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Fachartikel Nicht der Zufall führt zum Ziel Erschienen in: die bank 01/2018 Seite 22-25 www.horvath-partners.com Dr. Marcus Dahmen Competence Center Financial Industries [email protected] Dr. Ingo Kipker Competence Center Financial Industries [email protected]

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Page 1: Nicht der Zufall führt zum Ziel - Horváth & Partners€¦ · ERFOLGSREZEPT FÜR BANK-FUSIONEN Nicht der Zufall führt zum Ziel Fusionen stellen Banken und Sparkassen vor enorme

Fachartikel

Nicht der Zufall führt zum Ziel

Erschienen in:die bank 01/2018Seite 22-25

www.horvath-partners.com

Dr. Marcus DahmenCompetence CenterFinancial Industries

[email protected]

Dr. Ingo KipkerCompetence CenterFinancial Industries

[email protected]

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22 01 // 2018

MANAGEMENT

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ERFOLGSREZEPT FÜR BANK-FUSIONEN

Nicht der Zufall führt zum Ziel Fusionen stellen Banken und Sparkassen vor enorme Herausforderungen. In einem relativ kurzen

Zeitraum soll aus zwei oder mehreren Instituten eine Organisation mit einheitlichen Prozessen,

Abläufen und Strukturen geschaffen werden. Meistens sind Kosteneinsparungen und mögliche

Synergieeffekte die angestrebte Zielsetzung. Die Erreichung der gesteckten Ziele ist kein Zufalls-

produkt, sondern das Ergebnis eines strukturierten Vorgehens in komplexen Transformations-

projekten.

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MANAGEMENT

Fusionen innerhalb der genossenschaftli-chen Finanzgruppe haben in den ver-gangenen Jahren stark zugenommen,

auch wenn die aktuellen Fusionszahlen weit vom Hoch der 1970er-Jahre mit im Schnitt 200 Zusammenschlüssen pro Jahr entfernt sind. Von 26 Fusionen im Jahr 2015 stieg de-ren Zahl 2016 auf 49 an. Auch bei Sparkassen legte das Fusionstempo zuletzt zu. Gab es 2013 noch 417 Institute, waren es 2016 nur noch 409. Ihre Anzahl wird 2017 wohl erst-mals unter 400 fallen.

Im Rahmen einer Befragung von über 100 Führungskräften von Sparkassen, Volks-banken und Raiffeisenbanken im deutsch-sprachigen Raum stellte sich heraus, dass mehr als die Hälfte der Befragten für die ge-nossenschaftliche Finanzgruppe perspekti-visch eine Fusionsquote von über 5 Prozent pro Jahr erwartet.

Für den Sparkassensektor ergibt sich auf niedrigerer Basis ein ähnlicher Trend: Drei von vier Befragten gehen davon aus, dass die Fusionsquote zukünftig über der aktuellen Quote von 1,5 Prozent liegen wird. Interes-sant dabei ist, dass die Erwartungshaltung von fusionserfahrenen Banken noch einmal deutlich optimistischer ist: Fast 80 Prozent sehen weitere Fusionen im Sparkassensektor und 90 Prozent im Genossenschaftssektor.

Bei den Privatbanken in Deutschland hin-gegen herrscht seit der Fusion der Deutschen Bank mit der Postbank im Jahre 2010 fast Still-stand. 2016 fusionierten mit der DZ Bank und der WGZ Bank die letzten beiden Zentralban-ken des Genossenschaftssektors. Das Ergebnis:

eine Bank mit einer Bilanzsumme von etwa 500 Mrd. € und damit hinter der Deutschen Bank und der Commerzbank das drittgrößte Kreditinstitut Deutschlands. Die Übernahme des Verbundbankgeschäfts der WestLB durch die Helaba ist ein weiteres Beispiel dafür, dass die Komplexität der Zusammenschlüsse steigt.

Rahmenbedingungen erschweren FusionenNach wie vor werden Fusionen vor allem zur Kostenoptimierung durchgeführt. Die Ertrags-steigerung spielt nur eine untergeordnete Rolle. Die Ziele, die sich Institute durch den Zusam-menschluss setzen, sind durchaus ambitioniert. Mehr als jeder Zweite hält Kosteneinsparungen von 15 bis 25 Prozent für realistisch – und die-se werden tatsächlich erreicht. Über ein Drittel verwirklicht rund 70 bis 80 Prozent ihrer ge-setzten Ziele, und mehr als die Hälfte realisiert überwiegend alle Ziele. Damit sind Sparkassen, Volksbanken und Raiffeisenbanken deutlich erfolgreicher bei der Fusionierung als andere Branchen.

Doch es gibt auch Bedenken: Diese wer-den vor allem von kleinen Instituten vorgetra-gen. Fast 30 Prozent haben demnach eine pri-mär negative Assoziation zu Fusionen. Die dabei auftretenden Befürchtungen sind meist getrieben von kulturellen Faktoren. So wird die Unverträglichkeit der Unternehmenskul-turen von jeder dritten Bank als problematisch angesehen. Mögliche Schwierigkeiten bei der Umsetzung der personellen Veränderungen werden von 17 Prozent der Institute als größte Schwierigkeit genannt.

Schon der Anfang ist nicht einfachNegative Assoziationen werden bereits im An-bahnungsprozess gesehen. Über 30 Prozent der befragten Geldhäuser, die ihre Fusionszie-le nicht vollständig erreichen, sehen bereits die Suche nach einem passenden Fusionspart-ner als eine herausfordernde Aufgabe an. Dies spiegelt vor allem die regionale Fokussierung von Genossenschaftsbanken und Sparkassen im deutschsprachigen Raum wider, die allein aus regionalen Gründen die Anzahl der po-tenziellen Fusionspartner limitiert.

Den Bankenvorständen sind die typi-schen Schwierigkeiten einer Fusion bewusst. Während in der Anbahnungsphase die Zu-stimmung der Gremien die größte Hürde darstellt, richtet sich der Fokus in der Inte-grationsphase eher auf interne Themen wie personelle Veränderungen und die Realisie-rung von Synergien. Mehr als jedes zweite große Institut (mit mehr als 1.000 Mitarbei-tern) sieht in der Erreichung der Synergien eine wesentliche Herausforderung – was für große Häuser bezeichnend ist. Die Unver-träglichkeit der Unternehmenskulturen wird wiederum von sämtlichen Banken als schwie-rig bezeichnet.

Fünf Erfolgsfaktoren sind entscheidendBasierend auf den Erkenntnissen der Befra-gung und der Begleitung einer Vielzahl von Fusionen in den vergangenen Jahren wurden fünf Erfolgsfaktoren identifiziert. ÿ 1 Diese tragen maßgeblich dazu bei, die wesentlichen Herausforderungen in der Anbahnungsphase

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MANAGEMENT

sich damit jedoch schwer. Für sie, aber auch für alle anderen Banken ist ein Ziel-betriebsmodell hilfreich, das die künft ige optimale Unternehmensarchitektur defi -niert. Es fungiert wie eine Brücke zwi-schen Strategie und Umsetzung und hilft , durch die Reorganisation der operativen Einheiten, die Effi zienz zu steigern. Hier-bei ist neben der Möglichkeit zur Standar-disierung vor allem die Prozessqualität, -harmonisierung und -transparenz für Banken interessant. In der Erarbeitung der zukünft igen Zielorganisation sind dabei Geschwindigkeit und die strukturierte Konzeption des Geschäft smodells wesent-lich. Am Ende hängt die erfolgreiche Im-plementierung des Zielbetriebsmodells von den Führungskräft en und Mitarbei-tern ab. Diese müssen in kurzer Zeit die Strukturen und Abläufe der Althäuser ver-einheitlichen. Neben einer erfolgskriti-schen Bewertung und Priorisierung der Aufgaben benötigen die Führungskräft e dafür einen strukturierten Rahmen mit fachlichem Input. Damit viel Zeit auf die konzeptionelle Ausgestaltung der Einhei-ten verwendet werden kann, empfehlen

und in der darauf folgenden Integrationspha-se – also nach Abschluss des juristischen Zu-sammenschlusses – zu bewältigen.

1. Eine überzeugende „Fusionsstory“

Als ersten wesentlichen Erfolgsfaktor in der Anbahnungsphase nennt ein Großteil der Befragten die Zustimmung ihrer Gre-mien zum geplanten Zusammenschluss. Rund 25 Prozent der fusionserfahrenen Banken sehen diese Zustimmung als höchste Priorität. Der Grundstein für eine erfolgreiche Fusion wird bereits in den Sondierungsgesprächen gelegt. Hier soll-ten die ersten Beweggründe für eine Zu-sammenlegung in eine überzeugende Fu-sionsstory überführt werden. Diese stellt die Vorteile der Fusion für die verschiede-nen Stakeholder heraus und beschreibt das Zielbild und Anspruchsniveau - auf Er-trags- und Kostenebene - des neuen kon-solidierten Instituts.

2. Eine effiziente und strategisch star-

ke Zielorganisation

Synergien zu erzielen ist der zweite Schlüs-selfaktor. Insbesondere kleine Institute tun

sich einheitliche Leitfäden. Diese beinhal-ten idealerweise auch Good Practices aus anderen Banken.

3. Eine passende Besetzung

Bei der Umsetzung personeller Verände-rungen treten oft Probleme auf. Jedes vier-te Institut gab dies als eine wesentliche He-rausforderung im Fusionsprozess an. Die Auswahl künft iger Führungskräft e ist da-bei ein entscheidender Erfolgsfaktor. Sie beginnt daher idealerweise unmittelbar nachdem die Zielaufb auorganisation der neuen Bank festgelegt wurde. Bindet man die künft igen leitenden Angestellten in die weitere Ausgestaltung ihres Bereichs ein, können Akzeptanzprobleme vermieden werden. Für eine erfolgreiche Auswahl ha-ben sich transparente Personalauswahl-verfahren als vorteilhaft erwiesen.

4. Change- und Kommunikations-

management

Der Fusionserfolg hängt neben der struk-turellen und prozessualen Integration auch von der Integration der Unterneh-menskulturen ab. Dies bestätigten alle

1 | Diese 5 Faktoren sichern eine erfolgreiche Bankenfusion

1

2

3

4

5

Überzeugende „Fusionsstory“ mit klarenSynergiepotenzialen

Strukturierte Erarbeitung derneuen Zielorganisation

Besetzung von Führungskräften undMitarbeitern in der Zielorganisation

Change Management & Kommunikation

Straffe Projektsteuerung &Umsetzungscontrolling

Überzeugung aller relevanten Stakeholder, die Fusion zu unterstützen.

Alle Synergien realisieren, die durch die Fusion erreicht werdensollen/ wettbewerbsfähige Aufstellung sicherstellen.

Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei personellen Veränderungen.

Harmonisches kulturelles Zusammenwachsen beiderInstitute/ negative Außenwirkung vermeiden.

Effiziente Ressourcennutzung in der Projektphase/ bessere Planbarkeit.

Erfolgsfaktor Nutzen

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MANAGEMENT

Führungskräft e. Wir empfehlen deshalb die frühzeitige Durchführung einer soge-nannten Cultural Due Diligence. Spezifi -sche Change- und Kommunikationsma-nagement-Aktivitäten, die anschließend daraus entwickelt werden, eröff nen Mitar-beitern eine aktive Mitgestaltung im Fusi-onsprozess. Das Spektrum der Möglich-keiten reicht dabei von Bottom-up-Ansätzen in Kulturwerkstätten bis zu Großveranstaltungen im Rahmen von Town-Hall-Meetings. Unabhängig von der Veranstaltungsform ist es wichtig, die Mitarbeiter über den Sta-tus quo zu informieren. Mit zunehmen-dem Fortschritt der Prozesse sollten sie dann unter anderem über Prozesswerk-stätten eingebunden werden. In diesen können neue Prozesse und Schnittstellen getestet werden und in einen kontinuier-lichen Verbesserungsprozess übergehen. Um die Rückmeldung der Mitar-beiter strukturiert zu erhe-ben, bieten sich wie-derum regelmäßige Befragungen an, die die Zufriedenheit und die Identifi kation mit der neuen Bank wi-derspiegeln.Auch die Außenwahr-nehmung beeinfl usst den Fusionserfolg. Dies sehen vor allem mittlere und große Institute so. Für alle Stakeholder der Kre-ditinstitute ergibt sich eine Vielzahl von Ver-änderungen. Während sich für die Kunden gegebenenfalls das Betreuungs- und das Filialkonzept än-dern, setzen Eigentümer auf die Stärkung der Zukunft sfähigkeit des Instituts. Um diesen teils unterschiedlichen Interessen

gerecht zu werden, ist daher ein zielgrup-penorientierter Kommunikationsplan notwendig, der eine regelmäßige Informa-tion der wichtigsten Interessengruppen vorsieht.

5. Eine straffe Projektsteuerung und

Umsetzungscontrolling

Mehr als 50 Prozent der Studienteilneh-mer sehen die hohe Management- und Ressourcenbindung während der Fusion und Integration als weitere wesentliche Herausforderung. Eine straff e Projekt-steuerung mit eindeutigen Verantwort-lichkeiten und klar defi nierten Aufgaben ist daher unerlässlich. Die Befragung hat ergeben, dass eine am-bitionierte, aber realistische Zeitplanung als ein Schlüsselfaktor angesehen wird.

Nicht zu unterschätzen ist beispielsweise

die IT-Migra-

tion. Trotz meist ähnlicher oder gleicher Systemlandschaft en ist die Detailplanung für die Migration der Systeme und Be-standsdaten Basis für den Erfolg.

FAZIT

In unserer Befragung wurde deutlich, dass

die große Mehrheit der Teilnehmer trotz

zahlreicher Herausforderungen die we-

sentlichen Fusionsziele erreicht oder diese

sogar übertrifft. Der Fusionserfolg ist das

Ergebnis eines strukturierten Vorgehens

zusammen mit einer überzeugenden Fusi-

onsstory. Wesentlich für den langfristigen

Erfolg sind ein strukturiert erarbeitetes

effizientes Zielbetriebsmodell, die Auswahl

und Einbindung einer kompetenten Füh-

rungsmannschaft sowie eine realistische

Zeitplanung, gepaart mit einem straffen

Projektcontrolling und klar strukturierten

Umsetzungsaktivitäten.

Autor: Dr. Marcus Dahmen und Dr. Ingo Kipker.

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