Überlebensraten von milchzähnen mit kronen- versorgung€¦ · dentinogenesis imperfecta,...
TRANSCRIPT
166 Prothetische Versorgung im Milch- und Wechselgebiss
Kinderkronen
Überlebensraten von Milchzähnen mit Kronen-versorgung
Vorgefertigte Stahlkronen als Kinderkronen wurden erstmals 1950 vonHumphrey eingeführt. Dawson et al. beschrieben sie 1981 als Mittelder Wahl bei der Restauration von Milchzähnen. Im Zeitalter von Kom-pomeren, die mit Total-Etch-Technik appliziert werden, hat sich dieseAnsicht jedoch etwas relativiert.
In einer breiten klinischen Studie konnte Braff (1975) zeigen, dass88,7 % der mit Amalgam gefüllten Milchzähne bis zur Exfoliation einezweite Versorgung benötigten. Wurden dagegen Kinderkronen einge-setzt, mussten nur 30,3 % der überkronten Milchzähne bis zur Ex-foliation erneut therapiert werden. Die Lebensdauer von mit Stahl-kronen versorgten Milchzähnen übertrifft in der Regel die der andererRestaurationstechniken.
Roberts et al. (1990) zeigten, dass 15,4 % der Klasse-I- und II-Amal-gamfüllungen nach fünf Jahren ersetzt wurden, jedoch nur 2,8 % derEdelstahlkronen. Die Misserfolgsquote von Füllungstherapien im Ver-gleich zu Kinderkronen belegten O’Sullivan et al. (1991) in einer retro-spektiven Studie an über 80 unter Narkose behandelten Kindern. BeiAmalgamfüllungen lag sie bei 16 %, bei Glasionomer- und Komposit-füllungen bei 20 % und bei Stahlkronen bei 3 %.
Unter der Voraussetzung, dass die Kinderkronen korrekt appliziert(Abb. 83, Abb. 84) und die Risikofaktoren, die zur Entstehung vonMilchzahnkaries führten, minimiert werden, ist eine erneute Gefähr-dung durch Sekundärkaries auszuschließen.
Eriksson 1988 fand heraus, dass der Gesamtzeitaufwand für die Er-haltung eines Milchzahnes bis zum natürlichen Verlust um fast dieHälfte niedriger ist, wenn Stahlkronen anstelle von anderen Restau-rationstechniken eingesetzt werden.
Mit Stahlkronenversorgte
Milchzähnelanglebiger
Zeitaufwand fürZahnerhalt
geringer
153-176_8Prothetische.qxp 14.04.2008 10:35 Seite 166
Kinderkronen 167
Indikationen und Kontraindikationen
Indikationen
• stark zerstörte Milchmolaren, insbesondere bei Befall mehrererZahnflächen vor allem im Molarenbereich
• wenn eine normale Füllungstherapie mit gleichzeitiger Minimierungdes Kariesrisikos nicht möglich ist
• als Alternative zu anderen Restaurationen bei hoher Kariesaktivität
• endodontisch versorgte Milchmolaren zur Frakturprophylaxe
• nach Traumen wie etwa Abscherungsfrakturen
Abb. 84Kinderkrone Zahn 74 mitPlatzhalter, okklusale Verhält-nisse (Spiegelaufnahme)
Abb. 83Kinderkrone Zahn 36, Indi-kation Schmelzdysplasie,Kinderkrone Zahn 64 mitPlatzhalter
153-176_8Prothetische.qxp 14.04.2008 10:36 Seite 167
168 Prothetische Versorgung im Milch- und Wechselgebiss
• Entwicklungsdefekte beispielsweise Amelogenesis imperfecta,Dentinogenesis imperfecta, hypomineralisierte Zähne, MIH – MolarIncisor Hypomineralisation (Cheese Teeth, IED – Idiopathic EnamelDisturbed)
• als Notfallmaßnahme bei extremer Empfindlichkeit, um dem Patien-ten eine Nahrungsaufnahme und eine effektive Mundhygiene zuermöglichen
• Platzhalterfunktion
• umfangreiche Bruxismus-Läsionen
• Interimsversorgung bei bleibenden Molaren bis zur endgültigen pro-thetischen Versorgung
Abb. 8626 MIH InterimsversorgungKinderkrone
Abb. 8526 MIH (Spiegelaufnahme)
153-176_8Prothetische.qxp 14.04.2008 16:46 Seite 168