohsepark am 27. 9. 2012
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Richtfest für die HafenCity UniversitätDirekt an der Elbe hat ein neues Gebäude seine elegant geschwungene Form angenommen: Der neue Sitz von Hamburgs Universität für Baukunst und Metropolenentwicklung. Die ingenieurtechnischen Herausforderungen sind zugleich die städtebaulichen Stärken des Projekts
ELBTORQUARTIER „Gerade für uns als kleine, inter-disziplinäre Hochschule ist es wichtig, auch räumlich an einem Ort zusammenzuarbeiten. Vernetzung funktioniert eben viel besser, wenn sich Menschen wirklich begegnen und gemeinsam lehren, lernen und forschen.“ Mit diesen Worten setzt sich Dr. Walter Pelka den Bauhelm auf. Eben hat der Präsident der HafenCity Universität (HCU) an den Plänen, die an den Wänden des Baubüros hängen, die Struktur des Neu-baus seiner Hochschule erklärt. Hat auf den Höhenunter-schied der beiden Gebäudeflügel verwiesen, fünf Stockwerke im Norden, vier Stockwerke im Süden, und auf die transpa-rente mehrgeschossige Halle mit Glasdach, die sie verbindet. Hat die Standorte von Bibliothek, Mensa (mit Elbblick), Hör-sälen, Werkstätten und Seminarräumen gezeigt und verraten, dass die Professoren mit ihren Mitarbeitern in einem Büro sitzen werden. Jetzt geht es los zur Baustellenbesichtigung.
Niemand könnte diesen hoch anspruchsvollen Rohbau besser erklären als der gelernte Ingenieur Pelka, der vor sei-ner Berufung an die Spitze der HCU selbst Großprojekte ge-leitet hat. Denn obwohl am 20. September mit über 400 Gä-sten Richtfest gefeiert wurde, wirkt das Gebäude unfertiger als andere zum vergleichbaren Zeitpunkt. Der Grund dafür ist die überaus komplizierte Statik, die sowohl der Archi-tektenentwurf von Code Unique aus Dresden als auch die Lage direkt an der Elbe mit sich bringen. „Es ist ein beson-ders schwieriger Grund, auf dem wir hier bauen, die U4 führt hier entlang, und wir bauen bis nahe an die Kaimau-er“, führt Dr. Pelka aus. Die 612 Bohrpfähle, die das Gebäude im Untergrund stützen, konnten nicht an jeder beliebigen Stelle gesetzt werden. Als der Hochbau fortschritt, mussten über 20.000 Schalstützen über alle Geschosse eingezogen werden. „Es ist ein sehr filigraner Entwurf mit Strukturen von hoher Spannweite, fast wie bei einer Brücke“, erklärt Dr. Pelka. Nur vorsichtig werden die tragenden Strukturen da-her nach und nach belastet, die Westspitze des Südflügels wurde sogar wie eine Schrägseilbrücke aufgehängt – weil er statisch gesehen ein Kragarm mit mehreren Geschossen ist. Zwei Wände, die einander rechtwinklig begegnen, werden die Architekturstudenten in ihrer künftigen Ausbildungs-stätte vergeblich suchen. In Fertigbauweise wurden nur Treppenhäuser und Treppen errichtet. Alles andere wurde und wird vor Ort gebaut. Dabei kommt ein besonderes
Patent aus der Schweiz zum Einsatz: Große Plastikkugeln werden im Beton versenkt und sorgen für eine leichtere Konstruktion bei gleicher Stabilität.Die ingenieurtechnischen Herausforderungen des auf über 60 Mio. Euro kalkulierten Baus sind jedoch zugleich seine städtebaulichen Stärken. Der Standort direkt an der Mündung des Magdeburger Hafens in den Baakenhafen ist einer der spektakulärsten der HafenCity. Zudem mag man sich eine Universität für Baukunst und Metropolenentwick-lung nicht in einem 08/15-Gebäude vorstellen. So vereinen sich in dem Neubau besondere Ansprü-che an architekto nische Qualität und Funktionali tät, aber auch an Kommunikation und Offenheit. Das große Thema der zeitgenössischen Stadtentwick lung, Nachhaltigkeit, spielt ebenfalls eine wichtige Rol-le: Die HCU ist mit dem HafenCity Umweltzeichen für nachhaltiges Bauen in Gold vorzertifiziert, bei -spielsweise dank des Einsatzes na-türlicher Kühlung und der Nutzung thermisch aktiver Speichermassen in den Geschossdecken. Zum Wintersemester 2013/14 sollen die Fachbereiche, die bisher auf sieben Standorte in Hamburg verteilt sind, eingezogen sein. Die Asta-Vorsitzende der HCU, Sophie Kuhnt, freut sich darauf: „Die Dis-tanz zwischen den Studiengängen wird aufgelöst. Arbeitsräume, die von den Studierenden aller Fachbe-reiche gemeinsam genutzt werden können, werden zu einer verstärk-ten Auseinandersetzung mit allen Aspekten der Baukunst und Me-tropolenentwicklung führen.“ Die
Studierenden können sich ganz konkret selbst einbringen, wo es um die Planung zusätzlicher Ateliers im nahe gelegenen Oberhafen geht. Dr. Pelka sieht aber auch einen Gewinn für die Lehre: „Wenn man bei der großen Konkurrenz internatio-nale Spitzen leute gewinnen möchte, muss man ihnen etwas bieten.“ Und das kann die HCU bald nicht nur mit ihrem ehrgei-zigen und differenzierten Studienprogramm, sondern auch durch ihren Standort. Der Neubau der HCU ist, wie die gesamte HafenCity, zugleich das beste Lernobjekt für die angehenden Bau- und Urbanitätsexperten.
Ein Prost auf den Neubau: Beim Richtfest wird traditionell angestoßen. Hier mit der Asta-Vorsitzenden der HCU, Sophie Kuhnt, dem Geschäftsführer
der HafenCity-Hamburg GmbH, Jürgen-Bruns-Berentelg, Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter, HCU-Präsident Dr. Walter Pelka und Hamburgs Senatorin für
Wissenschaft und Forschung, Dr. Dorothee Stapelfeldt (v. l. n. r.). Im Vordergrund: Christian Bayer und Jonhannes Schrenker von der Baufirma Riedel
KURZ GEFRAGT
WIE HOCH DARF MAN IN DER HCH BAUEN?Die HafenCity Hamburg (HCH) wird keine neue Siedlung, die der Innenstadt vorgelagert ist, sondern eine räumliche und konzeptionelle Erweiterung der City. Sie nimmt daher städtebaulich die Höhen, die Dichte und die Bautypolo-gien der Innenstadtquartiere der letzten 100 Jahre auf. Generell orientiert sie sich am Maßstab der europäischen Stadt mit Gebäuden von sechs bis acht Geschossen. Hamburgs Stadtsilhouette mit den historischen Kirchtür-men und der benachbarten Speicherstadt aus dem späten 19. Jahrhundert wird respektiert. Von Süden, etwa von den Elbbrücken aus gesehen, bleiben die charakteristischen Kirchturmspitzen erkennbar, obwohl die HafenCity hier an der Elbe eine neue Wasserkante bildet. Von der Außen alster be-trachtet, ragt einzig die Elbphilharmonie als neue kulturelle Landmarke mit 110 Metern Höhe über die Dächer der Innenstadt.
Obwohl also mit der HafenCity ein weitgehend horizontaler Stadtkörper entsteht, gibt es mehrere höhere Einzelbauten. Sie setzen an Sonderstandor-ten Akzente, vor allem an den Höftspitzen und Ecken der Hafenbecken. Die Elbphilharmonie, das Spiegel-Gebäude (knapp über 60 m) auf der Ericusspit-ze und die geplante Hochhausgruppe bei den Elbbrücken (ca. 150 m) spannen ein „äußeres Dreieck“ zwischen Westen, Nordosten und Südosten. Sie bilden die großen repräsentativen Entrees zur HafenCity. Ein kleinräumigeres „inneres Dreieck“ entsteht rund um den Magdeburger Hafen und den Baakenhafen mit der HafenCity Universität und einem benachbarten Turm von rund 70 Metern Höhe, dem Entwurf für das Science Center und einem noch nicht näher definierten Gebäude direkt auf dem Baakenhöft. Ohne die Wirkung der Stadtsilhouette zu beeinträchtigen, setzen in die- sem Rahmen einige weitere Gebäude vertikale Akzente. Der Wohnturm Arabica im Überseequartier, die Coffee Plaza am Grasbrookpark und das Oval am Kaiserkai betonen wichtige Blickachsen zwischen HafenCity, Speicherstadt und City. Sie bieten Orientierung, indem sie die alten und neuen Stadträume optisch vernetzen und einen Rhythmus zu den Straßen-räumen schaffen. Eine Besonderheit sind schließlich die sieben rund 55 Meter hohen Türme, die dem Quartier Strandkai die bauliche Identität verleihen und über die Grundhöhe von sechs bis acht Geschossen hinaus-reichen. Der erste davon ist bereits zu sehen – der Marco-Polo-Tower.
Parkbau mit Zahnstocher und Strohhalm
Gründung der HCU: 1. 1. 2006Anzahl Studierende: ca. 2.000Hauptnutzfläche des neuen Gebäudes: ca. 14.000 qm, 30.000 qm BGF (ober- und unterirdisch)ÖPNV-Anbindung: U4, Station HafenCity Universität; Bus 111, Station Shanghaiallee; später auch per Fähre Studienmöglichkeiten: Architektur, Bauingenieurwesen, Geomatik, Stadtplanung (Bachelor/Master), Kultur der Metro-po le (Bachelor), Urban Design und Resource Efficiency in Architecture and Planning (REAP) (Master)www.hcu-hamburg.de
INFO
Das Gebäude der HCU sitzt hart an der Kante zum Baakenhafen. Im Hintergrund das Unilever-Gebäude und der Marco-Polo-Tower
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REPORTAGE
Fotos: Bina Engel (1), Fotofrizz (1), Thomas Hampel / ELBE & FLUT (2), Michael Korol (1)
BAAKENHAFEN Vielfältige Freizeit-nutzungen in grünen Freiräumen, Arbeits-plätze in kleineren und mittelgroßen Struk-turen, aber vor allem Wohnen in allen Formen: Die Merkmale, aus denen sich die Identität des Quartiers Baakenhafen zusam-mensetzen wird, sind bestimmt und die er-sten Entwicklungsschritte waren im Herbst 2012 bereits in Vorbereitung. Die ersten bei-den Grundstücke wurden anhandgegeben und ein wichtiger architektonischer Realisie-rungswettbewerb abgeschlossen. Doch nach welchen Kriterien und in welcher Reihen-folge erfolgen diese Schritte?Grundsätzlich gelten nach der Überarbei-tung des Masterplans 2010 auch in den öst-lichen Quartieren die Standards der west-lichen und zentralen HafenCity: dichte Nutzungsmischung, lebendige Vielfalt, Ur-banität und Nachhaltigkeit. Voraussichtlich können sie sogar in einigen Bereichen noch gesteigert werden. So soll in der östlichen HafenCity die soziale Mischung der Quar-tiere durch einen hohen Anteil an ge-förderten Wohnungen nochmals verbessert werden: Ca. 580 Wohnungen der 1.800 Woh-nungen im Quartier Baakenhafen sollen öf-fentlich gefördert werden.
Die Anhandgabe des ersten Grundstücks be-kommt vor diesem Hintergrund eine beson-dere Bedeutung. Auf dem Baufeld 81 a/b, im Nordwesten des Hafenbeckens direkt am Wasser gelegen, ist der „Campus Futura“ vor-gesehen. Die Bauherren – die österreichische JUFA-Gruppe und DS-Bauconcept aus Ham-burg – haben das Recht, für ein Jugendgäste-haus mit 480 Betten und vielfältigen Sport-möglichkeiten zu planen. Dazu kommen geförderte (50 Prozent) und frei finanzierte,
aber preisgedämpfte Mietwohnungen. Er-gänzt wird das Konzept voraussichtlich durch ein privates Blues-Museum und andere publi-kumsbezogene Einrichtungen in den Erd-geschossen. Auf dem Baufeld 81 a/b entsteht damit eine Nutzungsmischung, die für das gesamte Quartier wichtig ist. Geförderter und nicht geförderter Wohnungsbau greifen ineinan-der, Freizeit- und Tourismusaspekte spielen eine herausgehobene Rolle für die Nutzung. Dabei entstehen 80 bis 100 Arbeitsplätze in kleinteiligen Strukturen. Es ist auch kein Zu-fall, dass genau diese Grundstücke für den sehr frühzeitigen Auftakt der Entwicklung ausgewählt wurden. Direkt an der U-Bahn-station HafenCity Universität gelegen (ein Eingang zu der Haltestelle liegt direkt auf dem Baufeld), entsteht mit der frühen Bebauung zugleich ein Anknüpfungspunkt für das neue Quartier mit der bestehenden HafenCity und der Innenstadt. Damit werden auch die Lauf-wege rechtzeitig angelegt.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Mitte des Quartiers im Süden des Hafenbeckens. Dieser Teil übernimmt wie ein Marktplatz zentrale Funktionen für die Integration des Quartiers und schafft wesentliche Voraus-setzungen für die nachhaltige urbane Dichte und den familienfreundlichen Charakter des Quartiers. In den anliegenden Erdgeschossen sind großflächiger Einzelhandel sowie min-des tens 25 kleinere Läden und Dienstleister geplant. Die Nahversorgung im Quartier für die gesamte östliche HafenCity konzentriert sich hier. Auch die zweite Grundschule der HafenCity soll in unmittelbarer Nähe des Platzes entstehen. Der Baubeginn ist für 2015 vorgesehen; ab 2014 kann der Hochbau star-
ten. Die Entwicklung der Nahversorgung im Quartier wird als Qualitätsanker für das Woh-nen frühzeitig etabliert. Die Mehrheit der Ge-bäude im Quartier soll 2017 /2018 fertig ge-stellt sein.Ausgehend von dem Quartierszentrum wird die Entwicklung auf den südlichen Kai-zungen nach Westen und Osten fortschrei-ten. Am Baakenhöft, der westlichsten Spitze des Quartiers, sieht der Masterplan ein be-sonderes Gebäude mit 70 Metern Höhe vor (vgl. S. 3). Die Nutzung dieses prominenten Leitgebäudes, ob öffentlich oder privat, soll jedoch erst im weiteren Verlauf entschieden werden – vielleicht erst in zehn Jahren. Eine interessante Zwischennutzung für Kultur- und Freizeitangebot ist hier denkbar. Die neue Freizeitinsel im Baakenhafen spielt in der Quartiersentwicklung ebenfalls eine he-rausgehobene Rolle. Die Insel stellt ein zen-trales Freizeitangebot für Bewohner und Besucher dar – darunter ganz besonders für Familien. Sie schafft durch eine Fußgänger-brücke nach Norden ab 2015 aber auch eine räumliche Integration zwischen den beiden Landlagen, die durch das lang gestreckte Hafenbecken getrennt sind.Ein früher Wegweiser für den anspruchs-vollen Charakter des Quartiers war ein Archi-tekturwettbewerb für die „Wasserhäuser Ha-fenCity“. Ausgelobt im Sommer 2012 durch die HafenCity Hamburg GmbH im Einverneh-men mit der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, geht es um die Konzeption von sechs Gebäuden im Süden des Hafenbeckens, die erstmals Wohnen über dem Wasser mög-lich machen sollen – mit hohen Nachhaltig-keitsstandards. Im Rahmen des Wettbewerbs wurde exemplarisch das Gestaltungskonzept für ein Häuserpaar entwickelt. Eingeladen waren die Büros Delugan Meissl Associated Architects aus Wien, GRAFT Gesellschaft von
Architekten aus Berlin, Hadi Teherani Archi-tects aus Hamburg, Shigeru Ban Architects Europe aus Paris und Szyszkowitz-Kowalski + Partner ZT GmbH aus Graz. Auch architekto-nisch kommt hier bereits zum Ausdruck, dass am Baakenhafen ein besonderes Stück Hafen-City entsteht und dass – aufbauend auf die städtebauliche und landschaftsplanerische Konzeption des Quartiers und die sorgfältig konzipierten innovativen Nutzungen – gerade zu Beginn der Entwicklung starke Qualitäts-maßstäbe gesetzt werden.
Auf der südlichen Kaizunge erstreckt sich heute ein langes Sandband, aus dem die künf-tige Baakenallee entsteht; die Kaimauern am Hafenbecken werden saniert, die Brücke über den Baakenhafen befindet sich im Bau (vgl. HafenCity News 29, Oktober 2012): Dass die Realisierung des Quartiers Baakenhafen be-gonnen hat, ist nicht mehr zu übersehen. An-fang 2013 sollen die Grundstücksausschrei-bungen beginnen, wenn absehbar ist, welche Flächen 2014/2015 bebaut werden können. Hier muss auch der erhebliche Flächenbedarf für den Weiterbau der U4 bis an die Elbbrücken berücksichtigt werden. Wenn es so weit ist, werden in einem noch größeren Umfang als bisher in der HafenCity Baugenossenschaften und -gemeinschaften eine zentrale Rolle spie-len. Klar ist aber auch, dass sich das Potenzial des Standortes langfristig nicht ausschließlich durch sie abgebildet werden kann. Die Identi-tät des Baakenhafens ist im Keim durch die sorgfältig kombinierte Palette der Nutzungen, die hohen Standards der städtebaulichen und landschaftsplanerischen Konzeption und Rea-lisierung sowie die Einbindung unterschied-licher Akteure angelegt.
Eine sorgfältig durchdachte Strategie Hohe Ansprüche an Urbanität und Nachhaltigkeit, Fokus auf Wohnen mit geförderten und preisgedämpften Wohnungen, grüne Freiräume und vielfältige Arbeitsplätze: Dies sind die prägenden Akzente für das Quartier Baakenhafen. Die Realisierung der Infrastruktur hat bereits begonnen
Auftakt im Nordwesten
Entwicklung eines Zentrums
Die Realisierung hat begonnen
Die Entwicklung beginnt im Nordwesten nahe der HafenCity Universität und auf der südlichen Kaizunge. Die Erschließungsarbeiten haben bereits begonnen
Zentrum des Quartiers
Freizeitinsel im Baakenhafen„Wasserhäuser HafenCity“
„Campus Futura“
U
U-Bahnstation HafenCity Universität
UHafenCity Universität
Baakenhöft (zur Zwischen-nutzung vorgesehen)
4� DEZEMBER�2012��
Serie zum BaakenhafenTeil 3: Grundstücke und Konzepte Die Entwicklung des Baakenhafens ist das zentrale Projekt für die östliche HafenCity in den nächsten Jahren. HafenCity News stellt die wichtigsten Schritte vor.
HafenCity News: Welche Leitthemen verfolgen Sie bei der Quartiersentwicklung der HafenCity? Bruns-Berentelg: Die HafenCity ist in ihrer Gesamtheit ei-ne Kerninnenstadt, keines der Quartiere ist ein reiner Ar-beits- oder Wohnort oder ein reines Tourismusziel. Gleich-zeitig erfüllen die Quartiere der HafenCity spezifische lokale Bedarfe, die hamburgweit Bedeutung haben und die in den einzelnen Quartieren besonders gut entwickelt werden können. Wirtschaftlich könnte man von einem be-sonders hohen „komparativen Nutzen“ für Hamburg spre-chen. Eine Stadt ist jedoch nicht nur ein ökonomischer Raum oder ein Ort mit einer spezifischen materiellen Qua-lität. Sie ist ein sozialer und kultureller Raum, geprägt durch Menschen, die hier wohnen und arbeiten. Und sie braucht eine Balance zwischen Privatheit und Öffentlich-keit. Für die HafenCity haben sich vor diesem Hintergrund drei Qualitätsperspektiven herausgebildet: eine Identi-tätsperspektive, die über das Bauen weit hinausreicht, zu-dem die Nachhaltigkeits- und Urbanitätsperspektiven. Die Quartiere erhalten unter diesen Gesichtspunkten einen eigenen Charakter, den man in den fertigen Teilen der HafenCity auch schon erleben kann. HafenCity News: Innenstädte werden in der Regel nur un-ter kommerziellen Aspekten betrachtet, ob sie als Stand-orte für Einzelhandel, Gastronomie und bestenfalls noch Theater, Museen und Kinos funktionieren.Bruns-Berentelg: Die kommerzielle Leistungsfähigkeit ist grundlegend, ohne sie funktioniert Urbanität nicht. Man darf sich jedoch nicht einseitig darauf konzentrieren. Urba-nität umfasst viel mehr. Ich sehe sie als die Fähigkeit von Stadt, sozialen Zusammenhalt und Begegnungen zu er-möglichen; ein Ort des Austauschs zu werden: Austausch von Ideen, von ökonomischen, sozialen und kulturellen Fähigkeiten. Dazu müssen Institutionen aufgebaut, beson-dere Unternehmen gewonnen und Netzwerke angestoßen werden. Diese umfassende Kraft ist der Kerninnenstadt weitgehend verloren gegangen und existiert nur noch an wenigen Orten. HafenCity News: Worin liegen die kritischen Punkte und besonderen Herausforderungen bei der Entwicklung des Quartiers Baakenhafen? Bruns-Berentelg: Das Quartier Baakenhafen ist ein ver-gleichsweise langer Raum und das Hafenbecken unterteilt das Areal in zwei schmalere Landzungen – wir haben keine so kompakte Struktur zur Verfügung wie in der westlichen HafenCity. Man kann auch nicht im breiten Maße an die bestehende Stadt anknüpfen wie in der westlichen und
zentralen HafenCity; es fehlt daher der physische Charak-ter eines Interaktionsraums. Am Baakenhafen schaffen wir daher ein Quartierszentrum, das die Nachbarschaft auch über das Hafenbecken hinweg vernetzt und sowohl einen kommerziellen Kern als auch einen Nachbarschaftskern bildet. Das ist besonders anspruchsvoll, denn die Zahl der Bewohner und Beschäftigten im Quartier liegt an der Grenze, um solche Strukturen wirtschaftlich tragfähig zu gestalten.HafenCity News: Sie wollen mit Blick auf die Nachhaltig-keit noch einen Schritt weitergehen als in den schon fertig-gestellten Quartieren. Was heißt das?Bruns-Berentelg: In den östlichen Quartieren wird das HafenCity Umweltzeichen in Gold grundsätzlich Verwen-dung finden, ebenso wie ein Quartiersmanagement. Die Verlängerung der U4 bis zu den Elbbrücken ist geplant und eine Verknüpfung mit der S-Bahn wird geprüft. Mit der Brü-cke über den Baakenhafen realisieren wir ein deutschland-weites Pilotprojekt für nachhaltige Ingenieurbauwerke. Es gibt gute Möglichkeiten, auf das private Auto zu verzichten und Baukosten zu senken, indem in den Gebäuden teilwei-se auf eine weitere Tiefgaragenebene verzichtet wird. So bestehen viele Ansatzpunkte im Allgemeinen und in Einzel-projekten, um neue Qualität und Identität zu schaffen.HafenCity News: Wird Bauen und Leben in der HafenCity wegen der hohen Standards teurer? Bruns-Berentelg: Nein, besonders nachhaltig zu bauen be-deutet nicht, dass es für die Haushalte teurer wird. Selbst wenn die Preise solcher Gebäude leicht steigen, bieten sie viele Pluspunkte, zum Beispiel geringere Betriebskosten oder gesundheitliche Vorteile. Hohe Qualitätsstandards und innovative Konzepte machen sich auch bezahlt. Durch die Lage mitten in der City werden auch Mobilitätskosten eingespart, und was fast noch wichtiger ist: Zeit! So ent-steht eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, das ist ein großer sozialer Gewinn. Für alle, die langfristig im Zentrum wohnen und arbeiten wollen, machen Gebäude mit einem langen, effektiven Lebenszyklus und das Ver-meiden von „Zwangsmobilität“ wirtschaftlich und sozial Sinn. HafenCity News: Die Qualitätsstandards sind in der west-lichen und zentralen HafenCity bereits hoch. Warum glau-ben Sie, dass sie sich noch weiter steigern lassen? Bruns-Berentelg: Weil Stadtentwicklung ein organisierter Lernprozess sein kann, zumal in einem großen Projekt wie die HafenCity. In unserer Organisationsstruktur können wir immer wieder Anreize und Möglichkeiten neu setzen,
statt allein auf den Markt zu reagieren. Die verantwortli-chen städtischen Akteure setzen einen Rahmen, aber pri-vate Bauherren und Nutzer erbringen einen Großteil der Investitionen und auch eigene Vorstellungen. Neue Ideen werden gefördert und in die Entwicklung integriert. Es ist ein intensiver Dialog.HafenCity News: Wie sehen die Ergebnisse konkret aus?Bruns-Berentelg: Nehmen Sie die sehr heterogene Struk-tur des Elbtorquartiers oder des Quartiers Am Lohsepark: Hier haben Sie sehr große Nutzer und Institutionen, aber auch kleine Kreativnutzer und gemeinnützige Projekte: Sie haben eine Wohnstruktur von der Eigentumswohnung bis zur geförderten Mietwohnung. Das wäre 2005 noch nichtdenkbar gewesen – heute wird es realisiert. Als wir 2007 mit der Zertifizierung für nachhaltiges Bauen begonnen haben, schien es noch utopisch, 70 Prozent der Gebäude nach dem Goldstandard des Umweltzeichens HafenCity zu bauen. Dies wird im Elbtorquartier bereits erreicht. Die HafenCity ist erheblich von Durchgangsverkehr geprägt und zudem ein Besuchermagnet, sie kann daher nicht au-tofrei sein. Ein wesentlich niedrigerer Anteil des motori-sierten Individualverkehrs ist dennoch aussichtsreich, wie Untersuchungen zeigen. Für das Quartier Baakenhafen haben wir mit potenziellen Bauherren und Nutzern teil-weise mehr als zwei Jahre diskutiert. Die Erwartungen, die sie formulieren, die zu erfüllen sie aber auch bereit sind, sind außerordentlich hoch. So werden die Ambitionen auf eine gute neue Stadt mit starker Identität, Nachhaltigkeit und Urbanität schrittweise intensiviert und in die neuen Gebiete der HafenCity getragen.
„Jedes Quartier braucht seine eigene Identität“ INTERVIEW
Jürgen Bruns-Berentelg überblickt die Grundstücksentwicklung in der HafenCity
Jürgen Burns-Berentelg ist Vorsitzender der Geschäftsführung der HafenCity Hamburg GmbH, die das Sondervermögen „Stadt und Hafen“ vertritt. Zu dem Sondervermögen gehören die städtischen Grundstücke im Bereich der HafenCity und damit auch im Baakenhafen. Die HafenCity Hamburg GmbH ist für die Entwicklung des Gebiets zuständig
An den Elbbrücken (im Bildvordergrund) und am Baakenhafen entstehen die beiden großen Quartiere der östlichen HafenCity. In der Mitte des Hafenbeckens
wird eine künstliche Insel geschaffen. Die Brücke über den Baakenhafen ist nahe der HafenCity Universität im Bau
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IM FOKUS
680 PS und eine Spitzengeschwindigkeit von 330 Stundenkilometern. Beim Start auf der Rennbahn röhrt der Motor ohren-betäubend. Steht man jedoch in der weiß getünchten Halle des Automuseums Pro-totyp ganz dicht vor dem grün-blauen Jordan 191, mit dem Michael Schumacher 1991 sein erstes Formel-1-Rennen bestritt, wirkt das geschichtsträchtige Geschoss vor allem klein und niedrig. Beim Betrach-ten des winzigen Cockpits stellt sich die Frage, wie ein erwachsener Mann hier überhaupt ein- und aussteigen kann. „Viele Besucher wundern sich, wie eng der Wagen ist“, weiß Thomas König, der Leiter des Museums in der HafenCity, der als weiteren Publikumsmagneten auch den ersten Formel-1-Wagen von Sebasti-an Vettel präsentiert. Sein Partner Oliver Schmidt schwärmt besonders von einer älteren Ikone der Ausstellung, dem soge-
nannten Berlin-Rom-Wagen von Porsche: „Von diesem Auto wurden in der Vor-kriegszeit lediglich drei Exemplare ge-baut. Es zeigt bereits die einzigartige For-mensprache des legendären Autobauers und ist ein absolutes Highlight für Por-sche- ebenso wie für Design-Fans.“Aus Thomas König und Oliver Schmidt, 40 und 37 Jahre alt, spricht die Begeiste-rung für ihre umfangreiche Sammlung klassischer Renn- und Sportwagen, die sie seit dem Jahr 2008 in ihrem privaten Mu-seum in der Shanghaiallee 7 präsentieren. Doch ihre Liebe gilt nicht nur den wertvol-len Stücken, die hier dauerhaft zu sehen sind und die oftmals nur in Kleinstserien gebaut wurden oder gar Unikate sind. Bei ihren wechselnden temporären Ausstel-lungen nehmen sie auch Exponate von anderen Sammlern oder Autoherstellern hinzu. „Schließlich soll es den Besuchern
und auch uns selbst nicht langweilig wer-den“, sagt Schmidt. Ein Großteil der Renn-wagen der eigenen Sammlung stammt aus den frühen Nachkriegsjahren – einer Epoche, die aufgrund chronischen Materi-almangels ungewöhnliche Pioniertaten und geniale technische Ideen hervorge-bracht hat. Im Museum werden die dazu-gehörigen Geschichten erzählt – mit zahl-reichen Fotos und Originaldokumenten aus dieser Zeit.Bereits lange vor der Eröffnung, seit dem Jahr 2004, waren Schmidt und König – ausgebildet als Diplom-Kaufmann und Architekt – in der HafenCity als Projekt-entwickler tätig. Die Idee, ihr Traummuse-um hier zu verwirklichen, nahm Gestalt an, als sie eines der wenigen historischen Gebäude in dem Gebiet von einem priva-tern Verkäufer übernahmen und restau-rierten. Das Backsteingebäude war einst Teil eines ausgedehnten Gummiwerks – heute umfasst der Museumsteil im Ge-bäude drei Etagen, drei weitere Etagen sind Büroflächen, die vermietet werden. Einnahmen bringen zudem Eventflächen, die für Unternehmensveranstaltungen gebucht werden können. Zu Beginn war dieser Plan durchaus ein Wagnis: „Damals haben wir nicht nur an unser Konzept geglaubt, sondern auch an die Idee der HafenCity. Und wir wurden nicht ent-täuscht“, sagt Schmidt.In dem ständig wachsenden und immer belebteren Stadtteil funktioniert die Mi-schung aus Museum, Vermietung und Event nicht zuletzt so gut, weil auch das Gebäude selbst eine Sehenswürdigkeit ist. Das im Jahr 1906 fertiggestellte Ge-mäuer ist – passend zu den heutigen Ex-ponaten – ein technisches Wunderwerk. Der Grund dafür ist der morastige Unter-grund, der eine nahezu einmalige Bau-
technik erforderte. So wird das Rückgrat des Gebäudes von einem beweglichen Skelett aus 14 vertikalen Stahlpfeilern und gusseisernen Querträgern gebildet, das mögliche Absackungen des Bodens ab-fängt. König: „Vor mehr als 100 Jahren war das ein architektonisches Husaren-stück.“ Erweitert werden soll das Automobil-museum Prototyp nun mit einem moder-nen Gebäude, das Schmidt und König an der Straße Steinschanze planen – auch sie übrigens eine historische Struktur in der HafenCity, die verlängert und auf hoch-wassersicheres Niveau erhöht wurde. Das Erdgeschoss wird über einen Rundgang mit dem bisherigen Museum verbunden und steht als weiterer Ausstellungsraum zur Verfügung. Die Ausstellungsfläche von 2.500 Quadratmetern wird um weite-re 400 ergänzt.Zunächst jedoch startet Mitte Dezem-ber die neue Ausstellung „Wirtschafts-WunderWagen“, die sich um die Jahre 1945 bis 1960 rankt. Gezeigt werden Nutzfahrzeuge für den Wiederaufbau, Kleinwagen wie die berühmte BMW Isetta, Motorräder und Kabinenroller ebenso wie die bedeutenden Symbole für das Wirt-schaftswunder: der Mercedes Adenauer und der 300 SL Flügeltürer. Fehlen darf natürlich auch der VW Käfer nicht. „Viele Familien sind damals mit dem Käfer und einem Campingwagen nach Italien gefah-ren – daran wollen wir natürlich auch er-innern“, berichtet Schmidt. Das Plakat zur Ausstellung hat übrigens auch einen ganz besonderen Bezug zur HafenCity: Es zeigt den langjährigen Vorbesitzer des Muse-umsgebäudes in seinem damaligen Käfer Cabrio.
www.prototyp-hamburg.de
Fotos: BKK-3 Architekten (2), Bina Engel (2), Dinse Feest Zurl Architekten (1), HafenCity Hamburg GmbH (1)
PORTRÄT
HAFENCITY Das Engagement für stimmige Ortsnamen in der HafenCity (vgl. HafenCity News vom Juni 2012) hat sich offenbar gelohnt: Der City-Ausschuss und die Bezirksver-sammlung im Bezirk Hamburg-Mitte haben den Beschluss von 16 neuen Namen vorbereitet. Sie folgten den Ergebnissen des Arbeitskreises, den die HafenCity Hamburg GmbH, der Stadt-teilverein HafenCity Nezwerk e. V., das Bezirksamt Hamburg-Mitte und Vertreter der politischen Fraktionen im Bezirk gebil-det haben. Das Staatsarchiv hat die Vorschläge zustimmend geprüft, die letzte Instanz ist nun die Senatskommission für die Benennung von Verkehrsflächen. Manche Namen sind inoffiziell längst im Gebrauch, etwa Grasbrookpark und Lohsepark (für die Parks in den gleich-namigen Quartieren). Die geplante grüne Insel im Quartier Baakenhafen soll nach dieser Systematik Baakenpark heißen. Für die Pierpromenade an der Ostseite des Magdeburger Hafens ist – dem Namen des Quartiers Rechnung tragend – Elbtorpromenade vorgesehen. Zwecks Orientierung soll die nördlich des Grasbrookparks verlaufende Straße Am Gras-brookpark heißen, die Westbegrenzung des Lohseparks Am Lohsepark. Baakenallee lautet der Vorschlag für die Haupt-straße im südlichen Teil des Quartiers Baakenhafen.Die Namen der Parks und der Anliegerstraßen fallen in die Motivgruppe der historischen Namen in der HafenCity. Gras-
brook ist der alte Name der Insellandschaft, zu der die heuti-ge HafenCity gehört. Hermann Lohse (1815–1893) war der Ingenieur der ersten Elbbrücke. „Baake“ meint ein Seezei-chen, welches dem 1887 erbauten Hafenbecken seine Be-zeichnung gab. Die Straße südlich des Grasbrookparks soll den bereits bestehenden Namen Hübenerstraße bekom-men, nach Hamburgs Senator Hermann Hübener (1804–1876). Und für die Straße auf der Ostseite des Lohseparks ist Am Hannoverschen Bahnhof vorgesehen. Der heute zerstör-te Bahnhof, der sich hier befand, diente ab 1906 als Hauptgü-terbahnhof. Vom Hannoverschen Bahnhof wurden im Zwei-ten Weltkrieg Tausende Juden, Sinti und Roma deportiert, im Lohsepark wird es künftig eine Gedenkstätte und ein Doku-mentationszentrum dazu geben (vgl. S. 1/2). Auch die Ortsnamen mit internationalem Bezug – beson-ders mit Blick auf Amerika und Asien – werden fortgeführt. Eine neue Straße, die von Süden in die Hübenerstraße ein-mündet, soll den Namen Vancouverstraße tragen. Sie stellt die Verbindung zum Überseequartier her, wo nordamerika-nische Hafenstädte eine besondere Rolle spielen. Zum Quar-tier Am Lohsepark gehört die zukünftige Kobestraße, die zunächst Hiroshimastraße heißen sollte.Eine neue Motivgruppe mit Namen Hamburger Künstlerin-nen entsteht in der östlichen HafenCity. Die Quartiersplätze
am Baakenhafen sollen nach der Schauspielerin und Intendan-tin Gerda Gmelin; der Tänzerin, Choreografin und Pädagogin Lola Rogge sowie der Malerin Gretchen Wohlwill benannt wer-den. Eine Straße ist der Hamburger Reederin Lucy Borchardt gewidmet. Zudem wird das Thema der Entdeckernamen aus der westlichen HafenCity (Magellan- und Marco-Polo-Terras-sen, Vasco-da-Gama-Platz) wieder aufgenommen: Der große Platz im Quartier Elbbrücken soll nach Amerigo Vespucci be-nannt werden.
16 neue Ortsnamen für die HafenCity Die Motivgruppen der Ortsnamen werden erweitert und bereichert – Erinnerung an Hamburger Künstlerinnen im Quartier Baakenhafen
Die neuen Ortsnamen für die zentrale und östliche HafenCity
Oliver Schmidt und Thomas König haben in einem alten Industriegebäude in der HafenCity
eine Pilgerstätte für Auto-Fans geschaffen
Thomas König und Oliver Schmidt haben ihre private Leidenschaft mit ihrem Beruf verbunden. Herausgekommen ist das Automuseum Prototyp in der HafenCity, das sich zum Mekka für Liebhaber klassischer Renn- und Sportwagen entwickelt hat
Rennsportgeschichte in historischem Gemäuer
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HAFENCITY „Alt und jung, alternativ und konservativ, manche besitzen ein Auto, andere nicht. Im Grunde spiegeltunsere Zusammensetzung die gesellschaftliche Realität wi-der.“ So beschreibt Dorothea Heintze die BaugemeinschaftDock 71, die künftig im Quartier Am Lohsepark wohnen wird. Der Architekturwettbewerb ist entschieden, letzte offene Punkte wie die geplante Begrünung des Dachs wer-den bis zum Baubeginn im Jahr 2013 geklärt. Es war ein Stück Arbeit, anderthalb Jahre intensive Diskussionen und Abstimmungen, daraus macht Heintze kein Geheimnis. Denn was Dock 71 anstrebt, ist nicht bloß Wohnen am Park in der HafenCity, sondern ein in vieler Hinsicht neuer Le-bensentwurf: Alltag mit einem bewussteren Sinn für Nach-barschaft und Gemeinschaft, mit aktiv gelebter Nachhal-tigkeit.Was für diese Baugemeinschaft gilt, stimmt auch für die anderen Wohnvorhaben, die in der letzten Zeit in der Hafen-City Gestalt annehmen. Nicht nur die Zahl, sondern auch die Formen des Wohnens steigen ständig. 2013 werden am Mag-deburger Hafen weitere rund 100 Wohnungen bezugsfertig. Gebäude mit rund 180 Wohnungen können mit einem Baube-ginn Anfang 2013 rechnen. Für weitere Gebäude mit rund 300 Wohnungen – darunter die 57 von Dock 71 – sind die Architek-turwettbewerbe abgeschlossen. Dabei findet sich eine breite Typologie mit Generationen-wohnen, studentischem Wohnen, Wohn/Arbeits-Lofts, Ate-liers und Wohngemeinschaften für Menschen mit und ohne Behinderungen – oftmals sogar in dem gleichen Gebäude-block. Nachhaltige Mobilitätskonzepte werden gezielt in die Planung eingebunden - die Baugemeinschaft Dock 71 setzt auf Carsharing, Leihräder und besondere Anwohnertickets für den Nahverkehr. Geförderte und preisgedämpfte Miet-wohnungen werden neben Eigentumswohnungen realisiert. Das Baufeld 71 etwa, das der Baugemeinschaft von Dorothea Heintze seinen Namen gab, wird neben Eigentumswoh-nungen auch 38 geförderte Mietwohnungen (für 5,90 €/qm und 8, 00 €/qm) enthalten. Im künftigen Gebäude des Immo-bilienunternehmens Engel & Völckers am Strandkai wird es
widerum 24 preisgedämpfte Wohnungen geben, obwohl es in erster Linie ein Unternehmenssitz sein wird. Das Baufeld 33 am Grasbrookpark ist das letzte in dem sonst fertigen Quartier Am Sandtorpark/Grasbrook. Hier wird es ein Gebäude von 115 Meter Länge und 33 Meter Tiefe geben, und auch sonst ist der Zuschnitt ungewöhnlich. In den Erdgeschossen sind eine Kita mit 85 Plätzen und ein Biorestaurant vorgesehen, die gemeinsam von Kinderwelt Hamburg e. V. betrieben werden. Für die rund 150 Woh-nungen darüber kooperieren die Hansa Baugenossenschaft, die Grundstücksgesellschaft Roggenbuck GbR und die Bau-gemeinschaft Am Grasbrookpark. Entsprechend vielfältig sind auch hier die Konzepte: familienfreundliche Woh-nungen, Studentenapartments, Generationenwohnen, Ate-liers und Eigentumswohnungen. Ein Viertel der Mietein-heiten wird öffentlich gefördert, bei weiteren 22 Prozent wird der Mietpreis auf 11 € pro Quadratmeter begrenzt. Der siegreiche Architekturentwurf des Büros BKK-3 aus Wien ermöglicht dabei, fast alle Wohnungen zum Park zu orien-tieren. Zudem wachsen sie über eine großzügige Freitreppe mit den Nutzungen im Erdgeschoss zusammen.
Für das öffentlich geförderte Wohnen in der HafenCity bilden die Projekte am Grasbrookpark und Am Lohsepark den Auftakt. Rund 80 Einheiten sind bisher geplant – als erstes 22 auf dem Baufeld 70, dem Nachbargrundstück von Dock 71 am Lohsepark. Dort realisieren zwei Pioniere der HafenCity-Entwicklung, die Baugenossenschaft Bergedorf-Bille und die Otto Wulff Bauunternehmung GmbH, ein Ge-bäude mit insgesamt 146 Wohnungen. In Zusammenarbeit mit dem Verein Leben mit Behinderung Hamburg werden hier auch integrative Wohnkonzepte verwirklicht. Der Block wird außerdem zwei Kitas, ein Ärztezentrum und eine Be-gegnungsstätte beherbergen. Bei den ab 2012 ausgeschrie-benen Wohnungsbauvorhaben wird der Anteil der öffent-lich geförderten Wohnungen ein Drittel betragen. Selbst erfahrene Projektentwickler wie Stefan Wulff, Ge-schäftsführer von Otto Wulff Bauunternehmung, staunen über den „großen Bogen“, den die Wohnungsvorhaben in der HafenCity schlagen. Und Dorothea Heintze meint: „Es erfordert Mut, es erfordert Pioniergeist, nicht nur von uns Bewohnern. Aber das ist ja gerade, was Spaß bringt in der HafenCity“.
Ein großer Bogen Nicht nur die Zahl der Wohnungen steigt, sondern auch die Formen des Wohnens in der HafenCity wird immer vielfältiger. Ein Überblick
Die Zahl der HafenCity-Bewohner steigt beständig: Ende 2010 waren es rund 1.100, Ende 2011 rund 1.600 Bewohner. Für 2012 wird die Zahl auf ca. 1.800 Bewohner ge-schätzt. 95 Prozent haben laut dem Statis-tikamt Nord in der HafenCity ihren Erst-wohnsitz angemeldet. Die Sozialstruktur ist weitaus bunter, als es in der öffentlichen Wahrnehmung oft erscheint. Der Anteil der Haushalte mit Kin-dern unter 18 Jahren liegt bei 12,8 Prozent: Das ist bereits das gleiche Niveau wie in Neustadt, Winterhude (je 11 Prozent), Eims-büttel (12 Prozent) oder Hoheluft-West und -Ost (je 13 Prozent). Besonders stark vertre-ten sind Familien mit kleinen Kindern. Ins-gesamt liegt der Anteil der Kinder unter
fünf Jahren in der HafenCity bei 5,1 Prozent, dagegen bei 4,7 Prozent in Hamburg insge-samt. Das ist insofern natürlich, als ein neu-er Stadtteil wie die HafenCity oft junge Familien mit wachsendem Flächenbedarf anzieht. Umgekehrt ist aber der Anteil von Jugendlichen auffallend unterdurchschnitt-lich. In der HafenCity sollen daher größere Anreize für Familien mit schulpflichtigen Kindern in dieser Altersstufe geschaffen werden. Das geplante Gymnasium am Loh-separk und die Sportmöglichkeiten in den Quartieren am Oberhafen und Baakenha-fen bieten dafür Ansatzpunkte.Die Quote der Single-Haushalte liegt mit 41,3 Prozent deutlich unter dem Hambur-ger Durchschnitt von 53,6 Prozent und
sehr signifikant unter den Werten anderer Stadtteile in der inneren Stadt, die meis-tens über 60 Prozent liegen.Unter den Altersgruppen stellen die 30- bis 49-Jährigen das stärkste Segment in der HafenCity dar. Auch die Anteile der 50- bis 64-Jährigen liegen in der Nähe oder leicht über den Anteilen für Hamburg. Bei den Senioren ab 65 Jahren kann man fest-stellen, dass die HafenCity insbesondere „junge Alte“ aufweist. Die Verteilung ein-zelner Altersgruppen auf die Gebäude der HafenCity zeigt, dass in der Mehrzahl der Gebäude von Kindern bis zu Senioren ge-mischt gewohnt wird.Die Statistik der Zuzüge zeigt, dass die HafenCity für Bewohner aus Hamburg
und dem direkten Umland eine starke An-ziehungskraft besitzt: 53 Prozent kommen aus der Hansestadt, 12 Prozent aus den angrenzenden Kreisen. Ende 2011 wies die HafenCity einen Ausländeranteil von 15 Prozent auf, ein Wert leicht über dem Hamburger Durchschnitt von 13,6 Prozent für Ende 2010. Auf 1.000 Bewohner der HafenCity kom-men nach den neuen statistischen Zahlen 340 Pkw – das entspricht dem statisti-schen Mittel in Hamburg. Im Umland gibt es je nach Kreis ca. 500 Pkw pro Bewohner.Mit der deutlich verbesserten ÖPNV- Anbindung könnte diese Zahl für die HafenCity deutlich sinken.
Die HafenCity-Bewohner in Zahlen STATISTIK
Dorothea Heintze von der Baugemeinschaft Dock 71 vor dem Grundstück am Lohsepark. In einem anderen Teil des Blocks entstehen
ebenfalls geförderte Wohnungen, die Erdgeschosse werden öffentlich genutzt
Am Grasbrookpark entsteht ein lang gestrecktes Gebäude mit Baugemeinschafts-, Genossenschafts- und Studentenwohnungen. Rund die Hälfte der Wohnungen werden öffentlich gefördert oder im Preis gedämpft
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HINTERGRUND
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Ausstellung „Stadt neu bauen“
Zum Auftakt des Präsentationsjahres der Internationalen Bauausstellung in Ham-burg-Wilhelmsburg ist die gemeinsame HafenCity-IBA-Ausstellung ab 23. Januar in Zürich zu sehen. In der Eidgenössi-schen Technischen Hochschule (ETH) prä-sentiert sie zentrale Thesen und Themen der beiden Projekte. Die erste Station der Ausstellung war im Europäischen Parla-ment in Brüssel. 2013 ist sie außerdem in Wien, Kopenhagen und Marseille zu se-hen. Im Juni wird sie im Rahmen eines großen Stadtentwicklungskongresses in der HafenCity gezeigt.
KULTUR
IMPRESSUM
Verlag: HafenCity Hamburg GmbH, Osakaallee 11, 20457 Hamburg, www.hafencity.comV. i. S. d. P.: Susanne BühlerRedaktion: Henrike Thomsen Texte und Mitarbeit: Andrea Bittelmeyer, Thomas Götemann, Janina Jeske, Eileen Stiller, Henrike ThomsenDesign: lab3 mediendesign, HamburgKorrektorat: Gustav Mechlenburg Druckerei: Langebartels & Jürgens, Hamburg
Die Veröffentlichung von Texten oder Textauszügen darf nur nach Genehmigung der HafenCity Ham-burg GmbH erfolgen. Die in dieser Publikation ent-haltenen Informationen sind für die Allgemeinheit bestimmt; sie erheben weder Anspruch auf Vollstän-digkeit noch auf Richtigkeit.
30. Ausgabe, Hamburg, Dezember 2012 © 2012 All rights reserved
Diese Publikation wurde auf umweltfreundlichem FSC-zertifiziertem Papier gedruckt.
TERMINE
HafenCity FührungenJeden Samstag um 15 Uhr findet der „Landgang“ statt – ein geführter Spazier-gang durch die HafenCity, kostenlos und ohne Anmeldung. Nach einer Einführung am großen Stadtmodell folgt ein Rund-gang durch das Areal, um vor Ort einen Blick auf die aktuellen Bauvorhaben zu werfen. Nächste Termine: 1./8./15./22./29. 12. 2012 und 5./12./19./26. 1. 2013 Mehr unter www.hafencity.com/de/infocenter.html
Fotos: lab3 mediendesign (1)
HAFENCITY „Wir hatten zu lernen, wie Innen-stadt eigentlich entsteht.“ Mit diesen Worten brin-gen zwei, die die HafenCity in den ersten Jahren mit entwickelt haben, die Aufgabe, die Hamburg sich ge-stellt hat, auf den Punkt. Es konnte an diesem Stand-ort, zentral im citynahen Hafengebiet an der Elbe, nicht um eine Wohnsiedlung oder eine Bürostadt ge-hen – davon waren Rainer Nagel, heute Leiter der Stadt- und Freiraumplanung bei der Berliner Senats-verwaltung, und Uwe Bodemann, heute Stadtbaurat in Hannover, rasch überzeugt. Doch wie sollte man „ein herausgehobenes Stück Stadt“ konkret herstel-len – auf einem ehemaligen Hafen- und Industrie-gebiet, das für die meisten eine Terra incognita dar-stellte? Wo die Hamburger Innenstadt doch im Laufe des 20. Jahrhunderts stark entvölkert und auf Büro-nutzung und Einzelhandel ausgerichtet worden war? Wie die HafenCity dagegen urban und lebendig ma-chen, sie zukunftsfähig gestalten mit Blick auf Hoch-wasserschutz, Klimawandel und Nachhaltigkeit, aber auch auf ökonomische Überlebensfähigkeit?Antworten darauf gibt das im Junius-Verlag erschienene Buch „HafenCity Hamburg. Das erste Jahrzehnt“. Die Herausgeber Jürgen Bruns-Berentelg, Jörn Walter und Dirk Meyhöfer versammeln drei Kernperspektiven auf das Projekt: die Perspektive der HafenCity Hamburg GmbH, die vertreten von Bruns-Berentelg täglich an dem komplexen Entwicklungsprozess webt; die Perspektive der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, die mit Oberbaudirektor Wal-ter den städtebaulichen Rahmen absteckt, und die vergleichende Sicht des Architekturjournalisten Meyhöfer. Weitere Mitwirkende wie Nagel, Bodemann und Masterplaner Kees Christiaanse geben detaillierte Einblicke in die erste Phase. Die Konzeption und Realisie-rung der Freiräume wird vielseitig von den beteiligten Landschafts-planern beschrieben. Als Nachschlagewerk für Stadtentwicklung, Städtebau und Architektur wartet das Buch außerdem mit einem ausgiebigen Bildteil auf: Die Quartiere der HafenCity werden Gebäude für Gebäude vorgestellt. Luftbilder, Pläne, Skizzen, Dia-gramme und Bilder aus verschiedenen Entwicklungsphasen laden zum vertiefenden Schauen ein.Das gute Zeugnis, das das Buch der HafenCity ausstellt, könnte angesichts der Befangenheit von wenigstens zwei Herausgebern in den Verdacht des Eigenlobs geraten. Doch die detaillierte und kenntnisreiche Argumentation der Texte und Bilder spricht dage-gen. Meyhöfer sieht für den Erfolg der HafenCity daher auch einen anderen Grund: „Der Hamburger liebt seine Stadt und passt auf sie auf.“ Zudem habe Hamburg mit der Entwicklung seiner Waterfront begonnen, als international vergleichbare Projekte wie in Sydney, Barcelona und Vancouver schon verwirklicht waren. Von diesen Beispielen (und ihren Fehlern) habe Hamburg viel lernen können. In einem breiten Bogen leitet Oberbaudirektor Walter die Kon-zepte der HafenCity aber auch direkt aus den städtebaulichen Ent-wicklungen Hamburgs im 20. Jahrhundert her. Die damals entstan-
dene Funktionsteilung von Wohnen, Arbeiten und Einkaufen und architektonischen „Mega-Strukturen“ hätten trotz des absoluten Wachstums der Stadtbevölkerung eher zu einer Deurbanisierung geführt. Die Rückbesinnung auf die kleinteiligen Baustrukturen und Mischnutzungen in der Stadt des 19. Jahrhunderts habe sich erst ab den späten 1970er Jahren durchgesetzt. Hamburgs im inter-nationalen Vergleich spätes Waterfront-Projekt profitierte davon. Gegen die weitverbreitete Ansicht, dass Stadtentwicklung aus-schließlich von Planern und Architekten betrieben werde, gibt Bruns-Berentelg einen Einblick in die komplexen Prozesse mit vielen unterschiedlichen Akteuren, die zur Entstehung der Hafen-City beitragen. „Stadtproduktion muss über materielle Parameter hi nausreichen und auch als Ergebnis aktions- und interaktions-bestimmter Handlungsprozesse gesehen werden“, schreibt er. Das frühe Anstoßen von Kommunikation und Information, das Einbin-den von Bauherren und vielen anderen, das Fördern von Nachbar-schaft und Kulturprojekten sei ein wichtiger Faktor für die Urba-nität der HafenCity. Was sich hinter Meyhöfers Beobachtung, der Hamburger sorge für seine Stadt, praktisch verbirgt, verdeutlicht Bruns-Berentelg an der Governance-Struktur der HafenCity. Mit vielfältigen Einblicken lädt „Das erste Jahrzent“ so zur Ausei-nandersetzung mit Hamburgs Jahrhundertprojekt ein.
Ein neues Buch gibt erstmals Einblick in die wichtigen ersten Jahre des Projekts in Texten und Bildern
HafenCity Hamburg. Das erste Jahrzehnt
Die Baugeschichte der HafenCity aus der Insider-Perspektive erzählt und reich bebildert
INFO
„Ein Ortswechsel bringt immer neue Im-pulse mit sich und neue Impulse sind die Triebfeder für Kreativität“, begründet der Art Directors Club, warum sein renom-
miertes ADC-Festival 2013 nach Hamburg wechselt – und zwar gezielt in die HafenCity und das Quartier Oberhafen. Als Schnitt-stelle zwischen visionärem Stadtentwick-
lungsprojekt und gro-ber Industriestruktur sei der Oberhafen der perfekte Ort für das fünftägige Programm. Das ADC-Festival gilt als der größte jährliche Branchentreff für Kre-ative im deutschspra-chigen Raum. Man rechnet 2013 mit mehr als 11.000 Gästen. Auch 2014 und 2015 wird das Festival in der Freien und Hansestadt zu
Gast sein. Partner sind die Stadt Hamburg, Handelskammer, Hamburg Marketing, HafenCity Hamburg GmbH sowie die Ha-pag Lloyd AG. In Hamburg werden über 15.000 Unter-nehmen der Kommunikations- und Kreativ-branche zugerechnet. Viele von ihnen zieht es in die HafenCity und die Speicherstadt. Am Magdeburger Hafen wird mit designx-port 2013 eine dauerhafte Plattform für Hamburgs Design-Szene eröffnet. Nebenan schafft der gut vernetzte Dienstleister iF-Design aus Hannover eine Niederlassung. Im Oberhafen können ab 2014 die Lager-nutzungen reduziert werden und der Standort wird als Bahnhof entwidmet. Da-nach kann er als Kultur- und Kreativquar-tier entwickelt werden. ww.adc.de
ADC-Festival in der HafenCityRenommierter Branchenchef für Kreative erstmals in Hamburg: Vom 14. bis 18. Mai 2013 im Quartier Oberhafen
Grobe Industriestruktur und kreatives Ambiente im Oberhafen
HafenCity Hamburg. Das erste Jahrzehnt: Stadtentwicklung, Städtebau und Architektur Herausgegeben von J. Bruns-Berentelg, J. Walter und D. Meyhöfer216 Seiten, ca. 100 Farbabbildungen, 25 x 26 cm, Hardcover; 24,90 €; ISBN 978-3-88506-485-5 Im Buchhandel oder online: www.junius-verlag.de
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