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Nora Berneis
Opposition, Regierung und internationale Akteure im algerischen Bürgerkrieg (1992-1999)
Studentisches Arbeitspapier Nr. 1/2013
Herausgegeben von Alex Veit
Impressum:
Nora Berneis: Opposition, Regierung und internationale Akteure im algerischen Bürgerkrieg (1992-1999), 2013
Entstanden im Forschungsseminar „Opposition und internationalisiertes Regieren“, 2011-12, Institut für Politikwissenschaft, Universität Bremen Herausgegeben von Alex Veit Institut für Interkulturelle und Internationale Studien (InIIS) Universität Bremen Postfach 33 04 40 28334 Bremen
Inhalt
I. Grunddaten 1
II. Die zentralen Akteure des Konfliktes 4
Oppositionelle islamistische Gruppen 4
Die internationalen Akteure 8
Die algerische Regierung und das Militär 8
III. Der Konflikt um die politische Macht 10
Die Vorgeschichte des Bürgerkrieges 11
Der Beginn des Konfliktes (1992-1993) 11
Die Internationalisierung des Konfliktes (1993-1997) 13
Die Hochphase des Konfliktes (1997-1998) 19
Das Ende des Konfliktes und die Politik der ›inneren Eintracht‹ (1998-1999) 21
Anhang 25
Abkürzungsverzeichnis 25
Literatur: 26
I S L A M I S T I S C H E O P P O S I T I O N I M A L G E R I S C H E N B Ü R G E R K R I E G ( 19 92 - 19 9 9) 1
I. Grunddaten
Der algerische Bürgerkrieg
Die islamistische Oppositionspartei FIS (Front Islamique du Salut) war im Jahr 1992 kurz davor,
Wahlen zum algerischen Parlament zu gewinnen. Durch einen Putsch verhinderte das Militär den
Wahlsieg, verbot die FIS und löste damit einen Bürgerkrieg aus (Pironet 2012: 80; Poin-
ter/Schäfer 2007: 98). Die Splittergruppen der islamistischen Partei, die GIA (Groupe Islamique
Armé), die AIS (Armée Islamique du Salut) und später die GSPC (Groupe Salafiste pour la Prédi-
cation et le Combat) kämpften gegen die Militärregierung um die politische Macht in Algerien
(Martinez 2003). Die FIS, AIS und GIA forderten den Sturz der Militärregierung und die Er-
richtung eines islamischen Staates. Die Regierung forderte die Auflösung der islamistischen Par-
tei, sowie der Splittergruppen und setzte die staatliche Armee gegen sie ein. Dabei wurde sie von
Frankreich und der EU (Europäischen Union) finanziell unterstützt. Die Unterstützung zielte auf
die Wiederherstellung einer stabilen, kontrollierbaren Sicherheitslage und auf die Verhinderung
einer islamistischen Regierung ab. Außerdem wurde von Frankreich und der EU Druck auf das
Regime ausgeübt, die Kriegsführung der Armee öffentlich zu rechtfertigen. Die Medien wurden
durch den algerischen Staat monopolisiert und der mediale Diskurs, in dem die oppositionellen
Akteure undifferenziert als »islamistische Terroristen« bezeichnet wurden, sollte das harte
Vorgehen der Armee im Bürgerkrieg legitimieren (Slisli 2000).
Als Reaktion auf die Gefahr der Infiltrierung durch Armee und Geheimdienst formierte sich
die GIA als organisatorisch stark gegenüber der Außenwelt abgeschottete Gruppe. Ein Prozess
der Radikalisierung begann. Mitte der Neunzigerjahre verübte die GIA eine Reihe von
Bombenattentaten in Frankreich – ein Vergeltungsakt für die Finanzhilfen und
Waffenlieferungen an die algerische Regierung. Die FIS versuchte weiterhin an Wahlen
teilzunehmen, mit der Regierung zu verhandeln und internationale Aufmerksamkeit zu
bekommen. Durch die staatlich zensierten Medienberichte, die zwischen beiden Gruppen kaum
differenzierten, schadeten die Gewalttaten der GIA der Verhandlungsposition der FIS. Sie
begannen sich gegenseitig zu bekämpfen und lösten ein undurchsichtiges Kriegsgemenge aus. Als
die algerische Regierung wegen Kriegsverbrechen in internationale Kritik geriet, delegierte sie
Kriegshandlungen an paramilitärische Milizen.
Regionale Zuordnung und politische Ebene
Beim algerischen Bürgerkrieg handelte es sich um einen nationalen innenpolitischen Konflikt.
Dieser wurde zum Zeitpunkt des Putsches auf Regierungs- und parlamentarischer Ebene
ausgetragen. Die juristischen Institutionen waren für das Verbot der FIS und bei der Inhaftierung
ranghoher Parteimitglieder ebenfalls von Belang. Die politische Klasse war in Befürworter und
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Gegner der politischen Integration der FIS gespalten (Schmid 2005: 172-173). Während der
Konflikt zunächst zwischen der frankophonen Führungselite und der arabophonen Gegenelite
mit politischen Mitteln ausgetragen wurde, gab es wenige Reaktionen von FIS-Anhängern im
öffentlichen Raum (Martinez 1998b: 80, 96). Nach der Aufspaltung der oppositionellen
Gruppierungen veränderten sich sowohl die politische Ebene, als auch der Austragungsort des
Konfliktes.
Kampfhandlungen fanden in ganz Algerien statt. Bis 1996 waren die am meisten vom
Bürgerkrieg betroffen Provinzen Algier, Blida, Tipasa, Aïn Defla, Chelf, Boumerdès, Bouira,
M’Sila, Medea und Djelfa (Economist Intelligence Unit 1996: 9). Die schlimmsten
Gewaltverbrechen waren die Massaker in der Nähe von Algier im Spätsommer 1997. Einige
Orte, an denen Massaker stattfanden, sind Beni-Messous, Bentalha und Rais (Schmid 2005: 232).
Im Jahr 1995 gab es fünf Bombenanschläge in Paris und einen in Lyon (Frankreich), die der GIA
zugeschrieben wurden (Nouvelle Observateur 2007).
Außerdem fanden 1994 und 1995 Friedensverhandlungen in Rom unter dem Schirm der St.
Egidio Gemeinde statt (Schmid 2005: 184-188). Die FIS und verschiedene andere algerische
Parteien entwarfen gemeinsam einen Vertrag, der Vorbedingungen für Verhandlungen mit der
Regierung festlegte. Während die algerische Regierung nicht auf das Verhandlungsangebot
einging, würde es von der französischen Regierung begrüßt (Schmid 2005: 179-181, The
Independent 1995).
Insgesamt verblieb der Konflikt jedoch im nationalen algerischen Rahmen, auch wenn
internationale Akteure teils wichtige Rollen als Beobachter, Mediatoren und vor allem als
Unterstützer der algerischen Regierung spielten.
Zeitliche Einordnung
Der Untersuchungszeitraum dieser Studie reicht vom Zeitpunkt des Verbotes der FIS 1992 bis
zum Inkrafttreten des Amnestiegesetzes 1999. Die untersuchten oppositionellen Gruppen
gründeten sich mit Ausnahme der FIS erst nach dem Beginn des Krieges. Nach 1999 veränderte
sich der Konfliktgegenstand. Während Teile der islamistischen Opposition den bewaffneten
Kampf aufgaben, internationalisierten die radikalsten Fraktionen ihre Aktivitäten: Die AIS
erklärte im Jahr 2000 ihre Auflösung (Schmid 2005: 259). Verschiedenen Quellen zu folge löste
sich die GIA entweder schon 1999 auf (Ruf 2011: 134) oder befand sich spätestens seit 2002 im
Auflösungsprozess (Köbsch 2010). Die GSPC hingegen agierte in den folgenden Jahren als „Al-
Qaida im Maghreb“ (Martinez 2003: 172).
Ergebnisse des Konflikts
Der Konflikt um die politische Macht in Algerien wurde mit dem Waffenstillstand zwischen der
AIS und der Bouteflika-Regierung 1999 beendet. Trotzdem setzte sich der Bürgerkrieg fort.
Verschiedenen Autoren zufolge ist er mehr als ein Jahrzehnt später noch nicht beendet (u.a.
Köbsch 2010, Ruf 2011: 127). Im Jahr 2002 soll es nach offiziellen Angaben insgesamt noch 700
islamistische Kombattanten in Algerien gegeben haben (Martinez 2003: 174). Der klare Gewinner
des Konfliktes war die algerische Regierung. Obwohl es während des Krieges einige
Regierungswechsel gab, blieben sowohl die etablierten politischen Eliten der FLN (Front de
Libération Nationale), als auch das Militär Teil des Machtapparates. Ermöglicht haben dies die
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ausländischen Geldgeber, ohne die das Regime die Kosten der Kriegsführung nicht hätte tragen
können. Die internationalen Unterstützer der algerischen Regierung hatten ihre Ziele ebenfalls
erreicht: Neben der Verhinderung einer islamistischen Regierung, wurde auch die Liberalisierung
der algerischen Wirtschaft im Rahmen mehrerer IWF-Programme vorangetrieben. Dies gilt für
Frankreich, die EU und die USA, aber auch für zahlreiche andere Wirtschaftsakteure.
Die FIS und die islamistischen Gruppierungen, die aus ihr hervor gegangen sind, haben
indessen keines ihrer politischen Ziele erreicht (Ayoob 2007: 18). Man kann sie demnach
verallgemeinert als Verlierer des Bürgerkrieges bezeichnen. Der größte Verlierer des Konfliktes
war jedoch die algerische Zivilbevölkerung: Bis 1998 starben im Bürgerkrieg mindestens 26.000
bis 70.000 Menschen (Human Rights Watch 1999: 333).
Zudem hatten sich die schlechten sozioökonomischen Bedingungen, unter denen ein Großteil
der Bevölkerung schon in den 1980er Jahren litt, durch den jahrelangen Bürgerkrieg weiter
verschlimmert.
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II. Die zentralen Akteure des Konfliktes
In diesem Abschnitt werden die zentralen Akteure im Kontext des algerischen Bürgerkrieges
beschrieben. Die ersten Abschnitte beschäftigen sich mit den oppositionellen, nicht-staatlichen
Akteursgruppen FIS, AIS und GIA. Es folgt die Beschreibung der internationalen Akteure, die
den Kriegsverlauf beeinflussten. Der dritte Abschnitt widmet sich der Rolle des algerischen
Staates.
Oppositionelle islamistische Gruppen
Die FIS (Front Islamique du Salut)
Die FIS wurde am 10. März 1989 gegründet (Ludwig 1998: 68). Ein halbes Jahr später wurde sie
als erste islamistische Partei im algerischen Parlament offiziell zugelassen und entwickelte sich in
den folgenden Jahren zu einer Massenbewegung (Schmid 2005: 147-149). Die FIS schaffte es, die
Mehrheit der oppositionellen Bewegung, die sich aus den Arbeiterstreiks und Jugendprotesten
der späten achtziger Jahre entwickelt hatte, hinter sich zu vereinen. Obwohl sie die Forderungen
der organisierten Arbeiterschaft ablehnte, konnte die FIS den Aufstand der armen,
benachteiligten Bevölkerungsschichten gegen die Elite, die sie ausbeutete, für sich nutzen
(Harman 2012: 36-37). Der Erfolg der FIS begründete sich auf den großen Einfluss der
Islamisten in Bildungseinrichtungen und Moscheegemeinden. Zudem war die Bevölkerung von
den bisherigen sozialistischen Ansätzen des Regimes enttäuscht. Von westlichen
Industrienationen adaptierte Modelle hatten der Bevölkerung keine sozioökonomische
Verbesserung gebracht. Der Islamismus war daher ein alternatives Angebot (Ayoob 2007: 35).
Mohammed M. Hafez (2004: 45, 46) beschreibt die Organisationsstruktur der FIS vor dem
Verbot als inklusiv. Innerhalb der Partei gab es verschiedene islamistische Strömungen und die
Kriterien zur Mitgliedschaft waren relativ niedrig. Aus der Konkurrenz dieser Bewegungen und
dem Fehlen eines konsensfähigen Parteiprogramms, entstanden schon 1991 interne Konflikte
und Machtkämpfe (Ludwig 1998: 75). Die FIS teilte sich nach ihrem Verbot 1992 in verschiedene
Splittergruppen, die vornehmlich auf nationaler Ebene agierten. Zeitweise befanden sich
führende Mitglieder in Frankreich (Cesari o.J.) und Deutschland (Economist Intelligence Unit
1996: 14).
Die Wahlversprechen der FIS waren sowohl von materieller, als auch ideologischer Art. Ihr
Ziel – eine Verbesserung der Lebenssituation der Bevölkerung durch eine neue Wirtschaftspolitik
und transparentere Führung – knüpfte an Proteste der Bevölkerung in den Achtzigerjahren an.
Die FIS trat für »soziale Gerechtigkeit« ein und gab sich als »Verteidiger und Beschützer« der
unterdrückten und benachteiligten Bevölkerungsschichten (Ludwig 1998: 68). Die Scharia, »das
von islamischen Juristen auf der Grundlage des Korans und der islamischen Tradition [Hadithe]
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kodifizierte Gesetzessystem« (Harman 2012: 32) sollte die Grundlage des politischen Systems und
des gesellschaftlichen Lebens sein (Ruf 1997: 105). Die FIS hatte den Ruf die Interessen der
Armen und Unterdrückten zu vertreten und der islamischen Tradition treu zu sein (Slisli 2000:
50). Sie bildete Wohlfahrtsnetzwerke (Verges 1997: 295), verkaufte verbilligte Lebensmittel und
unterstützte die Proteste verschiedener Bevölkerungsgruppen gegen die bestehenden
Ungerechtigkeiten (Ludwig 1998: 223). Im Gegensatz zu anderen neuen Parteien besaß die FIS
schon vor ihrer Zulassung eine gute Organisationsstruktur, die sich vor allem auf ein Netzwerk
von 9.000 Moscheen stützte (Ludwig 1998: 223). Dieses diente auch zur Mobilisierung und
Rekrutierung neuer Mitglieder.
Die FIS lehnte ein westliches Demokratiekonzept für Algerien ab (Olsen 1998: 361). Doch sie
akzeptierte den demokratischen Wahlprozess unter bestimmten Bedingungen. Diese beschrieb
der FIS-Führer Abbasi Madani wie folgt: »Wenn Demokratie ein Verband des Dialoges und des
Respekts der Meinungsäußerung ist, dann sind wir mit diesem Konzept einverstanden. Im
Gegensatz dazu akzeptieren wir nicht, daß [sic] ein Abgeordneter sich im Widerspruch zum Islam
befindet und zur Scharia, seiner Doktrin und seinen Werten.« (zitiert nach Ludwig 1998: 220)
Die Mitglieder der FIS kamen sowohl aus der Unterschicht, wie auch aus den oberen Klassen
der Gesellschaft. Die Partei versuchte also, die Interessen wohlhabender Muslime, arabophoner
Schüler, Studenten und Intellektueller, mit den Forderungen der armen Stadtbevölkerung und
verarmter Kleinbauern miteinander vereinen (Al-Ahnaf 1991: 132-135). Die jungen Gebildeten
ohne Aussicht auf angemessene Arbeit und die Armen waren leicht zu mobilisieren und
verbanden mit der FIS die Hoffnung auf eine massive soziale Veränderung (Harman 2012: 21).
Die wohlhabenden Geldgeber der Partei hingegen wollten ihre materiellen Interessen schützen
und waren an weitreichenden gesellschaftlichen Veränderungen nicht interessiert (Harman 2012:
18).
Ein grundlegendes Dilemma des Islamismus (nicht nur in Algerien) ist, dass er sich nicht mit
dem Ziel eines massiven gesellschaftlichen Umsturzes vereinbaren lässt. Einerseits, weil die
islamische Gesellschaft für ihre Moscheen, Bildungs- und Wohlfahrtsinstitutionen auf die
Spenden reicher Muslime angewiesen ist. Andererseits, weil die Versöhnung aller
Bevölkerungsschichten innerhalb der muslimischen Gemeinschaft (Ummah) eines der wichtigsten
Ziele des Islamismus darstellt (Harman 2012: 40-41). Infolgedessen richtet sich der Islamismus
gegen die ehemalige Kolonialmacht, westliche Industrienationen, internationale Organisationen,
insbesondere gegen den IWF und die Weltbank, sowie deren inländische ›Kollaborateure‹. In
Algerien wurden mit letzterem Begriff die Regierung und die frankophone Elite bezeichnet.
Diese einheimischen und internationalen Akteure wurden für die Misere der Bevölkerung
verantwortlich gemacht. Aniimperialistische Rhetorik bot ein willkommenes Mittel zur
Mobilisierung in verschiedenen Bevölkerungsschichten (Harman 2012: 26-27).
Die FIS strebte einen reformistischen Islam an und stellte sich mit dem Ziel zur Wahl, das
System von innen heraus zu verändern. Erst als ihr der legale Weg verwehrt wurde, die
frankophone durch eine arabophone Elite zu ersetzen und eine ›islamischere‹ Lebensweise durch
Gesetze zu erzwingen, zog die FIS den gewaltsamen Sturz der Regierung in Betracht. Der
muslimischen, arabophonen Ober- und Mittelschicht versprach die FIS den Schutz ihrer
materiellen Interessen. Der armen Bevölkerung versprach sie mehr soziale Gerechtigkeit. Der
Islamismus richtete sich also nicht gegen die einheimischen muslimischen Profiteure der
Ausbeutung unterer Gesellschaftsschichten (Harman 2012: 26-27). Stattdessen erklärte die FIS
die westlichen Industrienationen zum »abstrakt-konkreten Hauptfeind«, der unabhängig von der
jeweiligen politischen Ausrichtung die Untergrabung der »Authentizität der muslimisch-
algerischen Gesellschaft« vorgeworfen wurde (Ruf 1997: 106). Frankreich, die EU, der IWF, die
Weltbank und die USA wurden von der FIS, wie auch von anderen oppositionellen Akteuren,
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zwar der Einmischung in die algerische Innenpolitik beschuldigt, direkte Kritik an bestimmten
Programmatiken oder Handlungen blieben jedoch weitestgehend aus.
Im Laufe des Konfliktes veränderten sich die Ziele der FIS nicht maßgeblich. Die Etablierung
eines islamischen Staates rückte jedoch im Laufe des Bürgerkrieges immer weiter in die Ferne.
Stattdessen war es zunächst wichtiger, die Kämpfe zu beenden und wieder als politische Partei
zugelassen zu werden. Die FIS versuchte weiterhin, durch Wahlen politische Macht zu erlangen
(Hafez 2004: 48). Da sie jedoch nicht mehr zugelassen wurde, machte sie mit Wahlempfehlungen
1995 und 1999, sowie mit einem Aufruf zum Wahlboykott in 1997 den größtmöglichen
politischen Einfluss geltend (Pointer/Schäfer 2007: 100).
Die AIS (Armée Islamique du Salut)
Konkurrierend zur GIA gründete die FIS 1994 einen bewaffneten Arm, die AIS (Armée
Islamique du Salut). Ziel war es, die Militärregierung zu stürzen und den Bürgerkrieg zu beenden
(Martinez 2003: 169). Die AIS bestand auf dem Höhepunkt des bewaffneten Konfliktes, also um
1997, aus knapp 7.000 Kombattanten von insgesamt 27.000 islamistischen Kämpfern in ganz
Algerien (Schmid 2005: 214). Sie orientierte ihre Organisationsform an der Struktur einer
regulären Armee. Die AIS setzte auf Friedensgespräche mit der Armeeführung und lehnte
Gewalt gegen die Bevölkerung ab. (Martinez 2003: 170). Das Ziel der AIS war zunächst,
gemeinsam mit der GIA eine breite Opposition gegen das Regime zu etablieren (Hafez 2004: 47).
Die GIA lehnte hingegen jegliche Kooperation mit FIS und AIS ab, da ihre Strategie und die
eingesetzten Mittel viel radikaler waren. Sie verurteilte FIS und AIS als ›Kollaborateure‹, da diese
Verhandlungen mit der Regierung führen wollten und die FIS weiterhin die Teilnahme an
Wahlen anstrebte. Die AIS legitimierte ihre Aktivitäten über den Schutz der zivilen Bevölkerung
und den Islam. Der Grund für die Krise wurde, angelehnt am Antiimperialismus-Diskurs der
FIS, nicht in einem bestimmten Akteur, sondern im nationalen und internationalen politischen
System gesehen (Hafez 2003: 50). Die AIS wurde im Jahr 2000 offiziell aufgelöst (Schmid 2005:
260).
Die GIA (Groupes Islamiques Armés)
Islamistische Kämpfer schlossen sich anlässlich des bestehenden Konfliktes zwischen Islamisten
und Regierung 1992 in der GIA zusammen (Ludwig 1998: 275). Mohammed M. Hafez (2003: 48)
beschreibt die GIA als exklusiv organisierten Zusammenschluss von bewaffneten Gruppen, der
die eigenen Mitglieder stark von der Außenwelt abschottete. 1992 spalteten sich weitere
Islamisten von der FIS ab und gründeten verschiedenen Splittergruppen. Darunter waren das
Mouvement pour l'État Islamique, das Mouvement Algérien Islamique Armée, sowie ein
Netzwerk von algerischen Kämpfern, die aus Afghanistan zurückgekehrt waren. Die algerische
Armee ging gewaltsam gegen diese Gruppen vor und tötete einige ihrer Führungspersonen.
Unter diesen Splittergruppen neben der FIS war die GIA der größte Zusammenschluss, der sich
zum Beginn des Konfliktes bildete und während des gesamten Konfliktes bestand. Aus der GIA
selbst entstand später eine weitere Splittergruppe, die bis in die Gegenwart als »Al-Qaida im
Maghreb« aktive GSPC (Groupe Salafiste pour la Prédication et le Combat) (Martinez 2003).
Genaue Angaben zur Größe der Gruppe gibt es nicht. Zwischen 1993 und 1996 waren
insgesamt ca. 30.000 bewaffnete Islamisten in Algerien aktiv (Martinez 2003: 174). Von 1995 bis
1999 wurden 15.000 islamistische Kämpfer von der Armee »eliminiert« und 6.000 weitere legten
ihre Waffen nieder (Martinez 2003: 175). Im Jahr 2002 soll es nach offiziellen Angaben insgesamt
nur noch 700 bewaffnete Islamisten in Algerien gegeben haben (Martinez 2003: 174). 60 davon
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sollen Mitglieder der GIA gewesen sein (General Maïza 2002, zit. nach Martinez 2003: 174). Sie
waren in Gruppen von vier bis sechs Kombattanten in den Regionen Blida, Aïn Defla, Chlef,
Médéa, Mascara, Sidi-Bel-Abbès und Skikda aktiv (General Maïza 2002, zit. nach Martinez 2003:
174). Diese Orte liegen nahe der algerischen Mittelmeerküste entlang des Tellatlas-Gebirges.
Im Bezug auf die GIA wird oft von einer informellen Gruppe ausgegangen (Human Rights
Watch 1999: 334; Verfassungsschutz NRW 2008: 188). Dagegen spricht jedoch, dass Mohammed
M. Hafez (2003: 47) die Organisationsstruktur genauer darstellen kann: Er schließt aus
verschiedenen Artikeln der pan-arabischen Zeitung Al Hayat, dass einzelne Gruppen aus neun bis
300 Kämpfern bestanden und jeweils eine Führungsperson hatten. Als Rückzugsorte dienten
Höhlen und Tunnelsysteme in Bergregionen. Die exklusive Struktur der GIA wird an den
Bedingungen für die Mitgliedschaft deutlich. Die salafistische GIA grenzte sich klar von der FIS
ab. Ein demokratisches System wurde von der GIA generell abgelehnt und damit ebenfalls die
Struktur und Strategie der FIS als politische Partei. Über die Führungsspitze ist wenig bekannt.
Jamal Zitouni war zumindest im Jahr 1995 GIA-Anführer. Er stellte Regeln für die Mitgliedschaft
auf, die das Bekenntnis zum Salafismus, strikten Gehorsam und die Abkehr von anderen
islamistischen Gruppen sowie deren Mitglieder beinhalteten. Kämpfer, die die GIA verlassen
wollten, wurden mit dem Tod bestraft (Hafez 2003: 48).
Die GIA war hauptsächlich in Algerien aktiv, jedoch gab es zwischen 1994 und 1996
Terroranschläge in Frankreich, die der GIA zugeschrieben werden (Weber-Lamberdière 1996).
Zentrale Führungspersonen sind für die GIA schwer auszumachen. Das liegt an der dezentralen
Struktur und an zahlreichen Wechseln von führenden Akteuren in Folge von Todesfällen. Im
Jahr 2002 wurden die Aktivitäten der GIA von Oukali Rachid, auch Abou Tourab genannt,
koordiniert (General Maïza 2002, zit. nach Martinez 2003: 174). Zentrale Personen aus der
früheren FIS, die in die GIA eintraten, waren Muhammad Said, Abdelrazak Rejjam, Yousuf
Boubras und Said Mekhloufi aus dem MEI (Labat 1995, zit. nach Hafez 2004: 47).
Die GIA übernahm die ideologischen Forderungen von der FIS, allerdings im Rahmen einer
salafistischen Auslegung des Islam. Der Salafismus hat die Rückkehr zum »original islamischen
Weg« zum Ziel. Dazu gehört die strenge Ausrichtung der Gesellschaft nach religiösen Normen.
Da die traditionelle islamische Auslegungen diktatorische Herrschaft mit der egoistischen Natur
des Menschen rechtfertigt (Ayoob 2007: 4-6), ist davon auszugehen, dass die Forderung der GIA
nach dem Sturz der Regierung, nicht die Etablierung einer demokratischen Gesellschaftsordnung
beinhaltete. Die GIA verfolgte das Ziel die Gesellschaft zu ›islamisieren‹, um eine islamische
Gesellschaftsordnung zu schaffen und für diese selbst die politische Führung zu übernehmen
(Martinez 2003, 165-177). Luis Martinez argumentiert, dass die GIA die ethnische Säuberung der
Gesellschaft von nicht-muslimischen Minderheiten und ›Ungläubigen‹ vollziehen wollte. Die
Position der GIA war zudem so radikal, dass sich internationale islamistische Organisationen
distanzierten (2003: 169). Der erste Führer der GIA, Abdelhaq Layada erklärte 1992, dass alle
Regierungsmitglieder ›Ungläubige‹ seien (zit. nach Hafez 2004: 47). Nach salafistischer Auslegung
müssen Muslime von einer islamischen Regierung geführt werden. Wenn die Regierung nicht
nach muslimischen Regeln, sondern von westlichen Interessen geleitet ist, so wird demnach die
Befreiung, der Jihad, zur Pflicht jedes einzelnen (Ayoob 2007: 8). Im Islam bedeutet der Jihad
ganz allgemein »den Kampf des Menschen mit den Faktoren des Bösen« (Moghaddam 1984).
Dieser »Kampf« wurde von der GIA als bewaffneter Kampf verstanden, doch es muss an dieser
Stelle darauf hingewiesen werden, dass die gängige deutsche Übersetzung von Jihad als »heiliger
Krieg« ist unzulässig ist (Moghaddam 1984; Ruthven 2010: 178). Die größte Mehrheit der
Muslime versteht unter Jihad eine kollektive Verpflichtung zum Streben nach einer »Veränderung
hin zum Guten«, die auf »individueller, gesellschaftlicher, wissenschaftlicher, politischer und
wirtschaftlicher Ebene« zu erreichen ist (Moghaddam 1984). Im klassischen Islam wird als Mittel
zur Ausführung des Jihad neben der Zunge, den Händen und dem Schwert das Herz als
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wichtigstes Element hervorgehoben (Ruthven 2010: 178). Die GIA begründete ihre Aktivitäten
nicht mit dem Militärputsch von 1992, sondern sah sich im größeren Kontext des Kampfes
gegen ›ungläubige‹ Führer in muslimisch dominierten Ländern (Hafez 2004: 49). Der Kampf der
GIA, den sie als Jihad bezeichnete, richtete sich gegen alle Algerier, die aus ihrer Sicht »vom
Glauben abgefallen« waren (Hafez 2004: 48). Die GIA machte keinen Unterschied zwischen den
Nicht-Mitgliedern; Algerier außerhalb ihres Netzwerkes wurden beschuldigt das Regime aufrecht
zu erhalten (Hafez 2003: 48). So wurden auch Mitglieder der FIS und AIS als Feinde gesehen.
Die GIA bezeichnete sich selbst als einzig legitimes Netzwerk für den Jihad in Algerien (al-Tawil
1998 zit. nach Hafez 2003: 47). Die Mittel, die von der GIA angewendet wurden, veränderten
sich mit der zunehmenden Radikalisierung der Gruppe (Cesari o.J.). Das Ziel der Errichtung
eines islamischen Staates und der Islamisierung der Gesellschaft blieb bestehen. An den
Massakern, die der GIA zugeschrieben wurden und den unverhältnismäßigen Mitteln der
Bestrafung, wird die Radikalisierung der Gruppe besonders deutlich.
Die internationalen Akteure
Der algerische Bürgerkrieg wurde von verschiedenen internationalen Akteuren beeinflusst:
Frankreich, die EU, die USA und der IWF gelten als die Wichtigsten. Die vorliegende Arbeit
fokussiert auf die Rolle Frankreichs und der EU. Diese Auswahl ist sowohl der historisch-
geographischen Nähe der Akteure geschuldet, als auch der Führungsrolle Frankreichs auf
internationaler Ebene.
Die französische Regierung hat innerhalb der EU, der UN und auch des IWF einen großen
Einfluss auf die Algerienpolitik ausgeübt (Aichoune/Mari 1995; Olsen 1998: 361). Eine Analyse
der Rolle der entsprechenden inter- und supranationalen Organisationen im Algerienkonflikt
sollte demnach auch immer gleichzeitig eine Analyse der französischen Politik sein. Außerdem
reagierten die oppositionellen Akteure maßgeblich auf die Politik der ehemaligen Kolonialmacht.
Innerhalb der EU sowie in internationalen Organisationen wurde von Frankreich erwartet, im
Bezug auf den Bürgerkrieg eine Führungsrolle einzunehmen. Denn neben den vielfältigen weiter
bestehenden sozialen und politischen Verbindungen bestand auch eine wirtschaftliche
Abhängigkeit Algeriens von der ehemaligen Kolonialmacht (Olsen 1998: 361). Dabei lag eine
schnelle Beendigung des Konfliktes zunächst vor allem im wirtschafts- und finanzpolitischen
Interesse der EU (Olsen 1998: 362). Der EU-Außenhandel mit Nordafrika sollte ausgebaut und
mit dem Barcelona-Prozess 1995 sogar eine Freihandelszone institutionalisiert werden (Euro-
Mediterranean Conference 1995). Mit der zunehmenden Gewalt in Algerien und den Anschlägen
in Frankreich, erlangten sicherheitspolitische Bedenken einen immer größeren Stellenwert in der
offiziellen Position der EU. Außerdem stieg die Wahrscheinlichkeit starker Flüchtlingsmigration
nach Europa (Olsen 1998: 364). Die Positionen der französischen politischen Klasse gegenüber
den Akteuren im algerischen Bürgerkrieg waren richtungweisend für die Algerienpolitik der EU
insgesamt (Olsen 1998: 361; Schmid 2005: 185). Das gleiche galt für die Weltbank und den IWF
(Aichoune/Mari 1995).
Die algerische Regierung und das Militär
Das Ziel der politischen Elite in der ehemaligen Staatspartei FLN (Front de Libération Nationale)
und der Armee war über den gesamten Zeitraum des Konfliktes der eigene Machterhalt, die
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Eliminierung der islamistischen Opposition und die Sicherung von ausländischen Hilfen. Im
Kampf gegen die Islamisten setzte der Staat vor allem auf legale, extralegale (wie willkürliche
Verhaftungen) und militärische Mittel. Die Legitimation der Gewaltanwendung fand über die
undifferenzierte Kriminalisierung der islamistischen Opposition mittels staatlich kontrollierter
Institutionen und Medien statt. Die eigene Machtposition wurde durch gelenkte Wahlen
legitimiert, zu denen islamistische Parteien teils nicht zugelassen waren.
Die algerische Armeeführung war seit dem Unabhängigkeitskrieg (1954- 1962) sehr eng mit
der zivilen politischen Elite verbunden. In den Neunzigerjahren dominierten innerhalb der
politischen Führung die Interessen der Militärspitze (Addi 2001, Silverstein 2000,
Pointer/Schäfer 2007). Seit dem Putsch 1992 wurde Algerien vom ›Hohen Staatsrat‹ des Militärs
regiert. Ali Kafi wurde vom Militär nach dem Putsch eingesetzt, darauf folgte 1994 eine
Übergangsregierung geführt von General Liamine Zéroual (Pointer/Schäfer 2007: 100). Bei den
Präsidentschaftswahlen im November 1995 wurde Zéroual laut offiziellen Angaben von einer
großen Mehrheit im Amt bestätigt (Economist Intelligence Unit 1996: 9). Man muss allerdings
davon ausgehen, dass diese Wahlen zugunsten von Zéroual manipuliert worden waren (Schmid
2005: 183- 184). Durch den Putsch 1992 konnte die politische und militärische Elite ihre Stellung
sichern. Nachdem die Militärregierung die FIS verboten hatte, bekämpfte sie die abgespaltenen
islamistischen Gruppen (Pointer/Schäfer 2007). Verhandlungen mit diesen Gruppierungen
lehnte die Regierung von Zéroual (1994-1997) ab, versprach aber Gesprächsbereitschaft bei
einem generellen Gewaltverzicht (Pointer/Schäfer 2007: 100). 1999 wurde Abd al-Aziz
Bouteflika als erster ziviler Präsident seit Beginn des Konflikts gewählt. Die Präsidentschaft
Bouteflikas war allerdings schon vor dem Wahltag entschieden, da die übrigen Kandidaten zuerst
ein ›Komitee gegen Wahlbetrug‹ gründeten und dann kollektiv zurücktraten. Trotzdem wurde die
Wahl zwischen sieben Kandidaten, von denen sechs nicht mehr antraten, abgehalten (Schmid
2005: 253- 254). Die scheinbare Unabhängigkeit von der Armee, sowie sein diplomatisches
Geschick, dienten dem Militär zunächst dazu das internationale Ansehen der Regierung zu
erhöhen.
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III. Der Konflikt um die politische Macht
Diese Studie untersucht den algerischen Bürgerkrieg in vier Zeitabschnitten, die sich an den im
Verlauf unterschiedlichen Machtbalancen, Machtmitteln und Forderungen der einzelnen Akteure
orientieren.
Die erste Phase war durch die Formierung der islamistischen oppositionellen Gruppen, sowie
die Positionierung der nationalen und internationalen Akteure geprägt. In der zweiten Phase, ab
1993, nahm die Bedeutung der internationalen Ebene zu. Die FIS und die GIA stellten direkte
Forderungen an die französische Regierung, die die algerische Regierung unterstützte. Um sich
die internationale Unterstützung zu sichern, bediente sich die Militärregierung einer Pressezensur
(Cesari o.J.). Es gab eine Reihe von Terroranschlägen in Frankreich, die mit der GIA in
Verbindung gebracht wurden (Weber-Lamberdière 1996). Außerdem begannen die GIA und die
AIS sich gegenseitig zu bekämpfen. In der dritten Phase, ab dem Jahr 1997, eskalierte die Gewalt
auf nationaler Ebene und bekam stärkere internationale Aufmerksamkeit. Die Legitimität der
Akteure wurde international in Frage gestellt. Dies galt für die Kriegsführung der algerischen
Regierung und deren internationale Unterstützer, aber auch für die oppositionellen Akteure. Die
letzte Phase beschreibt das Ende des Konfliktes im Jahr 1999. Sie beginnt mit der Wahl von
Präsident Bouteflika, der mit dem Amnestiegesetz die Politik der ›zivilen Eintracht‹ einleitete. Die
Beschreibung endet mit den Verhandlungen des Waffenstillstandes zwischen AIS und der
Regierung und den Reaktionen der anderen Akteure.
Analytisch wird der Konfliktverlauf anhand von Interdependenzen und Interaktionen
zwischen den Akteuren untersucht. Die Beschreibung von Interaktionen orientiert sich an dem
Ansatz der »Contentious Politics« von Charles Tilly und Sidney Tarrow (2007). Interaktionen werden
als wechselseitige Forderungen zwischen Politik und kollektiven Handlungen innerhalb einer
Auseinandersetzung betrachtet (2007: 4-7).
Der Begriff der Interdependenz wird im Sinne der Figurationssoziologie von Norbert Elias
verwendet. Demnach sind Akteure interdependent, wenn ihre Handlungen auf einander Bezug
nehmen und somit in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen (1970: 172-173). Als
Figuration wird die Summe von Interdependenzen zwischen verschiedenen Akteuren verstanden.
Durch Verschiebungen der Machtbalance zwischen den Akteuren unterliegt diese Figuration
einer Veränderung: dem Figurationsprozess. Die zentrale Idee ist dabei komplexe Figurationen
Mittels bestimmter Interdependenzen und Interdependenzketten zu analysieren (1970: 174). In
der folgenden Konfliktbeschreibung und -analyse beziehen sich Interaktionen auf Forderungen,
Interdependenzen auf Abhängigkeitsverhältnisse und der Begriff des Figurationsprozesses wird
benutzt, um Veränderungen in dem voneinander abhängigen Handeln der einzelnen Akteure
herauszuarbeiten.
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Die Vorgeschichte des Bürgerkrieges
Nach dem Befreiungskrieg von der französischen Kolonialherrschaft (1954-1962) wurde Algerien
von der Einheitspartei FLN regiert. Das Regime baute eine Planwirtschaft mit Ausrichtung auf
den Export von Energierohstoffen vor allem nach Frankreich auf (Pointer/Schäfer 2007: 94).
Aufgrund der unzureichenden Industrialisierung war das Land auf den Import von fertigen
Industriekomplexen (Maschinen zur Produktion) und Nahrungsmitteln angewiesen (Benakli
1992). So wurde Algerien zu einem Rentierstaat (Ruf 2011: 130).
Ende der 1980er Jahre kam es durch den sinkenden Ölpreis zu hoher Auslandsverschuldung
und Versorgungsengpässen. Weitreichende Privatisierungsmaßnahmen verbesserten die
sozioökonomische Lage der Bevölkerung nicht maßgeblich (Pointer/Schäfer 2007). Die seit 1986
wegen der hohen Arbeitslosigkeit, Lebensmittelknappheit und fehlenden sozialen Absicherung
anhaltenden Proteste wurden 1988 zu einer Massenbewegung, die den Rücktritt des Präsidenten
Chadli Bendjedid forderte. Daraufhin wurde der Ausnahmezustand ausgerufen und die Armee
ging mit Waffengewalt gegen die Demonstranten vor. Die Islamisten der späteren FIS schlossen
sich kurz darauf den Protesten an und spielten seitdem eine wichtige Rolle in der Bewegung.
Infolge der Proteste wurde 1989 eine neue Verfassung per Referendum beschlossen, die erstmals
andere Parteien neben der FLN zuließ (Algeria-Watch 1996; Shabafrouz 2010: 10).
1991 trat die FIS zu Kommunalwahlen an und gewann die Mehrheit in knapp der Hälfte der
Regierungsbezirke (Pironet 2012: 80). Im Gegensatz zu anderen neuen Parteien besaß die FIS
schon vor ihrer Zulassung eine gute Organisationsstruktur (Ludwig 1998: 223). Dadurch hatte sie
einen großen Vorteil gegenüber den anderen neuen Parteien und gewann in der ersten Runde der
Präsidentschaftswahlen 1992 fast die Hälfte der Wählerstimmen. Um einen endgültigen
Wahlerfolg der Islamisten in der zweiten Runde zu verhindern, putschte die algerische
Armeespitze und verbot die islamistische Partei (Pironet 2012: 80).
Die FIS teilte sich daraufhin in verschiedene Splittergruppen auf, aus denen die GIA, die AIS
und später die GSPC hervorgingen (Martinez 2003). Im Jahr 1992 begann der Bürgerkrieg
zwischen der algerischen Armee und den verschiedenen islamistischen Gruppierungen
(Pointer/Schäfer 2007: 98). Als 1997 die Gewalt der Islamisten und der Armee weiter zunahm,
bot UN-Generalsekretär Kofi Annan der algerischen Regierung die Vermittlung der UN an
(Olsen 1998: 363). Die algerische Regierung lehnte dies ab (Olsen 1998: 363). Die EU
unterstützte die algerische Regierung mit Finanz- und Wirtschaftshilfen. Seit 1994 gab es mehrere
IWF-Programme zum Abbau von Auslandsschulden (Economist Intelligence Unit 1996: 6).
Trotzdem waren die Schulden in den folgenden drei Jahren extrem gestiegen (Ruf 1997: 99, 100).
Der Beginn des Konfliktes (1992-1993)
Die erste Phase des Konfliktes begann mit dem Abbruch der Wahlen im Jahr 1992. Durch den
Putsch der Armee wurde ein Wahlsieg der FIS bei den Präsidentschaftswahlen verhindert und die
Partei kurz darauf verboten (Pironet 2012: 80). Die zentrale Forderung der FIS war die Schaffung
eines islamischen Staates (Ludwig 1998: 68). Nachdem der demokratische Weg zu diesem Ziel
durch den Putsch und das Parteiverbot nicht mehr möglich war, wurde der Sturz der
Militärregierung gefordert. Der politischen Elite wurde Korruption und die Förderung des
Verfalls der muslimischen Sitten vorgeworfen (Ruf 1997: 105). Teile der FIS befürworteten die
Kooperation mit der Militärregierung, um über Verhandlungen und erneute demokratische
Wahlen politische Macht zu erlangen. In der ideologischen Ausrichtung und den als legitim
betrachteten Handlungsoptionen gab es innerhalb der FIS große Differenzen (Ludwig 1998: 68).
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In Folge dessen bildete sich 1992 die GIA als Zusammenschluss von verschiedenen
bewaffneten Gruppen, die sich von der FIS losgesagt hatten (Ludwig 1998: 275). Während die
FIS weiterhin versuchte, über einen demokratischen Wahlprozess den Staat von innen zu
verändern, setzten die GIA auf den gewaltsamen Kampf. Luis Martinez (2003: 169) argumentiert,
dass die GIA die Säuberung der Gesellschaft von nicht-muslimischen Minderheiten und
›Ungläubigen‹ vollziehen wollte. Der erste Führer der GIA, Abdelhaq Layada erlärte 1992, dass
alle Regierungsmitglieder »Ungläubige« seien (zit. nach Hafez 2004: 47). Damit lieferte er die
ideologische Begründung für den Kampf der GIA gegen das algerische Regime.
Die Forderungen der politischen Elite waren nicht einheitlich. Die algerische Berberpartei
FFS (Front des Forces Socialistes) und die auch die vorherige Regierungspartei FLN erklärten
den Wahlabbruch 1992 für illegal (Ludwig 1998: 231). Die Linie der Militärs war hingegen die
Verhinderung einer islamistischen Regierungsbeteiligung durch die Eliminierung der Islamisten.
Der Abbruch der Wahlen in Algerien zog internationale Aufmerksamkeit auf sich (Cesari o.J.;
Slisli 2000). In dieser Situation lag es im Interesse des Militärrates, dass der Putsch auch
außerhalb Algeriens als Verhinderung einer undemokratischen islamistischen Regierung, statt als
Verhinderung einer demokratischen Wahl wahrgenommen wurde. Offiziell erklärte der Militärrat
die »Wiederherstellung der inneren Sicherheit, [die] Absicherung der zukünftigen
republikanischen, pluralistischen, demokratischen Ausrichtung des Staates [und die] Realisierung
eines Umfeldes, das der Regierung die Umsetzung ihrer Wirtschaftspolitik erlaubt« zu seinem
Ziel (Faath 1992, zitiert nach Ludwig 1998: 233). Damit forderte die Regierung die
oppositionellen islamistischen Gruppen auf, den gewaltsamen Konflikt zu beenden, die
Sicherheit im Land nicht weiterhin zu beeinträchtigen, und keine Ansprüche auf
Regierungsbeteiligung zu stellen. Mitglieder der islamistischen Gruppen wurden festgenommen
und, meist ohne Gerichtsprozesse, in Lagern in der Sahara gefangen gehalten. Die islamistischen
Gruppen verübten Anschläge, vor allem auf Regierungsangestellte und Regierungsgebäude. Die
kooperationsbereiten Gruppen auf beiden Seiten hatten sich nicht durchsetzen können (Ludwig
1998: 231; Schmid 2005: 237; Shabafrouz 2010: 10; Slisli: 2000; Tuquoi: 1997). Die Aufspaltung
der FIS in eine große Anzahl von Splittergruppen, kann als Reaktion auf die Unterdrückung und
Infiltration der oppositionellen Gruppen durch die algerische Regierung gesehen werden (Hafez
2003: 39).
Von den internationalen Akteuren erwartete das Militärregime die Fortsetzung der
Wirtschafts- und Finanzhilfen und die Akzeptanz des Wahlabbruchs. Die internationalen Akteure
wollten sich hingegen weder auf die Unterstützung einer repressiven Militärregierung, noch auf
die Unterstützung der Islamisten festlegen (Olsen 1998: 364). Die wirtschaftlichen und
finanziellen Hilfen aus Frankreich wurden fortgesetzt, die französische Regierung ergriff aber bis
1993 offiziell weder Partei für die algerische Regierung, noch für die Opposition (Cesari, o.J.).
Die EU unterstützte die algerische Regierung mit Finanz- und Wirtschaftshilfen, deren größter
Teil wiederum aus Frankreich kam. Es bestand die Meinung, dass die Lösung des Konfliktes in
der Wirtschaft liege (Cesari, o.J.). In Frankreich war die Unterstützung des algerischen Militärs
von der konservativen Mehrheit gewollt. Der Bürgerkrieg in Algerien hatte innenpolitische
Auswirkungen in Frankreich, wo sicherheitspolitische Maßnahmen gegen Islamisten im eigenen
Land verschärft wurden (Cesari, o.J.). Fouzi Slisli (2000: 50-51) argumentiert, dass die große
Aufmerksamkeit seit den Kommunalwahlen 1990 von der westlichen und besonders der
französischen Presse den algerischen Machtkampf beeinflusst habe. Die Darstellung des
Islamismus als Gefahr und die Unterbewertung ihres Rückhaltes in der Bevölkerung habe das
Militär angestiftet, gegen die FIS vorzugehen und Rückendeckung für den Putsch gegeben. Die
massive Verfolgung, Unterdrückung und Bekämpfung der FIS in den Jahren 1992 bis 1994 sei
hingegen weitgehend unbeachtet geblieben. Grundsätzlich setzte Frankreich die frühere
politische und wirtschaftliche Unterstützung für Algerien auch gegenüber dem Militärregime
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einfach fort. Trotzdem veränderte sich die Rhetorik auf beiden Seiten. Die algerische Regierung
war aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage abhängig von ausländischen Hilfen. Ihre
Betonung, die Sicherheit der Bevölkerung wieder herstellen zu wollen, kann als indirekte
Forderung nach weiterer Unterstützung von außen gesehen werden. Dies bedeutete jedoch auch,
dass die algerische Regierung von der öffentlichen Meinung in internationalen und besonders
französischen Medien abhängig wurde. Auch die französische Regierung stellte den Militärputsch
und das harte Vorgehen gegen die FIS als Notwendigkeit dar, um die Unterstützung für das
Regime zu legitimieren.
Zwischen den oppositionellen islamistischen Gruppen und den internationalen Akteuren war
in dieser Phase wenig Interaktion zu beobachten. Zwar richtete sich die FIS gegen den
ausländischen Einfluss und die ausländische Unterstützung der algerischen Regierung, doch sie
bezogen ihr Handeln nicht direkt darauf. Die Forderungen der FIS nach Nichteinmischung in
nationale Angelegenheiten bestanden schon, bevor sich die Partei zur Wahl stellte. Die
französische Regierung auf der anderen Seite ignorierte die Forderungen der oppositionellen
Akteure, indem sie die Unterstützung der Regierung fortsetzte ohne offiziell Partei zu ergreifen.
In der ersten Phase beschränkt sich der Figurationsprozess, also die Veränderung der
Handlungen einzelner Akteure, vor allem auf die nationale Ebene. Die oppositionellen Akteure
und die nationale Regierung standen in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis, während die
Regierung darauf angewiesen war, dass sich die Position Frankreichs und der anderen
internationalen Akteure nicht veränderte und die Unterstützung fortgesetzt wurde.
Die Internationalisierung des Konfliktes (1993-1997)
In der zweiten Phase findet eine zunehmende Internationalisierung des Konfliktes statt, die sich
in den Forderungen und dem Handeln aller Akteure zeigt. Zu Zielen von Attentaten der
islamistischen Kombattanten wurden besonders häufig Beamte und Regierungsmitglieder auf
lokaler Ebene (Economist Intelligence Unit 1996: 12). Zudem gab es seit 1993 vermehrt
Attentate auf frankophone Intellektuelle und Ausländer, die größtenteils der GIA zugeschrieben
werden (Hafez 2004: 51; Cesari o.J.). Als Adressaten ihrer Forderungen machte die GIA auf
nationaler und internationaler Ebene »Unterstützer der Ungläubigkeit« aus (Al-Hayat 1993, zit.
nach Hafez 2004: 50). Im Fokus waren das algerische Regime, Frankreich und die USA (Al-Hayat
1993, zit. nach Hafez 2004: 50). Die zunehmende Gewalt gegen Ausländer hatte zum Ziel, die
Unterstützung des algerischen Regimes durch die internationalen Akteure zu verringern (Ludwig
1998: 233). Frankophone Intellektuelle wurden auch deshalb zu Opfern der GIA, weil sie sich
gesellschaftlich abgrenzten, meist nicht religiös waren und säkulare Ansichten vertraten (Cesari
o.J.). Seit den Wahlen 1990 unterstützten außerdem viele ehemals regierungskritische
Intellektuelle das algerische Regime, da sie einen islamischen Staat fürchteten (Slisli 2000: 52).
Angesichts der Massenmorde durch die Regierungsarmee und die Fortsetzung der
ausländischen Wirtschaftshilfen erklärte die GIA Frankreich den Krieg (Slisli 2000). Die
islamistische Opposition forderte geschlossen gegenüber Frankreich die Beendigung der
Unterstützung des Regimes (Aichoune/Mari 1995). Innerhalb der GIA fand eine Radikalisierung
statt (Cesari o.J.; Hafez 2004: 43-52). Paul A. Silverstein argumentiert, dass die Islamisten den
Unabhängigkeitskrieg als unvollendeten Jihad gegen ökonomischen und kulturellen Kolonialismus
ansähen und diesen im Bürgerkrieg zu vollenden suchten. Als Kolonialmacht wurde nicht mehr
nur Frankreich, sondern auch die Weltbank und der IWF gesehen (Silverstein 2000: 9). Die
islamistischen Gruppen beschuldigten die algerische politische Elite, die Interessen Frankreichs,
der Weltbank und des IWF zu vertreten (Silverstein 2000: 9).
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Die Aufnahme des ersten IWF-Umschuldungsprogrammes erfolgte 1994, als der algerische
Staat zahlungsunfähig wurde. Die damit verbundenen strukturellen Reformen beinhalteten die
Verringerung der Staatsausgaben und Kürzungen im öffentlichen Sektor. Besonders betroffen
waren das Bildungs- und das Gesundheitswesen. 1995 wurde das IWF-Programm unter der
Auflage der Privatisierung des Finanzsektors für drei Jahre verlängert (Schmid 2005: 268). Weder
von der GIA, noch von einer der anderen islamistischen Gruppen gab es allerdings konkrete
politische Forderungen gegen diese Maßnahmen. Wie es bei militanten exklusiven
Untergrundorganisationen häufig vorkommt, verlor die GIA zunehmend den Bezug zur Realität.
(Hafez 2004: 43). Dies war eine Folge der Abschottung nach außen: Den Kämpfern war der
Kontakt zu Nicht-Mitgliedern, sowie der Zugang zu Presse, Fernsehen und anderen
Informationsquellen verboten (Hafez 2004: 52). Die Entwicklung aus der FIS, die realpolitische
Ziele formulierte, zu einer Untergrundorganisation, die zunehmend Gewalttaten gegen die
Zivilbevölkerung verübte, weist eine deutliche Realitätsverfremdung und Radikalisierungstendenz
auf. Dieser Prozess, der seit den Attentaten auf Ausländer und Intellektuelle nicht mehr zu
leugnen war, wurde von der FIS stark kritisiert. Die GIA lehnte ihrerseits jegliche Art von
Verhandlungen mit der Regierung, internationalen Akteuren und auch mit der FIS ab (Martinez
2003).
Die FIS gründete 1994 einen bewaffneten Arm, die AIS (Martinez 2003: 169). Ziel war es die
Militärregierung zu stürzen und den Bürgerkrieg zu beenden (Martinez 2003: 169). Die
Vorstellung lag zunächst in der Schaffung einer breiten Opposition gegen das Regime,
gemeinsam mit der GIA (Hafez 2004: 47). Als die GIA eine Kooperation ablehnte und die
Unvereinbarkeit der Strategien beider Gruppen offensichtlich wurde, begannen AIS und GIA
sich gegenseitig zu bekämpfen. Die GIA erklärte in einem Communiqué, das in der pan-
arabischen Zeitung Al-Hayat veröffentlicht wurde, sowohl dem Staat, als auch der FIS und der
AIS den Krieg (Economist Intelligence Unit 1996: 9). Ein potentielles Ende des Bürgerkrieges
war aus Sicht der FIS und der AIS eng mit einem Sieg über die GIA verbunden. Die Gewalttaten
der GIA behinderten den Erfolg von Friedensgesprächen der AIS und der FIS mit
Regierungsvertretern (Martinez 2003). Da die Regierung der islamistischen Opposition keine
Legitimität zugestand (Cesari o.J.) und die Unterscheidung zwischen verschiedenen Gruppen aus
strategischen Gründen ablehnte, bedeutete jede Gewalttat der GIA eine Verschlechterung der
Verhandlungsposition von FIS und AIS. Die FIS beteiligte sich an Friedensverhandlungen mit
verschiedenen algerischen Oppositionsparteien 1994 und 1995 in Rom. Sie forderte die
Beendigung der Gewalt gegen Zivilisten. Im Jahr 1994 bot die FIS in einem Brief an die
Regierung an, ihre Waffen niederzulegen. Im Gegenzug forderte sie die Freilassung der
inhaftierten FIS Führer, sowie eine gemeinsame Kommission für kommende Wahlen und die
Schaffung einer neuen, legitimierten Regierung (Rouadjia 1995).
Damit hatte sich die Figuration im Gegensatz zur ersten Phase stark verändert: Die
oppositionellen Islamisten traten nicht mehr als eine, wenn auch heterogene Gruppe auf, sondern
als Gegenspieler. Die Interaktionen der FIS und AIS mit der GIA stellten sich in Forderungen
zur Vernichtung der jeweils anderen Gruppe dar. Zwar waren die Forderungen gegenüber der
nationalen Regierung und den internationalen Akteuren – der Sturz der Militärregierung, die
Errichtung eines islamischen Staates und die Verminderung der internationalen Unterstützung
für die Regierung – miteinander vereinbar, doch schlossen sich die hierzu angewendeten Mittel
gegenseitig aus.
Die algerische Regierung ging auf das Friedensangebot der FIS nicht ein (Pointer/Schäfer
2007: 100). Doch während sie weiterhin mit militärischer Gewalt gegen die bewaffneten
islamistischen Gruppen vorging, gab es auch scheinbare Annäherungsversuche: Verhandlungen
mit den islamistischen Gruppierungen lehnte die Regierung von General Liamine Zéroual (1994-
1997) ab, versprach aber Gesprächsbereitschaft bei einem generellen Gewaltverzicht aller
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Islamisten (Pointer/Schäfer 2007: 100). Wegen der Uneinigkeit der islamistischen Gruppen war
ein gleichzeitiger Gewaltverzicht aller Akteure allerdings undenkbar. Nach den Wahlen 1995
wurde eines der Lager für mutmaßliche FIS-Mitglieder in der Sahara geschlossen und 700
Gefangene freigelassen. Die Freilassungen hatten Erfolg, denn bis Ende 1995 hatten sich 1.000
islamistische Kämpfer der Armee gestellt (Economist Intelligence Unit 1996: 9).
Für die Militärregierung war es extrem wichtig, die Legitimation für die Aktivitäten der Armee
aufrecht zu erhalten. Aus diesem Grund durfte keine Gruppe der oppositionellen Islamisten –
auch nicht die FIS – als glaubwürdiger politischer Akteur wahrgenommen werden. Dies war ein
Grund für die Schaffung eines staatlichen Informationsmonopols. Fouzi Slisli (2000: 52, 53) sieht
den Beginn der Monopolisierung im Jahr 1994, als die algerische Regierung begann, verschiedene
Gesetze und Dekrete für Informationsproduktion und Informationsverbreitung zu erlassen.
Zunächst wurde der Presse verboten bei Berichten über politische Ereignisse andere als die
offiziellen Berichte von Sicherheitsdienst und Regierung zu publizieren. Seit der Gründung des
Algérie Press Service (APS) 1996 kontrollierte das Innenministerium alle Informationen. Es wurden
keine Visa mehr an ausländische Journalisten vergeben. Die einzige Ausnahme bildete die Agence
France Press (AFP), aber auch diese wurde vom APS zensiert. Außerdem wurden kritische
internationale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wie Amnesty International aus dem Land
verbannt (Economist Intelligence Unit 1999: 14).
Die kontrollierte Presse stellte ein enormes Machtmittel der Regierung gegenüber der
islamistischen Opposition dar. Dies trug nicht nur zu sinkendem Rückhalt der Islamisten in der
algerischen Bevölkerung bei; auch die westlichen Medien waren auf die Angaben der APS
angewiesen. Insbesondere Beerdigungen von Intellektuellen wurden im französischen Fernsehen
»wie Propaganda gegen Islamisten« inszeniert (Cesari, o.J.). So beeinflusste die Militärregierung
durch die Abschirmung der medialen Berichterstattung und die Instrumentalisierung staatlicher
Medien die nationale und die internationale öffentliche Meinung in ihrem Sinne (Addi 2001;
Burgat u.a.; Cesari o.J.; Human Rights Watch 1999: 336; Silverstein 2000; Slisli 2000: 51; Talahite
u.a 1998). Diese Auswirkungen der Pressezensur spielten auch der französischen Regierung in die
Hände. Einerseits engagierte sich Frankreich seit der Häufung von Attentaten auf Ausländer
mehr und mehr sichtbar auf der Seite der algerischen Regierung (Cesari, o.J.). Andererseits wuchs
die Legitimation für das Vorgehen gegen Islamisten im eigenen Land. Innerhalb des Jahres 1994
gab es fast 200 Festnahmen von Algeriern in Frankreich, die verdächtigt wurden Verbindungen
zur GIA zu haben (Cesari o.J.).
Der algerische Bürgerkrieg wurde mit der Entführung einer Air France-Maschine im
Dezember 1994 nach Frankreich ausgeweitet (Cesari o.J.). Die Entführung des Airbus, dessen
geplanter Absturz über Paris verhindert werden konnte, war der erste Anschlag auf französische
Zivilisten (Martinez 2003: 173). Es folgte eine Serie von Bombenattentaten in Paris (Weber-
Lamberdière 1996), die mit der GIA und der FAF (Fraternité Algérienne en France) in Verbindung
standen. Die FAF wurde 1991 in Frankreich um die zentrale Figur des Sheich Sahraoui, einem
der Mitbegründer der FIS, ins Leben gerufen. Wegen ihrer unkritischen Position zu Morden an
Intellektuellen in Algerien war die Partei in Frankreich verboten. Die FAF war für die FIS aktiv
oder stand ihr zumindest nahe (Cesari, o.J.; Raufer 1993; Schmid 2005: 185). Nachdem sich die
FIS aufgespaltet hatte wird die FAF jedoch eher der GIA zugeordnet (Aichoune/Mari 1995). Der
Grund für die Anschläge in Frankreich soll die Rache der GIA und der FAF für die französische
Unterstützung des algerischen Militärs gewesen sein (Aichoune/Mari 1995, Akacem 2004: 158).
Die Täter sollen größtenteils Immigranten der zweiten Generation aus den Pariser Vorstädten
gewesen sein. Im September 1995 wurde einer der Haupttäter von der französischen Polizei
erschossen (Schmid 2005: 179). Zwei algerische Geheimdienstmitarbeiter, die in der
französischen Zeitung Le Monde zitiert wurden, behaupteten, dass zwei der Anschläge vom
algerischen Geheimdienst beauftragt worden waren, um die öffentliche Meinung in Frankreich zu
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beeinflussen (Tuquoi 1997). Allerdings waren solcherlei Behauptungen kaum zu beweisen und
die algerische Pressezensur erschwerte jegliche internationale Berichterstattung.
Seit den Attentaten in Frankreich war die internationale mediale Aufmerksamkeit für den
algerischen Bürgerkrieg wieder größer. Allerdings war die internationale Presse ebenfalls durch
die Verschärfung der algerischen Mediengesetze beeinflusst. So waren kaum andere
Informationen zugänglich, als die, die das Regime zuließ (Slisli 2000: 52, 53). Dies wurde auch
von der FIS kritisiert. Ali Benhadj, ein Gründungsmitglied der Partei, argumentierte, die Medien
hätten zum Ziel die Bevölkerung gegen den Islam aufzubringen, indem sie diesen »als Religion
der Gewalt, der Strenge, des Fanatismus und des Extremismus« darstellten (Belhadj o.J. Zit. nach
Al-Ahnaf u.a. 1991: 132).
Die Friedensverhandlungen unter dem Schirm der St. Egidio Gemeinde in Rom werden von
Bernhard Schmid (2005: 179- 182) beschrieben. Im November 1994 kamen die Repräsentanten
der FIS, der algerischen sozialistischen Berberpartei (FFS), der FLN, die zu diesem Zeitpunkt in
der Opposition war, einer kleinen Arbeiterpartei (PT), der legalen islamistischen Partei En-Nahda
und Vertreter verschiedener europäischer Parteien erstmals zusammen. Sie arbeiteten einen
Contrat de Rome (Römischen Vertrag) aus, der im Januar 1995 veröffentlicht wurde. Die
Unterzeichner bekannten sich generell zu Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
ohne auf Details (wie die Rechte bestimmter Gruppen oder die Umsetzung demokratischer
Prinzipien) einzugehen. Detailliert wurden allerdings Vorbedingungen für Verhandlungen mit der
Regierung gefordert: Die Widerzulassung der FIS, die Einrichtung einer
Untersuchungskommission, die Verurteilung der Attentate an Zivilisten und die Unterbindung
von Folter. Indirekt wurde die Regierung für alle Gewalttaten im Bürgerkrieg verantwortlich
gemacht. Zur Beilegung des Konfliktes wurde die Einberufung einer nationalen Konferenz
zwischen den Unterzeichnern des Vertrages und der Armee zur demokratischen Aufteilung der
politischen Macht verlangt. Außerdem enthält der Vertrag zwei Passagen, die eine islamistische
Regierungsform festlegen: »die Widerherstellung des algerischen Staates […] im Rahmen der
Prinzipien des Islam« und »la primoté de Loi legitime« (der Vorrang des legitimen Gesetzes). Die
Großschreibung des Wortes Loi (Gesetz) im französischen Originaltext, die grammatikalisch nur
für Eigennamen und Bezeichnungen für Gott gilt, macht eindeutig klar, welche Art von Gesetz
hier als legitim bezeichnet wird. Gegenüber den internationalen Akteuren wird auf der einen Seite
Solidarität mit dem algerischen Volk gefordert, während man die Internationalisierung des
Konfliktes durch die algerische Regierung bedauert.
Insgesamt stellte der Contrat de Rome also ein Bekenntnis der Unterzeichner zu den wichtigsten
Forderungen der FIS dar. Eine Anerkennung des Dokumentes und eine Zustimmung zu
Verhandlungen durch das algerische Militär hätte der FIS die Türen zur legalen Übernahme der
politischen Macht öffnen können. Außer der FIS hatte inoffiziell auch die GIA an dem
Dokument mitgeschrieben. Einer der zwei offiziellen Repräsentanten der FIS, Anouar Haddan,
war eigentlich einige Monate zuvor von der FIS zur GIA übergelaufen. Nur zwei Wochen nach
dem Ende der Verhandlungen übernahm das ehemalige Führungsmitglied der FIS die politische
Verantwortung für ein Attentat der GIA in Algier, bei dem fast einhundert Zivilisten starben
(Schmid 2005: 182- 183).
Die französische Position gegenüber Algerien veränderte sich 1995, nach den
Bombenattentaten der GIA in Paris (Akacem 2004: 158). Nur kurze Zeit vor dem ersten
Anschlag hatte Frankreich der algerischen Armee Helikopter, Nachtsichtgeräte und
Kommunikationstechnologie geliefert (Aichoune/Mari 1995). 1995 würdigte die französische
Regierung hingegen offiziell die Friedensverhandlungen (Schmid 2005: 188), obwohl ein Dialog
der algerischen Regierung mit der islamistischen Opposition von der EU nicht befürwortet
wurde (Olsen 1998: 362). Der französische Präsident Mitterrand sprach sich zudem dafür aus,
weitere Friedensverhandlungen auf dem Contrat de Rome aufzubauen (The Independent 1995).
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Diese Rhetorik stand im Widerspruch zum Handeln der französischen Regierung, denn die
finanzielle und wirtschaftliche Unterstützung der Zéroual-Regierung wurde zu diesem Zeitpunkt
nicht in Frage gestellt (Akacam 2004: 165). Gleichzeitig mit der Unterstützung des Kampfes
gegen die islamistische Opposition versuchte die französische Regierung nun also
Friedensverhandlungen herbeizuführen. Diese Strategie zielte auf die schnelle Beendigung des
algerischen Konfliktes oder zumindest seiner Auswirkungen in Frankreich ab. Wegen der
Terroranschläge im eigenen Land, sowie aus Angst vor großen Flüchtlingsströmen, war das
französische Interesse an einem Ende des Bürgerkrieges gewachsen. Da die Kriegsfinanzierung
fortgesetzt wurde, hatten die Bemühungen zum Dialog allerdings kaum Einfluss auf die Zéroual-
Regierung (Akacam 2004:165), die Verhandlungen mit der FIS weiterhin strikt ablehnte (The
Independent 1995).
Die GIA adressierte ihre Forderung die Unterstützung des Regimes einzustellen nun direkt an
die französische Regierung. Im August 1995 erhielt der französische Präsident Mitterand einen
Brief von der GIA (Aichoune/Mari 1995). Darin wurde das Angebot eines Waffenstillstandes
gegenüber Frankreich unter der Bedingung der Beendigung der Finanz-, Wirtschafts- und
Waffenhilfen unterbreitet. Das provokative Schreiben, in dem Mitterand zugleich aufgefordert
wurde zum Islam zu konvertieren, bildete für die französische Regierung keine
Verhandlungsbasis (Aichoune/Mari 1995). Hier wird deutlich, dass schon der diskursive Rahmen
beider Akteure zu verschieden war, um einen Dialog zuzulassen.
Bei einem Treffen des algerischen Außenministers Redha Malek mit seinem französischen
Amtskollegen Alain Juppé im Sommer 1993 in Frankreich einigten sich die beiden Politiker auf
Kooperation im Kampf gegen die islamistischen oppositionellen Gruppen (Cesari o.J.). Auch auf
wirtschaftlicher Ebene wurde die Kooperation zwischen beiden Regierungen wichtiger: Im Jahr
1995 wurden in Algerien so viele neue Ölfelder entdeckt wie in keinem anderen Land
(Economist Intelligence Unit 1996: 5). Schon aus diesem Grund wuchs das Interesse der
internationalen Akteure an der innenpolitischen Situation im Land (Economist Intelligence Unit
1996: 21).
Der algerische Präsident General Liamine Zéroual war 1994 als Kopf einer
Übergangsregierung eingesetzt worden. Um Zéroual im Amt bestätigen zu lassen, wurden 1995
Wahlen abgehalten, deren Ergebnisse teilweise gefälscht waren. Die Beteiligung war real relativ
hoch, denn mit der Teilnahme drückten die Wähler ihre Ablehnung aller bewaffneten
oppositionellen Akteure und des Bürgerkrieges insgesamt aus. Dies kam durch den Aufruf zum
Wahlboykott von der FIS zustande, der mit der Drohung »Wahlurne bedeute Sarg« einher ging.
Die hohe Wahlbeteiligung bedeutete eine Niederlage der FIS, die mit kaum verhüllten
Gewaltandrohungen zum Wahlboykott aufgerufen hatte, Unterstützung für die Regierung
drückte sich jedoch nicht darin aus. In den tatsächlichen Wahlergebnissen soll die legale
islamistische Hamas-Partei einen hohen Stimmanteil bekommen haben. Die Entscheidung gegen
die FIS und für die 1990 gegründete algerische Hamas, die sich später MSP (Mouvement de la Société
pour la Paix) nannte, kann als Forderung der Bevölkerung zum friedlichen, kooperativen
Islamismus gedeutet werden. Die Hamas grenzte sich stark von den militanten islamistischen
Gruppen ab und beteiligte sich nicht an den Verhandlungen in Rom (Schmid 2005: 185-186,
205).
Die wichtigste Aufgabe der Zéroual-Regierung war die Fortsetzung des IWF-
Strukturanpassungsprogrammes. Der Abbau von Subventionen im Zuge dieses Programmes ließ
die Lebenshaltungskosten weiter steigen (Economist Intelligence Unit 1996: 13, 19). Außerdem
wurden 1996 Verträge mit BP zur Erdgasförderung beschlossen, durch die das Monopol des
staatlichen Ölkonzerns Sonatrach erstmals abgelöst wurde (Economist Intelligence Unit 1996:
22). Trotzdem stieg die Staatsverschuldung 1995 bis 1996 weiter an, sodass vom IWF weitere
Finanzmittel versprochen und zusätzliche Kredite von der Weltbank, der EU, Frankreich, Italien
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und Spanien in Aussicht gestellt wurden. Diese Akteure sahen eine Steigerung der
Auslandsinvestitionen als einzigen Weg aus der wirtschaftlichen Krisensituation. Doch hierfür
war nicht nur Liberalisierungspolitik, sondern auch die Beendigung des Bürgerkrieges notwendig
(Economist Intelligence Unit 1996: 7). Insgesamt schaffte das IWF-Programm eine noch größere
Abhängigkeit von ausländischen Finanzmitteln. Außerdem wurden für die
Präsidentschaftswahlen im Juni 1997, bei denen Zéroual nochmals im Amt bestätigt wurde
internationale Wahlbeobachter von der EU entsandt (Olsen 1998: 363). Die geschönte
Wahlbeteiligung, die falsche Verteilung der Stimmen unter den Kandidaten und die
unverhältnismäßige Gewichtung der Stimmen für Zéroual wurden von französischen Journalisten
bewiesen und kritisiert (Burgat u.a. 1998).
Die Machtressourcen der französischen Regierung sind vor allem als indirekte zu verstehen.
Finanzielle Mittel des IWF, der EU, sowie von einzelnen Ländern waren unmittelbar an die
Legitimität der algerischen Regierung gebunden. In der öffentlichen und politischen Darstellung
der Regierung lag die eigentliche Macht Frankreichs: das Vermögen auf der internationalen
Ebene den Handlungen der algerischen Regierung Legitimation zu verschaffen.
Neben der zentralen Kontrolle über die Presse waren die Waffen der Armee Machtmittel
gegenüber den oppositionellen islamistischen Gruppen. Die internationalen Akteure forderten
von der algerischen Regierung, den Konflikt zu beenden und die militante islamistische
Opposition zu isolieren. Die Umsetzung des IWF-Programmes hatte dabei Priorität gegenüber
der Verbesserung der Lage der Bevölkerung. Die algerische Regierung war auf finanzielle Hilfen
angewiesen und forderte, weiterhin als legitime Regierung anerkannt und im Kampf gegen die
militanten Islamisten unterstützt zu werden. Die Interdependenzen stellen sich sehr ähnlich dar,
wie in der ersten Phase. Abgesehen von rhetorischen Ermutigungen zum Dialog mit der FIS
unterstützten internationale Akteure die algerische Regierung. Frankreich war durch die
Bombenanschläge nun selbst direkt von dem Konflikt betroffen und forderte deshalb eine
schnelle Beendigung des Bürgerkrieges. Die Forderungen der islamistischen Opposition wurden
von internationaler Seite weitgehend ignoriert, wozu auch die Presse beitrug.
Die Interdependenz zwischen den oppositionellen islamistischen Gruppen stellte sich in
dieser Phase zunehmend feindselig dar. Die FIS und AIS waren auf die Auflösung der GIA
angewiesen und zogen eine Kooperation mit der herrschenden Elite in Betracht. Für die GIA
gehörte die FIS wegen ihrer Dialogbereitschaft ebenfalls zu den Kollaborateuren des Regimes.
Der Grund für diese Entwicklung lag in der Radikalisierung der GIA, die wiederum durch das
Handeln der Regierung und die internationale Unterstützung begünstigt wurde. Die
Verschlechterung des Lebensstandards, die wachsende Arbeitslosigkeit und die rentierstaatlichen
Probleme führten in Teilen der Bevölkerung zu Perspektivlosigkeit und Wut über den westlichen
Einfluss. Die FIS war 1990 zum großen Hoffnungsträger für die Verbesserung der sozialen Lage
geworden, da sich andere Parteien nicht schnell genug auf nationaler Ebene organisieren konnten
(Ludwig 1998: 223).
Als diese Hoffnung mit dem Verbot der FIS schwand, war die Gefahr der Radikalisierung
einzelner Subgruppen gegeben. Durch die Ablehnung des Dialoges seitens der politischen
Führung und das brutale Vorgehen gegen die Parteimitglieder kann erklärt werden, warum die
Ablehnung gegen das Regime und dessen internationale Unterstützer stark anwuchs und
salafistische Ideologien an Boden gewannen. Zusätzlich zu der bestehenden Gefahr der
Infiltrierung durch Armee und Geheimdienst trug sicherlich auch die einseitige Berichterstattung
der Medien zur weiteren Radikalisierung bei. Die internationalen Akteure haben diese
Entwicklung durch ihr Handeln begünstigt. Inwieweit die Situation der algerischen Gesellschaft
Ende der 1990er Jahre durch die wirtschaftlichen Beziehungen mit internationalen Akteuren
beeinflusst war, kann hier nicht erörtert werden.
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Seit dem Beginn des Bürgerkrieges aber wurde das algerische Regime in erster Linie durch
Frankreich und die EU mit finanziellen und einigen materiellen Mitteln zur Kriegsführung
ausgestattet und im Vorgehen gegen die islamistischen Oppositionellen bestärkt. So hatten
internationale Akteure einen indirekten Einfluss auf die Radikalisierung der GIA. Damit wurde
auch das Verbot der FIS, welches der Anlass der Spaltung der Opposition war, unterstützt. Die
Tatsache, dass die Verhandlungsversuche der FIS und AIS erfolglos blieben, wurde von den
internationalen Akteuren hingenommen. Dadurch wuchs die Hoffnungslosigkeit und
Machtlosigkeit der islamistischen oppositionellen Gruppen. Übertritte einzelner Personen von
der FIS zur GIA waren nicht selten, denn es gab scheinbar nichts mehr zu verlieren. Dazu trug
auch die mangelnde Differenzierung in der medialen Berichterstattung bei, die dazu führte, dass
die Aktionen der GIA der FIS und AIS schadeten. Diese Prozesse wurden von den
internationalen Akteuren zumindest gebilligt.
Mit Ausnahme der oppositionellen Akteure untereinander, haben sich die Forderungen der
Akteure in dieser Phase nicht geändert. Das einzige Machtmittel, mit dem GIA und AIS die
Adressaten ihrer Forderungen erreichten, blieb wie schon in der ersten Phase das Mittel der
Gewalt. Die oppositionellen Akteure schafften es jedoch auf ganz unterschiedlichen Wegen, die
Aufmerksamkeit der medialen Öffentlichkeit und der französischen Regierung zu erlangen: die
FIS auf dem Weg des Dialoges bei den Verhandlungen in Rom; die GIA durch
Bombenanschläge in Frankreich. Dies stellt eine grundlegende Veränderung in der Figuration
dar, denn in dieser Phase bestand zum ersten Mal eine wechselseitige Interdependenz zwischen
der französischen Regierung und den oppositionellen Akteuren. Trotzdem führte keine der
beiden Strategien zur Beendigung französischer Finanzhilfen an die algerische Regierung.
Frankreich verschaffte in dieser Phase nicht nur den Handlungen der algerischen Regierung auf
der internationalen Ebene Legitimität, sondern auch der FIS. Dies bedeutete für die islamistische
Partei jedoch auf nationaler Ebene keine kaum Vorteile. Die Zéroual-Regierung schöpfte ihre
Macht aus der Stärke der Armee, der internationalen Unterstützung und der
Informationskontrolle. Insgesamt hatten die FIS und die GIA keinen Erfolg in ihrem Kampf
gegen die Zéroual-Regierung, da diese von den internationalen Akteuren unterstützt wurde.
Die Hochphase des Konfliktes (1997-1998)
Nachdem 1995 klar geworden war, dass die FIS weiterhin das Ziel verfolgte an nationalen
Wahlen teilzunehmen, spitzten sich die Konflikte zwischen der GIA und der FIS zu und
mündeten 1996 in einer Kriegserklärung der GIA an die FIS (Hafez 2004: 48). Die FIS hatte
1997 wieder an den Wahlen teilnehmen wollen, da sie sich Chancen für eine Mehrheit
ausrechnete. Die algerische Hamas (bzw. MSP) hatte als legale islamistische Partei bei den
Parlamentswahlen 1995 gut abgeschnitten (Economist Intelligence Unit 1996: 5). Als der FIS die
Zulassung verwehrt wurde, rief sie zum Wahlboykott auf (Pointer/Schäfer 2007: 100). Die FIS
verurteilte die Gewalttaten der GIA und GSPC (Martinez 2003; Human Rights Watch 1999: 333-
335). Als wichtigstes Ziel erklärten FIS und AIS das Wohl der Bevölkerung. Mitglieder der AIS
halfen beispielsweise bei der Beerdigung der Opfer von Massakern (Human Rights Watch 1999:
335). Im Oktober 1997 verkündete die AIS einen einseitigen Waffenstillstand (Human Rights
Watch 1999: 333; Mezrag, 1999, zit. nach Schmid 2005: 255). Schon Wochen vor dieser
Ankündigung hatte die AIS »de facto einen Quasi-Waffenstillstand eingehalten« (Schmid 2005:
208). Innerhalb der AIS und der FIS war man sich über den Waffenstillstand einig, aber die
früheren FIS-Mitglieder, die sich der GIA angeschlossen hatten, positionierten sich dagegen. Die
AIS-Führung hatte mehrheitlich erkannt, dass sie die Bevölkerung nur auf ihre Seite bringen
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könnte, indem sie der Gewaltspirale ein Ende setzte (Schmid 2005: 209, 210). Präsident Zéroual
hatte sich zu Beginn seiner ersten Amtszeit für den Dialog mit der islamistischen Opposition
ausgesprochen, ging aber auf das Angebot der AIS nicht ein. Er ließ immer brutaler gegen die
islamistischen Kämpfer vorgehen und veranlasste massenweise Tötung und Inhaftierung von
islamistischen Oppositionellen (Slisli 2000). Die großen Massaker fanden nicht in den AIS-
kontrollierten Gebieten statt (Schmid 2005: 209, 210). Diese Tatsache und die Haltung der AIS
lassen vermuten, dass AIS ihre Kampfhandlungen einschränkte, aber nicht völlig aufgab.
In der GIA war als Folge der Radikalisierung neben der Bekämpfung der AIS und der Armee
auch Gewalt gegen die Zivilbevölkerung zum wiederkehrenden Handlungsmuster geworden
(Martinez 2003). So wurden die schlimmsten Gewaltverbrechen im algerischen Bürgerkrieg, eine
Reihe von Massakern im Jahr 1997, ausnahmslos dieser Gruppe zugeschrieben. Aufgrund der
zunehmenden Unübersichtlichkeit des Kriegsgeschehens und der einseitig informierten
Medienberichte, konnte die Schuld der GIA jedoch nicht in allen Fällen glaubhaft bewiesen
werden. Es gibt verschiedene Argumentationen, die bekräftigen, dass einige der Massaker vom
Geheimdienst beauftragt oder von der Armee verübt oder absichtlich nicht verhindert worden
waren (Human Rights Watch 1999: 334; Ruf 2011: 131-134; Slisli 2000; Tuquoi 1997). Die
Geschehnisse zogen die Aufmerksamkeit der UN auf die Menschenrechtssituation in Algerien
(Human Rights Watch 1999: 337).
Gorm Rye Olsen (1998: 362-364) stellt die Folgen der wachsenden internationalen Kritik an
der algerischen Regierung auf medialer und politischer Ebene, dar. Nachdem Zweifel an der
Richtigkeit der Berichterstattung und Details über die Strategien der Armee bekannt geworden
waren, und die Gewalt gegen die Zivilbevölkerung extrem zunahm, hatte die EU Schwierigkeiten,
die einseitige Unterstützung des algerischen Militärs weiterhin zu legitimieren. Dies führte zu
einer Veränderung der UN-Politik von bloßer Beobachtung zu diplomatischen
Vermittlungsangeboten. Als die algerische Regierung ein Angebot zur Vermittlung von UN-
Generalsekretär Kofi Annan ablehnte, wurden Terrorismus und unverhältnismäßige Gewalt von
internationaler Seite offiziell verurteilt. Da die UN keinen bestimmten Akteur für die Gewalt
verantwortlich machte, bedeutete diese Verurteilung eine indirekte Kritik an der algerischen
Regierung. Die EU hatte auf den Beginn von UN-Friedensverhandlungen gehofft, denn die
einseitige Unterstützung des algerischen Militärs war zunehmend schwer zu legitimeren. Trotz
der Ablehnung der Verhandlungen durch die Zéroual-Regierung wurde die finanzielle und
wirtschaftliche Unterstützung jedoch fortgesetzt. Die wirtschaftliche Nordafrika-Politik der EU
und des IWF sollte durch Entwicklungsförderung die Arbeitslosigkeit vermindern, die Lage der
lokalen Bevölkerung verbessern und Immigration nach Europa verringern.
Von 1998 an delegierte die Armeeführung die Unterdrückung der Islamisten an
paramilitärische Milizen (Martinez 1998a, Pointer/Schäfer 2007). Sie bestanden aus militärisch
bewaffneten Personen, die Gewalt von islamistischen Gruppen erfahren hatten. Durch dieses
Vorgehen versuchte die Armeeführung die Rolle einer ›neutralen Ordnungsmacht‹ wieder zu
erlangen und die Legitimität der eigenen Einsätze zu stärken. Weder die Polizei noch die Justiz
wurden in Fällen von politisch motivierten Verbrechen eingeschaltet. Außerdem soll das Militär
manche Gewaltverbrechen so inszeniert haben, dass sie später den islamistischen Gruppen
untergeschoben werden konnten (Addi 2001). Das Interesse des Militärs soll dabei der eigene
Machterhalt gewesen sein: das Militär konnte so die eigene dominante Rolle mit der
Notwendigkeit des Kampfes gegen militante islamistische Gruppen rechtfertigen (Economist
Intelligence Unit 2002: 1). Umgekehrt sollen islamistische Kämpfer, verkleidet in Uniformen der
staatlichen Armee, Verbrechen an der Zivilbevölkerung begangen haben (Addi 2001; Human
Rights Watch 1999: 334; Schmid 2005: 215). Zudem soll der algerische Geheimdienst die
militanten oppositionellen Gruppen infiltriert (Human Rights Watch 1999: 334), eventuell sogar
»gesteuert« haben (Ruf 2011: 133-134). »Eine Spirale der Gewalt wurde ausgelöst, wobei das
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Militär ebenso terroristisch und rigoros handelte wie die militanten Islamisten« (Pointer/Schäfer
2007: 99). Die Akteurskonstellationen wurden durch die wachsende Präsenz von Milizen immer
unübersichtlicher. Die staatliche Armee konnte die Milizen, die nicht unbedingt aus politischen
Gründen kämpften, nicht mehr kontrollieren. Die Folge waren wahllose Massaker und
Selbstjustiz (Talahite u.a. 1998). Von der Regierung wurden die oppositionellen Akteursgruppen
als »Agenten eines globalen terroristischen Netzwerkes, das sich von Bosnien über den Sudan bis
nach Afghanistan erstreckt« dargestellt (Silverstein 2000: 9). Weiterhin wurden diese
Darstellungen von der algerischen Presse publiziert und in der ausländischen Berichterstattung
weiter verbreitet.
1998 verbesserte sich die Situation etwas. Es wurden jedoch weiterhin Gewalttaten in
kleineren, isolierten Dörfern, sowie an öffentlichen Plätzen und in öffentlichen Verkehrsmitteln
verübt. Da die AIS 1997 ihre Waffen niedergelegt hatte (Human Rights Watch 1999: 333),
werden sie der GIA oder ihrer jüngeren Splittergruppe, der GSPC zugeschrieben. Eine Gruppe
von EU-Außenministern besuchte 1998 die Hauptstadt Algier (Human Rights Watch 1999: 339).
Im selben Jahr bekam die algerische Regierung finanzielle Mittel, die in diesem Fall explizit für
die Modernisierung der Sicherheitskräfte bereitgestellt wurden (Martinez 1998a).
Der internationale Druck und die aufkommenden Zweifel an der Legitimität der
Unterstützung der algerischen Regierung, können Gründe für den Einsatz von Milizen gewesen
sein. Durch die Delegation der Gewalt konnte sich die Armee zunehmend aus den
Kampfhandlungen heraushalten und war weniger Kritik ausgesetzt. Außerdem wurde auch die
zunehmende Unübersichtlichkeit durch die zahlreichen Akteure und die mangelnde
Berichterstattung zum Vorteil des Militärs, da die Beteiligung an bestimmten Verbrechen und
Massakern nun kaum mehr bewiesen werden konnte.
Mit Ausnahme der AIS und der FIS haben die Akteure ihre Forderungen in dieser Phase
nicht geändert. Die FIS und AIS haben ihre Forderungen zum Sturz des Regimes
zurückgenommen und die Forderung nach dem Ende des Bürgerkrieges durch ihre
Dialogbereitschaft und den einseitigen Waffenstillstand untermauert. Bis 1999 gab es darauf
jedoch keine nennenswerten Reaktionen. Die AIS und die FIS hatten seit der Ankündigung des
einseitigen Waffenstillstands kein Machtmittel mehr zur Verfügung, schließlich hatten sie das
Mittel der Gewalt aus eigener Überzeugung verworfen und der Versuch des Dialoges war
ignoriert worden Die GIA setzte weiterhin auf den bewaffneten Kampf, obwohl der Sturz der
Regierung immer unwahrscheinlicher wurde. Die internationalen Akteure unterstützten die
algerische Regierung weiterhin. Sie steigerten jedoch den Druck zur Legitimation und
beeinflussten damit indirekt den Kriegsverlauf.
Das Ende des Konfliktes und die Politik der ›inneren Eintracht‹ (1998-1999)
Im September 1998 trat Präsident Zéroual auf internen Druck hin zurück (Schmid 2005: 252;
Economist Intelligence Unit 1999: 7). Er hatte den Krieg nicht nur nicht beenden können, in
seiner Amtszeit hatten sich auch die schwersten Gewaltverbrechen ereignet und die Strategie der
Armee war auf internationaler Ebene in die Kritik geraten. Als Präsident, der den Frieden
bringen sollte, wurde Abdelaziz Bouteflika am 15. April 1999 gewählt. Er hatte außerdem das
Amt des Verteidigungsministers inne (Economist Intelligence Unit 1999: 4). Zwar musste sich
Bouteflika Kritik wegen Wahlbetruges gefallen lassen, doch im Vergleich zu den vorherigen
Wahlen fiel sie weniger hart aus. Dies ist besonders erstaunlich, denn durch das vorzeitige
Ausscheiden aller anderen Kandidaten, konnte man gar nicht mehr von ›Wahl‹ sprechen (Schmid
2005: 253-254). Er war der erste Präsident seit Beginn des Konfliktes, der nicht direkt aus der
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Armeespitze kam. Die scheinbare Unabhängigkeit von der Armee sowie Bouteflikas
diplomatisches Geschick dienten dem Militär zunächst dazu, das internationale Ansehen des
Regimes zu erhöhen (Economist Intelligence Unit 2002: 1). Den zweiten Platz bei den Wahlen
gewann Ahmed Taleb Ibrahimi, für den die FIS eine Wahlempfehlung abgegeben hatte (Schmid
2005: 253-254).
Kurz nach Beginn seiner Amtszeit erhielt Präsident Bouteflika einen Brief vom Emir
(obersten Entscheidungsträger) der FIS, Madani Mezrag:
»Oh respektabler Präsident, zweifellos haben Sie von dem Waffenstillstand Kenntnis, den die AIS zum 1.
Oktober 1997 ausgerufen hat und in dem sie ihre vollkommene Bereitschaft verkündet im Rahmen einer
gerechten und legitimen Lösung mit allen Gerechten unter den Kindern dieses Vaterlandes für das Ende
des Blutvergießens, die Rückkehr des Friedens und der Stabilität im Lande zusammenzuarbeiten. […]
Dennoch haben bestimmte Teile der Machthaber dafür gesorgt, dass sich dies nicht realisierte, […] was die
Nation eine große Chance verpassen und die Krise fortdauern ließ.« (Mezrag, 1999; zitiert nach Schmid
2005: 255)
Nach dem die algerische Regierung das Angebot zum Waffenstillstand 1994, das
Verhandlungsangebot im Contrat de Rome und den einseitigen Waffenstillstand der AIS 1997
ignoriert hatte, kündigte Mezrag nun erneut an, dass die AIS die Waffengewalt beenden werde,
sobald ein Waffenstillstand durch Präsident Bouteflika gesetzlich festgeschrieben und politisch
gestärkt worden sei. Allerdings sollte der Kampf gegen die GIA fortgeführt werden. Der
ehemalige FIS-Führer Abbassi Mandani sprach ebenfalls seine Unterstützung aus (Schmid 2005:
255-256).
Im September des gleichen Jahres veranlasste die Regierung daraufhin ein Referendum über
das Amnestie-Gesetz ›Concorde Civil‹ (innere Eintracht), welches von einer großen Mehrheit
angenommen wurde (Schmid 2005: 256; Economist Intelligence Unit 1999: 6). Das
Amnestiegesetz bewirkte die Freilassung von inhaftierten Islamisten und sah Straffreiheit für
Kombattanten vor, die ihre Waffen niedergelegt hatten. Ausgenommen von der Amnestie waren
jedoch Kämpfer, denen Morde, Massaker oder Vergewaltigungen vorgeworfen wurden.
Trotzdem hatten auch diese Personen keine Todesstrafe mehr zu befürchten. Für
Entscheidungen über das Strafmaß einzelner Kombattanten waren nicht die staatlichen Gerichte,
sondern eigens zu diesem Zweck gegründete Prüfungskommissionen zuständig. Verbrechen von
Milizen der Armee wurden generell nicht verfolgt. Diese Regelungen galten jedoch nur für einige
Monate. Alle Kombattanten, die sich bis zum Anfang des folgenden Jahres nicht gestellt hatten,
sollten von der Armee verfolgt und härter bestraft werden. Insgesamt wurden auf Anlass der
Bouteflika-Regierung nur 2.300 Personen freigelassen, obwohl sie die Freilassung von 5000
Personen versprochen hatte (Schmid 2005: 256, Economist Intelligence Unit 1999: 12).
Die Zugeständnisse Bouteflikas ließen die FIS hoffen, wieder als legale Partei zugelassen zu
werden. Ihre Vertreter im Exil forderten weiterhin die Freilassung der ehemaligen FIS-Führer
Abbasi Madani und Ali Belhadj. Außerdem wurden innerhalb der FIS Stimmen laut, die eine
Entflechtung von Militär und Regierung forderten. Keine dieser Forderungen hatte Erfolg. Es
wurde der FIS lediglich erlaubt, sich in einer neuen Partei mit neuer Führung zu organisieren
(Economist Intelligence Unit 1999: 12). Insgesamt begründete sich die breite Zustimmung für
das Gesetz auch seitens der FIS und AIS aus der Hoffnung auf Frieden. Politisch gesehen
wurden den islamistischen Kämpfern wenige Zugeständnisse gemacht (Economist Intelligence
Unit 1999: 6).
Um die islamistischen Kombattanten von der Amnestie zu überzeugen, wurde neben den
moralischen Gründen für das Ende der Kampfhandlungen eine religiös-ideologische Begründung
geschaffen: Eine Fatwa (Beurteilung eines islamischen Rechtsgelehrten) des saudi-arabischen
Scheichs El-Albani bezeichnete den Konflikt nun als Finta (bewaffnete Fehde unter Muslimen),
statt der bisherigen Bezeichnung als Jihad. Somit war die Weiterführung des Kampfes nach dem
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Quran verboten (Schmid 2005: 258). Hier bediente sich die Regierung zum ersten Mal während
des Bürgerkrieges des diskursiven Rahmens des Islam.
Indem der Bürgerkrieg im Amnestiegesetz als »nationale Tragödie« bezeichnet wurde, gab es
keinen Unterschied zwischen Opfern und Tätern (Ruf 2011: 136). Es lag nicht im Interesse der
Regierung nach Verbrechern zu suchen, denn davon gab es zu viele innerhalb der Armee. Neben
der Straffreiheit für Sicherheitskräfte hatte das Amnestiegesetz den Zweck, den Verbleib der
vielen Vermissten nicht aufklären zu müssen (Mellah 2006). Bouteflika versprach die
Pressefreiheit auszuweiten und erlaubte Amnesty International erstmals wieder Beobachter ins
Land zu schicken (Economist Intelligence Unit 1999: 14-15).
Von internationaler Seite erhielt Bouteflika großen Zuspruch, auch aus den USA, China und
Russland. Die französische Regierung begrüßte die Amnestie und die wirtschaftspolitischen Ziele
Bouteflikas (Economist Intelligence Unit 1999: 15). Bouteflika führte weitere
Wirtschaftsreformen durch, um den Privatisierungsprozess zu beschleunigen (Economist
Intelligence Unit 1999: 3, 9, 23). Allerdings drohte die Gewerkschaft UGTA (Union Générale des
Travailleurs Algériens) einen Streik an. Wenn die ökonomischen Profite nicht an die Bevölkerung
weitergegeben würden, würde es zu sozialen Unruhen kommen. Die algerische Mittelschicht war
1999 bereits auf zehn Prozent der arbeitenden Bevölkerung geschrumpft, der Lebensstandard
sank stetig und die Arbeitslosigkeit war sehr hoch (Economist Intelligence Unit 1999: 21). So
waren genau die sozioökonomischen Probleme, die Ende der 1980er Jahre wichtige Faktoren für
die Proteste, die politischen Reformen und den Aufstieg der FIS gewesen waren, weiterhin
ungelöst. (Economist Intelligence Unit 1999: 14). Die EU blieb auch nach der Amnestie der
größte Geldgeber für wirtschaftliche Entwicklungsprojekte in Algerien (Economist Intelligence
Unit 1999: 33). Die GIA war schwächer und intern stark gespalten, doch sie verübte weiterhin
Anschläge auf nationaler Ebene. Komplette Freisprüche gab es selten für GIA-Mitglieder, die
den Kampf aufgaben. So antwortete die GIA auf das Referendum mit weiteren Attentaten
(Economist Intelligence Unit 1999: 12-13). Die GIA löste sich verschiedenen Quellen zufolge
entweder schon 1999 auf (Ruf 2011: 134) oder befand sich spätestens seit 2002 im
Auflösungsprozess (Köbsch 2010). Gründe hierfür sind nicht bekannt, doch die Gruppe hatte
ihre raison d’être verloren, weil die Machtübernahme nicht mehr zu erreichen war. Die AIS, als
bewaffneter Arm der FIS, wurde im Jahr 2000 aufgelöst (Schmid 2005: 260). Im Gegenzug für
die Selbstauflösung erhielt der Emir der FIS, Madani Mezrag von der algerischen Regierung eine
Mineralwasserfabrik (Schmid 2005: 260).
So hat sich in der vierten Phase die Akteurskonstellation extrem verändert. Nach der
Auflösung von AIS und GIA gab es nur noch wenige militante Gruppen, von denen die größte
die GSPC war. Die FIS und AIS sahen in dieser Phase ihre Forderungen nach dem Ende der
Gewalt gegen die Zivilbevölkerung und der weiteren Bekämpfung der GIA erfüllt. Auf die
Forderungen der FIS nach politischer Beteiligung ging die Regierung nicht ein, denn sie hatte ein
neues Machtmittel: die Amnestie. Wer die neue Regierung nicht begrüßte, dem Frieden nicht
zustimmte, seine Waffen nicht niederlegte, sollte weiterhin kriegerisch bekämpft werden. Aus
diesem Grund akzeptierte die Mehrheit der ehemaligen Kombattanten und Milizen das
Friedensangebot der Regierung. Auch gegenüber den internationalen Akteuren entfaltete dieses
Machtmittel seine Wirkung, denn es führte zur Schrittweisen Beendigung der Kampfhandlungen
und lockte somit schon nach kurzer Zeit wieder ausländische Investoren an. Außerdem brauchte
die Unterstützung der algerischen Regierung nicht mehr gerechtfertigt zu werden, denn der neue
Präsident Bouteflika war nach dem zweifelhaften Wahlprozess durch das Referendum über das
Amnestiegesetz bestätigt worden und versprach weitere Reformen nach westlichem Model.
Am Anfang des Bürgerkrieges versuchten die internationalen Geldgeber die Opposition zu
ignorieren. Die Sicherheitslage sollte wieder hergestellt werden und die oppositionellen Akteure
sollten keinen politischen Einfluss bekommen. Die internationale Aufmerksamkeit in der zweiten
I S L A M I S T I S C H E O P P O S I T I O N I M A L G E R I S C H E N B Ü R G E R K R I E G ( 19 92 - 19 9 9) 24
Phase verschob die Machtbalance zunächst zugunsten der oppositionellen Akteure. Durch die
Anschläge der GIA und die Verhandlungen in Rom konnte die französische Regierung die
oppositionellen Gruppen nicht weiter ignorieren. Trotzdem vermochte keine der oppositionellen
islamistischen Gruppen, weder durch Anschläge noch durch Dialog, die französische Regierung
zu einer maßgeblichen Veränderung der Algerienpolitik zu bewegen. Die internationalen Akteure
versuchten sich – abgesehen von den Finanzhilfen und Waffenlieferungen – aus dem Konflikt
herauszuhalten und setzten auf den Sieg der algerischen Regierung gegenüber der Opposition.
Gleichzeitig wurde von den Geldgebern Druck auf die algerische Regierung ausgeübt, keine
Zweifel an der Legitimität ihrer Kriegsführung aufkommen zu lassen. Auf diesen Druck hin
entwickelte die algerische Regierung einige ihrer wirkungsvollsten Machtmittel: die Pressezensur
und das Amnestiegesetz. Beide Maßnahmen dienten dazu, der Opposition das Sprachrohr zur
Öffentlichkeit zu nehmen, sie pauschal zu kriminalisieren und möglichst alle Verbrechen von
Staat und Armee zu vertuschen. Diese Strategie stärkte die Regierungsseite enorm und sorgte
dafür, dass die oppositionellen Akteure nicht in der Lage waren, andere Machtmittel als das der
Gewalt zu einzusetzen.
Die FIS und AIS versuchten über den gesamten Zeitraum hinweg, einen Dialog mit der
Regierung zu führen. Doch trotz dieser Bemühungen und Teilerfolgen in Rom und beim
Waffenstillstand, gelang es ihnen nicht, gegenüber der Regierung oder den internationalen
Akteuren eine Verhandlungsposition zu erreichen. Es gab während des gesamten Konfliktes
direkte Interaktionen zwischen oppositionellen und internationalen Akteuren, doch gingen diese
fast ausschließlich von den oppositionellen Akteuren aus. Die Interdependenzen zwischen beiden
Seiten stellten sich hingegen als indirekter Einfluss der internationalen Akteure auf die lokalen
oppositionellen Gruppen dar. Insbesondere die französische Politik beeinflusste die algerische
Regierung, die wiederum in einem interdependenten Verhältnis zu den oppositionellen Akteuren
stand. Die ausländische Unterstützung ermöglichte es der algerischen Regierung mit allen Mitteln
gegen die oppositionellen islamistischen Gruppen vorzugehen, solange diese durch
Vertuschungstaktiken dafür sorgte, dass der Schein der Legitimität bestehen blieb. Diese
Interdependenz wirkte sich auf die Spaltung der FIS, die Radikalisierung der GIA und den
Misserfolg der Verhandlungsversuche der FIS und AIS aus. Im Vergleich der oppositionellen
Akteure zeigte sich auch, dass die Strategie des Beharrens auf Dialog und Inklusion erfolgreicher
war als die der kompromisslosen Gewalt: die FIS und AIS konnten im Gegensatz zur GIA
zumindest auf nationaler Ebene Teilforderungen erreichen. Der Waffenstillstand war in erster
Linie ihre Errungenschaft. Trotzdem haben die FIS und die AIS ihren Kampf gegen die
algerische Regierung verloren und ihre Angebote zum Waffenstillstand stellen im Grunde eine
Kapitulation dar.
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Anhang
Abkürzungsverzeichnis
AFP: Agence France Press
AIS: Armée Islamique du Salut
APS: Algérie Press Service
EU: Europäische Union
FAF: Fraternité Algérienne en France
FFS: Front des Forces Socialistes
FIS: Front Islamique du Salut
FLN: Front de Libération Nationale
GIA: Groupes Islamiques Armés
GSPC: Groupe Salafiste pour la Prédication et le Combat
IWF: Internationaler Währungsfonds
MEI: Mouvement pour l'État Islamique
UGTA: Union Générale des Travailleurs Algériens
UN: United Nations
USA: Vereinigte Staaten von Amerika
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