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9.5.2018
NS Schicksale Juden in Neunkirchen
Portfolio
Johanna Petry
Kurs 11.5
Schuljahr 2017/2018
Gymnasium am Krebsberg in Neunkirchen
Betreuende Lehrkraft: Dr. Irmgard Wilhelm-Schaffer
Seminarfach
1
INHALT
Dank .................................................................................................................................................................... 2
Anmerkungen zu der Formatierung .................................................................................................................... 3
Biographie zu Karl Leib ...................................................................................................................................... 3
Artikel „Die Juden in Neunkirchen“ ................................................................................................................... 5
Eingrenzung des Personenkreis, der für die Einzelschicksalsrecherche in Frage kommt ................................... 6
Recherche zu Familie Goldmann ........................................................................................................................ 8
Steckbriefe zu Familie Goldmann ..................................................................................................................... 25
Biographie zu Familie Goldmann ..................................................................................................................... 27
Persönliches Fazit ............................................................................................................................................. 28
2
DANK
Ganz herzlich möchte ich mich bei Herrn Wolfgang Seligmann für die Weitergabe
einiger Dokumente und Informationen über Familie Goldmann und den sehr netten
Emailaustausch bedanken.
3
ANMERKUNGEN ZU DER FORMATIERUNG
Kursiv gedruckt sind Fragen, die wir uns bei der Erarbeitung der Biographie stellten,
genauso wie Recherchen, die wir durchgeführt haben.
Jedes Familienmitglied der Familie Goldmann erhält eine eigene Farbe, um die
Übersichtlichkeit zu wahren.
BIOGRAPHIE ZU KARL LEIB
18.08.2017:
Nachdem Frau Wilhelm-Schaffer uns eine Einführung in das Seminarfach gegeben
hat, erhielten wir von ihr die Dokumente des ITS Arolsen und die bereits erarbeitete,
allerdings unvollständige Biographie zu Karl Leib. Zuerst sichteten wir die Materialien
und trugen aus allen Dokumenten die Informationen zu Karl Leib zusammen.
25.08.2017:
Nach der Vollendung des Zusammentragens der Informationen war folgender
Steckbrief zu Karl Leib entstanden:
Geboren am 28.03.1895 in Sinnerthal/Neunkirchen
Mutter: Elisabeth Leib, Sinnerthalerweg 30, Neunkirchen – Schlawerie
Uns war das Wort „Schlawerie“ nicht geläufig. Nach einer Internetrecherche stellte sich
heraus, dass es sich hierbei wohl um den Namen für eine Siedlung der Hüttenarbeiter,
die an der Schmelze des Neunkircher Eisenwerkes am Sinnerbach arbeiteten,
handelt.1
Evangelisch
Wohnhaft ab 1916 in der Mühlenstraße 2 in Sinnerthal
Nach Ende des ersten Weltkrieges, Rückkehr aus französischer
Gefangenschaft
Anmeldung in Kurze Straße 2 (Parallelstraße zu Mülenstraße), Sinnerthal
Hüttenarbeiter
Vermutlich war sein Vater auch Hüttenarbeiter, da er mit seinen Eltern in der Siedlung
der Hüttenarbeiter wohnte, und die Söhne oftmals die Berufe der Väter übernahmen.
Zusammen mit seiner Frau Rosa geborene Kleber 1926 Umzug in die
Lansweilererstraße in Sinnerthal
1https://de.wikipedia.org/wiki/Schlawerie_(Neunkirchen) (zuletzt eingesehen am 25.08.2017)
4
1928 Wohnhaft in Landsweiler
Verhaftung am 01.09.1939; Schutzhaft in Wittlich
16.09.1939 KZ Buchenwald als Politischer Häftling
wehrunwürdig, geschieden
Empfing Pakete und verfügte über finanzielle Mittel im KZ Buchenwald
05.05.1941 Überstellung an das KZ Ravensbrück
Gestorben am 24.08.1942/1943 (Abweichung, Tendenz zu 1942)
Unbekannte Todesursache
1.09.2017:
Wir recherchierten noch einige Hintergrundinformationen, die zu unserem Verständnis
dienten (zum Beispiel den Begriff „Effektenkammer“), und begannen dann die
Biographie zu verfassen.
08.09.2017:
Die Biographie wurde fertiggestellt und digitalisiert.
Karl Leib wurde am 28.03.1895 als Sohn von Elisabeth Leib in Sinnerthal/Neunkirchen
geboren und war evangelischer Konfession. Leider ist über seine Jugend nichts
bekannt, jedoch wohnte er ab 1916 in der Mühlenstraße 2 in Sinnerthal, in der Nähe
des Kohlwalds. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, kehrte er 1919 aus
französischer Kriegsgefangenschaft nach Neunkirchen zurück. Dann meldete er sich
in der Kurze Straße 2, einer Parallelstraße der Mühlenstraße, in Sinnerthal an. Karl
Leib arbeitete als Hüttenarbeiter, was ein körperlich anstrengender Beruf war.
Verheiratet war er mit seiner Frau Rosa, geborene Kleber. 1926 zog er in die
Landsweilerstraße 11 in Sinnerthal und meldete sich zwei Jahre später in Landsweiler
an. Am 01.09.1939 wurde er verhaftet und befand sich in Wittlich in Schutzhaft,
woraufhin er am 16.09.1939 ins KZ Buchenwald verlegt und als politischer Häftling
geführt wurde. Geldverwaltungs- und Effektenkarten aus dem KZ Buchenwald
belegen, dass er im KZ Pakete erhielt und auch über finanzielle Mittel verfügen durfte.
Im KZ wurde Karl Leib als wehrunwürdig befunden. Am 05.05.1941 wurde er in das
KZ Ravensbrück überstellt und trug einige Wertgegenstände bei sich. Er verstarb am
24.08.1942 in Ravensbrück. Die Todesursache ist unbekannt.
Bearbeiter: Elena Elzer, Elena-Sophie Merl, Johanna Petry, (unter Mitarbeit von Marco
Blum, Lars Lauer, Lukas Plantz und Anne Mayer und Anleitung von Dr. Irmgard
Wilhelm-Schaffer)
5
ARTIKEL „DIE JUDEN IN NEUNKIRCHEN“
Von Ottmar Paulus
Neu bearbeitet von Friedrich Bach
24.11.2017:
Zusammenfassung des Kapitels „Das Schicksal der Juden im Dritten Reich: diffamiert,
abgestempelt, ausgestoßen, gejagt und „vernichtet“
Nach der Machtübernahme Hitlers 1933 wanderten bereits einige saarländische Juden
aus, obwohl sich das Saarland erst nach der Saarabstimmung am 13.01.1935 wieder
an das Deutsche Reich anschloss. So kam es dazu, dass im Juni 1935 von 39 812
Einwohnern nur noch 142 jüdische Gläubige in Neunkirchen wohnten. Dies hatte
erhebliche Folgen für die Jüdische Gemeinde in Neunkirchen, da wegen der wenigen
jüdischen Einwohner kaum Steuern gezahlt wurden und die Gremien nicht mehr
beschlussfähig waren. Am 25.11.1936 schlossen sich aus diesem Grund die vorher
eigenständigen Gemeinden Ilingen, Neunkirchen und Merzig zu einer
Synagogengemeinschaft zusammen.
Leider wurde der Diskriminierungs – und Verfolgungsdruck des Hitler-Regimes immer
größer, und die jüdische Synagoge wurde in der Reichspogromnacht am 09.11.1938
angezündet. Nach diesen schlimmen Ereignissen flüchteten viele Juden in andere
Länder, wurden jedoch oftmals von der Gestapo gefasst.
Nach dem Kriegsende gab es auch in Neunkirchen nur wenige jüdische Einwohner,
allerdings hatten sich 1970 wieder 13 Juden niedergelassen.
6
EINGRENZUNG DES PERSONENKREIS, DER FÜR DIE
EINZELSCHICKSALSRECHERCHE IN FRAGE KOMMT
19.01.2018
1) Durchsicht der Residentenlisten der Neunkircher Juden2
Anlass der Erstellung: Gesuch der Organisation Yad Vashem, die Informationen
zum Holocaust sammelt bzw. eine Holocaustgedenkstätte ist und 1962 Listen
mit den jüdischen Einwohnern angefordert hat
4 verschiedene Residentenlisten:
Liste 1:
Beinhaltet alle Glaubensjuden, die sich seit der Einführung der nach Namen
und Wohnung sortierten Meldekartendatei 1911 in Neunkirchen ab –oder
angemeldet haben.
Diese Liste ist für die Eingrenzung des Personenkreises gut geeignet, da sie
alle Juden enthält.
Liste 2:
Auf ihr sind alle Juden vermerkt, die am 16.06.1933 im Stadtbezirk Neunkirchen
gewohnt haben. Sie sind mit Geburts-, Melde, und Abmeldedatum aufgelistet.
Liste 3:
Enthält Personen, die am Stichtag dem 17.05.1939 noch polizeilich in
Neunkirchen gemeldet waren.
Ich fragte mich, warum ausgerechnet dieser Stichtag von Yad Vashem gewählt
wurde. Vermutlich weil ab dann die Verfolgung der Juden verstärkt wurde.
Liste 4:
Diese Liste führte die Juden auf, die sich nach 1945 wieder in Neunkirchen
angemeldet haben.
Anmerkungen zu den Listen:
Die Abwanderung der Juden begann erst nach der Saarabstimmung am
13,01.1935, da es vor dem Anschluss an das Deutsche Reich kaum
Belästigungen von Juden gab, die auf das nationalsozialistische Regime
zurückzuführen waren. Allerdings gab es auch damals schon antisemitische
Tendenzen in der Bevölkerung.
Juden, die sich abgemeldet haben um zu flüchten, haben oftmals einen
falschen neuen Wohnort angegeben. Der Abmeldeort muss also nicht
zwangsläufig stimmen.
2Begleitschreiben zu Residentenlisten Siehe Anhang S. 30-32.
7
Wir teilten uns die Seiten der ersten Liste in unserem Kurs auf und glichen die Namen
mit bereits vorhandenen Biographien zu Stolpersteinen in Neunkirchen ab, um
Dopplungen zu vermeiden. Nachdem die Personenanzahl dadurch eingegrenzt war,
gaben wir die Namen im „Gedenkbuch des Bundesarchivs für die Opfer der
nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland“ ein.
2) Gedenkbuch des Bundesarchivs für die Opfer der nationalsozialistischen
Judenverfolgung in Deutschland3
Dient zur Aufklärung und Erinnerungsarbeit über die Judenverfolgung der
Nationalsozialisten
Hauptbestandteil ist ein Namensverzeichnis mit ermordeten, deutschen Juden,
in dem man mit Hilfe einer Suchmaske Informationen zu einzelnen Personen
finden kann.
Diese Suchfunktion nutzten wir um Neunkircher Juden zu finden. Wir gingen die Seiten
arbeitsteilig durch und achteten darauf, wie viele Informationen zu den einzelnen
Personen bereits bekannt waren und wer sich für eine Einzelschicksalsrecherche
eignen würde. Die Personen die wir fanden, glichen wir mit der Neunkirchen
Residentenliste und dem Onlinearchiv von Yad Vashem ab.
Hierbei stieß meine Gruppe auf die Familie Goldmann, die uns gut geeignet erschien
und deren Schicksal uns interessierte.
3) Yad Vashem4
Wie bereits erwähnt, ist Yad Vashem eine sehr bedeutende
Holocaustgedenkstätte, die neben der Erinnerungsarbeit an den Holocaust
auch Daten zu Opfern sammelt und so eine der größten Datenbanken zu
Opfern der Judenverfolgung zusammengestellt hat.
Auch in dieser Datenbank war die Familie Goldmann vermerkt. Wir entschieden uns,
das Schicksal dieser Familie näher beleuchten zu wollen, und gaben die Namen an
Frau Wilhelm-Schaffer weiter, die bei ITS Arolsen eine Anfrage stellte.
3 http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/ (zuletzt eingesehen am 04.05.2018) 4 http://yadvashem.org/de/node/53076 (zuletzt eingesehen am 0405.2018)
8
Abbildung 1: Gedenkstätte Yad Vashem5 Abbildung 2: Halle der Namen6
RECHERCHE ZU FAMILIE GOLDMANN
Im Folgenden werde ich die Unterlagen auswerten, die Frau Wilhelm-Schaffer durch
ihre Anfrage bei ITS Arolsen und dem Stadtarchiv in Neunkirchen erhalten hat, um
möglichst viele Informationen zur Familie Goldmann zu sammeln und sich mit ihrem
Schicksal vertraut zu machen.
Eigene Gedanken und Fragen markiere ich kursiv. Um die Informationen
übersichtlicher zu gestalten, kennzeichne ich jedes Familienmitglied in einer anderen
Farbe.
Ein Ausschnitt des Stammbaums der Familie Goldmann befindet sich für die bessere
Verständlichkeit der Beziehungen im Anhang auf Seite 68.
5 http://www.gedenkstaetten-uebersicht.de/naher-osten/cl/israel/inst/yad-vashem/ (zuletzt eingesehen am
07.05.2018) 6 http://www.gedenkstaetten-uebersicht.de/naher-osten/cl/israel/inst/yad-vashem/ (zuletzt eingesehen am
07.05.2018)
9
20.03.2018
Gedenkbuch des Bundesarchivs für die Opfer der nationalsozialistischen
Judenverfolgung in Deutschland
Folgende Informationen befanden sich in oben genanntem Gedenkbuch:
Eintrag zu Goldmann, Grete Rosa Rose7
Geboren am 08. Juli 1913 in Neunkirchen (Saar) / Ottweiler / Rheinprovinz wohnhaft in Saarbrücken und Hannover
Deportation: ab Hannover 15. Dezember 1941, Riga, Ghetto
Todesdatum: 27. Dezember 1944 Todesort: Stutthof, Konzentrationslager
Eintrag zu Goldmann, Ruth8
geboren am 23. Juli 1924 in Neunkirchen (Saar) / Ottweiler / Saargebiet wohnhaft in Saarbrücken
Deportation: ab Kassel-Halle 01. Juni 1942, Sobibor, Vernichtungslager
Todesdatum: 03. Juni 1942 Todesort: Sobibor, Vernichtungslager
Eintrag zu Goldmann, Anna9
geborene Seligmann geboren am 30. November 1889 in Gau-Algesheim / Bingen / Hessen wohnhaft in Saarbrücken
Deportation: ab Kassel-Halle 1942, Theresienstadt, Ghetto 01. Juni 1942, Sobibor, Vernichtungslager
7 http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de875526 (zuletzt eingesehen am 01.05.2018) 8 http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de875655 (zuletzt eingesehen am 01.05.2018) 9http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de875413 (zuletzt eingesehen am 01.05.2018)
10
Todesdatum: 03. Juni 1942 Todesort: Sobibor, Vernichtungslager
Eintrag zu Goldmann, Hugo10
geboren am 24. März 1885 in Gundersheim / Worms / Hessen wohnhaft in Saarbrücken
Inhaftierung: 15. November 1938 - 19. Dezember 1938, Dachau, Konzentrationslager
Deportation: ab Kassel-Halle 01. Juni 1942, Sobibor, Vernichtungslager
Todesdatum: 03. Juni 1942 Todesort: Sobibor, Vernichtungslager
Eintrag zu Goldmann, Heinz Leo11
geboren am 28. März 1916 in Neunkirchen (Saar) / Ottweiler / Rheinprovinz wohnhaft in Saarbrücken, Berlin (Wilmersdorf) und Berlin (Prenzlauer Berg)
Deportation: ab Berlin 29. Januar 1943, Auschwitz, Konzentrations-und Vernichtungslager
Todesdatum: 19. Februar 1943 Todesort: Auschwitz, Vernichtungslager
10 http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de875689 (zuletzt eingesehen am 01.05.2018) 11 http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1058122 (zuletzt eingesehen am 01.05.2018)
11
26.03.2018
Informationen aus den Unterlagen des Stadtarchives Neunkirchens12
Eltern:
Hugo Goldmann geboren am 24.03.1885 in Gundersheim
Geschäftsführer
Anna (geb. Seligmann) geboren am 30.11.1889 in Gau Algesheim
Jüdischen Glaubens
Hugo zieht am 06.11.1906 von Gundersheim nach NK in die Kaiserstraße 2
Gemeinsamer Wohnsitz des Ehepaares ab 21.10.1912: Wellesweilerstraße 46
09.06.1914: Ummeldung der Familie in die Kaiserstraße 11
Hugo hielt sich im Januar und Februar 1919 in Bernkastel auf
Es stellte sich uns die Frage, warum sich Hugo Goldmann zwei Monate in der Pfalz
aufhielt. Aus diesem Grund fragten wir beim Stadtarchiv Neukirchen an, aus welchen
Büchern die Information über diesen Aufenthalt stammt. Das Stadtarchiv teilte uns
mit,13 dass der Aufenthalt in der Einwohnermeldekartei von Neunkirchen vermerkt war.
Die Gründe für diesen Aufenthalt sind also weiterhin ungewiss.
Die angegebenen Orte gaben wir in einen Onlinekartendienst ein. Sie liegen allein (bis
auf Neunkirchen) in Rheinland-Pfalz (ehemalig Rheinhessen). Gau Algesheim liegt in
der Nähe von Bingen am Rhein und Gundersheim in der Nähe von Worms.
15.03.1935: wohnhaft in der Stahlstraße 17 in Saarbrücken
Aufgrund dieser Information über den zeitweisen Wohnsitz der Familie in Saarbrücken
kontaktierten wir das Stadtarchiv Saarbrücken, um nähere Informationen zu erhalten.14
(Auswertung der Rechercheergebnisse, siehe Seite 16-17)
Kinder:
Goldmann, Grete Rosa geboren am 08.07.1913
Goldmann, Heinz Leo geboren am 28.03.1916
Goldmann, Ruth geboren am 23.07.1924
12 Siehe Anhang S. 33. 13 Emailkontakt Siehe Anhang S. 34. 14 Emailkontakt Siehe Anhang S. 35.
12
ITS Dokument: Transportliste von Hannover nach Riga 15.12.194115
Goldmann Grete geboren am 08.07.1913
Letzter Aufenthaltsort vor dem Transport: „Judenhaus“ Bergstraße 8
Mir war der Begriff „Judenhaus“ zuvor noch nie begegnet, jedoch vermutete ich, dass
es sich um einen Unterbringungsort für Juden handelte.
Meine Internetrecherche ergab, dass „Judenhäuser“ tatsächlich Wohnsitz von Juden
waren, die gezwungen wurden dort zu leben. Die Häuser stammten oftmals aus
jüdischem Besitz und es mussten dort viele Juden auf sehr engem Raum wohnen.
Außerdem sollten sie das Pflegen von sozialen Kontakten zu Nichtjuden verhindern
und trugen zu der Ghettoisierung bei.16
In Hannover mussten am 3. und 4. September 1941 1200 Juden in 15 Judenhäuser
einziehen, die völlig überfüllt waren. Das Judenhaus in der Bergstraße 8 war die Alte
Synagoge.17
Da mich interessierte, wohin die Juden in Riga deportiert wurden, suchte ich im Internet
danach.
Die Juden der Osttransporte kamen in Riga entweder in das Ghetto, oder ab 1943 in
das Konzentrationslager Riga-Kaiserwald in Lettland. Wegen des Vorrückens der
Roten Armee wurde das Lager im September 1944 evakuiert, und ein Großteil der
Insassen in das Konzentrationslager Stutthof gebracht.18
Abbildung 3: Ghetto in Riga19
15 Siehe Anhang S. 36. 16 https://de.wikipedia.org/wiki/Judenhaus (zuletzt eingesehen am 23.03.2018) 17 https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Juden_in_Hannover#Judenhäuser (zuletzt eingesehen am
23.03.2018) 18 https://de.wikipedia.org/wiki/KZ_Riga-Kaiserwald (zuletzt eingesehen am 23.03.2018) 19 https://de.wikipedia.org/wiki/Ghetto_Riga (zuletzt eingesehen am 07.05.2018)
13
27.03.2018
ITS Dokument: Transportliste 27. Osttransport vom 29.01.194320
Goldmann Heinz Israel geboren am 28.03.1916
Beruf: Arbeiter
Ledig
Ob die Angabe, dass er ledig war, stimmt, ist anzuzweifeln. Auf dem Listenabschnitt,
der uns vorliegt, sind von 40 Personen 27 als ledig eingetragen worden. Vielleicht sind
viele Ehepartner bereits ermordet worden, oder jüdische Paare konnten wegen des
hohen Verfolgungsdrucks durch die Nationalsozialisten nicht mehr heiraten bzw.
wurden Ehen zwischen Juden und Nichtjuden 1935 in den Nürnberger Gesetzen
verboten. Dadurch war die Partnersuche für Juden erschwert.
26 Jahre alt
Arbeitsfähig
Wohnsitz: NO 18, Neue Königsstraße 91
Die Postleitzahl NO 18 gab uns Aufschluss darüber, dass Heinz sich in Berlin befand.
Auffällig ist, dass fünf weitere Personen auf dieser Liste angeblich im selben Haus
wohnen wie Heinz. Vielleicht wohnten sie wie Grete auch in einem „Judenhaus“ in
Berlin.
Da wir aus vorherigen Dokumenten wusste, dass er im Konzentrationslager
Ausschwitz ums Leben kam lag die Vermutung nah, dass der Transport nach
Ausschwitz fuhr. Ich recherchierte und stieß tatsächlich auf das Konzentrationslager
Ausschwitz als Zielort des Transportes mit 1000 Menschen, die deportiert wurden,
davon 918 aus Berlin.21
ITS Dokument: Karteikarte Goldmann Heinz22
Goldmann Heinz geboren am 28.03.1916 in Neunkirchen/Saar
Letzter Wohnsitz: Berlin NO. 18, Neue Königsstraße 91, bei Wonker
Der Name Wonker steht auch auf der Osttransportliste. Ich fragte mich, warum einige
der Personen aus den Osttransporten alle im selben Haus wohnten. Eventuell handelt
es sich um ein „Judenhaus“ als Sammelstelle. Im Internet findet man darüber leider
keinen Aufschluss, da es sehr viele „Judenhäuser“ in Berlin gab.
27. Osttransport vom 29.01.1943
20 Siehe Anhang S.38. 21 http://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_ber_ot27.html (zuletzt eingesehen am 23.03.2018) 22 Siehe Anhang S. 39.
14
ITS Dokument: Anfrage von Fred Michel vom 18.08.1958 an ITS23
Fred Michel 401 North Irving Ave. Scranton 10, Pa. USA
Sucht nach folgenden Personen unter anderem Moritz Seligmann und Anna
Goldmann (geborene Seligmann), da sie Geschwister seiner Mutter sind:
Moritz Seligmann:
geboren in Gau-Algesheim am Rhein am 25.06.1881
letzter Wohnsitz: Königsstein-Taunus
1937 etwa 55 Jahre alt
Anna Goldmann (geborene Seligmann):
Geboren am 30.11.1889 in Gau-Algesheim (Rheinhessen)
Und ihr Mann Hugo Goldmann geboren am 24.03.1885 in Gundersheim
(Rheinhessen) und ihre Kinder Grete, Ruth und Heinz
Zur Familie Goldmann gibt er folgende Informationen an:
Zuerst Wohnsitz in Neunkirchen, danach Saarbrücken
Grete war Modistin (Hutmacherin) und hat 1936 in Gießen (in Hessen)
gearbeitet
Familie zog später nach Hannover
Julius Seligmann:
Weiterer Bruder seiner Mutter, den er gebeten hat nach obig genannten
Personen zu suchen, was dieser aber nicht getan hat
Wohnsitz: Taunussstraße 8, Bingen/Rhein
1958 fast 80 Jahre alt
Auch sucht er nach:
Max, geboren am 16.02.1884 (Bingen/Rhein) und Sophie Michel (geborene
Mendel am 19.04.1882)
Max Michel ist der Bruder seines Vaters
Wohnsitz in Essen, 1934-1936 in Düsseldorf und zuletzt angeblich in
Nymwegen, Holland
Laut Michels sind alle oben genannten Personen Gerüchten nach in KZs
gestorben.
23 Siehe Anhang S. 40.
15
Uns war bewusst, dass Fred Michel wohl eher nicht mehr am Leben ist. Aber wir
erhofften uns, eventuell Verwandte von ihm ausfindig machen zu können. Nach einer
Google-Recherche mit der Suchbegriffen „Fred Michaels Ancestry“ stießen wir auf
einen Blogeintrag24 der Amerikanerin Amy Cohen, welche Ahnenforschung betreibt.
Sie schien mit Fred Michel verwandt zu sein und hatte sogar Kontakt zu Wolfgang
Seligmann, der ebenfalls ein Nachfahre der Familie Seligmann war. Nach einer
weiteren Google-Recherche fanden wir eine E-Mail Adresse und kontaktierten
Wolfgang Seligmann, in der Hoffnung, die richtige Person mit den Namen Wolfgang
Seligmann ausfindig gemacht zu haben. Dies war auch der Fall. So antwortete uns
Wolfgang Seligmann in einer sehr netten E-Mail und versprach, uns seine bisherigen
Rechercheergebnisse zukommen zu lassen.25 Auch einen Zeitungsartikel fanden wir
über die gemeinsame Ahnenforschung der beiden.26
ITS Dokument: Brief an Fred Michel vom 15.03.197427
Goldmann Heinz Leo, geboren am 28.03.1916
Wohnhaft in Neunkirchen, Saarbrücken, Berlin NO. 18, Neue Königsstraße 91
Transport am 29.01.1943 in das Konzentrationslager Ausschwitz
Goldmann Grete, geboren am 08.07.1913
Wohnsitz in Neunkirchen, Saarbrücken, Gießen und Hannover (Bergstraße 8)
15.12.1941 Deportation nach
Riga
Abbildung 4: Konzentrationslager Riga-Kaiserwald28
Nachdem nun alle Informationen der ITS Dokumente zusammengestellt waren, fiel
auf, dass über Ruth Goldmann noch weniger bekannt ist, als über den Rest der
Familie. Mir stellt sich die Frage, warum dies so ist.
24 https://brotmanblog.com/category/family-names/seligmanseligmann/ 25 Emailkontakt siehe Anhang S.42-44. 26 http://www.allgemeine-zeitung.de/lokales/bingen/bingen/us-amerikanerin-amy-bess-cohen-und-wolfgang-
seligmann-haben-gemeinsame-binger-wurzeln_18045941.htm 27 Siehe Anhang S. 41. 28 https://reimschmiede.jimdo.com/sachtexte/ns-geschichte/ghetto-riga/ (zuletzt eingesehen am 07.05.2018)
16
Nachtrag: Ruth war deutlich jünger als ihre Geschwister und war noch zu jung, um
einen Beruf zu erlernen oder in eine andere Stadt zu ziehen.
24.04.2018
Informationen aus den Unterlagen des Stadtarchivs Saarbrücken29
Nach unserer Anfrage vom 26.03.2018 sendete uns das Stadtarchiv die Meldekarten
der Familie Goldmann zu:
Meldekarte Goldmann Grete Rosa:
Geboren am 08.07.1913 in Neunkirchen
Jüdin
Deutsche Staatsbürgerin
Beruf: Modistin
Wohnorte:
Neunkirchen
13.03.1935 Saarbrücken, Stahlstraße 17
15.05.1936 Gießen
02.08.1937 unleserlich
13.08.1937 Hannover
Meldekarte Goldmann Ruth:
geboren am 23.07.1924 in Neunkirchen
Jüdin
Deutsche Staatsbürgerin
Wohnorte:
Neunkirchen
15.03.1935 Stahlstraße 17 in Saarbrücken
12.10.1939 Leipzig
Meldekarte Goldmann Heinz Leo:
Geboren am 28.03.1916 in Neunkirchen
Jude
Deutscher Staatsbürger
ledig
Wohnorte:
Neunkirchen
15.03.1935 Saarbrücken
29 Meldekarten Siehe Anhang S. 45-46.
17
14.10.1937 Berlin-Charlottenburg
Auf allen drei Meldekarten der Kinder sind folgende Angaben zu den Eltern gemacht:
Mutter: Anna geb. Seligmann geboren am 30.11.1889
Vater: Hugo Goldmann geboren am 24.03.1885
Meldekarte Goldmann Hugo:
Geboren am 24.03.1885 in Gundersheim bei Worms
Jude
Deutscher Staatsbürger
Ehefrau: Anna geb. Seligmann geboren am 30.11.1889 in Gau-Algesheim bei
Bingen
Wohnorte:
05.01.1904 Gundersheim
01.04.1906 Neunkirchen
15.03.1935 Saarbrücken
Auffällig ist, dass das Stadtarchiv Saarbrücken zu Anna Goldmann keine Meldekarte
hat. Entweder ist diese abhanden gekommen, oder Anna zog nicht mit nach
Saarbrücken. Dies stünde aber im Gegensatz zu den Unterlagen des Stadtarchives
Neunkirchen, laut denen sich die ganze Familie nach Saarbrücken ummeldete.
Nachtrag: Anna ist laut des Gedenkbuches von Halle mit nach Saarbrücken gezogen.
27.04.2018
Informationen aus den Unterlagen von Wolfgang Seligmann:
Text zu Seligmann/Goldmann/Michaels von Wolfgang Seligmann30
Großvater von Wolfgang Seligmann war Julius Seligmann (geb. 1877), welcher
noch drei weitere Geschwister (alle in Gau-Algesheim geboren) hatte:
o Franziska geb. 18.12.1875
o Moritz geb. 25.06.1881
o Anna geb. 30.11.1889
Der Vater August hatte eine Weinhandlung in Gau-Algesheim und verkaufte
europaweit Weine
Moritz ging Anfang 1920 nach Königsstein im Taunus und kam vermutlich in
Theresienstadt ums Leben
30 Siehe Anhang S. 47-50.
18
Franziska Seligmann31:
Schwester von Anna
Jüdin
Heiratete Adolf Michel aus Bingen der ein
jüdischer Kaufmann war
Am 06.06.1906 kommt ihr Sohn Fritz (Fred)
zur Welt
Die Familie zieht nach Neunkirchen
Franziska und Fritz kehren nach Bingen
zurück
Entweder haben sich Franziska und ihr Mann
scheiden lassen und sie ist deshalb zurück nach
Bingen, oder ihr Ehemann ist gestorben
Abbildung 5: Franziska Seligmann32
(dafür spricht der Suchzettel33 von Fritz, mit
Personen die er nach dem zweiten Weltkrieg
kontaktieren wollte: Sein Vater ist darauf nicht
vermerkt).
Am 19.12.1933 stirbt sie entweder an
Herzversagen oder dem Druck durch den
zunehmenden Antisemitismus34
Abbildung 6: Grabstein von Franziska Seligmann35
31 Kopien ihres Passes befinden sich im Anhang auf S. 51 32 Siehe Anhang S. 54. 33 Siehe Anhang S. 65. 34 Siehe Postkarte im Anhang S. 56-57. 35 Siehe Anhang S. 55.
19
Fritz (Fred) Michael36:
Geboren am 06.06.1906 in Bingen
Vermutlich Jude
Beruf: Herrenausstatter in Köln, Mainz und
München
Emigriert 1937 in die USA
Ein Jahr später zieht seine zukünftige Ehefrau,
die er in Frankfurt kennengerlernt hat,
ebenfalls in die USA
Im zweiten Weltkrieg kämpft er in er US-Armee
und ist danach in verschiedenen Berufen tätig
Besucht Deutschland öfters und hält Kontakt
zu Familie Seligmann
Er stirbt am 05.08.1992 in Scranton,
Pensylvania und hinterlässt eine Tochter und Abbildung 7: Fred Michel
einen Sohn
01.05.2018
Internetseite: Gedenkbuch für die Toten des Holocausts in Halle:37
Auf die Informationen dieser Internetseite, machte uns Wolfgang Seligmann
aufmerksam:
Anna Seligmann, geboren 30.11.1889 in Gau-Algesheim / Kreis Bingen
Wohnhaft in Saarbrücken, Stahlwerkstraße 13
Halle, zuerst Boelckestr. 24, zuletzt Harz 48
Hugo Goldmann und Ruth Goldmann im KZ ums Leben gekommen
1939/40 wurden große Teile der Bevölkerung aus westlichen deutschen
Grenzgebieten ins Innere Deutschlands evakuiert
Anna kam im Zuge dessen am 22.01.1940 nach Halle
Deportation am 30. Mai 1942 "nach Osten" (Deportationszug kam am 01.06.1942
aus Kassel und fuhr über Halle nach Lublin/ Polen, das er am 03.06.1942 erreichte)
Anna kam in das Vernichtungslager Sobibor/Distrikt Lublin in Polen und starb dort
am 03.06.1942
36 Kopien von seiner Geburtsurkunde, seiner Abstammungsurkunde seinem Pass und dem zuvor erwähnten
Suchzettel befinden sich im Anhang auf S. 59-65. 37 http://www.gedenkbuch.halle.de/gbdatensatz.php?num=318 (zuletzt eingesehen am 05.05.2018)
20
Internetseite: Gedenkbuch für die Toten des Holocausts in Halle:38
Hugo Goldmann, geboren am 24.03.1885 in Gundersheim
Wohnhaft in:
Saarbrücken, Stahlwerkstraße 13
Halle, zuerst Boelckestr. 24, zuletzt Harz 48
Anna und Ruth sind in einem KZ ums Leben gekommen
15. November 1938 Dachau, Konzentrationslager
1939: Zwangsarbeit bei der Familie Otto Hirschfeld jun., Vogelweide 9
1939/40: Ebenso wie Anna kam Hugo Goldmann auf Grund der
Evakuierungen am 22.01.1940 nach Halle und wurde mit dem gleichen
Transport (s.o.) in das Vernichtungslager Sobibor nach Polen deportiert und
am 03.06.1942 starb.
Der Aufenthalt im Konzentrationslager Dachau 1938 irritierte mich, da er von dort
nochmal entlassen wurde. Um nähere Informationen zu seinem Aufenthalt zu
erlangen, stellte ich am 28.04.2018 eine Anfrage an das Archiv der KZ- Gedenkstätte
Dachau.
Nachtrag: Leider erhielten wir bisher keine Antwort von dem KZ Dachau.
Ebenfalls würde ich gerne mehr über die Zwangsarbeit erfahren, die er 1939 verrichten
musste.
Internetseite: Gedenkbuch für die Toten des Holocausts in Halle:39
Goldmann Ruth, geboren am 23.07.1924 in Neunkirchen/Saar
Wohnhaft in:
Saarbrücken, Stahlwerkstraße 3
Halle, zuerst Gr. Berlin, zuletzt Boelckestr.24
1939/40: Zusammen mit ihren Eltern wurde sie am 22.01.1940 nach Halle
evakuiert.
Als Praktikantin arbeitete sie in den Altersheimen der jüdischen Gemeinde
Auch sie wurde gemeinsam mit ihren Eltern in das Vernichtungslager Sobibor
deportiert (s.o.), wo sie am Tag ihrer Ankunft (3. Juni 1942) starb
38 http://www.gedenkbuch.halle.de/gbdatensatz.php?num=337 (zuletzt eingesehen am 05.05.2018) 39 h https://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article146154540/Schon-1939-wurden-600-000-Deutsche-
evakuiert.htmlttp://www.gedenkbuch.halle.de/gbdatensatz.php?num=338 (zuletzt eingesehen am 02.05.2018)
21
Abbildung 8: Bahngleise in Sobibor40
Mich interessierte, welchen Grund diese Evakuierungen hatten. Ich vermutete, dass
diese auch zur Sammlung von Juden in zentralen Städten dienten, um sie besser
deportieren zu können.
Meine Internetrecherche ergab Folgendes:
Um freies Schussfeld für den Krieg gegen Polens Verbündete zu haben, richteten die
Deutschen den sogenannten Westwall ein. Er zog sich 500 km entlang der deutschen
Grenze von Aachen bis nach Basel, führte also durch das Saarland und die Pfalz. 1939
wurden beispielsweise 600 000 Einwohner evakuiert, um diese im Krieg nicht zu
schädigen. Nachdem die Wehrmacht im Sommer 1940 dann den Sieg gegen die
Aliierten erungen hatte, kam ein Großteil der Menschen wieder zurück in ihre Heimat.41
Anna, Ruth und Hugo kamen nicht mehr zurück nach Neunkirchen sondern blieben
in Halle.
Verfolgtenliste Yad Vashem:
Anna, Hugo und Ruth sind mit ihren Geburtsorten und Geburtsdaten dort
vermerkt
Ruth ist als ledig angegeben
Letzter Wohnsitz: Harz 48, Halle
40 https://bildungswerk-ks.de/veroeffentlichungen/infomappe-zu-dem-ehemaligen-vernichtungslager-1 8zuletzt
eingesehen am 07.05.2018) 41https://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article146154540/Schon-1939-wurden-600-000-Deutsche-
evakuiert.html (zuletzt eingesehen am 02.05..2018)
22
Samuel Oscar Winter:
Führte in Neunkirchen ein Damenoberbekleidungsgeschäft
Vater von Fritz (August Seligmann) war ein Bruder von Hieronimus Seligmann
Samuel heiratete die Tochter von Hieronimus und zwar Rosina Laura
Seligmann
Anna und Franziska waren also Cousinen zu Rosina und Laura und Wolfgang
Seligmann vermutet, dass Samuel Winter den Ehemännern von Anna und
Franziska Arbeit gegeben hat
Dies war eventuell der Grund für den Umzug nach Neunkirchen.
Ich finde die Vermutung, dass Hugo und Anna aus oben genannten Gründen nach
Neunkirchen gekommen sind sehr plausibel, da wir wissen, dass Hugo als
Geschäftsführer tätig war. Es ist also gut möglich, dass er Geschäftsführer im Geschäft
von Samuel Winter gewesen ist.
Verbindungen zwischen Amy Cohen und Wolfgang Seligmann:
Vater von Julius, Anna, Franziska und Moritz (August Michel, Wolfgang
Seligmanns Urgroßvater) hatte 10 Geschwister, von denen 3 Brüder nach Santa
Fe/New Mexico in den USA zogen
Sie waren dort Geschäftsleute
Amy Cohen stammt von dieser Familie ab und ist somit entfernt verwandt mit
Wolfgang Seligmann
Heirs (Erben) Liste42
Englischsprachiges Dokument vom 01.01.1950, indem es um mögliche Erben
für die Hinterlassenschaft von J. Seligmann geht
Mögliche Erben werden mit zusätzlichen Informationen aufgeführt
Für uns relevant sind:
o Laura Winter: gestorben in Luxembourg
o Julius Seligmann hat überlebt
o Moritz Seligmann ist wahrscheinlich tot
o Franziska Seligmann ist tot
42 Siehe Anhang S. 67.
23
02.05.2018
Material, das uns Frau Wilhelm-Schaffer zur Verfügung stellte:
Alternativer Stadtrundgang zum 50. Jahrestag der Reichspogromnacht im
November 1988 in Neunkirchen
Das Damenoberbekleidungsgeschäft von Samuel Oscar Winter, auf das Wolfgang
Seligmann uns hingewiesen hatte, fanden wir in diesen Unterlagen.
Abbildung 9: Stummstraße, rechts Kaufhaus Winter
24
Abbildung 10: Stadtplan mit Geschäfte in Neunkirchen vor 1938
25
STECKBRIEFE ZU FAMILIE GOLDMANN
Im Folgenden stelle ich nun alle Informationen zu den einzelnen Mitgliedern der
Familie Goldmann in Steckbriefen zusammen.
Anna Goldmann, geb. Seligmann:
Geboren am 30.11.1889 in Gau-Algesheim
Ihr Vater August hatte eine erfolgreiche Weinhandlung
Hatte 3 Geschwister: Julius, Moritz, Franziska
Jüdin
Wohnsitz ab 21.10.1912 in der Wellesweilerstraße 46 in Neunkirchen,
gemeinsam mit Ehemann Hugo Goldmann
Gemeinsame Kinder:
Grete Rosa, Heinz Leo, Ruth
Umzug in die Kaiserstraße 11 In Neunkirchen am 09.06.1914
Wohnsitz ab 15.03.1935: Stahlstraße 17 in Saarbrücken
Evakuierung nach Halle am 22.01.1940 und Wohnsitz in der Boelckestraße
24, danach im Harz 48
Deportation am 30.05.1942 von Halle aus nach Lublin in Polen
Ankunft und Tötung im Vernichtungslager Sobibor am 03.06.1942
Hugo Goldmann:
Geboren am 24.03.1885 in Gundersheim
Beruf: Geschäftsführer
Jude
Wohnsitz ab 06.11.1906: Kaiserstraße 2 in Neunkirchen
Wohnsitz ab 21.10.1912 in der Wellesweilerstraße 46 in Neunkirchen,
gemeinsam mit Ehefrau Anna Seligmann
Gemeinsame Kinder:
Grete Rosa, Heinz Leo, Ruth
Umzug am 09.06.1914 in die Kaiserstraße 11 in Neunkirchen
Aufenthalt in Bernkastel im Januar/ Februar 1919
Inhaftierung in das Konzentrationslager Dachau vom 15.11.1938 bis zum
19.12.1938
1939 Zwangsarbeit bei einer Familie
Evakuierung nach Halle am 22.01.1940 und Wohnsitz in der Boelckestraße
24, danach im Harz 48
Deportation am 30.05.1942 von Halle aus nach Lublin in Polen
Ankunft und Tötung im Vernichtungslager Sobibor am 03.06.1942
26
Grete Rosa Goldmann:
Geboren am 08.07.1913 in Neunkirchen
Jüdin
Umzug in die Kaiserstraße 11 In Neunkirchen am 09.06.1914
Wohnsitz ab 15.03.1935: Stahlstraße 17 in Saarbrücken
Beruf: Modistin (Hutmacherin)
1936 arbeitet sie in Gießen
Wohnsitz ab 13.08.1937: Hannover im Judenhaus Bergstraße 8
Deportation am 15.12.1941 ab Hannover nach Riga in das Ghetto
kam 1943 ins Konzentrationslager Riga-Kaiserwald
Nach dem dieses KZ evakuiert wurde, kam sie in das KZ Stutthof und
verstarb dort am 27.12.1944
Heinz Leo Goldmann:
Geboren am 28.03.1916 in Neunkirchen
Jude
Umzug in die Kaiserstraße 11 In Neunkirchen am 09.06.1914
Wohnsitz ab 15.03.1935: Stahlstraße 17 in Saarbrücken
Beruf: Arbeiter
Ledig
Wohnsitz in der Neue Königsstraße 91 in Berlin, wo er jedoch öfters
umzieht
Deportiert am 29.01.1943 in das Konzentrationslager Auschwitz
Gestorben am 19.02.1943 in Ausschwitz
Ruth Goldmann:
Geboren am 23.07.1924 in Neunkirchen
Jüdin
Umzug in die Kaiserstraße 11 In Neunkirchen am 09.06.1914
Wohnsitz ab 15.03.1935: Stahlstraße 17 in Saarbrücken
Aufenthalt am 12.10.1939 in Leipzig
Evakuierung nach Halle am 22.01.1940 und Wohnsitz in Groß Berlin,
danach Boelckestraße 24
Arbeit als Praktikantin in den Altersheimen der jüdischen Gemeinde
Deportation am 30.05.1942 von Halle aus nach Lublin in Polen
Ankunft und Tötung im Vernichtungslager Sobibor am 03.06.1942
Auffällig ist, dass Ruth und Ihre Eltern in Halle nicht immer in der gleichen Wohnung
untergebracht waren. Warum dies so war, konnten wir leider nicht herausfinden.
27
BIOGRAPHIE ZU FAMILIE GOLDMANN
Anna Seligmann wurde
am 30.11.1889 in Gau-
Algesheim bei Bingen,
wo ihr Vater August
einen erfolgreichen
Weinhandel betrieb,
geboren. Sie hatte noch
drei Geschwister und
heiratete Hugo
Goldmann, der am
24.03.1885 in
Gundersheim geboren
wurde. Abbildung 11: Blick in die Stummstraße und Wellesweilerstraße 43
Beruflich war Hugo als Geschäftsführer tätig
und zog 1906 nach Neunkirchen. Ab 1912 wohnte er gemeinsam mit seiner Ehefrau
in der Wellesweilerstraße 46 in Neunkirchen und bekam mit ihr drei Kinder.
Grete Rosa Goldmann kam am 08.07.1913 in Neunkirchen zur Welt. Nach ihr wurden
am 28.03.1916 Heinz Leo und die jüngste Tochter Ruth am 23.07.1924 geboren.
Gemeinsam zog die jüdische Familie 1935 in die Stahlstraße in Saarbrücken, wobei
die älteste Tochter Grete ab 1936 in Gießen als Hutmacherin arbeitete und 1937 in
das „Judenhaus“ in der Bergstraße 8 in Hannover einziehen musste. Ihr Vater Hugo
war von November bis Dezember 1938 im Konzentrationslager Dachau inhaftiert und
musste nach seiner Entlassung Zwangsarbeit bei einer Familie leisten.
Als Teile des Saarlandes und der Pfalz 1939/1940 evakuiert wurden, kamen Hugo,
Anna und ihre jüngste Tochter Ruth gemeinsam nach Halle. Ruth arbeitete dort als
Praktikantin in einem Seniorenheim der jüdischen Gemeinde. Am 30.05.1942 werden
die drei nach Lublin in Polen deportiert, wo sie direkt nach ihrer Ankunft im
Vernichtungslager Sobibor am 03.06.1942 starben.
Ihr lediger Sohn Heinz Leo arbeitete in Berlin und wurde am 29.01.1943 in das
Vernichtungs-, und Konzentrationslager Ausschwitz gebracht. Er verstarb dort am
19.02.1943.
Ähnlich erging es seiner Schwester Grete, die 1941 von Hannover aus nach Riga in
das Ghetto deportiert wurde. Nach der Eröffnung des Konzentrationslagers Riga-
Kaiserwald 1943 wurde sie dorthin verlegt. Als dieses wegen der vorrückenden
Truppen der Allierten evakuiert werden musste, wurden die Insassen in das
Konzentrationslager Stutthof gebracht, wo Grete am 27.12.1944 verstarb.
43 http://www.akpool.de/ansichtskarten/26922636-ansichtskarte-postkarte-neunkirchen-im-saarland-blick-in-die-
bahnhof-und-wellesweiler-strasse (zuletzt eingesehen am 08.05.2018)
28
PERSÖNLICHES FAZIT
Der nüchterne, sachliche Schreibstil passt so gar nicht zu diesem grauenvollen
Schicksal dieser Familie - ein Schicksal, das Millionen Juden zu dieser Zeit teilten, und
doch ist jede Lebensgeschichte für sich besonders.
Während der Auswertung der Dokumente und der Recherche schweiften meine
Gedanken immer wieder ab. Ich fragte mich, wie es Anna, Hugo, Ruth, Grete und
Heinz Leo wohl ging, was sie dachten und wovor sie am meisten Angst hatten. Gerne
hätte ich mehr persönliche Details aus ihrem Leben erfahren, da ich diese viel
spannender finde als Daten und Jahreszahlen. Doch leider sind solche Informationen
äußerst selten. Umso mehr hat es mich gefreut, dass wir einen Nachfahren der Familie
Seligmann ausfindig machen konnten und dank ihm doch noch mehr Details erfuhren.
Und doch machen mich Schicksale von Opfern des nationalsozialistischen Regimes
immer wieder zu tiefst betroffen und nachdenklich, auch angesichts der Tatsache,
dass es momentan wieder rassistische und antisemitische Tendenzen in Deutschland
gibt. Umso wichtiger finde ich es, Erinnerungsarbeit zu leisten und sich mit diesem
dunklen Teil der deutschen Geschichte auseinanderzusetzen.
29
Anhang
1.) Begleitschreiben Neunkircher Residentenliste
2.) Informationen aus den Unterlagen des Stadtarchiv Neunkirchens
3.) Emailkontakt mit dem Stadtarchiv Neunkirchen
4.) Emailkontakt mit dem Stadtarchiv Saarbrücken
5.) ITS Arolsen Dokumente:
Transportliste von Hannover nach Riga 15.12.1941
Transportliste 27. Osttransport vom 29.01.1943
Karteikarte Goldmann Heinz
Anfrage von Fred Michel vom 18.08.1958 an ITS
Brief an Fred Michel vom 15.03.1974
6.) Auszüge aus dem Emailkontakt mit Wolfgang Seligmann
7.) Meldekarten des Stadtarchivs Saarbrücken
8.) Dokumente, die uns Wolfgang Seligmann zukommen ließ:
Text Seligmann/Goldmann/Michel von Wolfgang Seligmann
Franziska Seligmann
o Pass
o Foto
o Grabstein
o Postkarte an Fritz Michel
Fritz Michel
o Geburtsurkunde
o Abstammungsurkunde
o Pass
o Foto
o Suchzettel
Verfolgtenliste Yad Vashem
Heirs Liste
9.) Ausschnitt des Stammbaums der Familie Goldmann
30
1.) Begleitschreiben Neunkircher Residentenliste
31
32
33
2.) Informationen aus den Unterlagen des Stadtarchives Neunkirchen
Stadtarchiv Kreisstadt Neunkirchen 14.02.2018
Frau Dr. Wilhelm-Schaffer, Gymnasium am Krebsberg
Projekt "Biographien von Neunkircher NS-Opfern"
Goldmann, Grete Rosa,
* 8. Juli 1913 in Neunkirchen.
Goldmann, Heinz Leo,
* 28. März 1916 in Neunkirchen.
Goldmann, Ruth,
* 23. Juli 1924 in Neunkirchen.
Kinder von
Hugo Goldmann, * 24. März (gestrichen: Mai) 1885 in Gundersheim, Geschäftsführer,
und
Anna, geb. Seligmann, * 30. Nov. 1889 in Gau-Algesheim.
Konfession: israelitisch.
Er kam am 6. Nov. 1906 aus Gundersheim nach Neunkirchen und wohnte in der
Kaiserstraße 2; am 21. Okt. 1912 meldeten sich die Eheleute in der Wellesweilerstraße 46
an (sie kam aus Gau-Algesheim); ab 9. Juni 1914 wohnte die Familie in der Kaiserstraße 11.
Der Vater hielt sich im Januar und Februar 1919 in Bernkastel auf.
Die Familie meldete sich am 15. März 1935 nach Saarbrücken, Stahlwerkstraße 17 ab.
34
3.) Emailkontakt mit dem Stadtarchiv Neunkirchen
35
4.) Emailkontakt mit dem Stadtarchiv Saarbrücken
36
5.) ITS Arolsen Dokumente:
Transportliste von Hannover nach Riga 15.12.1941
37
38
Transportliste 27. Osttransport vom 29.01.1943
39
Karteikarte Goldmann Heinz Leo
40
Anfrage von Fred Michel vom 18.08.1958 an ITS
41
Brief an Fred Michel vom 15.03.1974
42
6.) Auszug aus dem Emailkontakt mit Wolfgang Seligmann
43
44
45
7.) Meldekarten des Stadtarchivs Saarbrücken
Meldekarte Greta, Rosa Goldmann
Meldekarte Heinz Leo Goldmann
46
Meldekarte Hugo Goldmann
Meldekarte Ruth Goldmann
47
8.) Dokumente, die uns Wolfgang Seligmann zukommen ließ
Text: SELIGMANN/GOLDMANN/MICHEL
(von Wolfgang Seligmann)
Mein Großvater Julius Seligmann (geb. 1877) hatte drei Geschwister:
Franziska (geb. 18.12.1875), Moritz (geb. 25.06.1881) und Anna (30.11.1889).
Alle vier wurden in Gau-Algesheim bei Bingen geboren. Ihr Vater August hatte
eine Weinhandlung in Gau-Algesheim und verkaufte Wein in viele Länder
Europas.
Julius überlebte die Nazi-Zeit, unter anderem, weil er eine katholische Frau
heiratete und zum katholischen Glauben konvertierte. Sein Bruder Moritz verließ
Anfang der 1920er Jahren Gau-Algesheim, ging nach Königstein im Taunus und
wurde von dort nach Theresienstadt transportiert. Dort starb er vermutlich,
genaueres ist nicht bekannt.
Anna Goldmann, geb. Seligmann
Anna ist die Jüngste der Geschwister. Sie heiratet Hugo Goldmann, der 1885 in
Gundersheim geboren wurde. Leider ist von ihr und ihrem Mann sehr wenig
bekannt. Wann und warum sie nach Neunkirchen gingen ist unklar. Vielleicht lag
es an ihrer Schwester Franziska (oder umgekehrt-dazu später mehr), aber das
wäre reine Spekulation.
Auch was die beiden dort taten, was sie arbeiteten, ist nicht bekannt. Sie hatten
drei Kinder: Ruth, Heinz, Gretel.
Die Informationen, die jetzt folgen sind eine Zusammenstellung aus meinen
Unterlagen, aus den Daten der Gedenkstätte yad vashem und vor allem aus Halle
(Saale)
Laut des Gedenkbuches der Stadt Halle
(http://www.gedenkbuch.halle.de/gbdatensatz.php?num=318
48
http://www.gedenkbuch.halle.de/gbdatensatz.php?num=337
http://www.gedenkbuch.halle.de/gbdatensatz.php?num=338)
ging die Familie während des zweiten Weltkrieges nach Halle an der Saale. Unter
den links könnt ihr ein paar Einzelheiten über das Schicksal von Anna, Hugo und
Ruth lesen.
Es gibt außerdem die Liste der Verfolgten aus dem yad vashem online-Archiv.
Auch hier sind die drei aufgelistet. (Das jpeg der Liste schicke ich mit)
Von den beiden anderen Kindern Heinz und Gretel habe ich keinerlei Angaben.
Allerdings habe ich irgendwo in den Unterlagen ihre Geburtsjahre gefunden:
Heinz 1926 und Gretel 1929.
Dies passt nicht zu euren Daten und auch nicht zu dem was Fred/Fritz Michel von
ITS Arolsen bekommen hat. Ich vermute, dass eure und Freds Informationen
richtig sind. Dann wäre Ruth die Jüngste, noch bei den Eltern gewesen, und
deshalb zusammen mit ihnen deportiert worden.
Aber: auch Arolsen hat vielleicht Fehler gemacht. Man müsste wissen, wann
Anna und Hugo geheiratet haben.
Franziska Michel, geb. Seligmann
Franziska wurde am 26.12.1875 in Gau-Algesheim bei Bingen geboren. Sie
heiratete Adolf Michel, von dem wir zurzeit nur wissen, dass er wohl in Bingen
geboren wurde und Kaufmann war.
Am 6.06.1906 kommt ihr Sohn Fritz (später Fred) auf die Welt. Irgendwann
danach gehen die drei nach Neunkirchen. Warum ist leider genauso unklar, wie
die Frage, was sie dort taten.
Auch die weitere Entwicklung ist schwierig nachzuvollziehen. Wir gehen davon
aus, dass sich Adolf und Franziska irgendwann haben scheiden lassen. Fest steht,
dass Franziska mit ihrem Sohn zurück nach Bingen ging. Adolf Michel taucht
danach nie wieder auf. Auch auf Fritz/Freds Suchzettel nicht. Das heißt: es
49
könnte auch sein, dass sein Vater gestorben ist und Franziska deshalb nach
Bingen zurückkehrte.
(Diesen Suchzettel habe ich ebenfalls mitgeschickt(nr.11). Es scheint, als habe sich Fred in den USA
Gedanken gemacht, welche Familienmitglieder er nach dem Ende des zweiten Weltkrieges suchen
lassen wollte. Auch Familie Goldmann ist dabei, dh es bestand zwischen den Familien Michel und
Goldmann Kontakt, zumindest vor dem Weltkrieg)
Franziska starb am 19.12.1933, woran ist nicht klar. In der Familie wurde erzählt,
dass sie „schwermütig“ war und sich das Leben nahm – auch im Angesicht der
immer stärkeren Repressalien gegen die Juden. Es ist aber auch von
Herzversagen die Rede.
Ihr Sohn Fritz
Wie geschrieben, Fritz wurde 1906 in Bingen geboren. Er war von Beruf
„Herrenaustatter“ und war in Geschäften unter anderem in Köln, München und
Mainz beschäftigt.
1937, vier Jahre nach dem Tod seiner Mutter, emigriert Fritz in die USA und
nennt sich fortan Fred. Etwa ein Jahr später kommt seine zukünftige Frau Ilse
nach, die er in Frankfurt kennengelernt hatte.
Fred kämpft für die US-Armee im zweiten Weltkrieg, allerding nicht in Europa.
Später arbeitet er in den USA in den verschiedensten Beruf.
Er hält Kontakt zu den Überlebenden der Familie Seligmann (er war der Cousin
meines Vaters) und besucht Deutschland hin und wieder.
Er stirbt am 05.08.1992 in Scranton/Pennsylvania
Er hat eine Tochter und einen Sohn.
50
Eine weitere Spur
Ich möchte euch auf eine weitere Spur aufmerksam machen, die vielleicht die
Verbindung herstellt zwischen Gau-Algesheim/Bingen und Neunkirchen:
Samuel Oscar Winter.
Er hatte ein gutgehendes Damenoberbekleidungsgeschäft in Neunkirchen. Er
heiratete Rosina Laura, geb. Seligmann. Rosine Laura war die Tochter von
Hieronimus Seligmann, der wiederrum der Bruder von August (Vater von Anna,
Franziska usw.) war. Das heißt: Anna und Franziska waren Cousinen zu Rosina
Laura. Und wenn das Geschäft ihres Mannes Samuel Oscar gut ging, hatte er
möglicherweise Arbeit für die Männer dieser Cousinen.
Amy und ich
Es sind eine ganze Menge Ecken über die ich mit Amy verwandt bin. Mein
Urgroßvater August, also der Vater von Julius, Anna, Franziska und Moritz, hatte
10 Geschwister. Drei seiner Brüder gingen in die USA nach Santa Fe/New Mexico.
Sie gehörten zu den Pionieren, die Santa Fe gegründet haben, sie waren
angesehene und bekannte Geschäftsleute dort und der Sohn eines der Brüder
wurde der erste demokratische Gouverneur des Staates New Mexico. Aus dieser
Linie ergibt sich meine Verwandtschaft zu Amy Cohen. Sie war vor fast genau
einem Jahr in Deutschland und hat in Mainz, Bingen und Gau-Algesheim ihre
„Wurzeln“ besucht.
51
Pass Franziska Seligmann
52
53
Quelle: Leo Baek Institute Online-Archive
54
Foto Franziska Seligmann
Quelle: Blog Amy Cohen
55
Grabstein Franziska Seligmann
Quelle: Blog Amy Cohen, zu Fred Michel
56
Postkarte an Fritz Michel von Franziska Seligmann
57
Quelle: Leo Baek Institute Online-Archive
58
Sterbeurkunde Franziska Seligmann
Quelle: Leo Baek Institute Online-Archive
59
Geburtsurkunde Fred Michel
Quelle: Leo Baek Institute Online-Archive
60
Abstammungsurkunde Fred Michel
Quelle: Leo Baek Institute Online-Archive
61
Foto Fritz Michel
Quelle: Leo Baek Institute Online-Archive
62
Pass Fred Michel
63
64
Quelle: Leo Baek Institute Online-Archive
65
Suchzettel von Fred Michel
Quelle: Leo Baek Institute Online-Archive
66
Verfolgtenliste von Yad Vashem
Quelle: Yad Vashem
67
Heirs (Erben) Liste
Quelle: Wolfgang Seligmann
68
9.) Ausschnitt des Stammbaums der Familie Goldmann
Ich habe diesen zur besseren Übersichtlichkeit erstellt, jedoch mit keinem Anspruch
auf Vollständigkeit, da einige Personen für die Biografie der Familie Goldmann nicht
relevant sind.