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SORGFÄLTIG Deutsche Reaktoren sind gut versichert – Dirk Harbrücker im Interview.
SORRY! Fouls gehören zum Kicken dazu – auch im Mädchenfußball.
posıtıonenZU POLITIK, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT
SORGLOS Der Autoschutzbrief wird zum umfassenden Mobilitätspaket.
N R . 7 8 JULI 2011 P R E I S 2 E U R O C 4 4 7 5 5
Fast ein halbes Jahr fährt der Doppeldeckerbus der Versicherer mehr als 25 Städte an, hält auf Marktplätzen und in Fußgänger-zonen. So will man mit den Bürgern ins Gespräch kommen. Ein Roadtrip der besonderen Art.
HALLO, DEUTSCHLAND!
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Aktuell 3
titel 4
Auf AchseDie Versicherer touren mit einem
Doppeldeckerbus durch Deutschland.
HiNteRGRuND 10
Pannenhilfe in SilberErstklassige Auto-Pannenhilfe – der Schutz-
brief bietet ein Rundum-sorglos-Paket an.
NACHGeFRAGt–DASiNteRVieW 12
Dirk Harbrücker, DKVG:„Wir müssen keine Angst haben” –Fukushima und die Folgen
HiNteRGRuND 16
Blutgrätsche statt ZickenkriegWie sind junge Mädchen gegen Verletzungen
beim Fußballspielen versichert?
GeGeNpoSitioNeN 18
Am Pranger
SeRViCe 19
letzteSeite 20
Immer mehr Frauen und Mädchen kicken das Runde ins Eckige
iMpReSSuM 20
tHeMeNDieSeR
AuSGAbe
rolf-peter hoenen
Präsident des GDV
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WennSiediesertageeinenaltenbrombeerfarbenenDoppeldeckerbusaufdemMarktplatzihrerHeimat-stadtstehensehen–gehenSiehin,schauenSiesichdasan,stellenSieFragen,hörenSiezu.eswirdsichlohnen.
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wer sich auf Reisen begibt in einem großen Dop
peldeckerbus, noch dazu einem gepflegten engli
schen Oldtimer, der lernt viele Menschen kennen.
Er hört Geschichten, erfährt einiges über ihr
Leben und ihre Träume.
Wenn Sie, liebe Leser, dieser Tage einem alten
brombeerfarbenen Bus begegnen, wenn ein sol
ches Gefährt gar auf dem Marktplatz Ihrer Hei
matstadt steht – gehen Sie hin, schauen, fragen,
hören Sie. Es sind Kollegen, die im Zuge der Kam
pagne der deutschen Versicherer unterwegs sind:
Was ist den Menschen so wichtig, dass sie es
schützen wollen? Die Passanten geben Auskunft,
sprechen über ihre Erfahrungen, zeichnen ihre
Wünsche auf große Schilder – und werden so Teil
unserer Kampagne. „On Tour“ – die Titel
geschichte berichtet von der erlebnisreichen
Kampagnentour 2011.
Sommerzeit ist Reisezeit: Wer mit dem Pkw ver
reist, ist mit einem Schutzbrief seines Kraftfahrt
versicherers bei Pannen und Unfällen bestens
geschützt. Rund 24 Millionen Kunden haben be
reits einen Autoschutzbrief ihres Versicherers.
Welche Leistungen der neben der reinen Pannen
hilfe abdeckt, erzählt ein Hintergrundbericht.
Im beginnenden Sommer ist aber nicht nur Rei
sen angesagt: Derzeit läuft die FußballWM der
Frauen in Deutschland. Fußball wird immer be
liebter bei Mädchen. Das spiegeln auch die Zah
len bei den Sportunfällen wider. Das Risiko, sich
im Verein oder in der Freizeit zu verletzen, sichern
Unfallversicherungen ab. Der zweite Hintergrund
bericht erzählt vom Boom des beliebten Mann
schaftssports beim weiblichen Geschlecht.
In Blogs und auf Webseiten von Anwälten und
Sachverständigenbüros wird das Schadenmanage
ment der Autoversicherer angeprangert. Zu Un
recht, wie die Gegenpositionen dieser Ausgabe
zeigen: Die deutschen Kraftfahrtversicherer regu
lieren pro Jahr an die 10 Millionen Schäden – mit
rund 20 Milliarden Euro. Fast alle Schäden wer
den problemlos bearbeitet. Aber nur ein vernünf
tiges Schadenmanagement erlaubt es den Ver
sicherern, günstige Prämien anzubieten.
Ihr RolfPeter Hoenen
einblick
2 positionen
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WASSAGtMANDAzu?
kurz positioniert
„Wenndiebedingungenstimmen,stehendieprivatenGläubigersicherzurVerfügung.einedenkbareMöglichkeitwärebeispielsweise,wenndiepolitikstaatlicheGarantienzurAbsicherungeinesweiterenengagementsderbankeninGriechenlandgewährleistenwürde.“Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des
Bundesverbandes deutscher Banken,
am 21. Juni im Deutschlandfunk.
„ichdenke,einefreiwilligebeteiligungvonbankenistSymbolpolitik.einbankvorstandkannjanichtfreiwilligaufMilliardenverzichten,dieerandererseitsbekommenkönnte.”Kai Carstensen, Ifo-Chefvolkswirt,
am 20. Juni in der Zeit.
„WirbraucheneinefreiwilligebeteiligungderprivatenGläubiger,dieerstenseinensubstan-ziellenbeitragzurStützungvonGriechenlandliefert,zumzweitenquantifizierbarundzumDrittenverlässlichist.”Wolfgang Schäuble, Bundesfinanzminister, CDU,
am 20. Juni in der Börsen-Zeitung.
kurz gemeldet
DeutliCHeSpluSbeilebeNSVeRSiCHeRuNGeN
Die deutschen Lebensversicherer konnten auch 2010 ihre Beitragsein-
nahmen gegenüber dem Vorjahr deutlich steigern. Mit 90,4 Milliarden
Euro (Vorjahr: 85,2 Milliarden Euro) stiegen die Bruttobeiträge um sechs
Prozent. Dies geht hervor aus der neuen Broschüre des Gesamtver-
bandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) Die deutsche
Lebens versicherung in Zahlen, die jetzt veröffentlicht wurde.
Drei Stimmen zur Debatte um die Beteiligung privater
Gläubiger in der griechischen Schuldenkrise:
positionen3
Beitragseinnahmen steigen auf 90,4 Milliarden Euro in 2010.
SiCHeRHeitSpReiSANHAlleVeRlieHeNKeine Unfälle mehr durch einfache und kostengünstige
Maßnahme.
Die Unfallkommission Halle an der Saale ist am 9. Juni 2011 mit dem von
der Unfallforschung der Versicherer (UDV) und dem Deutschen Verkehrs-
sicherheitsrat (DVR) gestifteten Sicherheitspreis „Die Unfallkommission”
ausgezeichnet worden. Der Preis, der seit 2001 jährlich vergeben wird,
ist mit 5.000 Euro dotiert, die für die Verkehrssicherheitsarbeit vor Ort
zur Verfügung stehen. In Halle entschärfte die Unfallkommission
kostengünstig und dennoch äußerst wirksam eine Unfallhäufungsstelle
im Zuge der Bundesstraße 6 im Stadtgebiet.
Schon zu seinen Lebzeiten tuschelten die Menschen. Man munkelte, seine
Geige oder gar er selbst sei mit dem Leibhaftigen im Bund, um so schön
spielen zu können. Niccolò Paganini (1782–1840), diesen gespens tisch
anmutenden, hageren, eher hässlichen Mann mit der spitzen Nase, küm-
merte das Gerede wenig. Er spielte die Geige ohne Kinnhalter, legte das
Kinn direkt auf die Resonanzdecke, und aufgrund der legendären Dehn-
barkeit der Finger seiner linken Hand wurde „il cannone violino“, wie er
selbst sein Instrument nannte, zu seiner Lieblingsgeige. In Paganinis Nach-
lass fanden sich 15 Violinen, darunter sieben von Antonio Stradivari, vier
von Giuseppe Guarneri und zwei von Nicola Amati. „Il cannone“ stamm-
te von Giuseppe Guarneri, und Paganini schenkte sie seiner Heimatstadt
Genua, „damit sie dort ewig aufbewahrt werde“. Seit 1851 liegt die Geige,
zusammen mit anderen Erinnerungsstücken Paganinis, im Palazzo Tursi,
Sitz der Genueser Stadtverwaltung. Die Hauptteile der „cannone“ sind bis
heute unversehrt geblieben, inklusive Originallack. Auf Auslandsreisen zu
Konzerten ist das berühmte Stück mit sieben Millionen Euro versichert.
die schÖnste versicherungssache der welt
DiekANoNeNVioliNe7.000.000 Euro
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titel
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Auf AchseMit einem Doppeldeckerbus, mit Foto- und Filmteams
sind die deutschen Versicherer in ganz Deutschland unterwegs – und fragen die Menschen, was ihnen so wichtig
ist, dass sie es versichern.
Doppeldecker – Der Old-
timer aus dem Jahr 1966 ist
ein Bristol Lodekka. Spitzen-
geschwindigkeit: 66 km/h.
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in junger Punk sitzt vor einem
der beiden Infozelte der deut-
schen Versicherer und schreibt.
Er hat einen schwarz-blond
gefärbten Irokesenschnitt und
trägt einen schwarzen Kapuzenpullover mit
einem großen weißen Totenkopf auf der Brust.
Durch Nasenflügel und Lippen hat er sich je
zwei Ringe stechen lassen, unter den aufge-
krempelten Ärmeln sind seine tätowierten
Unterarme sichtbar. Vor ihm liegt ein großes
rechteckiges Stück Papier, auf das er mit gro-
ßen Buchstaben schreibt: „For my family and
for my friends“.
„Für mich ist es am wichtigsten, dass meine
Familie und meine Freunde gut abgesichert
sind“, sagt der Punk. Er heißt Silas Tiedtke und
ist 20 Jahre alt. „Wenn ihnen etwas passiert,
dann sind sie gut versorgt.“ Der junge Mann
liebt seine auffällige Frisur, auch deshalb macht
er eine Lehre als Friseur. Durch seinen Beruf
weiß er, wie wichtig eine vernünftige Versiche-
rung ist. Denn beim Tönen der Haare könne
sehr leicht Farbe auf das T-Shirt eines Kunden
geraten und es ruinieren, erzählt Tiedtke. Es
komme auch vor, dass man jemandem ins Ohr
schneidet. „Wenn man nicht versichert ist,
dann kann so etwas sehr teuer werden“, sagt er.
Einen Punk wie Silas Tiedtke würde man kaum
an einem Informationsstand der deutschen
Versicherungsunternehmen erwarten. Noch
mehr überrascht, wie wichtig dem jungen Punk
eher traditionelle, konservative Werte wie etwa
das Wohl seiner eigenen Familie sind. Man
hätte wohl eher vemutet, dass jemand wie er
gegen alles und besonders die eigene Familie
rebelliert und keinerlei Gedanken an die Zu-
kunft verschwendet, sondern im Hier und Jetzt
lebt. Das ist aber nur das Image, das Punks
landläufig haben.
Auch Versicherungen haben mit Klischees zu
kämpfen. Hier ist es das Bild einer Branche in
anonymen Glaspalästen, deren Produkte man
nicht anfassen kann, deren Sprache viele oft
nicht verstehen und die, wenn es darauf an-
kommt, dann doch nicht zahlen. Dabei ist die
große Mehrheit der Bevölkerung mit ihrem
eigenen Versicherer und ihrem eigenen Ver-
mittler zufrieden. Um diese Diskrepanz zwi-
schen Nah- und Fernbild zu verringern, haben
die Mitgliedsunternehmen des GDV 2009 eine
Imagekampagne gestartet. Die Kampagne
zeigt, dass Versicherungen Bestandteil unseres
Lebens sind, dass ohne sie sprichwörtlich
nichts geht.
Herzstück der Kampagne ist eine Deutschland-
tour, bei der Passanten wie Silas Tiedtke vor der
Kamera interviewt werden. Grundsätzlich geht
es darum: Was ist so wichtig, dass man es ver-
sichert? Oft haben die Themen regionalen
Bezug – in Flensburg geht es z. B. um Bootsver-
sicherungen oder in Gelsenkirchen um die Ab-
sicherung von Freizeitfußballern. Die Antwor-
ten sind bundesweit in TV-Spots und im Inter-
net zu sehen. Jede Woche gibt es einen neuen
Spot, der in der Vorwoche gedreht wurde. Jede
Stadt hat außerdem ihren „Local Hero“, der auf
Plakaten in der Stadt und in den regionalen
Medien zu sehen ist.
Seit Ende April sind „Ihre deutschen Versiche-
rer“ jetzt quer durch Deutschland unterwegs.
Bis Ende September werden sie durch 26 deut-
sche Städte getourt sein, von Flensburg bis
Kempten und von Frankfurt/Oder bis Trier.
Und so stehen an diesem Dienstag Ende Mai in
Konstanz am Bodensee ein brombeerfarbener
englischer Doppeldeckerbus, Infozelte in der-
selben Farbe und ein Film- und ein Fernseh-
Fotoaufnahme – Ein Konstanzer Pärchen hält gut gelaunt ein selbst gemaltes Plakat mit einer Sonne und Meereswellen in die Höhe. Das Wetter können Ver sicherungen natürlich nicht
beeinflussen, aber sie bieten zum Beispiel umfassende Reiseversicherungen an, die einen Urlaub sorgloser machen können.
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team in der Fußgängerzone. Mitten im Zen-
trum der Stadt, im Schatten des Konstanzer
Münsters.
An Bord des Bristol-Lodekka-Busses und in
einem Infozelt neben dem Bus informieren
Experten vom Informationszentrum der deut-
schen Versicherer neutral und anbieterunab-
hängig über die unterschiedlichen Möglichkei-
ten des Versicherungsschutzes. Je nachdem, ob
der Passant sein Fahrrad gegen Diebstahl absi-
chern, sich vor Berufsunfähigkeit schützen
oder für das Alter vorsorgen will.
Ganz bewusst haben die Kampagnenstrategen
den alten englischen Bus (Baujahr 1966) mit
der auffälligen Farbe als Kampagnenfahrzeug
gewählt. „Der Bus schafft Aufmerksamkeit“, er-
klärt Stephan Gelhausen, der das Informations-
zentrum der deutschen Versicherer leitet. „Er
zieht sich durch die ganze Kampagne. Ob im
TV-Spot, in der Onlinewerbung oder auf dem
Plakat im Bahnhof – der Bus ist immer zu sehen.
Das ist ein Wiedererkennungseffekt.“ Der Bus
soll auch Nähe symbolisieren: Die Versicherer
kommen heraus aus ihren vermeintlichen Glas-
palästen und stehen ihren Kunden mitten auf
den Marktplätzen Rede und Antwort.
„Ein englischer Bus ist in einer mittelgroßen
Stadt wie Konstanz schon etwas Ungewöhnli-
ches. Er ist sozusagen unsere Milka-Kuh“, sagt
Stephanie Strauß, die in der Presseabteilung
des Gesamtverbands der Deutschen Versiche-
rungswirtschaft (GDV) für Marketing und PR
zuständig ist und zusammen mit ihrer Kollegin
Kathrin Jarosch die Kampagne betreut. Es ist
kein Zufall, dass sich die Versicherer für ihre
Kampagnentour mittelgroße Städte ausgesucht
haben. „Dort ist es wahrscheinlicher, dass eine
solche Aktion von den Menschen angenom-
men wird“, sagt Strauß: „In einer mittelgroßen
Stadt wie Konstanz ist ein Event mit einem
Doppeldeckerbus aus dem Fernsehen ein Er-
eignis, zu dem die Menschen hingehen.“
Ein solches Ereignis ist auch für die Lokalpresse
interessant. Die Journalisten vor Ort werden,
schon Wochen bevor der Bus in die Stadt kommt,
persönlich zu einem Pressegespräch am Bus ein-
geladen. Nach einem Busstopp wird deshalb oft
nicht nur über die Tour, sondern auch über Ver-
sicherungsthemen berichtet, die für die Men-
schen vor Ort aktuell von Interesse sind. In Erfurt
war dies die Bedeutung von Elementarver siche-
rungen aufgrund gerade in Ostdeutschland zu-
nehmender Unwetterschäden im Zuge des
Klima wandels. In Konstanz berichtete die Presse
über die Gefahren von Pedelecs im Verkehr.
Bei der Auswahl der Tourstädte kommt noch
ein weiteres Kriterium hinzu, so Stephan Gel-
hausen: „Wir steuern keine Stadt an, in der ein
Versicherungsunternehmen seinen Hauptsitz
hat, weil wir kein Mitgliedsunternehmen be-
nachteiligen wollen.“ In den Gesprächen mit
den Bürgern informieren die Berater auch nur
grundsätzlich über die Versicherungstypen.
Produktempfehlungen für einzelne Mitglieds-
unternehmen geben sie hingegen nicht –
schließlich vertreten sie alle Versicherer. >
„ein englischer Doppeldeckerbus ist in einer Stadt wie Konstanz schon etwas Ungewöhnliches. er ist sozusagen unsere Milka-Kuh”, sagt Stephanie Strauß.
Offene Gesprächsatmosphäre – Stephan Gelhausen und Mathias Zunk vom
Informations zentrum der deutschen Versicherer im Dialog mit einer Konstanzer Bürgerin.
Kinderpyramide – Die vier Mädchen und ihre zwei Mütter freuen sich auf den nächsten
Sommerurlaub: „Baden“ im tiefblauen Meer und viel Sonne ist angesagt.
Der nette Punk – Silas Tiedtke, 20 Jahre, tätowierte Unterarme, Piercings, wünscht sich,
dass es seiner Familie und den Freunden gut geht.
positionen 7
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8 positionen
Mittlerweile ist Silas Tiedtke fertig mit seinem
rechteckigen Papier. Mit Tesafilm klebt er es auf
eine große Sprechblase aus Pappe. Die nimmt
er in die Hand und geht um den Doppeldecker-
bus herum. Dort steht Fotograf Harry mit sei-
nem Team. „Kannst du die Sprechblase mal
über deinen Kopf halten? So ist es gut … und
bitte lächeln“, ruft er dem jungen Punk zu.
Mehrmals blitzt es aus der Kamera. „Danke!
Das war’s“, sagt Harry und drückt Silas die
Hand. Wenn der Punk etwas Glück hat, wird
sein Foto ausgewählt. Dann wird sein Konterfei
in ein paar Wochen mitsamt der Sprechblase
und der Aufschrift „For my family and for my
friends“ in der Konstanzer Regionalzeitung und
auf großen Plakaten in der ganzen Stadt zu
sehen sein. „So wirkt das Event über den heuti-
gen Tag hinaus“, sagt Stephanie Strauß. „Wenn
ich meinen Nachbarn oder den Marktplatz auf
einem Plakat wiedererkenne, dann weiß ich,
dass die tatsächlich in meiner Stadt waren, auch
wenn ich selbst nicht bei dem Event war.“
Auch in den bundesweit ausgestrahlten TV-
Spots spielt die Regionalität – neben den Men-
schen selber – eine zentrale Rolle. Die nur 25
Sekunden langen Spots zeigen ein Kaleidoskop
der unterschiedlichen Dialekte, Temperamente
und Städtebilder Deutschlands.
Ein Filmteam hat die Passanten in der Fahrrad-
stadt Konstanz vor der Kamera befragt, warum
es für Radfahrer wichtig ist, versichert zu sein.
Und da der Tourismus in Konstanz eine be-
deutende Rolle spielt, kamen auch Touristen
zu Wort – sie erzählten, wie sie ihr Hab und
Gut zu Hause schützen. Zwölf Stunden war das
Filmteam im Einsatz, Unmengen an Material
sind zusammengekommen. Daraus wird ein
Spot von 25 Sekunden zusammengeschnitten,
der in ganz Deutschland im Fernsehen ausge-
strahlt wird. So kann man u.a. jeden Mittwoch
vor der Tagesschau, pünktlich um 19:59 Uhr,
einen neuen Spot sehen.
Darüber hinaus hängen an Flughäfen und in
Bahn höfen sowie im Berliner Regierungsviertel
Plakate, auf denen immer wieder ein anderer
Aspekt aus dem breiten Leistungsspektrum der
Branche „in Szene gesetzt“ wird.
Neben dem rechten der zwei Zelte der Versiche-
rer, dem Fotozelt, hat jetzt eine rothaarige Frau
mittleren Alters Platz genommen. Regine Wen-
zel malt ihren Versicherungswunsch auf das
Papier: Die Erzieherin will sich selbstständig
machen und einen Bauernhof mit Pferden,
Kühen und Hunden gründen, als Betreuungs-
objekt für mehrere Generationen. Dort sollen
Omas und Opas unterkommen und Familien
mit kleinen Kindern und wenig Geld ihre Frei-
zeit verbringen können. „Für so ein Projekt ist
es ganz entscheidend, dass man sich vorher
richtig absichert“, sagt Wenzel. Ohne Versiche-
rungsschutz lässt sich ein solches Vorhaben
schlecht stemmen. Beispielsweise müsse sie sich
für den Fall wappnen, dass ein Kind von einem
Reitpferd stürzt und sich verletzt. Daher freut
sie sich, dass die Versicherer mit ihren Beratern
direkt zu ihr nach Konstanz gekommen sind.
„Ich finde die Aktion richtig gut“, sagt sie und
malt einen großen Hund auf das Papier.
Das eher negative Image der Versicherungs-
branche allgemein liegt nicht zuletzt daran,
dass Menschen dazu gezwungen werden, sich
Herzstück der Kampagne ist eine Bustour quer durch die Republik. Im Mittelpunkt stehen dabei die Menschen in Deutschland.
Mitten im leben – Nicht nur auf Marktplätzen und in Fußgängerzonen sind die Versicherer
zurzeit präsent, auch in den Bahnhöfen der Republik hängen Plakate der Kampagne.
-
mit unangenehmen Lebensfragen wie Krank-
heit, Tod oder Unfall auseinanderzusetzen. Sol-
che Dinge verdrängen Menschen lieber. Hinzu
kommt noch etwas anderes: „Versichern kostet
erst mal Geld“, sagt Stephan Gelhausen. „Es ist
ein Versprechen für die Zukunft. Ich zahle jetzt,
um irgendwann, wenn etwas passiert, Schutz
zu haben.“ Kein Wunder, dass Versicherungen
weit davon entfernt sind, ein Statussymbol zu
sein. Anders als bei der Einführung des iPads
käme niemand auf die Idee, vor dem Büro sei-
nes Vermittlers Schlange zu stehen, um eine
Versicherung zu ergattern. Obwohl die eigene
Lebensqualität in bestimmten Situationen un-
gleich mehr von einer Versicherung abhängt als
etwa vom neuesten Smartphone. Zum Beispiel
wenn die Wohnung unter Wasser steht.
Im Infozelt mit der Aufschrift „Sie fragen – Wir
antworten“, das neben dem Fotozelt steht, lehnt
Thomas Linz an einem langen Stehtisch. Der
braun gebrannte Soziologiestudent mit dem
Dreitagebart ist vor anderthalb Jahren Vater ge-
worden, kürzlich ist er mit Freundin und Kind
zusammengezogen. Eben ist er von der ande-
ren Seite des Münsterplatzes hierhergekommen.
Dort ist der Sitz des Kunstvereins Konstanz, wo
Linz nebenher arbeitet. Er unterhält sich mit
dem Versicherungsexperten Mathias Zunk. Hin-
ter ihnen sieht man einen großen Bildschirm,
auf dem ein Versicherungsspot läuft. Linz fragt,
welche Versicherungen er für sich und seine Fa-
milie im neuen Heim abschließen soll.
„Haben Sie eine Privathaftpflichtversicherung?“,
fragt der Versicherungsberater, der Jeans und ein
weißes Hemd trägt. „Ja, vor Jahren habe ich eine
abgeschlossen.“ – „Okay, dann gehe ich davon
aus, dass Sie eine Single haftpflichtversicherung
haben, und würde Ihnen empfehlen, sie in eine
Familienhaftpflichtversicherung umzuwandeln“,
rät Zunk. Danach rät er dem Studenten, seine
Familie noch gegen Berufsunfähigkeit und Un-
fälle abzusichern. Thomas Linz weiß diese In-
formation durchaus zu schätzen: „Es ist mir sehr
wichtig, dass meine kleine Familie umfassend
geschützt ist. Meine Tochter ist ja gerade in dem
Alter, in dem sie anfängt, alles kaputtzuma-
chen.“ Von Mathias Zunk bekommt er mehrere
Prospekte, damit er die Informationen zu den
Versicherungen nachlesen kann.
Seit elf Uhr vormittags kommen immer wieder
Konstanzer Bürger vorbei, um sich zu infor-
mieren. Oder sie malen ihren Versicherungs-
wunsch auf das rechteckige Papier. Oder sie
machen beides. Gegen vier Uhr nachmittags
beginnt es zu regnen. Die Letzten werden foto-
grafiert, dann ist es Zeit, die Zelte abzubauen
und die Kameraausrüstung in Sicherheit zu
bringen. In einer halben Stunde ist alles in
einem Kleinbus und einem Lkw verstaut. Die
knapp dreißigköpfige Crew weiß genau, was
sie zu tun hat: Konstanz war ja nicht die erste
Station – und auch nicht die letzte.
Dann setzt sich der Kampagnen-Doppeldecker
in Bewegung. Langsam schaukelt er durch die
Gassen der Konstanzer Altstadt. Ohne Servo-
lenkung für den Fahrer nicht so einfach, und
auch die Beifahrer im Fond müssen sich gut
fest halten. Der Bus bahnt sich seinen Weg an
den alten Häusern vorbei auf die Hauptstraße.
Nächste Station ist Heilbronn. Das sind zwar
nur etwas über 200 Kilometer, aber für die bei-
den Fahrer dauert es trotzdem recht lang. Denn
der Oldtimerbus aus dem Jahr 1966 schafft nur
maximal 66 Kilometer pro Stunde.
Die Tour lässt sich per Newsletter verfolgen
unter www.ihre-versicherer.de/newsletter.u
ns
Mauritius Much und Alex Stefanidis sind freie
Journalisten in München.
Ansprechpartner: Stephanie Strauß,
Tel. 030 / 20 20 51 12
Austausch – Der Doppeldeckerbus und die Infozelte des GDV lockten an diesem schönen Nachmittag in Konstanz am Bodensee Neugierige an. Man kam ins Gespräch, malte Plakate, schoss Fotos,
tauschte sich über Versicherungsfragen aus. „Ich finde die Aktion richtig gut“, sagte am Ende Regine Wenzel, eine der vielen Besucher des Stands.
positionen 9
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HINTERGRUND
10 positionen
s geschah auf dem Rückweg aus dem Skiurlaub. Auf einer
verschneiten Autobahn in Österreich geriet ein Fahrer aus
Berlin in eine Massenkarambolage. Front und Rahmen sei-
nes Mercedes waren verformt, auf der Fahrerseite waren beide Türen
eingedrückt. Zum Glück war der Kunde nicht verletzt. Knapp drei
Stunden nachdem er sich bei seiner Versicherung gemeldet hatte,
brachte ihm der Abschleppdienst einen Ersatzwagen und lud das de-
molierte Auto auf. Als der Berliner auf dem Weg nach Hause war,
überholte er den Pritschenwagen mit seinem Mercedes.
Die Pannen- und Unfallhilfe ist die
wichtigste Leistung des Autoschutz-
briefes. Rund 500.000 Mal rückt der
Abschleppdienst jedes Jahr aus, um
Kunden beizustehen. In jedem dritten
Fall reparieren die Mechaniker das
Auto vor Ort. Wenn dies nicht gelingt,
wird das Auto kostenlos abgeschleppt.
Daneben zählen die Bergung, die Organisation der Weiterfahrt und
drei Hotelübernachtungen zum Standard.
Rund 80 Versicherer bieten den Autoschutzbrief an. Gemeinsam be-
treuten sie im vergangenen Jahr rund 24 Millionen Kunden. Damit
haben sich die Versicherer in einem Markt festgesetzt, der lange vom
Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC) beherrscht wurde.
Ende der 1990er-Jahre begann die Branche, ihre Autoschutzbriefe im
großen Stil zu vertreiben. „Die Firmen wollten näher an den Kunden
rücken“, sagt Thomas Lämmrich, Abteilungsleiter Unfall- und Rechts-
schutzversicherung, Assistance und Kriminalitätsbekämpfung beim
GDV. Viele Versicherer bieten den Autoschutzbrief äußerst günstig an
– auch deshalb, weil sie ihn oft an eine Kasko- oder Haftpflichtversi-
cherung koppeln.
Dafür bietet beispielsweise die HUK-Coburg nicht nur die Pannen-
und Abschlepphilfe, sondern übernimmt auch Verschrottungs- und
Zollkosten, sorgt für die Rückholung von Kindern und Haustieren
oder organisiert den Transport von Kranken, wenn dies medizinisch
notwendig ist.
„Neu ist, dass wir unseren Kunden auch bei Lawinen, Erdbeben und
anderen Naturkatastrophen helfen, beweglich und mobil zu bleiben“,
sagt Alois Schnitzer, Leiter der Pressestelle.
Die meisten Versicherer greifen im Inland auf den Pannenservice von
Assistance Partner zurück. Der Dienstleister ist vor zehn Jahren von
mehreren Assistance-Firmen gegründet worden. Seine Flotte besteht
aus rund 1700, silberfarben lackierten Fahrzeugen. In Anlehnung an
die gelben Engel des ADAC werden sie die silbernen Engel genannt.
Die Pannenhelfer haben sich zum Ziel gesetzt, in dreißig Minuten vor
Ort zu sein. Laut einer Kundenumfrage
der HUK-Coburg gelingt das jedes zweite
Mal. In 75 Prozent der Fälle erreichen die
silbernen Engel den Einsatzort innerhalb
einer Drei viertelstunde.
Die Leistungen, die im Schutzbrief ent-
halten sind, wechseln je nach Versiche-
rer. Einige Schutzbriefe – so wie der der
HUK-Coburg – gelten nur für das versicherte Fahrzeug. Andere sind
personenbezogen und unabhängig vom Verkehrsmittel. Der Gel-
tungsbereich erstreckt sich zumeist nicht nur auf das Inland, sondern
auch auf das europäische Ausland. Die umfangreichsten Angebote
gewährleisten Hilfe weltweit.
Einen solchen Schutzbrief hat etwa die Allianz im Programm. Der
bietet weltweiten Schutz für die ganze Familie bei allen privat genutz-
ten Fahrzeugen. Auch bei Diebstahl, Krankheit oder Tod.
Um zu gewährleisten, dass sich die Kunden im Schadenfall auch mel-
den können, hat der GDV 1999 den Betrieb der 14.000 Notrufsäulen
an deutschen Autobahnen übernommen. Außerdem können Autofah-
rer ihren Pannendienst über die Nummer 0800 NOTFON D errei-
chen. Für iPhones und Android-Smartphones hat die GDV-Tochter
GDV-Dienstleistungs-KG außerdem die Gratis-Applikation PAKOO
entwickelt, mit der der Kunde seinen Standort per GPS durchgibt.
Serge Debrebant arbeitet als freier Journalist in London und München.
Ansprechpartner: Katrin Rüter, Tel. 030/20 20-51 19.
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PANNENHILFE IN SILBERRund 24 Millionen Kunden vertrauen auf die Autoschutzbriefe der
Versicherungswirtschaft. Neben der reinen Pannenhilfe decken diese auch viele andere Leistungen ab.
GDV Position
Der Autoschutzbrief gehört in jedes Handschuhfach.
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GLÜCK IM UNGLÜCK Auf der
Heimreise vom Urlaubsort war diese
Kurve enger als gedacht, das Auto
verlor die Bodenhaftung und stürzte
die Böschung hinab. Passiert ist
nichts Ernstes – nur Blechschaden.
Die Pannenhelfer waren eine halbe
Stunde später bereits bei der Arbeit.
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„Wir müssen keine Angst haben“
Nach Fukushima ist vor dem deutschen Atomausstieg. Die 30 Erst- und Rückversicherer der Deutschen Kernreaktor-Versicherungsgemeinschaft (DKVG) versichern weltweit
Nuklearrisiken – in Deutschland bis zu einer Höhe von 256 Millionen Euro pro Reaktor.Im Interview erklärt DKVG-Geschäftsführer Dirk Harbrücker, warum die
DKVG trotz des deutschen Atomausstiegs kein Auslaufmodell ist.
Herr Harbrücker, was machen Sie eigentlich in
elf Jahren? Also 2022, wenn das letzte Atom
kraftwerk in Deutschland abgeschaltet wird?
Fragen Sie nicht nach mir persönlich, sondern nach
der DKVG, denn die wird es auch weiter geben.
Tatsächlich?
Ja natürlich. Schließlich zeichnet die DKVG etwa
zwei Drittel ihres Prämienvolumens im Ausland,
und, verglichen mit dem Ausstiegskompromiss
von Rot-Grün, hat sich ja im Wesentlichen nichts
geändert. Auch wenn in Deutschland die Kern-
kraftwerke abgeschaltet sind, geben wir weiter
Deckungsschutz. Denn solange Brennelemente
in den Anlagen sind, schreibt die Aufsichtsbe-
hörde eine Deckung in unveränderter Höhe vor.
Und bis zum endgültigen Rückbau bieten wir
Versicherungsschutz an. Ich selbst – um Ihre
Frage zu beantworten – werde mich meines
Ruhestands erfreuen.
Müssen Sie für den Ausstieg aus der Atom
energie neue Versicherungen entwickeln?
Wir decken bereits die abgeschalteten Werke in
Würgassen, Obrigheim und Stade oder andere.
Die Genehmigungsbehörde setzt fest, in wel-
cher Höhe eine Deckungsvorsorge vorgehalten
werden muss. Es ist vorstellbar, dass wir darüber
hinaus gefragt werden, weitere Risiken aus dem
Rückbau zu decken. Dafür müssen wir neue Kon-
zepte entwickeln.
Die DKVG ist also kein Auslaufmodell, son
dern doch eher eine Art Brückentechnologie?
Ach, klar ist jedenfalls: Das Aufgabenfeld wird
sich ändern, die Prämieneinnahmen werden
zurückgehen, und wir müssen auf die Kosten
achten. Es wird also Änderungen geben.
„Atomkraftwerke sind nicht versicherbar“,
sagt Markus Rosenbaum, Geschäftsführer
der Versicherungsforen Leipzig GmbH, eines
Dienstleisters, der für die Versicherungsbran
che Studien erstellt. Pro Reaktor seien 6000
Milliarden Euro Versicherungssumme nötig,
hat eine von ihm im Mai veröffentlichte Stu
die errechnet. Sie versichern Atomkraftwerke.
Was halten Sie davon?
Ich kenne diese Studie. Das ist ein seriöses Insti-
tut. Auftraggeber war in diesem Fall der Bundes-
verband der Erneuerbaren Energien. Die Kolle-
gen haben Schadenszenarien aus Studien aus
den 80er-Jahren als gegeben angenommen und
daraus den entsprechenden Versicherungsbe-
darf errechnet. Kritisch sehe ich allerdings die
zugrunde gelegten Eintrittswahrscheinlichkei-
ten. Diese wurde zum Beispiel für einen Terror-
anschlag mit eins zu eintausend definiert. Bei
weltweit 440 Reaktoren bedeutet das, dass es
alle zweieinhalb Jahre einen Anschlag gäbe.
Diese Annahme ist durch nichts gerechtfertigt.
Atomkraftgegner veröffentlichen Anzeigen,
in denen steht: „Die Autos auf dem Park platz
eines AKWs haben eine höhere Haftpflicht
versicherung als der Reaktor. Atomkraftwerke
müssen für alle Schäden eines SuperGAUs
versichert werden.“ Sind sie das nicht?
Nach dem deutschen Atomgesetz haftet der
Betreiber eines deutschen Kernkraftwerks unli-
mitiert für Schäden an Dritten. Die großen Ener-
gieversorger stehen also mit ihrem ganzen Ver-
mögen ein. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass
2,5 Milliarden Euro pro Reaktor abgesichert sein
müssen. Alles, was im Schadenfall darüber hin-
aus bezahlt werden muss, muss der Betreiber
des Reaktors selbst leisten. Und von den 2,5 Mil-
liarden Euro deckt die DKVG pro Reaktor 255,645
Millionen Euro. Der Rest sind Eigengarantien der
Energieunternehmen.
Mehrere Milliarden oder gar unlimitiert ver
sichert also kein Versicherungsunternehmen
ein AKW?
Eine wirklich unlimitierte Deckung könnte kein
Versicherer darstellen, weil er auch selbst nur
begrenzte Mittel hat.
Würden denn die 2,5 Milliarden Euro in
einem Fall wie Fukushima ausreichen?
Nach unseren derzeitigen Erkenntnissen aus
Japan würden die nicht ausreichen, nein.
Wie haben Sie von Fukushima erfahren?
Aus dem Radio. Und anschließend haben wir
die Ereignisse im Internet verfolgt. Abgesehen
von der menschlichen Seite, dieser furchtbaren
Tragödie, hat uns die Katastrophe auch geschäft-
12 positionen
nachgefragt
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14 positionen
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lich beschäftigt. Obwohl wir wussten, dass Erd-
beben und Tsunamis Ausschlusskriterien für die
Versicherungen waren, haben wir das noch ein-
mal überprüft und bereits am Nachmittag den
DKVG-Hauptausschuss informiert und nach dem
Wochenende auch unsere Mitgliedsunternehmen.
Hat es Sie privat auch bewegt?
Natürlich. Das ist eine schlimme Katastrophe. Am
meisten hat mich getroffen, dass man die Ka-
tastrophe kommen sah und nichts tun konnte.
Man ist machtlos.
Zumindest wir im Ausland haben das kom
men sehen.
Man hat es auch in Japan kommen sehen. Das
Land ist stark erdbebengefährdet, und die Kern-
kraftwerke werden automatisch heruntergefah-
ren, wenn ein Erdbeben droht.
Das Verheerende schien ja aber der Tsunami
zu sein.
Da bin ich mir jetzt nicht sicher, weil es auch
neue Meldungen gibt, dass bereits das Erdbeben
Schäden angerichtet hat. Ich fand es am Anfang
vor allem unverständlich, dass man keine ge-
naueren Messwerte und Angaben bekommen
hat. Aber stellen Sie sich vor: Das Kraftwerk war
heruntergefahren, der Strom war abgeschaltet,
und die Notaggregate liefen nicht. Niemand
hatte die Kontrolle. Es war stockdunkel im Kon-
trollraum. Alle Anzeigeinstrumente funktionier-
ten nicht. Das war eine Katastrophe.
Haben die Japaner die Anlage Ihrer Meinung
nach eigentlich wieder unter Kontrolle?
Ich hoffe, kann das aber nicht mit Sicherheit be-
antworten.
Waren Sie einmal in einem japanischen
Atomkraftwerk?
Nein. Die Japaner waren bisher sehr zurückhal-
tend, ausländische Versicherer zu empfangen. Da
waren wohl sprachliche Barrieren ein Grund. Wir
hatten schon Ingenieure in den Anlagen und
drängen jetzt darauf, dass wir regelmäßig Inspek-
tionen durchführen.
Den wichtigen internationalen Nuklearhaf
tungskonventionen, dem Pariser und dem
Wiener Übereinkommen, ist Japan ja nie bei
getreten. Ein Fehler?
Nein, denn es gibt in Japan ein Haftungssystem,
das dem Wiener Übereinkommen stark ähnelt.
Man liest auch, dass in Japan weniger die
Sicherheitsvorkehrungen versagt haben als
die Aufsichtsbehörden, die nicht ausreichend
kontrolliert haben.
Es ist noch zu früh, das zu beurteilen. Richtig ist,
dass Tepco, der Betreiber von Fukushima, Anfang
der 2000er-Jahre Meldevorschriften nicht ein-
hielt. Grundsätzlich kann man wohl sagen, dass
es bereits verheerende Fehler in der Planung
gab. Die Anlage wurde wohl im Verhältnis zum
Meeresspiegel zu tief gebaut, und die Notstrom-
aggregate hätten ganz anders abgesichert wer-
den müssen; unter anderem nicht in einem, son-
dern in verschiedenen Räumen. In Deutschland
sind wir mit diesen Dingen sehr viel umsichtiger.
Fukushima sei ein Einschnitt für die Welt, hat
die deutsche Bundeskanzlerin recht bald
nach dem Unfall gesagt. Haben Fachleute
und Politiker die Risiken unterschätzt?
Das glaube ich nicht. In Japan hat man das Zu-
sammentreffen von Erdbeben und Tsunamis
unterschätzt. Die Japaner wissen, dass ihr Land
stark erdbebengefährdet ist, aber sie glaubten,
mit dieser Gefahr umgehen zu können. Und nor-
malerweise sind dort alle Gebäude sehr gut ab-
gesichert.
Ist man in Deutschland nicht ähnlich sicher
gewesen, dass nichts passieren kann?
Hier geht man von einem Worst-Case-Szenario
aus, und selbst dann werden noch in sehr gro-
ßem Umfang Sicherheitsreserven eingeplant.
Wie hat sich Ihre Arbeit für die DKVG seit
Mitte März verändert?
Wir haben vor allem sehr viele Anfragen und
Anrufe von Journalisten beantwortet und regel-
mäßig unsere Mitglieder über den technischen
Stand informiert – mitunter haben wir sogar die
Uhrzeiten angegeben, weil der sich ja stündlich
änderte.
Inwieweit waren deutsche Versicherer von
Japan betroffen?
Die Mitgliedsunternehmen der DKVG haben
durch unsere Tätigkeit keinen Schaden in Japan
zu beklagen. Aber natürlich sind international
tätige Rück- und Industrieversicherer – und dazu
zählen eben auch deutsche – von dem nicht-
nuklearen Schaden betroffen. Das ist völlig nor-
mal, Japan ist ein großer Markt.
Als DKVG bewerten Sie die Nutzung der
Kernenergie nicht, Sie berechnen vielmehr
deren Risiken. Hat sich die Rechnung nach
Fukushima geändert?
Lassen Sie mich offen sein. So katastrophal Fuku-
shima ist: Aber es gibt keinen Fehler in unserer
Beurteilung oder Berechnung, denn Erdbeben
sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
Und unsere Ingenieure überprüfen deshalb
auch nicht, wie Anlagen gegen Erdbeben ge-
schützt sind. Schließlich geben ja nicht die Ver-
sicherer die grundsätzliche Erlaubnis zum Be-
-
trieb einer Anlage, sondern die Aufsichtsbehör-
den. Wir überprüfen für uns als Versicherung
relevante Sachverhalte: etwa die nukleare Sicher-
heit oder den Feuerschutz des Kraftwerks.
Warum decken Versicherungen Atomschäden
nach Erdbeben und Tsunamis nicht ab?
Wir folgen den gesetzlichen Auflagen. In Japan
hat der Gesetzgeber definiert, dass er bei Erdbe-
ben und Tsunamis einspringt. In Europa gilt das
Pariser Übereinkommen. Das schließt die Haftung
für Schäden aus Folgen einer außerordentlichen
Naturkatastrophe aus. Das deutsche Atomgesetz
ist strenger und bestimmt, dass der Betreiber sehr
wohl dafür haftet. Wir als Versicherer haben das
mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden aus
dem Versicherungsschutz genommen, unter an-
derem weil wir hierfür international keine Rück-
versicherung erhalten haben, und so haftet der
Betreiber in Deutschland allein.
Hypothetisch gefragt: Ohne internationale
Übereinkommen und gesetzliche Vorschriften
– glauben Sie, es hätte eine privatwirtschaftli
che Versicherungslösung für AKWs gegeben?
Nein, diese Konventionen sind eine gute Sache,
da sie internationale Standards für die Deckung
setzen und auch international für eine Gleichbe-
handlung möglicher Opfer sorgen.
Wie haben Sie Ihre Versicherungsnehmer, also
Menschen aus den Energieunternehmen, seit
Fukushima erlebt?
Die Energieversorger haben das sehr nah ver-
folgt; aus menschlichen, professionellen und
politischen Gründen. Aus jedem Zwischenfall
kann man ja auch lernen. Aber die politischen
Auswirkungen sieht man in dieser Form nur in
Deutschland.
Wie erklären Sie sich denn die 180Grad
Wende der deutschen Bundesregierung?
Wir bieten Versicherungslösungen an und haben
uns nie politisch zur Kernkraft geäußert. Wir wer-
den das auch jetzt nicht tun.
Sind die gesetzlichen Lösungen und die Lö
sungen der Versicherungen für deutsche oder
europäische Atomreaktoren nach Fukushima
ausreichend? Muss nachgebessert werden?
Dazu müssen wir den Stresstest komplett aus-
werten. Bislang haben deutsche Kraftwerke alles,
was technisch möglich ist, auch umgesetzt.
Vor vier Jahren haben wir uns zuletzt getrof
fen, und Sie sagten, dass „diese Technik – das
ist meine feste Überzeugung – beherrschbar
ist. Wenn wir das nicht glauben würden, wür
den wir die Kraftwerke nicht versichern.“ Hat
sich an Ihrer Einschätzung etwas geändert?
Wir vertrauen nach wie vor auf die staatlichen
Aufsichtsbehörden und auf unsere Ingenieure. Ich
räume ein, dass wir in Japan möglicherweise zu
einer neuen Bewertung kommen müssen, vor
allem, wenn man das Krisenmanagement und die
möglicherweise schwächeren technischen Aufla-
gen sieht. Für Deutschland bin ich nach wie vor
überzeugt, dass die Anlagen sicher sind und wir
keine Angst haben müssen. Kleinere Zwischenfäl-
le – ein Transistorbrand oder Ähnliches – gab es
auch hierzulande, sie drangen auch an die Öffent-
lichkeit, waren aber nie eine ernsthafte Gefahr.
Gilt das auch für andere europäische Länder,
oder möchten Sie einen Schwarzen Peter aus
teilen?
Nein, möchte ich nicht. Die Internationale Atom-
energiebehörde macht Auflagen und überprüft
weltweit die Anlagen. Anlagen, die wir kennen
und versichern – von deren Sicherheit sind wir
überzeugt.
Finden Sie es als Bürger und Steuerzahler
nicht merkwürdig, dass es zwar eine privat
wirtschaftliche Lösung gibt, die im Extremfall
aber nie ausreichen würde, und dass deshalb
– wie jetzt in Japan – der Staat und eben die
Steuerzahler einspringen müssen?
Bei uns ist die Haftung des Staates begrenzt, er
haftet subsidiär bis maximal 2,5 Milliarden Euro.
Das heißt, wenn ein Teil der Absicherung ausfällt,
haftet der Staat für diesen Teil innerhalb der 2,5
Milliarden Euro. Darüber hinaus haftet einzig der
Betreiber. Unternehmen wie E.ON oder RWE, die
über oder bis zu 100 Milliarden Euro wert sind,
haften mit ihrem ganzen Vermögen. Das zeigt,
dass die Energieversorger der Sicherheit ihrer
Anlagen trauen.
Im Ernstfall reichen 2,5 Milliarden nicht, und
es wird politisch kaum durchsetzbar sein, dass
der Staat sich finanziell zurückhält.
Da gebe ich Ihnen recht, aber das muss dann
neu beurteilt werden. Wir müssen aber mit den
heutigen gesetzlichen Grundlagen arbeiten.
Hat Fukushima etwas verändert?
Ja, ich glaube, dass es die Nuklearindustrie wach-
gerüttelt hat, noch einmal kritisch die Sicherheit
ihrer Anlagen zu überprüfen.
Mit welchem Strom läuft eigentlich der Kühl
schrank in Ihrer Küche zu Hause?
Mit Strom vom lokalen Versorger. Also kein grü-
ner, nuklearfreier Strom. Das fände ich nicht
ehrlich – bei meinem Job.
positionen 15
Interview: Marcel Roth und Alexandros
Stefanidis.
Dirk Harbrücker ist 60 Jahre alt und Geschäftsführer der Deutschen Kernreaktor-
Versicherungsgemeinschaft (DKVG). Außerdem ist er Vorstand der EXTREMUS
Versicherungs-AG und vertritt die deutsche Versicherungswirtschaft in der
Kommission für Atomrisiken des Europäischen Versicherungsverbandes (CEA).
Harbrücker hat in Mainz sein erstes und in Frankfurt sein zweites juristisches
Staatsexamen abgelegt. Seine Karriere führte ihn von der Aachener und Münch-
ner Leben zur Aachener Rück, zur Gothaer Gruppe und vor 15 Jahren zur DKVG.
Harbrücker ist verheiratet, wohnt in Köln. Er ist Jazzfan und interessiert sich für
Bauhaus und Art déco.
-
Hintergrund
16 positionen
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ena vor, noch ein Tor! Lena, 12 Jahre, stürmt los. Geschickt
dribbelt sie den Ball vor sich her. Just als sie abziehen will,
grätscht ihr eine Spielerin der gegnerischen Mannschaft in
die Beine. Lena stürzt, fasst sich ans Knie und humpelt vom Platz.
Szenen wie diese lassen sich in Deutschland auf immer mehr Fußball-
plätzen beobachten. Statt das Glück auf dem Rücken der Pferde zu
suchen oder im Ballettsaal grazile Figuren einzustudieren, kicken
Mädchen immer öfter auf dem Rasen. Für 2011 verbucht der Deutsche
Fußball-Bund ein Plus von 10.000
Frauen; insgesamt spielen in Deutsch-
land derzeit 720.407 Frauen und
338.583 Mädchen bis 16 Jahre Fußball.
Tendenz: steigend.
Damit erhöht sich allerdings auch die
Zahl der jungen Sportlerinnen, die
sich beim Fußball verletzen. Hohes
Tempo, schnelle Bewegungen, kurze Sprints, Zweikämpfe, Kopfball-
duelle: Fast jeder Spielzug birgt das Risiko einer Verletzung. Bei Jungs
machen Verletzungen beim Kicken seit jeher die Hälfte aller Sportun-
fälle aus. Seit einigen Jahren nimmt auch bei den Mädchen der Anteil
an Fußballunfällen signifikant zu – das lässt sich aus der Unfall-Ge-
samtstatistik des GDV herauslesen, in der die gemeldeten Unfälle der
meisten Versicherer in Deutschland zusammengefasst sind. „Gemes-
sen an allen Sportunfällen, betrug im Jahr 2004 bei den Mädchen der
Anteil von Unfällen beim Fußball gut 9 Prozent, bis 2008 stieg der
Anteil auf 16 Prozent“, sagt Werner Kustermann, der beim GDV Un-
fallstatistiken auswertet. Die bislang neuesten Zahlen liegen für 2009
vor: In diesem Jahr ging der Anteil auf 13 Prozent zurück. Allerdings
rechnet der Statistiker damit, dass durch die Fußball-WM der Frauen
in Deutschland im Sommer 2011 die Zahl der Mädchen, die Fußball
spielen, weiter steigen und damit auch die Anzahl der Fußballunfälle
wieder zunehmen wird.
Schon heute hat der Fußball bei den Mädchen in der Unfallstatistik
den Skisport von Platz zwei verdrängt. In Reichweite ist der erste Platz,
den noch das Reiten mit 18 Prozent hält. Egal welchen Sport die Kinder
ausüben, der GDV rät Eltern, sich zu informieren, ob im Verein des
Kindes ein Versicherungsschutz besteht. Häufig verfügen Sportvereine
über eine private Gruppenunfallversicherung. Deutschlands führen-
der Sportversicherer ist die Düsseldorfer ARAG, die über die Landes-
sportverbände nahezu jeden Verein und damit insgesamt
21 Millionen Sportler und Funktionäre absichert. Allerdings gilt es
dabei einen wichtigen Punkt zu beachten. „Abgesichert sind über die
Unfall- und Haftpflichtversicherung für Sportvereine nur die Aktivi-
täten im Verein“, sagt Ulrich Bertrams, Hauptabteilungsleiter der
ARAG Sportversicherung. „Also zum Beispiel das Fußballspielen auf
dem Platz des Vereins – die private
Fahrradtour am Sonntagnachmittag
jedoch nicht.“ Aus diesem Grund emp-
fehlen Experten, für junge Sportler ei-
ne private Kinderunfallversicherung
abzuschließen. Denn nur diese bietet
Versicherungsschutz rund um die Uhr,
ganz egal, wo der Unfall passiert: in der
Schule oder Kita, beim Vereinssport oder auf dem Klettergerüst zu
Hause. „Sie sichert insbesondere dauerhafte Unfallschädigungen ab.
In diesen Fällen gibt es eine Kapitalleis tung oder – bei größeren Schä-
digungen – auch eine lebenslange Unfallrente“, sagt Beate Weiße, Spe-
zialistin für private Unfallversicherung beim GDV.
Je nach Alter verletzen sich Fußballer der ARAG zufolge unterschied-
lich. Während in der Gruppe der Spieler im Alter zwischen 22 und 35
Jahren das Knie am häufigsten betroffen ist, werden bei Kindern bis 14
Jahre überwiegend Arme, Schulter oder Kopf in Mitleidenschaft gezo-
gen. Denn meistens passieren die Unfälle durch einen Zusammenprall
mit einem anderen Spieler oder aber durch einen unkontrollierten
Sturz, den junge Spieler häufig mit einem nach hinten ausgestreckten
Arm abzufangen versuchen.
Eltern, die meinen, sie könnten ihr Kind durch den Verzicht auf den
Sport vor Unfällen schützen, liegen jedoch falsch. Beate Weiße vom
GDV sagt: „Gerade Kinder, die keinen Sport treiben, sind körperlich
ungeschickter und stürzen infolgedessen unter Umständen häufiger
und schwerer als sportliche Kinder.“
Martin Langeder ist freier Journalist in München.
Ansprechpartner: Katrin Rüter, Tel. 030/20 20-51 19.
L
GDV Position
Im Verein sind junge Sportlerinnen häufig über eine Gruppenunfallversicherung abgesichert. Für
Risiken in der Freizeit sollte eine private Kinder- unfallversicherung abgeschlossen werden.
Blutgrätsche statt Zickenkrieg
Immer mehr Mädchen spielen Fußball – das belegen auch die Zahlen der Sportunfälle. Das Risiko, sich im Verein oder in der Freizeit zu verletzen, sichern
Unfallversicherungen ab.
-
Mein Ball, Mein Sport Lena ist erst
zwölf, aber sie spielt schon seit drei Jahren
Fußball. Zur Frauen-Fußball-WM hat sie fast
alle Panini-Bildchen ihrer Idole gesammelt:
von Birgit Prinz bis Nadine Angerer.
Lenas Ziel: die Frauen-WM 2019 – mit einem
Klebebildchen, das ihr Konterfei zeigt.
-
gegenpositionen
18 positionen
ie Kraftfahrthaftpflichtversicherung muss dem Unfall
opfer den erlittenen Schaden ersetzen. Der Geschädigte
soll nach der Regulierung so gestellt werden, als wäre der
Unfall nicht passiert. Und genau das geschieht.
Dabei wird Schadenmanagement nicht zuungunsten, sondern
zugunsten der Versicherten betrieben. Denn nur ein vernünftiges
Schadenmanagement erlaubt es den Versicherern, günstige Prä
mien anzubieten. Nur so kann ein Kraft
fahrtversicherer auf dem hart umkämpften
Markt bestehen. Der mögliche Wechsel des
KfzVersicherers wird Jahr für Jahr durch
Vergleichsrechnungen und portale kräftig
angeheizt. Und in den zahlreichen Internet
foren, Blogs und auf Webseiten von Anwäl
ten und Sachverständigenbüros, die das
Schadenmanagement der Autoversicherer
anprangern, wird ebenfalls für Versicherer
mit besonders günstigen Prämien geworben – mit Anzeigen, die
oftmals mitten in genau dem Text platziert sind, der das Schaden
management so vehement kritisiert.
In diesem Zusammenhang wird – wen wundert’s – von Anwäl
ten empfohlen, auf jeden Fall einen Anwalt zu konsultieren. Vom
Verband der unabhängigen KfzSachverständigen ergeht der
Rat, einen unabhängigen Gutachter zu beauftragen. Diese Form
der Kundenakquise hat sicher ihre Berechtigung – und die be
gründeten Kosten werden vom zuständigen Versicherer natür
lich getragen. Unterstellt werden aber Probleme, die in der Rea
lität nicht auftreten.
Die deutschen Kraftfahrtversicherer regulieren pro Jahr an die
10 Millionen Schäden. Die Entschädigungsleistung liegt bei rund
20 Milliarden Euro. Weniger als 1500 Beschwerden von Versiche
rungskunden und Geschädigten über Kraftfahrtversicherer ge
hen pro Jahr bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf
sicht (BaFin) ein. Das zeigt: Die große Masse der Schäden werden
problemlos bearbeitet. Lässt der Kunde sein Fahrzeug reparieren,
hat er zum Beispiel Anspruch auf die Erstattung der Kosten, die
ihm die Werkstatt für die ordnungsgemäße Beseitigung des Un
fallschadens in Rechnung gestellt hat. Der Geschädigte kann in
einer Werkstatt seiner Wahl reparieren lassen – auch in marken
gebundener Fachwerkstatt.
Zu Diskussionen in der Schadenregulierung kommt es meist nur
bei der Frage, welche Kosten einem Un
fallopfer bei fiktiver Abrechnung erstat
tet werden. Bei der fiktiven Abrechnung
rechnet der Geschädigte geschätzte
Schadenkosten ab. Diese muss er über
einen Kostenvoranschlag oder ein Gut
achten belegen. Der Versicherer kann in
diesem Fall beispielsweise Lohnkosten
zugrunde legen, die niedriger ausfallen
können, als sie in dem Gutachten veran
schlagt worden sind. Allerdings muss es sich um eine gleichwer
tige und für den Geschädigten ohne Weiteres zugängliche Repa
raturmöglichkeit handeln. Je nachdem, für welches Verfahren
sich der Geschädigte entscheidet, kann die Leistung des Versiche
rers also unterschiedlich ausfallen.
Und von Dumpingtarifen, unter denen die Werkstätten zu leiden
hätten, kann keine Rede sein. Versicherte haben in der Kaskover
sicherung bei einigen Anbietern die Möglichkeit, einen günstige
ren Tarif zu wählen, mit sogenannter Werkstattbindung. Hierfür
haben Versicherer und Werkstätten eine Partnerschaft geschlos
sen, von der beide gleichermaßen profitieren: Die Versicherer
erleben bei den Kosten keine böse Überraschung, und die Werk
stätten erweitern im Zweifel ihren Kundenkreis – durch die Ver
sicherten ihres Partners.
am pranger
Ansprechpartner: Katrin Rüter, Tel. 030/20 20-51 19,
E-Mail: [email protected]
Immer wieder steht das Schadenmanagement der Kfz-Versicherer in der Kritik:
Bei diesem „perfiden Geschäft“ (Focus Online) würden den Geschädigten Ansprüche
zu ihren Ungunsten vorenthalten. Mit Dumpingtarifen, so die Behauptung, gefährdeten
Versicherer sogar die sichere Fahrzeuginstandsetzung nach einem Unfall.
D
„Perfides Geschäft”
Focus Online.
-
positionen 19
mehr als ein blechschadenWie verhalte ich mich nach einem
Verkehrsunfall richtig?
Jedes Jahr registriert die Polizei
rund zwei Millionen Verkehrsun-
fälle in Deutschland. Die meisten
von ihnen gehen mit einem Sach-
schaden relativ glimpflich aus. Bei
fast jedem fünften Unfall werden
jedoch Personen verletzt. Doch
was ist nach einem Unfall zu tun?
Welche Rechte und welche Pflich-
ten haben Autofahrer nach einem
Verkehrsunfall? Antworten gibt
die Broschüre Ein Autounfall, was
tun? mit vielen Anregungen, Tipps und Ratschlägen.
Die Broschüre kann in Einzelexemplaren beim Informations-
zentrum „Zukunft klipp und klar“ der deutschen Versiche-
rer unter 0800 / 742 43 75 kostenlos bestellt werden. Unter
www.gdv.de steht sie auch zum Download bereit.
KlicKen sie hier!WWW.ampelini.de
Die Internetseite für Kinder wurde beim
Deutschen Kinder-Medien-Festival 2011
mit dem „Goldenen Spatz“ als beste deut-
sche Kinderwebseite ausgezeichnet. Die
lustige und lehrreiche Seite wird initiiert
und betreut von der Unfallforschung der
Versicherer (UDV).
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Kurz erKlärtstichwort:
UnTERVERSIchERUnG
„Unterversicherung“ ist ein Begriff aus dem
Bereich der Sachversicherungen, zum Bei-
spiel der hausratversicherung. hierbei ist
die Versicherungssumme kleiner als der
Wert aller versicherten Sachen. Bei Unter-
versicherung wird im Falle eines Schadens
die Entschädigung nur anteilig berechnet.
Bei bestimmten Versicherungsarten kann
der Versicherer einen Unterversicherungs-
verzicht einräumen. Er verzichtet dann im
Schadenfall darauf zu prüfen, ob eine Un-
terversicherung vorliegt. Die Entschädi-
gung ist aber dann in der Regel auf die
Versicherungssumme begrenzt.
barfuß am steuer – wird das wirklich teuer?
Wieso ist das so?
service
Terminkalender die ereignisse der nächsten Wochen
12. Juli 2011 GDV-Pressekonferenz in Köln zum Thema Versicherungsbetrug.
Es ist wieder so weit: Die Temperaturen steigen, die Kleidung wird entspre-
chend luftiger – auch an den Füßen. Dann kursiert die Behauptung: Die
Autoversicherung zahlt nicht nach einem Unfall, wenn der Verursacher
barfuß fuhr oder nur Flip-Flops trug. Das ist falsch. Die Leistung der Kfz-
Versicherung ist nicht abhängig vom Schuhwerk an den Füßen. Die Kfz-
haftpflichtversicherung des Unfallverursachers zahlt den Schaden des
Unfallopfers natürlich immer – egal ob der Verursacher Flip-Flops, high
heels oder gar keine Schuhe trug.
Die Vollkaskoversicherung für den Schaden am eigenen Fahrzeug kann
unter Umständen dann die Leistung verweigern, wenn grobe Fahrlässig-
keit Ursache des Schadens war. Auch wenn im Einzelfall die Abgrenzung
gegen einfache Fahrlässigkeit sehr schwierig sein kann: Allein das Fahren
ohne Schuhe bedeutet wohl kaum ein so schwerwiegendes Außeracht-
lassen der üblichen Sorgfalt. Trotzdem wurde hierüber im Rahmen von
Bußgeldverfahren bereits gestritten. nicht verhandelt wurde, ob der Ver-
zicht auf feste Schuhe eine grobe Fahrlässigkeit darstellt, die eine Leis-
tungsverweigerung des Kfz-Versicherers rechtfertigt. Autofahrer sollten
allerdings im eigenen Interesse möglichst rutschsichere, feste Schuhe tra-
gen, die auch bei harten Bremsmanövern sicheren halt bieten. Unfälle und
Verletzungen können so oftmals vermieden werden.
Ansprechpartner: Katrin Rüter, Tel. 030/20 20-51 19,
E-Mail: [email protected]
-
HERAUSGEBER
Gesamtverband der Deutschen Versicherungs wirtschaft
VERANTWORTLICH
Ulrike Pott
KONZEPTION UND REALISATION
Magazin Verlagsgesellschaft Süddeutsche Zeitung mbH
DRUCK UND VERTRIEB
Brandenburgische Universitätsdruckerei
und Verlagsgesellschaft, Potsdam mbH
TITELBILD
Simon Koy
REDAKTION
Katrin Rüter de Escobar, Una Großmann (GDV),
Alexandros Stefanidis, Thomas Kartsolis (Grafik)
AUTOREN
Serge Debrebant, Martin Langeder, Mauritius Much,
Marcel Roth, Alexandros Stefanidis
REDAKTIONSANSCHRIFT
Gesamtverband der
Deutschen Versicherungswirtschaft
Presse und Information
Wilhelmstraße 43 / 43 G, 10117 Berlin
Telefon 030/20 20-51 18, Fax 030/20 20-66 04
Fragen zum Abo: [email protected]
BRANDENBURGISCHE UNIVERSITÄTSDRUCKEREI UND VERLAGSGESELLSCHAFT MBH
KARL-LIEBKNECHT-STR. 24–25, 14467 GOLM
POSTVERTRIEBSSTÜCK C44755, ENTGELT BEZAHLT
IMPRESSUM
DIE DEUTSCHLANDKARTE
Trotzdem weltmeisterlich!
Saarland
15.577
Baden-Württemberg
150.983
Thüringen
7.572
Brandenburg
5.373
Mecklenburg-Vorpommern
3.832
Schleswig-Holstein
26.732
Hamburg
20.429
Sachsen
9.066
Nordrhein-Westfalen
317.472
Bayern
208.207
Niedersachsen
109.913
Bremen
4.347
Hessen
72.890
Berlin
11.599
Sachsen-Anhalt
7.655
Rheinland-Pfalz
87.343
Immer mehr Frauen und Mäd-chen spielen Fußball. Der DFB verbucht mittlerweile über eine Million weibliche Mitglieder.
Schade. Es hat nicht geklappt mit der Titel-
verteidigung im eigenen Land. Das Sommer-
märchen der Frauen ist ausgeträumt. Im Vier-
telfinale war gegen Japans Frauen Endstation.
Dennoch: Die deutsche Frauen-Fußball-
nationalmannschaft um Birgit Prinz, Nadine
Angerer oder Simone Laudehr hat in den
letzten Wochen viele Sympathiepunkte
gesammelt, Millionen fieberten vor den Bild-
schirmen mit – das war vor zehn oder fünf
Jahren noch undenkbar. Gleichzeitig ver-
meldet auch der Deutsche Fußball-Bund eine
neue Bestmarke: In 2011 gab es einen Zu-
wachs von rund 10.000 Frauen im Verband,
damit spielen in Deutschland 1.058.990
Frauen und Mädchen organisierten Vereins-
fußball. Die Zahl der Frauenmannschaften
stieg um 145 auf 5486 Teams. Das ist ohne
Zweifel weltmeisterlich!
Anzahl der weiblichen Mitglieder im
Deutschen Fußball-Bund im jeweiligen
Bundesland. Quelle: DFB, 2011.
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